Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

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    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.08.2007, 18:50

    Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...
    Vorab möchte ich Oliver, Nicknamen Ehrwürden, ganz herzlich dafür danken das ich seinen Erlebnisse bzw. dieses köstliche Machwerk hier einstellen darf !
    so fing alles an:

    Citroen 5HP im Alltagseinsatz

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    14.04.2007, 09:42

    Mahlzeit werte Genossen im Eisen,

    ich suche Kontakt zu anderen 5HP-Fahrern, die ihren 5HP im Alltag oder wenigstens annähernd so oft benutzen.

    Gruss ausm Süden
    Oliver

    --------------------------------------------------------------------------------

    17.04.2007, 07:32

    Hallo zusammen,

    meiner Fahrzeug ist ein Coupé Docteur, nicht original, aber authentisch. Er wurde nachweisbar bis 1983 alls Alltagsfahrzeug genutzt und weist daher etliche Umbauten auf, um ihn der jeweilig aktuellen Gesetzgebung anzupassen. Die beste davon sind die nachgerüsteten Vorderbremsen. Dadurch lässt sich das Auto relativ problemlos im heutigen Verkehr bewegen. Nach sorgfältiger Anpassung neu gebastelter Düsen läuft er jetzt auch vernünftig.

    fröhliche Grüsse ausm Süden
    Oliver

    --------------------------------------------------------------------------

    Zeit für einen kleinen Fahrbericht...

    Mein Fünfer und ich kennen uns jetzt gerade mal einen Monat. Im Lauf der letzten zwanzig Jahre habe ich zwar einige 5HP ausprobieren dürfen, musste aber immer wieder verärgert feststellen, dass ich mit meinen 196cm einfach zu lang für diese Autos bin.
    Dabei war so ein Auto schon ein Kindheitstraum. Als nun wiedermal ein interessanter 5HP, diesmal als Zweiplätzer, ausgeschrieben war, machte ich mich recht schnell auf die Socken. In Anbetracht des niedrigen Preises sogar verdammt schnell. Und diesmal klappte die Anprobe, ich fand auf Anhieb eine annehmbare Sitzposition.
    Nun war das Auto ja weit entfernt vom Originalzustand. Abgesehen von der falschen Farbe weist es auch etliche kleine Umbauten auf, wie eine abblendbare Beleuchtungsanlage, Rücklichter mit integrierten Stopleuchten und schliesslich noch die hydraulischen Vorderbremsen. Letztere sind zwar auf eine haarsträubende Art montiert, das gesamte Drehmoment wirkt fröhlich über die Achse auf die unterste Blattfeder. Aber da die Geschichte schon älteren Datums ist, vermute ich mal, dass es so trotzdem irgendwie hält, schliesslich wirkt beim Bremsen noch das Fahrzeuggewicht verstärkt dem Drehmoment der Bremse entgegen.
    Zwischenzeitlich habe ich die Hardyscheibe der Kardanwelle gewechselt, die dank Willy Schafroth's Teileservice innert Kürze bei mir eintraf. Somit stand auch höheren Geschwindigkeiten nichts mehr im Wege. Wobei höhere Geschwindigkeiten 60km/h bedeuten. Die extrem direkte Lenkung, der kurze Radstand und die etwas bockige Federung lassen solche Geschwindigkeiten als recht heftig erscheinen. Das Fahrgestell reagiert sogar auf Zigarettenstummel, die auf der Strasse liegen, bei Spurrillen und ähnlichem beginnt dann der Tanz. Trotzdem habe ich heute erstmals die 70km/h-Grenze durchbrochen. Dies nach einer Beschleunigungsphase, um deren Länge mich manch Entenfahrer beneiden würde, und unter Zuhilfenahme einer Senke.
    Gewöhnungsbedürftig ist die Pedalerie mit dem vertauschten Gas- und Bremspedal. Anfänglich fiel die Umstellung nicht schwer, aber in haarigen Momenten neigte ich noch einige Zeit dazu, statt auf die Bremse heftig aufs Gas zu treten. Da der Effekt bei beiden Pedalen eher marginal ist, blieb das glücklicherweise ohne böse Folgen.
    In der Zwischenzeit habe ich meine ersten tausend Kilometer absolviert und bin soweit sattelfest, dass ich sogar den Grund für die eigenartige Anordnung der Pedale gefunden habe. Da die Anordnung nicht aus technisch zwingenden Gründen erfolgte, musste das einfach einen anderen Grund haben. Beim zügigen Fahren kommt man ab und zu mal in die Situation, gleichzeitig bremsen und herunterschalten zu müssen. Da beim Herunterschalten Zwischengas gegeben werden muss, müsste bei konventioneller Anordnung der Pedale der Bremsfuss kurz aufs Gas wechseln. Rennfahrer der fünfziger Jahre begegnetem diesem Problem, indem sie den Gasfuss quer auf Gas- und Bremspedal stellten und so beide gleichzeitig betätigen konnten. Mit der alten Anordnung mit dem Gas in der Mitte kann hingegen rechts gebremst werden, während der linke Fuss das Spiel mit Kupplung und Gas absolviert. Hilfreich bei dieser Fahrtechnik sind schmale Schuhe.

    Da ich kein Fan ausgesprochener Originalität bin, wird mein Fünfer vorläufig so weiterleben, wie er sich im Lauf der Jahre entwickelt hat. Abgesehen vom hohen Nutzwert dieser Umbauten bedeuten sie für mich einen Grad der Authentizität, wie ihn keine noch so penible Restauration aufweisen kann.

    Der Titel ist in Bezug aufs Wetter leicht übertrieben. Regen und Schnee werden meinem Fünfer soweit irgendwie möglich erspart bleiben. Ein Verhalten, das wohl auch seine Vorbesitzer pflegten, denn seine Holzteile sind alle noch kerngesund erhalten.

    Soviel für heute.
    Dazu ein Gruss ausm sonnigen Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.08.2007, 21:53

    5HP im Alltagseinsatz 23.04.2007, 21:57
    Erfahrungen sind bekanntlich zum Weitergeben da...

    Und drum erzähle ich jetzt mal, wie ich dem Fünfer das Fahren beigebracht habe. Beim Kauf hatte ich den Eindruck, dass das Ding nicht sehr rund läuft. Der Verkäufer murmelte dann etwas von wegen typisch für diese Epoche, eine Aussage, die ich öfters höre.
    Nun war der Fünfer damals ja gerade bei Frauen sehr beliebt. So dachte ich mir, dass der unruhige Lauf und die offensichtliche Tendenz, im Leerlauf abzusaufen, eher nicht typisch für die damalige Zeit seien, sondern vielmehr für die heutige, in der das Verständnis für derartige Motoren mittlerweile relativ dünn gesät ist. Selbst in Fachkreisen wurde mir gesagt, dass die Tendenz zum Absaufen leider normal sei. Abhilfe schaffe ein zusätzliches Luftloch im Vergaser und gelegentliches Reinigen der Kerzen mit der Bürste...
    Da mehr Luft dasselbe bewirkt wie weniger Benzin, und ich nur sehr ungerne neue Löcher in alte Vergaser bohre, habe ich mich für einen anderen Weg entschieden. Der Solex 26MHD Vergaser verfügt über eine halbwegs sinnvoll angeordnete Hauptdüse und über eine sogenannte Leerlaufdüse, die reichlich unkontrolliert "arbeitet". Als erstes habe ich den Weg zwischen Leerlaufdüse und Ansaugrohr mit einem Teflonzapfen dichtgemacht.
    Danach lief der Fünfer besser und soff nicht mehr ab. Der Leerlauf hat kein bisschen darunter gelitten. Aber noch befriedigte die Leistung nicht, und so fertigte ich mir schnell einige neue Düsen mit einer 0,5mm-Bohrung an. Die originale Düse war schon mit Hammerschlägen misshandelt worden, um den Durchmesser zu reduzieren.
    Ein erster Test ergab Gasannahme lediglich bis einem Viertel Gas, danach passierte nichts mehr. Also begann ich, die Düse mit einer Düsenreibahle auszureiben. Nach jedem Reiben probierte ich sie am Motor aus, bis ich sie endlich gross genug ausgerieben hatte, dass der Motor sauber und kräftig hochdrehte. Seither kann ich unser Dorf im dritten Gang hochfahren.
    Vorgängig hatte ich allerdings noch die üblichen Wartungsarbeiten wie Entrussen des Zylinderkopfs und Einstellen der Ventile vorgenommen. Der Zündmagnet ist glücklicherweise frisch revidiert und gibt keinen Anlass zur Sorge.
    In der Fachliteratur bin ich dann auf ernsthafte Diskussionen gestossen zum Thema Bleifrei oder nicht. Wenn man bedenkt, dass diese Diskussionen einen seitengesteuerten Motor der frühen Zwanzigerjahre zum Thema haben, darf man staunen.
    Was hingegen eher weniger diskutiert wird ist die korrekte Einstellung eines solchen Motors. So finde ich keinerlei Hinweis darauf, dass diese Art von Motor lieber ein etwas fetteres Gemisch fährt. Bei einem in heutigen Augen korrekten, hellen Belag auf der Zündkerze besteht die Gefahr, dass der Motor zu heiss wird. Dafür ist die Kühlung mittels Thermosyphon jedoch nicht ausgelegt. Der Nachteil davon sind schlechte Abgaswerte, drum heisst es, einen tragbaren Kompromiss zu finden.
    Eine unliebsame Angewohnheit von so alten Autos ist deren dauernder Ölverlust. Damals gab es noch keine Simmerringe und auch kaum Menschen, die sich über Öltropfen im Staub aufregten. Heute wird von einem Auto, egal wie alt, erwartet, das es keine derartigen Visitenkarten hinterlässt. Wohl wissend um die Unmöglichkeit, einen solchen Motor hundertprozentig abzudichten, habe ich mir eine Rahmenkonstruktion geschweisst und ein Blech draufgemacht. Dann bin ich in die Apotheke gegangen und habe nach grossen, flachen Windeln bzw. Betteinlagen gefragt, da mein Auto Öl verliere. Nachdem ich mich dann etwas genauer erklärt hatte, erhielt ich flache Betteinlagen der Grösse 60x60cm. Seither trägt mein Fünfer eine Windel, dafür hinterlässt er keine Spuren und ich muss mir nicht dauernd überlegen, wo ich den Ölkarton in dem kleinen Auto verstauen soll. Der Windelrahmen hängt sich vorne selber ein und wird hinten mit zwei Klemmschrauben festgemacht, dadurch geht das Windelwechseln schneller als bei einem Kleinkind.

    fröhliche Grüsse ausm sonnigen Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.08.2007, 21:53

    5HP im Alltagseinsatz 27.04.2007, 18:35
    Ich mag Bastler....

    Gestern abend, bei meiner üblichen Tour zum Einkaufen, machte mein lieber Fünfer auf einer kleinen Bodenwelle einen gewaltigen seitlichen Sprung. Ich hatte ordentlich Glück, dass ich den Wagen abfangen konnte, bevor Schlimmeres geschah.
    Wieder zurück stellte ich dann fest, dass nebst dem normalen, leichtgängigen Spiel noch ein weitaus stärkeres Spiel auftrat, dies aber erst ab einer gewissen Krafteinwirkung. So auf die Schnelle wusste ich nichts besseres, als das Lenkgetriebe zu revidieren. Nachdem ich es soweit instandgestellt hatte, dass es einigermassen sauber lief, baute ich es natürlich wieder ein. Dabei fand sich dann auch die Ursache für das unnatürliche und gefährliche Spiel. Der Lenkhebel sitzt auf einem Konus auf dem Lenkgetriebe, gegen Verdrehen ist er mit einem Keil gesichert. Nun hatte irgendein Witzbold zuwenig Keil, aber dafür zuviel Loctite. Der Konus selber zeigt etliche Spuren unsachgemässer Bearbeitung, kann also nicht mehr tragen. Der Keil hingegen war zu schmal, was schlussendlich zum schwergängigen Spiel von beinahe einer halben Lenkradumdrehung geführt hat. Um das Spiel aufzuheben hat mein Vorgänger nun das Ganze fleissig mit Loctite getränkt. Erstaunlicherweise hat das sogar eine Zeitlang gehalten. Als es dann plötzlich nicht mehr hielt, war es nur viel Glück zu verdanken, dass es dadurch zu keinem Unfall kam.
    Einerseits kann ich ja verstehen, dass man bei einem älteren Gebrauchtwagen nur noch das Minimum an Wartungsarbeiten vornimmt und dabei etliche Kompromisse eingeht. Aber andererseits habe ich jetzt selber einmal gelernt, was ein Laie an wichtigen Teilen alles verbocken kann. Sehr mutig fand ich dann aber die Entscheidung, eine der beiden Befestigungsschrauben des Lenkgetriebes weiterzuverwenden, obwohl die Mutter ewig auf dem Gewinderest drehte. Passte vom Stil her gut zur Anwendung von Loctite an einem derart hoch beanspruchten Teil zwecks Vermeidung einer korrekten Reparatur.
    Da ich ja meinen eigenen Schädel riskiere, wenn ich mit einem derart gefährlichen Vehikel reise, trage ich auch alleine die Verantwortung. Und das heisst konkret, das ich in den nächsten Wochen eine Baugruppe nach der anderen komplett revidieren werde.
    Morgen früh werde ich aber erstmal den Konus nachschleifen und einen Keil einpassen.

    fröhliche Grüsse ausm Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.08.2007, 21:55

    5HP im Alltagseinsatz 28.04.2007, 17:12
    Und weiter gehts mit dem Experiment. Die Lenkung meines Fünfers muss eine bewegte Geschichte haben. Dafür spricht die riesige Schweissnaht auf dem Gussgehäuse des Lenkgetriebes. Die Schweissarbeit war aber im Gegensatz zu den späteren "Reparaturen" sehr professionell ausgeführt, mit einer Nickelelektrode.
    Die Ursache für die Schweissarbeit liegt höchstwahrscheinlich im selben Unfall, der auch sichtbare Spuren an der wieder gerichteten Vorderachse hinterlassen hat.
    Das Lenkgetriebe war wie gesagt ordentlich vermurkst. Die beiden Exzenterbuchsen aus Bronze, mit denen das Zahnspiel eingestellt werden sollte, waren funktionsuntüchtig, das Spiel in der Mittelstellung entsprechend grossgeworden. Nachdem ich das ganze Gerümpel nach bestem Wissen und Gewissen wieder in den Zustand versetzt hatte, dass alle Teile sich leichtgängig bewegen liessen, begann das Spiel mit dem Einstellen der verschiedenen Spiele. Das Axialspiel der Lenkachse liess sich viel leichter durch den Zuschnitt einer passenden, dünneren Papierdichtung fürs Gehäuse einstellen. Das Zahnspiel hingegen bereitete mir einiges Kopfzerbrechen. Auf der Lenkachse befindet sich ein Schneckenrad, das in ein quer dazu stehendes Zahnsegment eingreift und dieses schwenkt. An der Achse des Zahnsegments befindet sich der Konus, auf dem dann der Lenkhebel sitzt. Nun lässt sich die Distanz zwischen den beiden Zahnradachsen mittels den obernerwähnten Exzenterbüchsen einstellen. Das Hauptproblem ist aber, dass so eine Lenkung nach über achtzig Jahren in der Mittelstellung spürbares Spiel aufweist, in den Endstellungen aber nicht. Was die ganze Einstellerei abgesehen vom zu findenden Kompromiss zwischen Schwergängigkeit in den Endstellungen und Spielfreiheit in der Mittelstellung noch erschwerte, war der Unfallschaden. Die Lagerbohrungen hatten auch leicht darunter gelitten und so wich die Einstellung schliesslich von dem ab, was man nach Lehrbuch so tun würde. Korrekt wäre gewesen, die Bohrungen durch Übermassbohrungen zum Fluchten zu bringen und dann entsprechende, neu angefertigte Exzenter einzusetzen. Gelöst habe ich das Problem auf unsaubere Art indem ich die beiden Exzenter nicht ganz gleich eingestellt habe. Das einzige Risiko dabei ist etwas erhöhte Abnützung der Exzenter.
    Schliesslich blieb nur noch das Problem des Lenkhebels, der unfallträchtig mit einem zu kleinen Keil auf einem schlechtsitzenden Konus sass. Das Nacharbeiten des Konus ging sehr schnell, Abziehen mit feinem Schmirgeltuch und anschliessend gegenseitiges Einschleifen mit Ventilschleifpaste. Dann war da aber noch der Keil. Dass er nicht passen konnte lag schon in der Natur der Keilnuten, die auf dem Konus war 4,5mm breit, die im Lenkhebel 4,9. So begann ich auf die mühselige alte Art, einen Keil einzupassen. Fräsen, feilen, schleifen, kontrollieren und das zwei Stunden lang, bis der Keil absolut spielfrei sass. Jetzt konnte ich den Lenkhebel endlich auf korrekte Art montieren, ohne befürchten zu müssen, dass er sich wieder lösen könnte. Die originale Sicherungsscheibe konnte ich wiederverwenden, nachdem ich sie im Schraubstock wieder geplättet hatte.
    Eine kurze Testfahrt zeigt ein ganz anderes Verhalten. Spielfrei macht die Lenkung viel mehr Spass, und die seitlichen Sprünge unterbleiben jetzt ganz. Nicht geändert hat sich aber die reifenbedingte Schwergängigkeit im Stillstand. Mein Fünfer hat die Räder von einem Citroen C4 mit 12x45er Bereifung. Noch grössere Räder lassen sich schwerlich einbauen...

    erneut ein Gruss ausm Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.08.2007, 21:56

    5HP im Alltagseinsatz 30.04.2007, 23:51
    Mittlerweile ziert eine kecke nackte Dame seinen Kühler. Ich habe beim Kauf sehr viel Wert auch auf eine wohlgeformte Rückseite gelegt, die Dame wurde ebenfalls in den Zwanzigerjahren in Paris gegossen.
    Zum anachronistischen Fahrgefühl der Zwanzigerjahre gehören aber nicht nur die angenehmen Seiten wie Kühlerfiguren. So ein Auto zu lenken bedeutet harte Arbeit. Und trotzdem lässt meine Begeisterung dafür kein bisschen nach, ich freue mich auf jede erdenkliche Fahrt mit dem Auto. Wobei Auto den Kern der Sache nicht wirklich trifft, das Gerät ist vielmehr eine Fahrmaschine. Zur Bedienung ist es von grossem Vorteil, wenn man mit der Technik des Fahrzeugs vertraut ist. Beim Schmökern in entsprechend alten Automobilistenhandbüchern staunte ich, was so ein Autofahrer damals alles über sein Gefährt wissen sollte.
    Das Fahrgefühl ist aus verschiedenen Gründen recht eigen. So sitzt man im Vergleich zu modernen Autos sehr hoch oben und geniesst dadurch einen recht guten Überblick. Der Nachteil davon liegt auf der Hand: der Schwerpunkt des Autos liegt ebenfalls recht weit oben, was "schnelles" Kurvenfahren recht haarig gestaltet. Die Lenkung ist von der Art, wo man sich im Nachhinein an die wenigen Momente erinnern kann, wo man das Steuerrad nur mit einer Hand halten konnte. Ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass man den Autofahrer der Zwanzigerjahre an seinen kräftigen Oberarmen erkannte.
    Der Federungskomfort lässt im Vergleich zu späteren Produkten des Hauses Citroën noch heftig zu wünschen übrig. Das mag aber teilweise auch im Datum der letzten Ölung begründet liegen, ich vermute, dass dies 1955 war. Im Moment überhole ich gerade die Stossdämpfer, deren Reibscheiben skurrilerweise aus Holz bestehen. Das ab Werk. Somit besteht so ein Stossdämfer aus Stahl, Aluminium und Holz....schon beinahe öko, sowas.

    Die Geräuschkulisse lässt nur sehr selten den Gedanken an ein Autoradio aufkommen. Wobei das Auspuffgeräusch noch recht angenehm ist, es täuscht erstaunlicherweise einen weitaus grösseren Motor vor. Ein Tourenzähler ist nur bei starker Schwerhörigkeit sinnvoll. Der Innenraum wird aber trotzdem von Getriebegeräuschen beherrscht. Die ersten zwei Gänge sind geradeverzahnt und neigen nicht nur zum Singen, sondern erzeugen bei bestimmten Drehzahlen originellste Resonanzen im ganzen Auto. Irgendetwas rasselt immer an dem Ding.
    Die versenkbaren Seitenfenster sind ausser im Stillstand auch alles andere als geräuschlos, die Konstruktion mit den zusammen mit dem Fenster hochfahrenden Fensterschienen ist etwas lottrig und kesselt dementsprechend. Aber immerhin...ich habe Seitenscheiben...
    Das Fahrwerk neigt auch zum Rumpeln, womit der akustische Kontakt zu praktisch allen Bauteilen sichergestellt ist.

    Fahren mit diesem Gerät ist ein sehr urtümliches und direktes Vergnügen. Durch die erwähnten Fahreigenschaften nimmt man die Umgebung sehr viel stärker wahr als in einem moderneren Auto. Die Nähe zur Kutsche ist beim Fünfer durchaus noch spürbar. Man ist nicht so leicht versucht, das Maximum aus dem Motor herauszukitzeln, man ist schon ganz zufrieden, wenn der Motor fröhlich unter der Haube vor sich hingrummelt - vor allem im geräuschlosen dritten Gang. Der Motor arbeitet auch bei heute unvorstellbar niedrigen Drehzahlen noch vernünftig und so kann man gemütlich durch die Stadt tuckern oder, wie ich es sehr gerne mache, auf einer Naturstrasse eine imposante Staubwolke hinter sich herziehen.
    Naturstrassen gehören in meinen Augen zum authentischen Fahrgefühl der Zwanzigerjahre. Sie sind auch die Erklärung für das Fehlen der Vorderbremsen bei frühen Fahrzeugen.
    Um mir dort aber keine Feinde zu schaffen, vermeide ich besagte Staubwolken, wenn es Spaziergänger auf dem Weg hat. Bei Begegnungen mit Pferden bin ich immer sehr vorsichtig, viele Pferde erschrecken ab dem ungewohnten Motorgeräusch.

    Jetzt bin ich mal sehr gespannt, wie sich die Revision der Federung auswirken wird, nachdem die Instandstellung der Lenkung schon Wunder bewirkt hat. Weitere Berichte folgen, wie auch bessere und detailiertere Bilder.

    Gruss ausm Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.08.2007, 21:57

    02.05.2007, 12:50
    Nachtrag zum Thema Lenkung.

    Ich habe gestern das Lenkgestänge revidiert und gerichtet. Meine Vermutung, dass es zuletzt 1955 geschmiert wurde, hat sich als korrekt entpuppt. Dazu war die Querstange zwischen den beiden Rädern verwunden, was die Lager zusätzlich schwergängig machte. Jetzt flutscht das alles wieder, die Zeit des unfreiwilligen Oberarmtrainings ist vorbei. Als nächstes richte ich eine Felge, die mit ihrem seitlichen Schlag dem Fahrzeug eine unnötige Vibration verpasst.

    Gruss ausm Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.08.2007, 22:09

    5HP im Alltagseinsatz 05.05.2007, 22:23
    Die Arbeit geht so schnell nicht aus. Es würde mir aber fernliegen, mich darüber zu beklagen, schliesslich wollte ich ja ein Auto zum Schrauben und der Kaufpreis liess mich ja auch nicht ein vollrestauriertes Exemplar erwarten.
    Heute konnte ich nach längerer Wartezeit einen frischen Rückstromschalter abholen. Damit sollte mein Fünfer jetzt auch in der Lage sein, seine Batterie selber zu laden. Gerade bei nächtlichen Fahrten ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Der Rückstromschalter hat ungefähr dieselbe Funktion wie die späteren Regler, lässt sich aber nur schwer auftreiben, wenn einer den Geist aufgegeben hat. Hier in der Nähe gibt es einen Autoelektriker, der sich noch mit derartigen Systemen auskennt. Leider hat sein Sohn keinerlei Interesse an dieser Technik, in nicht allzuferner Zukunft wird man sich wohl selber zu helfen wissen müssen.
    Aber einen echten Vorwurf kann ich dem jungen Mann deswegen auch nicht machen. Ich habe selber über zwanzig Jahre gebraucht, bis ich soweit war und mich gewagt habe, so ein altes Auto zum Fahren zu kaufen. Es gibt bekanntlicherweise zwei Wege, die zu diesem Ziel führen. Der eine führt über die Brieftasche und hat den Nachteil, dass man trotzdem immer auf die Arbeit irgendwelcher sogenannter Spezialisten warten muss. Da mir dieser Weg von vornherein versperrt war und ich auch nicht viel davon halte, Arbeiten, die ich als Krönung meiner handwerklichen Fähigkeiten betrachte, an andere zu delegieren, blieb mir nur der zweite Weg.
    So bin ich in einen Beruf gerutscht, wo täglicher Umgang mit klassischen Werkzeugmaschinen dazugehört. Der Lohn dafür ist die Möglichkeit, mal eben eine Lenkung zu revidieren, oder einen Entenmotor zu frisieren, ganz wie es beliebt.
    Die Möglichkeiten steigen natürlich immens an, wenn man abends mal eben in einer voll ausgestatteten mechanischen Werkstatt etwas basteln gehen kann. Man kann sich damit auch das übliche Gemurkse sparen, denn die meist nicht vorhandenen Spezialwerkzeuge lassen sich sehr oft ganz einfach herstellen. Ich habe mittlerweile über viele Jahre lang Werkzeuge zuammengesammelt, von Flohmärkten, Werkstattauflösungen und aus Alteisenmulden. Der Rekord war eine sechs Kilo schwere Feile, die ich in Amsterdam am Flohmarkt gekauft hatte und im Flugzeug heimbrachte. Meine Drohung, das Flugzeug auseinanderzufeilen, wurde dann aber nicht ernstgenommen, die Feile musste ich aber trotzdem separat einchecken. Das bisschen Abwechslung gönne ich dem Bodenpersonal allemal.
    Vorgestern abend bin ich um sieben nochmal losgefahren und wollte mich schon an meiner leichtgängigen Lenkung erfreuen, als mich leichtes Lenkungsspiel in der Mittelstellung doch irgendwie störte. Alo habe ich schweren Herzens die vier Schrauben gelöst, die die Lenkung mit dem restlichen Auto verbinden. Man kann definitiv nicht behaupten, dass es an dem Auto auch nur ein Bauteil zu viel dranhat. Eine Mutter hält das Lenkgestänge, eine die Lenksäule und zwei das Lenkgetriebe am Chassis. Wenn die alle gesund und sauber sind, dauert der Ausbau etwa drei Minuten. So habe ich meine Lenkung nochmal auf der Werkbank sauber und nach Gefühl etwas schwergängig eingestellt und gesichert. Nach dem erneuten Einbau zeigt sich die Lenkung jetzt spielfrei und leichtgängig. Somit konnte ich endlich beginnen, an meiner Fahrtechnik zu feilen. Da die Lenkung ja unheimlich direkt arbeitet, kann der kleinste Fehler in einer Kurve unangenehme Folgen haben. Mit einer spielfreien Lenkung und etwas Übung gewöhnt man sich aber recht schnell daran. Durch die Spielfreiheit fallen auch die seitlichen Schwenker weg, die vorher durch Unebenheiten der Strasse ausgelöst wurden.

    Das ist er übrigends

    http://www.pixum.de/viewalbum/?id=2444171

    Fröhliche Grüsse ausm saftigen Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.08.2007, 22:11

    5HP im Alltagseinsatz 08.05.2007, 20:17
    Leider hat sich bisher noch kein zweiter Spinner gefunden, der sich mir gegenüber zum aktiven, also fastalltäglichen Betreiben einer solchen Zeitmaschine bekennt.


    In der Zwischenzeit konnte ich auch den zweiten vorderen Stossdämpfer revidieren. Das Fahrgefühl hat definitiv profitiert. Nun geht es natürlich auch gleich den hinteren an den Kragen, auf dass das Auto aufhöre zu hüpfen. Oder so ähnlich, jedenfalls ist der Eindruck beim Fahren ein von hinten bockiger. Aus Erfahrungen mit frühen Motorradbremsen erlaube ich mir allerdings die Vermutung, dass die Stossdämpfer nur bei trockener Witterung greifen.
    Eine kleinere Arbeit für Zwischendurch bietet der Bremslichtschalter. Der schaltet eher so nach dem Zufallsprinzip. Der Schalter ist recht unübersehbar, sobald man das Bodenbrett heraushebt. Schalter in dieser Grösse dienen heutzutage dem Ein- und Ausschalten von Atomkraftwerken. Dafür ist er leicht auffindbar und gut zugänglich.
    Originell ist die Montageart. Da der Schaltweg nicht mit dem Bremshebelweg in Einklang gebracht werden konnte, dient eine Feder als dehnbares Zwischenglied. Da der Schalter sich aber nicht von selber zurückstellen kann, wird er von einer zweiten Feder wieder zurückgezogen. Bedingung für ein normales Funktionieren ist der Unterschied der Federkraft, das Ganze ist aber so brachial gelöst, dass eine Instandstellung mit den üblichen Küchenwerkzeugen kein Problem darstellt.
    Die nächste grössere Arbeit ist die Revision der Federpakete. Da sie zusammen mit dem Chassis - wohl auch um 1955 - mit Ofenfarbe getränkt wurden, dürfte die Versorgung mit Schmierstoff eher problematisch sein. Dafür spricht auch das Rostpulver, das zwischen den Lamellen austritt.
    Ich verspreche mir nochmal eine deutliche Verbesserung des Fahrverhaltens von der Instandstellung der Federung. Noch liegt das Auto etwas hart auf der Strasse.

    Man könnte meinen, dass ein Auto, das eine Minute von 0-50km/h braucht, bei den anderen Verkehrsteilnehmern nicht immer auf Gegenliebe stösst. Aber irgendwie scheint das Ding eine beruhigende Wirkung auf Automobilisten auszuüben. Hirnverbrannte Überholmanöver, wie man sie als hyperaktiver Entenfahrer von seinen Mitmenschen nur allzugut kennt, bleiben weitestgehend aus. Der andere, Ententreibern bestens bekannte Effekt der leuchtenden Kinderaugen wird noch um die Generation der Rentner erweitert.
    Wir waren vor einer Woche an einem Oldtimertreffen hier im Nachbarort. So richtig wohlgefühlt haben wir uns dann aber erst, nachdem das Treffen vorbei war und wir bei einem liegengebliebenen Triumph einen defekten Kondensator in stundenlangem Gelabere fachgerecht diagnostizierten, inklusive des obligaten Stromschlags vom Zündkabel.
    Viel lieber als Oldtimer zu treffen geniesse ich den Fünfer als Zeitmaschine. Wenn ich so auf kleinen Landsträsschen damit herumhopple, ausser Sichtweite der modernen Zivilisation, stellt sich manchmal so ein Gefühl ein, als hätte ich den Film gewechselt. In diesem Momenten ertappe ich mich dabei, wie ich den Fuss unbewusst vom Gas nehme, das Ziel vor lauter Weg beinahe aus den Augen verlierend. Leider sind diese Momente meist nur von kurzer Dauer, ich lebe in einem relativ dichtbesiedelten Gebiet, wo die Wälder an Wochenenden voller abgestellter Geländewagen sind und die Wiesen so gut gedüngt, dass besonders grosse Traktoren gedeihen.
    Unser Gehirn ist schon ein Wunderding. Es bereitet mir mittlerweile keinerlei Probleme mehr, zwischen den verschiedenen Pedalerien hin- und herzuwechseln. Und dies ohne mir dessen noch bewusst zu sein. Dank der verbesserten Fahreigenschaften werde ich jetzt langsam etwas mutiger beim Kurven kratzen. Und das ist der Moment, wo die seltsame Pedalanordnung voll zum Zug kommt.

    Soviel für den Moment. Weitere Berichte folgen,
    dazu ein Gruss ausm Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.08.2007, 22:12

    5HP im Alltagseinsatz 24.05.2007, 22:46
    Und wieder folgt einer meiner unerbittlichen Fahrberichte aus meinem Leben mit einer Zeitmaschine. Zwischenzeitlich habe ich die Blattfedern gelüftet, ausgeblasen und frisches Öl eingeblasen. Das ist zwar nur ein fauler Kompromiss, passt aber gut ins Gesamtbild. Da das Auto auf der Fahrerseite eindeutig tiefer liegt, drängt sich der Schluss auf, dass es vorwiegend von einer einzelnen Person genutzt wurde. Und irgendwie vermute ich auch, dass diese Person nicht gerade mager war. Das Problem liesse sich leicht durch Austausch der hinteren beiden Federpakete kurieren, aber ich frage mich ernsthaft, ob ich damit dem Auto nicht etwas von seiner technischen Patina nehme. Drum lasse ich das mal so wie es ist, schliesslich erwachsen daraus beim Fahren keine spürbaren Nachteile. Und schräge Fahrzeuge ist man als alter Entenpilot gewohnt.
    Mich würde ja mal interessieren, was für ein bewundernswerter Mensch das Auto 1955 in die Schweiz importiert und es dann bis 1983 gut gepflegt im Alltag bewegt hat. Die einzige Restauration hat ganz offensichtlich in den Fünfzigern stattgefunden, auf dem Aufkleber der Lackierwerkstatt steht noch eine fünfstellige Telefonnummer. Auch wurde das Ganze ja nicht als Restauration im heutigen Sinne behandelt. Es sieht vielmehr so aus, als ob damals jemand wenig Mühe gescheut hat, ein dreissigjähriges Auto nochmals in sehr guten Zustand zu versetzen. Dazu passen auch alle verchromten Metallteile, die mir regelmässig dieselben Sprüche von Originalitätsfanatikern bescheren. In den Fünfzigern redete noch niemand von Originalität, geschweige denn von Oldtimern. So ist es nur logisch, dass damals verchromt wurde, denn Chrom wurde als hochwertiger und pflegeleichter als Nickel empfunden. Zudem war eine sauber ausgeführte Verchromung auch damals teurer als eine Vernickelung. Somit ist die Verchromung auf meinem Fünfer in Bezug auf seine Geschichte absolut authentisch und ich würde mich hüten, dies in den Originalzustand zurückzuversetzen.
    Sehr viele Kilometer hat besagter Vorbesitzer wohl eher nicht gemacht, aber dafür immer schön regelmässig. Dafür spricht der allgemeine Abnützungszustand des Autos. Im Motor arbeitet das erste von mehreren erhältlichen Kolbenübermassen, der Ölverbrauch ist minim und das Differential ist auch noch das ursprüngliche. Das ganze Holz ist noch in sehr gutem Zustand, die tiefen Kuhlen im Bodenbrett unter den Pedalen, wo der Absatz der Schuhe ruht, zeugen von einem langen, erfüllten Autoleben. Im Regen musste er wohl eher nicht fahren, sonst wären weder Holz noch das auch in den Fünfzigern angefertigte Verdeck so gesund geblieben.
    Das Interieur wurde eindeutig ebenfalls in den fünfziger Jahren komplett erneuert, allerdings unter Beibehaltung aller typischen Details. Im Gegensatz zum originalen Interieur besteht es aber aus grünem Kunstleder. Der Fahrersitz war recht durchgesessen, die Federn vom Federkern lose und verrutscht. Dies liess sich an einem schönen Sonntagnachmittag beheben. Der Schaumgummi, der die Längsrillen des Polsters einst herauswölbte, war natürlich längst zerbröselt. Um neuen Schaumgummi dorthinzubringen liess lich mir etwas einfallen. Mit einem schlanken Greifer, der normalerweise dazu dient, heruntergefallene Scharuben etc. aus engen Löchern zu holen, packte ich jeweils einen zugeschnittenen Schaumgummistreifen und konnte ihn so sauber ins Polster einziehen.
    Komfortmässig bin ich jetzt mal gewappnet. Aber es fällt mir glücklicherweise schon immer was ein, damit es nicht langweilig wird. So habe ich den Fünfer jetzt erstmals auf längere Fahrten mitgenommen. Zuerst ging es nach Luzern, mitten durch die Stadt und noch etwas weiter am Vierwaldstättersee. Dort wars ganz nett und der Fünfer hat sich sowohl auf der Landstrasse als auch im heftigen Stadtverkehr gut gehalten. Als nächsten Streich habe ich ihn dann auf den Horben raufgejagt. Der Horben ist ein Aussichtspunkt auf dem Lindenberg, auf 818 Metern Höhe. Was soll ich sagen....wir haben es geschafft. Gerade so. Im ersten Gang, manchmal langsamer als ein Fussgänger. Aber wir haben es geschafft. Und er hat nichtmal gekocht dabei ! Ich war natürlich unheimlich stolz darauf, es dort hinauf geschafft zu haben und machte erstmal eine ergiebige Pause in der Abendsonne. Dann begann ein Teil der Fahrt, der mir klar vor Augen führte, welches Bauteil als nächstes einer Instandstellung harrt. Die Bergabfahrt erwies sich nämlich als nicht minder heikel, hier waren es vor allem die Bremsen, die heftig an meinen Muskeln zerrten. Aber ich bin mir sicher, dass dies auch noch verbesserungsfähig ist. Ausserdem bin ich mir jetzt auch ganz sicher, dass ein Fünfer keine Bergziege ist.
    Die Fahreigenschaften haben sich mittlerweile soweit gebessert, dass ich mir erlauben kann, etwas frecher zu fahren. Die Siebzigergrenze haben wir jetzt schon mehrfach durchbrochen. Der augenfälligste Unterschied im Fahrgefühl kommt nach wie vor von der Lenkung. An die eigenartige Pedalerie gewöhnt man sich sehr schnell, an die unheimlich direkte Lenkung nicht sosehr. Der Einschlag der Lenkung von rechts nach links ergibt weniger als eine volle Lenkradumdrehung, bei geringem Wendekreis. Es bleibt also dabei: in Kurven das Lenkrad immer sehr gut mit beiden Händen festhalten. Und ja keine unvorsichtigen Bewegungen, diese Lenkung verzeiht im Gegensatz zu der einer Ente nichts, aber wirklich gar nichts.
    Ein unsynchronisiertes Getriebe sollte einen nicht vom Genuss derartiger Autos abhalten. Die notwendige Schalttechnik erlernt sich leicht, das ebenfalls notwendige Gefühl stellt sich dann von selber ein. Ich konnte nach nicht allzulanger Zeit sauber und ohne Kratzen schalten.
    Nun steht Pfingsten vor der Türe und damit auch wieder lustige Ausfahrten. Wobei das Dilemma diesmal in der Vielzahl der möglichen Ziele liegt. Wir werden sehen. Und wenns etwas zu berichten gibt von den geölten Federn, dann werde ich mich wieder melden.

    fröhlicher Gruss ausm Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.08.2007, 22:13

    5HP im Alltagseinsatz 25.05.2007, 09:30
    Dazu noch einige Zahlen. Citroen baute rund 80'000 Stück vom 5HP. Die Persiflage von Opel brachte es sogar auf 120'000 Exemplare. Ob Citroen oder Opel, der Fünfer war damals ein ungeheurer Erfolg.
    Langfristig gesehen war dann aber doch der Citroen erfolgreicher. So sind heute im 5HP-Register über 600 Autos bekannt, dazu kommt noch eine recht hohe Dunkelziffer.
    Vom Opel Laubfrosch hingegen sind gerade mal um die zehn Stück bekannt, die heute noch existieren.

    Gruss mal wieder
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.08.2007, 22:13

    5HP im Alltagseinsatz 27.05.2007, 13:53
    Es beginnt gerade zu regnen und der Fünfer kühlt unten in der Garage ab. An sich ein guter Moment für einen erneuten Bericht aus dem Leben mit bewegtem Alteisen.
    Dieses Wochenende war recht viel los auf der Altmetallszene. Gestern fuhren wir versuchsweise nach Sarnen in Obwalden, wo ein originelles Oldtimertreffen stattfand. Hier war eindeutig der Weg das Ziel, aber das liegt eher an meiner persönlichen Sichtweise als am Anlass, der wahrscheinlich sehr gelungen war. Aus demselben Grund ist mir auch nur ein einziges Auto wirklich in Erinnerung geblieben, obwohl ja über 300 Autos dort waren.
    Das Auto war, um einen längst vergessenen Namen wieder einmal in Erinnerung zu rufen, ein Lorraine-Dietrich, in unglaublichem Originalzustand. Die französischen Fahrzeuge der Zwanzigerjahre lassen mich regelmässig ehrfürchtig staunen. In jener Epoche waren die Franzosen auf technischem Niveau führend, zumindest in Bezug auf Innovation. Die Ausführung fand dann in der ganzen Bandbreite statt, vom obenerwähnten Lorraine-Dietrich in königlicher Qualität bis zum mühselig zusammengepfriemelten aber damals nicht minder berühmten Koehler-Escoffier Motorrad.
    Da ich die offenen Tourenwagen der Zwanzigerjahre ganz besonders mag, ging mir der Anblick dieser "Mutter aller Tourenwagen" natürlich besonders unter die Haut. Das Auto strahlte den Stolz einer gelungenen Maschine und die Würde seines Alters bis zum kleinsten Schräubchen aus. Kein moderner Spezialist hat bisher sichtbare Spuren seiner Arbeit hinterlassen. Der Anblick eines solchen Autos ist vielleicht dem Trinken eines Glas eines ganz besonderen Weines vergleichbar. Das Fahren stelle ich mir in dem Sinn berauschend vor, wie es das ein Glas Mouton-Rothschild 1935 zu einem passenden Sonnenuntergang vor einem Alpenpanorama sein kann. (Hoffentlich habe ich jetzt nicht einen üblen Jahrgang erwischt...)
    Kurz nach Mittag war ich dann wieder zurück und konnte mich dazu durchringen, gleich noch weiter ans Ententreffen nach Brugg zu fahren. Diese Strecke war dann etwas länger, aber ich stellte dann erstaunt fest, dass ich mit einem normalen Auto auch nicht sehr viel schneller gewesen wäre. Man ist ja am Steuer eines 11-PS-Autos immer sehr bemüht, was wohl dann zum verblüffenden Resultat einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über fünfzig Kilometern geführt hat. Verblüffend weil die Strecke ja mit Dorfdurchfahrten nur so gespickt ist. Irrtümlicherweise bin ich dann noch kurz auf einer Autostrasse gelandet, konnte mich dann aber dank leichtem Gefälle so mit siebzig durchmogeln. Jedenfalls scheint in Bezug auf gefahrene Geschwindigkeiten auch zu gelten, dass steter Tropfen den Stein höhlt. Natürlich hatte es auch einige Steigungen, die mich und den nachfolgenden Verkehr heftig behinderten. Aber wenn man seine Mitmenschen nicht gerade während des Berufsverkehrs mit solchen Spässen aufhält, sind die Reaktionen immer sehr positiv. Mit der Zeit etwickelt man auch so seine Handzeichen, um in Steigungen darauf hinzuweisen, dass man bereits sein Bestes gibt.
    Am Ententreffen machte die "Ente der Zwanzigerjahre" einen guten Eindruck, allerdings mussten wir dann leider aus technischen Gründen relativ zeitig wieder abfahren. Ursache dafür ist die schwache Leistung des Dynamos, der nicht genug Strom zum Betrieb der Beleuchtungsanlage liefert. So ist die Reichweite mit funktionierender Beleuchtung weitgehend vom Ladezustand der Batterie abhängig. Wahrscheinlich lässt sich das noch verbessern.
    Zuerst steht aber eine Revision der Bremsanlage im Vordergrund. Mittlerweile hat sich ein Leck am Bremszylinder gezeigt, es führt also sowieso kein Weg mehr daran vorbei. Noch immer trage ich so meine Gedanken, die Vorderachse gegen das Drehmoment der Bremse abzustützen. Ich habe zwei zeitgenössische Anzeigen von nachrüstbaren Vorderbremsen für den Fünfer gesehen, eine weist eine Abstützung auf, die andere nicht. Das Bremsverhalten ist aber im Moment bei Notbremsungen gelinde gesagt abenteuerlich, noch schlimmer wenn gleichzeitig Spurrillen oder Bodenwellen auftreten.
    Zusammenfassend lässt sich über dieses Wochenende sagen, dass der Fünfer seine Zuverlässigkeit jetzt auch auf längeren Strecken bewiesen hat. Und dies wirklich auf hohem Niveau, seit ich ihn eingestellt habe, hatte ich nicht eine einzige spürbare Zündunterbrechung, der Motor schnurrt in allen Lagen und startet in jedem Zustand sofort.
    Schade, dass diese Eigenart später dem Fortschritt geopfert werden musste.
    Weiteres folgt nach Instandstellung der Bremsanlage.

    sonntägliche Grüsse ausm Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.08.2007, 22:14

    5HP im Alltagseinsatz 02.06.2007, 14:19
    Eigentlich sollte ich ja jetzt längst unterwegs sein, ans Ententreffen aufm Attilafelsen. Ich hatte mich ja darauf vorbereitet, mit dem Fünfer dorthinzufahren. Das wären vier Stunden Fahrt gewesen, mit dem besonderen Highlight des absolut lächerlichen Basler Verkehrschaos auf der Strecke. Wenn man den mehr oder weniger gelungenen Verkehrsfluss einer Gegend als Masstab für die Qualität der zuständigen politischen Entscheidungsträger nehmen würde, gäbe es in manchen Amtsstuben innen keine Türklinken mehr, dafür weiche Wände.
    Aber leider hat mich völlig unerwartet ein Anfall von Vernunft heimgesucht. Nachdem unsere verschiedenen Wetterfrösche seit über zwei Tagen etwas von Auflockerung der Bewölkung und Sonne faselten, habe ich vor der geplanten Abfahrt nochmals verschiedene Webcams auf der Strecke angeschaut. Das Bild ist trübe, und einmal mehr gärt die Erkenntnis: Wetterbericht und Weihnachtsmann haben viel gemeinsam.
    Um den Bogen vom Wetter zurück zum eigentlichen Thema dieses Beitrags zu bringen: der Fünfer wird heute geschont. Das haben seine Vorbesitzer offensichtlich auch so gehalten, und er hätte wohl kaum 83 Jahre in so gutem Zustand überdauert, wenn seine Vorbesitzer dies nicht auch so gehalten hätten.

    Mittlerweile regnet es hier wieder. Ein Blick ins Graue lässt die Gedanken leicht abschweifen. So mache ich mir gerade Gedanken zum Thema Auto und Liebe. Ich habe mit sehr viel Liebe Baldur wiederauferstehen lassen. Baldur ist eine reichlich schräge Ente, die offiziell 1973 zugelassen und auch gleich wieder verschrottet wurde. 32 Jahre später tauchte er dann aber doch wieder auf, sozusagen aus dem Nichts. Seither ist er überaus fleissiger Verkehrsteilnehmer und hat schon viele Kilometer und Abenteuer hinter sich gebracht.
    Je mehr ich den Fünfer jetzt kenne, umso mehr stelle ich nun fest, dass 1955 ein Geistesverwandter im Grunde nichts anderes damit gemacht hat. Dies freut natürlich, amn fühlt sich gleich etwas weniger alleine auf dieser Welt. Offensichtlich hat es auch schon früher Menschen gegeben, die ihre Liebe zu einem bestimmten Auto über die Vernunft stellten. Dass sie rechnerisch gesehen über all die Jahre dann doch vernünftiger gefahren sind, steht auf einem anderen Blatt.
    Mein Vater ist ein Ingenieur der alten Schule. Technischem Fortschritt gegenüber ist er viel unkritischer als das meine Generation ist. Er wundert sich dauernd und ärgert sich manchmal über meinen Hang zum Alteisen. Aber wir haben öfters fruchtbare Gespräche zum Thema alte Technik und den Sinn des Erhaltes derselben. Mittlerweile anerkennt er immerhin schon, dass auch alte Schwarten durchaus mithalten können, sowohl vom Verbrauch als auch von den gefahrenen Geschwindigkeiten her, die ja sowieso immer vom Vordermann abhängen. Umgekehrt hat er mir die Vorzüge modernerer Fahrzeuge auch vor Augen geführt. Allerdings sind wir zusammen auch zur Erkenntnis gelangt, dass der Fortschritt vorwiegend Eigenschaften wie Faulheit und Dummheit entgegenkommt. Vom puritanisch-technischen Standpunkt her ist beispielsweise ein ABS fragwürdig, da es im Falle von allgemein angewandter Vernunft nicht nötig wäre. Verlässt man aber den orthodox-technischen Stadpunkt und bezieht die menschliche Realität mit ein, dann machen solche Dinge durchaus Sinn.
    Dies mag einer der Hauptunterschiede zwischen frühen und modernen Motorfahrzeugen sein. Zum erfolgreichen Fahren eines frühen Fahrzeugs ist ein gewisses Gespür im Umgang mit der Physik vonnöten. Der fahrtechnische Grenzbereich lag noch viel näher, die Fahrzeuge waren damals gegenüber Fahrfehlern weitaus weniger tolerant - und sie erlaubten sie. Ich erzähle das jetzt nicht einfach so, letzte Woche hatten wir einige Schrecksekunden als ich bei knapp siebzig heftig bremsen musste und der Fünfer prompt aufs fröhlichste herumschleuderte. Ich habe dies unter "heilsame Schrecksekunden" verbucht, bin dankbar, dass ich die Kiste gerade noch abfangen konnte und habe meine Schlüsse in Bezug auf noch weiter vorausschauende Fahrweise gezogen.
    Unter solchen Umständen wundert es mich weniger, das man relativ selten Vorkriegsfahrzeugen begegnet. Meine Begeisterung für alte Autos geht ja in meine Kindheit Ende der Sechziger zurück. Im Lauf der Jahre musste ich miterleben, wie meine heissgeliebten, frühen Oldtimer immer seltener wurden. Mir war aber klar, dass diese nicht einfach verschrottet wurden.
    Auf der Suche nach Erklärungen für dieses Phänomen bin ich gleich auf mehrere Ursachen gestossen. Die naheliegendste ist die, dass jede Generation bevorzugt die Fahrzeuge pflegt, die sie in ihrer Jugend selber erlebt hat. Das mag im Grossen und Ganzen zutreffen, genügt mir aber nicht als Erklärung. Ich werde ja doch recht oft von halbwegs begeisterten jungen Menschen auf den Fünfer angesprochen.
    Eine zweite Erklärung liegt in einer verbreiteten Fehleinschätzung. Ich werde öfters nach dem vermeintlich ungeheuer hohen Preis des Fünfers gefragt. Vermutlich geistern immer noch die Preisideen der frühen Neunziger in den Köpfen herum. Damals hätte ich mir solch einen Wagen auch nicht leisten können. Meiner wurde anscheinend 1991 mal zum Verkauf angeboten, zum fast dreifachen Preis, den ich bezahlt habe. Heute sind solche Fahrzeuge wieder auf einem Preisniveau, das Liebhabern wieder eine Chance gegenüber Spekulanten lässt.
    Eine weitere Erklärung sehe ich in der sogenannten Oldtimerbranche. Diese hat wie alle Branchen ihr Wohlergehen im Sinn, was ja auch nichts verwerfliches ist. Leider sehen sich aber allzuviele Liebhaber alter Fahrzeuge dieser Branche ausgeliefert, da sie oft keine Werkstatt haben und dazu nur allzuleicht daran glauben, dass Reparaturen an alten Fahrzeugen nur von hochspezialisierten Fachleuten ausgeführt werden können.
    Die traurige Wahrheit ist, dass die meisten frühen Fahrzeuge für einen Betrieb ohne hochgeschulte Spezialisten und Ersatzteilversand via DHL gebaut wurden. Die damals übliche Werkstatt war der Dorfschmied, und so waren die frühen Autos eigentlich recht pflegeleicht. Die Materialkosten waren ungemein höher als die Arbeitskosten, ein daraus resultierendes Phänomen war, dass die Teile meistens repariert statt ausgetauscht werden konnten. Und auch dies ohne aufwendige Spezialwerkstatt. Oft genügt ein Drehbank und einer, der ihn bedienen kann.
    Mittlerweile ist die Generation, die solch frühe Fahrzeuge noch gut kannte, leider am Verschwinden. Es hat längst nicht mehr in jedem Dorf einen Mechanikermeister, der noch weiss, wie alte Technik behandelt werden will. Neben den Bemühungen des Oldtimergewerbes sieht man gelegentlich entsprechende Anleitungen in irgendwelchen Oldtimerzeitschriften. Nun mag ja nicht jeder seinen Keller mit solchen Heften füllen, daher überlege ich mir mal als Gedankenübung, wie ein Buch zu diesem Thema wohl aussehen könnte.
    Ein letzter Erklärungsversuch liegt in der vermuteten Austrocknung des Marktes durch das Entstehen von haufenweise "Museen". Eine Spätfolge des Booms der Neunziger ist, dass viele Sammler auf die Idee kamen, ihre Sammlung durch eine Art Museumsbetrieb wenisgtens versuchsweise mitzufinanzieren, andere taten dies aus viel Idealismus. Der Extremfall sind dann grosse Museen, die beim Einkauf kaufmännisch rechnen, wieviele zusätzliche Besucher ein bestimmtes Objekt anziehen kann und danach entscheiden.

    Abschliessend erlaube ich mir aber trotzdem nochmal kurz zu rüsseln. An den letzten Oldtimertreffen konnte man fast nur noch den heutigen Umgang mit alter Technik bewundern. Authentizität blieb fast vollends auf der Strecke. Die Ausstrahlung der meisten Oldtimer sagte mehr über die Qualität moderner Restaurierungsbetriebe aus als über die Zeiten, die sie erlebt haben. Ich masse mir da keinen direkten Vorwurf an, beklage aber den Verlust von viel Kulturgut aus Unwissenheit. Wenn ich nur daran denke, wieviele Leute mir schon erzählt haben, wie sie meinen Fünfer wieder in absolut originalen und neuwertigen - schlimmer, noch besseren Zustand bringen würden.
    Nun, das Blatt beginnt sich ja teilweise zu wenden. Unrestaurierte, gut erhaltene Oldtimer sind heute schon öfter mal teurer anzutreffen, als ihre restaurierten Kollegen.

    Gruss aus einem verregneten Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.08.2007, 22:16

    5HP im Alltagseinsatz 05.06.2007, 21:28
    Glücklicherweise hat es an einem Fünfer doch mehr Teile als erwartet, so kann ich erneut aus der Werkstatt berichten. Ich hatte mir ja in meiner frohgemuten Naivität vorgenommen, gelegentlich die Federung anzugehen. Der Moment schien gut gewählt, in unserer Werkstatt herrscht gerade die Ruhe nach dem Sturm. Also habe ich vorgestern den Fünfer in die Werkstatt geschoben und vorne aufgebockt. An sich wäre die Demontage nicht schwierig, wenn der ganze Unterboden nicht dick mit Eisenglimmerfarbe überzogen wäre. So durfte ich erstmal jede Mutter von einer harten Schicht Farbe befreien, bevor ich einen Schlüssel ansetzen konnte. Leider waren einige Gewinde beschädigt, bis auf eines konnte ich sie aber retten. Als sich das erste Federpaket endlich löste, fand ich auch heraus, dass die Dinger recht schwer sind. Die Überraschung wich dann aber ganz schnell einer reichlich unangenehmen Arbeit. Beim Zerlegen der Federpakete zeigte sich, was ich schon vermutet hatte. Nämlich eine dicke Schicht aus Rost und Farbe, die mancherorts den Weg zwischen die Federblätter gefunden hatte. Was ich nicht vorfand und sich mit dem Fahreindruck deckte, war irgendeine Form von Schmierstoff.
    Soviel sein am Rande bemerkt: vier Federpakete ergeben eine ganz schön grosse Fläche. Das merkt man besonders, wenn man jedes Federblatt einzeln von allen Seiten mit dem Schaber vorreinigt, dann übers Schleifband zieht bis die Oberfläche wieder einigermassen blank ist und zu guter Letzt an der rotierenden Drahtbürste poliert. Beim Schleifen entsteht ein originelles Werkstattphänomen, das ich als Rostfontäne bezeichne. In den letzten beiden Tagen war bei uns dicke Luft, dazu war sie rostrot. Das Resultat wirkt auch beim abendlichen Haarewaschen recht nett. Das Schleifen war unumgänglich, die Oberfläche hatte, wie schon vermutet, mindestens seit 1955 kein Fett mehr gesehen und war stark angerostet. Dazu kamen die tiefen Spuren, die die Federblattenden auf dem jeweils nächstgrösseren Federblatt eingegraben hatten. Diese standen einer anständigen Funktion der Federung auch im Wege, sie hätten zu einer Art "Einrasten" der Federblätter in der Normalstellung geführt. Die Kur war auch hier Schleifen, einerseits Anschleifen der eingegrabenen Mulden, andererseits Abrunden der Federzungen, um ein Gleiten wieder zu ermöglichen.
    Neben dem monotonen und anstrengenden Entrosten der Federblätter mussten dann auch noch alle Beschläge und Schrauben an der Drahtbürste entrostet werden. Dafür gingen sicher noch einmal zwei Stunden ins Land. Die Hinterachse ist mit grossen Bronzekloben an den Federn befestigt. Diese Kloben funktionieren gleichzeitig als drehendes Lager auf der Achse, wenn die Achse einfedert. Auch diese waren im Lauf der Jahre verharzt und freuten sich über Eine Reinigung und Instandstellung der Oberfläche.
    Bei der Montage habe ich dann mit Fett nicht gespart. Kurz vor Schluss habe ich dann noch eine Art Einstellmöglichkeit für die hinteren Federn gefunden. Zwischen der Feder und dem Chassis befinden sich flache Holzkeile. Je nachdem, wie weit diese vor dem Anziehen der Mutter eingeschoben werden, ändert dies die Stellung der Feder und das Auto steht entsprechend höher oder tiefer. Nachdem dies also eine einfache Einstellungssache ist, habe ich keine Hemmungen mehr, das immer noch schrägstehende Auto geradezurichten.

    Abschliessend noch der ersehnte Fahrbericht. Ich war ja unheimlich gespannt auf den Effekt einer funktionierenden Federung. Und fragen, wie sich so eine Federung korrekterweise anfühlen sollte, konnte ich auch niemanden. Die meisten 5HP-Besitzer fahren viel zu wenig, um ihre Fahrzeuge entsprechend zu kennen. Das Glück wollte es, dass ich gerade kurz vor Sonnenuntergang fertigwurde, also machte ich mich gleich auf eine Fahrt in den Abend auf.
    Was soll ich sagen....? Das Auto ist plötzlich zivilisiert ! Das Gehüpfe ist weg, plötzlich kennt der Fünfer sowas wie Spurtreue. Das Lenken fällt leichter, die dauernde Anspannung in Erwartung des nächsten Hüpfers fällt weg. Kurven können jetzt mutiger angegangen werden. Meine Begeisterung für den Fünfer wächst weiterhin. Ich habe sogar den Eindruck, dass die federnde Federung zu höheren Geschwindigkeiten führt, aber das könnte genausogut wiedermal Wunschdenken eines neurotischen Mechanikers sein.

    Beim Herumliegen unter dem Auto fiel mir dann auch noch ein tropfender Hauptbremszylinder auf. Somit steht schon fest, was mich in den nächsten Tagen beschäftigen wird. Dazu kommen jetzt noch fleissige Fahrversuche, schliesslich will die optimale Einstellung der Stossdämpfer jetzt gefunden werden. Vorher hatten die Federn ja eine heftige Überdosis an Eigendämpfung, jetzt hingegen liegt die Dämpfung wieder bei den dafür vorgesehenen Stossdämpfern. Die hinteren sind auf jeden Fall zu schwach eingestellt, aber immerhin hat er hinten welche. Das war ab Werk noch nicht so.

    Jetzt ist aber Feierabend für heute, und ich kann mit dem guten Gefühl, ein anständig federndes Auto zu besitzen in die Badewanne steigen.

    feuchtfröhliche Grüsse ausm Süden, wenn auch nördlich von Bern...
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.08.2007, 22:16

    5HP im Alltagseinsatz 12.06.2007, 19:43
    Es sind wieder einige Tage ins Land gegangen und ich nähere mich der Zweitausendkilometermarke. Schliesslich wurde der Fünfer ja zum Fahren gebaut, und genau dafür habe ich ihn ja auch gekauft. Er ist mittlerweile in unserem Dorf halbwegs bekannt, man trifft ihn ja auch öfters um die Feierabendzeit auf dem Parkplatz bei unserem Tante-Emma-Laden. Er bewährt sich mittlerweile im alltäglichen Kurzstreckeneinsatz wie auch auf längeren Wochenendausflügen. Sein moderater Verbrauch macht daraus sogar ein vergleichsweise billiges Vergnügen.
    Die funktionierende Federung hatte ja endlich die Einstellung der Stossdämpfer ermöglicht. Ich habe alle vier recht stark angezogen, das Auto fährt jetzt viel ruhiger und das Gehüpfe unterbleibt jetzt ganz. Die von ähnlichen Fahrwerken bekannte Neigung zum Trampeln der Hinterachse in Kurven bleibt aus, allerdings aus gutem Grund. Man kann einfach auch bei bestem Willen und sehr viel Mut nicht schnell genug um eine Kurve wetzen, dass dies ein Thema würde. Die Grenze zum seitlichen Ausbrechen ist sehr dünn und lässt gerade im Grenzbereich keine Zweifel an ihrer Existenz offen.
    Ich habe gegenüber dem technischen Fortschritt eine reichlich kritische, wenn nicht gar ketzerische Einstellung. Wenn man den Benzinverbrauch als Masstab ansetzt, ist dies auch recht verständlich. Trotz allem Misstrauen bin ich jetzt aber doch auf etwas gestossen, wo Fortschritt sich wirklich sehr spürbar auswirkt. Womit wir wieder beim Fahrwerk angelangt sind. Zur gleichen Zeit wie der Fünfer wurde von Lancia das erste Auto mit vorderer Einzelradaufhängung und selbsttragender Karrosserie gebaut, der Kennern wohlbekannte Lambda. Die damit erreichten Fahreigenschaften machten den Lambda zu einem derartigen Erfolg, dass die Marke bis heute indirekt davon zehrt. So kann man damit auch schnell durch Kurven fahren, etwas, wo einem die Grenzen von Starrachsen sonst recht übel bewusst werden. Dazu kommt der Effekt, dass die Vorderräder einander nicht beeinflussen, ein Gullydeckel führt also nicht automatisch zu einem kleinen Schlenker. Heutzutage ist dies ja absolut selbstverständlich, alles andere wäre ja ein Alptraum für den heutigen Fahrer.
    Aus vielen Büchern kenne ich zwar relativ viel über die technische Entwicklung des Automobils, ich konnte mir aber vor der Anschaffung des Fünfers noch kein reales Bild davon machen, wie sich der Fortschritt wirklich auswirkte, und was davon wirklich relevant war. Auch kann man ja heute nicht einfach mal jemanden fragen, der viel Erfahrung im untermotorisierten Fahren auf Starrachsen hat. Jedenfalls ist mir jetzt klar, dass der für mich am deutlichsten wahrnehmbare Fortschritt an solch unscheinbaren Teilen wie Federung und Lenkung stattfand.

    Dann war da noch der letztens zur Revision angekündigte Hauptbremszylinder. Ich erspare dem Leser die Beschreibung des Ausbaus, um Neid bei Fahrern modernener Fahrzeuge entgegenzuwirken. Nur soviel: er ist beinahe so schnell auf der Werkbank, wie man das niederschreiben kann. Und diejenigen, die ihn gebaut haben, hatten bereits an mich gedacht. Denn er liess sich problemlos zerlegen, ohne Spezialwerkzeug. Die anschliessende Reinigung zeigte unbeschädigte Dichtungen und etwas Dreck, der sich unten auf der Lauffläche der äusseren Lippendichtung abgelagert hatte. Nachdem das sauber und kurz leicht weichgehont war, konnte ich den Zylinder wieder montieren und die Bremsanlage entlüften. Dies ging dank eines ans Bremspedal geknoteten Seils ganz ohne fremde Hilfe oder Spezialgerät. Das Seil lässt sich durch die Spritzwand ziehen, so kann man bequem von der Vorderachse her das Pedal heranziehen.
    Das erhoffte Resultat ist, dass der Zylinder jetzt dicht ist und es auch sicher sehr lange bleiben wird. Ein kleiner Trick, der dazu beiträgt, ist die Schmierung mit einem besonderen Teflonfett.

    Schon zweimal wurde ich jetzt mit dem Fünfer Opfer eines heftigen Platzregens. Zuerst das Positive: die Fahreigenschaften sind auch bei heftigem Regen noch akzeptabel. Der Scheibenwischer übt eine sehr beruhigende Wirkung aus. Weniger Positiv, jedenfalls im Moment des Regens, ist das Leinendach. So nach ca. 30 Sekunden beginnt die Innenseite vor Wasser zu glänzen, weitere 30 Sekunden später regnet es dermassen durch, dass man meinen könnte, man würde offen fahren. Oder jedenfalls beinahe. Aber immerhin...der Fünfer lässt einen nicht im Regen stehen....sondern sitzen. Eine andere Eigenart ist die Fahrerbefeuchtungsanlage, die bei trockenem Wetter auch als Windschutzscheibe Verwendung findet. Da sie aus zwei Hälften besteht, hat es in der Mitte einen Spalt. Da die obere Scheibenhälfte die untere überlappt, besteht wenigstens optisch kein Grund zur Annahme, dass es damit eine lustige Bewandtnis hat. Die ist recht einfach: beim Fahren wird selbst bei kleinstmöglichem Spalt noch relativ viel Luft durch selbigen gepresst. Diese Luft wird laufend mit viel Regenwasser angereichert und findet den Weg sowohl zum Fahrer als auch auf die Innenseite der Windschutzscheibe. So gesehen wäre ein zweiter Scheibenwischer an der Innenseite der Scheibe nicht so absurd, wie dies scheinen mag. Ein weiterer origineller Effekt ist, dass die Fahrerdusche bei laufendem Scheibenwischer rhythmisch abläuft, bei jedem Schwenker ein Schwall.

    So gesehen hat es möglicherweise einen anderen Grund als den des liebhaberischen Wohlwollens seitens der Vorbesitzer, dass das Auto praktisch nie bei Regen gefahren wurde. Für mich ist dies sogar die viel wahrscheinlichere Erklärung.

    Ab Werk war ein Kunstlederdach montiert, das in gutem Zustand kein Wasser durchlassen würde - aber in geschlossenem Zustand bei Sonne recht stark einheizt.
    Bei meinem ist ein angenehm kühles Leinendach montiert, sehr professionell in der Ausführung und mit etlichen liebevollen Details wie Lederverstärkungen versehen. Bei prallem Sonnenschein hat sich gezeigt, dass es kühler im Auto bleibt, wenn das Dach geschlossen bleibt. Wenn die obere Windschutzscheibenhälfte aufgeklappt wird, hat man eine erstklassige Frischluftversorgung des ganzen Innenraums, ohne dass man sich Durchzug ausgesetzt fühlt. Originellerweise staut sich im Innern viel mehr warme Luft, wenn das Dach offen ist.

    Und wie immer gegen Ende eines Beitrags kündige ich schon die nächsten Schritte an. Im Moment drängen sich keine dringenden auf, also musste ich mir etwas einfallen lassen. Zuerst werde ich mir genügend Leder besorgen, um dann sowohl die offenen Durchgänge der Spritzwand gegen den warmen Abluftstrom des Motors abzudichten, als auch um daraus Verkleidungen für die Federpakete zu machen. Dies war damals nicht unüblich, schliesslich ergibt Fett zusammen mit Strassenstaub eine recht brauchbare Schleifpaste. Dann stehen noch einige kleinere Abdichtungsarbeiten rund um die Windschutzscheibe an. Und natürlich weiterhin ergiebiges "Probefahren". Bericht folgt...

    Ach ja...beinahe hätte ich es vergessen: ich werde ihn in den nächsten Tagen waschen und polieren, zum ersten Mal. Der Staub haftet vorzugsweise auf öligen Handabdrücken, was das Auto mittlerweile etwas gescheckt aussehen lässt.

    Gruss aus dem Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.08.2007, 22:25

    5HP im Alltagseinsatz 25.06.2007, 21:45
    Es ist wiedermal so ein verregneter Montag, der zum Schreiben einlädt. Leider, denn eigentlich fahre ich lieber blödsinnig in der Gegend herum. Aber zuerst hat mich die verbogene Kurbelwelle meines Rüpelerpels auf Trab gehalten, dann ein Ententreffen auf der schwäbischen Alb, und jetzt regnet es, wie gesagt.
    Mittlerweile liegt mir der Fünfer so gut in der Hand, dass ich mir beim Fahren nicht mehr allzuviele Gedanken über seine Technik machen muss. Dafür konnte ich erneut einige Erkenntnisse über den Automobilbau der Vorkriegszeit gewinnen.
    Je älter ein Auto ist, umso eher gewinne ich den Eindruck, es sei eigentlich für die Ewigkeit gebaut. Diese Erfahrung mache ich regelmässig beim Betrachten richtig alter Autos. Einerseits ist fast alles so gebaut, dass es wieder repariert werden kann, sollte es zu Bruch gehen. In den meisten Fällen sogar ohne Beizug eines Spezialisten. Andererseits ist vieles so gebaut, dass es von vornherein gar nicht erst kaputtgeht. Diese Haltung zeigt sich auch in der liebevollen Ausführung läppischer Details wie Schmiernippel und Schraubenköpfe. Selber eine Art Mechaniker, verstand ich diesen Aufwand als sichtbares Zeichen dafür, dass diejenigen, die so etwas herstellten, bei der Produktion nicht an ein baldiges Lebensende ihres Produktes glaubten.
    Nun bin ich wiedermal über ein interessantes Buch zum Thema Automobiltechnik gestolpert. Das Buch hat die Autos der Dreissigerjahre zum Thema, und in der Einleitung wird auf eine originelle Form des Fortschritts hingewiesen. Die grosse Erfindung der Dreissiger sei die begrenzte Lebensdauer eines Produktes, steht dort geschrieben. Zum Teil soll die geplante Lebensdauer von Autos schon damals sechs Jahre nicht überstiegen haben.
    Halten wir uns hingegen die Neuerungen der Zwanzigerjahre vor Augen: Standardisierung der Bauteile und Serienfabrikation. Bei genauer Betrachtung stehen beide Neuerungen in erster Linie vor einem wirtschaftlichen Hintergrund, die Autos selber wurden dadurch nicht wirklich besser. Die Standardisierung von Bauteilen wurde einerseits notwendig, weil die Verbreitung der Automobile mittlerweile weit über die Region des jeweiligen Herstellers hinausging, andererseits weil steigende Motorleistungen ihren Tribut am Material forderten. Die Standardisierung der Bauteile war sowohl Voraussetzung als auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht Herausforderung zur Serienfabrikation möglichst vieler kompletter Fahrzeuge. Dies ermöglichte erst die Produktion rentabler Stückzahlen von Einzelteilen, was wiederum zu billigeren Autos führte. Je billiger aber die Autos waren, umso mehr konnten verkauft werden, und umso lukrativer war wiederum deren Herstellung. An sich ganz einfach.
    Die Dreissigerjahre begannen mit der Weltwirtschaftskrise, der damals etliche kleine Autohersteller zum Opfer fielen. Nun konnte der Kuchen unter einem kleineren Kreis meist grösserer Hersteller aufgeteilt werden. Und die damalige Autoindustrie begann eine Denkweise, die sie bis heute nicht mehr loswurde.
    Möglicherweise spielten bei dieser Entwicklung noch andere Faktoren eine Rolle. Die Zwanzigerjahre waren eine recht modebewusste Zeit. So wechselten die Modefarben damals abrupter als unsere Generation das je erleben konnte. Der Fünfer, den heutzutage jedermann vorwiegend in gelb kennt, wurde nur die ersten zwei Jahre in dieser Farbe ausgeliefert, ab 1924 herrschten dann dunkle Töne vor. Die Modeströmungen lassen sich auch sehr gut an der Form der Kotflügel beobachten. In den frühen Zwanzigern herrschten noch flache Kotflügel vor, die ihre Verwandtschaft zu Kutschen kaum ableugnen konnten. Kurz danach kamen rund gewölbte Bleche zum Einsatz und liessen die flachen Kotflügel in den Augen der damaligen Zeitgenossen schnell alt aussehen. Vor diesem Hintergrund erstaunt es dann weniger, wenn die Konstrukteure auch diesem Detail Rechnung trugen und aufhörten, für die Ewigkeit zu bauen. Allerdings darf man dabei nicht ausser Acht lassen, dass es schon damals eine grosse Anzahl renitenter "Weiterverwender" gab, ähnlich uns heutigen Entenfahrern, die neuerer Technik ebenfalls etwas kritisch gegenüberstehen. Einer davon hat meinem Fünfer ein recht langes Leben ermöglicht, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Und wie es aussieht, hat er die Fahrkultur der Zwanzigerjahre bis 1983 durchgehalten, denn bis dahin war mein Fünfer im regenfreien Alltagseinsatz. Übrigens gab es auch damals schon eine Zubehörindustrie, die sich auf die Fahrer solcher veralteter Autos konzentrierte. Beleg dafür sind u.a. die an anderer Stelle bereits erwähnten Werbungen für Nachrüst-Vorderbremsen zum Fünfer. Diese renitenten "Weiterverwender" scheinen übrigens nicht wenige gewesen zu sein, 1960 waren in Frankreich noch rund fünftausend 5HP unterwegs....

    Abgesehen davon brachten die Dreissigerjahre dann eine allmähliche Steigerung der Motorleistung, eine Verbesserung der Fahrwerke und Bremsanlagen - die Einführung der Vorderbremsen ging Hand in Hand mit der Verbesserung der Strassenbelagsqualität - und schliesslich den Übergang zu wetterfesten Karrosserieformen.
    Dieses Detail ist besonders interessant, lässt es doch Rückschlüsse auf die Anwendung von Autos in den Zwanzigern zu. Ganz offensichtlich sind die wenigsten Autos der Zwanzigerjahre wetterfest, selbst wenn Behelfslösungen wie Steckscheiben einem so etwas vorgaukeln möchten. Geschlossene Karrosserien waren damals noch recht selten, es herrschten die offenen Tourenwagen vor. Ich vermute daher, dass Autos damals vorwiegend bei trockenem Wetter bewegt wurden, man tat zumindest gut daran, Fahren bei Regen zu vermeiden. Beispielsweise sei hier die meist horizontal geteilte Windschutzscheibe genannt, die nach eigenen Erfahrungen eine erstklassige Fahrerbefeuchtungsanlage abgibt. Oder dass damals viele Autos serienmässig über gar keinen Scheibenwischer verfügten... Alles eindeutige Anzeichen dafür, dass Autos damals weder gewinnbringend arbeiten mussten, noch als Alltagsgegenstand in unser Leben eingebettet waren.
    So komme ich zum traurigen Schluss, dass meine Lieblingsmaschinen schon in den Dreissigerjahren den Sprung zum reinen Wirtschaftsfaktor machten.
    Das wiederum deckt sich mit meiner Entdeckung, dass in mechanischer Hinsicht seit damals nicht mehr viel grundlegend Neues entwickelt wurde. Die ersten erfolgreichen Vierventiler rannten schon vor dem ersten Weltkrieg, der Fünfer konnte schon aufgeladen werden, Königswellenmotoren gab es 1926 sogar schon in französischen Motorrädern, etc. etc.... Oblag es damals noch dem Fahrer, mit viel Gefühl für die Maschine selbige nicht zu überfordern, wurden diese Techniken dann im Lauf der Zeit soweit perfektioniert, dass man heute mit gutem Gewissen sagen darf, dass selbst ein 400PS-Geländewagen mit Turboaufladung absolut omasicher ist.
    Nun hat dieses Image der modernen Autos ja möglicherweise eine immense Anziehungskraft auf die meisten meiner Artgenossen, aber ich scheine unter einem seltsamen Defekt zu leiden. Mir macht es enormen Spass, der Welt von Zeit zu Zeit eine lange Nase zu drehen. Dazu eignen sich aus irgendeinem unerfindlichen Grund besonders die kleinen Citroens, sei es nun ein 5HP oder ein 2CV...

    wohlgemute Grüsse aus dem momentan nassen Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.08.2007, 22:27

    5HP im Alltagseinsatz 27.07.2007, 23:10
    Nach einem schwäbisch bedingten Sommerloch kann ich mich wieder etwas dem Schreiben vom Fahren widmen. Zur Hebung meines Selbstwertgefühls verwende ich, wie Abertausende auch, einen Mercedes. Ist zwar nur ein relativ lausiger, aber immerhin darf ich mich damit auch mal in der Klasse der Bonzenschlitten bewegen. Und darum heisst mein 180er von 1953 auch ganz offiziell Bonzenschlitten, und der hat jetzt wieder sechs Jahre Zulassung gekriegt.
    Aber schnell zurück zu den lausigen Citroens, bevor der Vorwurf der Fremdfahrzeugliebe erhoben wird.
    Ich bin mittlerweile etwas wagemutiger mit dem Fünfer und versuche, damit einigermassen gnadenlos in der Gegend herumzuheizen. Das Problem des Herumhüpfens bleibt zwar nach wie vor bedrohlich, aber mittlerweile kenne ich wieder jede Bodenwelle im Umkreis von zwanzig Kilometern und kann mich darauf einstellen. Bei "schneller" Fahrt empfiehlt es sich, das Lenkrad einigermassen locker zu halten, auch wenn man es keineswegs auch nur für eine Sekunde aus den Händen lassen sollte. Die Zeiten des verkrampften Korrigierens sind vorbei.
    Ich staune regelmässig über die Zuverlässigkeit des Fünfers. Ich hatte noch nie ein Auto, das dermassen schnell und sicher anspringt, auch nach längerer Pause. Wenn ich da an ausgetrocknete Entenvergaser denke... Da der Benzintank sozusagen im Armaturenbrett verbaut ist, ist keine Benzinpumpe nötig, der Vergaser sitzt weiter unten. Der Tankeinfüllstutzen ist mittig vor der Windschutzscheibe angebracht, was die angenehme Folge hat, dass man an der Tankstelle nie auf der falschen Seite steht. Ausserdem ist der Tank so im Falle einer Kollision recht gut geschützt. Bei den heutigen Benzinpreisen ist das durchaus wieder eine Überlegung wert.
    Herumheizen führt zu heissen Motoren. Diese wiederum führen zu heissem Kühlwasser. Dieses neigt dann dazu, aussen über den Kühler zu siffen. Da der Kühler in solchen Momenten recht warm ist, brennt sich das Kühlwasser dann richtig auf der Kühlermaske ein. Das Resultat war dann üblicherweise ein polierender Fahrer. Bei verchromten Kühlern ist dies kein Problem, der Chrom ist hart genug um auch jahrelanger Behandlung mit Stahlwatte zu widerstehen. Leider war Chrom in den Zwanzigern aber noch nicht verfügbar, und so musste man damit leben, dass nach einiger Zeit Messing unterm Nickel durchschien. Manche liessen ihre Kühlermasken dann wieder neu vernickeln, oder in späteren Jahren verchromen, so wie das bei meinem 1955 geschah. Pragmatischere Liebhaber alten Eisens schrubbelten dann einfach gleich den ganzen Nickel runter und polierten fortan Messing. So entstanden auch viele Jahre nach Ende der sog. Messingära noch laufend messingblinkende Oldtimer.
    Ein anderes, wesentliches Bauteil sind die Schmiernippel. Schmiernippel umgibt ein Hauch der Magie. Möglicherweise liegt das am leicht erotischen Charakter des Wortes, jedenfalls ist mir aufgefallen, dass Männeraugen bei Erwähnung des Wortes Schmiernippel aufblitzen. Der Fünfer besitzt davon schon recht viele, im Vergleich zu einem Auto der Fünfziger sind sie aber nicht wirklich zahlreich. Aber die Mädels der Fünfziger waren ja auch fülliger als das Ideal der Zwanziger. Dies könnte eine ähnliche Parallele sein wie die Verbindung zwischen Klimaerwärmung und Rückgang des Piratenberufs, wie die Kirche des FSM dies propagiert... Je fülliger die Mädels, umso mehr Schmiernippel - klingt jedenfalls nicht minder absurd. Die Schmiernippel der Zwanzigerjahre machten allerdings noch etwas her, sie waren gross und verlangten nach einem besonderen Schuh auf der Fettpresse, Marke Tecalemit. Durch ihre Grösse waren sie leicht auffindbar, ihr grosser, flacher Kopf führte trotz der schon damals üblichen Bezeichnung noch zu keinem schrägen Lachen. Dieses wurde erst durch die Einführung des Kugelkopfschmiernippels möglich. Dieser bietet im Sinne des technischen Fortschritts zudem die Möglichkeit, bei leicht schräg angesetztem Kopf das ganze Fett daneben rauszusauen, was bei den alten T-Nippeln nicht der Fall war.
    Netterweise hatte sich die originale Fettpresse meines Fünfers so gut in den Tiefen seines Kofferraumes versteckt, dass sie auch heute noch dort vorhanden ist. Auch sind die Platzverhältnisse unter dem Auto von der Art, die eine Hebebühne fast überflüssig machen. So macht das Schmierritual Spass, kein Vergleich zum üblichen Ausatmen bevor man unter die Hinterachse rutscht.
    In letzter Zeit fahre ich öfters abends herum, also zu einer Zeit, wo auch viele hormongeplagte Jungfahrer unterwegs sind. Denen bin ich mit meinen brachialen 11PS natürlich ein Dorn im Auge, besonders wenn ich ihnen gerade mal wieder vor die Nase gefahren bin. So kommt es öfters zu recht originellen Szenen, die aber fast immer in einem Gelächter enden. Und selbst wenn sich mal ein besonders verständnisloser Zeitgenosse über mich ärgert...lieber so als umgekehrt.
    Seit ich vorwiegend alte Schwarten fahre, habe ich kaum je Probleme mit Parkbussen. In ganz besonderem Mass gilt dies für den Fünfer. Irgendwie weigern sich selbst Politessen, das Ding ernstzunehmen, und so kann man damit sogar parkieren "wie damals".
    Wenn ich die ganze Geschichte mal vom kaufmännischen Standpunkt betrachte und dabei ein grosses Auge zudrücke was die Wetterfestigkeit des Fahrzeugs betrifft, so fahre ich eigentlich recht kostengünstig herum. Der Ankaufspreis bewegte sich in der Höhe eines abgenudelten Berlingos, der Benzinverbrauch liegt bei ca. sieben Litern bei meiner Fahrweise. Als Öl verwende ich SAE30er Premium, davon habe ich ein Fass, das heute als sog. Kompressorenöl verkauft wird. Einzige benötigte Ersatzteile waren zwei Hardyscheiben, eine für die Kardanwelle, eine für den Zündmagneten. Beide waren noch original, aber der Gummi war hart geworden und die Hardyscheibe der Kardanwelle bestand praktisch nur noch aus Leinwand und lief unrund, was man allerdings unter 40km/h nicht bemerkte. Die Kosten für beide zusammen lagen bei etwa 70 Euro. Seither bin ich gegen 3000km gefahren und freue mich schon auf die nächsten mit der urtümlichen Fahrmaschine.

    Soviel ausm südlichen Sommerloch
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.08.2007, 22:32

    5HP im Alltagseinsatz 03.08.2007, 13:17
    Was bringt einen anderweitig halbwegs vernünftigen Menschen eigentlich dazu, sich ausgerechnet in Alteisen zu verlieben ?
    Da ich gerne alles, inklusive meiner selbst, hinterfrage, ist mir dieser Gedanke nicht unbekannt. Mögliche Antworten darauf gibt es gleich mehrere, deren Zusammenspiel es erst ausmacht.
    Ganz sicher hat die frühkindliche Prägung viel damit zu tun. Wie alle Rotznasen hatte ich damals auch meine gesammelten Matchboxautos. Ich erinnere mich noch recht gut an die Momente in unserer örtlichen Papeterie, als ich mir wiedermal ein Auto vom Ständer aussuchen durfte. Damals gab es eine Serie "Models of yesteryears", das waren Modelle von Oldtimern der Frühzeit des Automobilismus. Diese waren teilweise recht filigran, mit Speichenrädern und klitzekleinen messingfarbenen Beschlägen. Beim Spiel im Sandkasten wurden diese Anbauteile dann recht schnell wegerodiert, was aber dem Spass keinen Abbruch tat. Meine unerklärliche Vorliebe hatte dann auch den Vorteil, dass ich meine Autos sehr leicht wiedererkennen konnte, denn meine damaligen Spielkameraden bevorzugten modernere Modelle. Damit ist zwar immer noch nicht erklärt, woher diese Vorliebe kommt, aber immerhin ist damit die erste Ausbaustufe meiner "Krankheit" erzählt.
    Möglicherweise liegt die Ursache früher in meiner Kindheit, in einer Phase, an die ich mich nur noch schleierhaft erinnern kann. Als recht kleiner Junge durfte ich mal in Portugal in einem - wie mir später berichtet wurde reichlich wunderbaren - Oldtimer mitfahren. Damals war das noch kein Oldtimer, sondern ein sehr gut gepflegtes Auto der dreissiger Jahre, wie es sie zu jener Zeit noch vereinzelt in Garagen diskreter Fabrikantenvillen gab. Geblieben sind mir von diesen Fahrten nur noch Erinnerungsfetzen. Diese haben aber eine Leuchtkraft, die ihre Fadenscheinigkeit bei Weitem übertrifft.

    Dann wäre da ja noch mein Elternhaus, in dem sich eine kleine, aber feine mechanische Werkstatt verbirgt. Normalerweise bauen wir dort ja Industriemaschinchen, aber als Umfeld für einen technikverliebten Jungen ist das schon nahe an der Grenze zur Überdosis. Damals gab es auch noch etliche höchst interessante Schrottplätze in der näheren Umgebung, so mangelte es mir nie an Rohmaterial für meine Basteleien. Wobei ich gestehe, dass meine damaligen Bemühungen weitaus häufiger im Zerlegen als im Zusammenbauen von mechanischen Gegenständen gipfelten.

    Vielleicht war es aber auch der Knick in meiner Biografie, der durch die Scheidung meiner Eltern und kurz darauf einige Nierenoperationen erfolgte, und der mich schliesslich in eine Art technischer Opposition trieb. Damals lebten wir unter den Nachwehen der 68er, die naive Unschuld der Hippiezeit war durch Begriffe wie Radikalenerlass oder Tränengas ersetzt worden. In den frühen Achtzigern waren wir tief im Innern immer noch revolutionär gestimmt, den naiven Glauben unserer Vorgänger, dass die Welt sich durch uns verändern liesse, hatten wir aber im Zuge verschiedener Auseinandersetzungen mit der Obrigkeit verloren.
    Damals genoss ich ein relativ unbeschwertes Studentenleben, auch wenn ich das sicher nicht so ausgedrückt hätte. 1982 war es dann auch soweit, dass ich mir mein Auto kaufte, einen damals reichlich abgemorchelten, alten Mehari. Möglicherweise wurden meine separatistischen Tendenzen dann auch noch durch die Entenszene angeheizt, ich erinnere mich jedenfalls noch recht gut an einen gut abgeblockten Versuch, mit dem Mehari an ein Ententreffen zu fahren. Gerne tu ichs allerdings nicht.
    Noch zählte ich mich aber nicht zu den wirklichen Schraubern. Dazu war mein Leben damals viel zu turbulent, zudem mangelte es mir an Platz, Werkzeug und Kenntnissen. Als Praktikant des Umweltschutzamtes der Stadt Luzern ritt ich dann zuerstmal auf der grünen Welle mit, was mir zu einer netten Sammlung antiker Fahrräder und profunden Kenntnissen über die Technik des wohl vernünftigsten Fahrzeugs überhaupt verhielf. Gegen Ende meines Praktikums begann dann eine Art vernunftbedingter Opposition in mir zu wüten, und ich begann an einem alten Sachsmofa herumzuschrauben. Den eigenartigen Humor scheine ich schon damals besessen zu haben, jedenfalls gingen alle meine Bemühungen in Richtung verstärkter Rauchentwicklung. Mit 5% Öl im Benzin klappte dies dann auch hervorragend.

    Natürlich war ich nicht der einzige, der sich in diesen Jahren weiterentwickelt hatte. In der gleichen Zeit verdoppelte der VW Golf sowohl Gewicht als auch Leistung, Themen wie PISA gewannen an Aktualität und der Werbeanteil im Fernsehen wurde immer mehr. Die immer perfideren Methoden der Beeinflussung wurden aber durch die Erkenntnis wettgemacht, dass die einzige wirklich treibende Kraft auf diesem Planeten die Dummheit ist.
    Und so hat Eines zum Anderen geführt und ich wurde zu dem, der ich heute bin. Ich geniesse es heute mehr denn je, der Welt der freien Marktwirtschaft eine Nase zu drehen. Und wie könnte man das in einer technischen und ungemein fortschrittsorientierten Gesellschaft besser als unter täglicher Verwendung eines eindeutigen Anachronismus ?

    zeitlose Grüsse
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.08.2007, 22:35

    5HP im Alltagseinsatz 08.08.2007, 21:41
    Ganz herzlichen Dank erstmal für die positiven Rückmeldungen. Die Idee, ein Buch zu machen, klingt ja ganz reizvoll, und so ganz nebenbei fotografiere ich auch ganz gerne. Aber im Internet kann ich frei von der Leber labern, bei einem Projekt wie einem Buch würde ich mich nur verstricken. Ausserdem kosten Bücher Geld, erstmal den Autor und dann den Leser. Vor allem letzteres hat mich selber schon vom Konsum etlicher guter Bücher abgehalten. Glücklicherweise lese ich meistens alte Handbücher für Mechaniker und Techniker. Die finden sich meistens in der Schmuddelecke im Antiquariat. Ansonsten beziehe ich meinen Lesestoff ja auch gerne gratis im Internet, womit ich hier wohl nicht ganz alleine stehe...
    So richtig ernsthaft im Sinne von herzzerreissenden mechanischen Tragödien kann ich im Moment nichts berichten. Im Moment funktioniert der Fünfer einfach und lässt nicht einmal einen Ausblick auf kommende, sich aufdrängende Arbeiten zu. Waschen könnte ich ihn einmal, das habe ich bisher noch nie gemacht. Es ist eine Eigenart meiner alten Schwarten, dass sie von unten meistens sauberer sind als von oben. Aber irgendwie ist mir der Gedanke ans Waschen nicht ganz geheuer, da ein sauberes Auto ja bekanntlich ein eindeutiges Zeichen für einen schmutzigen Charakter sein soll. Dieser Spruch ist übrigens etwa so alt wie mein Fünfer.
    Gestern war recht wechselhaftes Wetter und ich habe eine gute Stunde hinterm Küchenfenster gewartet, bis der Regen mal für etwas länger aufhörte. Die Situation dürfte jedem aktiven Motorradfahrer bekannt sein, statt dem Küchenfenster darf es auch ein Scheunendach oder eine Brücke sein. Und so wurde mir plötzlich klar, wie die Fahrer derartiger Autos damals mit dem Wetter umgingen.
    Als Meharifahrer war mir der Wert eines schattigen Daches über dem Kopf schon lange bekannt. Nicht bewusst war mir jedoch, dass die Stoffdächer der frühen Autos genau diesen Zweck verfolgten. Erst nachdem ich weitere Details wie die horizontal geteilte Windschutzscheibe aus eigener Anschauung kennenlernte, wurde mir langsam klar, dass diese Autos nicht für Schlechtwetterfahrten konstruiert wurden. Der Vorbesitzer meines Fünfers wusste das anscheinend noch, denn er liess das Verdeck aus einem schweren, aber nicht wasserdichten Leinenstoff anfertigen.

    Je länger ich darüber nachdenke, umso absurder halte ich jegliche Diskussion über Originalität bei alten Autos. Wenn es um Museen geht sieht die Sache etwas anders aus, aber selbst dort sehe ich lieber ein altes Auto mit sichtbaren Zeichen der Zeit als einen optischen Neuwagen aus vergangenen Tagen.
    Vielleicht liegt es ja auch daran, dass ich meine Augen schon seit vielen Jahren aufs Aufspüren kleinster Spuren der Lebensgeschichte meiner Vehikel trainiert habe. Jeder ungeschickte Mechaniker hinterlässt Spuren seines Wirkens. An diesen Spuren lässt sich recht viel ablesen. Angefangen damit, welches Bauteil überhaupt repariert werden musste, weiter mit der Frage nach dem Warum. Gerade hier erlebt man originelle Überraschungen, denn oft findet man gerade an Bauteilen, die eigentlich keinerlei Wartung bedürfen, die originellsten Werkzeugspuren. Und diese wiederum lassen gewisse Rückschlüsse zu. Gequetschte Schraubenköpfe und Muttern, fehlende oder falsche Unterlagscheiben, geriffelte Zangenabdrücke und dergleichen mehr erzählen Bände aus dem Leben einer Maschine. Viele Spezialwerkzeuge lassen sich unter Hinterlassung eindeutiger Spuren durch brachiale Methoden wie den Einsatz von Hammer und Meissel umgehen. Minimale Unterschiede bei an sich identischen metrischen Gewinden lassen Rückschlüsse darauf zu, ob eine Schraube schon einmal ausgetauscht wurde. Dann lässt der Zustand der jeweiligen Oberflächen weitere Rückschlüsse auf den Unterbringungsort zu. So ist die Geschichte des Autos auf hunderten seiner Teile aufgeschrieben, man muss nur die Geduld aufbringen, sie zu lesen.
    Es gibt allerdings auch Spuren, auf die man gerne verzichten würde. So hat bei meinem Fünfer irgendein unbedarfter Mensch die Haube unvorsichtig geöffnet und dabei eine Beule auf dem Kotflügel hinterlassen.
    Aber jetzt bin ich gerade dran, meinen Beitrag zu seiner Geschichte zu leisten. Wobei mir abschliessend für heute noch einfällt, dass ich öfters mal gefragt werde, ob das mein Auto sei. Meine Antwort drauf ist jeweils, dass die einzelnen Besitzer im Laufe eines so langen Autolebens nicht mehr wirklich relevant sind.

    Soviel für heute aus der Wunderwelt der unbelasteten Abgase,
    Gruss, Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 16.08.2007, 15:22

    5HP im Alltagseinsatz 10.08.2007, 12:23
    Gestern abend habe ich meinen Horizont erweitert. Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen, lediglich einige Fotos vom Fünfer in seltsamen Situationen zu schiessen, was mir zumindest teilweise gelang. Dann führte mich mein Weg aber durch ein kleines Bauerndorf an einer Spelunke vorbei, die einen ausgesprochen anziehenden, morbiden Charakter hat. Das mag daran liegen, dass der Kühlschrank der einzige Einrichtungsgegenstand aus der Nachkriegszeit ist, oder dass die Wirtin ein Jahr älter als der Fünfer ist. Das Lokal selber verdankt seinen Charme wohl der philosophischen Erkenntnis, dass die konsumierten Getränke weitaus mehr zum Wohlbefinden beitragen als das modischste Ambiente. In gewissem Sinn besteht sogar eine Parallele zwischen der Spelunke und dem Fünfer: beide sind auf ausreichendem technischem Niveau stehengeblieben.
    Logischerweise konnte ich mich der Anziehungskraft dieses magischen Ortes nicht entziehen, und so sass ich gleich auf einem Gartenstuhl, der den Eindruck erweckte, er sei das letzte Mal vor Napoleons Besuch frisch lackiert worden. Das angenehme an den wenigen Lokalen dieser Art ist, dass man ungefragt ein Bier vorgesetzt bekommt. Aber darauf komme ich gleich nochmal.
    Zuvor möchte ich aber noch von einem kleinen, aber wunderschönen Gesprächsfetzen berichten. Das Fahren mit so einem alten Auto sorgt ja immer für interessanten Gesprächsstoff, und so erzählte die Wirtin von ihrem Vater, einem strammen 1881er. Dieser sei in seiner Jugend laut schreiend heimgerannt, er hatte eine Chaise ohne Pferde gesehen !
    Solche direkten Zeugnisse sind heutzutage so selten wie schön. Mir sagen sie mehr als es die beste Flasche Chateau Lafite je könnte.

    Nun aber zurück zum Thema Bier. Normalerweise trinke ich keinen Alkohol, ich habe während meiner Arbeitszeit schon genug Lösungsmittel um mich herum. Bei einem solchen Lokal führt aber kaum ein Weg an einem kühlen Bier vorbei, wenn man sich nicht lächerlich machen will. So inhalierte ich also fröhlich ein durchaus angenehmes Bier, lauschte ergriffen den Erzählungen der Wirtin und tat meinen Teil dazu, den Abend mit absurden Feststellungen zu würzen, was ja eine der Hauptbeschäftigungen der Gäste solcher Eckpunkte unserer Kultur ist.
    Als eher schwächlicher Biertrinker hinterlässt selbst die homöopathische Menge von einem Bier einen gewissen Eindruck in meinem Nervensystem. Gerade genug, um zu wissen, was mich bei mehreren Bieren erwarten würde, aber noch nicht soviel, dass ich die Vernunft ausser Acht lasse.
    Und so gestaltete sich die Heimfahrt wiedermal recht lehrreich. Mein Weg führte mich wiedermal über etliche seltsame Strassen, wobei ich mir in Gedanken immer ausmalte, wozu ein Fahrfehler in der jeweiligen Situation führen würde. Hauptursache meiner Bedenken ist nach wie vor die unheimlich direkte Lenkung, bei der selbst ein minimes Drehen des Lenkrades gleich einen heftigen Schlenker zur Folge hat, sofort und ohne jegliche Toleranz. Mittlerweile habe ich mich zwar so leidlich daran gewöhnt, die Umstellung fiel aber schwerer als bei den vertauschten Pedalen.

    Als der Fünfer gebaut wurde, gab es das Wort Promillegrenze noch nicht. Im Prinzip stand es jedem frei, sich ungehemmt die Lampe zu füllen und dann fröhlich heimzufahren. Meine Erfahrungen aus dem Alltag zeigen nun aber, dass es kaum möglich ist, so ein Auto unter Alkoholeinfluss zu lenken. Vielleicht würde es ja mit etwas Übung klappen, aber das erspare ich mir lieber. Trotzdem habe ich mir bei der Heimfahrt über die üblichen Schleichwege und Holperstrassen so einige Gedanken zum Thema Sicherheit gemacht.
    In der Fahrschule wurde uns eingetrichtert, immer darauf gefasst zu sein, dass ein Kind plötzlich auf die Strasse rennen könnte. Diese Situation dürfte heute seltener der Fall sein als in den Zwanzigern, wo man die Anzahl vorbeigefahrener Autos abends an einer Hand abzählen konnte. Wenn man sich zudem bewusst macht, dass dem Thema Sicherheit beim Fünfer werksseitig nicht einmal soviel Beachtung gewidmet wurde, um das Auto mit Stosstangen auszurüsten, dann das Augenmerk zusätzlich auf den langen Bremsweg richtet, dann wird einem schnell einmal klar, dass die Fahrer damals vorausschauender fahren mussten. Bei der Vorstellung, anstelle eines gleich drei Biere inhaliert zu haben, wurde mir beim Fahren recht mulmig. Auch wenn die Fahrweise von fern gesehen wie besoffen wirken mag, und die lausigen elf Pferdestärken einer ungehemmten Raserei irgendwie im Wege stehen - der Fünfer verzeiht weder Leichtsinn noch Unaufmerksamkeit. Dazu kommt noch die Entenfahrern längst bekannte Erkenntnis, dass es nicht vieler Pferdestärken bedarf, um im falschen Moment ordentlich zu schnell zu sein.
    Meine Haupterkenntnis ist diesmal, dass das Autofahren in den Zwanzigern wohl noch eine relativ ruhige, ernsthafte Angelegenheit war. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der Anschaffungspreis selbst für so eine Gurke wie den 5HP irgendwo zwischen drei und fünf Jahresgehältern lag. So wundert es mich eigentlich nicht, dass die Autos jener Epoche von ihren Besitzern meist recht sorgfältig behandelt wurden. Die Ära der schweren Unfälle sollte ja erst in den sechziger Jahren wirklich ins Bewusstsein der Öffentlichkeit vordringen, als sowohl Motorleistung als auch Erschwinglichkeit stiegen und zornige, junge Männer gleich reihenweise an irgendwelchen Hindernissen zerschellten. Das allseits bekannte Resultat jener Zeit war die Einführung der Geschwindigkeitsbeschränkungen und die ersten, zögerlich eingeführten Promillegrenzen.
    Nun, die Versuchung, blau zu fahren, hält sich beim Fünfer in ungeahnt engen Grenzen. Zeitgenössische Unfallfotos zeigen übrigens, dass das auch viel besser so ist. Die allermeisten Bilder zeugen zwar von recht niedrigen Geschwindigkeiten, aber dazwischen sieht man auch mal wieder, was von einem Fünfer übrigbleibt, der in vollem Galopp von der Strecke abkommt. Da fällt mir doch gleich der Werbeslogan von Citroen ein: Nichts zerlegt sich wie ein Citroen !

    mit nüchternen Grüssen
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 16.08.2007, 18:08


    Das sieht dann in etwa so aus:
























    und so :10



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 18.08.2007, 07:54

    5HP im Alltagseinsatz 16.08.07
    Ich habe den Fünfer immer noch nicht gewaschen.

    Nachdem diese Räubergeschichte von einem harmlosen Spinner und seinem Auto weitere Kreise zu ziehen beginnt, möchte ich auch mal einige Worte zu meiner Motivation, dies alles niederzuschreiben, anbringen. Mein Dilemma ist, dass ich für meinen Autogeschmack mindestens zwanzig Jahre zu jung bin. Die allermeisten Besitzer von solchen Autos würden rein von der Haarfarbe her schon bestens in einen Porsche passen.
    Nun passe ich aber dummerweise absolut nicht in das Weltbild dieser Generation. Wahrscheinlich wäre es hilfreich, wenn ich ab und zu auch mal etwas ernstnehmen würde, aber dies wäre, bei allem guten Willen meinerseits, in philosophischer Hinsicht ein tragischer Rückschritt.
    Und so kommt es, dass ich meine Kreise vorwiegend alleine ziehe. Selten höre ich gerüchteweise von anderen Piloten von Vorkriegsgeschossen, die ab und zu mal gesichtet werden. Persönlich bin ich aber fast nur Sonntagsfahrern begegnet, wobei dieses Wort diesmal nicht abwertend gemeint ist.
    Ich fahre aber lieber am Montag.
    Als Entenfahrer - auch kein alltäglicher Zeitvertreib mehr, wie das aktuelle Strassenbild beweist - habe ich das Glück, über das Medium Internet Kontakt zu vielen gutgelaunten Entenfahrern gefunden zu haben. Mehr noch, ich denke dass gerade die Art umkomplizierter und offener Kollegialität wie wir sie in unserem Entenforum pflegen, die jederzeit verfügbare Hilfe bei technischen Problemen und das mitunter recht turbulente Entenleben viel dazu beitragen, unsere Szene lebendig zu halten und sogar Nachwuchs zu motivieren. Ob sich sowas auch bei Vorkriegsautos machen liesse steht auf einem anderen Blatt. Zumindest hier wird die Oldtimerszene von einigen wenigen, finanzkräftigen Berufsgruppen dominiert. Und meine Grossmutter hatte mich genau vor denen immer gewarnt.
    Wenn mein Geschreibsel auch viel Selbstdarstellung enthält, so ist diese keineswegs das Ziel meiner Schreiberei. So gesehen bin ich auch recht froh, dass die Hauptrolle meiner Texte einem alten Auto gehört, und ich eher als Statist fungiere. Aber auf der Suche nach Gleichgesinnten wurde ich im Internet nicht wirklich fündig, vielleicht war ich auch einfach zu dumm dazu. (Und so entstand diese Geschichte ja möglicherweise aus purer Dummheit...)
    Was aber nichts an meinen Hoffnungen ändert, ähnlich gelagerte Fälle kennenzulernen oder gar einen kleinen Stein ins Rollen gebracht zu haben.
    Um dem Fünfer selber aber auch noch etwas Platz einzuräumen berichte ich noch kurz von dieser kurzen Woche. Ich habe mittlerweile keine ernsthaften Probleme mehr mit der Lenkung, die Eingewöhnungsphase hat halt recht lang gedauert. Das wäre sicher nicht so gewesen, wenn ich nicht zeitlebens von modernen Lenkungen verwöhnt worden wäre.
    Viel bin ich nicht zum Fahren gekommen, nur so kleinere Alltagsfahrten wie zum Einkaufen und auf die Post. Noch bin ich mir beim Fahren der Andersartigkeit meines Autos einigermassen bewusst, aber ich denke, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis ich mich sosehr daran gewöhnt habe, dass das Fahren mit einem 83-jährigen Auto für mich die normalste Sache der Welt sein wird.
    Ein Grossteil der Motivation, dies zu tun, kommt aus meinem Sinn für Schönheit. Ich empfinde Autos der Vorkriegszeit als viel schöner als deren Nachfahren. Ihre Formen scheinen mir irgendwie mehr mit der jeweiligen Funktion verbunden als dies bei späteren Autos der Fall ist. Es war halt die Zeit, als eine Motorhaube noch eine richtige Motorhaube war, und nichts mehr. In jener Zeit wurde heiss diskutiert, ob langgezogene, in die Trittbretter übergehende Kotflügel schöner sind als solche, die der Form des Rades folgten.
    Und so wie der geschwindigkeitsverliebte Sportwagenfahrer etliche Unbequemlichkeiten in Kauf nehmen muss, tue ich dies der Schönheit des Fahrzeugs zuliebe.
    Wobei eine der lästigeren darin begründet liegt, dass der Fünfer ein Eintürer ist. Die Türe befindet sich auf der Beifahrerseite, dies nicht aus Sicherheitsgründen - siehe fehlende Stosstangen - sondern weil auf der Fahrerseite das Reserverad befestigt ist. Was ja im Pannenfall auch alles andere als sicher für den Radwechsler wäre.
    Das Problem bei einem Eintürer dieser Bauart ist recht einfach. Wenn man etwas Geraffel mitnehmen möchte, freut man sich zwar über einen recht grossen Kofferraum und einige kleinere Staufächer. Aber leider ist der Kofferraumdeckel ungefähr so gross wie ein Klodeckel, zudem ähnlich geformt. Auf selbigem befindet sich allerdings eine gutgemeinte Gepäckbrücke für einen Koffer der Grösse 40x80cm, gemäss Gebrauchsanweisung des Fahrzeugs. Aber wenn man diese benützt, hat dies zwei Nachteile: Erstens kann der Kofferraumdeckel dann nicht geöffnet werden, und infolge der Kürze des Hecks lässt sich das Dach dann auch nicht mehr richtig herunterklappen.
    Also führt man sperrigere Gegenstände ab der Grösse eines Klodeckels meistens im Fahrgastraum mit. Da man nun aber zuerst selber einsteigen muss, gestaltet sich das Mitnehmen von mehreren Gegenständen wie beispielsweise drei Kasten Bier recht kompliziert. Erst reinstellen geht nicht, denn dann hat man selber keinen Platz mehr zum Einsteigen. Leider kann einem dabei auch kein Beifahrer helfen, denn man muss sich zudem zwischen Fracht und einem solchen entscheiden. Für beide reicht der Platz nicht. Aber wenn man sich das genauer überlegt, liegt darin viel Potential für skurrile Situationen.

    mit frohem Geknatter
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 04.09.2007, 07:31

    5HP im Alltagseinsatz 01.09.2007, 22:30
    Fotos vom Fünfer in seltsamen Situationen gibt es momentan nur per Mail von mir, ich werde aber irgendwann wohl eine eigene Homepage für ihn basteln. Soviel zum administrativen Teil...

    Heute war wiedermal ein recht turbulenter Tag für den Fünfer und mich. Einer von der Sorte, die man nicht mehr vergisst. Aber erst mal der Reihe nach...

    Sonntägliche Ausflüge können wider Erwarten recht interessant werden. Die mit Abstand interessantesten sind die, wo man sich mit den Worten: "Ich gehe mal ne Runde drehen..." für eine halbe Stunde verabschiedet und dann fünf Stunden später breit grinsend wieder auftaucht. Dabei ist es natürlich sehr hilfreich, wenn so etwas schon beinahe von einem erwartet wird. Die jahrelange Vorarbeit war also doch zu etwas gut !
    Jedenfalls habe ich mich gestern nachmittag auf so einen philosophischen Ausflug begeben. Es gibt da noch einige kleinere weisse Flecken auf meiner privaten Landkarte unserer Gegend. Dabei ist der Fünfer wiedermal von unschätzbarem Vorteil, man kann damit Wege befahren, auf denen man mit einem modernen Fahrzeug sehr verdächtig erscheinen würde. Und unsere Landbevölkerung ist recht misstrauisch...
    Befährt man diese Wege hingegen mit einem ausreichend alten Fahrzeug, dann ist man fast überall willkommen. Ich strandete schon nach nicht allzulanger Fahrt bei einer grossen Lehmgrube, wo eine fröhliche Pensionärsrunde den schönen Sonntagnachmittag angemessen feierte. Es fiel mir überhaupt nicht schwer, dem kurzen Heranwinken zu folgen, und schon nach wenigen Minuten sass ich am Tisch und wir laberten über Gott und die Welt. Dabei staunte ich wiedermal über meine eigene Naivität, ich habe die Landbevölkerung immer für eher konservativ eingeschätzt. Zuerst wusste jeder von seinem Nachbarn zu erzählen, und was der für wunderschöne Hanfpflanzen in seinem Garten stehen habe. Noch mehr gegrinst haben sie kurz danach, als sie beiläufig erwähnten, dass sie alle Nachbarn sind.
    Beim Abfahren gab es dann ein kurzes Knacken aus dem Anlasser, woraufhin die versammelten Rentner noch in den Genuss einer Vorführung der Handkurbel kamen.
    Einige Tage später habe ich mich dann doch aufgerafft und den Anlasser ausgebaut. Das ist mit einem geradzu unheimlichen Aufwand verbunden, man muss zuerst das Kabel lösen und dann die eine Klemmschraube, die den Anlasser im Motorgehäuse festhält.
    Meine erste Vermutung ging in Richtung defekter Ausrückfeder, da der Anlasser ohrenscheinlich noch drehte, aber nicht in den Zahnkranz des Schwungrades eingriff. Bei der Demontage wich dann die Enttäuschung über die gar nicht vorhandene Feder der Verblüffung über ein genial einfaches Prinzip. Der Anlasser des Fünfers besitzt auf der Welle ein sehr steiles Gewinde. Darauf sitzt das Ritzel mit einem entsprechenden Innengewinde mit sehr viel Spiel. Bei stillstehendem Anlasser lässt sich das Ritzel so mit einer Drehung von der hintersten bis in die vorderste Stellung der Gewindewelle drehen. Das Ritzel verfügt zudem auf der Anlasserseite über ein exzentrisches Gewicht.
    Beim Startvorgang beginnt der Anlasser zu drehen und das Ritzel gleitet infolge der Trägheit des Exzenters nach vorne in seine Endstellung, wo es in den Zahnkranz des Schwungrades eingreift und den Motor dreht. Sobald dieser anspringt, beschleunigt das Schwungrad und wirft das Ritzel wieder zurück in die hintere Endstellung. Dort sorgt das exzentrische Gewicht dafür, dass es auch dort bleibt. Der hintere Anschlag ist ein eingepresster Stift, der sich bei meinem Anlasser verabschiedet hatte. Dadurch konnte das Ritzel ganz aufs Gewindeende zurückgeworfen werden, wo es dann festsass.
    Die Reparatur dauerte dank vorhandenem Stift wiedermal eine ganze Vierstelstunde, also wiedermal fast kürzer, als das Geschreibsel darüber beansprucht.

    Der Höhepunkt meiner bisherigen Karriere als mutiger Pilot ermüdeten Eisens ergab sich dann aber heute nachmittag. Einer stilvollen Furzidee bzw. Eingebung folgend hatte ich mich auf den Weg nach Luzern gemacht. Gutgelaunt und nichtsahnend holperte ich wiedermal über die Landstrasse, hüpfte fröhlich von der linken in die rechte Spurrille und freute mich meines Lebens, als kurz vor Luzern ein Rudel Fussgänger den Fussgängerstreifen trotz roter Ampel reichlich leichtsinnig überquerte, was meinen Vordermann zu einem reichlich brüsken Bremsmanöver verführte. So tat ich es ihm gleich und schaffte es sogar, die vorderen Räder zum hörbaren Blockieren zu bewegen. Das darauffolgende Herumgeeiere gipfelte in einem trockenen Knall, nach dem ich lenkungstechnisch ins Leere griff. Das darauffolgende Bremsmanöver war sicher filmreif und beanspruchte die gesamte Kreuzung. Am Ende fand ich mich quer stehend mitten auf der Kreuzung, ein erneuter Dreh am plötzlich sehr leichtgängigen Lenkrad zeigte mir, dass nun der Moment fürs Motorabstellen und Aussteigen gegeben war. Also tat ich dies grinsend, griff in die Vorderräder und kurbelte das Auto von Hand vom Platz. Am Strassenrand hatte es netterweise gleich einen Parkplatz, wo ich dann einen ersten Blick von unten ins Gestänge wagte. Das war aber kerngesund, also öffnete ich die Haube. Dort bot sich ein Bild des Schreckens. Das Gehäuse des Lenkgetriebes war schwer beschädigt, einige Teile davon lagen unten in der Auffangwanne. Die Lenksäule hatte sich nach vorne durch das Gehäuse einen Weg ins Freie geschraubt und zu diesem Zweck drei M7er Stehbolzen abgerissen. Das an sich relativ solide Gusseisengehäuse war in mehrere Teile zerbrochen.
    Der Fall war an sich recht klar und liess wenig Spielraum für Diskussionen. So zögerte ich nicht und rief die Pannenhilfe.
    Nachdem ich mich am Telefon dann einigermassen verständlich gemacht hatte, dauerte es gar nicht lange und einer unserer hiesigen gelben Engel tauchte auf. Ihm war auch nach einer Zehntelsekunde klar, dass der vorliegende Fünfer keinen Meter mehr aus eigener Kraft fahren würde. Und so kam es, dass wir uns beide auf dem Weg machten, er um seinen Transporter zu holen, und ich um das zum Bewegen desselben notwendige Bargeld aus einer Wand zu ziehen.
    Während ich noch auf ihn wartete, erlaubte ich mir, einen lieben Kollegen und Fünferspezialisten anzurufen. Ich erreichte ihn dann auch prompt an einem Geburtstagsfest, aber kaum hörte er von einem Problem mit einem Fünfer, wollte er sich unbedingt stören lassen. Und so wusste ich schon vor der Rückkehr des Strassenhelfers, wo ich nächste Woche ein funktionierendes Lenkgetriebe herbekomme.
    Wieder daheim setzte ich mich also gleich mit dem Verkäufer in Paris in Verbindung, und siehe da, er hat noch einige andere Teile, die mich sehr interessieren, darunter eine Vorderachse und einen Satz neuer Federn dazu. So steht wohl ein Ausflug ins Haus.

    Es ist schon etwas sehr angenehmes, in einem Land mit einem gut organisierten Pannendienst zu leben. Wenn ich das mit Frankreich vergleiche, wo einem im grenznahen Gebiet empfohlen wird, das Auto über die Grenze zu schaffen, weil man da nicht einen Tag lang auf den Pannenhelfer warten muss....

    In der Zwischenzeit ist das Glücksgefühl, eine haarsträubende Situation harmlos gemeistert zu haben, wieder etwas zurückgegangen. Aber wenn ich mir so überlege, was für Belastungen und Situationen ich meine Lenkung bisher so ausgesetzt habe, kann ich wirklich von sehr viel Glück reden, dass die Lenkung gerade in dieser relativ harmlosen Situation ihren Geist aufgegeben hat.
    Solche Glücksmomente können das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine heftig vertiefen...
    Ich habe mich natürlich schnell mal gefragt, warum so ein Lenkgetriebe aus Guss urplötzlich zerbricht. Die Belastungssituation ist beim Bremsen harmloser als beim Brettern über Schotterstrassen, wo etliche Schlaglöcher heftige Schläge auf die Lenkung abgeben.
    Schliesslich vermute ich einen Ermüdungsbruch. Das Gehäuse hatte ja einen gut sichtbaren Unfallschaden, war schonmal gerissen und dann professionell mit Nickelelektrode geschweisst worden. Ich hatte der Schweissnaht zu Recht vollstes Vertrauen geschenkt, denn das Gehäuse ist diesmal an anderen Stellen zerrissen. Bei der Einstellung der Lenkung war mir eine gewisse Schwierigkeit aufgefallen, die eindeutig auf einen Verzug des Gehäuses zurückzuführen war, sich aber durch ungleichmässiges Einstellen der entsprechenden Exzenter ausgleichen liess. Wahrscheinlich hatte das Schweissen das Gehäuse sowohl verzogen als auch unter eine starke Spannung gesetzt, die sich ausgerechnet heute auf dem Weg zu einem gepflegten doppelten Espresso in Luzern schlagartig löste.
    Bleibt noch die logistische Aufgabe, die Teile schnell von Paris hierherzubringen. Die Gelegenheit ist jedenfalls optimal, da meine Vorderachse auch Spuren eines gerichteten Knicks aufweist, und mein Vertrauen in gerichtete Unfallschäden momentan etwas unterwandert ist.
    Trotz allem schätze ich mich ja sehr glücklich, und dies gleich in verschiedener Hinsicht. Ich habe heute einen lebensgefährlichen Defekt mit viel Glück schadlos überstanden, war dank einer ausgezeichneten Pannenhilfe in kurzer Frist wieder daheim und konnte gleich alle defekten Teile auftreiben, dazu noch die notwendigen, um die Unfallschäden aus den Fünfzigern gänzlich verschwinden zu lassen.
    Und so freue ich mich weiterhin eines aktiven Fünferlebens....und die Geschichte geht weiter.

    Gruss ausm Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 02.10.2007, 10:17

    5HP im Alltagseinsatz 01.10.07, 20:18
    So langsam sollte ich wohl aktiv werden. Vor einem Monat hat ein Kollege für mich ein Lenkgetriebe auf Ebay ersteigert, das zufällig gerade am Morgen nach meinem Lenkungsbruch fällig war.
    Die etwas Kundigeren unter Euch werdens schon erraten haben. Ich habe natürlich noch kein Lenkgetriebe und werde die Sache jetzt doch mal selber in die Hand nehmen. Zwei Wege stehen zur Auswahl. Entweder ich finde ein intaktes Lenkgetriebe, oder ich beschaffe mir einen ordentlichen Eisenklotz und verschwinde damit mal in Richtung Fräse. Die Innerereien der Lenkung haben den Ausfall ja unbeschädigt überstanden.
    Ich könnte mir momentan jeden Tag etwa drei Mal in den Arsch beissen, dass ich mich wiedermal durch Ebay von besseren Fähigkeiten habe ablenken lassen. Hätte ich den besagten Eisenklotz gleich am Montag nach dem Ausfall bestellt, so würde ich mittlerweile seit zwei Wochen wieder herumfahren und könnte - auch meinen ursprünglichen Absichten entsprechend - vom Fahren berichten. Auch hätte ich mittlerweile durch lästiges Herumfragen in der französischen Szene wohl schon eines gefunden.
    Nun, allzulange wird es nicht mehr dauern. Ich frage und fräse nicht ungerne.

    In der Zwischenzeit musste ich von einer neuen Hiobsbotschaft aus unserer helvetischen Oldtimerszene erfahren. Ich gehöre nämlich zu der lästigen Mehrheit, die sich nicht viel aus Oldtimerclubs machen. Daher bin ich nicht immer auf dem Laufenden, was die verschiedenen öffentlich ausgetragenen Furzideen betreffend meiner Leidenschaft angeht.
    Nun soll hierzulande in Zukunft der Veteranenstatus von einer entsprechenden Vorabnahme beim FSVA/FIVA mit dazugehörigem Fahrzeugpass abhängen.
    Die Abnahmepflicht durch unseren hiesigen Tüv bleibt aber auch erhalten. Dadurch sollen die dortigen Experten von der schwierigen Aufgabe der Oldtimerabnahme entlastet werden und in Zukunft nur noch profane Dinge wie Bremsen oder Beleuchtung kontrollieren müssen. Dafür garantiert der FIVA-Fahrzeugpass auch für die durch deren Experten abgenommene Originalität der Fahrzeuge.
    Klingt doch ganz nett, so auf den ersten Blick, und total plausibel. Jedenfalls vor dem fiktiven Hintergrund reihenweise durch anarchistische Oldtimermissbraucher verarschter und fachlich wie auch menschlich total inkompetenter Experten beim Tüv....
    Die Realität weicht glücklicherweise heftig von dieser Fiktion ab.
    Für mich hingegen stellt sich die reale Situation dann in Zukunft wohl so dar, dass meine Fahrzeuge, die sich infolge eines langen Autolebens teilweise recht weit vom Originalzustand entfernt haben, plötzlich von zwei unterschiedlichen Experten angenommen werden müssen.
    Ich stehe dazu, dass ich den Ermessensspielraum unserer Experten regelmässig und auch nicht ungern herausfordere. Dies hat im Lauf der Jahre zu einem beinahe persönlichen Verhältnis zwischen uns geführt. Wobei ich nicht so dumm bin, dieses gute Verhältnis durch das Vorführen eines mängelbehafteten Fahrzeugs aufs Spiel zu setzen. Andererseits habe ich aber dank diesem Verhältnis eine feuerverzinkte, blanke Ente mit Veteraneneintrag.
    Dies verdanke ich der positiven Zusammenarbeit mit unserer Motorfahrzeugkontrolle sowie einem, in Bezug auf den amtlichen Ermessensspielraum selten glücklichen Moment.
    Nun stelle man sich dasselbe Manöver mit zwei völlig unterschiedlichen Experten vor, einem, der seit Jahren in zu keinerlei Klagen Anlass gebenden Umfang sowohl Technik als auch Originalität alter Fahrzeuge begutachtet und bekannterweise auch mal ein Auge in Bezug auf die Originalität zudrückt, und einem neuen, der für die Originalität gemäss FIVA-Reglement zuständig ist... Die Chance, gleich zweimal in den Genuss eines positiv ausgelegten Ermessensspielraums zu kommen halte ich für ähnlich gross wie die für eine Freibierorgie in unserer Dorfkirche.

    Alleine bei der Vorstellung, bei wem ich da lieb Kind machen müsste, um meine gepflegten alten Schwarten weiterhin auf vernünftige Art bewegen zu dürfen, sträubt sich mir der neuerworbene Bart.... Wer kennt die einschlägigen Stände von den Oldtimermessen nicht, mit ihrem elitären Champagnerhauch ? Alleine das Durchschnittsalter an solchen Orten hält den von allen Seiten so sehnlichst herbeibeschworenen Nachwuchs ja sehr effizient fern - wenn das nicht schon vorher die aufgehängten Bilder der teils millionenschweren Autos der Clubmitglieder erledigt haben.
    Für mich steht recht viel auf dem Spiel. Die Veteranenzulassung bietet in der Schweiz die Möglichkeit, mehrere Autos auf ein Kennzeichen zuzulassen, dies dazu noch zu einem recht vernünftigen Tarif. Im Moment sind das bei mir vier Autos...die meistens mehr Begeisterung und Sympathie bei meinen Mitmenschen erwecken als irgendein hochglanzpoliertes Einfamilienhaus auf Rädern.
    Nun, kampflos werde ich so etwas sicher nicht hinnehmen. Ich begeistere mich seit meiner Kindheit für alte Autos, nicht fürs Clubleben, und werde es nicht widerstandlos hinnehmen, wenn die bisher von staatlicher Seite verwalteten Veteranenkennzeichen jetzt plötzlich durchs Hintertürchen privatisiert werden sollen. Leider habe ich nur die Vernunft auf meiner Seite, während die andere Seite durch handfeste finanzielle Interessen beflügelt wird.

    Ich hoffe aber sehr, dass sich dieses Problem lösen lässt, genauso wie jenes mit dem Lenkgetriebe.

    Gruss ausm Süden
    vom Nichtfahrer Oliver

    Ich glaube an die Schraube.



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 14.10.2007, 12:37


    Die schwere Zeit ist vorbei ! Ich habe gestern nun doch noch meine Lenkung bekommen. Sogar frei Haus geliefert von einem anderen Fünferpiloten.

    Somit steht einer gemütlichen Fortsetzung dieser Geschichte momentan
    nichts mehr im Weg. Das freut mich ungemein, denn es hat sich gezeigt,
    dass so ein Auto ein durchaus wahrnehmbares Suchtpotential hat. Natürlich gilt dies nicht für den Durchschnittsautomobilisten, denn sonst würden ja noch viel mehr uralte Autos im Verkehr herumwuseln als eh schon. Ich habe ihn aufs schmerzlichste vermisst, meinen Hochsitz auf dem gelben Wagen... Aber jetzt kann ich ja glücklicherweise wieder aus meinem Kleinwagen auf die Fahrer von Landrovern herunterschauen, das hat mir wirklich irgendwie gefehlt. Ob sich die Fahrer von grossen Geländewagen auch so fühlen wenn sie mal gezwungenermassen mit einem VW Lupo fahren müssen ? In modernen Autos fühle ich mich irgendwie überflüssig, ich habe zuwenig zu tun und beginne regelmässig über Narkolepsie herumzuphilosophieren. Aber jetzt darf ich mich ja wieder als ganzer Mann gefordert fühlen. Die alte Maschine verlangt eindeutig nach mehr Arbeit beim Fahren, alleine beim Schalten ist man etwa dreimal aktiver als bei einem modernen Fahrzeug. Beim Geniessen aber eher noch mehr. Das Fahrerlebnis ist einfach unbeschreiblich, weder eine ausgetüftelte Einzelradaufhängung noch Servolenkung drängen sich zwischen Fahrer und Maschine und dämpfen den Kontakt zur Aussenwelt. Mit einem solchen Auto ist man Bestandteil und nicht Teilnehmer am Verkehr.

    So war ich heute natürlich höchst motiviert, trotz einer fiebrigen Erkältung. Flugs etwas Aspirin eingefüllt, und ab gings in die Werkstatt, wo ich ja eigentlich gerade alles total durcheinandergebracht hatte, in der Absicht, einige Wände neu zu streichen. Aber wo ein Wille ist, findet sich auch ein Werkbank (in der Schweiz sind Werkbänke und Drehbänke männlich...), und so habe ich die frische Lenkung erstmal zerlegt und gereinigt. Die erste Bestandesaufnahme von aussen zeigte, dass alle Muttern noch unbeschädigt waren. Der fehlende Federring bei einer war dafür bei einer anderen zuviel. Die Einstellschrauben zeigten auch keine Spuren, dazu liess sich die Lenkung leicht und mit sehr wenig Spiel von Hand betätigen. Guter Hoffnung demontierte ich das Teil und durfte mich gleich doppelt freuen. Erstens habe ich ja die zweite, verstärkte Version erwischt, die aber offensichtlich nicht nur verstärkt wurde, sondern auch verbessert. Und zweitens sind die Innereien noch fast wie neu. Der Fettklumpen im Innern war zwar tiefschwarz und riecht sehr streng, aber ich vermute mal, dass er noch aus den dreissiger Jahren stammt. Ich habe ihn jedenfalls mal schön eingepackt und auf die Seite gelegt, man
    weiss ja nie, ob man diesen Originalgeruch nicht mal brauchen kann...Ich weiss nicht, warum damals wenn möglich Stehbolzen anstelle von Schrauben verwendet wurden. Wahrscheinlich war das Vertrauen zu Schrauben nicht so hoch, vermutlich die Festigkeiten auch noch nicht so wie heute. Dafür sind die alten M8-er Muttern etwas grösser als die heutigen, wohl auch ein Hinweis in diese Richtung. Wie zu erwarten, sassen die Muttern dann fester auf den Bolzen, als jene im Gusseisen. Beim Lösen kamen sie jedenfalls gleich mit raus. Glücklicherweise waren alle Gewinde in bester Ordnung, so blieb mit eigentlich nur eine Reinigung aller Einzelteile als Aufgabe. Die einzigen Teile, die ich neu angefertigt habe, sind zwei Papierdichtungen und das Sicherungsblech der Lenkhebelmutter. Für die Papierdichtungen habe ich in unserem Büromaterialschrank eine schier unerschöpfliche Quelle gefunden, meistens greife ich zu Ordnerregistern, die aus einen sehr harten und dicken Papier bestehen. Davon habe ich mehrere Stärken zur Auswahl. Das neue Sicherungsblech habe ich mit Blechschere, Bohr- und Schleifmaschine innert Minutenschnelle gebastelt, störend daran war aber der frische Glanz des neuen Blechs. Kurzes Phosphatieren verlieh dem Blech dann auch etwas passende Patina.Normalerweise reinige ich Schrauben, Muttern und ähnliche Kleinteile an der rotierenden Drahtbürste. Da die frische Lenkung aber eine wunderschöne Patina hat, die ausgezeichnet zum Rest vom Auto passt, habe ich den mühseligeren Weg eingeschlagen und jedes Teil von Hand gereinigt. Die Montage gestaltete sich dann recht einfach, vorausgesetzt man hält sich an die einzig mögliche Reihenfolge. Das Ganze dann noch eben von Hand eingestellt, schön spielfrei, und dann gings ans Auto selber. Ich hatte aus einem Gefühl tiefer Frustration heraus die alte Lenkung noch nicht ausgebaut. Das Wissen, dass dazu sowieso nur drei Minuten nötig sind, hat mir das Zuwarten zusätzlich erleichtert. So habe ich das wahre Ausmass des Schadens erst heute zu Gesicht bekommen. Es entspricht genau meiner Vermutung, das Gusseisengehäuse des Lenkgetriebes hat sich sauber in zwei Hälften zerlegt und dabei noch die kräftige Abdeckung mit dem Widerlager der Lenkspindel abgesprengt. Der Einbau gestaltete sich dann wie zu erwarten recht einfach, ich bin ja auch nicht ganz ungeübt darin... Leider dämmerte nicht nur mir etwas, der Abend tat dasselbe und beschränkte meine ersten Probefahrten auf den näheren Umkreis. Die ersten Meter führten erstmal zu einem kleinen Erschrecken, denn das Auto liess sich jetzt nur noch nach rechts lenken, nach links war der Wendekreis plötzlich auf einen halben Häuserblock angewachsen. Ich hatte die beiden Anschläge eigentlich gleich eingestellt, was aber wohl dann doch nicht richtig war. Also habe ich das kurz am lebenden Objekt wiederholt, und nun konnte es losgehen. Die erste Runde führte mich über zehn Kilometer und machte heftig Lust auf mehr...
    Rein gefühlsmässig macht mir die neue Lenkung einen viel besseren Eindruck, sie arbeitet präzise und reagiert beinahe spielfrei. Und so kann ich heute mal wieder besonders gut schlafen, in heftiger Vorfreude auf die morgige, ergiebigere Testfahrt.


    http://www.pixum.de/viewalbum/?id=2703415

    Hier noch drei lausige Bilder von der Aktion.

    Dazu ein erleichterter Gruss ausm mittlerweile ausgekühlten Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 21.10.2007, 11:24

    5HP im Alltagseinsatz, 19.10.07
    Der Fünfer kühlt gerade in seiner Garage ab, eine gute Gelegenheit, wiedermal in die Tasten zu hauen. Der Tipp mit dem Kalkseifenfett war richtig, mein erster Gedanke angesichts des strengen Geruchs ging ja auch in Richtung Dampflokomotiven. Erneutes Befummeln hat gezeigt, dass es seine Schmierwirkung auch nach so langer Zeit noch bewahrt hat.

    Es ist schon befreiend, wenn man nach einem erfüllten Arbeitstag noch irgendeinen Grund findet, die Zeitmaschine anzulassen...

    Die neue Lenkung lenkt gut, wie zu erwarten. Nach einigen Kilometern hat sich nochmals etwas Spiel ergeben, aber mittlerweile habe ich reichlich Übung im Umgang mit solchen Bauteilen. Was mich nach wie vor sehr stört, ist die verzogene Geometrie der Vorderachse. Zur Erinnerung: die Vorderachse weist rechts die Spuren eines heftigen Unfalls auf, der dann wohl von einem Schmied wieder gerichtet wurde. Die Achse zeigt Spuren von einem gerichteten Knick. Ich bin überzeugt davon, dass der Einbau der Vorderbremsen auf diesen Vorfall zurückgeht. Eigentlich sollten ja beide Achsschenkel genau senkrecht stehen, das tun sie aber leider nicht. Der rechte ist im Vergleich zum linken einige Grad nach hinten geneigt, wahrscheinlich ist es ja nicht gerade einfach, so eine Vorderachse zu richten. Der Effekt ist aber der, dass die Lenkhebel an den Radnaben nicht in derselben Ebene schwenken. Eine Situation, mit der sich die beidseits gegabelte Verbindungsstange zwischen den beiden Rädern etwas schwertut. Dies äussert sich in einer immer noch etwas schwergängigen Lenkung, Abhilfe in Form einer geraden Vorderachse ist aber in Aussicht.
    Bei dieser Gelegenheit werde ich dem drehmomentbedingten Kippen der Vorderachse beim Bremsen auch zu Leibe rücken. Es gab nicht ohne Grund auch Nachrüstsätze für Vorderbremsen mit einer Abstützung der Achsschenkel am Chassis. Dazu werde ich zwei "Gabeln" anfertigen. die mit ihren zwei Zinken den Achsschenkelbolzen greifen und mit dem Schaft am Chassis auf Höhe der Federbefestigung schwenkend befestigt sind. Damit sollte das etwas abenteuerliche Bremsverhalten einigermassen gezähmt werden können.

    Heute bin ich wieder um eine Erkenntnis reicher heimgekommen. Es ist ja momentan recht kühl draussen, kühl genug um das Dach nach wenigen Minuten Fahrt schleunigst zu schliessen. Aber auch bei geschlossenem Dach und Fenstern herrscht noch ein heftiger, kalter Durchzug im Innern des Fahrzeugs. Den Motor dürfte diese Jahreszeit ja freuen, aber für die Insassen ist es hart. Das Dumme ist, dass man sich selbst am Steuer eines solchen Autos noch zuwenig bewegen muss, um bei diesen Aussentemperaturen warm zu bekommen. Und so reiht man sich automatisch ein in die Generationen von Autofahrern, die sich vor der Abfahrt erstmal ordentlich warm verpackten. Ich bin schon mal sehr gespannt, wie sich das Fahren bei Minusgraden anfühlt. An passender warmer Kleidung mangelt es mir ja dank meiner alten Motorräder eher nicht.
    Die horizontal geteilte Windschutzscheibe zeigt in dieser Jahreszeit auch bei trockenem Wetter, was in ihr steckt. Anstelle der sommerlichen Fahrerbefeuchtungsanlage ist jetzt eine sehr breite Kaltluftdüse getreten. Ich vermute mal, dass es damals ebenso findige Köpfe gab wie heute. Ich werde jedenfalls eine Dichtleiste beschaffen und auch den Fensterrahmen winterfest abdichten.
    Wenn man bedenkt, dass Autofahren damals ein eher elitäres Vergnügen war, muss man in erster Linie einigen Respekt vor dieser früheren Elite bekunden. Autofahren war damals noch harte und unbequeme Arbeit - wen wunderts, dass viele Autobesitzer der Frühzeit auch einen Chauffeur beschäftigten. Da fällt mir auch gleich ein beinahe vergessener Begriff aus jener Epoche ein: der Selbstfahrer.
    Der Begriff Selbstfahrer strahlt ein gewisses Selbstbewusstsein aus. Es gibt ja einige Bücher aus den Kindertagen des Automobils, die einen recht guten Eindruck vom Umgang mit technischem Gerät zu jener Zeit geben. Ein unabdingliches Zubehör zu einem Automobil der ersten zwanzig Jahre war ein Fahrer, der sich auch mit Wartung und kleineren Reparaturen auskannte. In den allerersten Jahren gesellte sich noch die mancherorts recht trickreiche Treibstoffbeschaffung zu diesen Aufgaben.
    Die frühen Rennwagen waren fast immer Zweiplätzer. Kein Wunder, denn zum Bewegen dieser Maschinen bedurfte es nebst eines Fahrers auch eines Mechanikers. Nach dem ersten Weltkrieg begann sich das Bild dann zu wandeln, die Rennwagen wurden zuverlässig genug, um aufs Mitführen eines Mechanikers verzichten zu können. Die nun alleine fahrenden Rennfahrer waren damals wie heute gern gesehene Werbeträger, kaum ein Fahrzeughersteller jener Epoche unterliess den Hinweis auf Rennerfolge seiner Produkte. Daraus erwuchs auch beim normalen Autofahrer der Wunsch, sein Fahrzeug selber, ohne fremde Hilfe, zu bewegen.
    Dies wiederum war nur möglich, wenn ein entsprechendes Servicenetz vorhanden war. André Citroën war erwiesenermassen ein Pionier in Bezug auf den Aufbau eines solchen.
    Vor dem Krieg waren Selbstfahrer eher die bewunderte Ausnahme. Von Rudolph Valentino wird erzählt, dass er seine Voisins selber komplett zerlegte und wieder zusammenbaute.
    Nach dem Krieg änderte sich das dann in zweifacher Hinsicht. Erstens wurde das Automobil dank Massenfabrikaten wie Ford und Citroën für eine breitere Schicht erschwinglich, und zweitens sorgten technischer Fortschritt und das erwähnte Servicenetz für einen preiswerten Unterhalt dieser Maschinen.
    Der Fünfer wird ja ganz gerne als erstes "Frauenauto" dargestellt. Mittlerweile habe ich so meine Zweifel an der Allgemeingültigkeit dieser Aussage. Meine Frau jedenfalls hätte einige Mühe, mit der Anlasserkurbel zurechtzukommen. Und die Tatsache, dass diese sich vorne am Auto und nicht im Kofferraum befindet, sollte einem eigentlich Indiz genug für die damals wohl nicht allzuhohe Zuverlässigkeit der Batterien sein.
    Die ersten Fünfer waren noch mit einer Batteriezündung ausgerüstet. Aus eigener Erfahrung weiss ich nun, dass die Lichtmaschine weniger Leistung abgibt, als die Beleuchtung schluckt. Das schränkt den nächtlichen Aktionsradius etwas ein, bei einer Batteriezündung kann es aber auch dazu führen, dass das Auto nicht mehr anspringt, selbst mit der Kurbel.
    Kurz nach der Markteinführung wurde dann auf eine batterieunabhängige Magnetzündung umgestellt. Damit lässt sich selbst mit fehlender Batterie fahren. In der aktuellen Literatur findet sich der Hinweis auf den Wechsel der beiden Zündsysteme, der Grund dafür scheint aber heute wieder unbekannt zu sein. Wobei die Batteriezündung sich letztlich durchgesetzt hat, wie heutige Autos zeigen.
    Ich hatte zeitlebens viel mit alten Mechanikern zu tun, für die das Verständnis für solche Dinge selbstverständlich war. In letzter Zeit gilt mein regelmässiges Erstaunen aber der Tatsache, wieviel von diesem Wissen in den letzten Jahren verschwunden ist. Im Gegensatz zu meinen Jugendjahren beherrsche ich aber mittlerweile die Kunst, die Klappe zu halten, wenn ich wiedermal himmelschreienden Blödsinn anhören muss. Nur soviel: heute treffe ich in der sog. Veteranenszene auf Probleme, angesichts derer ein alter Mechaniker sich beleidigt abgewendet hätte, vielleicht noch den Hinweis murmelnd, dass man vielleicht besser mit etwas anderem spielen solle als mit Maschinen.
    Ich vertrete in Bezug auf Maschinen einen recht orthodoxen Standpunkt. Kein Wunder, ich baue ja selber von Berufs wegen welche. Aber dazu mehr im nächsten Beitrag.
    Das Wichtigste lässt sich jedenfalls ganz kurz zusammenfassen: wir fahren wieder !

    Grüsse ausm kalten Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 05.11.2007, 19:28

    03.11.2007, 17:44
    Zurück zum Thema, auch wenn es konkret nicht viel zu berichten gibt. Der Schrecken sitzt mir seit dem schlagartigen Ausfall der Lenkung doch tiefer als gedacht. Jedenfalls sind meine Ansprüche an selbige eindeutig gestiegen. Ich fühle mich seither recht unwohl, wenn der Fünfer wiedermal wie besoffen in verschiedenen Spurrillen herumhüpft. Da hat auch die neue Lenkung nichts dran geändert.
    An sich sind diese frühen Lenkungen ja konstruktiver Blödsinn. Richtig gut waren sie nur wenn sie neu waren. Das Prinzip mit einer Schnecke auf der Lenkwelle, die bei Drehung ein Zahnsegment schwenkt, auf dessen Welle der Lenkhebel sitzt, ist alles andere als reibungsarm. Die übertragenen Kräfte sind heftig und tragen ihrerseits zum schnellen Verschleiss bei. Da Autos die meiste Zeit ihres Lebens fast geradeaus fahren, ist das Zahnsegment in der Mittelstellung meistens abgenützt, die Lenkung bekommt Spiel. Dem haben die Konstrukteure versucht entgegenzuwirken, indem sie die Welle des Zahnsegments in einer grossen, exzentrisch gebohrten und drehbaren Bronzebüchse gelagert haben. Dadurch konnte das Spiel theoretisch aufgehoben werden. Dummerweise steht dem die ungleichmässige Abnützung des Zahnsegments im Wege, wenn die Lenkung in Mittelstellung spielfrei eingestellt ist, klemmt sie dann in den Endstellungen.
    Genau mit diesem Problem schlage ich mich auch gerade herum. Die einzige wirkliche Lösung, wenigstens wieder für einen begrenzten Zeitraum, wäre die Wiederherstellung eines gleichmässigen Profils auf dem Zahnsegment. Ich habe heute die Lenkung wieder ausgebaut und werde zuerst einmal eine neue, exzentrische Bronzebüchse anfertigen. Die bestehende hat für meinen Geschmack zuviel Spiel. Eine schöne Aufgabe, wenn man gerne am Drehbank arbeitet. Ich freue mich jedenfalls schon sehr aufs Bronzeschnitzen. Aber zuerst muss ich einen geeigneten Rohling auftreiben.
    Das Nacharbeiten des Zahnsegments dürfte eher schwierig werden, ich bin eigentlich nicht dafür eingerichtet. Aber wer ist das schon ? Darum habe ich mir etwas ausgedacht, wie ich das Schleifen auch auf dem Drehbank erledigen kann. Das dürfte meine morgige Aufgabe werden. Mit etwas Glück habe ich dann bis Ende Woche eine - diesmal wirklich - neuwertige Lenkung.
    Die ungleichmässige Abnützung hat aber auch ihre Vorteile. So hat sie mir gezeigt, dass die neue Lenkung zusammen mit einer längeren Verbindungsstange zur rechten Radnabe eingebaut gewesen sein muss. Ich hatte mich ja noch gewundert, dass ich bei gleichmässiger Einstellung der Lenkanschläge im Gehäuse nur noch nach rechts lenken konnte, da es sich aber in Sekundenschnelle nachstellen liess, habe ich dem keine weitere Beachtung mehr geschenkt. Erst heute beim erneuten Versuch, die Lenkung besser einzustellen, wurde mir die Ursache klar, die in der für diese Lenkung zu kurzen Verbindungsstange liegt. Als ich die Lenkung nämlich spielfrei eingestellt hatte, war sie nur noch in der Mittelstellung leichtgängig. Das war zu erwarten, nicht jedoch, dass die Räder in der gefühlten Mittelstellung kräftig nach rechts eingeschlagen sind.
    Mit etwas Glück werde ich in den nächsten zwei Wochen zu einer frischen Vorderachse kommen. Der Ersatz meiner verbogenen steht ja schon lange im Raum. Dazu kommt jetzt noch die Aufgabe, das Gestänge der Lenkung zu überarbeiten. Dies betrifft auch die Verbindungsstange zwischen den beiden Radnaben, deren Länge nicht verstellbar ist. Dadurch kann die Spur bestenfalls mit dem Vorschlaghammer eingestellt werden.
    Und wenn ich gerade so schön an der Vorderachse bastle, dann baue ich mir auch gleich die Gabeln, die ein Kippen der Vorderachse beim Bremsen verhindern sollen. Ich hatte ja reichlich Zeit, mir etwas auszudenken. Was übrigens nicht einfach war, ich möchte ja schliesslich ein System, das die Federung nicht noch zusätzlich belastet. Eines der dabei zu lösenden Probleme war der Weg, den die Vorderachse gegenüber dem Chassis beim Einfedern einschlägt. Dummerweise bewegt sie sich dabei nicht einfach radial entsprechend zur Länge des untersten Federblatts, sondern auf einer spiralförmigen Bahn nach oben. Im Moment schwirren mir da noch verschiedene Lösungsansätze im Kopf herum. Und jeder hat sein Für und Wider...
    Auf jeden Fall steht soviel fest: bei seiner nächsten Fahrt stimmt die Lenkgeometrie wieder. Und dann lässt sich auch über einen Satz frische Michelins reden...
    Schliesslich ist mein Fünfer kein Oldtimer, dem man diverse technische Mängel im Interesse der Originalität nachsieht, sondern nur ein altes Auto, das noch möglichst lange weiterfahren möchte. Im Moment tut er dies noch als offizieller Veteran, aber wahrscheinlich wird er bald auch zulassungstechnisch einfach nur noch als altes Auto gelten. Denn zum Fahren sind Vorderbremsen und eine sichere Vorderachsaufhängung weitaus hilfreicher als es ein FIVA-Fahrzeugpass oder eine Veteranenzulassung je sein können. Es ist im Endeffekt nicht in meinem Interesse, wenn ich dank Originalität meines Autos in den Genuss eines FIVA-Passes und einer Veteranenzulassung komme, die mir dann billigere Versicherungstarife ermöglichen, wenn gleichzeitig dadurch die Wahrscheinlichkeit eines Versicherungsfalls steigt. Ausserdem hat man ja so seinen Stolz, der durch die vorgesehene Regelung ja erst recht herausgefordert wird. In meinem Fall ist es gerade der Verzicht auf eine Veteranenzulassung...

    Soviel zum momentanen Stand. Und dazu ein Gruss,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 05.11.2007, 19:29

    04.11.2007, 00,49
    Kurzer Bericht aus der Werkstatt. Für heute hatte ich mir das Nachschleifen des Zahnsegments der Lenkung vorgenommen. Dazu hatte ich mir eine Vorrichtung ausgedacht, die die Lenkwelle senkrecht, drehbar gelagert, auf dem Querschlitten der Drehbank fixiert. Das Zahnsegment spannte ich dann ins Futter und hielt es zusätzlich mit der Spitze gegen. Das Herstellen der Halterung liess sich noch in halbwegs vernünftiger Zeit erledigen, im Gegensatz zu dem, was danach kam.
    Das Ziel beim Schleifen ist es, aus einem ungleichmässig abgenützten Gegenstand einen gleichmässig verschlissenen zu machen. In meinem Fall bedeutete dies, dass ich den achtzigjährigen Verschleissvorsprung, den die Lenkung in der Mittelstellung gegenüber den Einschlägen angenommen hatte, irgendwie ausgleichen musste. Konkret musste ich also achtzig Jahre Abnützung simulieren. Das geht bei gut gehärteten Teilen auch mit Schleifpaste nicht gerade schnell. Beim Ansetzen und Zentrieren der stehenden Lenkwelle mit der Schnecke konnte ich dann auch gleich herausfinden, wieviel die tatsächliche Abnützung im Mittelsegment war. Es handelte sich dabei um nicht ganz zwei Zehntelsmillimeter, radial gesehen. Das ist auf den ersten Blick sehr wenig, aber bei Maschinen, wo wenige Gramm Metall über deren Brauchbarkeit entscheidet, ist es definitiv zuviel. So können zwei Zehntelsmillimeter fehlender Stahl zu einem recht unangenehmen Lenkungsspiel führen.
    Was ich aber nie vermutet hätte war, dass ich die Werkstatt erst wieder in der Nacht verlassen würde. Frohgemut begann ich zu schleifen, gab mir viel Mühe, die Abnützung auf die beiden Enden des Zahnsegments zu konzentrieren...und schliff. Und schliff... Und zwar den ganzen Nachmittag lang, dazu noch den frühen Abend. Schleifen ist eine sehr langweilige und nervtötende Arbeit. An sich kurbelt man lediglich die Welle hin und her und achtet darauf, dass immer genügend Schleifpaste am richtigen Ort ist.
    Das Schleifen des Zahnsegments war aber irgendwie trotzdem recht abwechslungsreich, wenn auch auf seine sehr eigene Art. Um dies voll auskosten zu können empfiehlt sich ein tranceähnlicher Zustand. Es würde mich nicht wundern, wenn der Beruf des Dorfschamanen auf eine solche Begebenheit zurückginge.
    Die Kontrolle über den Schleifvorgang hat man auf zwei Arten. Zuerst einmal hört man, ob und wie sehr die Schleifpaste gerade greift. Zudem spürt man beim Schleifen von Hand - der Drehbank diente lediglich als Führung - jeden noch so kleinen Widerstand. Dadurch lässt sich sehr gut auf die besonders schleifenswerten Stellen eingehen. Da die Schnecke ein zweigängiges Gewinde trägt, muss sie zwischendurch immer mal wieder aus dem Zahnsegment herausgedreht und um 180° gedreht werden, bevor sie wieder eingreifen darf. Dadurch wird die Schleifarbeit gleichmässig auf beide Gewindegänge verteilt, das Resultat sollte ein gleichmässig geschliffenes Gewinde sein. Da das Zahnsegment frei drehbar im Futter des Drehbanks steckt, lässt es sich auch in bestimmten Momenten fester auf die Zahnflanke des Segments drücken. Dies erhöht die momentane Schleifwirkung und ist sehr hilfreich, um gezielt an einer Stelle zu schleifen.
    Sechs Stunden lang habe ich also an der Welle gedreht, vor und zurück, immer wieder, dann wieder ein paar Hundertstel nachgestellt und weiter gings. Nach etwa fünf Stunden liess sich das ganze Zahnsegment wieder völlig gleichmässig schwenken, ohne Stellen erhöhten Widerstands. Die letzte Stunde verbrachte ich dann noch mit dem Feinschliff, also nur noch wirklich nervtötendes Hin- und Hergedrehe an der Welle, bis es dann endlich soweit war und der Überdruss über den Perfektionismus siegte. Das Resultat macht mir einen guten Eindruck, auch unter der Lupe sehen die geschliffenen Flanken jetzt ganz annehmbar aus. Im Gegensatz zur original gefrästen Oberfläche sieht es jedenfalls geradezu perfekt aus.
    Die Herstellung dieser Lenkung dürfte noch nach reichlich brachialen Grundsätzen vonstatten gegangen sein. Auf der Schnecke finden sich eindeutige Feilspuren, die aber nur vor dem Härten angebracht worden sein können.
    Ein Problem, das anscheinend Generationen von Mechanikern auf groteske Ideen kommen liess, war die Befestigung des Lenkhebels auf seinem Konus. Bei meiner ersten Lenkung war es eine gigantische Überdosis Loctite, bei dieser hier hat ein kluger Fachmann den Konus auf der Welle randriert. Das heisst, er hat dem Teil auf dem Drehbank eine fein geriffelte Oberfläche verpasst. Ich staune immer wieder gerne, welch Aufwand manchmal betrieben wird, um eine weniger aufwendige, aber technisch korrekte Lösung zu umgehen. Dabei ist so ein Konus sicher viel schneller nachgeschliffen als auf dem Drehbank "nachbearbeitet".
    Somit weiss ich auch schon, was ich morgen in der Kaffeepause mache...
    Dies mein heutiger Beitrag aus der Reihe "die Kurbel zum Glück",

    dazu ein fein geschliffener Gruss
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 06.11.2007, 15:48

    05.11.2007, 21:31
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    Jetzt wäre ein guter Moment zum Grummeln. Die Lenkung ist wieder zusammen, wenigstens provisorisch. Schliesslich wollte ich ja am lebenden Objekt herausfinden, ob meine Schleiferei geholfen hat. Und genau da liegt der Hund begraben...es hat geholfen, aber noch nicht genug. Also das Ganze nochmal von vorne. Die Freude ist dabei etwas zwiespältig.
    Aber man darf auch das Positive nicht ausser Acht lassen. Die Lenkung hat in der Mittelstellung zwar immer noch etwas Spiel, wenn auch spürbar weniger, aber sie lässt sich jetzt schon recht weich von einem Anschlag zum andern kurbeln. Das ursprüngliche Gerumpel ist bereits verschwunden.
    Das grosse Exzenterlager des Zahnsegments muss ich definitiv neu anfertigen. Der wirksame Verstellweg reicht nicht mehr aus, um das Spiel ganz aufzuheben. Wie üblich hätten zwei Zehntelsmillimeter mehr Exzentrizität die Neuanfertigung unnötig gemacht. Aber da wurde eindeutig ab Werk ein Hund eingebaut. Der Verstellweg ist offensichtlich fehlplaziert, in Richtung Zahnsegment hätte es gerne etwas mehr sein dürfen, in die andere Richtung bringt es wenig, wenn man das werksneue Getriebe auf einen Millimeter Spiel einstellen konnte.
    An solchen liebenswerten Bauteilen wird mir langsam klar, wie problematisch die heute selbst auf Spielzeugniveau übliche Fertigungspräzision damals ausgesehen haben muss.
    Ich konnte früher, also bevor der Zustand unserer Strassen erneut einen Grund dafür abgab, öfters beobachten, dass ältere Fahrer in Momenten ohne Gegenverkehr auf die Strassenmitte wechselten. Der Grund dafür ist mir jetzt klar, er lag im damals wohl üblichen Lenkungsspiel, das eine gewisse Platzreserve auf beiden Seiten ratsam erscheinen liess. Und wenn ich an die bisher erlebten Basteleien an der Befestigung der Lenkhebel denke, verstehe ich plötzlich auch die vielen Bilder mit alten Autos, die aus unerfindlichen Gründen vom Weg abgekommen sind. Und eines kann ich beinahe garantieren: die Fahrer dieser Fahrzeuge sind damals nicht sanft von ihren Fahrzeugen in den Sekundenschlaf eingelullt worden.
    Vom sicherheitstechnischen Standpunkt her waren diese frühen Lenkungen noch recht gefährlich. Im Vergleich zu einer moderneren Zahnstangenlenkung wirkten ungeheure Kräfte auf die Einzelteile, die internen Reibungsverluste verhinderten zuverlässig ein selbständiges Geradeausrichten der Räder beim Fahren und der Ausfall eines Bauteils der Lenkung hatte meist katastrophale Folgen. Zudem mussten die Dinger häufig geschmiert und nachjustiert werden - und zeigten trotzdem schon recht früh spürbaren Verschleiss.
    Umwelttechnisch gesehen stehen diese Lenkungen jedoch recht gut da, bestehen sie doch nur aus Eisen, etwas Bronze und ganz wenig Papier. Und als Beschäftigungstherapie geben sie eindeutig mehr her als eine Zahnstangenlenkung...
    Und die Schleiferei geht weiter.

    beschäftigte Grüsse ausm kalten Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 11.11.2007, 19:33

    07.11.2007, 21:52
    AW: 5HP im Alltagseinsatz

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    Es wird, wenn auch langsam. Mittlerweile bin ich von herkömmlicher Ventilschleifpaste auf Diamantpaste umgestiegen. Damit arbeitet es sich doch spürbar schneller. Und morgen kann ich ein Stück Bronze holen gehen, dann geht die Sache mit dem Exzenter los.

    Man erinnert sich ja gerne mit verklärtem Blick an die qualitativ so hochwertigen alten Autos. Ich gehöre ja auch zu denen, die sich durch schön ausgeführte Bauteile und Zapfenschliff beeindrucken lassen. Und das dicke Blech von damals erst....die Autos von damals sind einem ja anscheinend nicht während der Mittagspause weggerostet.
    Dafür ist ihre Holzkonstruktion schneller verfault, als der Lack stumpf wurde.
    Irgendwo hatte ich ja immer diesen unbewussten Zwiespalt. Als Verfechter antiker Technologien waren diese für mich immer modernen Technologien ebenbürtig, abgesehen von der heutigen Produktionsoptimierung. Zumindest wollte ich das immer gerne glauben. Als Entenfahrer ist man sich ja gewohnt, allerlei geschickte Ausreden für seinen Masochismus zu erfinden.
    Seit ich mich mit dem Thema Lenkung eines alten Autos auseinandersetze, ist mir klar, warum sowenige alte Autos überlebt haben. Damals war es unvermeidlich, dass ein Auto mit zunehmendem Alter Lenkungsspiel bekam. Das dürfte die damaligen Fahrer nicht minder gestört haben als mich heute. Wenn man nun die hohen Materialkosten von damals in Relation zu den vielen alten Fotografien von Autos mit bis auf die Leinwand heruntergenudelten Reifen setzt, dann wird einem bewusst, dass auch der frühe Fahrer eines kleinen Autos mit wirtschaftlichen Problemen zu tun hatte. Dazu kommt noch erschwerend, dass die Fünfer gerade in der Zeit der Weltwirtschaftskrise in ein Alter kamen, wo Bauteile wie das Lenkgetriebe wenigstens teilweise hätten erneuert werden müssen. Und so war ein gebrauchter Fünfer damals aller Wahrscheinlichkeit nach schon reichlich verbraucht, mit den üblichen wenigen Ausnahmen. Bis zum zweiten Weltkrieg wurden solche Autos noch ganz verschlissen, eine seriöse Instandstellung lohnte sich auch damals nicht. Immerhin bestanden die Verlockungen der damaligen Neuwagen nicht nur in höheren Leistungen und mehr Bremskraft, sondern auch in solchen Details wie einer (noch) spielfreien Lenkung. Dies vergrösserte den Unterschied zwischen Neuwagen und Gebrauchtwagen um ein Vielfaches von dem, was wir heute kennen. Alles in Allem gab es also recht viele gute Gründe, damals alte Autos zu verschrotten.
    Umso erstaunlicher, dass schon 1955 jemand auf die Idee kam, meinen Fünfer instandzustellen und zu modernisieren. Wenn er reden könnte....ich vermute nämlich, dass er seit mindestens einem halben Jahrhundert in Händen von Spinnern war.
    Und damit das weiterhin so bleibt, wird sein Fahrwerk jetzt auf Vordermann gebracht. Die Lenkung ist jedenfalls auf bestem Weg.
    Soviel zur momentanen Lage im kalten Süden. Nächste Woche kommt die frische Vorderachse. An Arbeit wird es mir also nicht mangeln...

    fröhliche Grüsse
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 11.11.2007, 19:33

    09.11.2007, 21:15
    AW: 5HP im Alltagseinsatz

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    Wer sagt, dass die kalte Jahreszeit relativ reizlos für Liebhaber alten Eisens ist, irrt. Ich komme gerade aus der Werkstatt, wo ich wie angekündigt fleissig Bronze geschnitzt habe. Das Resultat ist eine neue, exzentrische Lagerbuchse für die Welle des Zahnsegments meiner Lenkung. Vier Stunden gemächlicher Arbeit und ein Bronzekloben waren dazu nötig, nebst einem gut eingerichteten, grossen Drehbank.
    Auch auf die Gefahr hin, damit zu langweilen, erlaube ich mir eine Beschreibung der einzelnen Arbeitsgänge. Ich geniesse solche Arbeiten immer ungemein, und meine Werkzeugmaschinen sind ja auch nicht viel jünger als der Fünfer. Werkzeugmaschinen alleine sind aber nur der halbe Spass, ohne schubladenweise Zubehör wie Drehstähle, Fräser und Spannwerkzeuge etc. etc. gestaltet sich das Arbeiten eher mühselig. Da ich seit vielen Jahren mein Unwesen in dieser Werkstatt treibe, und immer ein sehr offenes Auge für günstige Gelegenheiten beim Gebrauchtwerkzeugkauf hatte, darf ich mir viel Improvisation sparen und muss keine werkzeugbedingten Kompromisse eingehen. In Momenten wie heute, wo ich das eine oder andere Werkzeug in die Hand nehme, das schon seit zehn Jahren unbenutzt in einer Schublade liegt, freue ich mich. Zuerstmal über die Erinnerung, wo das Teil herkommt, und dann ganz heftig über die Arbeitsersparnis. Dabei mangelt es auch hier nicht an Stimmen, die mein altes Geraffel am liebsten aus der Werkstatt verbannen würden. Bis sie dann auch mal etwas davon brauchen können.
    Mechanische Werkstätten waren für mich immer Orte höherer Mysterien. Als Kind bewunderte ich die Werkstattinhaber immer ob ihrer Fähigkeit, hunderte mir völlig unverständlicher Werkzeuge auf die ihnen eigene, richtige Art anzuwenden. Und heute erfüllt es mich mit heimlichem Stolz, dass auch ich einer von diesen Blaukitteln geworden bin, die sich im Bereich von Hundertstelmillimetern erst richtig wohl fühlen. Anstelle von Rasierwasser rieche ich nach verbranntem Öl und Metallabrieb. Und erst heute weiss ich, warum diese alten Mechaniker in ihren Werkstätten meist sehr wortkarg waren. Wenn man vier Stunden lang an einem Bronzekloben herumschabt, um ihn schliesslich auf besagten Hundetstelmillimeter genau so zu haben, wie man sich das ausgerechnet hat, bleibt nicht viel Raum für Worte. Das Arbeiten an einem grossen Drehbank, mit Vorschüben und an der Grenze des Verantwortbaren, erfordert eine ganz besondere Art der Konzentration. Drehbänke sind ja gewissermassen auch irgendwie Persönlichkeiten. Jedenfalls haben alle ihre Eigenheiten, sei es von der Bauart oder auch von der Abnützung her. Will man wirklich präzise arbeiten, muss man die Maschine gut kennen. Ich bin heute bis nahe an die Grenze des Vernünftigen gegangen, beim Abschaltpunkt des Vorschubs befand der Stahlhalter sich noch einen Millimeter vom Spannfutter, das mit 500 Umdrehungen rotierte. Da ist es unerlässlich, die Eigenheiten seiner Maschine gut zu kennen. Mein Bank schaltet in Abhängigkeit der Vorschubgeschwindigkeit an geringfügig unterschiedlichen Endpunkten aus. Der Unterschied zwischen schnell und langsam ist zwar nur einige Zehntelsmillimeter, aber das kann in Fällen wie meinem heute entscheidend sein.
    Nun zur Beschreibung der Arbeiten am Bronzekloben. Ich hatte einen runden Rohling von 50mm Durchmesser, mit einer Bohrung von 18mm. Die exzentrische Bohrung sollte am Ende genau 24,96mm haben, um die Abnützung der Welle etwas auszugleichen. Die Welle hatte ich vorgängig mit Schmirgeltuch auf dem kleinen Drehbank geglättet und poliert und dabei auf ein einheitliches Mass von 24,92mm gebracht. Ursprünglich hatte sie 25mm. Es erwies sich als der vernünftigere Weg, zuerst einmal die exzentrische Bohrung zu bearbeiten. Dazu musste das runde Bronzeteil exzentrisch im Drehbank eingespannt werden. Die Bohrung war bei der alten Buchse 1mm aus der Mitte, ich wollte jetzt aber zwei. Daher gestaltete sich das Einspannen im Vierbackenfutter recht simpel, ich unterlegte an zwei Seiten je ein 1mm-Blech, auf der dritten Seite dann zwei davon. Nun war der ganze Kloben 2mm exzentrisch aufgespannt und die Dreherei konnte beginnen. Der Haken an der Sache war, dass die ursprüngliche Bohrung jetzt 2mm aus der Mitte war, was für den ohnehin beunruhigend langen Drehstahl eine sehr starke Belastung bedeutete. Durch den unregelmässigen Abtrag bedarf es mehrerer Durchgänge mit einem sehr gut geschliffenen und korrekt eingestellten Stahl. Es dauerte recht lange, bis ich ein anständig rundes Loch hatte, dann konnte ich ans Endmass herangehen. Auch hier wieder in etlichen Durchgängen, Bronze ist ein zähes Zeug.
    Als die 70mm lange Bohrung dann endlich auf Mass gebracht war, brach ich noch kurz die Innenkante, bevor ich das Teil endlich umspannen konnte. Nun wurde der Kloben wieder normal mittig eingespannt und ich konnte darangehen, ihn aussen zu bearbeiten. Das Aussenmass, wo er ins Gehäuse geschoben wird, ist genau 33mm. Das ging dann recht flott, hier konnte ich auf einen herrlich kräftigen Hartmetallstahl zurückgreifen. Dann die Vorderkante brechen - wieder ein Wechsel des Drehstahls. Und gleich nochmal, diesmal kam der Einstechstahl zum Einsatz, um die Schmiernut aussen anzubringen. Dann kam der Einstechstahl gleich nochmals zum Einsatz, jedoch mit mehr Vorsicht als sonst schon. Fürs Einstechen ist ein Planvorschub eine sehr angenehme Sache, aber ich musste höllisch aufpassen, damit ich ihn ausschaltete, bevor der Stahl in Kontakt mit der exzentrischen Bohrung Unheil anrichten konnte. Schliesslich hing da am frei rotierenden Ende noch ein Kilo Bronze, das mir tunlichst nicht um die Ohren fliegen sollte. Den letzten Millimeter sägte ich von Hand durch, dann konnte ich nach erneutem Werkzeugwechsel das Ende mit dem Ansatz für den Hakenschlüssel auf Mass drehen. Nach klassischem Kantenbrechen mit Drehstahl wo es ging und mit Schlichtfeile wo nicht, konnte ich die fast fertige Buchse aus dem Drehbank nehmen. Nur um gleich auf der Fräse weiterzumachen. Hier ging es darum, die vier Nuten für den Hakenschlüssel anzubringen. Dies ging recht schnell, wiederum dank eines passenden und in Jahrzehnten nie gebrauchten Spezialfräsers. Nun musste ich nur noch die Fräskanten brechen, dafür haben wir Mechaniker so klitzekleine Feilen.
    Bei der abschliessenden Anprobe zeigten sich dann alle Beteiligten sehr kooperativ, das Lager flutscht lehrbuchmässig und ein Gefühl der Erleichterung machte sich breit.
    Nun kann ich morgen endlich das Zahnsegment an seinem realen Arbeitsplatz ein letztes Mal nachschleifen, dann sollte nach menschlichem Ermessen alles getan sein, um eine zeitgemässe Lenkung zu haben. Ich bin schon mal sehr gespannt.
    Ein paar Bilder von der Buchse habe ich auch noch gemacht:

    http://www.pixum.de/viewalbum/?id=2703415

    Und abschliessend wiedermal ein fröhlicher Gruss,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 26.11.2007, 12:30

    17.11.2007
    Das Leben ist hart. Oder meine Ansprüche zu hoch. Jedenfalls werde ich die schöne neue Bronzebüchse gleich nochmal bauen. Vier Hundertstelmillimeter radiales Spiel sind zuviel für meinen Geschmack. Aber das sind ja recht harmlose Ansprüche, die sich durch etwas Arbeit befriedigen lassen. Meine Ansprüche ans Radioprogramm hingegen lassen sich meist nur durch Ausschalten befriedigen.
    Wie der Zufall so spielt, habe ich vor einigen Jahren einen Satz Verstellreibahlen angeschleppt. Damit sollte ich die Bohrung auf absolut minimales Spiel hinkriegen, und wohl einfacher als auf dem Drehbank. Die Bohrung ist 65mm lang, das stellt doch einige Ansprüche an die Gelduld des Drehers.
    Es ist übrigens kein Schreibfehler, wenn ich vom Drehbank schreibe. Natürlich heisst das auf Deutsch die Drehbank, aber das ist wiedermal einer der seltsameren Unterschiede zwischen Schweizerdeutsch und Hochdeutsch, dass das Gerät hier männlich bezeichnet wird.
    In letzter Zeit habe ich recht viel Zeit am Drehbank verbracht, nicht für mein Hobby, sondern als Broterwerb. Ich mag diese Maschinen sehr, das Spiel mit Stahl, Schmieröl und Rauch fasziniert mich nicht minder, als der traumwandlerische Tanz mit all den Hebeln und Getrieben. Nirgendwo sonst stehe ich in direkterem Kontakt zu den Naturgesetzen, meine Sinne sind bei diesen Arbeiten auf eine ungewöhnliche Art geschärft, auch wenn ich bei solchen Arbeiten einen eher abwesenden Eindruck erwecke. Die Wahrnehmung reduziert sich auf die Stellung der drei Spindeln, den Zustand des Werkzeugs und seiner Umgebung, das Bild der frisch gedrehten Oberfläche, auf Form und Farbe der Späne und schliesslich auf eine umfassende Welt aus Geräuschen und Vibrationen, die von der Maschine ausgehen. Sehr hilfreich sind mir dabei meine gesammelten Mechanikerhandbücher aus der Zeit, als meine Maschinen noch neu waren.
    Und irgendwie fühle ich mich viel wohler in einer rauchgeschwängerten Werkstatt an einem Drehbank, der trotz seiner zwei Tonnen vom Arbeiten heissgelaufen ist, als in meinem Büro, wo nur ein öder Computer steht, der mir noch nie das Gefühl vermittelt hat, wahrhaft damit gearbeitet zu haben. Aber Vergleiche zwischen diesen beiden Geräten sind müssig, so wie auch zwischen modernen Fahrzeugen und alten Autos. Ausserdem steht für konventionelle Drehbänke nur ein einziges Betriebssystem zur Auswahl, dafür aber eines, das ohne Bugs oder Viren auskommt: die Physik.
    Heute habe ich einen lustigen Satz gelesen, es ging um die Erteilung der Erlaubnis, ein altes Chiffriergerät temporär nach Deutschland einzuführen. Der Satz war folgender:

    "Der Fall beschäftigte etliche Beamte im Kanzleramt, bis am Ende ein hoher Beamter die Erklärung mit der Begründung ablehnte, es sei doch sehr fraglich, ob es sich bei einer Maschine um ein Kulturgut handeln könne."

    Bis ich dem Mechanismus von Antikythera http://de.wikipedia.org/wiki/Mechani...on_Antikythera begegnete, war ich der Ansicht, dass die Mechanik und der Maschinenbau in kultureller Hinsicht die bestimmenden Elemente unserer modernen abendländischen Zivilisation seien. Dass wir auf unsere geistige Welt hier nicht stolz zu sein brauchen, war mir schon nach dem Studium verschiedener Quellen aus der barbarischen Antike klar. Das obige Zitat bestärkt mich in der keimenden Ansicht, dass sich unser Zeitalter vor allen Dingen durch eine unglaubliche Dummheit auszeichnet. Natürlich geht mir diese Geringschätzung unserer mechanischen Kultur heftig gegen den Strich. Obschon gerade der Prestigemangel solcher Tätigkeiten ja durchaus seine Vorteile hat, jedenfalls in moralischer Hinsicht.

    Und wenn das Stichwort vom Prestige schon mal gefallen ist... Ich habe die letzten vierzehn Jahre vorwiegend in der Werkstatt verbracht, mein Kontakt zur Oldtimerszene war eher zufälliger Natur. Diese Geschichte hier hat mich nun dazu verführt, meine Fühler etwas weiter in die sog. Oldtimerszene auszustrecken. Besonderes Augenmerk richtete ich dabei auf Vorkriegsautos und Motorräder. Vielleicht hätte ich das besser unterlassen sollen. Meine diesbezüglichen Illusionen sind jedenfalls wie ein Kartenhaus in Zeitlupe zusammengefallen. Als ich mich in Jugendjahren begann, für alte Autos zu interessieren, was das eine Welt des Seins und die Protagonisten trugen meistens einen Blaumann.
    Die schöne neue Oldtimerwelt, der ich heute begegne, ist eine Welt des Scheins und dicker Portemonnaies, dafür sieht man die Blaumänner heute nicht mehr. Ein Blick aufs aktuelle Angebot an Vorkriegsautos könnte einen auf die Idee bringen, dass damals fast nur Rennwagen und einige wenige teure Limousinen unterwegs waren. Wenn da nicht das häufige Wort special in den Verkaufsangeboten wäre... Damit sind fast immer späte Umbauten der Karrosserie gemeint. Dementsprechend gestaltet es sich heute relativ leicht, eine guterhaltene Limousinenkarrosserie zu einem Vorkriegswagen zu finden. Die liegen mittlerweile in grösseren Mengen herum, sozusagen als modernes Abfallprodukt der Oldtimerei. Dafür dürfen wir uns heute glücklich schätzen, an manchen historischen Rennanlässen mehr Rennwagen einer Marke zu sehen, als diese während ihres gesamten Bestehens produziert hat.
    Ein ganz besonders liebenswerter Auswuchs dieser Art sind die vielen historischen Rennwagen der Marke American LaFrance. Alleine im Museum Sinsheim stehen drei Stück davon. Eigentlich baute ALF ja Feuerwehrwagen. Da diese einerseits aus Gründen der Zuverlässigkeit keine hochgezüchteten Motoren brauchen konnten, andererseits aber im Brandfall starke Pumpen antreiben mussten, kamen auch für die damalige Zeit überdimensionierte Motoren zum Einsatz. Nun ist es eine recht leichte Aufgabe, so ein Chassis zu verkürzen und die Feuerwehrausrüstung durch eine "Roadsterkarrosserie im Edwardianstyle" zu ersetzen. Gerne wird dann noch deine angedeutete Parallele zu Simplexrennwagen gezogen. Der moderne Laie steht dann vor so einem Gerät mit einem 14,5-Liter Sechszylindermotor. lässt seinen Blick ehrfurchtsvoll über den riesigen Kettenantrieb zu den Hinterrädern schweifen, hat keine Ahnung davon, dass die so nachgeäfften Rennwagen jener Ära schon jahrelang verstummt waren, als der zugrundeliegende LKW von ALF gebaut wurde und ist ungemein beeindruckt.
    Vor dreissig Jahren hätten die meisten Oldtimerliebhaber ob solcher Auswüchse nur den Kopf geschüttelt. Und das, ohne Zugriff aufs Internet, wo man auf der Homepage von ALF nachlesen kann, dass sie lediglich einen einzigen Rennwagen gebaut hatten, der aber 1912 noch vor seinem ersten Renneinsatz verunfallte. OK, das war jetzt Insiderwissen...auf der Homepage steht nur, dass er zurückgezogen wurde.
    Aber der eigentliche Knackpunkt ist, dass ich mich mit meinem Fünfer ohne es zu wollen in eine Gesellschaft begebe, bei der heute der Schein weitaus mehr zählt als das Sein. Auch sind es nicht mehr Mechaniker, die sich sonntags an Oldtimertreffen tummeln, denn die können sich ja einen Vorkriegswagen gar nicht mehr leisten. Dafür trifft man zumeist Menschen, die das alten Klischee des Neureichen vollumfänglich ausleben.
    Mein ganz herzlicher Dank geht daher an die speziellen Auktionshäuser, die aus einem ehedem interessanten und lebendigen Hobby ein pseudoelitäres und sehr teures, dafür aber auch sehr oberflächliches Vergnügen gemacht haben. Der Liebhaber interessanten Alteisens, früher ein technisch versierter Eigenbrötler, wurde heute anscheinend durch den gutbetuchten Investor abgelöst.
    Alles in Allem eine eher unangenehme Situation, denn zu dieser Gesellschaftsschicht passe ich so gut wie ein Fisch in die Schwimmerkammer. Allerdings kann ich es jetzt niemandem mehr übelnehmen, wenn er der Vorkriegsszene gegenüber seine Vorbehalte hat. Ich auch.

    Noch ein paar Worte zum Fünfer selber. Mittlerweile ist die frische Vorderachse in greifbare Nähe gerückt, nächste Woche sollte ich sie abholen können. Was das Fahren betrifft, so halte ich es wohl wie seine Vorbesitzer, denen es um diese Jahreszeit einfach zu kalt dafür war. Aber sobald die Vorderachse gemacht ist, werde ich mich nicht mehr zurückhalten können.

    fröhliche Grüsse aus dem eisgekühlten Süden, und ja, der Nachmittag war heute lang,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 26.11.2007, 12:30

    25.11.07
    Winterliche Verzweiflungstat....ich habe begonnen, den Fünfer zu polieren. Aus purer Langeweile, nachdem ich erst meiner Ente einen Vollservice verpasst habe und danach gleich noch den Ponton für den Winter fitgemacht habe.
    Letzteren muss ich hier auch mal loben, auch wenn es kein Citroen ist und altershalber auch kaum die Chance besteht, dass sich eine recycelte Ente in sein Blechkleid eingeschlichen haben könnte. Seit nunmehr drei Jahren dient er mir in den Momenten, wo ich etwas mehr Komfort beim Fahren erleben möchte, ohne dabei auf die Annehmlichkeiten eines unmodernen Autos verzichten zu müssen. In der Zeit haben wir so um die 15tkm abgespult, ohne jegliche Störung, und bei minimalen Materialkosten. Im Moment steht der Materialkostenzähler bei 120 Euro, und der Zeitaufwand zum Unterhalt hält sich dank einer augenscheinlich gut durchdachten Kontruktion auch in sehr engen Grenzen. Sogar bei Minusgraden startet er klaglos, trotz seiner lausigen sechs Volt, die er mit der Taschenlampe in seinem Handschuhfach gemein hat. Sein Hauptvorteil liegt für mich darin, dass ich sein Radio ohne Einsatz eines 200 Watt-Verstärkers wahrnehmen kann, also ein heftiger Gegensatz zur Ente.
    Sein Temperament hingegen ist vergleichbar mit dem einer Bleifreiente.
    In den letzten beiden Monaten bin ich vor lauter Maschinenbauen kaum zum Autofahren gekommen. So fiel es mir nicht gerade schwer, die längst überfällige Wartung meines Brachialerpels hinauszuschieben. Aber gestern war Schluss damit. In letzter Zeit hatte er ja öfters ein reichlich originelles Startverhalten gezeigt. Seinen Anfang hatte das mit einem Oldtimertreffen genommen, wahrscheinlich wurde er angesichts all des Lackes neidisch, so blank und verzinkt wie er dastand. Beim Starten dann knallte er höllisch aus dem Aufpuff, was mir natürlich viel Freude bereitete. Ich hätte es nicht besser auf den Punkt bringen können.
    Das Ventilspiel war noch perfekt, ich musste bei keinem Ventil nachstellen. Der Unterbrecher jedoch öffnete nur noch knapp 0,2mm, also stellte ich ihn wieder richtig ein. Um dann festzustellen, dass die Nockenwelle einen leichten Schlag hatte, den ich aber fröhlich und brachial mit Hammer und Holzklotz richtete. Eine abschliessende Kontrolle des Zündzeitpunktes ergab dann, dass er zu früh war. Nichts leichter als bei einer Ente den Zündzeitpunkt einstellen, und so stand mir der heutige Tag für andere Untaten zur Verfügung. Nachdem ich meine gesammelten Entenräder sortiert hatte, zog es mich wieder zum Fünfer. Der steht nach wie vor aufgebockt in seiner Garage, in Erwartung einer frischen Vorderachse. Und so kam es, dass ich heute zum Lappen griff. Normalerweise mache ich das nur vor dem Vorführen, ich habe nach wie vor starke moralische Bedenken in Bezug aufs Autowaschen.
    Viel kann man vom Autowichsen ja nicht berichten. Aber ich habe mich schon über den tiefen Glanz der schwarzen Karrosserieteile gefreut. Und bin ja schonmal sehr gespannt, wie der frisch gewichste Fünfer im Sonnenlicht aussehen wird.
    Nächste Woche sollte das Abenteuer Vorderachse wieder weitergehen, ich werde davon berichten.

    mit fröhlichem Gruss
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 10.12.2007, 09:13

    AW: 5HP im Alltagseinsatz / 02.12.07
    Seid gegrüsst, Liebhaber alten Eisenoxids !

    Immer wenn ich das Gefühl habe, schon viel zuviel geschrieben zu haben, taucht ein Beitrag auf, der mich zum Weiterschreiben ermutigt. Und so ist diese Geschichte auch von vielem Auf und Ab geprägt. Das Auf besteht aus vielen positiven Rückmeldungen - anscheinend stehe ich mit meinen unbedarften Ansichten ja nicht ganz so alleine da, wie ich dachte - und das tut recht gut. Und über die unangenehmeren Seiten meiner Alteisenleidenschaft habe ich ja schon einiges geschrieben. Ein netter Mix aus Beidem ergibt sich aus Momenten wie gestern, wo ich beladen mit höchst seltsamem Alteisen die mittlerweile schon recht hohe Wahrnehmungsschwelle meiner Familie überschreite.
    Gestern war nämlich Teilemarkt. Genauer gesagt waren es deren zwei, glücklicherweise in zwei völlig unbedeutenden Käffern, die aber immerhin benachbart liegen. Das sorgt regelmässig für Stress, besonders wenn man auf der Hinfahrt die Autobahn nicht findet, bzw. nicht wirklich finden will.
    Das Dumme an solchen Teilemärkten ist, dass man sich dabei recht alt fühlt, wenn man auf Vorkriegsschrott steht. Der macht sich mittlerweile recht rar, oder er taucht bis aufs blanke Messing herunterpoliert zu originellen Preisen auf, die den Verdacht keimen lassen, dass es wohl auch gutbetuchte Sammler für alte Wagenheber geben muss.
    Was mich an solchen Teilemärkten besonders anzieht, sind nicht die Teilehändler. Ich kann mir meine Teile in den meisten Fällen ja selber in besserer Qualität herstellen, aber mittlerweile findet man dort auch ältere Herren, die die Einrichtung ihrer mechanischen Werkstatt, die sie vor etlichen Jahren schliessen mussten, schweren Herzens feilbieten. Dies mit eher weniger Erfolg, was aber nicht weiter erstaunt. Die dort feilgebotenen Waren haben zweierlei gemein. Ihre Funktion ist für viele Marktbesucher nicht nachvollziehbar, und sie sind teuer. Zumindest erwecken sie diesen Eindruck beim Laien. Ich konnte aber trotzdem nicht widerstehen und habe mir etliches Werkstattmaterial geleistet. Darunter eine Schublehre Marke Etalon für den Gegenwert von rund 60 Euro. Das ist viel Geld für einen Messchnabel, aber als das Ding vor fünfzig Jahren neu war, kostete es rund 300 Euro. Dazu einige Schablonen und Kaliber zum Schleifen von Drehstählen und Bohrern und schliesslich eine Handvoll Ölsteine zum Schärfen von Drehstählen. Über die habe ich mich besonders gefreut, die meisten davon sind heute im Handel nicht mehr erhältlich. So ähnlich wie ich. Und dann stolperte ich noch über einen Anreissbock, also einen Halter mit einer verstellbaren Reissnadel, mit dem man früher Teile auf der Anreissplatte markierte. Ich habe zwar schon einen, sogar mit Skala und Nonius, aber der alte stand dort noch immer ungebraucht, nach sovielen Jahren, am Teilemarkt. Und kein Schwein interessierte sich dafür. Dabei ist er von der Ausführung her ausgesprochen interessant, er verfügt über eine sehr wirksame Feineinstellung und sein Stahlsockel ist auf eine recht wunderliche Art behandelt, die seine Oberfläche ähnlich wie marmoriertes Papier, aber in verschiedenen Metallfarben schillern lässt. Das wurde allerdings erst nach der Reinigung sichtbar und erhöht die Freude an dem Teil ungemein.
    Aber eigentlich geht es hier ja um einen alten Citroen. Und der kam auch nicht zu kurz, ich habe jetzt eine frische, angenehm rostige Vorderachse, und eine schöne, grosse 6Volt-Tröte. Die Tröte ist noch in Topzustand, ich werde lediglich einen stilechten Halter dazu bauen müssen.
    Die Vorderachse macht einen sehr guten Eindruck, sie zeigt keine Spuren von Unfällen und die Bohrungen für die Achsschenkelbolzen sind noch rund. Sie ist erstaunlich leicht für so ein essentielles Bauteil, ihr Klang beim Beklopfen weist aber auf ein erstklassiges Material hin. Die ganze Achse ist gesenkgeschmiedet, ich hätte ja zu gerne einmal gesehen, wie das damals vonstatten ging. Aber solche Fotos sind leider sehr selten geworden, wie ja auch das Wissen um solche Prozesse.
    Aber was sage ich...am Teilemarkt ist mir ja auch aufgefallen, dass irgendwelche Bastlerdrehbänke an schön dekorierten Ständen weitaus mehr Aufmerksamkeit genossen als die Stände, wo das zu deren Anwendung notwendige Material günstig gebraucht feilgeboten wurde. Und so vermute ich mal wieder....
    Nämlich, dass es eine grössere Anzahl an kaum benutzten Bastlerdrehbänken in Kellern hat.
    Bevor ich für heute zum Schluss komme - ich habe weitergewaschen und poliert. Aber das hat ja jetzt bald wieder ein Ende, dank der Vorderachse kann ich mich ja jetzt wieder von derartigen Verzweiflungstaten abwenden.
    Als nächstes steht an: Vorderachse fertig entrosten, die darin festgerosteten Bolzenreste entfernen, dann auf Risse prüfen, phosphatieren, grundieren und Lackieren. Weiter gehts dann mit der Lagerung der Achsschenkelbolzen, die sicher auch nach etwas Zuwendung schreit. Und dann steht ja schon der Achstausch an. Das alles ist aber nur die Vorarbeit für die Konstruktion der Stützgabeln, die zukünftig das Kippen der Achse beim Bremsen verhindern sollen. Geeignetes Rohmaterial dafür habe ich in den Spurstangen von Enten gefunden. Bis Weihnachten sollte mir also nicht langweilig werden.

    fröhliche Grüsse mal wieder,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 10.12.2007, 09:14

    AW: 5HP im Alltagseinsatz / 04.12.07
    Heute habe ich die Achse endlich soweit, dass ich sie sandstrahlen kann. Die Achse ist mit zwei U-förmigen Bügeln am Federpaket befestigt. Anscheinend war der Vorbesitzer der frischen Vorderachse ein recht brachialer Zeitgenosse, so wie es aussieht, hat er die Bolzen mit einem Meissel abgeschlagen. Die Reste davon waren dann mit viel Rost als Bindemittel zu einem Teil mit der Achse geworden. Ein kurzer, hilfloser Versuch auf der Presse zeigte schnell, dass es nicht einfach würde, die Bolzenreste zu entfernen.
    So habe ich nach Feierabend die Fräsmaschine gekapert und die Bolzenreste durch 8mm-Löcher ersetzt. Dazu war ein Fräser weitaus besser geeignet als ein Bohrer, denn die Bolzen waren knapp unterhalb der Achsoberfläche abgerissen und hatten eine sehr unregelmässige Oberfläche, die jeden Bohrer beim Ansetzen zur Verzweiflung getrieben hätte. Ganz durchgebohrt habe ich sie dann auf der Bohrmaschine, aus einem einfachen Grund: Bohrer kann ich selber nachschleifen, im Gegensatz zu Fräsern. Und das Material der Bolzen war sehr zäh, logischerweise, denn daran hängt ja ein ganzes Auto. Die Bolzen selber waren ursprünglich 10mm dick, so blieb nach dem Bohren eine dünnwandige Hülse zurück, die ich mit einem Meissel heraustrieb.
    Morgen werde ich noch schnell vier Holzzapfen drehen, um die Bohrungen der Achsschenkelbolzen beim Sandstrahlen zu schützen. Und wenn nichts dazwischenkommt, werde ich die frisch lackierte Achse dann am Wochenende unters Auto bauen. Jetzt muss ich mich aber schleunigst auf die Suche nach vier Spurstangen von der Ente machen...

    feierabendliche Grüsse,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 03.02.2008, 18:30

    30.01.2008, 18:35
    Winterpause oder so. Und dazwischen immer mal wieder so ein sonniger Tag mit einem blauen Himmel, wie ihn nur der Winter zustandebringt. Und ich muss arbeiten. Und das schon seit drei Monaten ohne nennenswerten Unterbruch. Das ist zwar eine sehr gute Ausrede, aber irgendwie unbefriedigend.
    Nicht, dass ich die ganze Zeit untätig gewesen wäre, aber meine hochgesteckten Ziele habe ich mit Pauken und Trompeten verfehlt. Wir ersaufen im Moment förmlich in Arbeit in der Firma, und nach einem Tag intensivstem Maschinenbauen bin ich froh, mich aus der Werkstatt schleichen zu können.
    Trotzdem habe ich - immerhin - die neue Vorderachse sandgestrahlt und lackiert, sowie Reduktionsbüchsen aus Messing eingebaut, damit die Achsschenkelbolzen auch in die neue Achse passen. Die Bohrungen zur Aufnahme des Achsschenkelbolzens in der neuen Achse waren einen halben Millimeter grösser als bei der alten, also habe ich mir hauchzarte Büchsen mit einem Viertelmillimeter Wandstärke gedreht und diese mit einem Tropfen Loctite eingesetzt.
    Dabei musste ich eine schmerzliche Feststellung machen. Die alte, verbogene Achse ist kein Originalteil, sondern etwas ganz besonderes. Die Achsschenkel sind weiter nach oben versetzt als bei der originalen Achse, das heisst, dass das Auto mit der Spezialachse etwa 6cm tiefergelegt war gegenüber der Originalachse.
    Sowas nervt ungemein. Also habe ich die verbogene Achse in den Schraubstock gespannt, mit dem Schweissbrenner zum Glühen gebracht und dann gerichtet. Dabei hat sich leider noch ein schlecht geschweisster, kleiner Riss gezeigt, und jetzt bin ich wiedermal dran, mich schlauzumachen. Diesmal geht es darum, ein gesenkgeschmiedetes Teil fachgerecht zu schweissen.
    Die tiefergelegte Achse reizt mich halt viel mehr als die normale. Denn damals begann eine Modeerscheinung, die bis heute nicht abgeebbt ist, das Tieferlegen von Autos. Netterweise lässt sich der 5HP auf der Hinterachse durch das Zwischenlegen von Holzkeilen an der Blattfederaufnahme am Chassis tieferlegen.
    Diese Modeerscheinung fand übrigens vor dem Krieg ihren Höhepunkt in den Autos von Voisin, die dann auch die Bezeichnung "chassis surbaissé" trugen. Bei Neukonstruktionen konnte dies relativ einfach erreicht werden, indem die Achsen oberhalb des Chassis liefen, bei alten Schwarten wie dem Fünfer gab es offensichtlich im Zubehörhandel entsprechende Lösungen zum Nachrüsten, ganz ähnlich wie bei modernen alten Schwarten.
    So schön die tiefergelegte Achse auch sein mag, einen Nachteil hat sie. Dadurch dass sie stärker gekröpft ist, ergibt sich beim Bremsen ein weitaus höheres Drehmoment, schlicht weil der Hebel gegenüber der Blattfeder um gut 6cm länger ist. Somit steht fest, dass meine Vorderbremse sich mit der neuen Achse besser benehmen und nicht immer so aufschaukeln würde. Das Problem habe ich aber bereits mit den Abstützungen gelöst. Mein Glück ist, dass die Achsschenkelbolzen so gestaltet sind, dass ich die Abstützungen ohne Abänderung montieren kann. Lediglich die untere Mutter muss ich neu anfertigen, eine kleine Sache.
    Es ärgert mich halt ungemein, dass ich im Moment kaum weiterkomme, aber da geht es anderen wohl noch schlimmer. Im Moment wäre das Fahren ja doch eher ein masochistischer Spass, die Temperaturen sprechen trotz Sonne nicht gerade für längere Fahrten in einem zugigen, ungeheizten Auto. Allzu weit würde ich ja auch nicht kommen, ich habe normalerweise Strom für etwa eine Stunde Licht an Bord.
    Und so bleibt es bei der Vorfreude auf die hellere und wärmere Jahreszeit.

    Ach ja...zwischenzeitlich habe ich ihn auf Hochglanz poliert. Soweit kann die Verzweiflung einen treiben !

    Grüsse aus dem Winterschlaf,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 10.02.2008, 00:50


    Seid gegrüsst, Freunde alter Benzinzerknaller !

    Wir sind wieder unterwegs. Heute habe ich endlich mal einen freien Tag einlegen und auch nutzen können. Jetzt befindet sich die neue, nicht tiefergelegte Achse unter dem Auto und arbeitet mit der praktisch spielfreien Lenkung gut zusammen.
    Im Moment herrscht wahres Bilderbuchwetter, und so konnte ich schrauben, ohne mir dabei den Arsch abzufrieren. Danach konnte ich mir eine Probefahrt nicht nehmen lassen, bei der sich ein etwas zahmeres Fahrverhalten zeigte, wenigstens in Bezug auf Details wie Lenkungsspiel. Allerdings ist die ganze Geschichte noch nicht eingestellt, das ist die Aufgabe der nächsten Tage.
    Das schöne Wetter hat mich dann auch gleich zu einer zweiten, etwas längeren Probefahrt animiert, diesmal mit offenem Dach. Das direkte Resultat ist ein vollkommen authentischer steifer Nacken und Kopfschmerzen. Aber sowas vergeht schnell wieder. Dafür bin ich heute in den Genuss einer polizeilichen Routinekontrolle gekommen. Wahrscheinlich lag es an meiner unglaubwürdigen Unverdächtigkeit, zu schnell war ich jedenfalls nicht, wie mir die Herren aufs Glaubwürdigste versichern konnten. Nach einem freundlichen Beschnuppern des Fünfers und seiner Abgase - ich wollte ihn nicht abstellen, weil ich zu faul zum Ankurbeln war und die Batterie noch nicht richtig geladen ist - kamen wir zum Schluss, das meine Abgase noch "der richtige Stoff" seien und verabschiedeten uns wieder fröhlich voneinander. Ich freute mich wiedermal ungemein, dass mein Fahrzeuggeschmack erstklassig von den Rauchgeräten des Fahrers ablenkt und fühlte mich einmal mehr auf meinem Weg der archaischen Benzinzerknallung bestätigt. Und das im fröhlichen Bewusstsein, den Alltag der beiden jungen Ordnungshüter angenehm bereichert zu haben.
    Jedenfalls ist es wieder soweit, wir sind wieder auf der Piste. Jetzt steht noch etwas Feinarbeit an, um die Vorderachse einzufahren und einzustellen, dann kann ich mich endlich daran machen, die im letzten Herbst unsanft unterbrochene Fahrt zum Espressoschlürfen nach Luzern fortzusetzen.

    fröhliche Grüsse vom erkälteten, aber wieder mobilen
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 11.02.2008, 07:49


    Ich habe dem Schicksal gleich nochmal einen Tag abgetrotzt und siehe da...jetzt verfügt der Fünfer über ein verstellbares Lenkgestänge. Ab Werk war das nicht so, die Vorspur war fest vorgegeben durch die Länge der Koppelstange mit ihren zwei fixen Gabelköpfen. Nun wurde bei meiner Achse ein wichtiges Mass verändert, ohne dass dem dabei Rechnung getragen wurde. Durch die Montage der abgeänderten Radnaben mit Bremsankerplatten wurde die vordere Spurweite geringfügig erhöht. Dem damaligen Ausführer dieses Umbaus war dabei genauswenig wie mir bewusst, dass bei Verwendung der originalen Koppelstange jegliche Vorspur flöten ging.
    Ich hatte bisher die teilweise recht abenteuerlichen Fahreigenschaften der unpräzisen Lenkung zugeschrieben. Mittlerweile weiss ich es besser. Es schwante mir ja schon lange, dass da noch ein übler Hund begraben sein könnte, daher hatte ich es tunlichst unterlassen, die Lenkgeometrie jemals zu vermessen. Der Handlungsbedarf war ja offensichtlich, ohne dass man sich dazu die gute Laune verderben lassen sollte. Heute jedoch, in der Absicht, die Geschichte endlich zu richten, habe ich es gewagt. Das Resultat war erstaunlich, die Räder zeigten vorne fast fünf Grad auseinander. In meinem Kraftfahrerhandbuch von 1941 steht dazu klipp und klar, dass die Räder zueinandergestellt werden sollten, 1-3° würde vollauf genügen, um die Tendenz zum Flattern zu unterbinden.
    Also baute ich mir flugs eine schöne Hülse und zwei Muttern mit einem 3/8"-Gewinde. Aus Gründen der Pietät erspare ich dem Leser diesmal die Beschreibung der minutenschnellen Aktion am Drehbank - es ist eine Freude, in einer gut eingerichteten Werkstatt arbeiten zu können.
    Normalerweise würde man so eine Hülse zur Hälfte mit einem Rechts- und zur Hälfte mit einem Linksgewinde versehen, die einzuschraubenden Enden der Koppelstange dann ebenso. Dazu war ich definitiv zu faul, so kann ich jetzt halt nicht unendlich fein einstellen, sondern in Schritten, die der Gewindesteigung entsprechen. Montiert war das Gestänge dann in Rekordzeit und die Probefahrt war ganz verblüffend. Das Fahren ist plötzlich um Welten entspannter, das Auto schlenkert nicht mehr wild herum und hat jetzt sogar einen weitgehend belagsunabhängigen Geradeauslauf. Bisher musste ich gerade bei Spurrillen immer enorm aufpassen.
    So langsam zeichnet sich ein Ende der Lenkproblematik ab. Aber die nächste Arbeit wartet schon auf mich, diesmal sind es die Abstützungen für die Vorderachse. Das bedrohliche Kippmoment der Achse beim Bremsen wurde zwar mit der nicht mehr tiefergelegten Achse besser, aber befriedigend ist es noch nicht.
    Die heutige Ausfahrt war jedenfalls die entspannteste von allen bisherigen.

    mit höhergelegtem Gruss
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 27.02.2008, 11:00

    22.02.08
    A propos bedanken...ich möchte mich hier auch mal bei den Lesern meines Geschreibsels bedanken. Irgendwie fällt es mir schwer zu glauben, dass meine kleinen Abenteuer im rostigen Alltag Interesse beim Leser finden könnten, aber die Realität scheint da wohl etwas anders zu sein.
    Begonnen hat diese Geschichte ja mit der harmlosen Frage nach anderen Fahrern eines Fünfers zwecks Erfahrungsaustausch und so. Leider kam diese Frage wohl etwas zu spät, so einige Jahrzehnte, schätze ich. Und so habe ich halt begonnen, meine täglichen Erfahrungen in Textform zu bringen und sie allen zugänglich zu machen. Vielleicht habe ich ja dem einen oder anderen das Maul wässrig gemacht, auch den Kampf mit Starrachsen aufzunehmen.
    Jedenfalls bin ich überrascht, wieviele Leute hier mitlesen und möchte mich hiermit mal ganz herzlich für Eure Aufmerksamkeit bedanken.
    Die letzten Ausfahrten haben mich auf meinen bekannten Schleichwegen hier in die Region geführt. Die jetzt einigermassen vernünftig eingestellte Lenkung hat den Effekt, dass ich jetzt auch sicher mit nur einer Hand am Lenkrad fahren kann. Auf der Strasse liegende Zigarettenstummel haben ihren Schrecken verloren, das Auto fährt sich jetzt viel ruhiger. Das ist recht beruhigend und man kann sich wieder vermehrt auf die normaleren Spässe wie Bierholen konzentrieren.
    Ein kurzer Blick in die Unkrauttröge vor meinem Bürofenster hat gezeigt, dass der Frühling unabwendbar vor der Türe steht. Ich habe vor einigen Jahren mal einige Tulpen und Narzissen eingepflanzt, die haben sich fleissig vermehrt und spriessen momentan ungehemmt zwischen meinen gesammelten Unkräutern. Damit hatte ich dann auch endlich den nötigen Mut, einen Blick auf den Wetterbericht zu werfen, und siehe da, morgen sollen hier fröhliche 14 Grad herrschen.
    Irgendeine faule Ausrede für eine Ausfahrt wird mir schon einfallen.

    fröhliche Grüsse ausm sonnigen Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 28.04.2008, 00:20


    Endlich hat der Monsun ein Ende und ich kann wieder mit dem Fünfer herumfurzen ! Bisher hat sich der Frühling eher von seiner schüchternen Seite gezeigt, in den letzten Wochen hat er sich sogar dauerhaft hinter dicken Regenwolken versteckt. Dabei läuft bei mir gerade das Experiment "Motorradführerschein", was dummerweise auch nur bei trockenem Wetter wirklich befriedigt. Aus mir wird wohl nie einer von den knallharten Typen, die ganzjährig, bei Sturm und Hagel, mit dem Motorrad Tausende von Kilometern hinlegen, oder einer von den ganz harten, die auch bei Kälte und Regen mit ihrem Fünfer in der Pampa herumknatterten. Dafür bin ich wohl mittlerweile vom modernen Komfort meiner Alternativfahrzeuge wie Ente und Ponton zusehr versaut.
    Das eigentliche Thema dieser anscheinend endlosen Geschichte kühlt gerade mal wieder in der Garage aus. Gestern abend fuhren wir, einer Eingebung folgend, dreissig Kilometer weit ins Luzernische, um dort einen Hotdog - hier einfach Hund genannt - zu verzehren. Die Würstlibude namens "Joes Power Food" steht schon seit vielen Jahren weit oben auf meiner kulinarischen Hitliste, vielleicht weil sich da an der Schnellstrasse irgendwie eine authentische Ecke erhalten hat, die sich mittlerweile dem vermeintlichen Strom der Zeit nicht minder widersetzt als dies meine gesammelten Maschinen tun.
    Von der Hinfahrt lässt sich nichts aussergewöhnliches berichten, der Fünfer lief genau so, wie er es wohl die meisten seiner 83 Jahre getan hatte - nämlich wie ein Uhrwerk. Die Rückfahrt nach absolviertem Imbiss und Gelaber mit den übrigen Anwesenden über Sinn und Unsinn von Motoren gestaltete sich dann bereits etwas anspruchsvoller. Mittlerweile war die Dämmerung übers Land hergefallen und das Thema Beleuchtung gewann an Gewicht. Nun hat mein Fünfer eine Lichtmaschine mit 30 Watt Leistung. Damit lassen sich bestenfalls die Rücklichter betreiben. Im Zuge seiner verschiedenen zeitgenössischen Umbauten hatte er aber auch stärkere Vorderlampen erhalten. Diese führen zu einem Defizit von 80 Watt, die von der Batterie abgegeben werden müssen. Meine Batterie ist leider schon etwas schlapp, was mir tagsüber ja herzlich egal ist, da ich das Auto aus sportlichen Gründen sowieso viel lieber ankurble als dass ich den langweiligen Elektrostarter bemühe. In letzter Zeit war mir zwar schon auch bewusst, dass jede Starterbetätigung anschliessend meinen Aktionsradius im Dunkeln spürbar einschränken würde. Aber das war mir egal.
    Und so bin ich zu einer weiteren anachronistischen Erfahrung gekommen, nämlich dem Spiel mit dem Lichtschalter während der Fahrt. Je nach Verkehrssituation musste ich zwischen Stand- und Abblendlicht hin und herschalten. Die Leistung der Lichtmaschine reicht gerade so für den Betrieb des Standlichts, also musste ich im Interesse der Batterie möglichst wenig mit Abblendlicht fahren. Das Fahrgefühl an einem milden Frühlingsabend, alleine unterwegs im Dämmerlicht auf einer Landstrasse, den noch etwas kühlen Abendwind im Nacken, dazu das sonore Schnurren des Motors, das im dritten Gang lautlose Getriebe, das Rattern des Fahrwerks und die bei 60kmh unglaublich schnell vorbeiziehende Landschaft, all das ergibt eine Symphonie des Wohlgefühls, an der man sich noch lange Zeit erfreuen kann.
    Wir sind dann wohlbehalten und ohne Argwohn zu erwecken in der Dunkelheit angekommen.
    Für heute hatte ich mir dann vorgenmommen, endlich Nägel mit Köpfen zu machen. Da ich das Lenkgestänge ja bereits so umgebaut hatte, dass ich die Spur endlich einstellen konnte, habe ich dies heute nach langen mentalen Vorbereitungen mal auf die Reihe gekriegt. Dazu habe ich an beiden Vorderrädern aussen ein langes Aluminiumprofil festgezurrt. An den nach vorne überstehenden zwei Metern konnte ich dann recht genau messen. Nun stehen die Räder genau in einem Winkel von 1,5° zueinander.
    Die darauf folgende Testfahrt war dann recht entspannt. Das Lenken gestaltet sich jetzt viel leichter und die Lenkung ist jetzt plötzlich so etwas wie ansatzweise fehlertolerant.
    Damit ist wohl wieder eine kleinere Hürde genommen auf dem Weg zur fahrtechnischen Normalität. Irgendwie habe ich auch den Eindruck, dass er jetzt schneller fährt...
    Entspanntes Vollgasfahren in halbwegs dicht besiedelten Gebieten bleibt aber weiterhin eine Illusion. Mittlerweile ist mein Blick auf Fussgänger am Horizont geschult. Man kann es keinem verübeln, wenn er vom Bremsweg eines so alten Autos keine Ahnung hat, darum muss man eigentlich immer damit rechnen, dass einem irgendein eiliger Zeitgenosse vor den Kühler hüpft. Eine Situation, die sich mit einem modernen Fahrzeug problemlos meistern lässt, bringt hier regelmässig den Angstschweiss zum Ausbruch. Und so gewöhnt man sich im ureigensten Interesse einen grossen Sicherheitsabstand an und entwickelt in Bezug auf desorienterte Fussgänger einen ganz eigenen Instinkt.
    Um diesem modernen Problem besser Herr zu werden, muss ich mich bei meinen nächsten Arbeiten eindeutig nochmals intensiver mit der Bremsanlage befassen.
    Soviel mal wieder vom Alpenrand,

    frohe Grüsse allen,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 08.05.2008, 08:00


    Heute habe ich wieder an der Vorderachse herumgebastelt. Die an sich recht kräftige Vorderbremse hatte ja den Nachteil, dass sie ein Drehmoment ausübte, das die Achse tendenziell nach hinten unters Auto zog und dabei die unterste Blattfeder über Gebühr beanspruchte. Wenn man sich vorstellt, dass das ganze Auto mit zwei Laschen an je einer Blattfeder von 50mm Breite hängt, dann möchte man da nicht auch noch die ganze Bremskraft wirken wissen.
    In zeitgenössischen Inseraten mit Abbildungen von nachrüstbaren Vorderbremsen zum Fünfer fand ich eine Variante, bei der das Drehmoment über eine zusätzliche Strebe am Chassis aufgenommen wurde. Die abgebildete Lösung war kompliziert, bestand sie doch aus zwei Streben, die den Achsschenkelbolzen oben und unten festhielten.
    Nun war die Qualität der Abbildung ja eher lausig, und wichtige Details blieben weitgehend im Dunkeln. Leider ist mir auch kein anderer Fünfer mit Vorderbremsen bekannt, bei dem ich das mal hätte abkupfern können. So blieb mir nur die Neukonstruktion. Um den auftretenden Kräften standhalten zu können, hatte ich vor einiger Zeit einige Spurstangen vom 2CV besorgt. Diese sind gesenkgeschmiedet und somit aus einem sehr gut geeigneten Material, dazu weisen sie noch den Verstellmechanismus für die Lenkhebel auf.
    Bevor ich loslegen konnte, musste ich mir erst einmal Gedanken machen über die möglichen Fehler, in der Hoffnung, möglichst viele davon zu vermeiden. Das hätte auch fast geklappt...
    Der erste Gedanke galt der Geometrie beim Einfedern. Die zusätzliche Strebe würde auch am Achsschenkelbolzen greifen, das war schon mal klar. Die Geometrie der Achse ist so beschaffen, dass das obere Ende des Achsschenkelbolzens etwa 15cm oberhalb der Achse steht, das untere jedoch ist ungefähr auf derselben Höhe wie die Achse. Dadurch war mir klar, dass eine wirksame Abstützung des Drehmoments nur oben erfolgen kann. So konnte ich die Konstruktion der Streben stark vereinfachen indem ich die untere einfach wegliess.
    Nun blieb aber das Problem des Einfederns. Ich wollte ja möglichst wenig Drehmoment auf die Blattfedern geben, daher musste ich jetzt erstmal herausfinden, auf welcher Bahn sich die Achse bewegt beim Einfedern. Beim Herumstudieren und Skizzieren kam ich dann drauf, dass die Achse sich auf einer Art Spiralbahn bewegen würde. Nun konnte ich den Anlenkpunkt der Strebe festlegen. Dieser liegt idealerweise unterhalb der Befestigung des Federpakets am Rahmen.
    Irgendwie hat dann vieles schon beinahe von selber zusammengepasst. So haben die Achsschenkelbolzen des Fünfers oben einen zylinderischen Überstand, der geradezu einlädt, dort etwas zu befestigen. Die Spurstangen der Ente wiederum haben gekröpfte Enden mit einer konischen Bohrung, die sich problemlos auf das Mass dieser Überstände ausbohren lassen. Weiter gings mit dem Schweissbrenner, um die gerade Spurstange zweimal zu biegen, damit sie auch bei voll eingeschlagenem Rad nicht in den Weg kommt.
    Weiterhin habe ich eine spezielle verstärkte Halteplatte für unter die Befestigung des Federpakets am Chassis angefertigt. Diese Halteplatte dient auch der Aufnahme des Kugelbolzens, den ich für den Anlenkpunkt vorgesehen hatte. Nachdem ich den dann auch gefunden hatte in meinem Entenchaos konnte ich noch eine grosszügige Verstärkung drehen, die den Kugelbolzen fest mit der Grundplatte verbindet. Die Verstärkung dann noch aufgeschweisst und den Kugelbolzen von hinten in der Grundplatte verschweisst und verschliffen. Und "schon" war das hintere Lager für die Zugstange fertig.
    Weiter folgte noch die übliche Instandstellung der Gewindebüchse mit den Schellen sowie des Spurstangenkopfes. Nun konnte ich das ganze Geraffel montieren und zum Abschluss noch eine spezielle Schraube zur Sicherung der Zugstange auf dem Achsschenkelbolzen anfertigen. Natürlich unter Beibehaltung des vorhandenen Schmiernippels.
    Die Montage war dann sehr einfach und ich konnte das Auto sogar noch vor dem Hereinbrechen der Nacht wieder von den Böcken runternehmen.
    Die erste Probefahrt hat dann allerdings einen etwas zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Das Problem der hohen Biegebeanspruchung der untersten Blattfeder scheint gelöst zu sein. Allerdings hat diese Biegebeanspruchung auch einen Teil der übers Drehmoment übertragenen Energie aufgenommen. Jedenfalls steigt der Wagen jetzt vorne stärker nach oben als je zuvor, wenn ich die Bremse stark betätige...
    Das ist unvorhergesehen und lästig. Aber kein Grund zum Verzweifeln. Das Hauptproblem war ja meine Angst, dass das hohe Biegemoement die Feder eines Tages brechen könnte, und das ist definitiv behoben. Das Sekundärproblem ist jetzt, dass das Drehmoment die ganze Achse nach unten ausschwenken lässt, trotz des Fahrzeuggewichts und der Bremsmasse. Das wiederum lässt sich recht leicht durch eine zusätzliche, kräftige Blattfeder unterhalb des Federpakets lösen. Im normalen Fahrbetrieb wirkt diese sich nicht aus, da die Federung nach oben beansprucht wird. Sobald die Achse aber nach unten will, wirkt diese Feder dem entgegen und begrenzt das Aufschaukeln vorne.
    So stelle ich mir das momentan jedenfalls vor. Ob es klappt, oder ob es wieder zu einem neuen Problem führen wird...wer weiss ?

    Soviel für den Moment aus dem Süden,
    fröhliche Grüsse dazu,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 08.05.2008, 08:01


    Heureka !!!

    An sich müsste ich einen heftigen Fluch vorausschicken, denn die Arbeit von gestern war komplett für die Füchse. Die Entenspurstange hat einfach mitgefedert und die Achse ist genauso gekippt wie zuvor, lediglich mit einem verstärkten Steigemoment am Fahrzeugvorderteil. Um das festzustellen muss man allerdings einigen Aufwand betreiben, in unserem Fall war es das Grossziehen eines Sohnes, der heute mit scharfem Blick mein gestriges Gebastel kontrolliert hat und das Verhalten der Achse beim Bremsen genau beobachten konnte.
    Nachdem der erste Anschiss abgeklungen war, machte ich mir erneut einige Gedanken. Ein Abstützen oben, aussen an den Achsschenkeln war offensichtlich schwierig zu lösen, wenn nicht gar unmöglich. Also kam ich recht schnell auf die Idee, die Achse selber unterhalb des Federpakets zusätzlich abzustützen, um eine Art Parallelogramm zu erzeugen. Da die Achse von unten ans Federpaket geschraubt ist, war mein erster Gedanke, eine zusätzliche Blattfeder unter die Achse zu packen und mit dieser den beim Bremsen entstehenden Schub nach hinten abzustützen. Da ich aber keine Blattfedern vorrätig habe und irgendwie zu faul bin, wiedermal andere Fünferpiloten zu behelligen, suchte ich nach einer Lösung mit vorhandenem Material.
    Da ich vom ersten Versuch her über zwei kräftige Platten mit Kugelköpfen für unter die Federbefestigung am Chassis verfügte, lag nichts näher, als weiterhin mit den Entenspurstangen zu operieren. Nur sollten sie jetzt nicht mehr als Zugstangen wirken, sondern als Schubstangen. Glücklicherweise waren die Achsbefestigungsschrauben sogar lange genug, um unterhalb der Achse eine zusätzliche Platte zu montieren. An die schweisste ich zwei dickwandige Rohrstücke als Scharnier, ein drittes Rohrstück kam an die abgelängte Spurstange. Damit war die Spurstange spielfrei, aber beweglich unten an der Achse befestigt und ich konnte das Kugelgelenk einbauen und auf maximale Vorspannung stellen, da im Gegensatz zur originalen Verwendung ein Einfedern des Spurstangenkopfes nicht unbedingt sinnvoll ist.
    Dann kam mal wieder der ersehnte Moment mit dem Wagenheber, das Ritual mit der Kurbel und siehe da: er bleibt unten beim Bremsen !!!
    Das verblüffende Resultat ist, dass ich jetzt viel stärker bremsen kann ohne dass der Wagen vorne hochkommt und herumeiert. Dafür ist auch schon klar, womit ich mir morgen den Tag versaue: mit einer kompletten Revision der hydraulischen Vorderbremsen.

    erleichterte Grüsse,
    Oliver, gebremst



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 08.05.2008, 08:01


    Jetzt wäre eigentlich der Moment für ein entspanntes Zurücklehnen im Ohrensessel. Heute habe ich mit den hydraulischen Bremsen ernst gemacht und sie komplett revidiert. Wobei mir zugutekam, dass ich den Hauptbremszylinder schon vor einiger Zeit revidiert hatte.
    Mein Verdacht, dass die Bremsanlage seit 1955 nicht mehr ernsthaft gewartet wurde, hat sich erhärtet.
    Es ist natürlich etwas spät für eine solche Feststellung, so ein Jahr nach der Anschaffung. Aber wie hätte ich das feststellen können, wenn bei stärkerer Betätigung der Bremse die Gefahr bestand, die Federn zu brechen ?
    Die an der Bremsanlage durchgeführten Arbeiten lassen sich auf zwei Arten beschreiben. Die Kurzversion ist, dass ich heute richtig schwarze Suppe vom Schädel gespült habe, als ich die Haare nach der Arbeit gewaschen habe.
    Die etwas ausführlichere Version ist, dass ich das Auto erstmal wie immer aufgebockt habe, dann nach Lösen der Radmuttern sowohl Räder als auch Bremstrommeln abgenommen. Die Bremsleitungen an den Radzylindern abgeschraubt und auslaufen lassen. Dann die Bremsbacken und die Radbremszylinder ausgebaut, und los gings mit einer ordentlichen Dreckarbeit. Die Radbremszylinder habe ich zerlegt, an der Drahtbürste äusserlich entrostet und frisch lackiert, die Bohrung von Hand nachgeschliffen und poliert, die Dichtungen gut gereinigt und dann alles wieder mit Teflonfett zusammengebaut. Eine kurze Kontrolle zeigte, dass sie gasdicht sind, also war nicht damit zu rechnen, dass Bremsflüssigkeit austreten würde.
    Im Verlaufe der Reinigung der Bremsteile nahm ich dann langsam dieselbe Farbe an wie diese zuvor. Der Zusammenbau war dann eigentlich recht öde und kaum erwähnenswert.

    An sich bin ich ja ein fauler Hund und würde von Natur aus alles andere tun, als drei Tage lang an meiner Vorderachse herumzubauen, bis diese so halbwegs leistet, was jede Vorderachse seit sechzig Jahren so zu tun pflegt. Aber Faulheit kommt oft mit einer gewissen Sturheit gepaart daher. Und so komme ich meinem Kindheitstraum(a) immer näher, dem alltäglichen Herumfahren mit einem derart alten Auto.
    Und das Fahren sieht jetzt plötzlich ganz anders aus. Gerade bei krass untermotorisierten Fahrzeugen gilt, dass wer später bremst länger schnell ist. Die ersten zaghaften Bremsversuche zeigten schnell, dass ich jetzt plötzlich ein ganz anderes Auto habe. Selbst bei heftigem Bremsen bleibt er in der Spur und liegt sauber auf der Strasse, ohne auch nur einen Hauch des Aufschaukelns. Somit konnte ich erstmals die bekannte Furcht vor dem Fussgänger am Horizont ablegen und endlich einen etwas forscheren Fahrstil zutagelegen. Das macht sogar richtig Spass, obwohl es natürlich weit vom ursprünglichen Fahrgefühl des nur hinten schwach gebremsten Fünfers abweicht. Aber Originalität ist für mich bekanntlich kein allzu ernstzunehmendes Argument, ich habe schlicht die Arbeit zu Ende gebracht, die jemand vor 53 Jahren begonnen hatte. Und somit bleibt mein Fünfer weiterhin ein altes Auto, und die Chance, dass er in absehbarer Zeit zum Oldtimer wird, ist glücklicherweise recht klein.
    Zum Schluss kommen natürlich wieder die noch zu erledigenden Arbeiten. Meine Reifen wurden beispielsweise in einer Fabrik gefertigt, die seit bald vierzig Jahren nicht mehr existiert. Bei den bisherigen Fahrleistungen war das kein wichtiges Thema, aber jetzt, wo mich der Mut packt, wäre es schon schön, etwas bodenverbundener zu bleiben. So werde ich mal die einschlägigen Angebote studieren, in der naiven Hoffnung, etwas bezahlbares zu finden, was nicht aus Fernost kommt.
    Längerfristig werde ich auch etwas mit der Lichtmaschine unternehmen müssen. 30 Watt sind mir einfach zuwenig, eine Verdoppelung würde schon enorm weiterhelfen. Aber da muss die gute Idee erst noch reifen.

    Soviel zum Wochenausklang, dazu Grüsse
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 18.05.2008, 19:11


    Zeit für einen kurzen Zwischenbericht. Die Fahrt quer durch die halbe Schweiz ans nationale Ententreffen hat der Fünfer sehr gut absolviert, dank der endlich brauchbaren Vorderbremsen konnte ich die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit um heftige 15km/h erhöhen. Auf Landstrassen liegen jetzt deutlich mehr als sechzig drin, sehr zur Erleichterung der modernen Verkehrsteilnehmer. Ein etwas ausführlicherer Fahrbericht folgt.

    Allerdings habe ich heute ernst gemacht und tief in die Tasche gegriffen. Und dabei noch viel dazugelernt. Ich habe mir einen Satz neue Michelins geleistet...Grösse 12x45. Und dabei noch das Glück gehabt, meine neuen Reifen ab Lager zu bekommen. Der gesamthelvetische Lagerbestand ist somit auf Null, der nächste wird sich etwas gedulden müssen, etwas was modernen Entenfahrern auch nicht unbekannt ist.
    Bei dieser Gelegenheit hatte ich das Vergnügen, unseren Reifenhändler etwas näher kennenzulernen. Wir kaufen unsere Reifen ja schon seit drei Jahrzehnten bei ihm, aber der heutige Reifenwechsel war eine der grösseren Herausforderungen für ihn. Ich hatte mich ja schon öfters über die augenscheinlich unrunden Felgen gewundert, da das Rad an sich aber rund lief, hatte ich dem keine weitere Bedeutung zugemessen. Nun weiss ich wieder etwas mehr, die Dinger nennen sich Halbtiefbettfelgen, und zwar, weil sie nur auf einer Hälfte des Umfangs ein Tiefbett aufweisen. Dummerweise lassen sich diese Reifen nicht mit einer modernen Pneumontiermaschine montieren, geschweige denn demontieren. Und um die Herausforderung auch wirklich zu einer zu machen, hatte ich wohlweislich darauf verzichtet, neue Schläuche zu ordern.
    So kamen wir heute in den Genuss eines klassischen Reifenwechsels mit nur zwei Hebeln als Werkzeug. Zwei Stunden und einige schwierige Momente später war es dann soweit, der Fünfer steht auf neuen Pantoffeln. Wobei jetzt das Rätsel um das Alter der Vorgänger auch einigermassen geklärt ist. Die Vorderreifen stammen eindeutig aus dem Jahr 1955, während die Hinterreifen offensichtlich einmal ca. Mitte der siebziger Jahre gewechselt wurden. Immerhin habe ich mit dieser Bereifung einige tausend Kilometer gemacht, aber der Unterschied ist frappant. Das Auto liegt spürbar ruhiger auf der Strasse, die Gefahr, dass das Heck mich überholt scheint gebannt, und schliesslich kann ich jetzt auch auf schlechten Strassen problemlos fahren, wo mich früher Spurrillen zu einem wilden Tanz zwangen.
    Somit ist der Fünfer erneut einen grossen Schritt näher an die Alltagstauglichkeit gerückt. Das nächste Thema wird die bordeigene Stromerzeugung, deren Leistung bekanntlich heftig zu wünschen lässt.

    erstmal total entspannte Grüsse,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 24.05.2008, 21:09


    Es ist schon erstaunlich, wie schnell man seine Meinung ändern kann. War ich bis vor kurzem noch relativ gleichgültig gegenüber dem Thema neue Reifen, so kann ich mir heute kaum noch vorstellen, wie ich mit den alten Gummis überhaupt ernsthaft zu fahren wagte. Zu gross ist der Unterschied. Und so habe ich wiedermal etwas vom authentischen Fahrgefühl der Zwanziger entdeckt, denn die Fünfer auf alten Bildern haben öfters völlig heruntergenudelte Reifen drauf. Die Bodenhaftung dürfte vergleichbar sein, ob man auf der Karkasse fährt oder auf fünfzigjährigem Gummi. Diesen alten Fotos entnehme ich auch, dass Reifen damals ein recht teures Verschleissteil gewesen sein müssen. Dem Besitzerstolz tat das aber anscheinend keinen Abbruch, die Typen auf den alten Fotos grinsen meistens genau gleich wie ich das auch heute noch tue.
    Die Fahreigenschaften sind mittlerweile recht zivil, seine Persönlichkeit wird der Fünfer deswegen aber nicht einbüssen. Dafür ist das Fahrgefühl eindeutig zu schräg. Im Gegensatz zu früheren Tagen kann ich jetzt aber in historischer Vorwegnahme sog. sportlicher Opels (ich schrecke nicht einmal vor solchen verbalen Widersprüchen zurück...) lässig den Arm zum Fenster hinaus aufs Reserverad legen und recht entspannt mit einer Hand lenken. Fehlt eigentlich nur noch das passende Koffergrammophon dazu.

    Einer meiner ganz grossen Helden ist Gaston Lagaffe, eine recht schräge Comicfigur, die dem gebildeten Citroenisten natürlich ein Begriff ist. Gaston fährt zwar keinen Citroen, sondern anscheinend einen Fiat, aber eine optisch sehr nahe Verwandtschaft zum Fünfer hat mich in meinem Entschluss bekräftigt, eine von Gastons Dekorideen stinkfrech abzukupfern. Während Gaston seinen GT-Streifen (diese wunderschönen schwarzweiss karierten Zierstreifen zum Aufkleben, die es heute wieder für ein kleines Vermögen zu kaufen gibt) liebevoll aus Kreuzworträtseln zurechtgeschnippelt und aufgeklebt hat, habe ich einen etwas modeneren Weg gefunden. Dazu habe ich zwei Rollen Isolierband gekauft, weisses von 50mm Breite und schwarzes von 25mm. Ein paar hundert handgeschnittene Quadrätchen später glänzt der Fünfer jetzt in sportlichem Design, das ausgezeichnet mit dem dumpfen Brodeln seiner elf Pferdestärken harmoniert.

    Da statistisch gesehen irgendwann in nächster Zeit wieder trockenes Wetter herrschen sollte, werde ich mich dann mal auf eine ergiebige Fotopirsch machen. Mir scheint, dass ich zwar meiner Idee, herauszufinden wieviel man nur über ein einziges Auto schreiben kann, nähergekommen bin, aber mengenmässig steht mein Gelabere in einem recht dominanten Verhältnis gegenüber den kaum vorhandenen Bildern.

    Abschliessend noch der Hinweis, dass ich jetzt weiss, dass man sehr viel mehr über ein Auto schreiben kann, als dies üblicherweise getan wird, aber ein Ende ist weiterhin nicht absehbar. Mit den technischen Möglichkeiten steigt halt auch der Übermut, was dann fast zwangsläufig zu neuen automobilistischen Abenteuern führt.

    fröhliche Grüsse mal wieder,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 26.05.2008, 10:09


    Der Karostreifen bewährt sich anscheinend, oder vielleicht liegt es doch auch an der endlich brauchbaren Vorderbremse und den neuen Reifen. Jedenfalls ist mein Fahrstil jetzt eindeutig viel mutiger geworden und damit ist die Durchschnittsgeschwindigkeit auch nochmal gestiegen. Ausser an Steigungen bin ich jetzt kein ernsthaftes Verkehrshindernis mehr, ein Schnitt von 50-60kmh liegt jetzt problemlos drin. Und die Spitzengeschwindigkeit beim Bergabfahren konnte ich auf über 80kmh steigern. Die Angst vor der Bremse gehört der Vergangenheit an, ebenso wie das zwanghafte Vomgasgehen wenn am Horizont ein Fussgänger erschien. Die neuen Reifen tun das ihre, um das Auto trotz gesteigerter Geschwindigkeiten zu zähmen. Hätte ich den Fünfer schon zu Beginn so kennengelernt, wäre die Frage nach dessen Alltagstauglichkeit nie aufgetaucht - und diese Geschichte nie niedergeschrieben worden.
    Der Motor musste sich erst ein wenig an die höheren Leistungen gewöhnen, bisher durfte er sich ja nur selten wirklich austoben. Um ihm das Alter etwas zu versüssen, habe ich ihm gestern noch schnell einen Ölwechsel spendiert. Die recht gross dimensionierte Ablasschraube ermöglicht ein Ablassen des ganzen Ölinhalts innert weniger Sekunden. Drei Liter feinstes Premium SAE30, und der Motor schnurrt wieder spürbar leiser. Davon habe ich ein ganzes Fass an Lager, wenn man es als sog. Kompressorenöl kauft, ist es recht preiswert.
    Jetzt wäre eigentlich der Moment zum entspannten Zurücklehnen. Das Auto fährt jetzt problemlos im heutigen Alltagsverkehr mit, ist weder ein Hindernis noch eine Gefahr, und es macht enorm viel Spass, damit herumzufurzen, als ob das das Alltäglichste der Welt wäre. Was ich dieses Wochenende ja auch auf über dreihundert Kilometern getrieben habe, bei einem Verbrauch von unter sechs Litern.
    Aber irgendwo sitzt einem immer ein Teufel im Nacken, darum studiere ich gerade die Möglichkeit der Nachrüstung eines geregelten Katalysators...
    Bisher sehe ich noch nichts, was ernsthaft dagegen spräche.

    fröhliche Grüsse mal wieder,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 19.06.2008, 07:22


    Eine kleine Räubergeschichte vom letzten Sonntag kann ich aber noch zum Besten geben...
    In unserer Provinzhauptstadt findet einmal pro Monat ein sog. Oldtimertreffen statt. Dort treffen sich viele Besitzer mit einigen Fahrern und alle freuen sich, dass sie dafür bezahlen dürfen, um ihr Auto für zwei Stunden auf einem grossen Parkplatz der manchmal recht handgreiflichen Neugier des Publikums präsentieren zu können. Ab und zu tauche ich auch mit dem Fünfer oder einem seiner Kollegen auf, allerdings gut versteckt auf dem Besucherparkplatz.
    Eines der Highlights sind die Benzingespräche, die man bei dieser Gelegenheit so mitkriegt. Diese sind manchmal auf eine herzerfrischende Art provokant, meistens schaffe ich es aber, meine Klappe zu halten. Diesmal bin ich aber an ein Rudel herangelaufen, das gerade herrlichen Blödsinn zum Thema Technik des Fünfers diskutierte. Und da ist es dann passiert....ich konnte glaubhaft (!) versichern, dass mein Fünfer eine moderne Replika von 1972 auf Basis von einem VW Käfer sei. Alles aus GFK und so....

    Ansonsten nichts Neues...er fährt zur Zeit fast jeden Tag. Allerdings tauchen jetzt eigenartige Geräusche aus dem Getriebe auf, ich werde wohl vorsorglich mal einen Satz Innereien bestellen.

    fröhliche Grüsse ausm warmen Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 19.06.2008, 07:23




    Das Bild gefällt mir...

    Da sieht man doch mal wieder aufs Herzerfrischendste, was so eine fehlende Vorderbremse alles ausmachen kann. Interessantes Detail auf dem Bild: die Vorderachse hängt immer noch an der untersten Blattfeder, die es offensichtlich hinten an ihrer chassisseitigen Befestigung abgerissen hat. Ich hätte den Schwachpunkt eher an der Achsbefestigung vorne vermutet.
    Man erfährt aus solchen Bildern ja leider fast nie etwas über das Schicksal der Fahrzeuginsassen, es ist aber zu befürchten, dass sie noch einige Jahrzehnte auf die Einrichtung eines flächendeckenden Ambulanznetzes bzw. eines Rettungsdienstes warten mussten. Die Gestaltung des Fahrzeuginnenraums war damals beinahe ein Garant für Verletzungen im Falle eines Unfalls. Wenn ich beispielsweise an meinen Hupenknopf im Lenkrad denke, der sicher für einen bleibenden Eindruck beim Brustbein gut wäre...

    Was vielleicht in dieselbe Richtung geht, sind die Fahreigenschaften im Grenzbereich. Irgendwo habe ich den schönen Satz sinngemäss aufgeschnappt, dass das Fahren eines Automobils im Bereich von 10% jenseits des technisch Möglichen ungemein beflügle. Der Hauptgrund, warum mir dieser Satz hängengeblieben ist, dürfte sein, dass ich ihn schon seit vielen Jahren mehr oder weniger (un-)heimlich auslebe. Dazu ist eine Ente hervorragend geeignet, da der Grenzbereich dort in einem Rahmen stattfindet, der sich meistens mit einer kleinen Ordnungsbusse regeln lässt, ganz im Gegensatz zu einem Lamborghini. Und das Gefühl dürfte ungefähr dasselbe sein, wenn man über beide Achsen aus einer schnell durchflitzten Kurve in Richtung Natursteinwand driftet und sich gerade mal wieder breit grinsend allen Naturgesetzen spottend auf die nächste Gerade mogelt.
    Lamborghinis und Enten haben in Tat und Wahrheit viel mehr gemein, als man heute zugeben möchte. Aber betrachten wir das mal mit dem gebührenden Abstand: Angenommen, wir hätten den Vergleich zwischen einem frühen Voisin und einem gleichalten Amilcar zu ziehen, so wäre die Chance recht gross, dass wir den Amilcar als das hochwertigere und ausgereiftere Fahrzeug betrachten würden. Natürlich klappt das nur, wenn man von Vorkriegswagen wenig Ahnung hat, aber es liegt am Lauf der Zeit, dass solches Wissen Neuem Platz machen muss. In Tat und Wahrheit besass der Amilcar den Stellenwert eines heutigen Mazdasportwagens, während Voisin mit Rolls-Royce um Kunden buhlte.

    Den Grenzbereich beim Fünfer suchen war eine eher langwierige Angelegenheit. Zuerst mussten ja etliche Hindernisse aus dem Weg geräumt werden, bis der Grenzbereich durch das Auto selber und nicht mehr durch technische Unzulänglichkeiten diktiert wurde. Aber ich kann jetzt mit einem ganz kleinen bisschen Stolz von mir sagen, dass ich erstmals die 80kmh-Grenze durchbrochen habe, unter Zuhilfenahme einer langen, sanft abfallenden Geraden, Rückenwind und Todesverachtung. Das Gefühl war himmlisch und wurde noch verstärkt durch das Bewusstsein, dass jeder noch so kleine Fahrfehler in dieser Situation tödlich enden würde.
    Natürlich passt diese Mentalität nicht in unsere vom Sicherheitsgedanken dominierte Welt, aber genau dieser Defekt treibt mich wahrscheinlich schon seit meiner frühen Jugend dazu, Vorkriegsschrott zu lieben.
    Aber lassen wir das mal und kommen auf die Fahreigenschaften des Fünfers zurück. Dank seiner neuen Reifen klebt er ja jetzt richtiggehend am Boden, Michelinseidank ! Die Reifenqualität verdient wirklich ein herzliches Lob, nach 400km sind selbst auf der Lauffläche noch nicht einmal die feinen Gummizapfen von der Herstellung abgerieben. Dank dieser Reifen kann ich jetzt über das etwas seltsame Verhalten in zu schnell durchfahrenen Kurven berichten. Eigentlich lässt es sich kurz zusammenfassen mit den Worten: er hüpft, wo andere rutschen. Wahrscheinlich liegt das ja an seinem etwas hohen Schwerpunkt, es ist aber wesentlich schwerer zu beherrschen als eine rutschende Ente.
    Allzu weit werde ich aber mit dieser Art von Fahrversuchen nicht gehen. Es ist zwar ein unheimlich spassiges Gefühl, mal halbwegs schnell mit so einer Kiste herumzuflitzen, aber wenn ich mir vorstelle, wieweit eine zweifach gelagerte Kurbelwelle bei solchen Belastungen ausschwingt, muss ich wenigstens ansatzweise Vernunft walten lassen.

    Geht weiter - heute hatte ich die Schreibwut.



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 19.06.2008, 07:23


    Und weiter gehts mit dem zweiten Teil...

    Vernunft ist ja auch so eine Sache. Durch einen netten Kumpel und Bruder im Alteisen aufmerksam gemacht, habe ich heute stundenlang verschiedene Foren durchforstet. Alles Foren, die sich damit brüsten, speziell für den Oldtimerliebhaber dazusein. Teils stehen sie für irgendwelche mehr oder weniger dubiosen "Interessenverbände", andere verstecken hinter der freundlichen Fassade schnöde kommerzielle Interessen.
    Bevor aber jetzt der Vorwurf des Sozialneides aufkommt, oder der Hinweis, dass es durchaus nicht unmoralisch ist, seine kommerziellen Interessen auf die eine oder andere Art wahrzunehmen: ich will damit niemandem an den Karren fahren. Ich bin zusehr Einzelgänger (soweit man diesen Begriff sinnvoll auf ein Mitglied einer aus sieben Milliarden Individuen zusammengesetzten Gemeinschaft anwenden kann...), als dass ich mich überhaupt derartigen Spielchen aussetzen würde. Ich bin in keinem Club und in keiner Interessengemeinschaft. Meine Interessen vertrete ich selber auf die herkömmliche Art, indem ich auf Hindernisse reagiere und diese, wenn immer möglich, mit allen mir gegeben Mitteln umschiffe.
    Heute habe ich aber den Eindruck bekommen, dass die Zeit für die Vorkriegsautos auf unseren Strassen ihrem Ende zugeht. Dafür gibt es mehrere Gründe:
    Zuerst mal ist der durchschnittliche Besitzer eines Vorkriegswagens meistens in einem dem Auto vergleichbaren Alter. Im Gegensatz zum Auto kann der Besitzer aber nicht mit einer neuen "Special"-Karrosserie versehen werden und als Jüngling neu anfangen. Zudem stellen Vorkriegsautos höhere Anforderungen an die Fitness ihrer Fahrer.
    So fristen die meisten Vorkriegswagen ein eher ruhiges Dasein fernab jeden Asphalts, von dem sie nach einer Jugend auf Schotter und Kopfsteinpflaster heute wohl nur noch träumen dürfen.
    Ein anderes Phänomen ist die Eigendynamik, die dem Wechsel von Liebhaberszene zu Investorenparadies inneliegt. Begonnen hat der ganze Blödsinn schon Anfang der Neunzigerjahre, nachdem der Ferrarihype mangels verfügbarer Stückzahlen erst auf andere Marken übergriff, um dann auch die sog. Oldtimerszene mit voller Wucht zu erwischen. Damals gingen zudem die Grenzen zum Osten auf und man konnte in jeder Oldtimerzeitschrift lesen, was da so an Schätzen aus dem Osten wieder auftauchte. Die Stimmung war hemmungslos und gut, viel Geld wirbelte herum und die Preise stiegen. Natürlich folgte daraufhin auch wieder eine Phase der Ernüchterung, schliesslich musste ja am Ende einer die Zeche bezahlen. In diesem Fall waren das wohl Leute auf der ganzen Welt, die das Sammeln exotischer Autos ganz neu als Anlageform entdeckt hatten, mangels Fachkenntnis aber aufs falsche Pferd gesetzt hatten. Nun war der schöne F40 aber plötzlich nur noch einen Drittel seines Kaufpreises wert, und es wurde einigen schmerzlich bewusst, dass Flügeltürer in gewissen Kreisen nicht gerade selten sind.
    In der Zwischenzeit wurde dann aus der ehemaligen Liebhaberei einiger durchgeknallter und höchst philosophischer Motorenfreaks ein Industriezweig mit handfesten Interessen und dem ganzen zugehörigen Sozialmüll wie: Lobbyarbeit, Veteranenkennzeichen, Verbände, Interessenvertreter, oldtimerspezifische Sondertarife beim Champagnerkauf, Concours d'Elegance bei jeder halbwegs ansehnlichen Villa am See mit genügend grossem Rasen und "historische Bergrennen" auf jedem mehrbesseren Hügel. Dazu kommen Rennveranstaltungen, an denen heute mehr "Werksrennwagen" einer Marke auftauchen, als es von dieser Marke insgesamt überhaupt je Sportwagen gab. Die Liste der Perversionen beinhaltet dann auch logischerweise etliche historisch wertvolle Limousinen, die ihrer Karrosserien entledigt wurden, um heute als sog. "Special" mit zweisitziger Sportwagenkarrosserie weiterzuleben. Nicht, dass ich den Fahrern solcher Autos ihren Fahrspass verüble, aber für mich haben solche Autos soviel historischen Hintergrund wie ein Bugatti auf VW-Käfer Basis.
    Dieselbe Szene hat auch dazu geführt, dass bestimmte Autos der oberen Preisklasse heute komplett neu angefertigt werden um dann mit einer gefälschten Historie als legendärer Oldtimer an den zahlungskräftigen Mann gebracht zu werden.
    Andere, Liebhaber früher Rennwagen, neigen ja bekanntlich dazu, ehemalige Feuerwehrlastwagen zu einem rennwagenähnlichen Gebilde umzubauen. Damit erreichen sie zwar viel Fahrspass mit einem im Vergleich zum damaligen echten Rennwagen leicht beherrschbaren und zuverlässigen Gefährt, aber in Sachen Authentizität haben selbst unsere Seifenkisten aus den Siebzigern mehr zu bieten.

    Ich wurde heute durch mein Forengelese Zeuge einer originellen Selbstzerfleischung der deutschen Oldtimerszene - wenn es denn je so etwas gegeben haben sollte. Die zur Zeit heftigen Grabenkämpfe zeigen ihr kommerzielles Gesicht immer unverblümter. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass diejenigen, die bisher von Hand am Ast der Oldtimerliebhaberei gesägt haben, nun zur Kettensäge greifen. Natürlich tut das jeder im ureigensten historischen Interesse am automobilen Kulturgut.
    Wenn man aber die rosa Brille ablegt und das Ganze mal nüchtern betrachtet, ist aus dem "automobilen Kulturgut" längst eine Spielwiese für Gutbetuchte und deren Trittbrettfahrer geworden.

    Unter diesen Voraussetzungen wäre es illusorisch, an eine Zukunft für Vorkriegswagen zu denken. Das Wichtigste für eine solche wäre eine Motivation ihrer Bewohner. Dass aber gerade die Szene des Vorkriegsgeraffels unter einem deftigen Nachwuchsproblem leidet, dürfte bekannt sein und keinesfalls erstaunen, solange man selber noch irgendwo ein wenig jung ist.
    Und so wage ich zu behaupten, dass die Luft raus ist aus den ganz alten Autos. Gemessen an meinen Jugendjahren, wo ich mehr oder weniger regelmässig im Alltagsverkehr Autos aus den Dreissigern begegnet bin, müsste ich heute mindestens ein- bis zweimal pro Woche wenigstens einem Alltagsauto aus dem Fünfzigern zu begegnen. Zudem leben hier heute fast viermalsoviele Leute wie in meinen Jugendjahren.
    Aber wenn man es genau nimmt, sah man damals hier auch mehr exotische Sportwagen wie Lamborghinis, Maseratis, Corvetten etc. etc.

    Vielleicht übertreibe ich ja mal wieder, oder habe etwas ganz grundsätzlich falsch verstanden. Wie auch immer, ich werde jedenfalls meine Drehbänke usw. in Zukunft noch besser pflegen als bisher. Meine Vermutungen gehen in die Richtung, dass ein Drehbank in nicht allzuferner Zukunft wieder wichtiger fürs Fahren mit einem Vorkriegsvehikel sein wird, als eine sog. Szene.

    langatmige Grüsse
    Oliver

    "Si stava meglio quando si stava peggio."



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 19.06.2008, 07:24


    Ein normaler Fünfer dürfte hier nur 45kmh fahren, so ohne Vorderbremse. Da meiner aber eine hat, steht kein entsprechender Eintrag im Ausweis und nichts ausser der Physik hindert mich daran, auf deutschen Autobahnen Porsches zu zersägen...

    Um die Geschichte mit den Veteranenzulassungen in der Schweiz mal noch etwas zu würzen, führe ich hier mal eben meine Ente ins Spiel. Die trägt kein Gramm Lack, sondern ist blank feuerverzinkt wie ein Mülleimer bzw. eine Leitplanke. Dazu sind alle Aluminiumteile violett eloxiert, ein Fünfganggetriebe arbeitet drin und ein recht origineller Motor, dem man davon allerdings nichts ansieht.
    Und das Ding hat problemlos beim ersten Anlauf den Veteranenstatus bekommen.
    Es bereitet mir regelmässig viel Freude, meine Ente bei etwas mehrbesseren Oldtimertreffen auf den Platz zu fahren. Den anderen allerdings nicht immer...ist ja auch ärgerlich, wenn so eine Gurke einem teuren Nobelhobel die Schau stiehlt. Und das kann Baldur, mein Brachialerpel, sehr gut....

    Die Frage nach dem wie lässt sich leicht beantworten. Ich habe von Anfang an die Zusammenarbeit mit unseren Experten gesucht. Die haben sich sogar gefreut, mich mit den nötigen fachlichen Informationen zu versorgen. Meine Furzideen konnte ich dank Humor und gegenseitigem Entgegenkommen weitgehend durchsetzen, und da alle Arbeiten sauber ausgeführt waren, war die Abnahme dann auch problemlos.
    Allerdings wohne ich in einem relativ kleinen Kanton, wo man sich noch halbwegs kennt, und infolge meiner Trägheit gehöre ich mittlerweile zu den Alteingesessenen.

    Da mittlerweile in Fachkreisen zumindest bekannt sein sollte, dass eine halbwegs gut erhaltene Originallackierung authentischer ist als eine noch so perfekte Neulackierung, hätte ich das Vorgehen der Motorfahrzeugkontrolle schlicht nicht akzeptiert, meine Aussagen erstmal schriftlich belegt, dem Expertenbüro vorgelegt und um einen Gesprächstermin gebeten. Immerhin gibt es heute ja viel mehr restaurierte Gummikühe als original erhaltene, und bei einem Arbeitertöff gehören gewisse Gebrauchsspuren schlicht dazu. Abgesehen davon gibt es keine Vorschrift, die zu einer Neulackierung zwingt. Was aber das Problem sein dürfte: Experten sind auch nur Menschen, und deren Kunden, die ein optisch verbrauchtes, aber technisch perfektes Fahrzeug vorführen, dürften sehr dünn gesät sein. Kann sein, dass Dein Experte schlicht eine Woche hinter sich hatte, die mit rostigen Subarus schlauer Bauern angefüllt war.
    Für das Gesamtbild der Oldtimerszene ist es sicher besser, wenn Fahrzeuge in optisch üblem Zustand nicht die Masse ausmachen. Ich erinnere mich teilweise mit Schaudern an die teilweise sehr augenscheinlich vermurksten Oldtimer in der damaligen DDR, auch wenn ich nachträglich den Hut ziehe vor soviel Improvisationsgabe unter schwierigsten Bedingungen.

    Der Fünfer wird seinen Veteranenstatus wahrscheinlich ja auch behalten dürfen, schliesslich hatte er ihn ja schon, und sein Zustand wird kaum einen Experten auf die Idee bringen, ihm diesen wieder abzuerkennen.
    Allerdings hat er keinerlei reelle Aussicht auf einen FIVA-Fahrzeugpass, den gewisse Kreise sehr gerne als Voraussetzung für die Gewährung des Veteranenstatus sehen würden. Diese Bestrebungen sind in der Schweiz zwar momentan wieder etwas abgeflaut, das könnte aber daran liegen, dass dasselbe Unterfangen in einem anderen europäischen Land mittlerweile besser aufgeleist ist. Wenn so eine Regelung erstmal in einem Land durchkommt, so wird sie wahrscheinlich eine gewisse Vorbildfunktion für eine kommende EU-Richtlinie haben. Und dass wir auch in der Schweiz in Bezug auf derartige Richtlinien gerne unser Fähnlein in den Wind der EU hängen ist so bekannt wie oft auch vorteilhaft.
    Man darf sich dabei ja nichtmal beklagen, denn wer erhebt dauernd die Forderung nach einer einheitlichen Lösung für Veteranenkennzeichen ? Genau, es ist die Oldtimerszene selber.

    Ich hätte in so einem Fall auch nichts dagegen einzuwenden, auf den sog. Veteranenstatus zu verzichten. Der Hauptnachteil für mich wäre ein kleiner, ich müsste mir ein Kennzeichen mehr leisten. Damit könnte ich eher leben als mit einer Oldtimerbürokratie.
    An sich ist der Fünfer ja auch gar kein Oldtimer, er ist ein für sein Alter sogar erstaunlich junggebliebenes altes Auto. Drum ist er auch kein "vintage motorcar", sondern einfach eine gutgelaunte alte Schwarte, trägt einen Karostreifen statt Plaketten und würde sich schütteln, wenn ich ihm eine von den bekloppten Rallytafeln vor den Kühler nageln würde.

    Meine Abneigung gegen die moderne Hautevolee der Oldtimerszene hat möglicherweise einen etwas ungewöhnlichen Hintergrund. Ich mag keine Neureichen.
    Meine mechanische Ausbildung verdanke ich einigen älteren Mechanikermeistern von einer Sorte, die man heute vergeblich suchen würde. Allen gemein war, dass sie helle Köpfe waren und meist recht unnahbar. Zu ihrer Zeit bestand noch nicht die Tendenz, gute Mechaniker in höhere Positionen wegzubefördern, so konnten sie ihre Fähigkeiten ein Leben lang pflegen und ausbauen.
    Wenn ich heute am Drehbank stehe und mit beinahe schlafwandlerischer Sicherheit auf den Hundertstel Millimeter genaue Teile drehe, dann verdanke ich das in erster Linie diesen Meistern, die mich erst an ihrem Wissen teilhaben liessen, nachdem ich mich in ihren Augen als würdig erwiesen hatte.
    Betrüblich ist, dass kaum einer von ihnen noch unter uns weilt.

    Internetforen sind leider auch kein Ersatz für diese Art von Fachwissen, eher im Gegenteil. Aber sie bieten dafür manchmal einen recht hohen Unterhaltungswert, gerade wenns um die Beantwortung technischer Fragen geht.

    So, jetzt aber...und Gruss dazu,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 19.06.2008, 07:25


    Eigentlich wollte ich ja nur mit dem Fünfer weite Kreise ziehen, was ja fahrtechnisch mittlerweile kein Problem mehr darstellt...
    Manchmal lasse ich mich zu unüberlegten Äusserungen hinreissen. Das ärgert mich jedesmal. Ich ertappe mich sehr ungern dabei, wenn ich von den Schwänken aus dem Leben des Fünfers ins "politische" abgleite. Ich werde mich bemühen, in Zukunft derartig idiotische Themen zu vermeiden, denn ich glaube eher an Drehspäne als an Worte.

    Trotzdem erlaube ich mir hier einige abschliessende Worte zum Thema "Neureiche". Der Ausdruck ist veraltet und daher unglücklich gewählt. Ich habe Geld gegenüber eine sehr schweizerische, konservative Einstellung. Es wäre sicher schön, wenn man welches hätte, aber das muss nicht unbedingt an die grosse Glocke gehängt werden.

    "Wänns idene, wos guet geit, echli weniger guet gieng, dänn würds idene, wos nid eso guet geit vill besser gah..."
    (Wenn es jenen, denen es gut geht, etwas weniger gutgehen würde, würde es denjenigen, denen es nicht so gut geht, viel besser gehen.)
    Dieser Satz von Mani Matter bringt es recht gut auf den Punkt. Angenommen, ich würde einen grossen Haufen Geld erben, es würde sich eigentlich nichts in meinem Leben ändern. Ich träume zwar von einem Auto der Marke Voisin, würde mir aber deswegen keinesfalls eines kaufen - und dabei einen meiner schönsten Träume ruinieren. Möglicherweise würde ich versuchen, mein Geld in nachhaltige Projekte zu stecken, aber solange auf dieser Welt soviel materielles Leid besteht, würde ich es nicht übers Herz bringen, in ein teuer gekauftes Auto zu steigen.
    "Bescheidenheit ist eine Zier" lautet ein seltsamer Spruch aus alten Tagen. Hiermit sei klargestellt, dass es immer noch Menschen gibt, die diesem Satz Gültigkeit beimessen. Und nur aus diesem Grund mag ich keinen Protz und Prunk. Und darum lege ich auch sosehr Wert darauf, nicht der sog. Oldtimerszene zugerechnet zu werden. Wobei mir schon klar ist, dass das illusorisch ist.

    Ich war in jungen Jahren öfters Gast in der DDR. Auch dort habe ich jedem alten Auto hinterhergestaunt. Ich habe sie noch auf der Strasse gesehen, die alten Horch, die längst von einem über schräge Umwege beschafften Wolgamotor angetrieben wurden, und natürlich die vielen alten DKW, die sich dort in den frühen Siebzigern noch tummelten.
    Diese Autos machten damals nicht viel her im finanziellen Sinn, es gab ja keine entsprechende Champagnergesellschaft, die die Preise in den Himmel onanierte. Wenn ich diese Autos trotzdem herumfahren sah, dann lag das schlichtweg an der Leidenschaft ihrer Besitzer, so ein Auto am Leben zu erhalten. Man konnte damals nicht auf eine Oldtimerindustrie zurückgreifen, gefordert war Einfallsreichtum und gute Beziehungen.
    Diesen Fahrern gilt meine Bewunderung und mein Respekt.

    Diese Zeiten sind wohl langsam endgültig vorbei, aber es gibt immer noch einige Menschen von damals, die wie ich einfach nur gerne an Maschinen herumspielen. Bedauerlich ist aber, dass die Jungen von heute kaum noch einen Zugang zu dieser Wunderwelt aus alten Maschinen, glühendem Metall, Öl und schwarzen Händen geboten bekommen.

    Aber dieser Spruch dürfte in abgewandelter Form für etliche Berufe wie Küfer, Wagner oder Hafner gegolten haben.

    fröhliche Grüsse
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 11.07.2008, 00:20


    5HP im Alltagseinsatz

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    Nachdem es in letzter Zeit eher wenig aus dem Leben mit dem Fünfer zu berichten gab, kann ich jetzt zur Abwechslung mal einen kleinen Reisebericht einstellen. Eigentlich gebietet die Tradition ja, Ententreffen entweder mit einer Ente oder einem Berlingo anzufahren. Da mein Brachialerpel gerade teilzerlegt darauf wartet, dass ich ihm eine schöne, selbstgebastelte Doppelflöte montiere, und mangels Berlingo, beschloss ich, mit dem Fünfer loszufahren. Und zwar richtig ins Ausland ! Das war natürlich eine grosse Herausforderung für ein kleines, altes Auto, das normalerweise in einem kleinen, alten Land herumkurvt.
    Die Reisevorbereitungen waren eigentlich dieselben wie bei einem etwas moderneren Auto, Öl, Wasser und Reifendruck kontrollieren. Dazu noch einen Liter Öl einpacken und eine grosse Flasche Wasser. Das Gepäck fand dann genug Platz im Kofferraum im Bürzel, selbst für den an Ententreffen obligatorischen Klappstuhl war noch genug Raum. Mit halbvollem Tank machte ich mich dann am Samstagmittag auf den Weg in den südlichen Schwarzwald, auf den Dachsberg oberhalb von Albbruck. Ich fühlte mich schon etwas mulmig als ich die Kurbel zur Abfahrt drehte, aber meine Bedenken verflogen rasch mit jedem zurückgelegten Kilometer. Ich hatte mir zwar einen Weg gesucht, der möglichst abseits von Hauptverkehrsachsen liegt, das ist in einem derartig zerknitterten Land wie der Schweiz aber nicht ganz einfach. Meine Befürchtung war in erster Linie, dass ich den übrigen Verkehr spürbar behindern könnte. Es zeigte sich dann aber recht schnell, dass ich mir deswegen keine Sorgen machen musste. In einigen Steigungen konnte ich natürlich nicht wirklich glänzen, aber danach gings ja meistens wieder bergab. Mittlerweile habe ich ja die 80km/h-Grenze geknackt, wenn auch unter Zuhilfenahme einer langen, abschüssigen Geraden...
    Und so ging es gar nicht einmal so lange, bis ich das tat, was jeder vor dem Verlassen der Schweiz noch schnell macht: auftanken. Aber der richtig harte Brocken wartete ja noch auf uns....der Aufstieg auf den Dachsberg durchs Albtal. Das hiess dann 20km Serpentinen bergauf durch den Schwarzwald. Auch diese Strecke absolvierte der Fünfer ohne zu murren, den ersten Gang brauchte ich nur zweimal auf der ganzen Strecke. Keine schlechte Leistung für 11PS, die insgesamt so an die 850kg den Berg raufgeschleppt haben. Erst recht wenn man bedenkt, dass der Motor ja noch der erste ist, also seit nunmehr 84 Jahren seine Kolben ins tosende Benzinfeuer streckt...
    Oben angekommen durfte er erstmal wieder abkühlen, bevor ich Wasser und Öl prüfte. Offensichtlich hatte ihm die Bergfahrt bei dreissig Grad Aussentemperatur ordentlich zu schaffen gemacht, ich konnte dann mehr als einen Liter Wasser nachfüllen. Ich verwende destillatgleiches Wasser, das ich aus einer Lufttrocknungsanlage erhalte. Unser Wasser hier ist recht kalkhaltig, was man besser vermeidet, wenn man Wert auf ein wirklich langes Kühlerleben legt. Dann genehmigte der Motor sich noch einen kräftigen Schluck vom guten alten Premium SAE30, das ich heute als Kompressorenöl beziehe, und schon war er wieder bereit für die nächsten Schandtaten.
    Er machte dann erwartungsgemäss eine recht gute Figur unter seinen jüngeren Verwandten und schien sich auch nicht unwohl zu fühlen, umringt von soviel "modernem" Wellblech.
    Die Nacht verbrachte er dann ordentlich geschlossen neben meinem Zelt und unter einem Sternenhimmel, der seinesgleichen sucht.
    Am nächsten Tag erfolgte dann nach erfolgreichem Startritual ein ausgiebiger Bremsentest in Form der Abfahrt durchs Albtal zurück bis Albbruck. Den bestand er mit Bravour, die Bremsen arbeiteten zuverlässig und ohne Fading. Der Motor mit seinen niedrigverdichteten 850ccm macht als Bremse bergab nicht viel her, darum musste die Bremse recht viel arbeiten. Der Bremser allerdings auch, denn die Bremse hat auch unter Beweis gestellt, dass sie zwar um Welten besser als die originale ist, nichtsdestotrotz bleibt sie aber auf dem technischen Stand der Vierzigerjahre. Und das bedeutet im Alltag, dass sie Kraft braucht.
    Abgesehen von der Bremse braucht es jetzt eigentlich keine Muskelpakete mehr, um den Fünfer zu bewegen. Selbst das Starten mit der Kurbel geht recht leicht, wobei dies ja durch den Kauf einer neuen Batterie vermeidbar wäre. Kraft braucht er erst, wenn man sich einbildet, ihn etwas "schneller" bewegen zu müssen. Wobei es ja durchaus auch Spass macht, ab und zu mal schnell um eine Ecke zu flitzen.
    Auf dem Rückweg hatte ich dann das typische Cabrio-Sonntagssyndrom. Ich hatte mir schon auf dem Hinweg in der prallen Sonne rote Arme zugezogen, auf dem Rückweg hatte ich dann die Wahl zwischen einem totalen Sonnenbrand, der Jacke oder dem geschlossenen Dach. Und wie alle bekloppten Cabriofahrer im Sommer habe ich mich dann für die Jacke entschieden, weil ein geschlossenes Dach bei diesem strahlenden Sonnenschein wäre ja eine Sünde..... Dumm wars trotzdem, denn bei offenem Dach staut sich viel mehr heisse Luft im Innenraum, zusätzlich unterstützt von haufenweise warmer Abluft aus dem Motorraum. Also ideal, um mit einer wärmenden Jacke bei 30 Grad Aussentemperatur heimzufahren. Dabei hätte ich ja nur mal eben anhalten müssen und das Dach hochklappen. Kaum ist es nämlich oben, verwandelt sich die geteilte Windschutzscheibe in eine erstklassige natürliche Klimaanlage und der Fahrer sitzt schattig in einem stetigen kühlenden Luftstrom - solange er fährt.
    An Gelegenheiten zum Weiterprobieren wirds mir wohl eher nicht mangeln, und der Aktionsradius steigt auch stetig...

    fröhliche Grüsse ausm sonnigen Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 15.07.2008, 07:24





    Erstmal herzlichen Dank für das schöne Bild, das beweist, dass zum Führen eines Fünfers kein Bart nötig ist. Leider konnte ich bisher noch keine schöne junge Frau für meinen Hobel begeistern, aber das muss ja nicht unbedingt am Auto liegen...
    In der Tat war der 5HP ja eines der ersten Autos, die auch gerne von Frauen gefahren wurden. Das war sicher eine Folge des niedrigen Gewichts und der hohen Zuverlässigkeit. Auch wurde der Fünfer ja nicht gerade als Sportwagen angepriesen, angesichts seiner elf Pferdestärken war das selbst für eine Werbeabteilung eines Automobilherstellers erstaunlich realistisch !
    Leider war der Benzinverbrauch damals noch kein Thema für die Werbung. Dabei ist der Fünfer diesbezüglich seit 84 Jahren beunruhigend modern. Mit seinem Verbrauch von 5,5 Litern selbst bei relativ forscher Fahrweise dürfte er selbst bei den kommenden Normen in Bezug auf den CO2-Ausstoss gut abschneiden, ganz sicher weitaus besser als der Durchschnittswagen von 2008. Überhaupt wäre es einmal einen Spass wert, den Fünfer auf seine Umweltverträglichkeit zu prüfen. Immerhin besteht er ausschliesslich aus einfach zu recycelnden Materialien wie Stahl und Aluminium, etwas Buntmetallen, sowie Glas, Holz und Kunstleder. Von der Chemie her betrachtet dürften sich am Fünfer kaum 20% der chemischen Elemente eines neuzeitlichen Fahrzeugs tummeln. Vom Herstellungsaufwand her dürfte der Fünfer seinen modernen Kollegen auch einiges voraus haben, immerhin standen damals all die energieintensiven Herstellungsverfahren der Neuzeit noch nicht zur Verfügung.
    Nun beginnt es ja langsam so einigen zu dämmern, dass wir am Beginn einer der grössten Umwälzungen der Menscheitsgeschichte stehen. Man kann es betrachten wie man will, steigende Preise oder sinkender Geldwert, die Folgen davon sind absehbar. Der Fünfer wird möglicherweise einer der am längsten im Einsatz gestanden habenden Wagen mit Kolbenmotor sein, der die ganze Epoche von der Frühzeit bis zum Ende des Ottomotors miterlebt haben wird. Die Vorboten dieser Revolution sind schon überall wahrnehmbar, das erste Opfer dürfte die vernünftige Zurückhaltung in Sachen Kernenergie werden.
    Bedenklich stimmt dabei vor allem, dass die allererste Reaktion auf die steigenden Ölpreise nicht etwa Gedanken zum Thema Einsparungen waren, sondern Diskussionen über die Dochwiedereinführung der Kernenergie. Wobei schamloserweise sogar aufs Hintertürchen verzichtet wird.
    Uns Atomkraftgegnern wird sicher teilweise zu Recht unterstellt, dass wir uns gegen jede Art von neuer Technologie sperren. Ich betrachte die Angelegenheit mittlerweile etwas nüchterner. An der Technologie habe ich grundsätzlich wenig auszusetzen, abgesehen von ihren Abfallprodukten, die kommende Generationen belasten werden, ohne ihnen nur den Hauch eines Nutzens zu bringen. Meine grundsätzliche Kritik richtet sich eher an die Spezies, die Kernenergie betreibt. Ich halte den Homo Sapiens schlicht für einen zu unzuverlässigen Betreiber für derartige Technologien, jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt.
    Der Fünfer hat in seiner Lebensdauer schon mehr verschiedene Regierungsformen erlebt, als ich in meinem ganzen Leben Steuererklärungen ausgefüllt habe. Was zugegebenermassen ein schlechter Vergleich ist...
    Fahren tut er deswegen aber keinen Deut schlechter, warum sollte er auch ? Er scheint im Moment kerngesund zu sein, sogar die schlappe Batterie hat sich wieder soweit erholt, dass ich ihn auch mit dem Anlasser starten kann. Das Fahren gestaltet sich jetzt, wie bereits mehrfach erwähnt, sehr problemlos, die starke Vorderbremse erlaubt einen recht modernen Fahrstil, um es mal vorsichtig auszudrücken.
    Letzthin wurde ich abends nach Hause verfolgt. Immerhin über fast 20km, immer dieser seltsame dunkle BMW hinter mir. Ich hatte noch extra auf die Tube gedrückt, um ihn vielleicht doch noch irgendwo im Verkehr abhängen zu können, aber irgendwie hatte das dann nicht so wirklich geklappt. Wahrscheinlich ist der Fünfer doch etwas zu auffällig, um diskret in der Menge unterzutauchen. Vielleicht hätte ich das mit den Karostreifen doch besser unterlassen. Jedenfalls stellte es sich dann heraus, dass der Fahrer des BMW auch einen Fünfer hat, allerdings einen zerlegten, der seit zehn Jahren aufs Weitermachen wartet. Was mich angesichts des Anspruchs des Besitzers, alles wie neu oder noch besser zu machen, nicht erstaunte.
    Und einmal mehr habe ich mich klammheimlich gefreut, dass meinem Fünfer nie sowas passiert ist...

    fröhliche Grüsse, voll öko und low-tech,
    Oliver

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    Eine klärende Antwort bezgl. der "Rallye-Streifen

    Hallo Oliver,

    habe deine Geschichten über den Fünfer mit viel Freude gelesen. Nachdem ich rein zufällig darüber gestolpert bin, konnte ich nicht mehr davon lassen bis ich alles durchgelesen hatte.
    Wie in so manchen anderen Dingen hattest du recht mit deiner Vermutung.
    Ist tatsächlich ein Fiat. In Gaston Band 5 fand ich nicht nur die Episode mit dem Kreuzworträtsel, sondern auch eine Zeichnung in der die Kühlerplakette so einigermassen leserlich FIAT auf rotem Grund zeigt.
    Offensichtlich handelt es sich um einen Fiat 509. Das Internet ist in solchen Dingen tatsächlich eine grosse Hilfe und so fand sich sogar ein Foto. Irgendein anderer Freund von Franquin hat seinen Wagen tatsächlich entsprechend lackiert, auch wenn er sich nicht ganz an das "Kreuzworträtselformat" gehalten hat stimmen die Dimensionen mit den Zeichnungen doch ganz gut überein.



    Gebaut wurden die von 1925-26. Also altersmässig durchaus noch im Rahmen.
    Ein 4Zylinder Reihenmotor, ohc, 990ccm mit 22PS, von denen bei Lagaffe wohl nicht mehr alle vorhanden sind, zumindest schafft er im Comic die vermeintlichen 78km/h Höchstgeschwindigkeit soweit ich mich erinnere immer nur mit diversen Hilfsantrieben.

    Hoffe damit auch mal ein wenig zur Verbreitung der Kenntnis über die alten Schätzchen beigetragen zu haben.

    Freue mich schon auf die nächste 5er Episode.



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 03.08.2008, 01:11




    Hier vielleicht mal ein Bild, wenn meine Internetkenntnisse dafür ausreichen...
    Eigentlich würde der Fünfer ja auch recht gut zu Gaston passen. Wer sonst würde sich einen Eintürer zulegen ?
    Das Dilemma beim Eintürer ist logischerweise die Frage, auf welcher Seite man die Tür anbringt. Auf der Fahrerseite hätte in Bezug aufs Mitführen von diversem Geraffel nur Vorteile. Auch für Passagiere wie unsere kleine Tochter, die prinzipiell als erste einsteigen möchte, wäre das sinnvoller. Man könnte sich dann auch die Turnübungen bzw. fremde Hilfe beim Einladen von zwei Kästen Bier sparen. Wobei der Spass beim einsamen Ausladen meistens noch viel grösser ist. Man stelle sich die verzweifelte Situation des Fahrers vor, der wegen zwei Kästen Bier nicht mehr aus seinem Auto aussteigen kann. Bei Bier noch einigermassen erträglich, bei zwei Kisten mit Bohnendosen hingegen wäre das definitiv eine Tragödie ! Aber auch damals machte man sich schon einige Gedanken zum Thema Sicherheit. Und so wurde die Tür auf der Beifahrerseite montiert. Es existieren allerdings auch einige zeitgenössische Bilder, die den Fünfer als Zweitürer zeigen.
    Wie dem auch sei, Gaston hätte seine Freude an diesem Fahrzeugkonzept gehabt...

    Ich gebe es zu, ich habe eine reichlich stupide Lieblingsbeschäftigung. Ich geniesse es ungemein, mit möglichst eigenartigen Fahrzeugen mehr oder weniger sinnlos in der Gegend herumzufahren. Die gegenwärtige Entwicklung, sei es in wirtschaftlicher Hinsicht oder in Bezug auf steigende Energiekosten, lässt erahnen, dass dieses Hobby nicht wirklich zukunftsträchtig ist. Ich vermute, dass sich kommende Generationen mit weniger Kilowatt zufriedengeben werden müssen, um ihr Dasein auf unserer blauen Murmel angenehmer zu gestalten. Wobei weniger Kilowatt ja nichts Negatives sein muss, vorausgesetzt, wir lernen endlich, die grösste Energiequelle dieses Planeten zu erschliessen.
    Wer jetzt auf neue Technologien tippt, der irrt. Ich meine damit die bisher leider noch sehr zaghaft angewandte, aber in ihrem Potential allen bekannten Energiequellen haushoch überlegene menschliche Intelligenz.

    Wenn wir heute vor einem wunderschönen Vorkriegswagen der Oberklasse stehen, dann ist uns eher selten bewusst, in welch schwierigen Zeiten diese Autos entstanden, und was sie beim damaligen Betrachter wohl für Emotionen weckten. Und gerade da bekommt der Ausdruck "Vorkriegswagen" plötzlich einen eigenartigen Doppelsinn. Um das jetzt wieder zu erklären, muss ich ein wenig ausholen. Zuerst einmal muss ich dem beliebten Gerücht widersprechen, dass die alten Autos noch für die Ewigkeit gebaut worden seien. Die werksmässig geplante Lebensdauer eines 1938er Ford lag bei sechs Jahren, worin er sich nicht wesentlich von seinen Mitbewerbern unterschied. Und den Erbauern der noch älteren Autos der Frühzeit wurde beinahe monatlich durch Neuentwicklungen vor Augen geführt, wie vergänglich ihre Produkte waren. Der technische Fortschritt war gerade in den frühen Jahren des Automobils ungemein rasant. Und so hätte sich wohl kaum einer der Erbauer meines Fünfers angemasst zu behaupten, er baue Autos für die Ewigkeit - aber auch keiner aus der edlen Fabrik in Molsheim.
    Dieser Hintergrund wirft ein etwas anderes Licht auf die automobilen Wunderwerke der Dreissigerjahre. Diese waren damals trotz des teilweise sehr erheblichen Aufwandes zu ihrer Herstellung, und trotz aller Finessen bei Konstruktion und Ausführung, für einen zeitlich begrenzten Einsatz gedachte Ge- und Verbrauchsgegenstände. Nun hatte mein Fünfer ja 1924 den stolzen Gegenwert von etwa vier Jahressalären eines Normalverdieners gekostet, obwohl er eines der billigsten damals erhältlichen Autos war. Und so dürfte eines der richtig teuren Autos damals weitaus mehr als den Gegenwert eines besseren Einfamilienhauses repräsentiert haben.
    Und nun stelle man sich das ganze Treiben vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise der Dreissiger vor, als Hunger allgemein ein recht guter Bekannter war. Mir stellt sich da die Frage, wie die Menschen damals wohl mit dem Anblick dieser Autos umgegangen sind. Aber um auf den Anfang dieses Thema zurückzukommen: mir scheint, dass dieser automobile Wahnwitz sehr gut zum Vorabend des grossen vaterländischen Krieges passt. Und darum empfinde ich den Ausdruck "Vorkriegswagen" neuerdings als reichlich doppelsinnig - und möglicherweise sogar auf aktuelle Autos anwendbar.
    Nach einigem Nachdenken bleibt mir eigentlich nur der Schluss, dass es uns heute erstaunlich gut geht. Trotzdem oder gerade erst recht beobachte ich die Dekadenz des heutigen Automobilbaues mit sehr wachsamem Blick...

    frohe Grüsse aus der Alpenreplik,

    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 03.08.2008, 01:12


    Ich habs gewagt ! Letzten Samstag bin ich einer nebulösen Eingebung folgend übern Berg nach Zürich gefahren, in die grosse Stadt. Aber erstmal der Reihe nach.
    Mittlerweile erstaunt es mich ja nicht mehr sosehr, dass meine Autos mit zunehmendem Alter zuverlässiger sind. Der Fünfer scheint dem die Krone aufsetzen zu wollen. Wenn man sein Startritual einhält, läuft er normalerweise schon nach einer halben Kurbeldrehung an. Das Fahrgefühl ist ja bekanntlich mittlerweile recht annehmbar und er lässt sich jetzt ohne die bekannten Ängste vor schnell auftauchenden Hindernissen auch im dichtesten Verkehrsgewühl bewegen. Daher hatte ich meiner samstäglichen Furzidee nichts entgegenzusetzen und schwenkte von meinen üblichen Routen nach rechts ab, auf eine Strasse, die den sog. Albispass überquert. Die Bezeichnung als Pass scheint noch aus den Jugendjahren des Fünfers zu stammen, es bedarf jedenfalls eines derartigen Geräts, um den Albis noch als Pass zu erleben. Mit einem moderneren Fahrzeug genügt ein kurzes Husten in den Vergaser, um diese Bodenwelle zu überwinden. Aber mit dem Fünfer ist das halt ganz anders, man kämpft sich jeden Meter höher und hofft, dass man oben ankommt, bevor der Kühler kocht. Wir hatten das dann auch gerade mal so hingekriegt, und ich machte mich gleich auf die Fahrt den Pass hinunter. Bis vor nicht allzu langer Zeit hätte ich dabei Blut und Wasser geschwitzt, jetzt aber konnte ich wie ein fast normales Auto runterkurven, von einer Haarnadelkurve zur nächsten, und erst dort bremsen, wo anständige Leute mit richtigen Bremsen heute bremsen. Dass sich das auch auf die gefahrene Durchschnittsgeschwindigkeit auswirkt ist ein angenehmer Nebeneffekt, auch für diejenigen, die hinter mir fahren müssen.
    Und so fand ich mich schon nach erstaunlich kurzer Zeit mitten im Verkehrsgewühl unserer einzigen helvetischen Grosstadt. Was natürlich ein Witz ist, denn genausogut könnte man Bielefeld als Grosstadt bezeichnen. Aber immerhin zieht es jeden, der sich in der Schweiz für urban hält, in die grosse Stadt, und so hat es dort natürlich auch ganz viele Autos.
    Der Fünfer hat unter anderem die Eigenheit, dass er, profitierend von einer seltsamen Regelung, noch keine Blinker hat. Dafür zieren zwei wunderschöne Zeiger seine Windschutzscheibe, die anscheinend recht gut sichtbar ausklappen. Jedenfalls hatte ich auch im dicksten Stadtverkehr keinerlei Probleme, und mithalten konnte ich allemal.
    Irgendwie ist es schon etwas absurd, wenn man sich so im Getümmel von vielen grossen, geländegängigen Fahrzeugen umzingelt sieht, während man selber gerade feststellt, dass für diese Art von Verkehr sogar eine achtzigjährige Billigschwarte völlig ausreicht...
    Mein Benzinverbrauch bewegt sich dabei im Rahmen zwischen fünf und sechs Litern. Also auch noch vertretbar im Sinne der kommenden Normen.
    Man fühlt sich allerdings schon etwas exponiert, wenn man so hoch auf dem gelben Wagen durch die Stadt fährt, aber das dürfte Gewöhnungssache sein.
    Schliesslich strandete ich beim botanischen Garten, der natürlich gerade geschlossen hatte. Da ich sonst eigentlich keine wirklichen Anziehungspunkte in Zürich kenne, habe ich trotzdem erstmal Pause gemacht und die Gelegenheit zu einem Gespräch mit einem Eingeborenen genutzt. Davon trage ich nun die Erkenntnis mit mir herum, dass zuviel Stadt wohl ähnliche Folgen hat wie zuviel Fernsehen. Jedenfalls hatte ich danach einen guten Grund zum Losfahren und freute mich, dieselbe Strecke, die ich vor zwei Jahrzehnten mit 160 gefeilt bin, mit knapp 60 hinter mich zu bringen.
    Jetzt steht der Fünfer wieder in seiner Garage und bereit für die nächsten kleinen Fluchten...

    Gruss ausm Süden,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 17.08.2008, 12:06


    Alte Autos sind ein wunderbares Medium, um Menschen kennenzulernen. Ich mache diese Erfahrung auch regelmässig auf meinen krummen Touren. Leider haben wir hier in der dichtbesiedelten Zentralschweiz kaum noch Landstrassen sechster Klasse, aber ich kenne mittlerweile sogar einige offizielle Hauptstrassen, die noch keinen Asphaltbelag aufweisen.
    Es stimmt schon, die Erfahrung muss man selber gemacht haben. Der Punkt ist, dass einem dabei bewusst wird, dass der Schritt vom Nichtfahrer zum Fahrer eines noch so lächerlichen Motorfahrzeugs weitaus grösser ist, als der Unterschied zwischen einem schnellen und einem langsamen Fahrzeug. Hat man das erstmal begriffen, dann steht dem genüsslichen Langsamfahren nichts mehr im Weg. Die Momente häufen sich, wo ich irgendwo in der Landschaft herumknattere und mich dabei einfach nur am Fahren freue. Wobei die Geschwindigkeit keine Rolle spielt, solange sie nicht so hoch wird, dass sie mich vom Fahrgenuss abhält.
    Bei dieser Art zu fahren entsteht ein ganz anderes Verhältnis zur Fahrmaschine. Man verwendet die ohnehin bis in die Reifen reichenden Nerven des Fahrers nicht mehr um das Fahrzeug bis an seine Grenzen zu treiben. Im Gegenteil, man gewöhnt sich einen etwas gemächlicheren, dafür aber weitaus materialschonenderen Umgang mit der Maschine an, man hört auf jedes Geräusch und bemüht sich, die Maschine sich so wohl wie nur möglich fühlen zu lassen. Der Fünfer dankt das dann mit einer sehr ruhigen und komfortablen Fahrt und lässt dem Fahrer genügend Musse, um sich an der langsam vorbeiziehenden Landschaft zu erfreuen.

    Letzten Donnerstag hatte der Fünfer sozusagen seinen grossen Tag, er musste zur technischen Abnahme. Die hat er eigentlich mit Bravour bestanden, der Prüfer zeigte sich sogar sehr angetan von meinem Achsumbau. Aber der Teufel hatte mich geritten und ich hatte meine Kühlerfigur draufgelassen. Leider ist die Dame anscheinend gefährlich, möglicherweise hatte der Prüfer ja schon schlechte Erfahrungen mit einer ähnlich aussehenden Dame gemacht, jedenfalls wurde sie beanstandet. Wobei der Experte und ich uns absolut einig waren, dass solche Teile ja normalerweise fünf Minuten nach dem Vorführen ohnehin wieder montiert werden.
    Glücklicherweise hatte ich noch die Batterie gewechselt. Dank der neuen, frisch geladenen war der Fünfer das erste Auto, das ich mit korrekt funktionierender und eingestellter Beleuchtungsanlage vorgeführt habe. Meine Bemerkung, dass dies das erste Auto von mir sei, bei dem beide Kennzeichenleuchten funktionieren, fand Anklang bei den versammelten Prüfern.
    Meinem Eyperten muss ich ein grosses Kompliment machen, er fand sich auf Anhieb mit der alten Technik zurecht und hatte keinerlei Probleme bei der Probefahrt. Allerdings muss ich nochmal hin, ohne meine Kühlerfigur...

    Um mal eben den berühmten Blick über den Tellerrand zu werfen und eventuell dem einen oder anderen Leser den Mund wässrig zu machen, erlaube ich mir hier noch ein kurzes Abschweifen. Der Fünfer hat nämlich einen Jahrgangskollegen bekommen in Form eines wunderschönen Motorrads. Die Geschichte hat ihren Anfang eigentlich schon vor dreissig Jahren genommen, als ich zum ersten Mal vor der Werkstatt von Ernst Baltisberger stand. Damals war er sechzig und betrieb eine Fahrrad- und Motorradwerkstatt, die er inklusive Werkstatteinrichtung von seinem Vater übernommen hatte. Ich war schon damals als Jungspund sehr angetan von den transmissionsgetriebenen Maschinen und den uralten, mir damals grösstenteils unbekannten Werkzeugen, die jede Ecke seiner Werkstatt überfüllten. Im Lauf der Jahre lernte ich dann auch seinen beinahe unerschöpfichen Teilevorrat kennen und schätzen. Wo sonst würde man die fehlende Abdeckung eines heute ultraseltenen Motors von 1921 finden ? Oder die passenden Trittbretter zum Motorrad dazu ?
    Jedenfalls hat sich im Lauf der Jahre eine kleine, aber gut gepflegte Freundschaft entwickelt. Ernst ist heute neunzig und steht immer noch in seiner Werkstatt...
    Aus unerfindlichen Gründen - jedenfalls wenn man ihm gegenübersteht - hat er sich dazu entschlossen, seine Motorradsammlung abzubauen und in gute Hände weiterzugeben. Und da komme wieder ich ins Spiel, ich hatte nämlich unheimliches Glück und konnte vor zwei Wochen mit einer frisch erworbenen Wanderer 184ccm mit einem liegenden Einzylinder-Vierventilermotor nach Hause fahren. Das Glücksgefühl scheint direkt proportional zur technischen Finesse und Seltenheit des Geräts, es hält auch nach zwei besinnlichen Wochen noch unvermindert an.
    Natürlich hatte die Sache auch einen Haken. Der Motor war nämlich kaputt, er liess sich kaum noch drehen. Das Motorrad selber wurde vor vielen Jahren optisch restauriert, daher kann ich auf Lackierarbeiten und Neuvernickeln verzichten. Zudem ist es in einem wunderschönen petrolblau lackiert, mit schwarzen Felgen. Bis auf den Motor und die leider fehlende Sattelstützfederung ist es komplett und gesund. Die Sattelstützfederung werde ich anhand einiger Bilder nachfertigen.
    Und der Motor ist mittlerweile geheilt. Die Kurbelwelle war kräftig verbogen, liess sich aber im grossen Drehbank mit Messuhr und Bleihammer wieder richten. Die Ursache des Schadens war schnell gefunden, der Motor war ohne Öl gelaufen. Wahrscheinlich wurde das Öl damals bei der Neulackierung abgelassen, da das Motorrad in den letzten vierzig Jahren definitiv nicht zum Strassenverkehr zugelassen wurde.
    Abgesehen von der geradegebogenen Kurbelwelle habe ich dann gleich noch die Spuren eines mehr oder weniger langen Motorradlebens getilgt, als da wären: Nockenwellen und einige Lagerschalen nachgeschliffen, Schlepphebel plangeschliffen, uralten Bodensatz aus dem Gehäuse gekratzt und selbiges gereinigt und sehr vorsichtig aufpoliert. Ausserdem habe ich den Zylinder frisch schleifen und honen lassen und neue Kolbenringe aufgetrieben. Als nächstes steht das liebevolle Einschleifen der vier Ventile an, und zum Schluss werde ich der Schwungscheibe eine neue Mitte verpassen. Der Konus der Nabe ist nämlich soweit ausgeschlagen, dass schon ein Blech zwischengelegt werden musste. Möglicherweise tut da auch schon lange nicht mehr das originale Schwungrad seinen Dienst, wer weiss ? Jedenfalls ist die nicht gerade schwache Nabe so stark aufgeweitet und verzogen, dass nur der Einbau einer neu gefertigten Nabe Abhilfe schaffen kann.
    Allerdings, aller Vorfreude zum Trotz: diese Maschine ist weder als besonders schnell noch als besonders zuverlässig in die Geschichte eingegangen. Aber der Anblick der vier in freier Luft arbeitenden Ventile alleine ist mir den Spass schon wert. Und es wäre ja gelacht, wenn ich das Ding dann nicht doch zum anständigen Fahren bewegen könnte.

    Dies das Wort zum Sonntag.

    dazu einen kompletten Satz fröhliche Grüsse,

    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 23.09.2008, 06:28

    AW: 5HP im Alltagseinsatz
    Neues aus dem harten Alltag eines kleinen alten Autos ! Heute war Nachkontrolltermin, ich musste den Fünfer nochmals vorführen, wegen einiger kleiner Mängel. Die Kühlerfigur, auch liebevoll Kühlerschlampe genannt, wich kurzfristig einer kräftigen Flügelmutter, und das Detail mit der Rahmennummer konnte auch zufriedenstellend geklärt werden. Es fiel dem Experten zwar zuerst schwer zu glauben, dass der Fünfer keine im Rahmen eingeschlagene Nummer trägt - viele Schabspuren am Chassis belegten zudem, dass er in dieser Hinsicht auf eine lange Reihe von Vorgängern zurückblicken durfte. Aber ein vorgängiger Anruf beim wirklichen 5HP-Experten Willy Schafroth hatte mich mit dem nötigen Wissen versehen und ich konnte in der Folge den Experten überzeugen. Somit haben wir wieder für sechs Jahre Ruhe und können uns wieder dem wesentlicheren widmen. Allerdings ist es mir beinahe peinlich, hier keine grossen mechanischen Abenteuer präsentieren zu können. Der Fünfer ist momentan kerngesund und läuft so, wie man es von einem zuverlässigen alten Auto erwartet.

    Und so erlaube ich mir momentan ganz andere automobile Spässe.

    Zum Beispiel darf ich ab und zu mal mit einem lieben Kumpel mitfahren, wenn er alte Mercedes anschauen geht. Dabei ergeben sich regelmässig recht spassige Szenen. Der Hintergrund ist sehr oft derselbe: ein mehr oder weniger netter Opa und eine Familie, die den Platz braucht, den Opas alter Rostbenz verstellt. Der Opa hat dann netterweise die letzten Reparaturen mit Sprühdose und Roller kaschiert und murmelt etwas von wegen immer topgepflegt. Dann kommt meist noch der obligatorische Hinweis auf die mitgelieferten Ersatzteile, natürlich alles solche, die ohnehin nie kaputtgehen und auch gar nicht fehlen. Zum Schluss kommt dann immer eine situationsgerechte Preisvorstellung, aber was soll's, ich lasse mich ja gerne in der Schweiz herumchauffieren. Und da mein Kumpel panische Angst vor meiner Ente hat, geniesse ich eine Heckflosse samt passendem Chauffeur. Der vorletzte Verkäufer hat dann den Motor noch eben angelassen und dann gemeint, dass die extrem fette weisse Rauchwolke nur beim Kaltstart auftrete. Aus Rache habe ich dann beim letzten, als er die Haube öffnete, gefragt, ob das noch ein Zweitakter sei...

    Soviel von einem an sich recht öden Montag, nur so als Lebenszeichen,

    Gruss

    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 23.09.2008, 11:41


    Hallo Oliver,

    ich weiss, es gehört nicht unbedingt zu deinem Erfahrungsbericht deines 5HP aber angeregt durch deinen Satz "Und da mein Kumpel panische Angst vor meiner Ente hat" möchte ich dir eine Gegebenheit (die ich aber auch nicht missen möchte) erzählen.

    Vorwort
    Ich bin seit Jahren Fan des gediegenen Automobilismus. Nicht wegen des Image. Nein, wegen der Zuverlässigkeit, dem Platzangebot und der Robustheit die die alten grösservolumigen Karren nach über 40 Jahren immer noch an den Tag legen. Alles wirkt ruhig und gediegen. Ich geniesse den rund 6 Bierdosen grossen Hubraum und das leise Blubbern, dass man bei geöffnetem Fenster vernehmen kann. Genau so, wie die vermeintliche Sternenwerbung bei der die Hektik eines morgenländlichen Basar´s und dem Schliessen der Fahrzeugtüre zu bestaunen ist. Man fühlt sich einfach zuhause.

    Der Erlebnisflug mit einem aussergewöhnlichen Federvieh

    Kürzlich kam ein, man könnte schon sagen, wirklich guter Kumpel zu mir nach Hause und fragte mich „Hast du Lust auf eine Fahrt in meiner Ente“. Ich sagte zu ihm „Ja, OK, ich bin schon lange keine Ente mehr geflogen“.

    Gesagt, getan. Ruck zuck fand ich mich auf dem Beifahrersitz des Federvieh´s wieder. Jugenderinnerungen kamen hoch, denn ich besass auch solch ein Gefährt in meiner Sturm- und Drangzeit. Ja, damals hat das Fahren mit dem 2CV 6 richtig Spass gemacht. Das Fluggerät meines Kumpels ist mit allerlei Extras ausgestattet. "Sonderlackierung" inkl. 10jahrigem Korrosionsschutz den die Marke Audi meines Wissen zum erstem Mal bei Personenkraftfahrzeugen anwendete, LKW Standarten (die mit den weissen Kugeln drauf), einem Kühleremblem samt Kühlerfigur das auf die gallische Fahrzeugmarke hinweist, senffarbenem Kunstledergestühl und einiges mehr. Ein richtig cooles Gefährt, dachte ich mir. Aufgrund der anderen Platzverhältnisse und meinen zierlichen ausmassen von rund zwei Zentnern noch die Seitenscheibe nach oben geklappt, den Ellebogen schwungvoll auf der Türe abgelegt und die Fahrt konnte wegen mir beginnen. Mein Kumpel schwang sich jetzt gekonnt auf den Fahrersitz. Das Gefühl das sich ergab, als er sein Gewicht auf sein Sitz verlagerte, war wie ein Erdbeben der Klasse 12. Das Federvieh hatte jetzt durch unser beider Gewicht eine schon fast satte, wenn auch bestimmt nur optische Strassenlage. Schlüssel in das Schloss und ein kurzes „URG URG URG“ und der kleine Boxer surrte wie ein Bienchen. Wieder kam diese Gefühl meiner Jungspundzeit nach oben. Einfach herrlich. Wer ein Döschwo kennt, weiss wie der Schaltknüppel aussieht und wie man diesen beim Schalten in der Hand hält . Wer es nicht kennt, sollte sich einem Pistolenheld vorstellen, der die Pistole mit dem Lauf nach unten hält. Daraus lässt sich auch schliessen, das 2CV Fahrer(innen) fiedliche Zeitgenossen sind, denn kein Mensch könnte so eine Geschoss mit einer Pistole abfeuern. Der erste Gang ist eingelegt, ein leichter Gasstoss und das Entchen setzt sich in Bewegung. Jetzt tritt mein Kumpel das Gaspedal durch. Das Entchen entpuppt sich als Wildente. Nein, sogar zum wütendem Ganter. Es presst mich in das Kunstledergestühl und es ist infernalisch laut im Entenhaus. Der zweite Gang wird eingelegt. Die übergrossen Schubkarrenreifen suchen nach halt auf dem Asphalt und pfeiffen ein langes Lied. Die Schwerkraft drückt mich wieder in dem Sitz. Die Bestie vorne im Motorraum gibt invernalische Geräusche von sich. So, als ob eine Hundertschaft von Paukenschlägern und Trommlern auf dem Graugussgehäuse des Motors ihre Wut auslassen. Wieder ein Schalten, diesmal aber nur ein kurzer Pfiff als Gruss von den Reifen aber die Schlagzeuger im Motorraum machen weiter und steigern wieder die Lautstärke. Dann kommt eine Kurve. Ein beherzter Tritt des Geflügelbändigers auf das Bremspedal, ein Tritt auf die Kupplung, die Pistole aus dem Motorraum gezogen und das Federvieh senkt brüllend seine Motorhaube als würde sich der Wildgewordene Ganter, wenn auch lautstark, an die Kurve anschleichen. Dann das einlenken. Das Entenhaus folgt der Schwerkraft und ich sitze gefühlte ein Meter über der Strasse. Es pfeifft wieder aufgrund des Kampfes der Reifen gegen die Schwerkraft. Mein Kumpel gibt wieder Gas. In der Entenbrusst toben wieder die Trommler und es presst mich wieder in das Entengestühl. Die Kupplung wird getreten und an der Pistole geschoben. Das Federvieh schreit und stürmt nach vorne. Schwindelerregende Drehzahlen erreichen die Trommler in der Entenbrust. Wieder Kupplung, Revolver gezogen und ich werde in den Sitz gepresst. Bäume und Leitplanken rasen an mir vorbei. Oh sch... da kommt eine rechts/links Kombination von Kurven. Ich rutsche tiefer im Sitz.. Ich taste nach Haltegriffen. Aber es gibt keine. Meine Hände krallen sich am Gestühl fest. Ich würde jetzt so gerne schreien, aber dann erschrecke ich meinen Kumpel. Also unterlasse ich es. Beisse mir auf die Lippen. Die Fuhre neigt sich nach Recht, dann nach Links. Mein Magen und mein Ballast abwerfen. Es kommt im Anschluss zum Glück eine Gerade. Ich atme tief durch. Dann entschwinden mir die Sinne. Die Bäume, Leitpfosten, Häuser, alles sausst an mir vorbei wie im Traum. Ich füge mich meinem Schicksal und habe mit meinem Leben im Seelenfrieden abgeschlossen. Als ich wieder habwegs zu Bewusstsein kommen, komischer Weise ohne eine Plessuren weder an mir noch an der Ente, sind wir am Ziel. Mit weichen Knien und flauem Gefühl in der Bauchgegend verlasse ich das Entenhaus. Allzu gerne würde ich jetzt den Erdboden vor mir küssen, aber ich bin nicht der Papst. Ich unterlasse es, zumal es sich bei unserem Ziel um ein bäuerliches Anwesen handelt. Ich unterhalte mich mit meinem Kumpel der mir jetzt offenbart, das die Ente, wirklich ein tollwütiger Ganter mit ca. 50 % mehr Leistung ist. Dann schiesst mir ein Gedanke durch den Kopf.... die Rückfahrt .....

    Es kostet mich einige Überwindung, wieder mit meinem Kumpel in seiner Ente zu fahren. Ich werde es tun, denn es hat auch irgend wie Spass gemacht ....

    Oliver, halte uns weiter auf dem Laufenden mit deinem 5hp. Deine Erlebisse zu lesen macht einfach Spass.


    Gruss KalleWirsch



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 16.11.2008, 09:22


    Hallo mal wieder !

    Nach einer Ruhephase melde ich mich auch mal wieder. In letzter Zeit war ich mit einem relativ modernen Auto sehr beschäftigt, ich durfte mit meiner Ente an einem Oldtimer-Bergrennen mitfahren. Adrenalin pur...!

    Henri Labourdette gilt als der Schöpfer der sogenannten Skiff-Karrosserie, die die erste Modewelle in der Welt der Autokarrosserien auslöste. Diese Karrosserieform war leicht an ihrer Verwandtschaft zum Bootsbau zu erkennen, gerade Labourdette hat seine Skiffs meistens sogar mit Mahagoni beplankt, was dann erst recht Ähnlichkeit mit Booten hatte. Der Hintergrund dieser hinreissenden Karrosserieform waren aus dem Bootsbau übernommener Leichtbau und - man höre und staune - Aerodynamik. Es war wahrscheinlich das erste Mal, dass der Windschlüpfrigkeit einer Karrosserievariante Beachtung geschenkt wurde. Dass diese Karrosserieform in Wirklichkeit alles andere als windschlüpfrig war, lag in erster Linie an den damals noch weitgehend unbekannten Regeln der Aerodynamik. Als die ersten Skiffs 1912 fuhren, sahen Flugzeuge noch wie mit Leintüchern behängte Wäscheständer aus.
    Rückblickend halte ich die Karrosserieform des Skiffs für eine der allerschönsten je gebauten.
    Während Carrossiers wie Labourdette meist recht teure Chassis mit ihren Spezialaufbauten versahen, hatte der Einfluss des Skiffs auch schnell Einzug bei relativ normalen Autos gehalten. Wo aber die Karrosserie des ersten Skiffs, eines Panhard-Levassor, nur gerade 180 kg wog, waren dann die modischen Nachahmer aus Blech doch etwas schwerer. Ein schönes Beispiel davon hat uns Marc mit seinen Bildern von Lipsheim gezeigt, ein anderes hinreichend bekanntes Massenprodukt mit Bootsheck ist der Fünfer. Wobei man sich keinen Illusionen hingeben darf: in Sachen Eleganz konnte es der Fünfer nie mit seinen oft doppelt so langen Vorbildern aufnehmen. Er wirkt eher wie eine gutgemeinte Persiflage dieser stilvollen Karrosserien. 1925 war es dann aber schlagartig vorbei mit der nautischen Herrlichkeit. Die Mode schwenkte zugunsten eines praktischeren, breiten Hecks um und liess Autos mit Spitzheck und obendrein fehlenden Stosstangen ungemein alt aussehen.
    Gleichzeitig setzten sich geschwungene, runde Kotflügel durch, und der Schwiegermuttersitz hielt Einzug. Vierradbremsen und gesteigerte Motorleistungen taten dann noch ihr Teil dazu, den Fahrer von der Notwendigkeit eines Neukaufs zu überzeugen.

    Der Renault NN hatte in der automobilen Welt ungefähr denselben Stellenwert wie der Fünfer. Heute fristet er leider ein Schattendasein, obwohl es noch recht viele davon gibt. In Sachen Zuverlässigkeit und Anwenderfreundlichkeit dürfte er dem Fünfer in nichts nachstehen. Was ihn letztendlich etwas weniger beliebt als seine Konkurrenten gemacht hat, dürfte die eigenwillige Frontgestaltung sein, auch wenn diese damals schon seit vielen Jahren ein bestens eingeführtes Markenzeichen von Renault war. Aber die Mode ging in Richtung beeindruckender Kühlermasken und hat sich so eigentlich bis heute gehalten.

    Nun noch zu einem kleinen Seiltanz, nämlich der Frage betreffend Anwendung von Drehbänken, Fräsmaschinen und ähnlichem Geraffel. Der beste Rat, den ich dazu geben kann, ist: man suche sich einen willigen Kumpel mit einer gutausgerüsteten mechanischen Werkstatt.
    Wers aber unbedingt auf die harte Tour machen will, dem kann ich zunächst Folgendes vermitteln: Dreher war früher ein sehr geachteter Beruf, der eine vierjährige Lehre voraussetzte. Dies aus einem recht einfachen Grund: zum Drehen braucht es recht viel Fachwissen und obendrein noch viel Fingerspitzengefühl. All das lässt sich jedoch lernen, auch damals gab es viel Fachliteratur. Alte Mechanikerhandbücher sind oft recht umfangreich und tauchen regelmässig in Buchantiquariaten auf. In der Regel sind sie nicht teuer und erscheinen dem Laien unheimlich langweilig. Manche sind noch in Fraktur gedruckt, und die allermeisten sind reich illustriert. Und wenn auch die dort abgebildeten Maschinen nochmals einige Generationen älter sind als die, die wir heute recyceln, so hat sich an den grundsätzlichen Techniken wenig geändert.
    Von der blinden Anschaffung eines Drehbanks aus irgendeinem Dünnpapierprospekt aus einer Oldtimerzeitschrift würde ich erstmal abraten. Wenn ein Drehbank halbwegs etwas taugen soll, dann lässt er sich nicht für 2000 Euro herstellen, um die halbe Welt verschiffen und dann auch noch gewinnbringend verkaufen. Mit denselben 2000 Euro lässt sich aber mit etwas Glück und Geduld ein gut ausgerüsteter Drehbank aus den Sechzigern oder Siebzigern finden. Damals gab es recht noble "konventionelle" Maschinen und die Unterklasse stellten italienische "Billigprodukte" dar, die gegenüber dem heute üblichen immer noch auf einem sehr hohen qualitativen Niveau stehen.
    Das Schlimme an Werkzeugmaschinen ist, dass ihr Zubehör erstens umfangreich und zweitens teuer ist. Die wahren Schnäppchen unter den gebrauchten Werkzeugmaschinen verfügen daher über einen gut gefüllten Zubehörschrank.

    Ich verdanke mein Fachwissen und den sicheren Umgang mit Werkzeugmaschinen verschiedenen Faktoren. So habe ich schon als Zehnjähriger im elterlichen Betrieb am Drehbank Serienteile gefertigt. Und auch wenn ich nie einen richtigen Beruf gelernt habe, ich lebe seit bald zwanzig Jahren mehr oder weniger direkt von meinen vier Drehbänken und einer Fräsmaschine. Nebst vielen alten Büchern verdanke ich mein heutiges Wissen aber vor allem dem gepflegten Umgang mit älteren Mechanikern, denen ich jahrelang regelmässig über die Schulter schauen durfte.
    Es würde den Rahmen eines Postings definitiv sprengen, jetzt tiefer auf die Anwendung von Werkzeugmaschinen einzugehen. Da es aber über den Fünfer momentan relativ wenig Weltbewegendes zu berichten gibt, wäre es schon eine Überlegung wert, diesen Thread mal einige Zeit in diese Richtung laufenzulassen. Ich denke da an eine Art halbwegs methodisch aufgebauten kursähnlichen Gelabers, das den Leser im Zusammenhang mit Beispielen aus dem Alltag des Fünfers an die vernünftige Anwendung von Werkzeugmaschinen heranführt.
    Ganz sicher gibt es bessere Mechaniker als mich, aber ich habe doch zwei entscheidende Vorteile: mangels fachlich korrekter Ausbildung beherrsche ich die für unser Hobby ungemein wichtige Kunst der Improvisation - und ich schreibe. Sogar relativ gerne.
    Falls diese Idee auf Widerhall stösst, sei es hier als Antwort oder per PN, mache ich mir gerne weitere Gedanken zum Thema. Ich habe seltsamerweise schon einige fachlich weniger anspruchsvolle Referate gehalten und möchte mir die Arbeit lieber nur machen, wenn dies wirklich einem Bedürfnis entspricht...

    Zum Schluss noch ein Highlight aus dem Leben des Fünfers. Er hat ein neues Spielzeug bekommen, beleuchtete Richtungsanzeiger in Form von orangen Pfeilen in einem schwarzen Kasten, die ich hinten anbringen werde. Die Dinger sahen auf dem Tisch am Teilemarkt derart hässlich aus, dass sie keiner haben wollte.

    Gruss ausm Süden,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 16.11.2008, 09:32


    Ich begrüsse die aktuelle Finanzkrise als offensichtlich einzige wirksame Möglichkeit, uns wieder ein wenig auf den Boden zurückzuholen. Vor kurzem bin ich über die Tatsache gestolpert, dass die Klasse der sog. Geländewagen in den letzten zehn Jahren insgesamt mehr Treibstoff verheizt hat, als alle Autos der Welt zusammengenommen in der Zeit von 1900 bis zum zweiten Weltkrieg. Wer jetzt aber befürchtet, dass ich die Gelegenheit missbrauche, um die üblichen Sprüche gegen SUVs vom Stapel zu lassen, der irrt. Die Realität arbeitet da weitaus effizienter und schneller als alle Kritiker übermässigen Energieverbrauchs.
    Der Fünfer schert sich jedoch einen Deut um die aktuelle Krise, was angesichts der vielen Krisen, die er schon mitgemacht hat nicht weiter erstaunt. Sein Rezept ist die Bescheidenheit. Er braucht wenig Platz, hat kaum unnötige Bauteile dran und seine Betriebskosten sind auch minimal. Damit hat er die Weltwirtschaftskrise von 1929 überstanden, konnte sich erfolgreich gegenüber allen Rohstoffgewinnungsmassnahmen des zweiten Weltkriegs behaupten, überdauerte die Wirtschaftswunderjahre, in denen ein altes Auto weniger galt als ein Busbillet, die sog. Krisen der achtziger und neunziger Jahre, den Oldtimerboom und jetzt wohl auch diese anstehende Krise. Bescheidenheit ist halt doch eine Zier...
    Der Seitenhieb auf den Oldtimerboom kommt natürlich nicht von ungefähr. Meine Abneigung gegen das pseudoelitäre Gehabe der Oberklasse der sog. Oldtimerbesitzer ist ja nicht ganz unbekannt. Und nicht weniger irrelevant, denn wann begegnet man den wirklich teuren Oldtimern schon in freier Wildbahn ? Mein Herz schlägt dann höher, wenn ich ein älteres Auto sehe, dessen Besitzer es mit wenig Geld, viel Liebe und schwarzen Fingern am Leben erhält. Es macht angesichts der augenscheinlichen Unberechenbarkeit des Zeitlaufes wohl auch kaum ernsthaft Sinn, sich Gedanken über die langfristige Zukunft unseres Hobbys zu machen.
    Was mir aber weitaus sinnvoller erscheint, ist das Wissen vergangener Tage am Leben zu halten. Da dieser Spass mit recht viel Aufwand verbunden ist und zudem ordentlich Platz braucht, wenigstens was die Bilder betrifft, habe ich zunächst den Admin um seine Meinung und Zustimmung angefragt. Die Starterlaubnis wurde mir dann umgehend erteilt...
    Herzlichen Dank dafür.

    Und so wird hier nächstens eine Art fröhlichen Kurses zum Thema Anwendung von Dreh- und Fräsmaschinen vor dem Hintergrund der Teilefertigung für den Fünfer stattfinden. Als "Lehrmaschinen" kann ich eine Deckel FP1 Fräsmaschine bieten, sowie verschiedene Schaublin 102VM Drehbänke. Damit lässt sich ein recht weites Anwendungsspektrum abdecken, ausserdem entsprechen diese Maschinen genau der Ausrüstung einer Lehrwerkstatt der späten sechziger Jahre. Ein ganz besonderes Augenmerk werde ich dem Thema Improvisation widmen, denn die wenigsten verfügen über ein so gut sortiertes Werkzeugsortiment wie wir hier in unserer mechanischen Werkstatt.
    Jetzt habe ich mir wieder ein nettes Ziel gesetzt...

    fröhliche Grüsse trotzdem,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 26.11.2008, 00:51


    Wie das Leben so spielt...

    Jetzt kann ich doch gleich aus aktuellem Grund meinen Senf zur Frage wegen dem heutigen Benzin abgeben. Aber schön der Reihe nach...
    An sich bin ich mittlerweile in Bezug aufs Internet ein fauler Hund. Und so hechle ich längst nicht mehr durch alle möglichen Seiten auf der Suche nach irgendwelchen Schätzen vergangener Tage. An kalten Winterabenden kann so ein Monitor aber manchmal schon ganz schön wärmen. Mir ist heute jedenfalls richtig heiss geworden, als ich nach langer Zeit wieder einmal auf Ebay nach Teilen zum 5HP stöberte. Da war doch tatsächlich eine "culasse Ruby, type Ricardo" zu haben. Um das Weitere aufs Wesentliche zu reduzieren: ich habe den Zylinderkopf ergattert. Dabei handelt es sich um einen Zylinderkopf aus dem Zubehörhandel, der über Brennkammern nach Ricardo verfügte. Diese sind nach dem englischen Ingenieur Sir Harry Ricardo benannt, der die Leistung seitengesteuerter Motoren mit einer besonderen Geometrie des Zylinderkopfs und der daraus resultierenden Verwirbelung der Brenngase optimierte. Diese Erfindung wurde um 1918/19 patentiert und war also damals, als der Fünfer noch jung war, hochmodern. Abgesehen vom Vorteil der höheren Leistung führte der Zylinderkopf nach Ricardo zu geringerem Verbrauch.

    In Sachen Klopffestigkeit muss ich mir wirklich keine Sorgen machen. Der Motor dürfte auch noch mit 60 Oktan laufen. Allerdings gibt es wohl einen anderen Unterschied zwischen dem Benzin früherer Tage und dem heutigen. Ich habe öfters zu grosse Düsen alter Vergaser durch kleinere ersetzt, damit die zugehörigen Motoren anständig zum Laufen kamen. Der Fünfer ist mir ja am Anfang auch im Leerlauf abgesoffen. Da ich noch nie zu kleine Düsen angetroffen habe, dafür aber sehr oft zu grosse, nehme ich an, dass das Benzin von heute entweder schneller abbrennt oder mehr Brennwert besitzt. An sich nichts Unangenehmes, zumindest sinkt der Verbrauch bei angepassten Düsen auch spürbar. Was die Leistung betrifft...das wissen die Götter. Mir fehlt dazu jede Vergleichsmöglichkeit, und ich kenne mich mit Rasenmähern auch zuwenig aus, um die Leistung eines 11PS-Motors aus dem Handgelenk beurteilen zu können.
    Aber ich freue mich schon ungemein auf meinen frisierten Zylinderkopf, der natürlich auch noch mit einiger Tücke verbunden sein wird. Die erste wird der Riss sein, die zweite dann aber gleich die Frage, ob die zweifach gelagerte Kurbelwelle mit der Mehrleistung fertigwird. Und dann steht sicher auch gleich das Thema Lager an...
    Allzuviel Mehrleistung möchte ich der alten Kurbelwelle nicht zumuten, obwohl....wenn sie faul wäre, hätte sie ja lang genug Gelegenheit gehabt, das auch zu zeigen. Im Moment wirken 2,75PS pro Zylinder, und das auch nur bei heissem Motor. Etwas Reserven müssten da schon noch drinliegen...

    So ganz nebenbei bereite ich mein Gelaber zum Thema Drehen und Fräsen vor. Ich werde in den nächsten Tagen damit beginnen, Euch mit faulen Sprüchen zu Drehbänken und durchgedrehten Drehern ins Rotieren zu bringen... An praktischen Beispielen scheint es mir ja nie zu mangeln.

    frohe Grüsse ausm kalten Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 07.01.2009, 08:50


    Mahlzeit !

    Die gute Nachricht zuerst: der Zylinderkopf ist wohlbehalten eingetroffen und es ist der Typ 5b, also der zu meinem Motor gehörige. Typ5a wäre vom Vorgängermodell gewesen.
    Somit ist vorerst für weitere Arbeit gesorgt.
    Da ich gerade beruflich stark ausgelastet bin, konnte ich in letzter Zeit herzlich wenig schrauben. Das wird sich aber in den nächsten Tagen schlagartig ändern. Weiteres dazu folgt in Kürze.
    Ich habe die Zeit aber nicht unnütz verstreichen lassen. So habe ich mich weiter um die Wiederauferstehung meines Wanderer-Motorrads gekümmert. Obwohl das Ding hier im Forum nichts zu suchen hat, wird es doch als Beispiel für einige Teile dienen müssen, die ich an Drehbank und Fräse gebastelt habe.
    Ausserdem hatte ich wiedermal genügend Zeit, um einige ketzerische Gedanken zu pflegen. Natürlich gehts dabei wieder um moderne Zeiten und alte Vehikel. Um das zu erklären muss ich aber etwas ausholen und das heimische Terrain verlassen. Und zwar in eine sehr seltsame Richtung, nämlich in die Wunderwelt der Schreibmaschinensammler. Ich gebe es ja nur ungern zu, aber ich war auch einmal von diesem Virus befallen. Aber das ist längst verjährt, und ich habe auch nur noch einige recht stinknormale Schreibmaschinen behalten. Aber wie der Zufall so spielt, liess ich mich dazu hinreissen, wiedermal an ein Sammlertreffen mitzufahren.
    Wer nun hinter dem Begriff "Schreibmaschinensammler" einen extremen Korinthenkacker vermutet, liegt genau richtig. Aber das ist nicht der eigentliche Punkt. Auch nicht, dass ich mich glücklicherweise ganz ordentlich danebenbenommen habe - sogar mit indirekter Unterstützung der sehr gutbürgerlicheidgenössischen Wirtin des Lokals. Die hat mir angesichts meines übelriechenden, konischen Rauchgeräts sofort unaufgefordert und mit breitem Grinsen einen Aschenbecher in die Hand gedrückt. Wie zu erwarten wurde ich dann nach wenigen Minuten diskret durch den Präsidenten aufgefordert, etwas weniger übelriechend zu rauchen, weil gewisse Damen sich beklagt hätten. Ich schmetterte dies ab mit dem Einwand, dass gleichentags der Direktor der drittgrössten Schweizer Bank Selbstmord verübt hatte. Das zog, und die ursprüngliche Entrüstung wich einem eher beiläufigen Verständnis. In der Zwischenzeit hatte der 66jährige Kerl neben mir fröhlich weiter an meiner Tüte geraucht. Um jetzt aber keinen falschen Eindruck von der Schweiz entstehen zu lassen, komme ich wieder auf den harten Boden der Tatsachen zurück. Mir fehlte nämlich die rosarote Brille des Sammlers, und so nahm ich die unheimlich exklusiven, seltensten und unerhört sammelnswerten Maschinen in erster Linie als das wahr, was sie wohl in Wirklichkeit auch sind. Vorwiegend unbrauchbare Fehlkonstruktionen, die sich allenfalls gerade mal ein Jahr auf dem Markt behaupten konnten. Das macht sie für Sammler zwar sehr interessant, in historischer Hinsicht taugen die allermeisten Schreibmaschinensammlungen höchstens der Illustration der Sammelwut einiger Bemeitleidenswerter aus den letzten Jahrzehnten. Keinesfalls zeigen diese Sammlungen aber die Realität, wie sie damals in der Bürowelt herrschte. Die heute besonders begehrten Objekte sind selten...logisch, wer sammelt schon Sandkörner. Selten sind sie aber, weil sie entweder technisch oder kommerziell auf einem schlechten Fuss standen. Die wenigen Maschinen, bei denen beides stimmte, dominierten dann für ein halbes Jahrhundert die Schreibtische. Natürlich sind diese Maschinen viel zu profan, als dass sie für einen Sammler, der auf sich hält, 40cm im Regal wert wären.
    Und wenn schon ? Wenn da nicht das dumme Detail wäre, dass diese Sammlungen vorwiegend der Befriedigung der persönlichen Eitelkeiten von Sammlern dienen, aber nur einen geringen historischen Wert besitzen. Nun ist das Ganze ja wahrscheinlich reichlich unwichtig, und ich schaue eigentlich viel lieber unserem Zwerghamster beim Gähnen zu, als ich mir Gedanken über Schreibmaschinensammler mache. Aber das Thema hat mir dann doch keine Ruhe gelassen und ich habe einige Gedanken auf die "Oldtimerszene" übertragen.
    Diese versucht sich ja gegen Aussen auch regelmässig dadurch zu rechtfertigen, dass sie sogenanntes Kulturgut erhält. Ich habe dann mal die letzten Oldtimertreffen vor meinem geistigen Auge Revue passieren lassen....und dachte plötzlich wieder an Schreibmaschinen. Bei solchen Treffen könnte man ja leicht den Eindruck gewinnen, die Autowelt vergangener Tage sei von Sportwagen und Cabriolets dominiert worden. Dazu könnte man sehr leicht zur Ansicht bewegt werden, dass die Autos von damals immer in fast neuwertigem Zustand aufgetreten seien. Die Wirklichkeit damals dürfte sich aber nicht sosehr von der unsrigen unterschieden haben, die Mehrheit waren recht langweilige Viertürer, und nur ein relativ kleiner Prozentsatz waren Neuwagen. Die allermeisten Autokäufe damals wie heute waren Gebrauchtwagen.
    Da der Originalitätswahn ja neuerdings nicht mal mehr vor einer Ikone des selbstgebastelten Zeitgeists wie dem 2CV haltmacht, möchte ich die ganze Verlogenheit dieses Treibens mal von meiner Warte aus beleuchten. Und hoffe, dass mir das wenigstens ein Stückweit gelungen ist.
    Die Quintessenz meiner Beobachtungen hingegen ist, dass man sich nichts einreden lassen sollte, wenn man ein altes Fahrzeug zum Spass bewegen möchte. Da ich meine Fahrzeuge nicht angeschafft habe, um sie später möglichst gewinnbringend an den Mann zu bringen, kann ich mir einige Spässe erlauben, ohne es mit der Originalität allzu genauzunehmen.

    Nun ist das wiedermal ganz schön viel Gelaber und hat augenscheinlich wenig mit dem lange angekündigten Thema Drehen und Fräsen zu tun. Und doch, gerade bei diesen Arbeiten muss man immer mal wieder irgendwelche Kompromisse eingehen. So war es mir beispielsweise schlicht unmöglich, die defekte Lagerschale bei meinem Motorrad in gleich schlechter Ausführung wie damals anzufertigen. Dazu fehlen mir schlicht die Mittel.

    Die Welt ist absurd und der Sinn des ganzen Treibens ist es anscheinend auch. Da will ich nicht zurückstehen...
    Aber was das grosse Thema Drehen und Fräsen betrifft, so werde ich in den nächsten Tagen beginnen, mit einer kurzen Werkstoffkunde und dem Thema Messwerkzeuge. Ohne diese beiden Voraussetzungen geht in meiner Branche nichts. Das hatte der Autor meines Mechanikerhandbuchs von 1909 übrigens auch so gesehen und ihnen auch die ersten Kapitel gewidmet. ("Der Mechaniker", Hilfs- und Lehrbuch für Werkmeister, Vorarbeiter, Arbeiter und Lehrlinge der Maschinenbranche und verwandter Berufsarten, Verlag Edward Edwin Meyer, Leipzig - Aarau - Stuttgart 1909 - allerdings fehlt dort das Thema Aluminium noch... Solche und modernere Bücher tauchen ab und zu auf Flohmärkten und in Brockenhäusern auf.)

    Nun denn, auf ein nächstes Mal,

    Gruss ausm Süden,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 08.01.2009, 22:47


    Seid geerdet, Grüsslinge !

    nachdem mir dieser unsäglich langatmige Fred mittlerweile auch einigen Spass bereitet, bin ich auch recht froh, dass er jetzt doch noch etwas leichter auffindbar umgetopft wurde. Ich hätte ja anfänglich nie geglaubt, dass er sich solange hinziehen könnte. Immerhin kenne ich Autogeschichten ja auch vorwiegend aus den einschlägigen Schundheften, wo jeden Monat zu irgendeinem Auto einige wenige Seiten gefüllt werden, damit die Werbung nicht ganz so dominant wirkt. Ich schätze mal, dass es mir gelingen könnte, ein ganzes Buch nur zu einem einzigen Auto zu schreiben, und dabei würde ich mich ja nichtmal als ausgesprochenen Bünzli oder Füdlibürger bezeichnen. Soviel zu den Zuständen hier am Alpenrand.

    Den Fünfer bewege ich momentan nur in Ausnahmefällen, also an Tagen, wo die Strassen trocken und salzfrei genug sind. Jahreszeitgemäss mit geschlossenem Verdeck, zugeklappter Frontscheibe und hochgezogenen Seitenfenstern. Irgendwie scheint das aber von der Aerodynamik her ungünstig zu sein, im Gegensatz zum offenen Fahren im Sommer drückt jetzt keinerlei warme Luft vom Motorraum her in die Kabine. Das ist gemein und wahrscheinlich unheimlich authentisch. Trotzdem würde es mich interessieren, wie die Fahrer damals mit diesem Problem umgegangen sind. Frostschutz für den Kühler gab es damals ja schon, also muss es auch irgendwelche Beheizungsmöglichkeiten gegeben haben. Dicke Kleidung alleine dürfte ja nicht Jedermanns Sache gewesen sein, gerade im urbanen Verkehr wäre man damals mit einer Eskimoverkleidung irgendwie aufgefallen. Andererseits dürften gerade die Fondspassagiere teurer Limousinen Wert auf einen gewissen Komfort und Eleganz gelegt haben.

    Ansonsten kann ich vom Fünfer momentan nichts berichten, dafür gehts mit der Dreherei bald weiter.

    Gruss,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 10.01.2009, 18:40


    Was die Leute so alles lesen....ich weiss nicht, ob ich den Nerv hätte, mein Gelaber selber an einem Riemen durchzulesen. Aber vielleicht habe ich ja wirklich einen sensationell interessanten Fred gestartet und es schlicht selber nicht gemerkt.
    Ich komme gerade wiedermal von einer Ausfahrt mit dem Fünfer zurück. Es ist mit -4° draussen etwas kälter als es am 1. Januar war, da schien sogar die Sonne. So habe ich heute zur Sicherheit drei statt zwei Pullover übereinandergezogen, meine stilvolle Bommelmütze montiert und bin los, ins samstägliche Verkehrsgetümmel. Wenn man das richtige Auto dabeihat, macht sogar das Spass. Noch schleiche ich mit meinen 11PS und verblüffe manch modernen Autofahrer mit Beschleunigungsphasen, deren Dauer sich an den Mondphasen orientiert. Aber der "schnelle" Zylinderkopf liegt schon bereit, ich muss nur noch einen Satz Stehbolzen und passende Muttern drehen. Der Umbau selber ist dann ein Kinderspiel. Mal sehen...ich kenne ja einen Fahrer eines solcherart aufgemöbelten Motors, er behauptet, dass zwischen 11 und 15PS Welten liegen. Als Entenfahrer weiss man, dass es gerade bei einer etwas ungünstigen Aerodynamik auf jedes Watt ankommt.
    Im Moment fiebere ich heftig dem morgigen Tag entgegen. Es geht wiedermal um ein altes Auto, was sonst...? Der Zufall hat mich über ein schlecht plaziertes Inserat stolpern lassen, und so gehts morgen nach Genf. Dort steht, wenn mich nicht alles täuscht, eine sehr gut erhaltene schwarze Limousine Jg 1933. Einige Details auf den Bildern sprechen dafür, dass der Wagen noch fast neuwertig dasteht, wohl noch nie Opfer des Oldtimergewerbes wurde. Dagegen spricht - und das dürfte bisher alle Interessenten abgeschreckt haben - dass der Wagen 1982 aus Uruguay importiert wurde und seither nie gefahren ist. Aber wenn man es genau überlegt, so war 1982 noch eine recht harmlose Zeit, der Oldtimerboom begann Jahre später, und so ist die Chance recht gross, dass ich auf ein kerngesundes Auto stossen werde. Bericht folgt. Jedenfalls wäre es so eine grosse, schwarze Limousine im AlCapone-Stil. Möglicherweise ist das Fernsehen nicht ganz unschuldig, ich habe als Heranwachsender oft die alten schwarzweissen Folgen der "Unbestechlichen" um Elliot Ness gesehen. Nicht weniger beeindruckend fand ich das Finale des Films "Road to Perdition", auch eines Gangsterepos der Dreissiger aus aktueller Produktion. Besagte wundervolle Szene spielt sich in einer verregneten Häuserschlucht ab, wo Tom Hanks alias Sullivan auf äusserst stilvolle Weise einen ganzen Mafiaclan umnietet. Dabei sind nebst der beinahe poetischen Kameraführung auch zwei Requisiten erwähnenswert: die Tommygun und der Pierce-Arrow. Ein Stimmungsbild vom Schönsten...
    Es ist schwer zu sagen, ob die momentane wirtschaftliche Stimmung ein Vorteil ist oder nicht. Vermutlich ist das Auto für einen lächerlichen Betrag zu haben, trotzdem habe ich meiner Frau wohlweislich noch nichts davon erzählt...
    Mal schauen, was ich morgen abend zu berichten habe.

    In der Zwischenzeit wünsche ich einen gepflegten Samstagabend,

    Gruss, Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 13.01.2009, 00:14


    Ich bin ja trotzdem der Ansicht, dass meine Talente eher in Richtung Arsch abfrieren gehen. Das habe ich heute auch sehr ergiebig getan, jetzt sitze ich aber vor dem warmen Rechner, unser Zwerghamster pennt glücklich in meinem Ärmel und die Welt ist soweit eigentlich wieder ganz in Ordnung.
    Bis auf ein dummes Detail: ich habe wiedermal ein Auto mehr...
    Aber schön der Reihe nach. Vor rund einer Woche bin ich über ein Inserat im Internet gestolpert, wo ein 1932er Rockne 75 angeboten wurde. Rockne war eine der vielen kurzlebigen amerikanischen Automarken, dahinter verbarg sich eigentlich die Firma Studebaker.
    Im Lauf der Jahre habe ich einen Instinkt für ausserordentliche Gelegenheiten entwickelt. Die wenigen Bilder im Internet liessen in mir den Verdacht keimen, dass der Wagen in einem ausgezeichneten Originalzustand dastehen könnte. Irgendwie erkenne ich sogar auf relativ schlechten Bildern, ob ein Lack alt oder aus neuerer Zeit ist. Die Nahaufnahme des Kühlers zeigte einen gesunden, aber mit den feinen Kratzern eines langen Lebens versehenen Chrom. Dazu die Geschichte, dass der Wagen vorgängig im mittlerweile wieder geschlossenen Musée Internationale de l'Automobile in Genf gestanden hat, zudem wie gesagt 1982 aus Uruguay importiert wurde.... Ich hatte mir das dann in meinen jugendlichen Phantasien so zusammengereimt, dass damals, vor dem grossen Oldtimerboom, nur wirklich aussergewöhnliche Autos aus Südamerika hierher verschifft wurden. Da die Marke Rockne zwar selten, aber halt weder bekannt noch gesucht ist, vermutete ich einen besonders guten Zustand...

    Nun kommt aber der Hammer. Der Tacho steht bei 06350km...

    Der Witz ist, dass da keine Ziffer vornedran fehlt. Der Wagen muss noch fast neu perfekt eingemottet worden sein. Der schwarze Lack ist noch der erste, glänzt fast wie neu wenn man ihn anpoliert, hat nur wenige Macken und sogar noch sämtliche goldenen Zierlinien drauf. Das Interieur ist mit einem unheimlich dicken Wollstoff ausgerüstet, der abgesehen von etwas Grauschleier noch kerngesund ist. Einzig im Dachhimmel hatte es wohl einige kleine Löcher, die säuberlich mit Flicken abgedeckt wurden. Fehlen tun an dem Auto einzig der Scheibenwischerarm und der Anlasser. Beides sollte sich eigentlich leicht finden lassen.
    Neue Reifen habe ich auch schon eine ganze Auswahl gefunden, zwar doppelt so teuer wie originale Entenreifen, aber dafür auf Wunsch auch Weisswand. Sogar derselbe Typ, der vorher auch auf dem Fünfer war, ein optisch sehr schöner Firestone. Ich vermute allerdings, dass ursprünglich schwarze Reifen montiert waren und werde das wohl auch so handhaben.
    Da der Verkäufer weit über Erwarten mit sich über den Preis reden liess, habe ich jetzt nicht nur eine stilvolle Mafialimousine, sondern auch noch genug Geld für einen Satz Reifen und zwei Jahre Tanken übrig.
    Und weil der Wagen über keinen bekannten Namen verfügt und zudem nur eine langweilige Limousine ist, hatte sich offensichtlich innert eines ganzen Jahres niemand gefunden, der den Gegenwert einer mehrbesser restaurierten Ente dafür ausgeben wollte. Finde ich toll, echt !

    Wer nun Befürchtungen hegt, dass der Fünfer jetzt deswegen in den Hintergrund treten wird, dem sei versichert, dass das wahre Opfer dieser Aktion wohl eher der Ponton sein wird. Je länger ich mich damit befasse, umso lieber wird mir die Vorkriegstechnik.
    Damit ziehe ich mich in eine schlaflose Nacht zurück und wünsche

    einen angenehmen Wochenanfang,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 29.01.2009, 00:46


    Weihnachten ist vorbei und der Bodenkontakt stellt sich langsam wieder ein. Die Vorbereitungen fürs nächste Kapitel laufen auch schon auf Hochtouren, diesmal wird es um die wichtigste Voraussetzung für alle Dreh- und Fräsarbeiten gehen: das Messen.

    Vielleicht ist jetzt ein guter Zeitpunkt für einen selbstkritischen Jahresrückblick...
    2008 war ein besonders erfolgreiches Jahr in Bezug auf die Mineralölvernichtung. Meine verschiedenen Zerknalltreiblinge haben mir dieses Jahr kaum ernsthafte Sorgen bereitet, und der Fünfer geniesst jetzt offiziell den Titel "zuverlässigstes Fahrzeug von allen". Das Rezept dafür ist denkbar einfach, es besteht darin, dass damals vieles, was später regelmässig kaputtging, noch nicht erfunden war.
    Mein Verhältnis zur sogenannten Oldtimerszene entspannt sich übrigens etwa in dem Mass, in dem Spielzeugautohändler an Teilemärkten Überhand nehmen. Dieses Jahr musste ich mich allerdings schon recht zurammenreissen, um nicht dauernd im falschen Moment zu grinsen. Ob ich das nochmal so hinkriegen werde....? Jedenfalls hat diese Ansammlung wilder Gestalten, fast alle mit schweren Lederjacken voller Spuren eines bewegten mobilen Lebens, viel unkontrollierter Gesichtsbehaarung und feuchtem Blick, mich zutiefst bewegt - wie sie sich vor den Ständen mit den Spielzeugautos drängelten.
    Auffallend war auch, dass an diesen Märkten kaum je Frauen und Kinder auftauchen. Das ist bei meinem Anhang nicht anders, allerdings ist das kein Grund sich zu grämen. Es wäre mir weitaus unangenehmer, wenn unser Sohn sich mit seinen dreizehn Jahren mehr für Vergaser als für Mädels interessieren würde.

    Gestern lud ein strahlend blauer Himmel zum blödsinnigen Herumfahren ein. Da ich die wenigen Verwndten hier in der Gegend längst erfolgreich vergrault habe, lag kein Schatten eines Verwandtenbesuchs über dem ganzen herrlichen Wintertag. Und so packten wir uns warm ein und machten uns auf den Weg nach Nirgendwo. Zwei Wollpullover, eine Jacke und darüber ein Mantel, Handschuhe und einen Schal um die Ohren, damit sollte es sich aushalten lassen. Ein kräftiger Nordwind sorgte dafür, dass die ohnehin schon unter dem Gefrierpunkt liegende Temperatur noch kälter empfunden wurde.
    Und so holperten wir mal wieder über drittklassige Feld- und Waldwege und zogen dabei einen weiten Kreis in der Landschaft. Der strahlende Sonnenschein verführte uns schon recht bald zum Öffnen des Verdecks. Wesentlich kälter wurde uns deswegen nicht, jedenfalls nicht bis der Wind uns dann von der Seite in die Ohren pfiff. Um die Authentizität der Fahrt dann noch auf die Spitze zu treiben, lagen mehrmals umgeknickte Bäume im Weg, die es dann zu umfahren galt. Dabei musste ich dann feststellen, dass die elf Pferdestärken des Fünfers wohl eher nicht ausreichen würden, ihn aus eigener Kraft aus einem Loch zu ziehen, darum ersparte ich uns Experimente auf Äckern und nahm den längeren Umweg.
    Im Wald trifft man trotz Fahrverbot oft auf gutgelaunte Spaziergänger. Das erhöht die gefühlte Geländegängigkeit des Fünfers ungemein. Er wird auch an Orten gern gesehen, wo ein moderner Geländewagen längst von wütenden Spaziergängern mit Rauhfaserdackeln beworfen würde. Die einzigen, die ihn regelmässig mit bösen Blicken strafen, sind die vielen Reiter in unseren Wäldern. Dabei fahre ich immer in Schleichfahrt, wenn ich einem Pferd begegne. Seit der unseligen Geschichte mit dem Alphorn und dem Reiter bin ich sehr vorsichtig und werde mich wohl frühestens nach Ablauf der Verjährungsfrist wieder mit einem Alphorn in unseren Wald wagen.
    Aber ich schmiede gleichzeitig auch böse Pläne.... Wir haben hierzulande recht saubere Strassen, dank Robidog, einem nicht mehr aus dem Schweizer Strassenbild wegzudenkenden grünen Sammelkastens für Hundescheisse. Diesem Gerät verdanken wir nebst sauberen Strassen auch manch lustigen Moment, Nichthundehalter schauen immer besonders interessiert zu, wenn Hundehalter mit gezieltem Griff in die Scheisse....ähm...und wehe, einer greift nicht !
    Jedenfalls ist der Robidog patentiert, der Robiross aber noch nicht...

    fröhliche Grüsse aus dem grauen Süden,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 29.01.2009, 00:47


    M11x1, Gewindeaussendurchmesser 10,8mm...

    So heisst mein sonntägliches Ärgernis. Nach zwei Tagen Gebastel habe ich nämlich immer noch kein derartiges Gewinde in meinen Lagerkonus geschnitten. Dafür aber schon zweimal Scheisse gebaut. Und das nur, weil ich keinen Innengewindestahl in der passenden Grösse habe. Was macht man in solchen Fällen ? Keine Frage, man bastelt sich selber einen schönen Gewindebohrer, härtet diesen anschliessend und schneidet fröhlich in einem Durchgang das gewünschte Gewinde. Das klingt so einfach wie es wäre...wenn es da nicht die üblichen Hindernisse gäbe. Den ersten Gewindebohrer habe ich verbockt weil ich meinem Materiallager vertraut habe. Schliesslich stellte sich dann aber heraus, dass sich eine Stange rostfreier Stahl ins Lager vom Silberstahl geschmuggelt hatte, und genau die hatte ich erwischt. So habe ich äusserst liebevoll aber umsonst einen weichen Gewindebohrer gebastelt, die Enttäuschung nach dem Härten war recht herb. Beim zweiten Mal war die Ausführung dann etwas weniger liebevoll, und siehe da...es hat auch nicht geklappt. Jetzt ist mir das Spiel zu blöd und ich besorge mir einen geeigneten Innengewindestahl, mit dem ich das Gewinde direkt in den neuen Lagerkonus meines alten Motorrads schneiden kann.
    Typisch daran ist allenfalls wiedermal die Tatsache, dass in einem unsichtbaren Teil wie einem Lagerkonus schliesslich zwei Tage Arbeit stecken...und die grosse Klappe, mit der ich verkündete, eben "mal schnell" einen neuen Lagerkonus zu bauen.
    Autofahren ist heute leider eine recht profane Tätigkeit, und die Tatsache, dass es bis vor hundert Jahren noch ein grosser Menschheitstraum war, scheint längst vergessen. Die Ausstattung moderner Autos übertrifft diejenige menschlicher Behausungen um ein Weites. Der moderne Fahrer geniesst selbst in einem billigen Kleinwagen mehr Komfort als der Fahrer eines Luxuswagens der Vorkriegsära. Den Reiz der Fahrmaschine bieten moderne Autos aber nicht. Erheblich schuld daran ist die Erfindung des Silentblocks, also der Gummipuffer zwischen Antrieb und Karrosserie. Dies wurde mir bei meiner letzten Fahrt mit dem Fünfer bewusst, als ich einige Tests im Schnee unternahm. Das Festfahren gehörte übrigens nicht dazu, wahrscheinlich sind die Räder dafür schlicht zu gross.
    Der Fünfer war eindeutig kein Reisewagen. Dafür ist er zu klein und hat zuwenig Leistung. Mit zwei Personen an Bord und etwas Gepäck dürfte ein Fünfer damals selbst für Pferdegespanne ein Hindernis gewesen sein. Ich erinnere mich dabei an die Steigung auf den Horben, wo ich alleine im Auto sass, ohne Gepäck, und dachte: jetzt ein Kasten Bier im Heck, und ich würde nicht raufkommen. Ich hatte mich sozusagen von einer Zündung zur nächsten den Berg hinaufgehangelt. Und auch wenn der Motor bei dampfmaschinenartig niedrigen Drehzahlen noch arbeitet, er überhitzt dabei nur blödsinnig.
    Das Revier des Fünfers ist eindeutig die Stadt. Für die innerorts gefahrenen Geschwindigkeiten ist seine Motorisierung völlig ausreichend, und dank seiner Dimensionen findet sich immer irgendeine Parklücke. Der Stauraum ist für den städtischen Einsatz völlig ausreichend, viel mehr als die berühmten zwei Kästen Bier lässt sich aber nicht mitnehmen.
    Diese Beschreibung passt auch auf ein weitaus moderneres Fahrzeug....den Smart. An sich ein recht schräger Vergleich, aber vom Stellenwert in der automobilen Gesellschaft her gesehen durchaus zulässig, finde ich. Selbst in punkto Verbrauch sind sich die beiden recht ähnlich... Sollte das einem jetzt zu denken geben ?
    Klar, so ein Smart bietet sicherheitstechnisch gesehen ein besseres Fahrgefühl, kann auch auf der Autobahn mithalten, und er ist halt einfacher zu fahren und komfortabler. Zudem ist das Fahren damit so anspruchslos, dass die meisten sich aus purer Verzweiflung ein Radio einbauen lassen. All diese Vorteile erkauft man sich aber durch Inkaufnahme eines gigantischen Rückschritts, der sich darin äussert, dass Smart nicht in derselben Farbe wie Dixiklos erhältlich sind. Zu gross wäre die Verwechslungsgefahr.
    Ich bin recht froh, dass mich kein langer Arbeitsweg dazu zwingt, mich auf moderne Autos angewiesen zu wähnen. Die zwanzig Meter über den Hof mache ich locker mit dem Fahrrad, schon nur aus gesundheitlichen Gründen.
    Dies mein Wort zum Sonntag, heute zum Thema Design oder Nichtsein,

    Gruss,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 29.01.2009, 00:49


    Nix Rockne....

    Dafür eine Geschichte mit dem seltsamen Gerüchlein, das Typen wie mich zuverlässig in die Flucht schlägt. Bis gestern mittag war eigentlich alles so wie es abgemacht war. Die Lieferadresse nochmals bestätigt, viel Geld bereitgelegt zur vereinbarten Zahlung bei Übergabe, eine vorausgehende Überweisung hatte der Verkäufer ja abgelehnt.
    Dann die Überraschung heute morgen beim Kontrollanruf, ob der Transport schon unterwegs sei: er habe mich gestern abend um elf noch unbedingt anrufen wollen, ich sei aber nicht drangegangen. Und so habe er das Auto jetzt wieder zur Auktion ins Internet gestellt.
    Dazu dann noch einige eigenartige Sprüche von wegen er habe keine Eile, das Auto zu verkaufen. Die Auktion hatte er allerdings schon um neun gestartet.
    Irgendwie kommt mir die ganze Geschichte mittlerweile recht eigenartig vor und die Einsicht keimt, dass es möglicherweise ja besser so ist. Und wenn es sich dann irgendwann herausstellen sollte, dass ich dabei eine grossartige Gelegenheit verpasst habe....nun, davon habe ich noch einige mehr zu bieten.

    Dafür hat die Geschichte mit dem Lagerkonus endlich geklappt, das Rad dreht sich wieder.
    Und dann gehts heute abend gleich weiter mit dem Frisieren des Fünfers. Der Zylinderkopf harrt seiner Fertigstellung und ich bin ja schon unheimlich gespannt...

    erleichterte Grüsse,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 29.01.2009, 00:51


    Heut hab ich mir die Ohren
    im Fünfer abgefroren....

    Wo findet man einen Rettungsschweisser ? Diese Frage stellte sich mir heute, nachdem ich den schnellen Zylinderkopf des Fünfers mal auf seine Dichtheit geprüft habe. Der hatte nämlich irgendwann in seiner Geschichte mal etwas zu kalt gekriegt und weist eine fette Schweissnaht eines Reparaturversuchs auf. Sogar eine fingerdicke, aber leider trotzdem undichte. Eigentlich hatte ich mir ja schon eine Variante ausgedacht, wie ich ums Schweissen herumkommen könnte. Meine Schweisserfahrungen genügen zwar um Stahlkonstruktionen sauber zu schweissen, aber das Schweissen von Gusstahl stellt da etwas höhere Anforderungen.
    Also habe ich mich mal auf die Suche nach einem Rettungsschweisser gemacht. Die Suche in den üblichen Verzeichnissen ergab keine Treffer, aber da ich sowieso noch einige Fragen betreffend einer alten Gasbuddel mit unserem Gasheini zu klären hatte, und da das Wetter heute sensationell blau war, wählte ich das passende Fahrzeug. Wie erwartet kramte der Gasheini nur kurz in seinem Hinterkopf rum und nannte mir dann sofort den nächstgelegenen Kunstschweisser. Zum Dank durfte er mir dann noch beim Ankurbeln zusehen.
    Der Rettungsschweisser entpuppte sich dann als sehr netter Mensch, der es sogar schaffte, seine anfänglichen Zweifel recht gut zu verbergen. Nachdem ich ihm das vor seiner Werkstatt stehende Auto dann gezeigt hatte und ihm das Dilemma mit der Aerodynamik erklärt hatte, fasste er Mut und versprach mir, sich wohlwollend meines Zylinderkopfs anzunehmen. Beim weiteren Belabern einigten wir uns dann noch drauf, dass der Kopf anschliessend noch einige Stunden lang bei 500°C herumliegen sollte, um etwaige Spannungen abzubauen. Jetzt suche ich schonmal nach einem geeigneten Ofen. Aber ausser dem von der Pizzeria hier fällt mir gerade nichts ein. Mal sehen...
    Und um aufs Thema zurückzukommen: mit einem Fünfer sind schnelle Kurven und Bahnübergänge nichts für schwache Nerven...und Hände. Zum blödsinnigen Rumheizen nehme ich dann doch lieber die Ente...

    fröhliche Grüsse ausm blauen Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 29.01.2009, 00:55


    Wir schweissen das Ding mit Nickelzusatz, schön vorgewärmt und unter Schutzgas. Die Belastung auf dem äusseren Wassermantel eines Zylinderkopfs dürfte unvergleichlich geringer sein als bei einem mechanisch beanspruchten Teil. Die thermische Belastung ist weitaus harmloser als man auf den ersten Blick vermuten würde, wenn die 120° mal überschritten werden ists sowieso nicht mehr gut. Die mechanische Belastung hält sich dank niedriger Verdichtung und sparsamer Motorleistung ebenfalls in sehr engen Grenzen, auch bei der anvisierten Mehrleistung.
    Da Pizzaofenbesitzer anscheinend eine Abneigung gegen Zylinderköpfe haben, werde ich mir wohl mal viel Mühe geben und mich mit einer Töpferin anfreunden. Nur: wo findet man die ? In meiner Welt tauchen die nie auf...

    Um den Samstagnachmittag stilvoll zu begehen, werde ich gleich den Fünfer ankurbeln und mich auf den Weg machen. Mein alter Röhrenverstärker sollte mittlerweile fertigrepariert sein und harrt womöglich seiner Abholung.

    fröhliche Grüsse
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 29.01.2009, 00:55


    Mahlzeit !

    Die einzigen, die meinem Auto vorurteilsfrei gegenüberstehen, schlafen regelmässig auf dem Beifahrersitz ein. Wer also einen Weg sucht, seine Kinder gelegentlich sanft zu narkotisieren, dem sei ein altes Auto nahegelegt. Dass Kinder beim diskreten Gegrummel des Pontonmotors sanft einschlafen bin ich mir ja gewohnt. Die weichen Federkernsitze laden ja auch zum Knacken ein. Die Geräuschkulisse und das Innenklima eines Fünfers im Januar hingegen entsprechen nicht ganz dem, was man normalerweise seinem Kind zum Einlullen zumutet. Aber Kinder scheinen ja vieles anders zu sehen als wir...eine Fähigkeit, um die ich sie beneide. Jedenfalls hat es auch heute nicht lange gedauert, bis unsere fünfjährige Tochter sich von der Federung des Fünfers in den Schlaf schaukeln liess. Zuvor hatte sie allerdings noch den Wunsch geäussert, ich möge das Dach öffnen. Mit hochgezogenen Seitenscheiben genügte die Januarsonne dann auch, um den Innenraum auf angenehme Temperaturen zu bringen.
    Allerdings hat unsere Kleine den besten Teil verschlafen. Wir sind ja fast nur auf geschotterten Schleichwegen gefahren, die jetzt gegen Ende des Winters voller saftiger Pfützen und dergleichen sind. Dementsprechend "gebraucht" sieht der Fünfer im Moment gerade aus, und ich werde mich hüten, ihn so schnell wieder zu entschlammen. Immerhin sind damit die Vorbereitungen für die kommende "Saison" schon zur Hälfte erledigt.
    Die andere Hälfte betrifft den Zylinderkopf, den ich in den nächsten Tagen abholen kann.

    Gestern im samstäglichen Shoppingverkehr setzten wir einen angenehmen Kontrapunkt zum in unserer Gegend üblichen Gewimmel von Geländewagen, wobei ich mich ja schon enorm freute, dass wir selbst im schwierigen Terrain einer zentralschweizerischen Innenstadt mit all den Boliden mithalten konnten, ohne je steckenzubleiben.
    Leider war mein alter Röhrenverstärker noch nicht fertig. Irgendwie hatte ich den Zug mit den CDs ja verpasst. Nicht aus Mangel an gutem Willen, ich hatte sogar einen 10-fach CD-Wechsler im Kofferraum meiner Ente. Aber irgendwie konnte ich mich mit den silbernen Scheiben nie richtig anfreunden, unterstützt wurde diese Haltung noch durch regelmässige Defekte an den Abspielgeräten.
    Im Fünfer hat der Gedanke an musikalische Unterhaltung kaum eine ernsthafte Chance. Am ehesten käme noch ein Koffergrammophon in Frage. Aber wenn man sich schon mal auf eine Unterbrechung der Fahrt einlässt, so geniesst man dann doch lieber die Ruhe. Andererseits bietet die Geräuschkulisse der Mechanik dem Liebhaber ein Klangspektrum, das ebenso unterhaltsam ist wie die beste Radiosendung. Und weitaus notwendiger, denn der akustische Kontakt zur Maschine ist bei älteren Autos recht wichtig. Ein Satz guter Ohren ist beispielsweise für den schmerzfreien Gangwechsel absolut unerlässlich.

    Abschliessend noch ein Tip für diejenigen, die sich mit dem Gedanken an ein Vorkriegsfahrzeug tragen: Ich beobachte den Markt recht intensiv und stelle in letzter Zeit einen ausgesprochen schrauberfreundlichen Preiszerfall fest. Das Ende ist momentan noch nicht abzusehen, schon heute würde man leichter an einen neuwertigen Jaguar E-type herankommen als damals zu seiner Zeit. Und mittlerweile tauchen auch interessante Raritäten im unteren Preissegment auf...mal sehen, was die Zukunft bringt.
    Eine Voraussetzung dafür wäre in meinen Augen allerdings eine gewisse Vernetzung im Hintergrund, die es ermöglicht, Wissen und Adressen jederzeit für jedermann abrufbar zu halten. Also eigentlich genau das, was man so als Internetforum bezeichnen würde...
    Allerdings ist es leider so, dass ich bisher noch keine wirklich ansprechende Seite gefunden habe, meistens stehen im Hintergrund recht handfeste Interessen, die sich seltsamerweise keineswegs mit den von mir formulierten decken.
    Aus meiner Sicht würde ich jedenfalls eine teilweise "Blechpiratisierung" der Oldtimerszene sehr begrüssen.

    Und so kommt wieder einmal eines meiner donnernden Worte zum Sonntag zum wohlgelittenen Ende,

    fröhliche Grüsse dazu
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 30.01.2009, 23:12


    Heute mal wieder einen Arsch gelacht....

    Aber schön der Reihe nach. Einige Probleme mit meiner privaten Entwässerungsanlage hatten mich kurzfristig ausser Betrieb gesetzt. Das Angenehme daran ist, dass ich mittlerweile über mehr Erfahrung mit solchen Problemen verfüge als die mit der Reparatur betrauten Klempner. Als ich mich nach eintägiger Abwesenheit abends vorsichtig der Werkstatt näherte, stellte ich nichtsahnend ein unbekanntes Fahrrad im Eingang fest. Es gelang mir auch, mich beinahe daran vorbeizumogeln, noch dachte ich, dass es das Fahrrad eines Besuchers sei. Dann musste ich aber feststellen, dass das Gerät irgendwie eigenartig aussah. Im Halbdunkel des Werkstatteingangs fand ich dann ein Luxussportrad Baujahr 1937 mit einem gewaltigen Getriebe im Tretlager. Letzteres war wohl der Grund fürs Auftauchen vor meiner Werkstatt, die Innereien lagen sauber durchmischt in einer Plastiktüte bei...
    Als ich das Ding dann ans gnadenlose Licht der Werkstatt gebracht hatte geriet ich beinahe in Verzückung. Ich erinnerte mich an Zeiten, wo ich quer durch die ganze Schweiz gefahren bin, wenn ich von einer derartigen Rarität hörte, die zu haben war. In meiner Sammlung hat es mittlerweile einige Getriebefahrräder, aber noch nie bin ich so leicht zu einem gekommen wie diesmal. Der Witz an diesen Fahrrädern ist, dass zwecks Umgehung der damals schon seit Jahrzehnten bekannten Dreigangnabe ein erstaunlich aufwendiges und schweres Getriebe im Tretlager eingebaut wurde. Ihre Blütezeit erlebten diese Geräte kurz vor dem zweiten Weltkrieg, und originellerweise hat sich deren Herstellung für keinen einzigen Hersteller je gerechnet. Das Exemplar vor meiner Werkstatt wurde 1937 von der Bieler Firma Cosmos hergestellt und mit einem Zasto-Vierganggetriebe ausgerüstet. Dieses bedingte einen speziellen Fahrradrahmen mit einem grossen Getriebegehäuse anstelle des Tretlagers, sowie einigen zusätzlichen Halterungen für den Gangknüppel. Wie ich gerüchteweise in Erfahrung bringen konnte, ist die Firma Cosmos dank dieses Fahrrads damals beinahe in Konkurs gegangen. Netterweise verbarg sich unter dem Staub ein recht gut erhaltener Originallack. Darüber bin ich besonders froh, weil Fahrräder jener Epoche mit vielen Kunstgriffen recht bunt lackiert wurden. Meines hat als Grundton olivegrün und darüber sowohl eine von rot ins beige auslaufende flächige Verzierung als auch eine weisse Linierung. Eine Stunde vorsichtigen Herumpolierens zeigte, dass sich da mit etwas Arbeit durchaus etwas draus machen lässt.
    Als neurotischer Schrauber konnte ich natürlich nicht umhin, zuerstmal herauszufinden, warum das Getriebe zerlegt in der Plastiktüte lag. Durchaus nicht grundlos, wie sich schnell zeigte. Die Kugellager liessen sich weder bewegen noch demontieren, die Zahnräder waren mit Rost verkrustet. Dies stand eigentlich in ziemlichem Gegensatz zum restlichen Zustand des Fahrrads, selbst die Trommelbremsen sind noch leichtgängig. So vermute ich, dass da irgendeine Untat dahintersteckt, denn von selber füllt sich so ein Getriebe nicht mit Wasser.
    Festgerostete Kugellager, selbst in Sacklöchern, sind heute kein ernsthaftes Hindernis mehr für mich. Eher ein Problem stellt die damals anscheinend übliche Kugellagergrösse von 17x39x9mm dar, solche Lager sucht man vergeblich in den Katalogen der Hersteller. Der Zufall wollte es aber, dass ich vom letzten Fahrradgetriebe, das ich instandgestellt hatte, noch ein solches Lager übrig hatte. Das und drei neuerstandene Lager passender und erhältlicher Grösse sorgen jetzt für einen runden Lauf.
    Leider weisen auch die Zahnräder einige Rostnarben auf, der Lauf wird wohl nicht mehr ganz so ruhig wie er mal war. Aber so wie es aussieht, werde ich nächste Woche mit einem schnellen Viergänger von 1937 wiedermal herausfinden, warum ich motorisierte Fahrzeuge bevorzuge...

    Für den Fünfer habe ich mir auch etwas einfallen lassen. Vor einiger Zeit hatte ich zwei monströse Richtungsanzeiger erwähnt, die ich mit einer passenden LED-Beleuchtung versehen wollte. Das ist mir mittlerweile gelungen, das Resultat überzeugt allerdings vorerst nur bei Dämmerlicht. Wenn die Sonne draufscheint sieht man nichts von der Beleuchtung. Also werde ich die Anzahl der LEDs halt verdoppeln. Montieren werde ich die beiden Kästen dann stilvoll beidseits des hinteren Kennzeichens.

    Der Zylinderkopf ist leider noch nicht geschweisst, der Rettungsschweisser hat zuviel um die Ohren. Er sollte aber bis nächsten Dienstag fertig werden, denn danach geht er in den Urlaub. Ich stehe jedenfalls schonmal in den Startlöchern für die Montage und freue mich schon aufs Anpassen der Vergaserdüse.

    Abschliessend noch zum Lacher des Tages. Mein Kollege Kugellagerhändler ist selber auch begeisterter Liebhaber alter Autos. So hat er unser regionales "sunday morning meeting" organisiert, ein monatliches Oldtimertreffen, das sich im Lauf der Jahre zu einem echten Publikumsmagneten entwickelt hat.
    Heute gestand er mir, dass es sein grosser Traum sei, auch einen Vorkriegswagen zu besitzen. Als ich ihm daraufhin entgegenete, dass daran eigentlich kein Mangel bestünde, meinte er, dass die alle so teuer seien. Was bei mir natürlich eine ganze Flut an Einwänden ausgelöst hätte, wenn da nicht seine Worte gewesen wären....er suche einen kleinen Rennwagen, sowas wie einen Lagonda oder so, damit er beim Klausenrennen mitfahren könne.
    Ich hatte mir mein Lachen dann aber doch verklemmt und ihm gesagt, dass ich selber von einem Auto der Marke Voisin träumen würde - fahren aber einen Fünfer. Den kann ich mir nämlich gut leisten. Seinen Hinweis auf die erwünschte höhere Motorleistung konnte ich wie üblich in solchen Momenten mit dem Hinweis abschmettern, dass im Fünfer 60km/h sich grenzwertiger anfühlen als 200km/h in einem modernen Fahrzeug. Aber wie fast immer in solchen Momenten war mein Gegenüber rationalen Argumenten nicht zugänglich, und so träumt er weiter - und ich fahre.

    Und das werde ich morgen wiedermal ausgiebig tun...

    fröhliche Grüsse

    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 31.01.2009, 22:56


    Hallo auch,

    ich schreibe lieber, dafür lese ich weniger.... Allerdings muss ich gestehen, dass ohne die vielen Ermutigungen hier im Forum dieser Thread wohl schon längst das Zeitliche gesegnet hätte. So gesehen könnte man schon beinahe von einer Symbiose reden. Als ich diese Geschichte vor bald zwei Jahren gestartet habe, wollte ich ja eigentlich nur mal vorsichtig die Szene sondieren, ob es noch mehr solche "Fälle" wie mich gibt. Zum mangelnden Echo gesellte sich dann auch recht schnell die herbe Erkenntnis, dass der Fünfer sich absolut nicht zum Aufreissen von wilden jungen Frauen eignet.
    Für Ausflüchte war es da aber schon zu spät und so begann ich mein Automobilistenleben an der Untergrenze der Alltagstauglichkeit. Ich hege mittlerweile ordentlichen Respekt für die Geduld meiner Zeitgenossen, die ich besonders in Steigungen recht oft auf eine harte Probe stelle. Selbst wenn ich wiedermal bei 10km/h in den ersten Gang zurückschalten muss....

    Heute war hier Hochnebel, graues Einerlei bei -2°C. Also ideales Wetter für einen Ausflug, der mich knappe 40km weit und über einen der hier unvermeidlichen gröberen Hügel zu einem lieben Kumpel führte. Übrigens einer der ganz wenigen Fälle, die sich das zum Auto passende Haus gekauft haben.
    Den Hinweg nahm ich gemütlich, soweit die häufigen Steigungen nicht ohnehin dazu führten. Die grosse Landstrasse, den direkten Weg also, vermied ich soweit möglich. Hier dürfte der Verkehr an einem Samstagnachmittag doch zu rege sein. Die Steigungen konnte ich dann auf weniger befahrenen Nebenstrassen absolvieren...wobei das ja ein schöner Ausdruck ist. Nach kilometerlangem Fahren im ersten Gang erreichte ich dann endlich die Kuppe des Hügels auf ca. 800m Höhe und genehmigte mir eine kurze Pause. Als der Motor nach dem Ausschalten der Zündung und einigen Rülpsern Ruhe gab, stellte ich anhand eines dauernden Pfeiftons in meinen Ohren fest, dass das Getriebe im ersten Gang und bei geschlossenem Verdeck das Fahren auf Bergstrecken zu einem Spass für ganz harte Weicheier macht.
    Klimatisch hatte ich die Wahl zwischen kalten Füssen und einem kalten Kopf. Bei offenem Verdeck wäre zwar etwas warme Luft vom Motor in den Fussraum gelangt, aber die ersten Erfrierungserscheinungen an den Ohren bewogen mich, dann doch lieber geschlossen weiterzufahren. Nun zog ein unangenehmer kalter Luftstrom durch den schmalen Spalt zwischen den beiden Frontscheibenhälften und wickelte sich logischerweise genau um meinen Schädel.
    Diesem Problem konnten wir dann nach einer Tasse Kaffee bei meinem Kumpel auf einfache Art Herr werden. Dazu nötig war lediglich eine Rolle Klebeband, also das Hilfsmittel, das man als alter Entenfahrer eigentlich immer dabei haben sollte. Jetzt weiss ich, dass man das Innenraumklima im Winter durch den Einsatz von 2m Klebeband ausgesprochen positiv beeinflussen kann.
    Für den Rückweg hatte ich mir dann die beginnende Abenddämmerung ausgesucht, zumindest war das bei der Abfahrt so. In Anbetracht meiner beeindruckend starken Beleuchtung fühlte ich mich dabei irgendwie etwas unwohl, so mit dem Standlicht auf unseren Landstrassen. Ich werde wohl nicht umhinkommen, mir etwas einfallen zu lassen, um die Beleuchtung etwas "langstreckentauglicher" hinzukriegen. Ein Teil davon dürfte der Einbau von LED-Leuchten in die Rücklichter sein. Lassen wir die Gedanken mal einige Nächte kreisen...wobei ich lustigerweise vor demselben Dilemma stehe, wie unsere Gesellschaft insgesamt: Energie sparen oder weitere Kraftwerke bauen.
    So gegen sechs erreichten wir dann die heimische Garage. Meine Füsse spürte ich nicht mehr vor Kälte, aber dafür habe ich wiedermal das Gefühl, eine richtige Fahrt unternommen zu haben. Und heute sogar ganz ohne Zusammenschiss, im Gegensatz zu letzthin, wo mich ein richtiger Oldtimerliebhaber zusammenschiss, weil ich im Winter mit so einem Auto herumfahre...

    Zur Info: Der klimatechnische Unterschied zu den neumodischen Karren ab den 40 Jahren zum fünfer liegt darin, dass der Fünfer gar keine Heizung hat und dass in ihm selbst bei geschlossenem Verdeck heftiger Durchzug herrscht. So spätestens nach einer Stunde bei Minusgraden ist auch das grösste Hartei restlos weichgekocht und freut sich ungemein über einen heissen Kaffee am Kachelofen. Das dürfte allerdings auch eines dieser authentischen Gefühle sein, die ich ja immer zu suchen scheine.


    fröhliche Grüsse, müde...

    Oliver
    der mit dem Fünfer hüpft



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 10.02.2009, 22:43


    Heute konnte ich endlich den Zylinderkopf vom Schweisser abholen. Mit spürbarem Fortschritt, er schifft jetzt nicht mehr wie eine Giesskanne aus der Schweissnaht, sondern tropft nur noch. Der professionelle Kommentar zu dem leider nicht ganz billigen Spass: Mist !
    Hilft also nichts, wenn ich mir nicht selber helfe. Weitere Experimente, die die kunstvoll auf den von üblen Lunkern geplagten Guss aufgetragene Schweissraupe strapazieren könnten, werde ich tunlichst unterlassen. Die maximale Betriebstemperatur im Wassermantel eines Zylinderkopfs sollte im Normalbetrieb eigentlich nie ernsthaft über 100° ansteigen, also steht einer Lösung mit einer teilweisen Innenbeschichtung nichts im Wege. Jetzt gilt es nur noch, ein dünnflüssiges, wasser- und hitzefestes Epoxydharz zu finden. Wenn ich einen Pümpel geschickt zweckentfremde, könnte ich sogar von aussen Vakuum ansetzen. Mal schauen was sich ergibt.


    frohe Grüsse,

    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 11.02.2009, 22:21


    Ich kann gar nicht anders....drum auch der vorgängige Warnhinweis betreffend des Suchtpotentials von Vorkriegsautos.

    Heute habe ich bereits den fünften Zusammenschiss kassiert, weil ich bei "schlechtem" Wetter mit dem Fünfer unterwegs war. Eigentlich hatte es nur einige gelangweilte Schneeflocken in der Luft und ich entgegnete, dass Rost als automobiles Konstruktionselement erst 1932 eingeführt wurde. Dafür auch ein schönes Kompliment bekommen: ich solle mein Auto mal waschen...

    Der liebe "schnelle" Ricardo-Zylinderkopf mit seinem Frostriss macht mir immer noch einige Sorgen. Vor dem Schweissen schiffte er wie eine Giesskanne, jetzt wie eine Dusche. Ich habe mir vorhin eine Vorrichtung gebastelt, um den Kopf wasserdicht aufzuspannen und dann eine spezielle Gülle eingefüllt, die gerade dazu dienen soll, solche Haarrisse zuzusauen. Hoffentlich klappt das. Mein Nachbar hat eine Datsunwerkstatt, einen gesunden Humor und viel Erfahrung mit modernen BMWs, wo anscheinend dieselben Probleme sogar ohne Frosteinwirkung erreicht werden können. Soll mal keiner sagen, dass moderne Autos nicht fortschrittlich sind ! Jedenfalls hat er zielsicher ins Regal gegriffen und mir eine recht eigenartige Dose mit einem Kühlerdichtmittel in die Hand gedrückt. Die musste vor Gebrauch lange geschüttelt werden, dann aufgerissen und in einen Kühler geschüttet. Dann sollte man den Motor noch eine Viertelstunde laufen lassen, bevor man die Gülle wieder ins Biotop schickt. Da zwischen Motor und Zylinderkopf momentan etliche Meter liegen, habe ich das Erwärmen mit zwei Heissluftföns simuliert. Um den Eindruck zu vervollständigen habe ich das Ding dann noch mehrfach geschüttelt und jetzt warte ich bis die Viertelstunde morgen früh fertig ist.
    Morgen werde ich mehr wissen...wenns geklappt hat, kommt noch die Probe, ob der Kopf nach dem Schweissen noch plan ist, wenn ja, dann werde ich recht bald die ersten Rennen gegen Bürostühle angehen.

    Wird fortgesetzt ! Aber hallo !!!

    Gruss,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 18.02.2009, 08:37


    Das mit dem Zylinderkopf wird schon. Da mache ich mir wenig Sorgen. Und wenns dann doch nicht klappt, fällt mir sicher wieder was ein...

    Ich war in der Zwischenzeit nicht untätig, woher auch...! So habe ich in einem ersten Schritt ein zeitgenössisches drittes Bremslicht hergerichtet. Ein Accessoire, das moderne Autos von abwrackprämiengefährdeten Fahrzeugen unterscheidet, jedenfalls oft. Und so wollen wir am Reigen des Fortschritts teilhaben, solange es sinnvoll erscheint, und darum musste das dritte Bremslicht dran.
    Man könnte ja einwenden, dass das nicht stilecht sei, aber weit gefehlt ! Vor etlichen Jahren pflückte ich mir aus irgendeiner Flohmarktkiste eine kleine Stopleuchte. Die sieht aus wie ein uraltes Motorradrücklicht zum an den Rahmen klemmen, ist mit 40mm Durchmesser auch nicht gerade gross geraten, aber sie hat ein rotes Glas mit darauf erhaben angebrachten, weissen Glasbuchstaben STOP. Das Ding dürfte auch so aus den Zwanzigern stammen und hat die Zeit glücklicherweise recht gut überstanden. Die habe ich jetzt endlich mal aufpoliert und mit einem selbstgebastelten Einsatz mit LEDs ausgestattet. Jetzt ziert das Ding die Mitte des Fahrzeughecks und macht in meinen Augen ungemein viel her. Und bei Nacht würde man ihr Leuchten sogar recht gut wahrnehmen. Aber auch in diesem Punkt soll sich der Fünfer nicht hinter seinen moderneren Kollegen verstecken müssen: auch hier lassen sich absolut sinnlose technische Verbesserungen mit viel Liebe zum Detail durchführen. Der dazu nötige Aufwand ist allerdings kleiner.

    Apropos Aufwand. Man redet ja sehr viel von der armen Autoindustrie und deren Unfähigkeit, wirklich energieeffiziente Fahrzeuge zu bauen.
    Ich kann mir mittlerweile eine recht gute Vorstellung davon machen, wieviel Handarbeit und wieviel maschinelle Arbeit zur Herstellung eines Fünfers nötig war. Der grosse Fortschritt beim Einstellen der Produktion des Fünfers war ja die Einführung der Ganzstahlkarrosserie bei Citroën. Damals dürften sowohl etliche Stellmacher arbeitslos geworden sein, wie auch die Stromrechnung bei den Autofabriken plötzlich anstieg. Der Fünfer jedenfalls wurde noch mit recht wenig Energieaufwand hergestellt, es finden sich beispielsweise keine Schweisstellen am ganzen Auto. Dafür hat es einige Nägel. Zudem mussten seine wenigen Rohstoffe nicht mehrfach um die Welt geschickt werden, bis sie in brauchbarer Form in der Fabrik ankamen. Darin unterscheidet er sich ungemein von seinen modernen Kollegen, abesehen von der Tatsache, dass er in seinen 85 Jahren nur einmal gebaut werden musste. Und wohl schon einer ganzen Reihe von Fahrern ungemein Spass gemacht hat. Die Spuren davon sind an dem Auto allgegenwärtig. Ich vermute mittlerweile, dass der direkte Energieaufwand zur Herstellung eines Fünfers sich unterhalb von 15% des zur Herstellung eines modernen Autos nötigen Aufwands bewegt. Würde man zudem den indirekten Energieaufwand für die Herstellung moderner Polymerwerkstoffe und Metallegierungen in Betracht ziehen, dann wäre der Fünfer fast unschlagbar. Wenn da nicht seine Neigung zum ungehemmten Stinken wäre...
    An der Autoindustrie kanns eigentlich nicht gelegen haben. Die war ganz offensichtlich schon 1924 in der Lage, ein sparsames, einfaches, leicht zu unterhaltendes und unerwartet langlebiges Auto zu bauen. Wie dem auch sei, das Thema Abgasreinigung steht bei mir auch noch auf der Liste. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass das das i-Tüpfelchen wäre in meinem Bestreben, der Welt zu zeigen, dass es auch anders geht.

    Dass der Spass nicht zu kurz kommen darf habe ich sicher schon öfters erwähnt. Letzter Sonntag war so ein wunderschöner Februartag, von denen es hier nur ganz wenige gibt, ideal für einen Ausflug in die verschneite Winterlandschaft. Natürlich unter Vermeidung salznasser Hauptstrassen, aber dank einer gwissen kommunalen Zurückhaltung werden jetzt nicht mehr alle Nebenstrassen gnadenlos gepökelt, und so fanden sich etliche praktikable Wege. Zuerst kam noch die übliche Ehrenrunde durch unseren Kleinkanton, das sind so die Momente einer gewissen verschmitzten Eitelkeit. Dann gings aber schnurstracks auf verschneite Feldwege. Dort machte das Fahren dann erst richtig Spass, der Fünfer mutierte unter meinem Hintern zur Motorkutsche, die sich mit Ach und Krach irgendwie auf dem Weg halten liess, während sie leise durch den tiefen Neuschnee rumpelte. Das Gefühl ist unvergleichlich, eine Symphonie aus krampfhaften Lenkversuchen, gemütlichem Rattern der Maschine und geschmeidigem Rumpeln auf weicher Piste. Das in einer frisch gezuckerten Winterlandschaft bei strahlendblauem Himmel, vor dem Panorama der Alpen....einfach unbezahlbar, fast wie eine amerikanische Hypothek ! Mir tun nur all die alten Autos leid, denen solche Ausflüge versagt bleiben. Es ist zwar ganz nett, sie in erstklassigem Zustand für die Nachwelt zu konservieren, aber wenn dann irgendwann kein Benzin mehr zu haben wird, oder Vorkriegsautos schlicht zum Museumsdasein verdammt werden, dann dürfte es reichlich irrelevant sein, ob sie technisch noch topfit sind.
    Ich baue ja selber auch Maschinen und dürfte mich da nicht allzusehr von meinen damaligen Kollegen in der Citroënfabrik unterscheiden: ich baue meine Maschinen zum Brauchen. Und man kann mir auch nach vielen Jahren kaum eine grössere Freude machen als mit dem Brauchen meiner Geräte. Und so ehre ich die Herren Mechaniker von damals halt, indem ich ihr Produkt weiterhin anwende. Auch im tiefen Schnee.

    fröhliche Grüsse ausm zugeschneiten Süden, trotzdem,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 23.02.2009, 09:54


    Winterreifen für den Fünfer ? Das wäre eine originelle Frage um meinen Reifenhändler zu verblüffen. Ich habe jedenfalls noch keine gesehen und darf wohl mit breitem Grinsen anfügen, dass der Markt dafür auch sehr, sehr klein sein dürfte.

    Der heutige Ausflug war herzlich öde. Tristes graues Wetter, alles nass oder zugeschneit und einsetzender Regen machten die heutige Fahrt zwecks Markierung des Reviers eher trist. Verschiedene Fasnachtsanlässe blockierten meinen üblichen Weg, und als es dann auch noch zu regnen begann, verzog ich mich schnell wieder in die trockene Garage. Der Regen hätte beinahe den ganzen schönen Schlamm runtergewaschen !

    Die Hilflosigkeit der aktuellen Autoindustrie angesichts einer zu erwartenden Krise ist nicht gerade erheiternd. Schon eher die verschiedenen Deutungsversuche hochgestellter Persönlichkeiten. Aber bisher habe ich erst eine vernünftige Erklärung gefunden, allerdings mit dummen Konsequenzen. Da heisst es nämlich, dass in unserer westlichen Welt auf zwei Personen ein Auto kommt. Mehr lässt sich bei aller Förderung der menschlichen Unvernunft nicht absetzen: der Markt ist gesättigt. Und damit sind die hohen Produktionskapazitäten der Zeit davor schlicht überflüssig. Um die momentane "Sättigung" zu erhalten, braucht es weniger Fabriken. Und dass das einzige Segment mit ernsthaften Wachstumsaussichten gerade das von der deutschen Industrie bisher belächelte Kleinwagensegment ist, macht die Tatsache auch nicht leichter zu verdauen.
    Was mich viel eher beunruhigt ist das Vorgehen der Industrie angesichts einer absehbaren Situation. Ich hoffe sehr, dass unsere Nahrungsmittelindustrie auf intelligenter geführten Beinen steht.
    Aber was hat das mit dem Fünfer zu tun ?
    Mehr, als man denkt. Die grossen Marketingabteilungen der Autoindustrie raufen sich zur Zeit die Haare und suchen verzweifelt nach Lösungen, wie sie den Bürger zum Kauf eines Neuwagens überreden können. Der ist aber recht unwillig angesichts einer Finanzkrise, des Risikos, dass sein Neuwagen aufgrund irgendwelcher dubioser neuer Gesetze schon nach kurzer Frist nur noch teilweise nutzbar sein könnte (wie im Zusammenhang mit Feinstaub gerade erlebt), und weil sein alter es ja auch noch tut.
    Und dann mischt sich einer mit einer 85-jährigen Gurke in den Verkehr, verbraucht weniger als ein VW Golf (ok, das war jetzt ein fauler Vergleich...aber wo bleibt der Fortschritt ?) und stellt fast täglich unter Beweis, dass die Gründe für die Anschaffung eines Neuwagens unter Umständen noch viel weiter hergeholt werden müssen.
    Dass das unheimlichen Spass macht sei hier nur am Rande erwähnt...

    fröhliche Grüsse ausm Schneematsch
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 03.03.2009, 00:10


    Bericht von der Front.

    Letztes Wochenende habe ich mich erneut erfolgreich um weitere Experimente mit Zylinderköpfen gedrückt und bin stattdessen die ganze Zeit unterwegs gewesen. Und kann mit Stolz vermelden, dass ich es geschafft habe, einen ganzen Tankinhalt innert zweier Tage zu verheizen.
    Am Samstag drang ich erstmal tief in den Aargau vor, ein Unterfangen, das dem Mann auch 150 Jahre nach der Erfindung des Fleischwolfs noch Respekt abverlangt. Als Ziel diente mir ein etwas schräger Klamottenladen, wo ich auch prompt den erhofften langen Mantel nicht fand. Das war aber an sich nicht wirklich wichtig, denn der Laden dient gleichzeitig als Treffpunkt für böse, bärtige Buben mit beleibten Motorrädern. Schnell ergab sich aufgrund des Fünfers ein angeregtes Gespräch, beim näheren Beschnuppern stellten sich dann bald einige, um nicht zu sagen etliche Parallelen in unserer Weltanschauung heraus. Somit wieder ein Pluspunkt für meine Werbekampagne für Vorkriegsautos als Anarchoschaukeln....und eingeladen zum Wiederkommen haben sie mich auch. Eine Sorge weniger.
    Da dieselbe Strecke für den Heimweg doch irgendwie öde gewesen wäre, entschied ich mich kurzerhand für einen kleinen Umweg von vielleicht fünfzig Kilometern. So konnte ich noch einen lieben Kumpel heimsuchen, der an einem dieser Orte wohnt, die nie und nirgends am Wege liegen. Der Fünfer mag solche Fahrten sehr, solange ich ihn nicht über irgendwelche Berge jage. Auf ebenen Landstrassen kommt er auf Geschwindigkeiten nahe der Siebzig, und dank dem mittlerweile ganz annehmbaren Fahrwerk gestaltet die Fahrt sich recht locker und unverkrampft.
    Der Trick mit der Klimaanlage von Tesa bewährt sich. Seit ich die Windschutzscheibe winterdicht zugeklebt habe, vermag die warme Luft vom Motor auch bei geschlossenem Verdeck in den Innenraum vorzudringen. Bei Aussentemperaturen ab fünf Grad tut man sich jetzt echt schwer mit ernsthaftem Frieren. Und wenn man bedenkt, dass auf so einer Rolle Tesa 30 Meter Klebeband sind, so habe ich eine Lösung für zwanzig Rappen pro Jahr, die frühestens in fünfzehn Jahren den Kauf einer neuen Rolle Tesa nach sich ziehen wird. Simpatico !
    Irgendwie habe ich es dann aber doch noch geschafft, einen blödsinnigen Berg für die Heimfahrt zu finden, aber das konnte den Fünfer dann auch nicht mehr erschüttern. Der scheint sich die längeren Strecken im ersten Gang mittlerweile gewöhnt zu sein, und nicht nur er. Bei solchen Gelegenheiten kann man sehr schön Schnee beim Schmelzen beobachten, oder die ersten Bienen beim Blumenmelken.
    Lehrreich sind meine Fahrten ja meistens, aber die Erfahrung am Sonntag war irgendwie vorhersehbar. Vorab aber erstmal der wichtige Hinweis, dass wer ganzjährig Fünfer fährt, keinen Karneval mehr braucht.
    Jedenfalls musste ich mich ja schon vor einer Woche über etliche gesperrte Ortsdurchfahrten ärgern, wo der ganze Verkehr wegen Fasnachtsumzügen blockiert wurde. Leider bin ich gegenüber Unangenehmem recht vergesslich, sonst wäre mir ja noch rechtzeitig eingefallen, dass die Fasnacht hier gestaffelt und je nach Sektenzugehörigkeit und Region an einem anderen Datum durchgeführt wird. Und so kam es, dass ich mich am Sonntag ausgerechnet in eine Gegend des Kantons Zürich verzog, in der gerade verschiedene Karnevalstruppenteile marodierten. Mein Hauptglück war, dass die gestiegenen Konfettipreise zusammen mit der Finanzkrise zu einem angenehmen Geiz bei den aufs Übelste missbrauchten Entsorgern der Abfälle von Abertausenden von Bürolochern führte. Man merkt den Unterschied schon, in früheren Jahren wurden die Konfetti vor dem Werfen nicht nummeriert.
    Irgendwann war dann Sense. Da stand dann ein in ehrfurchtsgebietendem Orange gekleideter Funktionär, der mir verkündete, dass da kein Weg nach Hausen führe. Ich nahm dies mit stoischer Gelassenheit und dem vielleicht eine Nuance zu laut geäusserten Kommentar "alles Arschlöcher !" zur Kenntnis und hatte dann plötzlich einen sehr guten Grund, schnellstens zu verduften.
    Man sollte sich mit so einem Auto allem Alltag zum Trotz bewusst halten, dass man immer irgendwie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht, zumindest in den ersten und, wie man sieht nicht zu Unrecht gefährlichsten dreissig Sekunden.
    Wer das Fahren mit einem Vorkriegsauto als langweilig empfindet, der macht möglicherweise etwas falsch.

    Aber die wirklichen Brüller passieren halt doch im Alltag, und nicht in der Glotze. Vorhin wurde mein nächstens heiligzusprechender Erpel beinahe von einem teuren, neuen Jaguar abgeschossen. Der war anscheinend der Ansicht, dass sein optisch höherer sozialer Status ihn über die Vekehrsregeln erhob und fuhr rückwärts in den fliessenden Verkehr einer Hauptstrasse. Aber wie der ADAC mal sehr richtig bemerkte, waren Entenfahrer recht unterdurchschnittlich am allgemeinen Unfallgeschehen beteiligt, ich habe jedenfalls auch die übliche Strategie angewendet: Hirn statt ABS.
    Die Situation wäre ja an sich keiner weiteren Erwähnung wert wenn ich nicht dem Jaguar dumm nachgeglotzt hätte und dabei gesehen hätte, wie er fünfzig Meter weiter wieder auf einem freien Parkplatz vor dem nächsten Supermarkt parkierte.
    Die Situation war dermassen dekadent und pervers, dass auch die Tatsache, dass die übliche blondgefärbte Dame vom Typ Bankersgattin ausstieg, nicht darüber hinwegtröstete.
    Das wirklich Beunruhigende daran ist, dass von einer Krise eigentlich noch keine Rede sein kann, solange diese Dame nicht überlegen muss, wie sie die Kohle für den nächsten Fahrradreifen herkriegt. Der Weg dorthin scheint aber weit zu sein, und wird wohl mit vielen unschuldigen Opfern gepflastert sein.
    Der Fünfer wird nicht dazu gehören.

    Gruss ausm Süden,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 17.03.2009, 23:58


    Was schreibt man eigentlich, wenn es nichts zu schreiben gibt ? Der Fünfer hat für mich den Beweis erbracht, dass er das zuverlässigste Auto ist, das ich je unterm Hintern hatte. Er ist zudem der dreckigste Oldtimer weit und breit. Was soll ich also berichten ?

    Da wäre doch noch etwas.

    Ich habe meinen Fahrstil perfektioniert. Jetzt kann ich geräuschlos schalten, und zwar runter wie auch rauf. Bisher hatte ich mir angewöhnt, hässliche Geräusche beim Herunterschalten durch Zwischengas zu vermeiden. Mit etwas Übung hat das dann auch perfekt geklappt. Beim Hochschalten hingegen hatte ich mir angewöhnt, die Gänge mit einem gewissen Schwung einzulegen, was das Krachen des Getriebes auf ein halbwegs schmerzfreies Niveau reduzierte. In Ermangelung eines autokundigen Grossväterchens musste ich mir selber zusammenreimen, was ich da eigentlich dem Getriebe antat, und warum das falsch war. Also versetzte ich mich in die Lage des glücklicherweise recht einfach aufgebauten Getriebes und überlegte einen langen Abend lang, was da so genau vor sich ging. Als ich das Getriebe dann soweit verinnerlicht hatte, dass ich es in meinem Geist mit 2000 Umdrehungen rotieren lassen konnte, war mir klar, was zu tun war. Beim Hochschalten kuppelt man ja in einem Moment aus, wo das Getriebe recht hochtourig dreht. Will man dann einfach so den nächstgrösseren Gang einlegen, dann prallen die noch auf hoher Drehzahl rotierenden Zahnräder des Vorgeleges mit den langsam drehenden des nächstgrösseren Ganges zusammen, was zu Verschleiss und einem hässlichen Geräusch führt. Das lässt sich natürlich vermeiden, das Geheimnis dazu heisst Zwischenkuppeln.
    Nun hatte ich den Begriff Zwischenkuppeln wohl öfters mit dem Wort Zwischengas verwechselt, bzw. war mir schlicht des Unterschieds nicht bewusst. Unglücklicherweise ist der Kreis verfügbarer und technisch versierter Grossväter recht klein.
    Jedenfalls lege ich jetzt dank kurzem Loslassen der Kupplung in der Neutralstellung den nächsthöheren Gang mit einem leisen "Klack" ein und niemend muss mehr leiden.

    Als zügiger Fahrer untermotorisierter Vehikel leide ich unter einer seltsamen Abneigung gegen Automarken wie Opel oder Ford. Diese geht auf traumatische Erlebnisse mit öltriefenden Wanderdünen in meiner frühen Kindheit zurück, und ich hätte mir nie vorzustellen gewagt, dass diese eines Tages Mitleid weichen würde. Auch wenn die Dinger immer irgendwo im Weg rumliegen und mit der Attraktivität des Klopapierhalters einer Bahnhoftoilette gesegnet sind - irgendwie würden sie mir fehlen.
    Dabei habe ich noch vor wenigen Jahren versucht, das Problem Opel auf äusserst heimtückische und hinterhältige Art zu lösen, wobei es sich mittlerweile zeigt, dass mein Vorgehen recht nahe an das verschiedener aktuellerer Regierungen herankam. Ich hatte eine harmlose, kleine Auktion ins Internet gesetzt mit dem Ziel, alle Opel der Welt auf einmal zu verkaufen. Bedingung wäre eine diskrete Abholung innerhalb der nächsten zwei Tage gewesen. Daran ist es wohl dann gescheitert, denn trotz erstaunlich niedrigem Startpreis fand sich kein mutiger Bieter.
    Hoffentlich liest das jetzt keiner von der Regierung mit...
    Sonst wäre es vielleicht ratsam, sein Auto in Zukunft gut anzuketten.

    Unsere Wälder sind momentan voller wunderschöner, schlammiger Schlaglöcher. Das sieht man dem Fünfer mittlerweile recht gut an, und ich stelle fest, dass ein ordentlich verdreckter Wagen das Gefühl der Authentizität eher noch verstärkt.
    A propos Authentizität...im letzten November erging in einer Weisung des Schweizer Bundesamtes für Strassen an die für die Veteranenabnahme zuständigen Strassenverkehrsämter der Hinweis auf den FIVA-Fahrzeugpass als möglichen Beleg für die Authentizität eines Oldtimers....
    Was haben wir gelacht...!!!

    Andererseits sind wir ja momentan in einer Phase, wo sich Entscheidungsträger in ihrem Verhalten kaum noch von Heroinsüchtigen unterscheiden, denen die Macht zur Drogenverteilung in die Hand gegeben wurde. Dies, zusammen mit der seit Jahren laufenden Volksverblödung, ergibt ein recht nettes Süppchen, das wohl wiedermal in einem dummen Moment überkochen wird. Wie immer in Europa, ist man versucht zu sagen.

    Der Fünfer hat gegenüber mir den Vorteil, dass er schon mehrere solcher Krisen überstanden hat. Existenzängste sind ihm fremd, und er macht sich wohl auch keine Gedanken über den Fortbestand seiner Werkstatt. Dafür ist er ein verlässlicher und anspruchsloser Freund auf meinen krummen Touren in die nähere und weitere Umgebung.

    dazu wie immer einen fröhlichen Gruss,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 05.04.2009, 21:06


    Mahlzeit !

    Auch wenn ich mit einer eher sportlich zu verstehenden "Abneigung" gegen das, was in meinen Augen Opel darstellt, gesegnet bin, so kommt angesichts der momentanen Situation alles andere als Freude auf. Zudem sind gerade Opel Astra für mich als Entenfahrer dankbare Jagdtrophäen. Ausserdem hängt auch mein Wohlergehen in der fernen Schweiz zu einem grossen Teil von demjenigen der deutschen Autoindustrie ab. Also absolut kein Grund zum Frohlocken.
    Den hatte ich heute in anderer Hinsicht. Vor einigen Wochen klagte mir ein Kumpel sein Leid. Er hatte vor drei Jahren ein altes Motorrad Jg. 37 in recht brauchbarem Originalzustand gekauft. An seiner Stelle hätte ich mich draufgesetzt und wäre die nächsten zwanzig Jahre damit herumgefurzt, hätte ab und zu mal etwas repariert und mich ansonsten eines schönen Motorradfahrerlebens erfreut.
    Aber ich bin ja auch schon etwas erfahrener als er, wenn man damit umschreiben will, dass ich schon öfter Opfer origineller "Spezialisten" geworden bin. Ihm ist dies zum ersten Mal passiert, und drum musste er auch gleich die Vollpackung kassieren.
    Das kam so...wie gesagt hatte er das Motorrad und war reichlich unbedarft im Umgang mit einem derartigen Gerät. Schnell fand sich auch ein in Clubkreisen hochgelobter und weitherum bestens bekannter Spezialist, der ihm das Motorrad zu einem Freundschaftspreis, wie das unter Clubkollegen üblich ist, restaurieren würde.
    Den Rest der Geschichte kennen alle, die schon mal irgendwie mit Oldtimern zu tun hatten: die Geschichte dauerte bisher drei Jahre. Alles, was mein Kumpel von seinem Motorrad kannte, waren Rechnungen und Einzahlungsscheine. Bisher hat er neben dem Kaufpreis schon rund viertausend Euro in das Gefährt gesteckt. Angesichts dieser Summe müsste eigentlich ein beinahe fertig restauriertes Motorrad dastehen, wäre so meine seltsame Meinung. Dass sich auf Anhieb im Internet mehrere Maschinen desselben Typs, toprestauriert, für je rund 6000 Euro fanden, liess meine Erwartungen zudem steigen.
    Nun bin ich solchen Hilferufen gegenüber heute recht aufgeschlossen. Ich wäre früher selber oft sehr froh gewesen, hätte ich so einen geduldigen Kumpel mit einer mechanischen Werkstatt gehabt....heute bin ich er selber. Also habe ich meinem Kumpel angeboten, das anscheinend fast fertige Motorrad hier in unserer Werkstatt zusammenzubauen, respektive ihn dazu anzuleiten, damit er dabei die Maschine kennenlernt. Dazu musste er sie aber erstmal zurückhaben.
    Was wohl keinen erstaunt, weil auch bestens bekannt, war die frostige Reaktion des "Spezialisten", die haarscharf an der Grenze zur Beleidigung entlangschlitterte. Damit war zu rechnen. Die Einwände, er wolle das Motorrad, oder zumindest den Motor, wenigstens selber wieder zusammenbauen, stiessen bei uns angesichts der bereits verstrichenen Zeit und der Ankündigung einer 60%igen Preiserhöhung weiterer Arbeitsstunden auf taube Ohren.
    Und so kam es heute zum Unausweichlichen: wir fuhren heute nach Anmeldung los, quer durch die halbe Schweiz, rund um das Verkehrschaos von Zürich und kamen prompt zwanzig Minuten verspätet vor dem Haus des "Spezialisten" an. Dort erwartete uns vor dem Haus ein ungeordneter Haufen Teile, notdürftig in Kisten gestopft, dazu ein Zettel am Rahmen des Motorrads: "Liebe Kollegen....wir hatten um fünf Uhr abgemacht...blablabla"
    Er tauchte dann aber doch noch auf, und nach einigem Bemühen schaffte ich es dann doch noch, ihm annähernd gleich unsympathisch zu erscheinen wie er mir.
    Aber lassen wir persönliche Sympathien mal aus dem Spiel und widmen uns dem armen Motorrad. Bisher habe ich noch nicht viel mehr als einen neu lackierten Tank und Schutzbleche sowie einige neu verchromte Teile gefunden. Dazu einen frisch geschliffenen Zylinder mit neuen Ventilen und Führungen und einen neuen Kolben samt Ringen. Auf den komme ich gleich nochmal zu sprechen.
    Was ich aber bisher vergeblich gesucht habe, ist irgendetwas, was die Ausgabe von 4000 Euro rechtfertigt.
    Nun ist mein Kumpel ja immerhin schlau genug gewesen und hat sich eines der zuverlässigsten Motorräder der Vorkriegszeit gekauft, es hat sogar noch vor wneigen Jahren am Klausenrennen teilgenommen. Damit will ich sagen, dass es sich dabei keineswegs um exotische Technik handelt, an sich würde man es wohl eher als "Bauernmotorrad" bezeichnen. Aber als er die schön glänzenden Oldtimermotorräder in der Sammlung des "Spezialisten" sah, konnte er wohl nicht widerstehen. Ein Schicksal, das vielen von uns geläufig sein dürfte.
    Wir haben das Motorrad dann wohlbehalten in unserer Werkstatt untergebracht. Dabei konnte ich natürlich nicht widerstehen und hatte sofort einige Teile zur Begutachtung in den Fingern. Unter anderem zwei Kolben mit Ringen, den alten und den neuen. Irgendwie fühlten sich die beiden nicht gleich an, also packte ich sie schnurstracks auf die Waage. Und siehe da...der neue wiegt 412 Gramm, der alte aber nur 307. Zudem sehe ich bisher keinen technischen Grund, der zum Tausch zwingt.

    Dieses Geschichtchen in der Geschichte aus der Fünferwerkstatt ist zwar etwas artfremd in Bezug auf den Helden dieser Geschichte. Aber da ich diese Geschichte schon so oft erlebt habe, glaube ich nicht mehr an eine Ausnahme von der Regel und werde in Zukunft besonders fies grinsen, wenn ich mal wieder von den Nachwuchssorgen irgendwelcher Oldtimerclubs höre. Und irgendwie wollte ich es doch auch mal loswerden. Und auch gleich eine Erklärung mitliefern, warum ich auf Oldtimerclubs pfeife.

    Vom Helden gibts überigens auch heldenhaftes zu berichten. Dieses Jahr hat er schon einiges über tausend Kilometer abgespult, ohne zu murren, über Stock und Stein, und natürlich auch auf asphaltierten Strassen mitten im Getümmel seiner Nachfahren. Mittlerweile ist er wohl so fahrbar, wie ein Fünfer nur sein kann, vor allem dank seiner verbesserten Bremsen. Ich fühle mich mittlerweile sicher genug, um manchmal auch recht flott herumzuflitzen.
    Auch nach zwei Jahren ist meine Begeisterung noch um keinen Millimeter geschrumpft. Ich sehne mich wie am ersten Tag nach den Momenten, wo ich aus der Firma abschleichen kann und meine Runden mit der Fahrmaschine drehen darf.
    Der Held selber steht wohlbehütet in seiner kleinen Garage, die er sich mit den Hamsterstreureserven unseres Sohnes teilt und erfreut sich einer absolut nicht oldtimergemässen Dreckschicht. Kürzlich habe ich sogar etwas Rost entdeckt....

    jetzt aber !
    Grüsse ausm beinahe frühlingshaften Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 19.05.2009, 08:11


    Zwei Jahre sind es jetzt, seit ich zum ersten Mal am Steuer meines Fünfers Platz genommen habe. In diesen zwei Jahren hat er mich sehr viel gelehrt, und das nicht nur seine Mechanik betreffend. Wenn ich in letzter Zeit wenig berichtet habe, dann liegt das sowohl an seiner sehr zuverlässigen Mechanik als auch am philosophischen Aspekt meiner kleinen Ausfahrten. Leider lässt sich von solchen Fahrten wenig Bewegendes berichten, ebensowenig wie von dramatischen technischen Problemen und ihrer Lösung.
    Als wohlmeinender Autobesitzer kam mir letzthin in den Sinn, sowohl Hinterachse als auch Getriebe einen Ölwechsel zu spendieren. Der abenteuerliche Teil war allerdings eher die Suche nach geeigneten Schmierstoffen. Modernere legierte Öle kommen für diese altertümlichen Konstruktionen nicht in Frage, sie sollen anscheinend gewisse Buntmetalle angreifen. Die in Frage kommenden Öle entsprechen den Klassen GL1 oder GL2 und werden bei vielen Vorkriegsfahrzeugen vorgeschrieben.
    Da ich nur eine relativ kleine Menge benötigte, machte ich mich erstmal auf die Suche bei den regionalen Oldtimerwerkstätten. Aber die hatten allesamt nichts an Lager, wahrscheinlich verkaufen die halt lieber Getriebereparaturen. Ein Geheimtip führte mich dann zu einem Spezialhändler, der mir je einen Liter zum Apothekenpreis verkaufte.
    Bei meinem Motorenöl, dem beliebten SAE30 Premium würde es sich wohl gleich verhalten, hätte ich nicht vor Langem gemerkt, dass diese Ölsorte heute noch billig als sogenanntes Kompressorenöl zu haben ist.
    Da ich noch ein Auto mit 35 Liter Ölinhalt im Motor auf der Seite habe, sind solche Überlegungen gerade auch vor dem Hintergrund eines regelmässigen Ölwechsels essentiell.
    Das Differentialgehäuse habe ich der Einfachheit halber gleich geöffnet, um auch den Bodensatz entfernen zu können. Dabei zeigte sich, dass ich bereits die spätere, spiralverzahnte Version fahre, und nicht mehr die legendäre und im Störungsfall unbezahlbare Winkelverzahnung. Im Schlamm zeigten sich schwache Spuren von abgeriebenem Buntmetall, ein Defekt ist aber nirgends auszumachen.
    Anders beim Getriebe. Als ich das Öl dort abliess, dachte ich unwillkürlich an Kupferpaste. Der Hohlraum der Ablasschraube war randvoll mit Bronzepulver und kleinen Spänen. Dabei liess sich das Getriebe sehr gut fahren, und wirklich leise sind die Dinger ja nie gewesen.
    Jedenfalls widerstrebt es mir, in diesem Zustand weiterzufahren. Und so werde ich die kommenden Schlechtwettertage wohl zu nutzen wissen. Glücklicherweise lässt sich das Getriebe relativ leicht ausbauen, der Motor bleibt dabei vor Ort.
    Ein verträumter Blick auf die im Internet publizierten Explosionszeichnung des Getriebes zeigte eigentlich nur eine erkennbare Bronzebüchse, die die Hilfswelle für den Rückwärtsgang führt. Mit etwas Glück ist es also nur eine kleine Sache.

    Dann gibt es noch einiges aus meinem Zweiradstall zu berichten. Ich mag ja bekanntlicherweise jede Art motorisierter Gurken, und so haben sich im Lauf der Jahre auch einige recht seltsame Motorräder bei mir angesammelt. Eines davon habe ich heute durch unseren Tüv bekommen, was insofern erstaunen mag, als das Fahrzeug weder über eine wahrnehmbare Bremse noch ein funktionierendes Rücklicht verfügte, zudem klebte die Kupplung (Mistding, elendes - nach all der Zärtlichkeit !) und der Vorderreifen war rissig. Das passte wohl zum hirnrissigen Fahrer, jedenfalls bin ich damit durchgekommen. Wobei das Detail mit der Bremse eher am Wetter lag, wenn so eine Riemenscheiben-Klotzbremse nass wird, bremst sie soviel wie ein Satz ausgefahrener Segelohren.
    Das Motorrad selber verdient durchaus auch eine etwas detailiertere Erwähnung. Es wurde 1925 in Gränichen im Kanton Aargau gebaut als eines von insgesamt rund 3000 gebauten Exemplare des damals meistverkauften Leichtmotorrads der Schweiz. Da die Firma Zehnder & Söhne nur diesen einen Typen im Angebot hatte, wenn auch in diversen Versionen, bürgte sich schnell der Name Zehnderli ein. Die Konstruktion beruhte auf einem Leichtmotorrad von Fritz Gockerell, der davon kurz nach dem ersten Weltkrieg einige Exemplare in Berlin fertigte. Hier einige Bilder von dem Gerät:
    http://www.pixum.de/viewalbum/id/4259202

    Nun, der Kanton Aargau ist wohl der letzte Ort in der Schweiz, den man als Ursprung geiler Motorräder vermuten würde. Eigentlich bauen wir dorthin unsere Atomkraftwerke. Aber meine Maschine ist ein sogenanntes Sportmodell, das heisst, sie hat einen niedrigen Lenker und Fussrasten anstelle der Trittbretter des Tourenmodells. Und sie besitzt einen unheimlichen Grinsfaktor. Die Fahreigenschaften lassen einen an einen motorisierten Gartenhag denken, obwohl die Vordergabel ja zum Kompliziertesten gehört, was die damalige Industrie zu bieten hatte. Der Motor ist ein herrlich unzivilisierter Geselle, der erstmal gemütlich heissgefahren werden will, bevor er sein wirkliches Gesicht zeigt. Seine zweitaktenden 110ccm ergeben trotz des Alters von 84 Jahren ganz erstaunliche Fahrleistungen. Und wie immer im Umgang mit solchen Fahrzeugen können sich 60kmh verdammt schnell anfühlen...
    Nachem ich Tüvseidank jetzt weder sechs Jahre Ruhe habe, werde ich mich nächstens dem Thema Optimieren der Fahrleistungen widmen. Ausserdem habe ich zwischenzeitlich ein Dreiganggetriebe aufgetrieben, damit liesse sich das Loch zwischen erstem und zweitem Gang des bestehenden Getriebes trefflich ausfüllen. Und schliesslich gilt es noch herauszufinden, wie ich einer mit Kork belegten Kupplung das Rupfen abgewöhne.

    Und schliesslich konnte ich dann mal wieder nicht widerstehen. Ich habe schon seit Längerem den Traum von einem ganz frühen Motorrad gehegt, beliess es aber aus Kosten- und Vernunftsgründen beim Träumen. Nun bin ich den Resten eines Terrot-Zedel Motorrads von 1908 begegnet, die in erster Linie aus dem teilweise erhaltenen Rahmen mit einem Motor und Tank bestehen. Aus optischen Gründen wurde das Fahrzeug zwar vor vielen Jahren ergänzt, aber nie fahrtauglich eingerichtet. Von seiner Vergangenheit als Stationärmotor zeugen noch die abgesägte und falsch ergänzte Hintergabel und die völlig falsche Riemenscheibe auf der Kurbelwelle des Motors.
    Andererseits waren diese frühen Motorräder recht einfach aufgebaut und es sollte eigentlich machbar sein, das Ding wieder korrekt zu ergänzen und auf die Strasse zu bekommen. Immerhin ist das fast die einzige Möglichkeit ein Fahrrad mit einem 250ccm Motor zu fahren...

    Dies mein eigentlich kürzer beabsichtigter Zwischenbericht.
    Gruss ausm Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 19.05.2009, 08:12


    Seid geerdet, Grüsslinge !

    Es ist mir beinahe peinlich, nichts ernsthaft Neues vom Fünfer berichten zu können. Aber das Ding läuft einfach und bietet kaum Anlass zu ernsthaften Sorgen. Selbst das Getriebe wurstelt sich irgendwie weiter, was auch gut so ist. Denn momentan bin ich mit einem anderen Gerät zugange...

    Ich hatte ja bereits von dem seltsamen Vehikel erzählt, das sich damals als Leichtmotorrad verkaufte und aus einer Gegend kommt, der man einen derart schrägen Humor eher nicht zutrauen würde.
    Nun hat mich vor zwei Wochen der Teufel geritten und ich habe mich für die Neuauflage der Zuverlässigkeitsfahrt Weinfelden-Basel-Weinfelden angemeldet. Das sind insgesamt 300km, für die sieben Stunden effektive Fahrzeit zur Verfügung stehen.
    Diese Fahrt wurde 1906 durchgeführt. Gegenüber damals hat sich zwar der Strassenbelag erheblich verbessert, um diesen Vorteil auszugleichen, wimmelt es heute von den üblichen Hindernissen, denen man in modernen, einigermassen dichtbesiedelten Gebieten so begegnet. Pferdefuhrwerke sind heute kein Thema mehr, dafür hat es heute sehr viel mehr andere Rösser auf den Strassen.
    300 Kilometer in sieben Stunden ist ja keine Sache...ausser man bewegt sich auf einem zweitaktenden Leichtmotorrad von 1925, das eigentlich schon damals reichlich veraltet war. Bisher war Geschwindigkeit für mich noch kein wirkliches Thema, ich war schon recht froh, das Ding überhaupt halbwegs vernünftig zum Laufen zu bekommen. Aufgebaut hatte ich es aus zwei Kisten voller Schrott, wobei das Schwierigste war, an brauchbare technische Informationen heranzukommen. Die Männer, die sich damit auskannten, sind jetzt um die Neunzig, allerdings habe ich davon erst einen gefunden. Ihm verdanke ich beispielsweise die Erkenntnis, dass ich eine falsche Primärübersetzung montiert hatte.
    Aber nun stellte sich das Problem der Langstreckenfahrt. Dazu musste das Gerät definitiv schneller als 45 fahren.
    Nach einigen Experimenten mit verschiedenen Primärübersetzungen war mir dann klar, dass das Problem anderswo liegen musste. Und so durchfostete ich meinen Fundus nach alten Zylindern. Ich hatte zwar einen neuen Satz Kolben und Zylinder von einem baugleichen Stationärmotor montiert - ungebraucht dank dem schweizerischen Zivilschutz, der recht eigenartige Notstromaggregate besass - aber irgendwie drängte sich mir der Verdacht auf, dass da etwas nicht stimmen konnte.
    Und so sass ich letzten Samstag auf dem Hof, bewaffnet mit Schiebelehre, Papier und Alteisen. Dabei konnte ich dann feststellen, dass die originalen Zylinder sich teilweise auch voneinander unterschieden, der Zylinder vom Stationärmotor war aber stark gedrosselt. Da sich in meinem Fundus auch einige historische Rennzylinder befinden, konnte ich auch gleich herausfinden, wie damals in der Fabrik die ganz schnellen Maschinen gebaut wurden.
    Bei meiner Maschine blieb ich allerdings innerhalb der Grenzen der Originalzylinder, feilte die Schlitze im Zylinder auf die bestmöglichen Masse auf, brach die Kanten und baute das Teil dann wieder zusammen. Mit erstaunlichem Resultat. Der zur Kontrolle missbrauchte BMW-Fahrer bestätigte mir dann gute 60kmh. Und halten tuts anscheinend auch, jedenfalls hat mich der Mut gestern erst im Luzerner Hinterland verlassen, als sich eine Regenfront am Himmel abzuzeichnen begann. Glücklicherweise war das Timing aber soweit optimal, dass ich trotz Besuchs meiner Stammimbissbude trocken nach Hause kam.
    Als nächstes werde ich mir noch einige Spässe mit dem Auspuff erlauben. Weniger ist da möglicherweise mehr, wie so oft im Leben.

    fröhliche Grüsse vom Tellerrrand,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 22.05.2009, 15:45


    Mahlzeit,

    60km/h Durchschnitt waren 1902 noch viel schneller, weil es auf der ganzen Strecke Paris-Berlin nicht einen einzigen asphaltierten Kilometer gab, dafür aber Kopfsteinpflaster und Schlaglöcher. Aus eigener Erfahrung kann ich dazu nur sagen, dass solche Leistungen nur unter Einsatz eines, mit einer kräftigen Portion Todesverachtung garnierten, breiten Grinsen möglich waren.
    Die Fernfahrt Paris-Nizza 1925 hat ganze Generationen von Zehnderfahrern beflügelt. Die Werksfahrer fuhren damals einen Durchschnitt von 68km/h, und dies mit einer Gurke, die im Alltagsbetrieb schon als saugut galt, wenn sie mal auf 60 kam. Dieser Tatsache verdanken wir einige Jahrzehnte voller sehnsuchtsvoller Versuche und herrlichem Unfug.
    Und genau diesen möchte ich noch einige Jahre weitertreiben. So ganz im Sinne des Lebendigerhaltens mobilen Kulturguts. Oder so. Oder blabla.

    Jedenfalls habe ich mich kurz mit dem Thema Auspuff befasst. Erstmal die Drehspäne rausgezupft, die ich fürs Vorführen reingestopft hatte. Dann habe ich dem Innenleben des Auspufftopfs mal einen tiefen Blick geschenkt, und siehe da: es hatte eine Trennwand mit einigen Löchern drin. Logischerweise waren das zuwenig Löcher, wie immer in solchen Situationen. Also habe ich höflichkeitshalber und aus Respekt vor dem Motor flugs ein schüchternes Zusatzloch mit dem 12er Bohrer montiert.
    Dann wollte ich es aber trotzdem mal noch eben wissen.... Ich hatte mir vor einiger Zeit einen kleinen Megaphonauspuff gebastelt. Der lag da so unschuldig herum und wartete auf einen sinnvollen Einsatz. Montiert war er in einer Minute, aber...nach einem kurzen Startversuch kam es zu fünf Zündungen, die mir beinahe die Trommelfelle zerfetzten. Somit war klar, dass ich den Megaphonauspuff nur zu besonderen Gelegenheiten wie katholischen Feiertagen einsetzen kann. Im Alltag wäre das dann doch ein recht dicker Hund. Aber während ich das hier so schreibe geht mir bereits eine neue Version meines Megaphons durch den Kopf....
    Zurück zum Ernst des Lebens. Der normale Auspuff, mit neuem Loch in der Prallscheibe, war zwar gut und recht, aber das Gerät lief mir immer noch zu fett, ausserdem hatte der Gashebel nach halber Öffnung kaum noch eine spürbare Wirkung. Also kratze ich mich hinterm Ohr, bis mir klarwurde, dass ich nicht nur die Vergaserdüse alleine ändern muss, sondern auch den auswechselbaren Lufttrichter im Vergaser, auch bekannt als Venturidüse. Nun machte ich etwas, was eigentlich allem gepflegten Frisieren widerspricht: ich drehte mir schnell eine kleinere. Das Resultat war durchaus angenehm, der Gashebel wirkte bereits auf dem ganzen Weg, nur das Viertaktern vom zu fetten Gemisch blieb mir erhalten. Ein Blick auf die Zündkerze bestätigte meinen Verdacht. Also flugs die Düse raus und das Loch verkleinert. Das geht - allerdings nur bei zylinderischen Düsen, die sich in einer Spannzange stauchen lassen. Zum Messen des sich verkleinernden Bohrungsdurchmessers verwendete ich eine Düsenreibahle.
    Und so kam es, dass mein Zehnderli endlich, nach all den Jahren, anständig läuft, nicht mehr viertaktet und sauber bis 60 durchzieht. Bergab dürfte jetzt auch einiges mehr drinliegen, da der Viertaktende Motor das Gerät ja obenrum eher ausbremste. Die Geräuschentwicklung ist durchaus positiv zu werten, jedenfalls im Sinne hemmungsloser Lebensfreude. Ausserdem macht sie die Ballonhupe so herrlich absurd.
    Morgen baue ich den Magneten auf eine manuelle Zündzeitpunktverstellung um....

    Etwas erstaunt war ich allerdings ob der Reaktionen relativ Unbeteiligter. Wo beim Bewegen der Fünfers im modernen Verkehr die Heldenhaftigkeit des Fahrers eher weniger zum Thema wird, sieht es ganz anders aus, wenn man mit so einem fliegenden Heizkörper auftaucht. Zudem scheint mich hier mittlerweile jedes Schulkind zu kennen. Und unser Sohn murmelte etwas, er habe mein Gerät durchs halbe Dorf gehört.

    Der Fünfer hingegen muss momentan hinter meinen "Rennvorbereitungen" etwas zurückstehen. Noch schwappt schlicht frisches 90er Getriebeöl im lädierten Getriebe, aber die möglicherweise durch die fehlenden Späne verstärkte Geräuschkulisse hält mich momentan von längeren Fahrten ab. Aber jetzt stehen ja einige nette Feiertage an.

    Wohl dem, der noch ein Florett rumstehen hat! Der kann es nämlich ohne unnützes Zögern in Betrieb nehmen, mit einem Kennzeichen versehen und nebst dem bekannten breiten Grinsen auch noch Kultstatus geniessen. Zumindest hier bei uns sind die ehemaligen Arbeitermoderrädchen längst zum Kultobjekt avanciert. Und mit den modernen synthetischen Zweitaktölen entfällt auch die ehemals lästige Rauchfahne.

    Soviel am Vorabend eines herrlich sinnlosen Feiertags,
    Gruss ausm Südloch,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 17.07.2009, 14:32


    Leider ist dem André Citroen-Forum der Sever abgestürzt und alles war verloren !!


    ABER es gibt ja noch das PRAGA-Forum in dem es eine Kopie von Olivers Geschreibsel gibt (wenn auch ohne so manch einen Kommentar um den es nicht schade ist).

    Frohes weiterlesen ...........



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 17.07.2009, 14:35


    Nachtrag, letzter Beitrag vor dem Absturz:

    Nicht ärgern....cool bleiben ! Eigentlich wollte ich ja das Getriebe des
    Fünfers ausbauen. Bin auch recht weit gekommen, bis ich wiedermal an der
    stahlgewordenen Blödheit eines meiner Vorgänger hängengeblieben bin.
    Und das kam so: Wie üblich muss beim hinterradgetriebenen Fünfer zuerstmal
    die Kardanwelle vom Getriebe getrennt werden. Dummerweise verläuft beim
    Fünfer eine Querstrebe genau unter der Kardanwelle, was verhindert, dass man
    sie nach unten wegklappen kann. Dadurch steht sie dem Getriebeausbau im
    Wege, und die herkömmliche Art, diesem Problem zu begegnen, ist, die ganze
    Hinterachse zu lösen und nach hinten aus dem aufgebockten Auto zu ziehen,
    bis der Weg fürs Getriebe frei ist. Das ist natürlich recht viel Aufwand für
    einen faulen Hund, und deren gibt es mehr, als man meint. So haben viele
    Fünfer heute eine zersägte Traverse drin, mit einem geschraubten Mittelteil.
    Meiner hat das auch. Damit liesse sich die Kardanwelle mit wenigen
    Handgriffen aus ihrer misslichen Lage befreien. Toll, nicht ? Und die Strebe
    hat ja eigentlich nur die Funktion, die Trittbretter zu halten, also wird
    sie durch diese Vorgehensweise nicht einmal spürbar geschwächt.
    Aber wie das Leben so spielt ! Mein Mittelstück sass bombenfest, trotz
    entfernter Schrauben. Der Grund dafür war dann schnell entdeckt, irgendein
    Vollhorn war auf die gloriose Idee gekommen, das Mittelstück
    festzuschweissen....
    Womit wieder einmal bewiesen wäre, wozu blinder Aktionismus bei
    Motorfahrzeugen führt. Im harmlosesten Fall zu einer bereits
    rekordverdächtigen Fluchtirade.
    Und als ob das nicht genügen würde, hat der gloriose Mechaniker auch noch
    viel besser schweissen als denken können.

    Allerdings muss das Getriebe definitiv raus. Die Ausgangswelle hat derart
    viel Spiel, dass sie mühelos von Hand hin und hergerüttelt werden kann. Das
    ist sicher alles andere als gesund.

    Ende Zwischenbericht,
    einen schönen Tag wünscht
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 17.07.2009, 14:37


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    Erstmal ein kurzes Wort in eigener Sache. Meine Arbeitsweise stammt noch aus dem vorletzten Jahrhundert. Das heisst, dass ich frisch von der Leber weg schreibe und selber keine Aufzeichnungen davon behalte. Ich messe meinem Geschreibsel auch keine epochale Bedeutung bei, schliesslich mangelt es ja an vielem auf diesem Planeten, ausser an Worten.
    Jedenfalls hatte der Serverabsturz mich eiskalt erwischt, und ich schwankte lang, ob ich das nicht einfach als höheres Zeichen auffassen sollte, mit dem Blödsinn endlich aufzuhören.
    Nun hat sich aber ein meist ganz netter Praga- und Hanomagfreak erbarmt und den fehlenden Text wieder eingestellt. Dafür gebührt ihm mein Dank und auch eine gewisse Bewunderung...ich habe nämlich recht wenig Ahnung vom Virtuellen.

    Nun, dann wollen wir mal wieder. Ich war an Pfingsten mit dem Thema des fluchneutralen Getriebeausbaus beschäftigt. Am Pfingstmontag platzte mir dann der Kragen und ich griff zur Säge. Wenige Minuten später lag das Getriebe dann schon in der Werkstatt und hauchte seine letztes Öl aus.
    Da es heisst, man solle nur unlegierte Öle verwenden, war mir die Bronzebeimischung in meinem Öl nicht ganz geheuer. Rein optisch sah das eher nach Kupferpaste aus. Die Spannung stieg mit jeder gelösten Schraube, bis ich dann die beiden Wellen ausgebaut hatte.
    Gutes Timing ist bei solchen Reparaturen von grossem Vorteil. Ich hatte genau den Moment erwischt, wo sich eine grosse Bronzebüchse soweit pulverisiert hatte, dass ein Ausbau derselben nicht mehr nötig war. Aber eben rechtzeitig, bevor die Lagersitze Schaden genommen haben.
    Nun folgte das bekannte Ritual der Bronzesuche. Lagerbronze ist ja nicht unbedingt ein alltägliches Material, drum verstecke ich das immer gut in der Werkstatt, damit es nicht versehentlich verschwindet. Der Vorteil ist, dass man immer etwas Bronze auf der Seite hat, aber der Nachteil ist halt der, dass man erstmal zwei Stunden lang sucht, bis man das geniale Versteck vom letzten Mal gefunden hat.

    Die Hauptwelle des Fünfergetriebes besteht aus zwei Teilen. Damit die beiden sich nicht näher kennenlernen, wird normalerweise ein Bronzelager in die eine Hälfte eingepresst, damit die andere Hälfte es dann warm und gemütlich hat. Glücklicherweise liess sich die Büchse mit relativ wenig Aufwand nachfertigen, einzige Komplikation war eine Schmiernut. Dann flugs eingepresst und nochmal auf den Drehbank und den Innendurchmesser ausgedreht. Bronze ist ein recht lebendiges Metall, das im Falle einer Büchse seinen Innendurchmesser beim Einpressen verändert.
    Zusammengebaut wars dann recht schnell, eingebaut auch. Und was soll ich sagen ?
    Ruhe herrscht, das ganze schöne Gerassel ist flöten ! Dafür ist der Fünfer jetzt sogar einen Hauch schneller, weil er seine Energie jetzt nicht mehr zum Aufheizen des Getriebes verwenden muss.
    Bei der Gelegenheit konnte ich auch freudig feststellen, dass die Verzahnung meines Getriebes bei vernünftigem Umgang noch ein weiteres Jahrhundert durchstehen wird.

    Seither ist einige Zeit vergangen und wir haben wieder zweitausend Kilometer mehr auf dem Zähler. Recht problemlose.
    Leider bieten problemlose Kilometer wenig zum Erzählen. Aber etwas wäre da schon noch. Nämlich die grundsätzliche Haltung im Strassenverkehr.
    Wenn man mit einem derart kräftig untermotorisierten Auto im heutigen Verkehr mitschwimmt (problemlos möglich dank Opel), neigt man dazu, unbewusste Vergleiche mit modernen Autos anzustellen. Das ist zwar lustig, gerade wenn man in einem bald neunzigjährigen Auto sitzt, das die kommenden CO2-Vorschriften schon so lange erfüllt, aber der dauernde Vergleich wirkt sich unbewusst nachteilig fürs alte Auto aus. Steht man dann vor der Wahl, für eine kurze Besorgung im Nachbarort entweder die alte Morchel oder den danebenstehenden modernen Schlitten (in meinem Fall ein undefinierbarer 2CV) zu nehmen, fällt die Entscheidung tendenziell zu Gunsten des modernen Autos aus. Man denkt kurz an die 29 Ampeln auf dem Weg, den gnadenlos intelligent organisierten ÖV in unserer Gegend und die Geisteshaltung der meisten modernen Autofahrer - und steigt dann ohne viel Nachzudenken in die Ente.
    Der Trick dabei liegt in der Sichtweise. Man kann so ein altes Auto eigentlich erst richtig würdigen, wenn man eine zeitgenössische Sichtweise anwendet. Das heisst, dass die unterschwelligen Vergleiche nicht mehr mit modernen Autos stattfinden, dafür setzt ein Bewusstsein dafür ein, dass der Fünfer im Vergleich zu seinen damaligen Alternativen - Schuhsohlen, Fahrrad, Motorrad oder Fuhrwerk - ein unheimlich flottes Gerät ist. Hat man das erstmal verinnerlicht, ertappt man sich öfters bei einem Blick auf die nun plötzlich unheimlich schnell vorbeiziehende Landschaft und freut sich sehr über diese Art der Mobilität.
    Nun ist der Begriff der "Entschleunigung" ein schöner Ausdruck, der auf elegante Art umschreibt, was eine an ihrer eigenen Masse erstickende Gesellschaft zwangsweise durchmacht. Vor einigen Jahren sah man mich öfters am Steuer meiner Ente rumfluchen, weil ich trotz meiner minimalen Motorleistung immer noch hinter Opels u.ä. herschleichen musste. Damit hatte ich mich ja schon fast abgefunden, bzw, ich habe einige kleine Modifikationen an meiner Ente vorgenommen, um dem Thema einen Riegel zu schieben.
    In der Zwischenzeit wurden hier in meiner dichtbesiedelten Gegend wieder einige hundert neue Wohnungen gebaut - natürlich wie immer in solchen Fällen ohne jegliches Verkehrskonzept - und die Durchschnittsgeschwindigkeit in unserem Kanton ist jetzt auf einem Niveau, dass ich sogar mit meinen 11PS hinter modernen Fahrmaschinen rumdrängeln muss. Das ist echt ätzend. Dafür fällt die lange Beschleunigungsphase des Fünfers immer weniger ins Gewicht...

    So haben wir hier jetzt die herrlich absurde Situation, dass die heutige Zeit mein altes Auto immer moderner dastehen lässt. Immerhin ist es eines der ersten Autos, das auf die Verkehrssituation von 2009 zugeschnitten wurde. Vom Konzept her erfüllt es jetzt genau den Zweck, den auch ein Smart erfüllt. Ein zuverlässiges und wirtschaftliches Fahrzeug für den Ballungsraum, wobei die fehlende Autobahntauglichkeit durch ein ansprechendes Äusseres mehr als wettgemacht wird. Dazu kommt das absurde Bewusstsein, dass jedes Auto, das vor mir im Stau steht, mehr Heizleistung im Leerlauf besitzt, als mein Auto insgesamt und überhaupt.
    Überhaupt, eine gewisse Freude am Absurden ist beim Bewegen des Fünfers von sehr grossem Vorteil. Denn er hat die ganz besondere Fähigkeit, einem laufend neue absurde Details unserer Gesellschaft vor Augen zu führen.
    Zudem verblüfft es mich selber wenn ich mir so überdenke, wieviel Einfluss so eine alte Maschine auf die Denkweise eines "modernen" Menschen haben kann...

    Fortsetzung folgt...

    Gruss ausm Süden,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 30.07.2009, 21:34


    Ich weiss nicht, wie das andernorts mit Autos mit nur einer gebremsten Achse gehandhabt wird, aber hier ist damit bei 45kmh Schluss. Zumindest offiziell. Wobei auch hier das älteste Gesetz der Welt gilt: Du sollst Dich nicht erwischen lassen ! Oder Vorderbremsen nachrüsten...

    Mich haben sie erwischt. Zwar nicht mit dem Fünfer, sondern mit der Ente. Und zwar auf dem Bahnhofparkplatz neben einer unbezahlten Parkuhr. Etwas pikanter wurde die Situation durch die Tatsache, dass ich meine Kennzeichen nicht dabeihatte. Richtige Würze bekam sie dann aber erst, als die Politesse mich nach meinen ebenfalls abwesenden Ausweisen fragte...
    Glücklicherweise wird einem Entenfahrer eine gewisse Flapsigkeit im Umgang mit amtlichen Kultgegenständen unterstellt, jedenfalls kam ich ganz sicher viel billiger weg, als wenn ich das gleiche Spiel mit einem teureren und moderneren Auto getrieben hätte, und das Erklären fiel auch nicht so schwer.
    Das sind so Frauengeschichten der harmloseren Art.

    Und dann wäre da ja noch etliches zu berichten von einem ominösen Motorradrennen. Dazu spule ich die Zeit kurz zurück. Vor einigen Monaten meldete ich mich frischfröhlich und ohne viel nachzudenken für eine Zuverlässigkeitsfahrt über 300km für alte Motorräder an. Ich beschrieb vor dem Serverabsturz dann noch die Rennvorbereitungen, sprich: wie ich meiner Zehnder 110ccm von 1925 Dampf unterm Tank machte. Dazu gehörte auch das Auftreiben eines grösseren Benzintanks, was mit mit sehr viel Glück noch rechtzeitig gelang.
    Am Sonntag, dem 14. Juni machte ich mich dann mit Ente, Anhänger und Zehnder auf den Weg nach Weinfelden. Das ist ein relativ extrem witzloses Kaff im Thurgauer Watt, das aber an jenem Tag schon früh um sieben Uhr ohne nennenswerte Gegenwehr von heftigen Motorengeräuschen wachgeklopft wurde.
    Mit meiner Maschine rundete ich das Teilnehmerfeld so elegant wie effizient nach unten ab, es hatte sonst niemand den Mut, mit 1,3PS auf so eine Fahrt zu gehen. Die meisten Teilnehmer bewegten Motorräder aus den Fünfzigern und Sechzigern, frühere Maschinen waren schon seltener, und Geräte aus den Zehnern und Zwanzigern hatte es fast keine. Wo sind all die Weicheier von damals hin ?
    Da ein heisser Sommertag angekündigt war, hatte ich nicht wirklich warme Klamotten montiert. Das Resultat war, dass ich mich von sieben bis neun Uhr durch die halbe Schweiz schlotterte. Ab neun war es dann ganz angenehm, ich war ja auch noch frisch und hochmotiviert. In meinem Bestreben, aus der minimalen Leistung einigermassen das Maximum herauszukitzeln, passte ich meine Körperhaltung dauernd der Geschwindigkeit an. Je schneller, desto flacher. Steigungen, die ich im ersten Gang absolvieren musste, nützte ich zum Erholen auf dem Sattel, bevor ich mich dann wieder flach aufs Motorrad faltete, um bergab richtig schnell zu werden. Die erste vermeintliche Prüfung lag in Form des Bözbergs mitten auf dem Weg. Wider Erwarten furzte meine Maschine gemütlich und ohne einen Aussetzer bis auf die "Passhöhe", danach gings dann bergab mit uns. Und zwar so schnell wie noch nie, ich schätze, dass wir die 80er Grenze durchbrochen haben. Dabei habe ich immer nur für kurze Momente Vollgas gegeben aus Angst, den Motor bei voller Drehzahl zu zerlegen. Und nicht zuwenig Vollgas, aus Angst vor Mangelschmierung beim Zweitakter. Das dürfte der damaligen Fahrweise recht nahekommen, der Begriff „vollgasfest“ war damals noch recht neu und erstrebenswert.
    Ab elf Uhr wurde es dann richtig schön warm und ich konnte mich endlich richtig am Anblick der schwitzenden Kerle in ihren schweren Lederkombis erfreuen. Die Mittagspause verbrachte ich dann am Wendepunkt bei Basel, verlor aber nicht viel Zeit damit. Mittlerweile war mir klargeworden, dass ich geschwindigkeitsmässig wohl nicht im vorderen Feld dabeiwar. Zuerst ging auch alles gut, aber nach wenigen Kilometern begann meine Gurke zu mucken. Da wir uns recht gut kennen, war mir schon bevor der Motor abstellte klar, dass Benzinmangel die Ursache war. Da der Tank gerade frisch gefüllt war, konnte eigentlich nur Dreck in der Düse hängen. Glücklicherweise hatte ich meine Düsenreibahlen dabei und konnte die Düse schnellstens reinigen und weiterfahren.
    Leider begann nun das bekannte Spiel...drei Kilometer bis zum erneuten Abstellen, dann wieder putzen und los....dann noch einen Kilometer bis zum nächsten Ausfall. Und so kam es, dass ich dann mal eben den Vergaser auf einem Feldweg zerlegte, und siehe da: in der Schwimmerkammer stand eine Art Kaffeesatz schon so hoch, dass der Schwimmer oben anstand. Die Ursache war mir schon klar, der neue Tank war innen reichlich dreckig gewesen. Ich hatte ihn extra tagelang mit allen verschiedenen Reinigungs-, Lösemitteln und Splitt rumgeschüttelt und dabei wohl doch nur fast alles gelöst. Der Rest hatte sich gerade im Vergaser angesammelt, trotz neuem eingelötetem Sieb im Benzinhahn.
    Jedenfalls war die Ursache schnell beseitigt und die Hoffnung bestand zu Recht, dass es wieder lange gehen würde, bis erneut solche Probleme auftreten würden.
    Umso erstaunter war ich, als der Motor zwanzig Kilometer weiter erneut stehenblieb. Diesmal war die Ursache aber auf den ersten Blick ersichtlich, der Benzinhahn war gerade im Begriff, sich zu zerlegen, und entliess den kostbaren Stoff in geradem Strahl über den Zündmagneten und den heissen Auspuff. Ein kurzer Griff in die Misere zeigte mir, dass ich enorm Schwein hatte, die eine der beiden Schrauben, die den Benzinhahn zusammenhalten, war bis auf eine Windung herausvibriert. Ein paar Meter weiter und ich hätte sie verloren und dann wäre die Fahrt wohl zu Ende gewesen. So konnte ich trotz des auf dem Auspuff zischenden Benzins schnell zum Schraubenzieher greifen und das Problem beheben. Ich wartete dann noch einige Minuten bis die Benzinreste auf dem Motor verdampft waren und machte mich dann wieder auf den Weg.
    Der begann sich unheimlich hinzuziehen. Mittlerweile war es heiß, die Strassen von Sonntagsfahrern bevölkert, und ich hangelte mich so von Ortschaft zu Ortschaft. Spätestens nach sieben Stunden gewöhnt man sich selbst an den besonderen Reiz eines Motorrads aus der Frühzeit und man sehnt so langsam das Ziel herbei. Und so war ich zum ersten Mal im Leben wirklich erleichtert, als eine Thurgauer Ortstafel am Horizont auftauchte.
    Die letzte halbe Stunde bis Weinfelden fühlte sich dann wieder besser an. Den ursprünglichen aerodynamischen Elan hatte ich zwar mittlerweile eingebüsst, aber wir schafften es dann genau um vier Uhr durchs Ziel, begleitet von heftigem Applaus. Das war gerade so der letzte Moment, um noch in der Wertung zu bleiben. Knapp war es auch andernorts, ein Blick in den Benzintank zeigte gähnende Leere. Ich war gerade noch mit einer Schwimmerkammer voll Benzin durchs Ziel gerutscht.
    Erstaunlicherweise wurde ich aber nur Zweitletzter.

    fröhliche Grüsse von überm Tellerrand,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 08.08.2009, 14:38


    Wenn Fahrer von Citroen 5HP auf sog. Oldtimertreffen schräg angeschaut werden, dann könnte das etwas mit meinen Aktivitäten zu tun haben. Ich habe ja eine vorsichtig formuliert etwas kritische Haltung gegenüber der sog. Oldtimerszene, die sich humorgemäss in offener Subversion äussert. Es ist mir zwar mittlerweile auch klargeworden, dass ich es mit allen Anstrengungen nie schaffen werde, eine eigene Kategorie für mich im öffentlichen Schubladendenken zu bekommen, also habe ich mich schweren Herzens damit abgefunden, dass auch ich eine Facette dieser Szene bin. Und so konzentriere ich mich halt auf meine Fähigkeiten als enfant terrible.
    Auf unserem regionalen monatlichen Oldtimertreffen habe ich aber trotzdem beinahe eine eigene Kategorie für mich....der Fünfer ist meistens einer der ältesten Anwesenden, und immer der dreckigste. Früher gab es hier mal ein wunderschönes Sprichwort: "Ein sauberes Auto ist ein Zeichen für einen dreckigen Charakter..."
    Letztens hing ich an besagtem Treffen unauffällig auf einem Mäuerchen hinter dem diskret plazierten Fünfer herum, beschäftigte mich mit edlen Rauchwolken und wurde so Zeuge einiger Kommentare. Eine Zeitlang ging das auch ganz gut, bis dann ein augenscheinlich einem etwas teureren Oldtimer entstiegenes Ehepaar zuerst verlauten liess, dass sie auch so einen im Wohnzimmer hätten. Als dann der fast obligatorische Satz fiel: "Aber die Kühlerfigur ist nicht original..." fasste ich mir ein Herz und liess meinen Kragen platzen.
    Schliesslich trafen sie mich ja nicht ganz unvorbereitet, und so erlaubte ich mir einen fröhlichen Zusammenschiss. "An dem Auto ist überhaupt nichts original, und überhaupt, das ist auch kein blöder "Oldtimer" sondern schlicht ein altes Auto..." Die Reaktion der beiden war maximal, er sagte demonstrativ "Komm, wir gehen jetzt..." zu seiner Frau und die beiden zottelten ab. Während ich mir schon die ersten Gedanken machte, wo ich an Treffen in Zukunft am besten das Mikrofon verstecke...

    Ich habe in der Vergangenheit selber öfters zum Mythos beigetragen, alte Autos seien schwer zu fahren. Mittlerweile habe ich ein kerngesundes altes Auto und muss mir selber teilweise widersprechen. Klar, das unsynchronisierte Getriebe verlangt etwas mehr Handarbeit beim Fahren, aber wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, gestaltet sich das Fahren eigentlich recht mühelos. Die direktere Lenkung verlangt wohl nach mehr Kraft beim Einschlagen im Stillstand, dafür muss man bei fahrendem Auto bedeutend weniger herumkurbeln.
    Hat man dann noch das Glück einer brauchbaren Bremsanlage, dann kann man mit einem Fünfer sogar recht frech unterwegs sein. Tätigkeiten wie Drängeln machen mit so einem Auto noch viel mehr Spass als sonst schon. Meine ursprünglichen Hemmungen, weitere Strecken zu fahren, gehören längst der Vergangenheit an. Letzten Samstag packte ich unsere kleine Tochter, ein Kissen, eine Decke und etwas Verpflegung in den Fünfer und wir fuhren in die Nordschweiz. Da der Weg vorwiegend durch dichtbesiedeltes Gebiet führte, waren wir nicht merklich langsamer, als ein moderneres Fahrzeug gewesen wäre. Im Gegensatz dazu bleiben einem solche Ausfahrten jedoch lange im Gedächtnis erhalten. Auch ohne tonnenschwere Resultate.

    Womit ein heikler Punkt angeschnitten wäre. Der Fünfer hat nämlich einen grossen Bruder bekommen. Das hat zwei Ursachen. Erstens fühle ich mich mittlerweile soweit sattelfest in der Vorkriegsmaterie, dass ich mir etwas grösseres zutraue. Und zweitens wimmelt es infolge der Finanzkrise von interessanten Angeboten.
    Vor einem halben Jahr begegnete ich dem Wagen erstmals in einem Kleininserat. Er entsprach ziemlich genau dem, was ich schon seit längerer Zeit im Auge hatte: ein grosser, offener Tourenwagen der Zwanzigerjahre mit genügend Dampf unter der Haube, um gelegentlich mal einen umherdümpelnden Opel zu zersägen. Dieses Anforderungsprofil lässt sich mit europäischen Autos nur unter Einsatz von recht ansehnlichen Beträgen erfüllen, ganz anders sieht es aber bei den Amerikanern aus.
    Die waren genau aus demselben Grund auch damals recht beliebt, und da unsere heimische Autoindustrie den Markt bei weitem nicht abdecken konnte, verkauften sich solche Autos damals bei uns recht gut. Und so begab es sich, dass ich zu einem beinahe angenehmen Preis den offenen Tourer eines ehemaligen Züricher Fabrikbesitzers bekomme.
    Aus zweiter Hand, mit frisch revidiertem Motor und einigen recht besonderen Details. Dazu müsste ich aber nochmals kurz etwas ausholen. Und zwar in der Form eines Rückblicks auf die tränengasreichen frühen Achtzigerjahre. Damals trieb ich mich oft in Zürich herum, wo verschiedene Kämpfe um autonome Jugendzentren für viel Bewegung sorgten. Während dem AJZ beim Bahnhof ein eher unrühmliches Ende beschieden war - es wurde von den Betreibern selber geschlossen, nachdem die Zustände unhaltbar geworden waren - konnte ein anderes Projekt sich langfristig durchsetzen: die rote Fabrik. Und genau hier schliesst sich für mich der Kreis wieder, denn besagte Fabrik war vor vielen Jahren der Hauptsitz des Schweizer Generalimporteurs besagter Amerikaner. Und da jener aus steuertechnischen Gründen die Endmontage der Wagen in die Schweiz verlegte, wurde daraus eine richtige Fabrik.
    Mein roter besitzt einige Besonderheiten, wie beispielsweise eine Beleuchtungsanlage von Scintilla aus der Schweiz. Und was den Wagen besonders interessant macht, ist eine recht aufwendige Zusatzkonstruktion oberhalb des Vergasers. Diese solle gerüchteweise dazu gedient haben, den Benzinverbrauch mittels Wasserbeimischung zu reduzieren. Es sollen sogar entsprechende Patente existiert haben. Somit ist eines sicher: auch über dieses Auto lässt sich viel erzählen...
    Offene Tourer sind zwar in meinen Augen eine der schönsten je gebauten Karrosserieformen, aber leider sind sie heute genauso schlechtwettertauglich wie damals. Die damalige Lösung waren sogenannte Steckfenster, mit denen der Wagen seitlich geschlossen werden konnte. Meharifahrer kennen das Zeug, flatterhafte Fenster aus einer theoretisch total transparenten Folie. Dass diese Art der Fenster nicht wirklich angenehm ist, liegt einerseits an den optischen Störungen, die sie mit sich bringen, und andererseits an der Tatsache, dass sie sich nicht öffnen lassen.
    Nicht so beim roten: der hat eine ganz nette Zusatzausrüstung aus der Zeit, schiebbare Seitenfenster aus Glas. Das muss damals ein Schweinegeld gekostet haben und erhöht den Nutzwert ungemein.
    Das wirklich Bemerkenswerte an dem Wagen ist die Erhaltung. Ich habe noch selten ein Lederinterieur mit einer derart schönen Patina gesehen, dazu in erstklassigem Zustand. Auf jeden Fall freue ich mich schon drauf, hier einen Link zu einigen Bildern des Neuen einzustellen - auch wenn er mit Citroen reichlich garnichts zu tun hat. Aber als Citroenergänzung ist er nicht übel, und für den berühmten Blick über den Tellerrand erst recht. Besonders, da die üblichen Besitzer solcher Autos meist weder kommunikativ noch humorvoll sind, geschweige denn schräg.

    mit fröhlichem Gruss vom verregneten Alpenrand,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 15.09.2009, 10:24


    Irgendwie ist es ruhig geworden um den Fünfer. Was aber beileibe nicht daran liegt, dass er das übliche Schicksal eines Vorkriegsautos erleidet: sang- und klangloses Untertauchen in einer Garage, nach einer halbherzigen Saison mit wenig Begeisterung für das archaische Fahrgefühl.
    Es ist ja beinahe peinlich, aber die vermeintliche Ruhe kommt schlicht von seiner stoischen Zuverlässigkeit. Die richtig interessanten Geschichten haben ja meist irgendwelche Pannen, Defekte oder Unfälle zum Thema. Damit können wir nicht dienen. Nicht einmal mit haarigen Bremsmanövern, meine selbstgebastelte Vorderbremse scheint sich mit den 700kg des Autos nicht wirklich gefordert zu fühlen. Und auf die bei Zuschauern allseits beliebten Startschwierigkeiten beim Ankurbeln kann man lange warten. Vergaser kurz antupfen, eine halbe Kurbeldrehung langsam zum Einatmen, dann eine schnelle halbe Drehung - der berühmte "Zwick" - und der Motor läuft. Jedesmal. Es ist schon fast beunruhigend.
    Natürlich wäre da ja auch der Elektrostarter, aber wo bleibt da der Spass ?

    Nach zweieinhalb Jahren recht aktiver Teilnahme am Alltagsverkehr hat es der Fünfer zu einem regionalen Bekanntheitsgrad gebracht, von dem Sonntagsoldtimer nur träumen können. Ich muss ihn nicht einmal mehr dabeihaben und werde täglich auf ihn angesprochen. Dabei macht es mir natürlich besonders Freude, darauf hinzuweisen dass er die aktuellen CO2-Vorschriften schon seit 86 Jahren erfüllt. Das muss man dem Auto schon lassen, man wird dadurch öfters von netten Menschen angesprochen.
    Dass auf seinem Heck ein fetter "Atomkraft ? Nein danke !"-Aufkleber prangt, und der Fahrer sich aus einer gewissen Verweigerungshaltung gegenüber der aktuellen Konsumgesellschaft zu ebendiesem Fahrzeug bekennt, gibt den Gesprächen dann meist die gewisse Würze.

    Mittlerweile habe ich meinen Fahrstil weiterentwickelt. Entenfahrer wissen: wenn man mit wenig Leistung einigermassen zügig vom Fleck kommen will, dann darf man bei lächerlichen Hindernissen wie Kreiseln auf gar keinen Fall vom Gas gehen, vom Bremsen ganz zu schweigen. Entscheidend ist dabei alleine die Kurventechnik, unerlässlich sind Mut und ein gutes Kennen der Grenzen des Fahrzeugs. Der Schwachpunkt des Fünfers im heutigen Verkehr ist ja seine brutale Motorleistung, die man kaum vernünftig auf die Strasse bekommt. Jedenfalls drängt sich dieser Gedanke nach jeder einminütigen Beschleunigungsphase von null auf sechzig erneut auf. Moderne Zeitgenossen würden jetzt wohl zu modernen Massnahmen greifen und die brachiale Gewalt des Fünfermotors mittels einer den freien Abgasfluss hemmenden Turbine zu zügeln trachten. Oder sie würden die Räder durch ganz breite 10"-Walzen ersetzen, um so das Auto näher ans Gravitationszentrum unseres Planeten heranzukriegen und durch das erzielte höhere Gewicht eine bessere Kraftübertragung zu ermöglichen.
    Tatsache ist aber, dass auch bei allen heute zur Verfügung stehenden Kniffen nur elf von den dreihundertsiebzig Pferdestärken des Motors auf der Strasse ankommen. Die anderen sind gerade am Gauloisesrauchen.
    Ein der natürlichen Würde des Fünfers weitaus angemessenerer Weg, diesem Problem zu begegnen, ist die Perfektionierung des pragmatischen Fahrstils. Ich muss allerdings zugeben, dass ich recht lange gebraucht habe, bis ich mich wirklich zu entfalten getraut habe. Bei moderneren Fahrwerken ist der Grenzbereich ja recht breit und beherrschbar, aber wie ist es, wenn man mit einem blattgefederten Hobel ungebremst durch einen Kreisel wetzt ? Das Herantasten ging dann auch viel vorsichtiger vonstatten als damals bei der Ente...wobei dieser Vergleich an sich ja recht absurd ist.
    Mit dem Erfolg wuchs dann auch der Mut. Mittlerweile traue ich der Fahrwerk soweit über den Weg, dass ich unter voller Ausnützung des Federwegs um die Ecken feile. Erstaunlicherweise scheint das immer noch innerhab der vom Hersteller vorgegebenen Grenzen zu sein, denn auch bei heftiger Schräglage der Karosserie bleibt das Fahrwerk sehr spurtreu und schluckt auch kleine Bodenwellen ohne spürbaren Versatz. Da die allermeisten Fahrer so alten Eisens wohl eher selten sportliche Ambitionen im Alltagsverkehr ausleben, wusste ich schlicht nicht, dass auch so alte Kisten richtig herzerfrischend entenmässig in die Kurve liegen können.
    Da Citroen das konstruktiv ermöglicht hat, mache ich mir jetzt auch kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich wiedermal ein ganzes Rudel moderner Autos im Kreisel abhänge. Spätestens beim nächsten haben sie mich ja wieder eingeholt. Jedenfalls meistens, und das könnte einem ja zu denken geben.

    Das musste mal gesagt werden.

    Gruss ausm eher kühlen Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 18.09.2009, 11:44


    Ha ! Doch mal wieder ein Defekt ! Ich bin richtig stolz...

    Aber halt auch wieder eher einer der harmloseren Art. Irgendwann gestern am frühen Abend im Berufsverkehr wurde mir bewusst, dass ich trotz entsprechender Schalterstellung keinerlei Licht an hatte. Beim Kolonnenfahren störte mich das nicht weiter, aber irgendwie liess mir das dann doch keine Ruhe.
    Nach kurzem Suchen erwies sich der Schlüsselschalter als Ursache, Strom kam zwar an, ging aber bei keiner Schlüsselstellung weiter. Da der Schalter noch genügend freie Kontakte hatte, liess sich das Problem durch Umstecken elegant lösen. Wenn die gleichlang halten wie ihre Vorgänger wird das beim nächsten Mal nicht mehr mein Problem sein...
    Und wenn es mir dann doch langweilig werden sollte, weiss ich jetzt schon, was ich tun könnte.

    Normalerweise lese ich keine wie auch immer gearteten Oldtimerzeitschriften. Dafür fehlt mir meist die Zeit, und in Sachen Humor verstehe ich ja auch keinen Spass. Nun bin ich über eine aktuelle Ausgabe des auflagenstärksten deutschen Magazins gestolpert und nahm eine ausufernde Porzellansitzung zum Anlass, wenigstens die Bildunterschriften zu lesen. Dabei stolperte ich über folgenden, ausgesprochen verdauungsfördernden Text:
    "Der Innenhof war wie üblich vollgestellt mit automobilen Kostbarkeiten" In der darauffolgenden Auflistung fand sich dann gleich meine Lieblingspersiflage eines Rennwagens der späten Nullerjahre: ein (American) LaFrance, nebst einigen netten alten Sportwagen und wenigen wirklichen Kostbarkeiten (Von denen übrigens keine einzige die Würde ihres Alters ausstrahlen durfte - alles sieht aus wie neu).
    Irgendwie geht mir die Verlogenheit jener Szene gelegentlich gehörig auf den Keks.

    Ich überlege allerdings, um meinen Nachfahren ein angenehmes finanzielles Polster zu verschaffen, einen 2002er Scania-LKW soweit umzubauen, dass er eine entfernte Ähnlichkeit mit einem 1980er Formel 1-Boliden hat. Dazu werde ich noch einige wohlklingende Gerüchte über einen verpatzten Weltrekord auf dem blöderweise im entscheidenden Moment nicht gefrorenen Bodensee in die Welt setzen. Das Ding lagere ich dann schön trocken und dunkel ein. Meine Urgrosskinder werden sich freuen. Und eine ganze Industrie wird erstehen, die alte LKW-Ruinen aus unseren Tagen zu geilen Formel 1-Rennern umbaut....oder vielleicht lässt sich ja was aus Gabelstaplern machen ?
    Und alle werdens toll finden.

    So absurd das klingen mag - es ist nicht wirklich abwegig. American LaFrance nahmen nie an einem Autorennen teil, es gibt keinerlei zeitgenössische Zeugen wie Bilder oder Zeitungsmeldungen, die einen Renneinsatz dieser LKW-Marke bei Autorennen belegen. Hingegen kennt jedes amerikanische Kind diese Marke als Feuerwehr-LKW.
    Aber wenn man grosszügig über das Detail hinwegsieht, dass sie um den Faktor 1,5 zu gross geraten sind gegenüber ihren echten Vorbildern, dann kann man erahnen, dass das Fahren damit schon Spass machen kann.
    Nicht weniger als das eines modernen Scania-LKW mit Rennkarrosserie es in siebzig Jahren tun wird. Spieltrieb sei Dank !

    Frohe Grüsse ausm Alltag
    mitm Fünfer, wünscht
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 12.10.2009, 11:27


    So langsam beginne auch ich, mich vom vergangenen Jahrtausend zu verabschieden. Oder vielmehr zu begreifen, dass meine Welt längst am untergehen ist. In meiner Welt konnte man noch Lebensmittel im Dorfladen kaufen, anständige Herrenhüte in der nächstgelegenen Chapellerie und bei Anzügen hatte man nicht nur die Wahl zwischen ein- und zweireihig geknöpft, sondern es gab auch solche aus dicken, wintertauglichen Stoffen. In Gesprächen musste ich nicht so oft wie heute eine vereinfachte Version meiner soeben gesprochenen Worte hervorsuchen, um mich verständlich zu machen.
    Es war die Zeit als nicht CEOs, sondern Patrons Betriebe leiteten. Und es war auch die Zeit, als wir uns noch Mühe gaben und wenigstens versuchten, auf französisch zu antworten, wenn jemand eine Frage in dieser Sprache an uns richtete.
    Als Vertreter einer aussterbenden Art fühlt man sich manchmal recht einsam...

    Um heute noch einen antändigen Hut zu kaufen muss ich entweder die halbe Schweiz durchqueren, um in einem der letzten Hutläden irgendwelche Restbestände zu finden, oder mich mit seltsamen Flohmarkthändlern herumschlagen.
    Lebensmittel kaufen die meisten meiner Mitbürger in grossen Shoppingzentren - aber es gibt ihn noch, meinen lieben Tante-Emma-Laden. Immerhin.
    Anständige altmodische Klamotten lassen sich leider auch nicht mehr finden, dazu kommen die modernen leichten Stoffe, die im klimatisierten Büroumfeld sicher toll sind - im zugigen Fünfer aber eher nicht.

    Als beinahe täglicher Fahrer eines über achtzigjährigen Autos habe ich mich lang selber hinterfragt, woher diese Begeisterung in Wirklichkeit kommt. Denn einem Trend entspreche ich ja wohl eher nicht, und als Trendsetter bin ich auch reichlich erfolglos. Die Wirklichkeit ist sogar noch viel trister, wie ich letzten Samstag in Zürich am Flohmarkt erlebt habe. Da stolperte ich über einen Stand mit Schellackplatten, was mich als Grammophonbesitzer natürlich sofort hellhörig werden liess. Da fanden sich, sauber sortiert und schon von Weitem erkennbar solche Schätze wie Louis Armstrong oder Glenn Miller. Das fand ich ja schon toll, traute mich aber nicht näher ran, da mir aus vergangenen Tagen noch bekannt war, dass solche Schallplatten schnell einmal dreistellige Beträge kosteten.
    Beim zweiten Durchgang wagte ich mich dann doch soweit heran, dass ich die angeschriebenen Preise lesen konnte. Und dann startete eine Art Kaufrausch...
    Natürlich freut es mich erstmal ungemein, mir eine ganze Sammlung solcher Schätze wie eben Armstrong, Miller, Albers, Leander, Anderson oder den Comedian Harmonists zum Preis von früher mal gerade zwei Platten geleistet zu haben.
    Und als Kind einer Generation von Kriegskindern läuft es auch mir kalt den Rücken runter wenn ich Lili Marleen höre. Aber es ist mir auch kalt den Rücken runtergelaufen beim Gedanken, wie wenig solche Schätze in der heutigen Zeit noch gefragt sind...Tendenz sinkend.
    Dasselbe Schicksal blüht sowohl meinem Fünfer als auch mir als momentanem Fahrer. Und das wirklich Tragische ist, dass wir nicht etwa durch Schöneres oder Besseres abgelöst werden, sondern dass wir gnadenlos vom Mittelmass überrollt werden. Die ganze Welt richtet sich immer mehr nach einem klar kalkulierbaren Mittelmass - und hat dabei schon sehr viel an Farbigkeit verloren.
    Dafür wird mir langsam auch klar, dass ich mich in der Mickymauswelt der sog. Oldtimerszene nie richtig heimisch fühlen werde. Der Grund, warum ich am liebsten mit Vorkriegsschrott herumfahre, ist schlicht die Tatsache, dass es möglich ist. Für mich sind Dinge wie Schönheit des Fahrzeugs vielleicht wichtiger als für andere, und ich nehme deswegen sicher auch einige Unannehmlichkeiten in Kauf. Wie beispielsweise eintürige Autos, eine absolute Furzidee... Aber wenn mein Blick beim Öffnen des Garagentors dann auf die Front des Fünfers trifft, dann ist da einfach nur Freude an der wunderschönen Maschine und am Wissen, dass man sie gleich wieder einige Kilometer über den Asphalt pilotieren darf. Ein Gefühl...unbeschreiblich. Und das jetzt im dritten Jahr.
    Und irgendwie kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie sowas mit einem Fahrzeug aus aktueller Produktion möglich sein sollte.
    Ebensowenig wie solche verzauberten Momente, die man mit Fünfer und Grammophon am Waldrand erleben kann.

    verschwurbelte Grüsse,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 02.11.2009, 15:26


    Es nähert sich die schöne Jahreszeit, wo nur ganz harte Weicheier mit ihrem Alteisen spazierenfahren. Die Rolle mit dem Klebeband liegt schon bereit, um die Windschutzscheibe wintertauglich abzudichten, das Fahrwerk habe ich frisch mit Fett eingesprüht und sonst gibt es recht wenig zu tun. Höchstens daran zu denken, dass mein Kühlwasser keinen Frostschutz enthält. Glücklicherweise hat der Fünfer eine halbwegs beheizte Garage, und bei Minusgraden darf ich ihn halt nicht stundenlang auf dem Parkplatz herumstehenlassen. Was ich aber sowieso nicht tue, dafür fahre ich zu gerne.
    Auch heute wieder....beim Losfahren noch eine dem grauen Novemberwetter angepasste Laune, nach einigen Kilometern dann ein immer breiter werdendes Grinsen, das auch noch anhält, wenn der Motor längst wieder abgekühlt ist. Vom therapeutischen Standpunkt her sehr zu empfehlen.

    Einen echten Defekt habe ich auch vorzuweisen. Man wird mit der Zeit auch mit kleinen Dingen zufrieden.... Diesmal hatte die Klinke des Handbremshebels die Grenze überschritten, wo sie sich noch in der Ratsche festbiss. Damit liess sich zwar eine Zeitlang noch leben, aber irgendwie fühlt man sich doch sicherer beim Ankurbeln in abschüssigem Gelände, wenn man die Handbremse auch arretieren kann.
    Durch den einfachen Aufbau des Gerödels hatte ich die verschlissene Klinke schon mit wenigen Handgriffen ausgebaut. Als besonders schrauberfreundlich erweist sich in solchen Momenten der mit einem Handgriff herausnehmbare Holzboden des Cockpits. Wie üblich war ich für eine professionelle Reparatur zu faul und setzte statt dessen einige wohlgezielte Schweisspunkte auf die verschlissene Stelle. Die habe ich dann noch kurz mit der Feile in Form gebracht und das Zeug dann fix zusammengebaut. Mehr war nicht.

    Man kann auch mit blödsinnigem Herumfurzen ganz schön weit kommen. Dieses Jahr werde ich die 8000km-Grenze wohl noch durchbrechen. Im Verhältnis dazu stehen nur ganz wenige Arbeitsstunden zwecks Reparatur und Unterhalt des Autos. Dazu kommen noch Details wie die geringe Anfälligkeit gegenüber Bussgeldern aller Art und meine neueste Erkenntnis, dass der Fünfer sehr gut auf einen Smartparkplatz passt. Bei uns in der Gegend war das Marketing dieser konzeptuell hochmodernen Vehikel - sie haben nämlich das Hauptübel des Fünfers ausgemerzt, die fehlende Fahrertür - soweit erfolgreich, dass sich unsere oberste parkplatzgebende Hoheit dazu veranlasst sah, besondere kurze Parkplätze speziell für Smarts bereitzustellen. Auf den dazugehörigen Schildern ist zwar klar ein Smart abgebildet, aber der Fünfer passt augenscheinlich genausogut auf diese Parkfelder. Was mich etwas verblüffte, denn irgendwie hatte ich ihn doch einen Hauch grösser in Erinnerung. Jedenfalls möchte ich die Politesse sehen, die es übers Herz bringt, ihm in so einem Moment eine zu stecken. Zudem ist der Scheibenwischer etwas lappig und bietet Bussgeldern nur wenig Halt.

    Ich habe andernorts wiedermal eine Markierung in einem grossen Fettnapf hinterlassen mit meiner Bemerkung, dass ein VW T3 kein Oldtimer sei, sondern schlicht eine alte Schwarte. Genau gesagt behauptete ich ja nur, dass es zwischen dem Zustand Neuwagen und Oldtimer noch eine Phase gibt, die sich alte Schwarte nennt.
    An sich ist die ganze Diskussion ja so lächerlich, wie sie alt ist. Mittlerweile hat mich der Fünfer aber so einiges gelehrt, beispielsweise, dass man nicht zu jedem Thema eine eigene Meinung äussern muss. Gerade hier dürfte die Fähigkeit, die Klappe im richtigen Moment zu halten, viel ausmachen.
    Natürlich tue ich mich schwer, einen VW-Bus wie ihn unser Kaminfeger täglich und ohne besonderes Oldtimerbewusstsein verwendet, als Oldtimer zu sehen. Zu klein ist mir da der Unterschied zu aktuellen Fahrzeugen. Aber ist es diese Meinung wert, jemanden, der gerade so ein Auto restauriert hat, vor den Kopf zu stossen ? Schliesslich verdankt mein Fünfer seine Existenz auch irgendwelchen netten Menschen, die ihn lange bevor er als "Oldtimer" bezeichnet wurde, schon liebevoll pflegten, instand hielten und sogar mal neu lackierten...1955. Was die sich damals wohl anhören mussten ?
    Dem Fünfer sind solche Diskussionen egal. Er ist mit wenig zufrieden, am Liebsten in Form seiner drei Lieblingsflüssigkeiten: Benzin, Öl und Wasser.
    An Letzterem mangelt es momentan nicht.

    Gruss ausm verregneten Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 07.11.2009, 21:49


    Ich stelle gerade fest, dass ich forumstechnisch gesehen zu den Trittbrettfahrern gehöre. Das ist ein erhebendes Gefühl, denn im Gegensatz zu den meisten fahre ich wirklich mit Trittbrettern in der Gegend herum.

    Aber mal abgesehen davon, in letzter Zeit hört man immer mal wieder von irgendwelchen Streitereien über Urheberrechte im Zwischennetz.
    Nun, mir macht das Schreiben Spass, und es zählt zu den wenigen Dingen, die ich mir nicht durch Geld verderben lassen muss. Was ich hier schreibe steht jedermann zur freien Verfügung, bei Zitaten bitte ich lediglich um einen Hinweis auf das ACC-Forum, das meinem Gelaber seit längerer Zeit eine angenehme Heimat und Plattform ist. Was mich selber betrifft, so fühle ich mich unerkannt am wohlsten.

    Der Fünfer wartet gerade auf einen grösseren Service. Diesmal möchte ich nicht nur das Öl wechseln, sondern gleich die Ölwanne runternehmen und reinigen. Dort müsste eigentlich ein richtiger Ölsumpf auf mich warten.
    Dann wäre auch sicher ein guter Zeitpunkt, um die Kontakte nachzusehen, und schliesslich wäre es auch höchste Zeit, den Zylinderkopf zu entrussen. Aber das nächste Wochenende ist ja nicht weit....
    Bericht folgt in Kürze.

    dazu ein Gruss ausm sonnigen Süden
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 07.11.2009, 21:49


    Pech gehabt. Das Wetter war zu schön, um sich lange in der Werkstatt zu verkriechen. Aber etwas musste dann doch noch sein: Tuning !

    Begonnen hatte das eigentlich schon vor Jahren, als ich irgendwo auf einem Schutthaufen eine halbe Posaune fand. Und zwar die Hälfte mit dem Schalltrichter. Und genau die habe ich jetzt endlich einer würdigen Zweitverwendung zuführen können. Dafür dürfte ich jetzt der Einzige ausserhalb der arabischen Welt sein, der eine versilberte Auspuffblende hat.

    Im Laufe des vielen Fahrens gewöhnt man sich irgendwie an all die Besonderheiten eines solchen Fahrzeugs. Das Rattern und Hüpfen, die eigenartigen Geräusche, die umwerfende Beschleunigung und die hohe Sitzposition verlieren den Reiz des Neuen nach einiger Zeit und man nimmt das alles irgendwann gar nicht mehr wahr. Wenn da nicht ab und zu ein Spiegel an irgendeiner Kreuzung der Eitelkeit gewisser Fahrer entgegenkäme. Heute abend stand ich an einer grossen Krezung, inmitten vieler moderner Autos, als mein Blick auf so einen gewölbten Spiegel fiel. In dem fand sich nebst einem Rudel gut beleuchteter neuerer Autos eine absolut lächerliche alte Gurke mit zwei funzeligen gelben Scheinwerfen, die irgendwie breit zu grinsen schien.
    Wenn man bedenkt, dass die Automobilität seit dem Aufkommen der ersten Massenverkehrsmittel vor vielen Tausend Jahren einer der grössten Menschheitsträume war, dann sollte heute viel mehr gegrinst werden. Finden der Fünfer und ich.

    Gruss aus der Kälte,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 15.11.2009, 19:40


    Endlich mal wieder etwas Äkschn ! Der Fünfer liegt gerade teilzerlegt in der Werkstatt rum und tut so, wie wenn nichts gewesen wäre. Dabei....
    Eigentlich war ich ja nur kurz im Nachbarort, wollte etwas Polierwatte holen. Natürlich nicht für den Fünfer, was er mir wohl übelgenommen hat. Schon beim Wegfahren vom Parkplatz blockierte er kurz und war weder mit Vorwärts- noch Rückwärtsgang zu bewegen. In solchen Momenten kommt meist kurz ein ungutes Gefühl auf, das sich dann aber wieder legte, da die Kiste es sich dann anders überlegte und doch weiterfuhr. Natürlich war gerade der abendliche Berufsverkehr, so nennen wir hier das täglich zweimal stattfindende, markenunabhängige Treffen in der Gegend zwischen Hamburg und Palermo. Da ich keine Lust hatte, das Ende abzuwarten, mogelte ich mich in den Stossverkehr und hoffte, dass sich der Vorfall nicht wiederholen würde.
    Das ging auch solange gut, als ich nicht anhalten musste. Nur leidet unser Strassensystem unter einer Krankheit, die sich ÖV nennt. Ein klassisches Symptom für diesen krankhaften Zustand sind Bushaltestellen mitten auf der Fahrbahn. Als Erklärung wird meist der Verkehrsberuhigungseffekt genannt, was bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 6km/h unheimlich sinnvoll erscheint.
    Nun, als der Bus vor mir dann wieder losfuhr, blieb der Fünfer total beruhigt stehen. Dasselbe Spiel, blockiert, liess sich keinen Zentimeter nach vorne oder hinten bewegen. Bremse war keine angezogen, obwohl es sich genauso anfühlte. Nach einer kurzen Schrecksekunde - natürlich stand der Fünfer genau auf einer der Strassenverengungen, die ein Überholen des herumlungernden Bus verhindern sollen - und dem Gedanken, wie ich die blockierte Kiste jetzt um Gottes Willen aus dem Weg schaffen sollte, löste er sich wieder und ich knatterte gaaaaaanz vorsichtig in die Werkstatt. Dabei ertönte bei niedrigen Drehzahlen immer so ein eigenartiges Klingelgeräusch.

    Nun war klar, dass ich einiges zu tun haben würde. Heute habe ich dann erstmal das Getriebe abgebaut und dann den Schuldigen sehr schnell gefunden. Auf dem Kardanwellenstummel des Getriebes sitzt eine Bremstrommel. Ursprünglich hatte der Fünfer nämlich eine übers Pedal betätigte Kardanbremse. Was eine reichlich hirnrissige Konstruktion ist, da die volle Bremskraft über die Antriebswellen und das Differential übertragen wird. Gerade die Antriebswellen waren dabei der Schwachpunkt, und wenn so eine beim Bremsen brach, hatte man meist nur sehr wenig Zeit für die Erkenntnis, dass jetzt nur noch die Handbremse funktioniert. Die wirkt dafür auf die Bremstrommeln an den Hinterrädern.
    Da ich diese Art der Bremsanlage für ein ordentliches Gevögel halte und auf der Vorderachse mehr als genug Bremsleistung habe, hatte ich die Kardanbremse teilweise ausgebaut. Zurück blieb die Bremstrommel und innen die beiden Halter für die Bremsbacken. So lächerlich klein die Bremstrommel ist, sie hat doch drei grosse Belüftungslöcher. Und genau durch so eines war eine Schraube von der Hardyscheibe geflogen, als sie sich diskret verabschieden wollte. Und beim Herumkesseln hatte ich es offensichtlich zweimal geschafft, die Schraube beim Anfahren derart zu verkanten, dass die Bremstrommel blockierte.
    Eine Hardyscheibe ist eigentlich nur ein grosser, dicker und flacher Gummiring mit Löchern zur Befestigung. Die Löcher werden abwechslungsweise mit dem Flansch am Getriebe und dem der Kardanwelle verschraubt. So erhält man ein einfaches, leicht flexibles Gelenk. Bei Autos kommen an dieser Stelle meist Kreuzgelenke zum Einsatz, bei Gurken sinds Gummiringe. Nachdem die eine Schraube den Weg in die Bremstrommel gefunden hatte, hing meine Kardanwelle nur noch an zwei Schrauben. Womit wiedermal bewiesen wäre, dass Fünferfahrer öfter mal viel Glück haben.

    Dummerweise wollte ich dann noch unbedingt alle ausstehenden Servicearbeiten nachholen. Was ja an sich auch kein Problem wäre, wenn da nicht die übliche Aufgabe des Entrussens wäre. Dafür muss der Zylinderkopf runter. Und der hatte da gar keine Lust drauf. Zwei mühselige Stunden später wurde ihm mein Treiben zu bunt und er gab auf. Leider hatte er mich da schon zur Anwendung von leichter Brachialgewalt genötigt, was zum technischen KO der Zylinderkopfdichtung führte.
    Samstagnachmittag ist an sich kein guter Moment für sowas, vor allem, wenn man die Gurke bis Montagfrüh wieder aus der Werkstatt draussen haben muss. Aber Gurken sind halt etwas Besonderes, und so hatte ich drei Stunden später bereits eine neue Dichtung in Händen. Allerdings musste ich dann auch wieder zurückfahren, und so geht die Geschichte dann morgen weiter.
    Natürlich war da viel Glück dabei. Willy Schafroth, der unermüdliche Fünferspezialist, war zufällig gerade zuhause und hatte sogar noch eine Dichtung an Lager.
    An dieser Stelle erlaube ich mir nochmals ganz herzlichen Dank und stelle gleich noch den Link zu Willys Fünferseite rein:

    http://www.citroen-5hp.ch/

    Jetzt ist aber erstmal Feierabend, bzw. ich widme mich dem Objekt, für das die Polierwatte gedacht war. Und das ist ein Motorradtank von 1921, der unter einer uralten und steinharten Dreckkruste noch grösstenteils mit seinem Originallack bedeckt ist. Den zu retten scheint eine recht langwierige Aufgabe zu werden.

    mit blockiertem Gruss
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 16.11.2009, 11:08


    Weiter gehts der Spass. Nach einem Eimer Espresso war ich heute gegen Mittag wieder soweit fit, um wieder in die Werkstatt zu schleichen. Dort erwartete mich das bekannte Puzzle.
    Zuerst machte ich mich ans Entrussen, bzw. an die Entfernung der Kohleschicht im Zylinderkopf. Das lässt sich mit einer Handbohrmaschine und Drahtbürsten relativ schnell erledigen. Von grossem Vorteil bei solchen Tätigkeiten ist schwarze Kleidung. Der daraus resultierende weitere Vorteil ist, dass unsere Waschmaschine immer gut geölt ist. Als nächstes befreite ich die Befestigungslöcher von dem angesammelten Rost indem ich sie einfach kurz auf die Bohrmaschine nachbohrte. Zum Abschluss habe ich die Auflagefläche noch auf der Schleifplatte gereinigt und ging frohen Mutes zum Motor.
    Dort erwarteten mich dreizehn rostige Stehbolzen, die ich bis auf einen wiederverwenden konnte. Den neuen fertigte ich mir aus eine halbwegs passenen Schaftschraube hoher Festigkeit an. Beim Reinigen der Stehbolzen auf der rotierenden Drahtbürste sind wieder die schwarzen Klamotten gefragt. Die Muttern, mit denen der Kopf angezogen wird, haben zwar ein M8-Gewinde, aber die aussergewöhnliche Schlüsselweite von 14mm. Da ich sowieso kein grosser Freund neuer Schrauben auf alten Motoren bin, reinigte ich auch diese und entrostete die Gewinde mit dem Gewindebohrer. Dasselbe Spiel an der Drahtbürste liess ich dann auch noch den Unterlagscheiben angedeihen. Dann kam das bekannte Ritual des Entrussens auf dem Motor zur Anwendung, wobei ich bei den Kolbenböden einen Schaber aus Plexiglas verwendete. Als alles schön sauber war, griff ich zur neuen Kopfdichtung. Wenige Minuten später sah der Motor dann wieder ganz anständig aus. Willy hatte mich noch extra auf verschiedene Tricks hingewiesen, wie ich die Kopfdichtung erst ohne Wasser heisslaufen lassen solle, um sie dann nochmal nachzuspannen. Ich verzichtete lieber auf solche Experimente und spannte die Dichtung im Laufe mehrerer Stunden einfach mehrmals nach. Letztmals dann morgen früh, bevor ich Öl und Wasser einfülle und den Motor starte.
    Seit ich das Auto habe, hatte ich noch nie das Ventilspiel kontrolliert. Offensichtlich aus gutem Grund, denn als ich es nun tat, waren alle Ventile korrekt eingestellt. Dann kam noch der übliche, besorgte Blick in Richtung Unterbrecher, aber auch der macht einen sehr guten Eindruck. Schliesslich habe ich noch das alte Öl abgelassen und machte mich dann ans Getriebe.
    Das lag erwartungsvoll am Boden und wollte zurück zu seiner Kupplung. Um es einzubauen, setzt man sich irgendwie ins Cockpit, das dank herausgenommener Sitzfläche und Bodenbrettern recht guten Zugang zur Motorrückseite bietet. Dann schnappt man sich das Getriebe und fädelt es irgendwie ein, bis die grosse Kupplungsglocke ihren Platz auf dem Motor gefunden hat.
    Entenfahrer kennen das umgekehrt und mit einer besonderen Erschwernis. Um dort das Getriebe rauszunehmen, muss zuerst der Motor raus. Um den dann danach wieder einzubauen, sind meistens einige derbe Flüche nötig, denn: der Motor ist viel schwerer als ein Fünfergetriebe, und: wenn die beiden Wellen nicht fluchten, lässt sich der Motor nicht einsetzen. Gerade letzteres hat dazu beigetragen, dass viele originelle neue Schimpfwörter entstanden.
    Ganz anders beim Fünfer, der diesbezüglich doch recht ausgereift ist. Der Motor bleibt erstmal drin, das Getriebe lässt sich leicht einsetzen, und wenn die Wellen nicht fluchten, kann an der Ausgangswelle gedreht werden, bis sie fluchten. Netetrweise sitzt das Getriebe dabei bereits auf den Stehbolzen und belastet den fröhlichen Bastler kein bisschen, ganz im Gegensatz zur Ente im selben Moment. Auch beim Getriebe leistete ich mir den Luxus, alle Schrauben gründlich an der Drahtbürste zu reinigen. Ohne diese Manie wäre ich bedeutend schneller. Allerdings bin ich dann beim zweiten Lösen der Schrauben wiederum viel schneller. Masochismus kann sich auszahlen.
    Dann kam sozusagen all krönender Abschluss noch die Hardyscheibe dran. Willy hatte mir gestern noch extrastarke 10.9er Schrauben in die Hand gedrückt, die ich hätte kürzen sollen. Das fand ich dann aber gar nicht so gut, denn die Schrauben sollen ja eine Gummischeibe halten, und die selbstsichernde Mutter war ja infolge ihres Verschwindens die Ursache für das ganze Ungemach. Also liess ich die Schrauben zu lang wie sie sind und nutzte die zusätzliche Länge, um die ganz normale Mutter ganz altmodisch mit einer zweiten Gegenmutter zu sichern. Nach einigem vorschriftsmässigem Würgen sass die Hardyscheibe dann auch wieder an ihrem Ort zwischen Getriebe und Kardanwelle. Da war es allerdings auch schon wieder Abend und ich hatte genug.
    Morgen kommt eine grosse Kanne Owatrol. Damit kann ich jetzt noch in Ruhe alles konservieren, bevor ich das Auto wieder fertig zusammenbaue - Batterie und Bremsgestänge warten noch. Und dann kann der Fünfer fröhlich die nächsten zehntausend Kilometer angehen, Winter hin oder her.

    Mal schauen, was als nächstes kommt....

    Gruss ausm Süden,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 18.11.2009, 15:17


    Gott, was habe ich rumgeflucht ! Und geholfen hats nichts. Aber schön der Reihe nach....

    Montag früh ist eigentlich der falsche Moment, um fröhlich schnell die angefangenen Untaten vom Wochende zu beseitigen. Aber was will man, schliesslich ist nicht jeder in einer mechanischen Werkstätte glücklich über so sperrigen Besuch, also musste er jetzt endlich wieder raus.
    Wohlgemut zwickte ich die Zylinderkopfschrauben ein letztes Mal fester an und begann, Wasser einzufüllen. Das versaute mir dann gleich den ganzen Montag. Denn es kam wie immer, wenn man das Gefühl hat, man hätte alles überperfekt gemacht: es schiffte Wasser aus dem Kopf. Und zwar schlich es sich ganz gemein entlang eines Stehbolzens nach oben, um dann zwischen Stehbolzen und Mutter herauszutröpfeln. Dass konstantes Nachtröpfeln nicht gesund sein kann, wissen nicht nur ältere, urologenerfahrene Männer. Und so begann ein wilder Tanz, der den halben Montag andauerte. Nur war diese wunderschöne Kopfdichtung einfach nicht dichtzukriegen. Nach der siebten Demontage platzte mir dann der Kragen und ich griff entnervt zur Silikontube. Nach zwei weiteren Versuchen wars dann endlich dicht.
    Damit war der Spass dann aber noch nicht vorbei. Als ich endlich auch das Öl eingefüllt hatte und hoffnungsvoll an der Kurbel riss, passierte nichts. Oder fast nichts, jedenfalls blieb der zündende Moment aus. Nachdem ich die Elektroden der Zündkerzen dann auf ihren vorschriftsmässigen Wert eingestellt hatte, war auch das Problem behoben. Jedenfalls weitgehend, denn so richtig sauber läuft er noch nicht. Beim Beschleunigen machen sich immer mal wieder kleine Aussetzer bemerkbar. Nach meinen Erfahrungen mit einer defekten neuen Zündkerze an einem Moderrad traute ich den vorhandenen Kerzen nicht mehr so ganz, wohl auch zu Recht. Denn beim Boschdienst hatte er eine halbe Ewigkeit, bis er den uralten Typ in seinen Listen fand. Da die Kerzen eigentlich recht frisch aussahen, hatte ich sie bisher noch nie gewechselt. Jetzt sind vier nagelneue bestellt, morgen kann ich sie abholen.
    Einiges von dem Ärger hätte ich mir wohl ersparen können, hätte ich frühzeitig gehandelt. Aber wie das so ist mit alten Autos und faulen Hunden...man fährt, solangs fährt.

    Soviel mal wieder zum Alltag im Süden,
    Gruss, Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 21.11.2009, 22:07


    Heute beim ausgiebigen Testen des frisch verbastelten Fünfers begab es sich, dass ich bei einer Tasse Cappuccino in die Röhre glotzte. Dort wurde in einer seltsamen Sendung namens "Abenteuer Auto" ein neuer VW Golf GTD im Vergleich zu zwei Rivalen präsentiert. Solche Tests finde ich für ungefähr gleich aussagekräftig wie die verschiedener Kloschüsselmodelle, aber am Schluss kam dann doch noch ein kleiner Hammer. Eine moderne ingenieurstechnische Meisterleistung, die weitherum ihresgleichen sucht: die haben es ernsthaft geschafft, im Jahr 2009 einen Dieselgolf mit rund neun Litern Durchschnittsverbrauch zu präsentieren. Das muss denen erstmal einer nachmachen ! Seit 1886 war das Hauptproblem bei Automobilen der unspektakuläre Verbrauch. Um diesen in annehmbare Höhen zu treiben, wurden in der Frühzeit alle möglichen und unmöglichen Wege beschritten, von extrem grossvolumigen Motoren bis zu Kompressoren, um mehr Gemisch durch den Motor zu blasen. Natürlich kamen eher teure Wagen in den Genuss dieser verbrauchsfördernden Finessen, normale oder kleine Wagen litten zeitlebens unter dem miefigen Makel der Sparsamkeit. Der rudimentärblöde Simpelmotor des Fünfers bringt daher nur einen absolut unspektakulären Verbrauch von fünf bis sechs Litern hin.
    Heute ist das glücklicherweise anders. Wir fahren heute mit kleineren Mittelklassewagen an die Tanke, um die Bildzeitung mit den neuesten Klimanachrichten zu holen und können jetzt endlich in einer Verbrauchsklasse mitreden, die früher nur Besserverdienenden vorbehalten war. Das nenne ich mal sozialen Fortschritt !

    Dem Fünfer ist dergleichen Gelaber von Herzen egal. Er läuft jetzt besser denn je zuvor. Was eindeutig an den frischen Zündkerzen liegt.
    Mein Nachbar kam dann auch noch mit der Frage, ob ich ihm bei seinem Peugeot 504 helfen könne, da der so schlecht anspringe und unsauber laufe. Ich erwähne das jetzt nur, weil er genau wie ich dem Irrtum unterlag, dass gut aussehende Zündkerzen auch gut sein müssen. Ich habe ihm dann auch gleich einen Satz neue mitgebracht. Wir beide hatten im Vertrauen auf das neue Aussehen unserer Funkenstöpsel noch nie neue montiert, wahrscheinlich ein klassischer fortgeschrittener Anfängerfehler.
    Beide laufen jetzt sauber. Und der Fünfer ist wieder etwas schneller geworden, die gesetzliche 50kmh-Grenze durchbreche ich jetzt schon recht zügig. Das ist dann jeweils der Moment, wo die Autos hinter mir beginnen, im Rückspiegel kleinerzuwerden.
    Natürlich liesse sich das auch genauer feststellen, denn im Armaturenbrett - einem echten Nussbaumholzbrett - prangt ein fetter Tachometer. Nur ist der aus technischen Gründen ausgehängt, ich möchte nicht riskieren, dass das edle Teil sich unnötig abnützt...
    Der Fünfer ist jetzt fit für den Winter und freut sich auf den ersten Schnee. Und er fährt sich jetzt noch flitziger. Was im novemberlichen Alltagsverkehr auch seinen Reiz hat, denn gerade jetzt sinken bei uns die Durchschnittsgeschwindigkeiten. Die Tage sind recht kurz, der Nebel in unserer Gegend ständiger Begleiter, was viele Autofahrer sosehr aufregt, dass sie entnervt zu Beruhigungsmitteln greifen. Jedenfalls hat sich die Balance jetzt irgendwie verschoben, ich bin plötzlich einen Hauch schneller als der Alltagsverkehr geworden.

    Gruss vom Alteisentherapeuten
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 04.12.2009, 09:44


    Mahlzeit ! Aber hallo.

    Selbst der schönste und beste Tachometer der Welt würde es kaum je schaffen, die Wahrnehmungsschwelle eines in Fahrt befindlichen Fünferpiloten zu durchbrechen. Da gibt es immer viel wichtigere Dinge, die einen beschäftigen. Im Moment ist es noch die Suche nach seltsamen, aber ausbleibenden Geräuschen. Das liegt aber schlicht daran, dass ich kürzlich etliche Teile zerlegt und wieder zusammengebaut habe. Und da ich mich einigermassen gut kenne, ist da halt ein gewisses Misstrauen. Ich achte zwar immer sehr pingelig darauf, dass am Ende keine Schrauben übrigbleiben, aber seit mir einmal beim Vorführen ein ungesicherter Bolzen aus dem Handbremshebel verduftet ist - vor den kritischen Augen des Experten - weiss ich, dass einer meiner grössten Feinde meine eigene Blödheit ist. Und so begleitet mich auf den ersten paar hundert Kilometern nach grösseren Basteleien immer ein gewisses Misstrauen. Glücklicherweise bisher eher unbegründet.

    Heute waren der Fünfer und ich in besonders edlem Umfeld anzutreffen. Und damit verbindet sich natürlich wiedermal eine Geschichte von alten Maschinen, menschlicher Grausamkeit und herzerfrischend schrägem Humor.
    Angefangen hatte das vor acht Jahren, als ich mich auf ein Kleininserat in unserem nationallandwirtschaftlichen Schundheftes meldete. Dort findet sich alles, von der Bäurin bis zum Maserati. Mich interessierte aber der alte Drehbank. Der Zufall wollte es dann, dass die Maschine sogar ganz in der Nähe stand, in einem Nebengebäude eines geheimnisumwitterten, weil nicht öffentlich zugänglichen Schlosses. Damals konnte ich den Verkäufer noch überzeugen, die schöne Maschine doch einfach stehenzulassen, da sie ja auch ein sehr interessanter Teil der Schlossgeschichte sei.
    Letzte Woche meldete sich dann der nette Schlossmensch wieder und fragte, ob ich mich erinnern täte. Das tat ich, allerdings war mir mittlerweile wohl doch schon einiges entfallen. Jedenfalls musste die Maschine jetzt raus, um mehr Platz für das mittlerweile gewachsene Auto zu schaffen.
    Heute nachmittag dann der Ortstermin...
    Jetzt weiss ich wieder, warum ich soviel wie möglich vergessen hatte. Das hätte mir sonst nämlich kaum Ruhe gelassen. Der Schuppen war offensichtlich früher eine Art mechanische Werkstatt, die wohl hauptsächlich zum Unterhalt der Fahrhabe des Schlosses verwendet wurde. Darin befindet sich eine Esse sowie ein Härteofen, schätzungsweise noch aus der Zeit der vorletzten Jahrhundertwende. Und auf der anderen Seite des Raums befinden sich ein Transmissionsdrehbank mit Gewindeschneideeinrichtung und eine Säulenbohrmaschine mit Vorschub, auch über die Transmission angetrieben. Der Motorriemen geht dann entlang der Decke quer durch den ganzen Raum zu einem Elektromotor, der ebenfalls aus jener Zeit stammt. Die ganze Anlage ist bis ins Detail komplett, inklusive eines kleinen Schranks voller Spezialwerkzeuge zum Drehbank. Alles aus der Zeit um 1900. Alle blanken Flächen sind flugrostig, aber der schwarze Lack der Maschinen glänzt unter einer dicken Staubschicht wie am ersten Tag. Die Maschinen selber sind wohl vom Feinsten, was die damalige Zeit zu bieten hatte, und ihr Erhaltungszustand ist gemessen an ihrem Alter sensationell. Verschleiss ist absolut keiner spürbar, alle Spindeln drehen gleichmässig von einem Ende bis zum andern.
    Oberhalb der Maschinen an der Decke hängt eine grosse Welle mit zu- und umschaltbaren Riemenscheiben. Auch diese, wie auch die ganze Aufhängung, bestehen aus wunderschön ausgeformten Gussteilen. Unterhalb jeder Lagerstelle hängt an zwei Kettchen eine gusseiserne Schale zum Auffangen fallender Öltropfen. Und sogar die Lederriemen sind noch da - und gesund.
    Ernsthaft gearbeitet hat damit wohl kaum je einer. Jedenfalls fanden sich auf der ganzen Maschine keinerlei alte Eisenspäne, die auf einen Betrieb zu meinen Lebenszeiten hinweisen. Aber mittlerweile kenne ich zumindest ein Auto, das wohl damals, als der Fünfer noch ganz jung war, seinen Dienst im Schloss tat. Ein kleiner Hispano-Suiza. Hoffentlich nehmen mir die Maschinen diesen sozialen Abstieg zum profanen Citroën nicht übel...
    Aber sie werden sich wohl oder übel damit abfinden müssen, denn ich konnte den Besitzer diesmal nicht mehr davon überzeugen, den Maschinen weiterhin ein trockenes Heim zu bieten. Und jetzt bin ich halt Besitzer einer mechanischen Werkstatteinrichtung, von der die meisten Mechaniker vor hundert Jahren nur träumen konnten. Und das noch zum Preis von etwa hundert Liter Motorenöls...oder etwa sechshundert verzinkter Sechskantschrauben der Grösse M8x30. Jedenfalls eines lächerlichen Betrags.
    Was mir im Moment eher noch etwas Sorgen macht ist die Frage, wie ich die Transmission und den Elektromotor von der Decke runterkriege, ohne dabei die Schwerkraft herauszufordern. Beide Teile haben eines gemein: sie wiegen jedes mehr als hundert Kilo. Und da ich vor kurzem wiedermal eine Bandschibe geopfert habe, macht mir das halt noch gewisse Sorgen.
    Aber ich freue mich ja schon unheimlich darauf, wenn die Maschinen erstmal hier stehen und ich ihnen ihren ursprünglichen Glanz zurückgeben kann. Bisher kannte ich solche Maschinen nur aus vergilbten Abbildungen aus alten Mechanikerhandbüchern, und jetzt sieht es so aus, als ob ich doch noch irgendwann eine richtige Museumswerkstatt zusammenbekomme.
    Sollte ich jetzt vielleicht noch erwähnen, dass ich im Laufe der letzten dreissig Jahre so ziemlich jedes uralte Werkzeug heimgeschleppt habe, das nicht zu schwer oder zu gut bewacht war ?
    Jetzt scheint meine Uraltwerkstatt jedenfalls beinahe komplett zu sein und ich kann auch ein bisschen mehr zeigen als nur alte Fahrzeuge. Nämlich die Maschinen, mit denen sie gebaut und unterhalten wurden.
    Bilder folgen.

    Aktion "Freude im Süden"
    mit einem Gruss,
    Oliver



    Re: Erfahrungsbericht eines Citroen 5HP Eigentümers oder ...

    piccolo - 15.12.2009, 23:42


    Bei aller landschaftlichen Schönheit - das Erleben derselben kann auch zuviel werden. Oder vielleicht liegt es ja auch an meinem Alter, jedenfalls habe ich wiedermal einen originellen Grenzbereich ausgelotet.
    Als technisches Hilfsmittel zu dieser Grenzerfahrung diente wiedermal der Fünfer. Weitere Zutaten waren ein klammer Novembersamstag und zwei Teilemärkte, die nicht ganz in der Nähe stattfanden. Für den Fahrer modernerer Autos eigentlich kein Thema, mal eben eine Dreiviertelstunde wohltemperiertes Dahingondeln auf der Autobahn, untermalt von säuselndem Jazz aus zehn Lautsprechern.
    Hat man sich aber in den Kopf gesetzt, das antike Autofahren in allen seinen Facetten nachzuempfinden, dann führt kein Weg am landstrassengebundenen Fünfer vorbei. Der sieht es in solchen Momenten gern, wenn vor Fahrtantritt alle möglichen Füllstände überprüft werden.
    Dann begann ein mehr oder minder fröhliches Abenteuer. Ich hatte mich zwar recht warm angezogen, inklusive zeitgenössischer Kleidungsstücke wie Gamaschen, aber trotz mehrfacher Wolleschichten war der vorherrschende Eindruck derjenige von Kälte. Auch bei geschlossenen Fenstern zieht es in der Gurke in alle Himmelsrichtungen, und je schneller man fährt, umso kältere Luft bläst durch die Ritzen vom Motorraum ins Cockpit.
    Damit wäre klargestellt, dass der Winter da ist und die Rolle mit dem Klebeband wieder zum Einsatz kommen muss. Das ist die einzige erfolgversprechende Möglichkeit, einen Fünfer halbwegs winddicht zu machen. Zudem strahlt sie einen ganz eigenen Chrame aus und untertreicht die Ernsthaftigkeit der Anwendung des Geräts.

    Die beiden Teilemärkte waren teilweise ein Erfolg. Wenn man das schnelle Verarmen als Erfolg wertet, dann sicher. Aber dafür glänzt der Fünfer nächstens mit einem besonders edlen Zubehörteil: einem Innenrückspiegel, mit hinter dem Glas eingebauter Uhr. Und da gerade einer seiner Richtungszeiger herumspinnt, und auf dem Markt ein wunderschöner Satz verchromter Boschzeiger zu kleinem Preis herumlag, bekommt er jetzt etwas edlere Zeiger verpasst.
    Das alleine wäre ja kein Grund zum Verarmen, aber dummerweise stand dort auch ein altes Motorrad. Eine schweizer Allegro Supersport Bj. 29 mit 350ccm-Zweitaktmotor aus dem Hause Villiers. Dazu mit einer herzerweichend fetten Doppelflöte mit grossen Fischschwanzauspüffen auf beiden Seiten. Das Ganze in recht ansehnlichem Zustand, zu einem insofern harmlosen Preis, als er mich gerade noch nicht überforderte. Leider....denn die Allegro steht seit längerer Zeit auf meiner Liste der verpassten Gelegenheiten. Vor etlichen Jahren hätte ich mal eine für relativ wenig Geld haben können, konnte aber nicht, weil ich gerade vom selben Verkäufer eine etwas teurere Maschine gekauft hatte. Dummerweise baute Allegro recht nette Maschinen, die heute aber sehr selten anzutreffen sind. Und so bereute ich es lange Jahre, dass ich damals bei der schönen kleinen Allegro passen musste.
    Nun stand da die "dicke" 350er in der Supersportversion, und irgendwie schien keiner sie ernsthaft zu wollen. Was dann folgte war absehbar. Zwei Tage später fand ich mich zusammen mit Sohn und geliehenem Lieferwagen unterwegs in die Westschweiz. Und jetzt steht sie unten in der Garage, daneben ein kerngesunder Ersatzmotor. Und alles noch mit kräftigem Preisnachlass...wohl gerade weil ich nicht nach einem solchen gefragt hatte. Irgendwie war für mich der Fall klar, tolles Motorrad, bei dem sich mir die Nackenhaare aufstellen, zu einem fairen Preis. Die Maschine damals war etwa gleichteuer, aber "nur" die 175er. Die lief aber auch schon 100kmh...
    Es ist schon eine besondere Krankheit, die einem die Nackenhaare angesichts einer solchen Maschine aufstellt. An sich ist das Markenimage längst verflogen, und wer kennt schon noch die Gebrüder Ali und Tell Grandjean, die mit ihren kleinen Flitzern in den Zwanzigern und Dreissigern Renngeschichte schrieben ? Allegro war immerhin noch einer der grösseren schweizer Motorradhersteller, aber da war wohl immer der Makel des Zweitakters. Mich freut der ja eher, denn ein 350er Zweitakter dürfte um 1929 so einigen 500er Viertaktern fröhlich um die Ohren gepfiffen sein. Jedenfalls ist auch klar, womit ich mich über die Feiertage beschäftigen werde...

    Aber zurück zum eigentlichen Subjekt dieser ewigen Geschichte. Irgendwann hatte ich dann vor lauter Gelaber mit selten gesehenen Kollegen das Lippenflattern, und die Märkte näherten sich auch ihrem Ende. Hatte ich auf dem Hinweg noch einen ausgesprochen grosszügigen Umweg über Aarau gewählt, suchte ich jetzt nach dem schnellstmöglichen Heimweg. Der an sich schon eher düstere Dezembertag ging seinem Ende entgegen, und die Aussicht auf eine längere Fahrt in der Dämmerung verlieh uns beinahe Flügel. Wenn uns da nicht immer dieselben Grenzen in Form der Motorleistung gesetzt gewesen wären. So lernte ich ein neues Fahrgefühl kennen: die Einsamkeit in einem kalten, dunklen Auto auf langen, düsteren Landstrassen. Und die Freude an der vorgegaukelten Wärme, die beleuchtete Ortsdurchfahrten dem frierenden Individualisten bieten. Man geniesst es plötzlich irgendwie, wenn man wieder in dichter besiedelte Gegenden kommt, wo man sich in einem Rudel wohlbeheizter Autos verstecken kann.
    Trotz aller abwegiger Gedanken kam mir irgendwann in den Sinn, mich wegen des Benzinstands beunruhigt zu fühlen. Das tat ich dann etwa dreissig Kilometer weit, was eine gute Ablenkung von der Kälte und Düsternis des Cockpits war. Aber irgendwann war ich der Selbsttäuschung überdrüssig und peilte eine Tankstelle mit angeschlossener Opelwerkstatt an. Man soll mir ja keine mangelnde Solidarität in diesen schrägen Zeiten vorwerfen können !
    Meine gute Tat wurde dann auch gleich belohnt, denn ich konnte 19, 6 Liter edlen Bleifreis in den 20 Liter fassenden Tank einfüllen. Womit wiedermal bewiesen war, dass gute Taten unweigerlich ihre Folgen haben. Sonst hätte ich wenige Kilometer später wohl die urpeinlichste Situation im Leben eines beherzten Motorfahrers erlebt.
    Wenn es denn wirklich Tage gibt, an denen ich das Garagentor gerne vor dem Fünfer herunterklappe, dann wäre dieser wohl einer davon.
    Aber so leicht geht das natürlich nicht, wenn man sein Auto liebt.

    Gruss ausm kalten Süden,
    Oliver



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