Freitod (Kurzgeschichte)

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    Re: Freitod (Kurzgeschichte)

    Dusky - 22.01.2008, 18:48

    Freitod (Kurzgeschichte)
    Kleine Geschichte mit fragwürdiger Botschaft.


    Freitod

    Abschaum ...
    Teufel ...
    Mörder ...

    Ihr habt ja so verdammt Recht mit dem, was ihr mir hinterher geschrien habt. Ihr habt so Recht mit eurem naiven Denken. Ich gefährde eure kleine bunte Welt. Man soll nicht mit Steinen werfen, wenn man im Glashaus sitzt, doch genau das habe ich getan. Ich hab einen Brand in eurem Heim gelegt.

    Ich fand, es brannte wunderschön, aber ihr wisst derartige Schönheit ja nicht zu schätzen.

    Ihr wisst überhaupt gar nichts! Ihr habt ein so riesiges Gehirn und keine einzige eurer Nervenzellen spinnt auch nur einen vernünftigen Gedanken. Ihr vegetiert wie Algen in einem Glas. Ihr vermehrt euch, ihr wuchert alles zu und in kürzester Zeit, habt ihr alles CO2 und alle Nährstoffe im Glas aufgebraucht und man kann zusehen, wie ihr als braune, schleimige Masse langsam verwest.
    Aber keine Sorge. Ich werde euch nicht länger die Luft weg atmen oder euren Lebensraum wegnehmen. Ich habe erreicht, was ich wollte.

    Er sah mir starr in die Augen, als er geschrien hat. Er hat meine Hände umklammert und über beide ergoss sich das Blut. Es hat mir die ganzen Kleider durchnässt. Ich spürte, wie meine Strümpfe nass und warm wurden.
    Und dann ist er zitternd und zuckend umgefallen. Ich konnte meinen zweiten Schnitt gar nicht vollenden.
    Und sein Hals war so glitschig ...
    Ich konnte ihm das Rückgrat nicht mehr durchtrennen. Durch das viele Blut rutschten meine Hände ab, ich konnte ihn nicht fest halten und ich sah nicht mehr, wo ich überhaupt hätte schneiden müssen.
    Und dann, keine Minute später, war er ohnehin verblutet und tot. Meine Kleider wurden ganz steif, als sein Blut gerann, schneller, als ich es mir erträumt hätte.
    Sauerei!
    Erst besudelt der Kerl mich einfach und dann versaut er mir auch noch die Tour. Dabei wollte ich ihm schnellst möglich den Kopf abtrennen ...

    Ich habe schon oft gelesen, dass das Blut aus der Halsschlagader meterhoch spritzt, wenn einem der Kopf abgetrennt wird. Aber ich hab es ja nicht mehr geschafft. Ein Schnitt quer durch die Kehle und das Blut schoss heraus, als hätte man in einen prall gefüllten Luftballon gestochen.

    Abschaum ...
    Teufel ...
    Mörder ...
    Abschaum ...

    Ihr habt ja so Recht...
    Ich bin Abschaum, denn ich bringe nichts zu Stande, schaffe nichts, was ich mir vornehme...
    Da finde ich endlich den Mut einen Mord zu begehen und dann versaue ich wieder alles! ...
    Aber so ist das eben. Das Leben ist ein unfairer Spieler, der es liebt, dir alles abzuknöpfen und dich aber immer wieder geschickt dazu bringt, sich auf eine neue Partie gegen seine gezinkten Karten einzulassen, um dich dann nur ein weiteres Mal zu demütigen. Was für ein sadistisches Arschloch das Leben doch ist ...
    Immerhin habe ich es versucht und ich muss mich eben mit dem zufrieden geben, was ich erreicht habe. Tot ist er, so oder so.
    Und gefallen hat es mir ja trotzdem. Ich hätte mich wälzen können in seinem Blut. Nie im Leben habe ich mich so stark, so vom Gefühl des Triumphes überwältigt gefühlt.
    Da! Gott, ich habe dein kostbarstes Werk geschändet! Deine ach so tolle "Krone der Schöpfung". Ich hab gegen all deine Gesetze verstoßen und hab einen deiner Menschen getötet!
    Nicht nur du allein kannst Leben richten. Und nicht nur du allein richtest willkürlich und wahllos! Ich bin wie du ...

    Es ist so leicht ein wenig Gott zu spielen ...
    Es ist so leicht ein Leben auszulöschen ...

    Menschen sind ja so verwundbar. Meine Klinge war noch nicht mal besonders scharf ...
    Aber sie schnitt durch sein Fleisch, als wäre es Butter. Das war wirklich erstaunlich.

    Ich weiß, dass die Klinge nicht scharf war ...
    Seht meine Arme an! Ich habe es selbst ausprobiert! Aufgeschlitzt hab ich sie mir mit dem Scheißding! Und wie anstrengend das war! Ich hatte ja direkt einen Krampf in der Hand so viel Kraft kostete es, wirklich tief genug zu schneiden.
    Aber immerhin hab ich es bis zum Knochen geschafft. Geblutet hat es auch sehr stark. Es blutet immer noch. Aber mir ist es gleich. Ich hab Wichtigeres zu tun.

    Ich zerre am Seil, um seine Befestigung zu prüfen. Ich hatte ein wenig Bedenken, der Hacken an der Decke könnte herausgerissen werden, deshalb hab ich das Seil jetzt lieber an einer der Eisenbalken am Garagentor befestigt. Wenn das Tor offen ist, ist der ganz stabil direkt unter der Decke und es kann bestimmt nicht abreißen.
    Ich hoffe nur, ich hab genug Beinfreiheit ...
    Eigentlich spielt es mittlerweile für mich auch keine große Rolle mehr ob es reibungslos funktioniert, wo doch schon so vieles schief gelaufen ist. Aber ich will ja jetzt auch nicht als notorischer Pessimist enden. Wenn mir dieses Leben eines verdeutlicht hat, dann, dass irgendwann ein Punkt erreicht ist, ab dem es nicht mehr schlimmer und chaotischer kommen kann, an dem sich ein Gleichgewicht zwischen Unglück und Glück einstellt. Egal wie tief du sinkst, es gibt einen Punkt, an dem geht es nur noch theoretisch tiefer, aber für dich selbst ist es der Nullpunkt, den du nicht mehr toppen kannst. Außer du entscheidest dich für einen Neustart und drückst die Reset-Taste, was Meinertreu auch vorhat.

    Nicht, weil ich nicht zufrieden gewesen wäre mit dem, was vorher war. Doch ich habe einfach keine Lust mehr weiter das Böse im Bösen zu sein, die Dunkelheit in einem Abgrund.
    Um es mal in eine für euch verständlichere Sprache zu übersetzen: Ihr werdet auch ohne mein Zutun schnell genug untergehen, was soll ich mir also noch groß Arbeit machen? Es wird sicher andere geben, die meinen Platz einnehmen und sich den Arsch aufreißen um euch auszurotten.

    Abschaum ...
    Mörder ...

    Ihr mich auch! Jetzt könnt ihr euch jemand anderen suchen, dem ihr das nachspucken könnt!
    Ich atme euch keine Luft mehr weg in eurem Goldfischglas! Aber ich werde auch nicht armselig dahinsiechen, wie ihr. Ich verliere gar nichts!
    Nennt es Feigheit oder Angst vor Verantwortung – ich nenne es "ausgewählte Raffinesse". Warum kompliziert, wenn es einfache, risikolose Abkürzungen gibt?
    Und für die gläubigen Christen unter euch, die meinen, auf "feigen Selbstmord", wie ihr es schimpft, stehe die Ewigkeit in der Hölle zur Strafe, kann ich nur sagen: Besser durch Freitod in einer Hölle, die als solche existent ist, als existent in einem Paradies, das ihr zu einer Hölle gemacht habt!
    Jemand, der freiwillig die Arschkarte gezogen hat, wird schließlich längst nicht so unglücklich sein, als jemand, der sie durch sein Pech erwischt.
    Das möchte ich euch dann doch noch hinterlassen, soll mir ja niemand nachsagen können, meine Existenz hätte nicht auch Sinn und Nutzen für euch gehabt.

    Abschaum ...
    Teufel ...
    Mörder ...
    Abschaum ...

    ... und euch ein schönes weiteres Sterben!
    Den Spruch "Lass dich nicht so hängen" werde ich mir jetzt wohl nicht mehr zu Herzen nehmen können. ;-)
    Man sieht sich im nächsten Leben, denn das Böse stirbt niemals!

    ...

    by Dusky



    Re: Freitod (Kurzgeschichte)

    Rai Ruri - 23.01.2008, 02:21


    Hu... eine ganz schön harte Story. Wo ich sogar hier und da ein paar Fitzelchen Wahrheit entdecken kann. Gut, dass es nur eine Kurzgeschichte ist und ich sie so nicht ganz so ernst nehmen muss, denn sonst würde ich mir jetzt große Sorgen machen.

    Es ist in einer interessanten Art geschrieben, so eine Mischung aus Ich-Erzählung und Interview. Ich würde gern wissen... wen du in der Geschichte das Leben genommen hast...?!

    Ich finde die Geschichte interessant, aber ich finde auch, dass du schon Besseres geschrieben hast.

    Was mir aber auch sehr gut gefiel, ist folgerder Spruch:

    Zitat:Besser durch Freitod in einer Hölle, die als solche existent ist, als existent in einem Paradies, das ihr zu einer Hölle gemacht habt!

    Der hat echt was ^^



    Re: Freitod (Kurzgeschichte)

    Dusky - 23.01.2008, 13:06


    Frage meine dunkle Seite, die diese Geschichte entstanden hat lassen. Ich weiß nicht, an wen sie gedacht hat, wer sich hier aufhängen wollte.
    Vielleicht sie selbst.

    Und mal zum mitschreiben für alle:

    Ein "Ich" in einer Geschichte nennt man "lyrisches Ich" und hinter einem solchen lyrischen Ich steht normalerweise kein realer Autor, sofern es sich nicht um einen biographischen Text handelt oder der Autor darauf ausdrücklich hingewiesen hat, was in meiner Geschichte nicht der Fall war.
    Dieses lyrische Ich hat also rein gar nichts mit mir zu tun, sondern ist lediglich ein fiktiver Erzähler. Ich verwende die Erzählform des lyrischen Ichs sehr häufig, da sie den Leser sehr nahe an die Geschichte heran lässt und man besonders innere Vorgänge, also Gefühle, Gedanken usw. sehr gut damit wiedergeben kann.

    Macht also nicht den Fehler und seht hinter jedem Ich in meinen Geschichten immer sofort einen Bezug zu mir selbst.
    Das kann schlimme Folgen machen.

    Also Rai, mach dir nicht mehr Sorgen als sonst um mich. Ich bin zwar Zeit meines Lebens eine suizid-gefährdete Kreatur gewesen, aber ein Abschiedsbrief von mir wäre noch etwas hass- und sarkasmus-durchtränkter. ;-)



    Re: Freitod (Kurzgeschichte)

    Gil Meltesch - 23.01.2008, 19:28


    Das "lyrische Ich" ist das "Ich" in Gedichten, eigentlich nicht in Kurzgeschichten. Dort ist es der "Ich-Erzähler". ;)
    (Lyrik - die zum Spiel der Lyra gehörende Dichtung)

    Hinter jeder Geschichte findet man einen Bezug zum Autor...
    Und sei es auch nur die Tatsache, dass ich niemals auf die Idee kommen würde, eine derartige Geschichte zu schreiben. (rosa-rote Art >.<)



    Re: Freitod (Kurzgeschichte)

    Dusky - 24.01.2008, 17:35


    Gil Meltesch hat folgendes geschrieben:Das "lyrische Ich" ist das "Ich" in Gedichten, eigentlich nicht in Kurzgeschichten. Dort ist es der "Ich-Erzähler". ;)
    (Lyrik - die zum Spiel der Lyra gehörende Dichtung)
    Versuch nicht mich in Sachen deutsche Sprache zu belehren! Da wirst du bei mir, als Deutsch-Checker, auf Granit beißen!
    Ich weiß sehr wohl, dass man lyrisches Ich und Ich-Erzähler unterscheidet.
    Korrekterweise hätte ich "episches Ich" schreiben sollen, da ich aber den Ausruck "lyrisches Ich" stilistisch als schöner empfinde, verwende ich ihn meist für beiderlei Gattungen.
    Außerdem differenziere ich, gerade unter dem Aspekt moderner Kunst, nicht mehr so stark zwischen epischen und lyrischen Werken, zumindest was meine eigenen betrifft.

    Also tu mir den Gefallen und belehre mich nicht. Gerade im Bereich Deutsch auch ein absolutes Tabu-Thema!

    Also bitte künftig ein Kommentar zu meinem Werk oder nichts dazu schreiben!

    Danke.

    Gruß,
    Metallseele



    Re: Freitod (Kurzgeschichte)

    Gil Meltesch - 23.02.2008, 11:02


    Um ehrlich hatte ich mich nicht wirklich getraut nochmal hier etwas zu schreiben, denn ich bin absolut kein Deutsch-checker, im Gegensatz zu dir, aber da es dir anscheinend wichtig ist, gebe ich nochmal meinen Senf dazu...
    Ich mag keinen Senf >.<
    Ketschup ist besserer... Aber das ist jetzt nicht das Thema...

    Ich denke, dass die Geschichte genial ist, steht außer Frage. Mir hat besonders der Vergleich mit dem Goldfischglas gefallen und das ganze allgemein bringt mich zum Nachdenken.

    Zitat:Ich atme euch keine Luft mehr weg in eurem Goldfischglas! Aber ich werde auch nicht armselig dahinsiechen, wie ihr. Ich verliere gar nichts!

    Wie lange hast du dafür gebraucht, das zu schreiben?



    Re: Freitod (Kurzgeschichte)

    Dusky - 23.02.2008, 17:34


    Gil Meltesch hat folgendes geschrieben:Wie lange hast du dafür gebraucht, das zu schreiben?
    Keine Ahnung. 20-30 Minuten.
    Also nicht sehr lange.

    Wenn ich gerade in der richtigen Gemütsverfassung bin, dann geht sowas locker von der Hand, auch wenn man teilweise die kuriosesten Denkansätze und Philosophien herausinterpretieren kann. :roll:

    Es war mehr als kleines Gag-Werk gedacht, aber anscheinend nimmt man es besser als einen todernsten Fingerzeig ... :?
    Ist Interpretationssache.

    Wie auch immer. Ich schreibe gerne und oftmals auf diese Art und Weise. Unbequem, direkt, knallhart, fragwürdig, bizarr ...
    Es spiegelt im Großen und Ganzen viel meines Charakters wieder.

    In solchen Momenten ist die Welt ein Puppentheater für mich und ich bin der grausame, lachende Puppenspieler, der seine messerscharfen Fäden gnadenlos zieht und nichts unversehrt lässt, was nicht schnell genug seinen Bewegungen folgt ...
    Ich bin ein Mörder in Worten, ein Faschist in Versen ... *lächelt*

    Gruß,
    Metallseele



    Re: Freitod (Kurzgeschichte)

    Vegeta - 09.03.2008, 05:13


    Da zeigt sich mal wieder das verrückte Genie. :D
    Ich finde die Geschichte spitze, wie immer und gerade diese eingebauten Philosophien und Denkanregungen machen die Geschichte so interessant.
    Geht wirklich nicht spurlos an einem vorbei.

    Zitat:In solchen Momenten ist die Welt ein Puppentheater für mich und ich bin der grausame, lachende Puppenspieler, der seine messerscharfen Fäden gnadenlos zieht und nichts unversehrt lässt, was nicht schnell genug seinen Bewegungen folgt ...
    Ich bin ein Mörder in Worten, ein Faschist in Versen ... *lächelt*
    Und das ist eine sehr treffende Beschreibung von dir selbst.

    Gruß,
    Vegeta



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