Ich kann auch anders (Kurzgeschichte)

Magic Nights
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    Re: Ich kann auch anders (Kurzgeschichte)

    Dusky - 30.03.2007, 18:44

    Ich kann auch anders (Kurzgeschichte)
    Das ist eine Kurzgeschichte von mir, die ich im Rahmen eines Facharbeitsprojektes einer angehenden Abiturientin geschrieben habe! Aufgabe war, eine Kurzgeschichte zu dem Stich"wort" "Ich kann auch anders" zu schreiben!

    Heraus gekommen bei mir ist diese grauenhafte, abgedrehte Kurzgeschichte, deren Lesen von mir persönlich dringend abgeraten wird und deren Inhalt nicht verstanden werden muss, geschweige denn nachvollzogen!
    Aber bitte, es ist ein kleiner Einblick in meine kranke, abgedrehte und psychedelische Gedankenwelt ...


    Ich kann auch anders

    Montagmorgen, um Punkt 5.30 Uhr durchzuckte das schrille Klingeln des Weckers meine ach so schönen Träume vom Reichtum und der damit verbundenen Faulheit ... ein Leben am Strand und im Sonnenschein wurde jäh zerrüttet, zerschlagen von den schleimigen Tentakeln der Realität. In ohnmachtsähnlichem Zustand schaltete ich den Wecker ab und torkelte wie in einem wunderbaren Drogenrausch schlaftrunken ins Badezimmer. Wie ich es in diesem völlig unzurechnungsfähigen Befinden immer wieder fertig brachte Zähne zu putzen, mir das Gesicht zu waschen, Klamotten anzuziehen und dabei dennoch von Palmen und Kokosnüssen zu träumen, war selbst mir ein Rätsel. Doch spätestens beim Frühstück aus trockenem Brot, hartem Käse und dünnem Kaffee ließ die Wirkung meiner abendlichen Dosis K.O.-Tropfen allmählich nach, so dass ich gezwungenermaßen langsam mit der bitteren Realität heute wieder zur Arbeit zu müssen konfrontiert wurde. Ich blinzelte durch den grauen Schleier, der sich im Laufe der Jahre durch das Leben in stets verrauchten Zimmern auf meinen Pupillen gebildet hatte und erkannte schemenhaft die Umrisse einer menschlichen Gestalt vor mir am Tisch kauern. Mein bester Kumpel und Zimmergenosse Mike, den ich trotz meiner Anstrengungen nur noch an dem Gestank des tschechischen Billigbieres, welches er in schier endlosen Mengen kippen konnte, eindeutig erkannte. Er grinste mich an, so glaubte ich durch das Nebelgewaber vor meinen Augen zu sehen, was ich aber nur mit der schleppenden Geste eines Halbtoten beantworten konnte. Nach ca. einer halben Stunde, die mir wie eine Ewigkeit in einem Paradies freizügigem Drogenkonsums vorkam, benebelt von Bier und altem Zigarettenqualm, der die bleischwere, gesundheitsgefährdende Luft im Raum geschwängert hatte, völlig jeglicher rationaler Wahrnehmungskraft beraubt, musste ich mich auf nikotinzerfressenen, krummen Säbelbeinen auf den Weg zur Arbeit machen. Manch einer mag schockiert sein, wenn er liest, dass ich dabei stets mit dem Auto fuhr. Doch ich hatte gelernt mit all den rauschproduzierenden Wundermitteln der Gesellschaft zu leben und mich davon in keiner Weise von meinem katastrophalen, amoklaufähnlichen Fahrstil ablenken zu lassen, mit dem ich das Schicksal meiner sämtlichen mir begegnenden Mitmenschen herausforderte. Es bestand also kein Grund mehr zur Aufregung. Nach gut zehn Minuten absolut gefährdender Verkehrsbehinderung erreichte ich meinen Arbeitsplatz in der Klinik für schwer Drogen- und Alkoholabhängige. Eine Bierfahnenbegrüßung von der umschlagenden Wucht einer Panzerfaust von meinem Chef empfangend schleppte ich mich zum Fahrstuhl. Zwischen einigen halbverfaulten Junkies um mindestens fünf Zentimeter zusammen gequetscht, schaffte ich es zu Tode erschöpft bis in mein Zimmer im fünften Stock, von dem aus ich eine herrliche Aussicht auf eine monotone Ödnis aus aneinander gereihten Betonbauten hatte. Ich hievte mich schwerfällig auf den Stuhl und griff in einer Schublade nach einer Tube Flüssigklebstoff, um mir erst mal eine mittelschwere Aceton-Vergiftung zuzuziehen, in der Hoffnung so den heutigen Arbeitstag unbeschadet überstehen zu können. Ich konnte meinem geschädigten Gehirn kaum Zeit geben sich von den ätzenden Dämpfen durchweichen zu lassen, da kam auch schon der erste Kunde herein: Eine Frau in weißem Kittel mit einem Block im Arm und einem Kugelschreiber gezückt, die sich mit gelangweilter Miene auf einen Stuhl dem meinen gegenüber sinken ließ und mich mit ihrem abschätzendem Blick durch die Hornbrille musterte. Nicht schon wieder!, dachte ich genervt. Alle meine Kunden waren die gleichen Freaks ... trugen alle weiße Kleidung, schrieben jedes Wort mit, dass ich ihnen von meinem Wissen ans Herz legte und schienen keinerlei Ahnung vom Leben zu haben. So musste ich auch dieser Dame zum x-ten Mal erklären, wie es um all die legalen aber dennoch nicht wenig abtörnenden Konsumgüter der heutigen Zeit stand und was ich für den Anfang aus eigener Erfahrung am besten empfehlen konnte. Nach einem langen Arbeitstag von drei quälenden Stunden Kundenberatung und weitere zwei Stunden Yoga-Kurs schleppte ich mich schließlich völlig fertig nach Hause. Mike hatte indes sich wieder einige Saufbrüder mit ins Haus geholt und an diesem Abend zog ich mir in Folge dessen noch eine leichte Alkoholvergiftung, bevor ich schließlich um drei Uhr nachts total am Ende in meinem Bett landete und nach einer gehörigen Portion K.O.-Tropfen in einen koma-artigen Zustand fiel ... bis ich nur wenige Stunden später erneut von einem fernen Nirwana das Klingeln des Weckers vernahm ... der nächste Tag ...

    So geht das die ganze Zeit ...
    Manch einer mag jetzt zu tiefst schockiert sein, für mich jedoch ist das Leben ... ich bin es nicht anders gewöhnt ... leben zwischen Alkohol und Nikotin, mit einem Bein im Grab ... und das jeden Tag aufs Neue ...
    Aber wenn ich so darüber nachdenke, dann muss es doch noch anderes geben außer dem hier.
    Es wird wohl Zeit, dass sich an diesem Leben etwas ändert!

    Als ich am nächsten Tag den Wecker vernahm, sprang ich mit einem Satz aus dem Bett, rannte zum Fenster und versuchte es zu öffnen. Durch den vielen Rost, der sich durch Niebenutzung im Laufe der Jahre angesammelt hatte, viel mir das etwas schwer und auch die halbtoten Finger, von der Vielzahl an Durchblutungsstörungen steif geworden, waren hinderlich, aber schließlich gelang es und zum ersten Mal seit ich weiß nicht wie vielen Jahren strömte frische Luft ins Zimmer und der Sauerstoffgehalt stieg langsam wieder auf ein nicht mehr lebensfeindliches Maß an. Dann stellte ich mich unter die Dusche, nachdem ich sie notdürftig mit einem Handtuch von den Spinnweben und Kakerlakenleichen gesäubert hatte und sorgte für Rund-Um-Körperhygiene. Etwas, was ich auch seit Monaten nicht mehr getan hatte. Ein richtig merkwürdiges Gefühl von all den Schmutzrückständen befreit zu sein. Es kribbelte mich überall.
    Als ich schließlich runter in die Küche lief und ein müdes "Morgen" zu Mike brummte, fiel mir auf, dass ich ihn schon viel klarer sehen konnte. Ich stolperte noch etwas benommen zum Schrank und kramte darin herum. Ich war mir ziemlich sicher, dass wir hier noch irgendwo Espresso haben mussten. Nach einigem Suchen fand ich ihn tatsächlich und er wirkte sogar noch genießbar. Jetzt musste ich nur noch die Espressomaschine unter den Tonnen an Staub finden und schon konnte ich in mein neues Leben starten. Ich merkte, wie Mike mich etwas verwirrt beobachtete, aber ich achtete nicht darauf und als ich mich mit einer Tasse an den Tisch setzte, musste ich grinsen, als ich seinen ungläubigen Blick sah. Er dachte sicher, ich hab ein Rad ab! Naja ... vielleicht hatte er sogar recht damit. Jedenfalls kippte ich mir in wenigen Zügen den Espresso runter und nahm mir fest vor, zumindest für diesen Tag keine Drogen mehr anzurühren und mit jedem Schluck aus der Tasse schien dieser Schwur an Bedeutung zu gewinnen. Mein Kumpel, der erraten zu haben schien, was ich mir geschworen hatte, war scheinbar fest davon überzeugt, dass ich erstens einen großen Fehler machen würde und zweitens das sowieso nie durchstehen könnte.
    Ich achtete nicht darauf und verließ pünktlich das Haus in Richtung Arbeit. Auf dem Weg dahin entfaltete der Espresso eine wahrlich erschreckende Wirkung. Zum ersten Mal fühlte ich mich wach ... ausgeruht wie nie und fit! So etwas hatte ich noch nie erlebt! Anfangs war mir dieses Gefühl mehr als unangenehm und ich wusste nicht recht, was ich machen sollte, aber als ich mich erst mal wieder bis zu meinem Arbeitsplatz durchgekämpft hatte (ging irgendwie leichter als sonst ...), begann ich allmählich mich mit diesem Zustand anzufreunden. An meinem Schreibtisch angekommen, öffnete ich wie sonst auch automatisch die Schublade und kramte meinen Klebstoff daraus hervor. Doch ehe ich ihn aufmachen konnte, griff meine linke Hand danach und feuerte die Tube in hohem Bogen zum offenen Fenster hinaus. Zuerst erschrak ich ziemlich darüber, aber dann redete ich mir ein, dass ich das Zeug heute sowieso nicht anrühren dürfe und ich mir später jederzeit wieder neue Vorräte anlegen könne. Als ich dann aber wieder stundenlang erzählen musste, merkte ich allmählich, dass ich ohne stoned zu sein, das Ganze viel besser meisterte, die Damen viel schneller loswurde und mir das alles sogar irgendwie Spaß machte. Nachdem mein Arbeitstag überraschend schnell zu Ende war, ging ich nicht gleich nach Hause, sondern spazierte einige Zeit in der Stadt herum. Obwohl ich hier so viele Jahre schon lebte, hatte ich sie mir nie wirklich angesehen. Es war, als wäre ich ganz woanders, aber nicht in meiner Stadt und so wurde mir erst bewusst, wie viel ich nachzuholen hatte. Ich hatte den Großteil meines Lebens in einer Art Dämmerschlaf verbracht, ohne wirklich etwas von ihr zu erleben. Im Nachhinein ärgert mich das maßlos.
    Wieder zu Hause angekommen war es bereits dunkel. Ich betrat die Küche, ganz leicht und vergnügt, den verdatterten Blick von Mike nicht beachtend und öffnete hungrig den Kühlschrank. Außer literweise Dosenbier war dort aber nichts mehr zu finden, also griff ich zum Telefon und rief den Pizza-Service an. Ich bestellte mir eine große Schinken-Peperoni-Pizza und als sie nach einer halben Ewigkeit endlich angekommen war und ich sie dem Lieferjungen aus den Händen gerissen und dabei fast das Bezahlen vergessen hätte, verschlang ich sie gierig. Und ich merkte, wie allmählich mein Geschmacksinn wieder erwachte. Völlig überflüssig geworden, da ich eh immer nur Nikotin und Bier zu mir genommen hatte, war er sehr zurückentwickelt. Doch ich hoffte, dass sich das bessern würde, wenn ich dem Ganzen nur die nötige Zeit lassen würde.
    Nach der Pizza setzte ich mich noch eine Weile vor die Glotze, bis ich schließlich um 22.30 Uhr todmüde, aber glücklich in mein Zimmer humpelte. Ich wechselte noch schnell irgendwie die Bettwäsche, auf der sich ebenfalls schon schmierige Dreckkrusten gebildet hatten und dann fiel ich in einen Schlaf, tiefer, als mit der stärksten überlebbaren Dosis Schlaftabletten erreichbar und wachte am nächsten Morgen noch vor meinem Wecker auf.
    Ein neuer Tag ...

    Das war also ... ein Tag clean ... ohne Drogen, ohne Alkohol ... ohne Nikotin ...
    Und soll ich ehrlich sein? Es war der beste Tag, den ich seit langem hatte ...
    Wenn ich es mir recht überlege ... jeden Tag so zu leben, ausgeschlafen, fit ... ist eigentlich viel besser! Ich schätze, ich werde das in Zukunft öfter machen ... zumindest ein, zwei Mal pro Woche!
    Oder auch für immer ... mal sehen ...
    Eigentlich hat es doch nur Vorteile, ein Leben ohne Drogen ... mein Leben ohne Drogen um genau zu sein ...
    Ich kann auch anders!

    by Dusky


    Weitere Kurzgeschichten gibt und wird es in meinem Forum zu lesen geben!



    Re: Ich kann auch anders (Kurzgeschichte)

    Hannibal - 31.03.2007, 11:38


    Das ist mal eine Geschichte ganz nach meinen Geschmack. Angereicht von spitzen Sakasmus, sowas bekommt man leider viel zu selten zu lesen. Aber ich finde es äußerst erfrischend. :twisted:



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