Entstehung/Therapie

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    Re: Entstehung/Therapie

    simonz - 09.07.2007, 20:58

    Entstehung/Therapie
    Entstehung

    Heute weiß man, dass für die Entstehung der Magersucht eine erbliche Komponente und verschiedenene Umweltfaktoren nötig sind. Generell tritt die Krankheit bei Frauen in westlichen Gesellschaften gehäuft auf.

    Die Zwillingsforschung hat eindeutig eine familiäre Häufung der Erkrankung nachgewiesen, die genauen Gene konnten allerdings noch nicht gefunden werden. Die Forschung konzentriert sich zur Zeit besonders auf Gene, die im Zusammenhang mit dem Neurotransmitter-System von Serotonin stehen.

    Hinzu kommt eine Reihe von individuellen Umweltfaktoren. Allgemein sind dies Erfahrungen, die die überwiegend jungen weiblichen Patienten besonders auf ihr Aussehen und Gewicht sensibilisieren. Dies können kritische Kommentare von Familie und Freunden über das Essverhalten, Gewicht, etc. sein. Der kulturelle Druck auf Frauen schlank zu sein gehört auch in diesen Zusammenhang (Schönheitsideal). Eine Diät ist daher häufig ein Einstieg in diese Erkrankung.
    Ein ungünstiges Elternhaus („adverse parenting“) spielt ebenfalls eine Rolle, besonders schwerwiegend sind hierbei geringer Kontakt, hohe Erwartungen (Vermaschung) und Zwist zwischen den Elternteilen. Auch schwere psychische Traumatisierungen, wie z.B. sexueller Missbrauch in der Vorgeschichte, sind manchmal zu finden.

    Ein schwaches Selbstbewusstsein und Perfektionismus sind Persönlichkeitszüge, die häufig schon vor Ausbruch der Erkrankung vorhanden sind.


    Das Zusammenwirken all dieser Faktoren nennt sich „psychobiologisch-soziales Modell“. Der Hauptgrund für Magersucht ist heute laut der Mehrzahl der Therapeuten in der Familie zu suchen. In den meisten Fällen handelt es sich um eine unauffällige bürgerliche Familie. Sie stellt sich selbst gern als absolut „intakt“ dar, die Meinung von Außenstehenden hat höchste Priorität – insbesondere in Bezug auf die Patientin. Sind Jugendliche betroffen, kann oft ein erhöhter Leistungsdruck von Seiten der Eltern festgestellt werden. Sollte dieses Bemühen enttäuscht werden, wird dies in vielen Fällen nicht mit offensichtlichen Strafen geahndet, sondern mit dem Vorwurf des enttäuschten Vertrauens in das Kind. Das Bild der „eiserne[n] Faust im seidenen Handschuh“ vermittelt dies eindrucksvoll. Beachtung sollte zudem die „Vermaschung“ finden. Gemeint ist damit die Inbesitznahme des Lebens des Patienten durch die Eltern sowie das Fehlen jeglicher Privatsphäre. Natürlich gibt es trotzdem nicht die anorektische Familie. Auch konnte in der Biographie von Essstörungen überdurchschnittlich häufig sexuellem Missbrauch, allerdings besonders bei der Bulimia nervosa gefunden werden. Es ist allerdings nicht eindeutig geklärt, ob dies tatsächlich ein ätiologisches Merkmal ist. Magersucht kann auch Begleiterscheinung von Depressionen oder selbstverletzendem Verhalten sein, oder wie alle Essstörungen auch als eine seiner Formen interpretiert werden, oder aber selbst von diesen Störungen begleitet sein. Des Weiteren neigen Patienten mit Anorexia nervosa zu zwanghaftem Verhalten bzw. Perfektionismus in allen Lebensbereichen.

    Für die Patientin ist die Magersucht in erster Linie eine Abwehr von Fremdbestimmung. Die Kontrolle über den eigenen Körper (z.B. durch Kalorien-Zählen) ist das Einzige, was noch bleibt, da alle anderen Lebensbereiche fremdbestimmt werden. Die Magersucht ist fast immer nur ein Symptom eines tiefer liegenden psychischen (und sozialen) Problems, das behandelt werden muss. Eine Symptomtherapie (wie z.B. mit Pharmazeutika) ist niemals ausreichend. So steht auch das Schlankwerden oft nur zum Anfang im Zentrum der Krankheit, die sich zunehmend verselbstständigt und gerade von längjährig Betroffenen als Sucht erfahren wird.

    Die kognitiv-verhaltenstheoretische Sichtweise sieht die Angst vor dem Dickwerden und die gestörte Wahrnehmung des eigenen Körpers als motivierenden Faktor an. Hier spielt sowohl die Kritik von Gleichaltrigen als auch der Eltern sowie das von den Medien transportierte Schlankheitsideal eine große Rolle. Die gezielte Gewichtsabnahme reduziert die Angst und macht so das Abnehmen zu einem wirkungsvollen Verstärker.

    Die psychoanalytische Sichtweise sieht die Hauptursache von Essstörungen in einer gestörten Eltern-Kind-Beziehung. Aufgrund einer gestörten Mutter-Tochter-Beziehung lehnt die Betroffene ihre weibliche Identiät und damit auch die weiblichen Formen ab. Die Beherrschung des eigenen Körpers wird zu einem Mittel, Wünsche nach Autonomie, im Gegensatz zu der Angst vor der Trennung mit der Mutter, die in der Adoleszenz wiederaufleben, zu verarbeiten. Das aggressive Streben nach Autonomie, das sich häufig in der Adoleszenz zeigt, wird somit über den Körper ausgedrückt. Äußerlich zeigen magersüchtige Mädchen häufig ein sehr angepasstes, perfektionistisches Verhalten.


    Therapie

    Die Therapie umfasst neben einer Stabilisierung des Essverhaltens in der Regel psychotherapeutische Betreuung. Bei kritischem Untergewicht (bei einem BMI von 13 und weniger besteht akute Lebensgefahr) ist eine stationäre Behandlung in einem Krankenhaus mit einer parenteralen Ernährung notwendig, d.h. dass der Patient über einen venösen Zugang mit Nährstoffen/Elektrolyten versorgt wird. Diese Zwangsmaßnahme ist wichtig und lebenserhaltend, doch ohne weiterführende psychotherapeutische Behandlung nicht dauerhaft wirksam.

    Oft werden systemisch-familientherapeutische Behandlungen empfohlen, die problematische Interaktionen in der Familie der Betroffenen für die Störung als Auslöser und als aufrechterhaltender Faktor als ursächlich ansehen. In diesem Kontext erscheint der anorektische Patient als Symptomträger einer Familie und ist demnach nicht alleine behandlungsbedürftig. Ebenfalls kommen psychoanalytische Behandlungsansätze zum Einsatz. Diese sollen unbewusste Konflikte, die zur Entstehung des Symptoms geführt haben, bewusst machen und so eine weitere Reifung der Persönlichkeit ermöglichen. Interessant ist, dass durch die psychodynamischen Therapien häufig eine Verbesserung der Symptomatik erreicht wird, ohne dass in der Therapie das fehlangepasste Essverhalten thematisiert wird.

    Auch kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlungen werden oft angewandt, die zum Ziel haben, die verzerrte Körperwahrnehmung der Patienten zu beeinflussen, die Einstellungen zum Essen zu verbessern und Wege für eine bessere Konfliktbewältigung sowie soziale Kompetenzen zu vermitteln.

    Psychopharmakologische Therapien zeigten bisher aufgrund der fehlenden Krankheitseinsicht und der daraus resultierenden mangelnden Bereitschaft, an einer Therapie mitzuwirken (Compliance), keine positiven Effekte. Eventuell führen auch die Nebenwirkungen vieler Psychopharmaka, die oft mit Gewichtszunahme verbunden sind, zu einer mangelnden Compliance.



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