Sind Sänger schlechtere Musiker

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    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    Anonymous - 21.05.2006, 07:02


    Lieber Rugero, wir hatten das Thema "kostenlosen Begleiter" schonmal irgendwo vor längerer Zeit.
    Deine Erfahrung mit Orchester-Leuten, die in letzter Minute erpresserisch Geld verlangen: ja, das finde ich wirklich zum K.... und hätte mir die Lust an diesem Konzert gründlich verdorben. :sad:
    Nachdem ich gerade Deinen Beitrag gelesen habe, hat mich das ziemlich traurig berührt, denn Du schreibt, dass Sänger von diesen Leuten nicht ernstgenommen wurden/werden.
    Warum ist das bloss so? Ich denke, das ist eine sehr wichtige Frage für uns alle, die ich sehr gerne diskutieren würde.
    Warum gelten Sänger als Musiker zweiter Klasse?
    Gilt das allgemein oder eher für die, die vor lauter Leidenschaft für den Gesang alle Bedingungen akzeptieren?
    Hat das auch was mit dem Status einer"offiziellen" Musiker-Ausbildung zu tun oder was ist das?

    Gut, dass du ja auch einen "Kurt" kennengelernt hast und nicht nur diese negativen Erfahrungen kennst.
    Ich habe ebenfalls die positive Erfahrung, dass ich "ständige Begleiter" gefunden habe, die ohne Bezahlung regelmässig mit mir Musik machen, auf partnerschaftlicher Basis.
    Aber das sind dann auch Freunde geworden und ich akzeptiere deren pianistische Schwächen genauso wie sie meine sängerischen Mängel. :d_neinnein:
    Der Glûcksfall, absolut versierte Profis zu finden, die mich zu gleichen Bedingungen in ihren Reihen aufnehmen: ja, dafür muss man ja auch leistungsmâssig mit ihnen gleichwertig sein.
    Ich habe da auch noch nicht das nötige Selbstbewusstsein und so kommt es vielleicht auch, dass man sich als Sänger selbst klein macht und andere das leichter ausnutzen können.
    Ich bin gerade wieder in so einer Situation, wo ich mit drei richtig guten Profis, von denen zwei(Geige/Cello) im hiesigen Nationalorchester spielen , ein Konzert im September plane, bei dem ich einige Schumann-Lieder singen soll und ein Schubert-Stück mit Cello und Klavier.
    Ich selbst empfinde das nicht etwa als "normal" und angemessen,sondern fühle mich eher in einem unverdienten Glücksfall, habe mich sogar schon schamhaft für mein Niveau entschuldigt und würde, wie ich mich kenne auch sofort auf jede Gage verzichten, um da mitmachen zu dürfen ......
    Solange wir selbst so auftreten, ist es kein Wunder, dass Andere uns nicht ernst nehmen....... :oops:
    Das alles hat natürlich nichts mit der derzeitigen Belcanto-Situation zu tun,aber ist indirekt damit verbunden, denn Dein Post, lieber Rugero, hat diese zweifelnden, traurigen Gedanken wieder in mir geweckt.
    Für Belcanto sehen wir doch schon nach dieser kurzen Zeit(seit gestern, wo das Problem auftauchte) ein grosses schönes Licht amEnde des Tunnels. :bravo: :love:
    Vielleicht gehört mein Thema jetzt auch eher in einen anderen Thread und kann von der Moderation gerne verschoben werden. Mir ist das wichtig, mit euch zu diskutieren, denn es betrifft unser Selbstverständnis als singende Musiker.
    Liebe nachdenkliche Grüsse von Cantilene :hearts:
    Noch eine Anmerkung dazu, dass Du, lieber Rugero für den Gesang schon eine ganzes Auto und etliche Reisen kaufen könntest.
    Wenn ich mir ansehe, was andere Menschen für ihre Leidenschaften ausgeben: Sportler z.B. ständig in teure Ausrüstungen investieren , Raucher ein Vermögen in die Luft blasen usw usw :schlaumeier:



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    Anonymous - 21.05.2006, 09:25


    Das Problem mit dem sängerischen Selbstbewusstsein hatte ich früher auch ganz extrem. Da gibt es viele Gründe, die zusammenkommen, aber v.a. wird man oft auch wirklich von anderen Musikern als "Musiker 2. Klasse" behandelt, das ist leider so. Ich habe mich z.B. als Violinistin immer akzeptierter gefühlt ...

    Es sind aber teilweise auch die Sänger selbst Schuld. Teilweise, weil sie sich eben so verhalten wie Du, liebe cantilene, und sich schon vorab für irgendwas entschuldigen. Teilweise aber auch, und da muss man ehrlich sein, weil sie sehr oft (ich sage nicht IMMER), die schlechteren Musiker sind. Wohlgemerkt nicht, was den Gesang angeht, sondern was musikalsiche Allgemeinbildung, Theorie etc. angeht.

    Ich kenne selbst massenhaft Sänger, die nicht im geringsten vom Blatt singen können (und das sind Profis, die müssten das irgendwann eigentlich im Studium gelernt haben). Die Probleme mit der Originalsprache haben. Die wirklich keinen Schimmer von angemessener Interpretation haben usw. Man möge nun über mich herfallen, aber das ist leider leider Fakt. Solange man sich da entsprechend selbst disqualifiziert, und das tun immer noch viele Sänger auf allen Niveaus, wird man auch nie richtig ernstgenommen werden.

    Ich jedenfalls entschuldige mich, seit ich die Uni verlassen habe, nicht mehr dafür, Sängerin zu sein - das war aber ein langer Prozess. Ich weiß heute sehr gut, was ich kann, und was ich nicht kann, und wer sich auf das Musizieren mit mir einlässt, hat auch mein Niveau und meine Bedingungen akzeptiert, so einfach ist das. Umgekehrt verhalte ich mich ja schließlich genau so. Dazu gehört aber eben auf beiden Seiten Arbeit, und immer noch habe ich das Gefühl, das Sänger manchmal schlechter vorbereitet sind als Instrumentalisten. Nun habe ich auch sehr sehr lange aktiv im Orchester gespielt, vielleicht sehe ich daher vieles auch etwas anders, aber es ist schon manchmal wirklich zum Haareraufen gewesen ...

    Zum anderen Thema: Ja, ich finde es auch gut und wichtig, dass jeder da sein Scherflein zu beitut, damit es mit Belcanto weitergehen kann. Ich fände es einfach superschade und wäre auch persönlich sehr betroffen, wenn sowas das Aus bedeuten müsste.
    Aber etwas ganz Persönliches noch mal: Für mich ist das Ganze, wenn ich endgültig in GB bin und mich hauptsächlich selbstständig mache, noch etwas schwieriger geworden. Daher bitte ich auch um Nachsicht, wenn das manchmal hier so rüberkommen sollte, als wäre ich überkritisch. Wenn ich das wirklich wäre, hätte ich schon lange gesagt, ich mache nicht mehr mit. Dass ich den Aufwand ja trotzdem auf mich nehme, spricht denke ich auch für sich und zeigt, wie wichtig Ihr und das Projekt mir seid. Nur ist meine finanzielle und aufwandstechnische Grenze irgendwann auch mal erreicht, und da bin ich momentan durch Mallorca und die Sache mit Kurt hart dran. Trotzdem tue ich alles, damit es doch noch klappt ...



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    Anonymous - 21.05.2006, 12:06


    Liebe Musika/Moderation, ich würde bitten, die beiden vorherigen letzten Beiträge von Epo und mir in einen neuen Thread zu stellen, denn ich würde über das Thema "Sängerisches Selbstbewusstsein-Sind Sänger schlechtere Musikern?" sehr gern auch öffentlich diskutieren. :dafür:
    Mir ist das sehr wichtig, weil ich eben noch nicht auf dem Stand bin, den Epo bereits erreicht hat: wer mit mir Musik macht, der hat auch mein Niveau akzeptiert , basta.
    Ausserdem finde ich auch,wie Epo(aus Erfahrung...) dass musikalisch bei vielen Sängern manches sehr im Argen liegt und das man sich da mal über die Ausbildung Gedanken machen sollte. :schlaumeier:
    Ich wil einfach nicht, dass Sänger, die ernsthaft hinter ihrer Sache stehen,nur als "Hobby-Leute" angesehen werden, die das ja eh nur aus Freude machen und damit genug haben. Oder noch schlimmer: die ja froh sein können, wenn sich jemand herablâsst, sie zu begleiten und der muss dann NATÜRLICH auch gut bezahlt werden. Des Sängers Lohn ist, dass er singen darf-so nach diesem Motto. Wie bei den Diakonie-Schwestern früher: "Mein Lohn ist, dass ich dienen darf"
    Das Thema hat aber hier in diesem Thread nichts verloren. Im Gegenteil, ich finde es hier geradezu kontraproduktiv und fehl am Platz, denn die Situation bei Belcanto im Moment ist eben eine völlig andere.
    Bitte mach uns dafür ein neues Thema auf,viellciht bei "Emotionen"?
    Danke und lieben Gruss
    Canti :hearts:



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    LaCastafiore - 21.05.2006, 14:23


    Liebe Cantilene,
    ich habe ja eigentlich Kontrabass studiert, und da waren für "uns" die "Sängerkollegen" im Kons doch eher wunderliche Menschen - aber das sind wir Kontrabassisten ja auch.
    Letztlich kann man sicher ganz viel und lange nachdenken, wer wählt welches Instrument und warum - ich hätte z.B. mit 20 Jahren niemals gewagt, irgendwo auch nur für einen Chor vorzusingen, hinter meinem Bass war ich in Sicherheit...
    Manches hängt sicher mit der Vergangenheit zusammen, mit den vielen Geschichten über Diven - und auch die sängerische Haltung und das Auftreten mag zu Vorurteilen Anlass geben. Einfach die eigene Vorstellung, die man in die anderen hineinprojiziert.
    Ich habe heute noch Stress beim Verbeugen, weil ich darauf konditioniert bin, aufrecht neben meinem Instrument (im Orchester) zu stehen, während applaudiert wird. Ich muss mich dann selbst schubsen und mir sagen, dass ich gesungen habe.
    Ansonsten denke ich, muss man an der eigenen Einstellung arbeiten, die der anderen kann man ohnehin nicht ändern.
    Liebe Grüsse von einer bescheidenen Castafiore ;-)

    P.S. Als ich im Chor des Orchestre de Paris (Amateurstatus, wir haben uns immer mehr als "ehrenamtlich" tätig betrachtet, da alle von uns ausgebildete Stimmen hatten) sang, stand in den Programmen immer die Formulierung: vom Amateur das Beste, die Liebe zum Gesang bewahrt, ohne in den Dilettantismus zu verfallen.... sei die Stärke der Choristen. Ich finde es seitdem keine Schande, als Amateur zu singen - ich singe aus Liebe zur Musik, welch schöneren Grund sollte es geben. Ist für mich besser, als gegen Geld irgendwelche Mucken abzuschrubben und nur zu warten, bis es rum ist ;-) Und wenn mich einer fürs Singen bezahlt, um so besser. Ich muss nicht davon leben und habe meine Stimme und meine Liebe zum Singen erst entdeckt, als ich sämtliche Altersgrenzen schon überschritten hatte.



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    Uralt - 21.05.2006, 15:01


    Da ich die internen postst von belcanto nicht kenne, kann ich nur etwas allgemeines zu dem Thema beitragen :

    Ich glaube, wir sollten dasThema nicht so plakativ sehen.

    Sind Sänger die schlechteren Musiker ? sollte doch besser heißen : Warum glauben einige Musiker, besser zu sein als manche Sänger ?

    Ich denke, es gibt schlechte/gute MusikerInnen und schlechte /gute SängerInnen. Wer mit wem zusammentrifft ist Zufall oder Schicksal.

    Und es liegt nun mal in der Persönlichkeit von manchen Menschen, dass sie andere abwerten müssen, aus welchen Grund auch immer - vielleicht aus Unsicherheit, Ignoranz, Selbstüberschätzung, Abgrenzung, oder um das eigene Selbstbewußtsein aufrecht zu erhalten.
    Und dieses Verhalten kommt ja nicht nur unter Musikern/Sängern vor.

    Die Supervisionen in Firmen sind gefüllt mit diesem Thema ( warum ist diese oder jene Abteilung besser angesehen als eine andere ?)

    Und meistens kann man feststellen, dass Menschen, die andere abwerten, entweder Selbstwertprobleme haben oder nicht teamfähig sind.

    Und ich denke, auch MusikerInnen/SängerInnen sollten im besten Fall teamfähig sein, denn die meisten arbeiten mit anderen zusammen.

    Ich habe jedenfalls festgestellt, dass im Team "Theater" sehr wenige Menschen auf der Bühne arbeiten, die wirklich teamfähig sind. Und die wenigen, die das können, fallen mir als "Teilzeit-Sängerin" S E H R angenehm auf.

    Liebe Grüße
    Uralt



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    chero - 21.05.2006, 15:35


    Hallo,

    von meinen solistischen Erlebnissen kann ich nicht sehr viel zu dem Thema sagen, jedoch im Chor habe ich mal folgendes erlebt.

    Es ging darum, daß wir das Lied "Ich war noch niemals in New York" in einer Bearbeitung für Solistin (diese sang mittendrin dann "New York, New York") 4stimmigen Chor und Pianist aufführen wollten. Unser Pianist, selbst Komponist, hatte das Stück bearbeitet und hatte schon etliche Proben mit unserem Chor gemacht. Es lief eigentlich ganz gut, bis zu der besagten Hauptprobe. Es kam wie es kommen mußte, die Solistin spielte ihre Rolle, der Chor war aufmüpfig da er sich falsch behandelt gefühlt hatte, der Chorleiter versuchte die komplette Horde incl. divenhafte Solisten unter einen Hut zu bringen und der Pianist........Ich war überrascht über ihn, denn irgendwann meinte er total ruhig und nachdenklich, jedenfalls so ähnlich "als ich das Stück bearbeitet hatte habe ich alles anders gesehen. Ich freute mich darauf das Stück gemeinsam zu hören und nicht nur meine Klavierbegleitung, was soll den die Solistin/oder Chor egal ob in dem Lied oder in einem anderen ohne Begleitung, was der Pianist mit einem Chorstück ohne Chor. Gerade in diesem Stück wo aus einem eigentlichen Solostück ein Chorstück wurde und darin noch ein Solostück intigriert ist und dann wieder zum Chorstück incl Solo wird, da muß ein WIR her. Niemand spielt die erste Geige und keiner ist ohne den anderen existent in diesem Stück". Diese Aussage hat gesessen und alle wurden nachdenklich. Dann wurde daraus ein WIR und das Publikum hat tobend applaudiert und uns damit belohnt.

    Dieses Erlebnis hat mir gezeigt, daß es beim gemeinsamen musizieren nur auf ein wir ankommt. Spielt sich einer mehr auf wie der andere dann wird daraus kein Hörgenuß sondern ein Machtkampf und das spürt das Publikum.


    Liebe Grüße
    Chero



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    dola - 21.05.2006, 16:19


    Hallo,
    mir fehlt wohl auch die Chuzpe, zu sagen, wenn ich hier und da singe, will ich 200 oder 500 oder sonstwas €. ich glaube aber, so freischwebened ohne einen Namen etc. nicht in der Postion zu sein, das zu tun.
    Die Tätigkeit unserer Begleiter allerdings, im Gegensatz manchmal zu unserer, die wir oft irgendwie sogar neben unserer Berufstätigkeit schaffen, angesichts der Schwierigkeit der meisten Begleitungen i.d.R nur professionell zu schaffen. Ich habe z. B. schon mehrere Anläufe genommen für Oratoriensoli bei Laienorganisten, aber die sagten mir, das sei definitiv zu schwer zu begleiten. Und Profis leben nur von dem und brauchen daher Geld. ProfisängerInnen können da andere Dinge aufweisen, Hochschulabschluss, musikalische Ausbildung etc., Agentenbetreuung und, vor allem, dürften die wesentlich kontinuierlicher dran sein als z. B. ich s je sein kann.
    Schlechtere, bessere Musiker? ich würde sagen, nicht unbedingt vergleichbare, jedoch sind es bessere Musiker als ich, wo ich kein Intrument spiele. Wenn ich was Neues macheund keine Aufnahme davon habe, kommt irgendwann die Phase, dass ich die Begleitung eben nch nir gehört habe, aber möglichst gleich dazu singen soll. Das klappt meist nicht auf Anhieb und ich habe da mehr Übungsbedarf als die Pianistin. Die Pianisten können das Stück auch ohne mich spielen, aber ich kann ohne sie das nicht.
    Liebe Grüße,
    dola



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    EmmyNoether - 22.05.2006, 11:34


    Hallo,

    den genauen Aufhängepunkt dieser Diskussion kenne ich ja nicht, aber es scheint die Erscheinung, daß Instrumentalmusiker Geld verlangen für gemeinsame Konzerte mit Sängern, zu sein.

    cantilene hat folgendes geschrieben:
    Warum gelten Sänger als Musiker zweiter Klasse?


    Ich will versuchen, mich dieser Frage aus der Sicht der Instrumentalisten zu nähern.

    Ich denke mir, daß das zunächst mit einer ganz einfachen Sache zu tun hat: singen kann jeder. Das Lied "Fuchs, du hast die Gans gestohlen" kriegt jeder irgendwie hin.
    Um dasselbe auf einem Instrument zu spielen, ist viel mehr Übung nötig, meist sogar Unterricht.

    Dann ist es doch so, daß jemand, der ein einfaches Lied z.B. auf dem Klavier begleiten soll, viel mehr können muß als der Sänger, weil die technischen Anforderungen an den Pianisten meist durchaus deutlich größer sind. Und - er ist als Begleiter tätig, eine weitere Herausforderung an sein Können. Wenn Sänger und Pianist gleichweit (bzw. gleichkurz) ausgebildet sind, wird oft nichts Gescheites dabei herauskommen. Also: der Gesangsanfänger benötigt meist fortgeschrittene Instrumentalisten.

    Außerdem glänzen Sänger meiner Beobachtung nach überproportional häufig durch Ahnungslosigkeit: Jeder, der ein Instrument lernt, muß sich im Laufe seiner Ausbildung gewisse musiktheoretische Kenntnisse aneignen. Bei Sängern sind diese gelegentlich äußerst rudimentär bis gar nicht vorhanden. Sänger, die mit "Dominantseptakkord" nichts anfangen können, dürften Instrumentalmusikern etwas seltsam anmuten.
    Ebenso ist es eine Selbstverständlichkeit für Instrumentalisten, daß sie vom Blatt spielen können, eine Fähigkeit, die Sängern nicht allzu selten völlig abgeht.

    Ein weiteres Manko, welches sch bei manchen Solistensängern zeigt, ist eine große Ahnungslosigkeit und Unwissenheit bzgl. Stilfragen, welche durchaus mit einer wunderbaren Stimme einhergehen kann.

    Zitat:
    Gilt das allgemein oder eher für die, die vor lauter Leidenschaft für den Gesang alle Bedingungen akzeptieren?


    Der Sänger, der die "Winterreise" singen möchte, ist ohne Pianisten recht aufgeschmissen. Der Pianist hat Möglichkeiten ohne Ende, sich ohne Sänger zu vergnügen und zu profilieren.
    Der Chor, der die "Schöpfung" singen möchte, benötigt ein Orchester, welches ihm "zu Diensten" ist. Daß ein Orchester darauf brennt, die Schöfung zu spielen, und sich in heller Aufregung einen Chor sucht, dürfte eher der seltene Fall sein.

    Die Sänger, die diese Werke unbedingt aufführen wollen, sind auf die Instrumentalisten angewiesen, Abhängigkeiten und Interessenlage sind doch sonnenklar.

    Nun kommt die Leidenschaft ins Spiel: ein Sänger (solange er noch keinen Namen hat) ist froh, wenn man ihn endlich einmal öffentlich singen läßt, wenn er singen DARF. Da spielt das Geld zumeist keine große Rolle, zumal er genau weiß: wenn ich ablehne, gibt es noch drei andere, die's zu diesen Bedingungen gerne machen.

    Warum ist das bei Sängern so, warum möchten die so gerne singen? Warum nehmen sie so viel in Kauf?
    Das ist ja nicht nur Leidenschaft für den Gesang. Es ist ja wohl auch der Wunsch, endlich einmal zeigen zu dürfen, was man kann. Und wenn ein Sänger dies darf, ist's ungemein wirkungsvoll: die Aufmerksamkeit des Publikums ruht auf ihm und nicht auf den Geigen und Querflöten.
    Mühe haben Instrumentalisten und Sänger gleichermaßen, Ruhm und Aufmerksamkeit ernten hauptsächlich die Sänger, so daß fürs Ego der fidelnden Fraktion wenig herausspringt.
    Zitat:
    Status einer"offiziellen" Musiker-Ausbildung

    Ich glaube, es ist weniger der Status, als die Tatsache, daß bei die Sängerausbildung oft weniger Aspekte beinhaltet als die der Instrumentalisten, und ich glaube, je "privater" das Studium ist, umso größer ist die Gefahr hierfür.

    Trotz der oben geschilderten Punkte kenne ich aber allerlei gelungene Zusammenarbeit zwischen Sängern und Instrumentalisten. Die Voraussetzungen sind dabei
    freundschaftliche Bande und hieraus der Wunsch, zusammen zu musizieren
    oder
    die gemeinsame große Liebe zu einem bestimmten Werk, einer Epoche einem Komponisten und hieraus der Wunsch, etwas gemeinsam zu machen.
    Unter der Voraussetzung, daß genügend Zeit zur Verfügung steht, lassen sich in diesen Konstellationen trotz eines eventuellen Leistungsgefälles schöne und für alle befriedigende Ergebnisse erreichen, nicht zuletzt deshalb, weil auch der Weg zum Ziel "lustbetont" ist.

    Gruß v. Emmy



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    lucicare - 22.05.2006, 12:34


    Hallo Emmy

    Danke für diesen schönen Beitrag, das sehe ich sehr ähnlich, auch was das Einheimsen der Lorbeeren angeht. Ich habe auch bei einigen Diskussionen auf gesang.de jeweils gedacht: da spricht der Sänger und nicht der Musiker.

    Wie schon gesagt, es geht glücklicherweise auch anders. Ich bin sehr froh, neben dem Gesangsunterricht noch Stunden für Gesang-Klavier-Duos zu besuchen, denn da geht es eben nicht nur um den Sänger, sondern um gemeinsames Musizieren, und ich finde die Erläuterungen der Klavierdozentin immer hochinteressant und ungemein bereichernd.

    Auch was zur Beziehung von Chören und Orchestern gesagt wurde hat seine Richtigkeit. Chordienste rangieren meist an allerletzter Stelle für das Orchester und sind lästige Pflicht (was allerdings auch mit den mangelnden Fähigkeiten der Chorleiter als Orchesterdirigenten zu tun hat). Es kann aber auch da anders sein, was unser Chor eben erleben durfte. Die Orchsterverwaltung liess den Konzerttermin für unser diesjähriges Konzert platzen und erklärte, es gäbe auch kein Ausweichdatum. Daraufhin sind zwei der Konzertmeister bis an höchste Stelle gegangen und haben sich für uns eingesetzt. Sie waren erfolgreich und haben sich dabei ein Werk eingehandelt, das für die 1. Violinen fast unspielbar schwer ist - und selbstverständlich gab es nur einen minimale Anzahl von Proben. Wir sind sehr beglückt über das gute Verhältnis, aber es ist auch klar, dass wir diesen Respekt eines ausgezeichneten Berufsorchesters in jedem Konzert mit entsprechender Einstellung und Leistung neu erarbeiten müssen.


    Gruss
    lucicare :Sonne



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    Anonymous - 22.05.2006, 16:59


    " Sind Sie Musiker oder Sänger ? "
    Diese Frage kann uns nur dann provozieren, wenn wir uns auf einen direkten Vergleich einlassen. So lange ein sängerischer Weltstar ( Pavarotti ), der - nach eigenem Bekunden - keine Noten lesen kann, unbeleckt von Musiktheorie seine Sternenbahn ziehen kann, müssen wir uns diesen Spruch leider gefallen lassen, ungeachtet der Tatsache, dass es heutzutage viele musikalisch hoch gebildete SängerInnen gibt ! Doch was nützt es dem musiktheoretisch hoch gebildeten Sänger, wenn er, mangels Stimme, Charisma usw. auf keinen grünen Zweig kommt? Unser Job ist es nunmal, keine Akkordblöcke sondern Melodien klangschön, stilgerecht, rhythmisch korrekt, sinnlich und sinnvoll zu gestalten. Unser Hochschulsystem krankt gewiss nicht daran, dass die Studenten zuviel Gesangsunterricht haben, eher wohl daran, dass es zuwenige sind.
    Die Anforderungen an den professionell singenden Menschen sind grundlegend andere als die an Instrumentalisten. Man stelle sich einen Lang Lang vor, der zu Weltruhm kommt, ohne musiktheoretisches Wissen - unmöglich. Ich kenne genügend Instrumentalisten, die uns um unser spezielles Talent beneiden, besonders darum, dass wir zum Musizieren, sprich : Singen, nur uns selbst benötigen. A. S. Mutter sagt neulich sinngemäß, dass sie am liebsten in ihr Instrument kriechen würde, um endlich eins mit ihm zu sein.
    Ich rede nicht dem musikalisch ungebildeten Sänger das Wort, im Gegenteil ! Aber wir haben etwas, was die Anderen nicht haben, Big P. sei Dank ! Meine Antwort auf die eingangs zitierte Frage lautet vieldeutig :
    J A !
    Ciao. Gioachino



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    Fliu - 23.05.2006, 00:57


    Zitat: Ebenso ist es eine Selbstverständlichkeit für Instrumentalisten, daß sie vom Blatt spielen können, eine Fähigkeit, die Sängern nicht allzu selten völlig abgeht.
    Ich denke, man darf hierbei aber auch nicht vergessen, dass "vom Blatt" für die Instrumentalisten ungleich leichter ist. Der Pianist sieht eine Note und weiß, welche Taste er drücken muss, damit der gewünschte Ton erklingt. Bei der Flöte ist klar, welcher Griff welche Note bedeutet. Sowas geht bei Sängern halt nicht, es sei denn, sie haben das absolute Gehör. Ansonsten müsste man bei mehrstimmigen A-cappella-Werken ja gar keine Anfangstöne angeben - oder umgekehrt: man müsste im Orchester Töne angeben :mrgreen
    Ich meine, einfache Melodien und die meisten Intervalle kann ich auch vom Blatt singen (und das sollte meiner Meinung nach auch jeder Sänger können), aber bei schwierigeren Melodien sind Instrumentalisten einfach klar im Vorteil, und das ist nur natürlich so, denke ich ;-)
    Aber ich kenne das Problem durchaus... wenn bei uns in der Gegend Messen aufgeführt werden, ist es üblich, dass das Orchester bezahlt wird, der Chor aber nicht. Das ist zwar naheliegend, weil die Chöre größtenteils aus Laien bestehen, die Orchestermitglieder aber Instrumentalunterricht hatten - doch ganz gerecht ist es nicht, wenn ich mir ansehe, wie grottenschlecht manche von den Musikern sind, während im Chor doch auch viele ganz passable Stimmen zu finden sind, die viel Zeit in den Gesang investieren und oft mit viel mehr Engagement, Herzblut und Disziplin bei der Sache sind. Es ist schon mehr als einmal passiert, dass für ein Konzert z.B. "bessere" Fagottisten geholt wurden, die den Auftritt dann prompt versauten, weil sie es nicht für nötig hielten, mitzuproben. Wurden aber natürlich fürstlich entlohnt.
    Aber da es etwas umständlich wäre, jeden einzeln vorspielen oder -singen zu lassen und nach Können zu bezahlen, ist es schon okay so :mrgreen Wahrscheinlich ist der durchschnittliche Sänger unserer überalterten Kleinstadtchöre doch schlechter als der durchschnittliche Instrumentalist in unserem Kleinstadtorchester ;-)



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    rugero - 23.05.2006, 01:49


    Hallo Fliu,
    die ersten Ausführungen von Dir unterstreiche ich voll, Danke !
    Zum Thema Chor kann ich nichts Substantielles beitragen.

    Hallo belcantisten,
    was ist denn los mit den Sängern ? Es stimmt, fast jeder hat von Geburt an eine Stimme mitbekommen, doch bei den meisten bleibt die Stimme verkümmert. Würde man die Stimmen in den folgenden Jahren nicht so diziplinieren, so würden sie auch weniger verkümmern und wir hätten mehr Sänger, so gibt es halt mehr Musiker,d.h. Instrumentalisten, oder ?
    Die Italiener, Spanier, Protugiesen usw. waren seefahrende Völker. Ihre Stimmen mussten laut, eindringlich und verständlich sein, gegen alle Naturgewalten. Bei uns heisst es immer, sei still - die Nachbarn! So werden und wurden die Stimmen immer "kleiner".
    Doch, nun zum eigentlichen Thema:
    Wer ist schuld, das der Sänger sich in seine Stimme verliebt und nicht als alibi ein Instrument lernt, um Musik zu lernen. Es stimmt, Sänger sind andere Musiker. Ich sehe den Sänger als Bindeglied zwischen Sprechtheater und Instrumentalem. Jeder Sänger muß zur Aufnahmeprüfung Klavier können, keinen Instrumentalisten fragt man nach seiner Stimme !
    Die Beherrschung eines Instrumentes ist eine hohe Kunst, einer Artistik gleich. Fürs Singen reicht nicht die reine Akrobatik, hier kommt der gesamte Mensch zur Entfaltung und die Stimme ist der Fingerabdruck der Seele, die sich dann zeigt.
    Das viele Musiker (und hiermit sind ja keine Sänger gemeint!) auch seeleneins mit ihrem Instrument sind, mag wohl so sein. Doch der Sänger kann sein Stimmorgan nicht von seinem Leib trennen und ist seiner eigenen Biologie unterworfen. Den alten Auspruch, "mir ist die Sache auf die Stimme geschlagen", habe ich noch nicht erweitert gehört ( ...ist mir aufs Instrument geschlagen!).
    Das eine musikalische Grundbildung, wie auch immer geartet, sinnvoll und hilfreich ist, steht außer Frage. Doch in diesem konkreten Zusammenhang sollte man nur mal Instrument mit "Instrument" vergleichen.
    Man könnte die Sache noch unendlich weiterführen aber ich glaube diese Diskrepanz zwischen Sängern und Musikern wird es wohl immer geben.

    Liebe Grüße von einem Bariton,
    der sich fragt, ob er überhaupt Musiker ist - rugero



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    Anonymous - 23.05.2006, 14:00


    @rugero: :bravo: :bravo:

    Meine Erfahrung mit Instrumentalisten: Es gibt solche und solche....
    Mir fällt dazu eine selbst erlebte Geschichte mit einem Konzertmeister ein: Er wollte mich zwingen, eine Vorschlagsnote nach seinen Vorstellungen und nicht nach meinen zu singen und hat zu einer wissenschaftlichen Anschauung dieser speziellen Vorschlagsnote angehoben :schlaumeier: - ich hab im sehr charmant geantwortet, dass ich das alles sehr interessant fände, aber die Vorschlagsnote doch so singen würde, wie ich wolle. Wir haben nach dieser Episode noch sehr viele sehr schöne Konzerte zusammen gemacht und ich hatte nie wieder eine bessere Solovioline bei "Schließe mein Herze".
    Vermutlich ist es wirklich so, dass Sänger/innen in der Musiktheorie nicht so ausgebildet sind - aber muss ich wirklich wissen, was ein Dominatseptakkord ist??????? Ich denke nicht, dass es mir auch nur im Geringsten beim Singen helfen würde.
    Das selbe gilt für "vom Blatt singen" (Danke Fliu für Deine Ausführung - sehr schön analysiert!). Ich kenne einige "vom Blatt Sänger", die zwar Töne richtig produzieren können, mit "Singen" hat das aber gar nichts zu tun. Und vom Blatt spielen hört sich bei manchen Orchestermusikern auch genau so an :ruhe: !!!

    LG
    mezzo



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    Anonymous - 23.05.2006, 14:16


    Das ist ja alles schön und gut.

    Trotzdem ist mir schleierhaft, warum immer wieder, und auch hauptsächlich, Sänger die Diskussion von Zaun brechen müssen, dass man theoretisches Rüstzeug doch eigentlich gar nicht brauche.

    Natürlich MUSS ich nicht vom Blatt singen können, um schöne Töne zu produzieren. Von vielen Sängern wird das aber meiner Auffassung nach auch ganz gerne als Fähnchen hochgehalten, weil sie einfach keine Lust haben, es zu lernen und sich drum zu bemühen. "Warum muss ich wissen, was ein Dominantseptakkord ist?" Muss ich nicht, schadet aber auch nicht und macht mich, entsprechende vokale Begabung vorausgesetzt, zu einem Sänger mit besserem musikalischen Verständnis. Und das ist eher förderlich als hinderlich.

    Warum ist es eigentlich für die meisten (Profi- oder zumindest Semiprofi)-Musiker selbstverständlich, auch im theoretischen Bereich gut ausgebildet zu sein, nur die Sänger tragen es oft wie ein rotes Tuch vor sich her (keine Regeln ohne Ausnahme)?

    Singen und Theorie oder alles, was noch zur Musik gehört, schließt sich doch nicht gegenseitig aus!

    Für mich sollte jemand natürlich in erster Linie ein guter Sänger sein, denn wenn das Material schon nicht stimmt oder die Stimme mir nicht gefällt, nützt auch der Rest nicht viel. Dass es schwer genug ist, auf dem Gebiet gut zu sein oder zu werden, wissen wir alle selbst.

    Aber, und ich bleibe dabei: Wer als Sänger UND Musiker ernstgenommen werden will, muss sich endlich mal von diesem meiner Auffassung eher der Faulheit entsprigenden Gedanken frei machen, dass man es als Sänger nicht nötig hat, auch ein bisschen mehr zu tun als nur schön zu singen.

    Sorry, aber mir geht das manchmal auf den Keks ...



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    EmmyNoether - 23.05.2006, 15:49


    Hallo,

    meine uneingeschränkte Zustimmung für Eponine!

    Gruß v. Emmy



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    Anonymous - 23.05.2006, 17:52


    ....na dann werd ich jetzt mal nachschlagen, was ein Dominantseptakkord ist.... gehört hab ich davon zumindest schon mal. :mrgreen

    Vielleicht hilfts ja! :n34:

    LG
    mezzo



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    Fliu - 23.05.2006, 21:54


    Durdreiklang mit kleiner Terz drüber, also z.B. c, e, g, b ;-) :schlaumeier:



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    dola - 23.05.2006, 23:26


    Hallo,
    den Dominatseptakord habe ich in der Schule mal gelernt und dank deiner plastischen Darstellung, liebe fliu, wieder aufgefrischt. :grin:

    Aber: Mit diesem Wissen produziere ich leider keinen einzigen Ton. Natürlich erleichtert das das Finden eines solchen, aber es geht auch ohne. Bei den Instrumentalisten ist das nicht so. Unser Schwerpunkt ist ja auch ein ganz anderer. Unsere Kunst besteht darin, ohne Hilfsmittel nur aus uns selbst heraus so astreine Töne zu produzieren, dass wir mit den Instrumentalisten die Musik als Leitstimme gestalten können - gilt auch für Chöre-. Dass hiermit zumindest die Schulung des musikalischen Gehörs verbunden ist, dürfte auch unstrittig sein, denn es kommt wohl kaum jemand auf die Bühne, der/die immer daneben singt.

    Ich glaube daher nicht, liebe Epo, dass wir uns da ein Gewissen wegen angeblicher Faulheit machen müssen, das wirklich nicht!!! Wenn ich nichts anderes noch tun müsste, würde ich mir den ganzen Theoriekram wahrscheinlich noch reinziehen, aber auch nur, um effizienter arbeiten zu können und ganz sicher nicht, um Minderwertigkeitsgefühle gegenüber Instrumentalisten zu kompensieren. Denn auch die wollen einen ordentlichen Gesang hören und keine Predigt über Musiktheorie.
    liebe Grüße,
    dola



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    Anonymous - 24.05.2006, 00:29


    Ihr Lieben, inwieweit nun echte Musik-THEORIE im Gesang von Nutzen ist, darüber kann man sicher streiten, schaden tut sie sicher nicht.
    Aber die PRAKTISCHE Anwendung, nämlich Rhytmus, Gehör, Zusammenspiel, Ensemble-Arbeit, DAS halte ich für sehr wichtig und leider hapert es daran bereits bei etlichen Sängern.
    Es kommt immer drauf an, auf welcher Stufe man Musik machen will. Wenn man als Amateur mit Begleitern auftritt, die man selbst bezahlt und die daher keine gleichwertigen Partner sind und den Sänger auch nicht so betrachten, ja, dann kann man sich allerhand Nichtwissen und Nchtkönnen erlauben.
    Sobald man aber von gleich zu gleich mit anderen Musikern umgeht,( will oder muss), erwarten diese zurecht, dass man binäre von ternären Rhytmen unterscheiden kann, nicht bei jeder Triole rausfliegt, den Klavierpart mitverfolgen kann, auch allein mit einem Basso Continuo zurechtkommt usw usw.
    Dass man weiss, dass manche Instrumente transponieren müssen, in anderen Schlûsseln spielen etc pp. :schlaumeier:
    Wenn jemand eine ganz aussergewöhnliche Stimme hat und dazu noch ein Tenor ist wie Herr Pavarotti, mag er auch ohne all das Weltkarriere machen.
    Aber Lieschen Müller , die professionell singen môchte und zum ersten Mal als Solistin vor einem Barockensemble steht und die Partitur nicht verfolgen kann, den Stil nicht kennt, keine Verzierungen in die da-capo Teile einbaut, nicht weiss dass das Ganze evtl einen Halbton tiefer liegt.... na, die wird wohl kaum ein zweites Mal engagiert werden.Und auf die spôttischen Bemerkungen oder Blicke von Instrumental-Partnern bin ich wahrhaftig nicht mehr scharf! :d_neinnein: Wer von anderen Musikern als Partner ernstgenommen werden will, muss schon etwas mehr kônnen als nur schöne Töne schmettern(es sei denn , er ist eben Tenor..... ;-) )
    Mir persönlich geht das verschulte System hier in Frankreich zwar in manchen Dingen sehr auf die Nerven, aber es produziert zumindest Sänger, die in diesen Dingen wirklich fit sind, ob Amateur oder Semi-Profi oder Profi.
    Das habe ich in Deutschland so nicht erlebt, es sei denn, es waren wirklich MH-Studenten oder neben ihrem Gesang noch Instrumentalisten.
    In einer privaten Ausbildung sollten meiner Ansicht nach wenigstens Grundkurse in praktischer Musik-Lehre besucht werden.
    Hier gibt es an den öffentlichen Musikschulen soetwas sogar für Chorsänger.
    Die singen wie die Profis vom Blatt, sind rythmisch super und ich habe mich anfangs richtig geschämt, dass ich das nie gelernt habe.
    Es lohnt sich,kann ich nur sagen!
    Lieben Gruss
    Cantilene :hearts:



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    Anonymous - 24.05.2006, 07:27


    Eben, liebe cantilene, genau das meine ich.

    Theorie allein macht keinen guten Sänger, ich denke, das habe ich ja auch oben ganz deutlich gesagt (dass darüber wieder diskutiert wird bzw. wiederholt, dass es angeblich NICHT nötig ist, war mir aber auch klar ;-)). Ich sagte aber genauso deutlich: "Theorie und ALLES, was zur Musik dazu gehört".

    Und genau da hapert es bei vielen, vor allen Amateur- oder semiprofessionellen Sängern, aber auch bei ganz vielen Profis. Da kann man sich jetzt auch noch hundert Mal drüber aufregen, es ist aber eine Tatsache. Wer als Sänger nicht in der Lage ist, Einsätze richtig zu nehmen, immer noch falsche Töne singt, die nicht auf dem Blatt stehen (selbst, wenn sie in die Harmonie passen - es sei denn, man singt wie ich Pop und Musical, da MUSS man improvisieren und wird eher schief angeguckt, wenn man singt, was auf dem Blatt steht ;-)), keine Ahnung von Dynamik hat und vor allem nicht wirklich versteht, wie ein Stück aufgebaut ist, wird irgendwann immer auflaufen, das ist leider eine Tatsache. Sängerisches Ausnahmetalent jetzt mal aussen vor, aber solche Leute (oder auch sonst die, die genug Geld haben) können es sich irgendwann auch leisten, sich jede Arie stundenlang vom Repetitor einbläuen zu lassen. Wenn man ehrlich ist, ist das aber nicht das Gelbe vom Ei, oder? Oder, wenn man sich jedes Stück (inclusive Fehler!) von der CD abhören muss, weil man selbst nicht in der Lage ist, es sich aus dem Notenbild zu erarbeiten.

    Und nochmal: Theoretisches und musikpraktisches (dazu gehört alles, was ich oben nannte) Wissen sowie das Sängerdasein schließen sich nicht gegenseitig aus, und wer mit professionellem Anspruch musiziert oder das gerne möchte, muss sich auch mit professionellen Ansprüchen messen lassen, so einfach ist das.

    Ich verstehe die Diskussion daher immer noch nicht wirklich und sage daher: Sänger sind DANN die schlechteren Musiker, wenn sie sich nur in der Kür baden, aber die Pflicht vergessen ...



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    Anonymous - 24.05.2006, 09:26


    [quote="cantilene"] dass man binäre von ternäre Rhytmen unterscheiden kann, nicht bei jeder triole rausfliegt, den Klavierpart mitbverfolgen kann, auch allein mit ienem Basso Continuo zurechtkommt usw usw.
    dass man weiss, dass manche i,strumente transponieren müssen, in anderen Schlûsseln spielen etc pp.
    [quote]


    Also wenn es um solches "theoretisches" Wissen geht - das setzte ich bei Sängern auch voraus. Das ist musikalisches Grundwissen und unerlässlich beim Singen - zumindest wenn man sich als Solist versucht. Wie soll ich denn von einer Bratsche einen Ton abnehmen, wenn ich nicht kapiere, dass sie nicht im Violinschlüssel notiert ist???

    LG
    mezzo



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    Anonymous - 24.05.2006, 09:41


    Liebe Mezzo, es gibt aber leider jede Menge auftretender Sänger, die DIESES Wissen eben nicht haben und sich dabei noch für tolle Künstler halten. :d_neinnein:
    Ich finde es ist einfach wichtig, sich auch als privat lernender Gesangs-Student darüber klar zu sein, dass man nicht allein mit Gesangsunterricht auskommt, wenn man mehr will als mit einem bezahlten Begleiter musizieren.
    Ich habe tausend Beispiele und seltsamerweise betrift es sehr oft Männer, die sich für Andrea Bocelli halten. ;-)
    Einen stimmgewaltigen Italiener hatte ich mal als Duett-Partner Zerlina/Don Giovanni. Unser Profi- Pianist,ein guter Freund inzwischen, der nie Geld von mir genommen hat, auch als ich noch ganz blutige Anfängerin war, hat Tantalos-Qualen gelitten und mir gesagt, dass er diesen Menschen nie wieder begleiten würde, es sei denn gegen ordentliche Bezahlung. Er hat ewig gebraucht, die Einsätze zu kapieren und seine Unfähigkeit noch als Sängerische Freiheit reklamiert!
    In einem Kuirs in Italien habe ich einen deutschen Tenor erlebt, der statt Verdi einmal Barock-Musik singen sollte und nicht die geringste Ahnung hatte, dass das anders klingen muss als "Santa Lucia". Der Beispiele kann ich unendlich aufzählen.
    Und all das waren Leute, die schon jahrelang Unterricht hatten und sich mindestens Semi-Profis nennen.
    Ich frage mich manchmal , ob einige Gesangslehrer solche Dinge total vernachlâssigen oder evtl selbst nicht sehr bewandert sind?
    Wie lâuft das in einer Ausbildung denn dann ab? Wird erwartet, dass der schüler sich anderweitig darum kümmert? Ansonsten kann ich Epo nur beipflichten!
    Lieben Gruss
    Canti :hearts:



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    Octaviane - 24.05.2006, 09:47


    Hmm, also ich weiß nicht - ich bin eigentlich noch nie von Instrumentalisten belächelt worden (zumindest nicht öffentlich, was sie hinter meinem Rücken tratschen, weiß ich natürlich nicht ;-) ) Allerdings habe ich bis jetzt auch eher selten mit einem Orchester oder dergleichen gespielt und vielleicht hatte ich einfach das Glück, dass "meine" Pianisten einfach gerne mit mir zusammen musiziert haben, auch wenn ich jetzt vielleicht nicht sooo versiert in der Musiktheorie bin. Ich kann mir zwar durchaus meine Stimme am Klavier mitspielen (oder auch andere/ mehr Stimmen bei Ensemblestücken), aber meine Vom-Blatt-Sing-Fähigkeiten lassen doch zu wünschen übrig (wobei hier zugegebermaßen ziemlich viel Faulheit im Spiel ist :oops: ) und was ein Dominatspetakkord genau ist, müsste ich mir auch nochmal anschauen. (Wobei mir der Begriff wenigstens nicht ganz fremd ist *g*) Irgendwo beherrsche ich sicher die Grundlagen, aber um das in Schule, frühmusikalischer Erziehung und Instrumentalunterricht erworbene Wissen wieder aufzufrischen, fehlt mir ganz einfach die Zeit.



    Re: Sind Sänger schlechtere Musiker

    Anonymous - 24.05.2006, 10:13


    Hallo!

    Gerade beim Vom-Blatt-Singen merke ich bei mir auch immer wieder, dass man da regelmäßig was für tun muss. Im Studium oder zu Chorzeiten ging das relativ gut. Wenn ich es nicht so oft mache wie z.B. z.Zt., gibt es so einige Intervalle, die will meine Stimme scheinbar einfach nicht rausbringen, wenn ich sie auf dem Blatt sehe ;-)
    Da nützt es auch nichts, wenn man es schon tausendmal gesehen hat, das muss man immer wieder üben.
    Man wird halt manchmal auch schlönzig, gerade, wenn man viel anderes an der Backe hat. Sollte man nur eigentlich nicht ...

    Ich glaube, dass man als Gesangslehrer schon darauf achten sollte, dem Schüler auch ein gewisses "musikpraktisches" Wissen zu vermitteln. Eben nicht durchgehen lassen, wenn musikalisch nicht sauber gearbeitet wird usw., und wenn man ihn tausendmal ansetzen lässt, bis der Rhythmus endlich stimmt. Wobei ich jetzt von den Leuten rede, die es wirklich zumindest semiprofessionell machen wollen. Für jemanden, der kaum die Töne trifft und sich dann auch noch mit solchen Dingen befassen muss, wird das schnell frustrierend, da braucht man halt auch Fingerspitzengefühl.

    Musiktheorie und ein zweites Instrument sind aber ganz klar nicht die Aufgabe des Gesangslehrers, und da krankt es halt teilweise wieder am deutschen System, auch, wenn ich da manchmal gewisse Silberstreifen am Horizont erkenne - in den Muikschulen hat sich auch einiges getan in den letzten Jahren, und es war auch viel Gutes dabei.

    Ich bekomme aber gerade mit, wie die musikalische (Laien!)-Ausbildung in GB läuft, und da muss ich sagen: Da haben 14-Jährige teilweise schon mehr drauf als bei uns Studenten an der Uni - und ich rede jetzt nicht von Ausnahmebegabungen, sondern von der Art, wie dort die ganze Ausbildung aufgebaut ist.

    Traurig, aber wahr- da ist eben noch viel zu tun ...



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