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JesusFreak

Anmeldungsdatum: 16.06.2009 Beiträge: 162
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Verfasst am: 11.04.2011, 23:04 Titel: Kreuzfahrer |
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(Sorry wegen des Namens für das RPG. Mir fiel gerade kein besserer ein)
Der Wald war an dieser Stelle dichter und unwegsamer als noch zuvor, so als hätten sich die hohen Bäume mit ihrem üppige Blattwerk verschwörerisch zusammengetan, um jedem Eindringling unmissverständlich klar zu machen, das er hier nicht willkommen war. Wurzeln und tiefhängende Äste schienen geradezu nach Stiefeln, Mantel und Waffengehänge zu greifen, die man am Leibe trug, um ein vorankommen aufs Äußerste zu erschweren und um jeden Menschen fernzuhalten, der mutig oder auch nur dumm genug war, sich hierher zu verirren. Es war jedoch nicht die schaurige Umgebung, die Andrej mitten in der Bewegung verharren ließ und ihm einen eisigen Schauer über den Rücken jagte. Diese Ehre durfte sich eine schattenhafte Gestalt zuschreiben, die keine fünf Fuß von dem ehemaligen Templer entfernt im Dunkel des Waldes kauerte und ihn mit gelblichen Tieraugen anstarrte. Nur schemenhaft, war der riesige Wolf im Unterholz auszumachen, doch Andrej war sich sicher, das es nicht dem Schatten des Waldes zu zuschreiben war, dass das grauschwarze Tier so gewaltig wirkte.
So als hätte die Kreatur seine Gedanken gelesen, erhob sie sich in diesem Moment von ihrer Ruhestätte und kam langsam auf ihn zu. Es waren nicht die vorsichtigen Bewegungen eines aufgescheuchten Tieres, sondern die bewussten, majestätischen Schritte eines Wesens, das sich seiner absoluten Überlegenheit nur allzu bewusst war.
Andrej hob unwillkürlich den Bogen mit dem aufgelegten Pfeil und starrte den Wolf über die Sehne hinweg an. Der Blick des Templers traf den der Kreatur und für einen Herzschlag lang, war sich der Kreuzfahrer sicher, in den gelblich funkelnden Augen des Raubtieres, eine bösartige Intelligenz wahrzunehmen. Der Blick enthielt eine Botschaft.
Dieser Wald ist nicht für Deinesgleichen, schien er zu sagen. Lauf Zweibeiner und rette dich in deine Höhlen aus behauenen Steinen, bevor ich von meinem Recht gebrauch mache und meine Fänge in deine weiche Kehle schlage.
Andrej musste den Impuls unterdrücken zurück zu weichen und sich darauf konzentrieren seine Hände weiter fest um das Holz des Bogens zu klammern. Die Situation war absurd. Ein kampferprobter Mann, mit gespannten Bogen und aufgelegten Pfeil, der diesen innerhalb eines Wimpernschlages auf den Weg zu seinem Ziel schicken konnte, erstarrte bei dem Anblick eines einzelnen Wolfes. Doch dieses Tier, das spürte Andrej mit jedem Moment der verstrich, war alles andere als gewöhnlich und mit einem mal wusste er, das er hier und jetzt sterben würde, wenn er den Pfeil auf seine tödliche Reisen schicken würde.
Der Wolf betrachtete ihn ruhig, ohne das leiseste Knurren oder die kleinste Drohgebärde. Sowohl er, als auch der Menschen wussten, das so etwas völlig überflüssig war. Sie lieferten sich noch mehrere Augenblicke, die Andrej allerdings ehr wie Stunden vorkamen, ein eisernes Blickduell, dem der Wolf schließlich überdrüssig zu sein schien. Das Tier wendete den Kopf und trabte, ohne die geringste Hast davon. Bereits nach wenigen Schritten, war er wieder im Dunkel des Waldes verschwunden und war wieder in jenen Höllenschlund zurück gekehrt, der ihn ausgespuckt hatte.
Andrej atmete erleichtert auf und verscheuchte derart absurde Gedanken aus seinem Kopf. Er wusste das es viele Dinge auf dieser Welt gab, die fremdartig und nicht gottgefällig wirken mochten, das hatte ihn seine Zeit in den heiligen Landen mit erbarmungsloser Härte mehr als klar gemacht. Doch gab es natürlich einen Unterschied zwischen jenen Dingen und albernen Gedanken, die aus einer Schrecksituation erwachsen waren.
Mit schmerzverzerrten Gesicht ließ der ehemalige Templer den Bogen sinken. Seine Arme hatten sich verkrampft und protestierten nur vehement gegen jede noch so kleine Bewegung. Andrej schüttelte auch die letzten bösen Gedanken ab und wandte sich um und eilte davon. Einbildung oder nicht, im Lager würde es sehr viel angenehmer sein, als in diesem verfluchten Wald.
Er brauchte fast eine halbe Stunde, bis er jene kleine Lichtung wiederfand, die sich nahtlos an einen kleinen Bach am Wegesrand schmiegte und scheinbar bereits seit sehr langer Zeit, Reisenden eine angenehme Ruhepause versprach. Als er aus dem Schatten der Bäume heraustrat, bemerkte er, das man ihn bereits erwartet hatte.
„Das wurde auch Zeit“, rief ihm ein hagerer, dunkelhäutiger Mann entgegen, der sich vor einer kleinen Feuerstelle in die Hocke hatte sinken lassen und beständig bemüht war, die Flammen kräftig zu schüren. „Ich vertröste meinen Magen nun schon lange genug, Christ.“
Wortlos warf Andrej dem Sarazenen ein gefiedertes Bündel zu, das aus zwei Rebhühnern bestand, die er nicht weit von ihr erlegt hatte. Sahid gab sich keine Mühe das gejagte Wild aufzufangen, sondern begnügte sich zunächst mit einem skeptischen Blick.
„Bist du sicher, das man diese Dinger wirklich noch essen kann?“, Fragte er mit gespielten Entsetzten in der Stimme. „Die sehen aus als wären sie bereits halbverhungert auf die Welt gekommen.“
Andrej zuckte mit den Achseln.
„Sagt man bei dir Daheim nicht, das es eine Sünde ist Allahs Gaben abzulehnen?“ Schoss er zurück.
Der Maure schnitt eine Grimasse, rückte sich dann den schwarzen Turban zurecht und deutete eine spöttische Verbeugung an.
„Vergebt mir, Sahib“, heuchelte er. „Ich bin nur ein ungebildeter Heide. Habt dank, das ihr mich über die Lehren des Koran aufgeklärt habt, oh Vater der Weisheit.“
Andrej deutete mit einem Kopfnicken auf das erlegte Geflügel. „Wie wäre es, wenn du zu Abwechselung etwas nützliches machen würdest.“
Wieder verbeugte sich der Sarazene.
„Wie ihr befehlt.“ _________________ ""Alles in Ordnung?" "Selbstverständlich, ich mache immer einen Salto rückwärts, wenn ich vom Pferd steigen will." "Zumindest hast du dir nicht die Zunge verrenkt" |
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Verfasst am: 11.04.2011, 23:04 Titel: Anzeige |
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Plue

Geschlecht:  Anmeldungsdatum: 25.09.2009 Beiträge: 135 Wohnort: Hamburg
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Verfasst am: 13.04.2011, 21:26 Titel: |
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Mit einer wütenden Bewegung stellte Teresa ihren Becher vor sich auf den grob hölzernen Tisch ab, sodass sich ein paar Tropfen des hellen Getränks auf der Platte verteilten. Schnaubend zählte sie an den Fingern ab, wie lange sie jetzt schon in diesem Dörflein verbracht hatte. Über eine Woche. Verdammt sollte dieser dreckige Auftrag sein, der sie hierher geführt hatte. Und nicht einmal besonders viel Geld hatte es dafür gegeben – leider hatte Teresa kaum eine Wahl, sie musst nach jedem Halm hechten, der sich ihr anbot. So bitter er auch schmecken mochte.
Mit einem Murren zwang sich die Kriegerin schließlich, diese an ihrem Wesen zerrenden Gedankengänge zu beenden und sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren, wenngleich ihr die Überlegungen wie ein schlechter Geschmack auf der Zunge nach blieben.
Die stark ins grau tendierenden, dennoch blauen Augen der Frau verformten sich zu Schlitzen, während sie sich im Halbdunkel der Spelunke umsah und sich darum bemühte, jedes noch so weit entfernte, dunkle Eckchen und seine Insassen zu erhaschen. Als sie zu dem Schluss kam, so wie bisher jeden Abend in dieser dreckigen Absteige, völlig umsonst hier herum zu sitzen und ihr Ziel sich ohnehin nicht zeigen würde, seufzte die Kriegerin merklich und ihre Hand glitt unmerklich an ihre Seite, wo sie wie durch Zauberhand einen Geldbeutel zu Tage förderte, in dessen schrecklich leeren Tiefen es nur noch bedingt klimperte. Ihre Reserven neigten sich dem Ende. Das war nicht gut, gar nicht gut.
Bedrückt und beinahe ein kleines wenig verzweifelt linste Teresa weiterhin auf ihre Ersparnisse, zog dann zwei kleinere Münzen heraus und orderte vom Wirt eine warme Suppe – oder wie man so eine grässlich schmeckende Brühe voller dreckstarrender Reste auch nennen mochte – und einen neuen Becher Wein. Den Rest des Alten spülte sie mit einem einzigen Schluck runter. Heute war kein Tag für Geniesser – und dieser Wein alles andere als vorzüglich, viel eher glich er einem schrecklich verdünnten Gesöff, das ihr sogar zu schade gewesen wäre, ihrem Reittier anzubieten. Es war nicht ihr Abend, nicht ihre Zeit, nicht ihr Jahr.
Nicht, dass es Teresa in den vergangenen Herbsten besser ergangen wäre. Nachdem ihr Meister gestorben und sie auf eigene Faust nach Aufträgen suchen musste, nicht länger bereit, die Lüge zu leben, ein Mann zu sein, war es stetig bergab gegangen mit ihrem Lebensniveau. Kaum jemand gedachte daran, einer weiblichen Kriegerin eine Aufgabe zu erteilen. Vielmehr wurde sie verachtet für den Umstand, dass sie sich gegen ein bürgerliches, einer Frau angemessenes Leben entschieden hatte, dass sie nicht in jungen Jahren geheiratet und Kinder bekommen hatte, um sich den Rest ihres ohnehin nicht sonderlich wertvollen Lebens derer Erziehung und der Erfüllung seiner männlichen Wünsche zu widmen.
Nach dem kargen Mahl verließ Teresa die Spelunke, in dem Wissen, dass sie später des Nachts wieder an diesen grässlichen Ort zurück kehren würde – denn leider Gottes war es der einzige Gasthof dieses gottverlassenen Dorfes.
Ein kleiner Ausflug würde die trüben Gedanken hoffentlich vertreiben und eventuell würde ihr in der Zeit nicht nur auf eine Lösung ihres Problems stoßen, sondern auch den inzwischen etwas duseligen Kopf frei machen. Mit sicherem, weit ausgreifendem Schritt und hinter ihr her flatterndem Umhang machte sich die Kriegerin auf den Weg. Dass sie auf dem Weg zum Dorfhügel und der dort angesiedelten Kapelle niemandem begegnete verwunderte sie nicht im geringsten. Teresa wusste, dass sich das halbe Dorf in der Spelunke herum trieb, das sich Gasthaus schimpfte – und der Rest bereits friedlich in seinem Bett schlummerte, um morgen beim ersten Sonnenstrahl wieder quietsch fiedel seinem täglich Geschäft nachzugehen.
Während der Blick der graublauen Augen beinahe bewundernd über die grau-braunen Mauerwerke der Gebäude und ihre mit erstaunlicher Kunstfertigkeit angefertigten Dächer strich, begann es zu nieseln. Es hatte die letzten Tage ständig geregnet und auch am heutigen hatte es bereits Sturzbäche gegeben – überall schimmerten schlammige Pfützen als Beweis im Mondlicht. Teresa beachtete diesen Umstand also nicht großartig und schlug sich viel eher einhändig die schwere Kapuze ihres ungewöhnlich kurzen Umhangs (als Kriegerin konnte sie es nicht leiden, einen so schweren Stoff ständig im Weg ihrer Armbewegungen zu haben) über die leicht gelockten, über ihre Schultern fallenden hell blonden Haare. Während dieser recht kurzen Bewegung hatte sich der Schritt ihrer bestiefelten Füße keineswegs verlangsamt, jedoch hatte sie bemerkt, dass in ihrer Haupthand noch immer der Griff ihres 1 ½ Händers lag, das sie beim Verlassen des Gasthofes nicht zurück in seine raffinierte Halterung auf ihrem Rücken geschoben hatte, sondern nach wie vor kampfbereit an der Seite trug. Das konnte ein falsches Bild für jeden vermitteln, der zufällig einen Blick auf den Weg warf oder ihr zu dieser Stund doch noch begegnete – und so behob Teresa hastig ihren Anfängerfehler, mit einem leisen Fluchen stieß sie den breiten Schaft in die Vorkehrung auf ihrem Rücken.
Nach diesem kleinen Vorfall von Unachtsamkeit verlief der weitere Weg jedoch ohne Ereignisse und so stand die Kriegerin nur wenige Minuten später auf der erhöhten Stelle in der Mitte des Ortes und liess ihren Blick über die Dächer schweifen. Leider war es schon zu dunkel, um Wesentliches zu erkennen, es reichte aber immer noch um einen Überblick über das Dorf zu kriegen. Es war wirklich winzig. Viel kleiner als ihre Heimat. Und doch wies die Bauweise und Mentalität der Anwohner starke Parallelen zu dem Dorf auf, in dem sie ihre unschuldigste und vielleicht schönste Zeit, die Kindheit verbracht hatte.
Sterne brachen sich vervielfacht in den regennassen Dächern, irgendwo weit entfern schrie eine Eule ihren Jagdruf in die Nacht hinaus und alles in allem wirkte es gerade sehr friedlich an diesem Ort, mitten im sächsischen Hoheitsgebiet, das umgeben war von riesigen Feldern, die tagtäglich von den hier lebenden, schwer arbeitenden Menschen bearbeitet wurden. Es gab nur den einen Anblick, der die ganze Szenerie störte und trotz der sie umgebenden, vorherrschenden Dunkelheit konnte Teresa von ihrem kleinen Aussichtspunkt noch genau die sich schwarz gegen die Sillhouette des weizenfarbenen Mondes abhebenden Umrisse der gegenüber liegenden Burg erkennen, auf der der hiesige Fürst und Ritter seinem überschwänglichen Lebensstil frönte.
Irgendetwas an ihrem Anblick – auch wenn sie niemals hätte sagen können, was – hatte Teresa vom ersten Tag an gestört. Irgendetwas stimmte nicht mit dieser Burg und seinen Insaßen. Irgendetwas war komisch daran, etwas strahlte Unheil und Verderben aus - und wenn sie es vermeiden konnte würde sie sich davor hüten, diesem Ungetüm von Bauwerk auch nur nahe zu kommen.
Als sie endlich genug hatte davon, die Umgebung und insbesondere die Burg am anderen Ende des verbogenen Tales, in dem sie sich, umsäumt von schroffen Felswänden befanden, zu inspizieren, wandte sich Teresa endlich zum Gehen und kehrte mit einem Wasserfilm in Gesicht und auf Kleidung zurück in die Taverne, die zur Zeit ihre Herberge stellte.
Zuletzt bearbeitet von Plue am 13.04.2011, 22:43, insgesamt einmal bearbeitet |
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JesusFreak

Anmeldungsdatum: 16.06.2009 Beiträge: 162
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Verfasst am: 13.04.2011, 22:42 Titel: |
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„Also, wie heißt dieses Dorf noch gleich?“ Fragte Sahid ohne von der Glut aufzublicken, zu dem ihr kleines Lagerfeuer inzwischen zusammengeschrumpft war. „Ich habe diesen Bauern, den wir heute morgen getroffen haben nicht richtig verstanden.“
Andrej verkniff sich ein Grinsen, welches allerdings nicht als Geringschätzung der Sprachkünste des Mauren gedacht war, sondern vielmehr dem haarsträubenden Akzent dessen sich jener Mann bedient hatte, den sie nach der nächst möglichen überdachten Unterkunft gefragt hatten. Wäre Andrej nicht mit der gleichen Mundart aufgewachsen, er hätte wahrscheinlich genau so wenig verstanden, wie der Sarazene. Sahid beherrschte die hiesige Landessprache hinlänglich, allerdings stellten so manche kulturellen Eigenheiten der Sprache nach wie vor ein Problem für ihn da. Ein Problem, auf das er nicht sonderlich gern aufmerksam gemacht wurde. Andrej gab sich daher Mühe, sich seine Belustigung nicht anmerken zu lassen, als er schließlich antwortete.
„Weihbach hat er es glaube ich genannt.“
Sahid schnaubte hörbar und äffte dann in der Tonart des Bauern den Dorfnamen nach.
„Wer soll den aus diesem Kauderwelsch schlau werden“, verlangte er zu wissen und machte dabei eine wegwerfende Bewegung mit der Hand.
„Solange wir dort endlich ein solides Dach über dem Kopf bekommen, soll mir der Name einerlei sein“, erwiderte Andrej und schüttelte sich dabei unwillkürlich. „Ich habe dieses ständige Regenwetter allmählich satt.“
Tatsächlich hatte der Himmel jeden Tag reichlich Feuchtigkeit für sie bereit gehalten, seid sie die Landesgrenze nach Sachsen überschritten hatten und auch heute war er mit dem kalten Nass nicht sparsam umgegangen.
Sahid sah nun auf und auf seinem Gesicht zeigte sich ein wölfisches Lächeln, das zwei Reihen blendend weißer Zähne offenbarte.
„Du solltest doch dieses Wetter gewohnt sein, Christ. Schließlich ist es deine Heimat“, meinte er.
Andrej warf ihm einen langen Blick über die Glut hinweg zu, der klarstellte, das dem ganz sicher nicht so war. Immerhin hatte auch der ehemalige Templer die letzten Jahre im, dem von der Sonne verwöhnten, heiligen Land verbracht. Dies hatte eine gewisse Empfindlichkeit gegen Kälte und Feuchtigkeit nach sich gezogen und beide würde wohl erst in ein paar Wochen wirklich verschwunden sein. Bis es soweit war, wollte er jedoch nicht in einem finsteren Wald hocken und sich die Regentropfen auf den Kopf fallen lassen.
Andrej schoss das Wort, das Sahid soeben benutzt hatte wieder durch den Kopf und leise wiederholte er es. „Heimat...“, das hatte einen seltsamen Klang, wenn er es selbst aussprach.
Sahid horchte auf.
„Hast du was gesagt?“ Erkundigte er sich in einem Tonfall der klarmachte, das er Andrej genau verstanden hatte.
Doch Andrej war auf einmal nicht mehr nach einer Plauderei zumute. Er winkte ab.
„Nein, ist schon gut“, murmelte er und schlang sich die Decke aus Schafswolle enger um die Schultern und ließ sich gleichzeitig auf sein Nachtlager sinken.
„Hoffen wir einfach, das wir morgen dieses Dorf finden. Bis dahin sollten wir noch etwas Schlaf finden.“
Sahid schnaubte wieder. „Wir?!“ Fragte er missmutig.
Andrej grinste nun doch. „Zumindest ich, denn soweit ich mich erinnere, bist du heute mit der ersten Wache an der Reihe.“
Weihbach war eine herbe Enttäuschung. Sie hatten kaum mehr als drei Stunden gemütlichen Ritt benötigt um auf das Dorf zu stoßen und trotzdem hätten sie es beinahe verfehlt. Der Ort bettete sich in einem kleinen Tal, das lediglich über einen wild bewachsenen Waldweg zu erreichen war, zwischen einigen Hügeln zu Füßen einer wuchtigen Trutzburg. Kaum mehr als zwanzig kleiner Hütten, allesamt aus dem Holz der hiesigen Wäldern errichtet, drängten sich eng aneinander, so als wären die Behausungen aus Furcht möglichst dicht vor dem Waldrand zusammengerückt. Lediglich ein Gebäude wies mehr als ein Stockwerk auf und verfügte über ein Fundament aus Bruchstein. Augenscheinlich ein Versammlungshaus oder auch eine Herberge, wobei sich Andrej wunderte, warum ein Dorf, soweit abseits der Straßen, überhaupt über ein Gasthaus verfügte.
„Sieht nicht sehr einladend aus“, sagte Sahid, wobei er allerdings nicht zu dem Ort hinab sah, sondern zu dem trutzigen Steinbau der Burg, die auf einem Hügel über dem Dorf thronte.
Andrej folgte seinem Blick und verstand sofort. Der Bau hatte etwas merkwürdiges an sich. Es lag nicht an der Architektur oder irgendwelchen baukünstlerischen Besonderheiten, denn davon besaß das Bauwerk kaum etwas. Es war vielmehr etwas, das sich schwer mit Worten beschreiben ließ und Andrej ein seltsames Schaudern über den Rücken laufen ließ.
„Dieser Ort verheißt nichts gutes Christ“, murmelte Sahid.
Andrejs Augen ruhten noch einige Herzschläge lang auf der Burg, dann trieb er sein Pferd zu einem gemächlich Trap ins Tal an.
„Es verheißt zumindest ein Dach und eine warme Mahlzeit“, erklärte er. _________________ ""Alles in Ordnung?" "Selbstverständlich, ich mache immer einen Salto rückwärts, wenn ich vom Pferd steigen will." "Zumindest hast du dir nicht die Zunge verrenkt" |
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Arcanus

Geschlecht:  Anmeldungsdatum: 17.01.2010 Beiträge: 84 Wohnort: Heimatlos
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Verfasst am: 14.04.2011, 16:40 Titel: |
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"Vater! Ich werde den Orden verlassen!"
Der große, stämmige Abt baute sich mit breiten Schultern vor ihm auf. Er blickte ihn durchdringend an. Soetwas konnte er besonders gut - die Aussage eines Jüngeren in Zweifel ziehen. Cyprian hatte es diesmal ernst gemeint. Schon mehrfach war er an den Punkt gelangt, dass es doch eigentlich keinen Sinn hatte hier zu bleiben. Tag für Tag hatten sich die Gründe aufgehäuft. Und jetzt war ein wahrer Turm an Argumenten gewachsen, die eine gewaltige Last für ihn darstellten. Würde er nicht gehen, dann würde ihn diese Last innerlich erdrücken.
"Mein Sohn! Was bedrückt deine Seele?"
Die Worte des hochbetagten Abtes waren schwer, langsam und beschwichtigend. Nach jedem zweiten Wort war für ihn ein tiefes Schnaufen nötig um fortzufahren. Doch Cyprian beruhigten diese Worte nicht. Seine Gedanken: Jetzt heuchelt er den großen Seelsorger. Zur Hölle mit ihm! Weg mit dir du Schlangebrut! Redest gute Worte und hast dabei ein böses, arglistiges Herz.
"Vater! Bitte redet nicht so! Ich kenne nun die Wahrheit."
Cyprian wandt sein Gesicht ab und machte zwei Schritte zur Seite. So trat er an sein Lesepult heran und legte seine rechte Hand auf ein dickes, schwarzgebundenes Buch. Sein Kopf sank auf seine Brust und er ließ die Schultern schlapp herunterhängen. Wie er so dastand gab sein schmächtiger Körper ein noch kläglicheres Bild ab, als er in Wirklichkeit war.
"Ich werde den Orden verlassen! Für mich gibt es einen anderen Weg."
Ein grauenhaftes Lachen erfüllte die kleine Zelle.
"Du verstehst nicht, mein Sohn! Du kannst nicht gehn. Du musst die Lage verstehen, in der du dich befindest."
Cyprian schnellte herum. In seiner Hand der blitzende Dolch. Noch während der Abt röchelnd in sich zusammensackte und mit der Hand seine blutsprudelnde Wunde am Rachen abdrückte, rannte Thomas aus dem dunklen Raum. Unter dem einen Arm hatte er einige Bücher mit dem anderen schlug er sich heftig an die Brust.
"Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa."
Mehrere hundert Kilometer entfernt und gleichzeitig fast zwanzig Jahre Später zuckte ein älterer Mönch in einem kleinen, sächsischem Bauernhaus zusammen.
Schon wieder dieser Traum? Warum habe ich vor dem keine Ruhe? Warum war ich überhaupt eingeschlafen?
Nachdem er sich mit der Hand durchs Gesicht gefahren war und heftig geblinzelt hatte versuchte er sich zu orientieren. Im Halbdunkel erkannte er, im Schein eines einzelnen Kerzenstumpfs neben ihm auf dem Tisch, ein ziemlich verfallenes Haus mit einer Schlafkoje, einer Waschschüssel, einem Tisch und dem Stuhl auf dem er selbst saß. Er war wohl wiedereinmal beim meditieren eingenickt. Langsam erhob er sich und schüttelte seinen Oberkörper etwas aus. Dann durchschritt er das Zimmer, ergriff das Langschwert, dass neben der Tür lehnte, gürtete es um und verließ das Haus. Aufgrund des Nieselregens schlug er die Kaputze seiner Mönchskutte über den Kopf und bewegte sich relativ schnell hinüber zur kleinen Kapelle. Sie lag auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Dort angekommen eilte er nach vorn, zum Altar, und legte sich vor dem Kruzifix auf den Boden - auf dem Bauch, die Beine zusammen, die Arme ausgestreckt. _________________ Das Licht kam in die Welt, doch die Menschen liebten die Finsternis und hassten das Licht, denn ihre Werke waren böse. (nach Joh. 3,19f) |
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Asarhaddon

Anmeldungsdatum: 16.06.2009 Beiträge: 449
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Verfasst am: 14.04.2011, 21:16 Titel: |
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Nass und triefend klebte die Schwarze Mähne des Wallachs am gescheckten Hals. Das Tier hatte diesen Regen genauso satt wie sein Reiter und die Begleiter des gesamten Trossen.
Wer war nur auf dieses geradezu grandiose Idee gekommen den Rest der Strecke ohne Rast mitten in der Nacht zurück zu legen?
Sicher Ludwig und sein treuer Wallach waren einiges Gewohnt von den Kreuzzügen, aber das musste nun wirklich nicht sein.
Seit sechs Stunden saß er nun auf dem Rücken seines Treuen Gefährten und zuckelte hier diesem knarzenden alten Ochsenkarren her. Das der nicht schon Längst auseinander gebrochen war grenzte wahrlich an ein Wunder.
„He Händler. Wie weit ist es noch?“ versuchte Ludwig sich bemerkbar zu machen. Er hatte wirklich keine Lust mehr. Weder auf die Erbarmungslos brennende Sonne und die Sandstürme des Südens noch auf Monate langes Bettstadthüten als auch auf dieses vermaledeite Regenwetter.
Der Händler brummte irgendetwas unverständliches was „nicht so Lange“, aber auch „bei Sonnenaufgang“ hätte bedeuten können. Ludwig gab es auf. Er würde diese Mundart wohl nie verstehen.
Schweigend ging es weiter. Immer wieder Fragte sich der Adlige wieso er zugestimmt hatte diesen kauzigen Fahrenden Händler als Geleitschutz in die nächste Siedlung zu bringen. Aber was beschwerte er sich eigentlich. Genauso wie dieser Alte einen Hungerlohn zahlte für den Schutz wusste er im Gengensatz nicht das der Ehemalige Templer derzeit nicht in der Lage war eine Waffe richtig zu führen.
Noch immer verbarg sich sein rechter Arm unter dem Einstmals weißen Mantel. Fixiert mit einer ledernen Armschlaufe unfähig ein Schwert zu führen.
Auch schien es dem Mann entgangen zu sein das Ludwig weder Rüstung noch Waffen trug. Statt die Brust des Ritters zu schütten steckte das lange Kettenhemd und die Ergänzenden Rüstungsteile lieblos eingewickelt in einer alten Decke zusammen mit Schwert, Bogen und einem Streitkolben.
Kurz nach Sonnenaufgang den man unter den Dicken Regenwolken nur vermuten konnte erschien endlich hinter einer Senke das Dörfchen. Endlich.
Klatsch Nass, demotiviert, schlecht gelaunt und vor allen Übermüdet trafen sie bei der Ansammlung von Hütten ein.
Fordernd streckte Ludwig seine Linke entgegen und erhielt Prompt ein Paar klimpernde Münzen. Seine Bezahlung.
Damit war für ihn die Sache erledigt. Die Männer verabschiedenden sich mir einem weithin bekannten Gruß und schlugen ihre Wege ein.
Ludwigs Weg führte ihn Richtung Trutzburg. _________________ .
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>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Kulti Laki Takas <<<<<<<<<<<<<<<<< |
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Arcanus

Geschlecht:  Anmeldungsdatum: 17.01.2010 Beiträge: 84 Wohnort: Heimatlos
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Verfasst am: 15.04.2011, 17:13 Titel: |
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"Pater noster, qui es in caelis:
sanctificetur nomen tuum.
Adveniat regnum tuum.
Fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
Panem nostrum cotidianum da nobis hodie.
Et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris.
Et ne nos inducas in tentationem,
sed libera nos a malo.
Quia tuum est regnum et potestas et gloria
in saecula.
Amen."
Immer wieder sprach Cyprian die Worte. Jeden einzelnen Teil dieses Gebets wiederholte er wieder und wieder. Er spührte, wie es ihm Kraft, Hoffnung und den Mut verlieh weiterzumachen. Ihm stand gleichzeitig die Tat immernoch sehr deutlich vor Augen. Es war schwere Sünde einen Menschen zu töten, ja! Aber er war überzeugt, dass es das Richtige gewesen war. Trotzdem: Das hieß anscheinend nicht, dass es ihm dennoch zur Last wurde. Seit einigen Jahren war ihm klar, dass er mit dieser Anfechtung wohl leben musste. Jeder muss sein eigenes Kreuz tragen. Das war seine Weise mit Christus verbunden zu sein - mit ihm mitzuleiden. Es war sein Weg. Er hatte die Fähigkeiten, das Wissen und den Willen dazu bekommen. Wenn er dies nicht einsetzen würde...
Cyprian richtete sich wieder auf, senkte sich erneut auf die Knie, bekreuzigte sich und wandte sich vom Altar ab. Er ging die wenigen Meter zur Eingangstür der Kapelle und verharrte noch einen Augenblick im Gotteshaus. Dann athmete er einmal tief durch und machte den Schritt nach draußen. Sein Blick wanderte langsam die Straße entlang. Im Moment war sie Menschenleer. Doch war auch nur ein kurzes Stück zu überblicken. In der Richtung des Waldes waren es nur geschätzte zweihundert Meter ab Ortsausgang und auf der anderen Seite machte der Weg eine Biegung nach rechts und schlengelte sich dann einen Hang hinauf zur Burg.
Cyprian zog sich erneut die Kapuze über den Kopf und begab sich auf den Weg, der zur Burg führte. Seit einem guten halben Monat war er nun hier, an diesem Ort. Der Ritter, der auf dieser Burg lebte, war sein aktuelles Ziel und mit ihm ein seltenes und mächtiges Artefakt. Jetzt war der Augenblick da, die nötigen Schritte zu ergreifen um sein Unternehmen fortzusetzen. Der Weg zurück war schon lange nichtmehr möglich. Auch jetzt gab es für ihn nur eines: fester Schritt und den Blick stets nach vorn gerichtet. _________________ Das Licht kam in die Welt, doch die Menschen liebten die Finsternis und hassten das Licht, denn ihre Werke waren böse. (nach Joh. 3,19f) |
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JesusFreak

Anmeldungsdatum: 16.06.2009 Beiträge: 162
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Verfasst am: 17.04.2011, 22:03 Titel: |
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Trotz der frühen Stunden, herrschte eine rege Betriebsamkeit in dem kleinen Dörfchen, die gar nicht recht zu einem Ort dieser Größe passen wollte. Die Felder außerhalb der gedrungenen Hütten, wurden von den Bauern bereits seit den ersten Anzeichen des Morgengrauens bewirtschaftet und trotz des miserablen Wetters taten die Einheimischen ihr Bestes um dem Boden einen kargen Ertrag abzuringen. Was für Andrej jedoch nicht weiter verwunderlich war, stellten doch das angebaute Getreide einen Großteil ihrer Lebensgrundlage da. Nur kurz hielten die Männer und Frauen auf den Feldern inne, um Sahid und ihm einen misstrauischen Blick zu zu werfen, bevor sie sich wieder ihrem langen und mühseligen Tagewerk widmeten. Eine Arbeit, die kaum härter sein konnte und dennoch nicht immer ausreichte um alle hungrigen Mäuler, die zuhause warten mochten, satt zu bekommen.
Andrej tat sein möglichstes, um die feindseeligen Augenpaare und rasch vor der Brust geschlagenen Kreuze, nicht zu bemerken. Er konnte es den Dorfbewohnern kaum verübeln. Schließlich ritt neben ihm ein Mann, wie ihn die Einheimischen sicher noch niemals zuvor gesehen hatten. Trotz des Umstandes, das sich Sahid ortsübliche Kleidung zugelegt hatte, stach seine dunkle, fast schwarze Hautfarbe so eindeutig hervor, das man schon blind sein musste, um sie nicht zu bemerken. Nicht zuletzt wirkte der schlanke Krummsäbel an der Seite des Sarazenen, kaum beruhigender als seine übrige Erscheinung, von dem arabischen Reiterbogen auf seinem Rücken und dem dazugehörigen prallgefüllten Köcher mit Pfeilen, ganz zu schweigen.
Auch Andrej selbst wirkte nicht unbedingt vertrauenerweckend. Zwar trug er keine sichtbaren Waffen bei sich, jedoch war auch sein Gesicht von der heißen Sonne, der es jahrelang ausgesetzt gewesen war, braungebrannt und bei einer oberflächlichen Betrachtung konnte man ihn ebenfalls für einen Angehörigen jener Menschen halten, die nach dem Glauben der meisten Christen hierzulande als brandschatzende Mörder, Diebe und Höllenbrut zugleich verschrieen waren. Auch er selbst trug landesübliche Kleidung, die allerdings ziemlich schmutzig und abgerissen wirkte. Schlimmsten Falles mochten sie die Dörfler also für vagabundierende Mörder aus dem Morgenland halten, die nur darauf warteten ihnen die Kehlen aufzuschlitzen und sich an dem sprudelnden Christenblut zu laben.
Rasch verdrängte Andrej diese Gedanken und lenkte sein Pferd die letzten Schritte den Hügel hinab zur Hauptstraße des Ortes. Diese bestand aus nicht mehr, als zwei Furchen in der Erde zwischen denen eine Grasnarbe wucherte, die vermutlich lediglich durch die wenigen Fuhrwerke zustande gekommen waren, die hier bisweilen hindurch kamen. Zu Andrejs Überraschung standen eines davon mitten auf dem zentralen Dorfplatz. Offenbar waren Sahid und er nicht die einzigen Besucher. Der Ochsenkarren, der bestimmt schon bessere Tage gesehen hatte, wurde von mehreren Männern umlagert, die zwischen sich und der Wagenwand, eine alten, bärtigen Mann eingekesselt hatten. Die Männer, fünf an der Zahl, trugen grüne Wappenröcke auf denen ein springender, schwarzer Wolf abgebildet war. In ihren Gürteln steckten schartige Schwerter und einige Messer.
Zwischen einem der Bewaffneten und dem Alten war es scheinbar zu einem heftigen Wortwechsel gekommen, denn beide warfen wild gestikulierend die Arme in die Luft und bedachten sich gegenseitig mit nicht unbedingt schmeichelhaften Namen.
„Der Alte ist entweder sehr mutig oder sehr dumm“, bemerkte Andrej, als sie langsam näher ritten.
„Vor allem ist er nicht unsere Angelegenheit“, fügte Sahid, mit einem warnenden Blick, hinzu und brachte gleichzeitig, wie zufällig, sein Pferd zwischen die Streitenden und Andrejs braungescheckten Wallach. Dieser nickte stumm. Sie waren übereingekommen, nicht mehr Aufsehen als nötig zu erregen. Schweigend passierten sie die Männer und lenkten ihre Tiere zum Gasthaus hinüber. Hinter ihnen erscholl das laute Knallen einer Peitsche, gefolgt von einem gellendem Aufschrei. Andrejs Kopf ruckte, fast gegen seinen Willen, herum. Der Alte war zu Boden gegangen und hielt sich wimmernd den linken Arm. Im gleichem Atemzug zischte er wilde Verwünschungen über jenen Mann, der sich soeben über ihm aufbaute. Es war derselbe, der schon zuvor mit ihm gestritten hatte. Gelassen rollte der schwarzhaarige Hüne, dessen schiefe Nase aussah, als wäre sie vor einiger Zeit von einem heftigen Hieb gebrochen worden, eine dreischwänzige Peitsche zusammen.
„Elender, welfischer Bastard!“ Fluchte der Alte am Boden. „Ihr seid nichts weiter als Diebe und feiges Lumpenpack. Gott wird euch strafen. Euch alle!“
Ein wuchtiger Tritt des Hünen brachte ihn zum Schweige. „Halt deinen Mund, Staufer! Solche wie du sind bei uns nicht erwünscht. Pack deinen Unrat und verschwinde!“
Ein weiterer Tritt und ein Aufkeuchen des Alten folgte.
„Aber das hier“, erklärte der Schwarzhaarige dann, kniete sich neben den Geschundenen am Boden nieder und hob etwas aus dem Grass, „behalten wir als Entschädigung dafür, das du mit deinen dreckigen Füßen unser Land betreten hast.“
Lachend reckte er seine Linke in die Luft, in der ein kleiner Lederbeutel steckte. Triumphierend drehte er sich einmal langsam im Kreis und zeigte seinen Kameraden das Erbeutete. „Scheint nicht viel bei sich gehabt zu haben, dieses staufische Schwein, aber für eine runde Bier, reicht es allemal.“ Laut johlend erklang die freudige Antwort seiner Kumpane.
„Andrej“, erklang die leise Warnung aus Sahids Mund, doch der ehemalige Templer hatte sich bereits aus dem Sattel geschwungen und marschierte auf die Männer zu. _________________ ""Alles in Ordnung?" "Selbstverständlich, ich mache immer einen Salto rückwärts, wenn ich vom Pferd steigen will." "Zumindest hast du dir nicht die Zunge verrenkt" |
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Plue

Geschlecht:  Anmeldungsdatum: 25.09.2009 Beiträge: 135 Wohnort: Hamburg
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Verfasst am: 21.04.2011, 10:33 Titel: |
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Als die Sonne gerade so ihre rosigste Phase überwunden und sich den Himmel einige Zentimeter wieder erkämpft hatte, die Vögel ihren zögerlichen Gesang anstimmten, kläglich darum bittend, dass dieser Tag ein schönerer als der gestrige werden würde – genau in dieser Zeit war Teresa damit beschäftigt, sich um ihre Ausrüstung zu kümmern. Penible Pflege war eine der wichtigsten Pflichten eines wahren Kriegers, wenn er verhindern wollte, dass seine sein Überleben sichernden Werkzeuge ihren Geist aufgaben. Zu ihrem Missmut begann ein Tumult direkt unter ihrem Fenster - nur wenige Momente nachdem sie ihre Klinge gesäubert hatte. Und dabei hatte sie sich nicht einmal vollständig angekleidet.
Lautstark stieß sie einige wenig gottesfürchtige Flüche aus und schlüpfte mit aller Hast in ihre verstärkten Stiefel – sie musste sich beeilen, schließlich konnte es sehr wohl sein, dass ihr Ziel unter den dort unten Randalierenden weilte...
Und so kam es, dass die blonde Frau ohne gefrühstückt zu haben und nur in ihre nötigsten Rüstungsteile gekleidet – wobei der halblange Umhang, sowie die Schulterschützer natürlich nicht fehlen durften, denn ohne funktionierte ihre Rückenhalterung nicht – hastig die Stufen hinunter polterte. Sie warf dem Wirt nur einen flüchtigen Blick zu, der ganz offensichtlich bereits aus dem Fenster geluschert und sich dazu entschlossen hatte, nicht einzugreifen, was Teresas Vermutung bestätigte, dass sich ihr Zielobjekt endlich eingefunden haben mochte. Das hiess leider Gottes nicht, dass es eine ungefährliche Situation sein würde, in die sie sich höchstwahrscheinlich gleich einmischen würde. Seufzend strich sie sich also die weiß-blonden Haare aus der Stirn, prüfte den Sitz ihrer Klinge und trat dann aus dem Taverneneingang heraus.
Dort verharrte sie noch eine Weile, um sich im Schutz des Schattens einen besseren Überblick verschaffen zu können.
Erst als ein fremder Abendländer drauf und dran war sich einzumischen, beschloss sich Teresa einzugreifen. Sie befürchtete nämlich, dass ein unbewaffneter Trottel wie dieser es offenbar war nicht lange durchhalten würde, wobei sie mit leiser Bewunderung seinen Mut belohnen musste und sich vornahm, ihn nicht zu unterschätzen. Denn trotz allem sah er weder unerfahren noch dumm aus.
"FREDERIC!" Laut und deutlich hallte der Name über den Platz und blieb noch einige Sekundenbruchteile über der plötzlich erstarrten, kleinen Menge hängen. Und noch während sich die Gesichter verwundert in ihre Richtung wandten und sie aus dem Schatten der Hauswand heraus trat, sodass alle sie deutlich erkennen konnten, begannen die Glocken der Morgenandacht zu läuten.
Natürlich kam das Geräusch nicht von der kleinen Dorfkapelle, war diese doch viel zu klein und die Bewohner viel zu arm um sich solchen Luxus leisten zu können, doch da das Tal flach war und der nächst größere Ort mehrere der dumpf tönenden Messingriesen aufwies war das Geräusch auch hier noch zu vernehmen. Es verlieh Teresas Auftritt eine gewisse Würze, die ungeplant wie ungewollt war und von den sehnsüchtig erwarteten Strahlen der Sonne, die ihre Gestalt für einen Moment in ein gleissendes Licht hüllte noch unterstützt wurde.
Missbilligend schnalzte die Blonde über diesen Umstand, der ihre beabsichtigte Wirkung völlig zernichtete. Dennoch hielt sie weiter auf die kleine Gruppe zu, die sich inzwischen von ihrer Überraschungsstarre erholt und wieder in Bewegung gekommen war. Dennoch spiegelte sich eine Mischung aus Misstrauen und Neugier in den Gesichtern der welfischen Truppe, als einer aus ihrer Mitte hervor trat. "Ich bin Frederic."
Teresa nickte und holte wie von Zauberhand eine schmutzige Rolle hervor, die sie dem welfischen Anhänger wortlos in die Hand drückte. Dessen Stirn runzelte sich in Verwirrung.
"Meldung von der werten Frau Mutter.", erklärte sie neutral, ehe sie sich an den Anführer der Bande wandte. Dass sie sich inzwischen in eine Position begeben hatte, in der sie in unmittelbarer Nähe zu dem Fremden stand war zwar kaum jemandem aufgefallen, einem aufmerksamen Auge und Geist wäre jedoch sofort klar gewesen, dass es eine Absicherung war, falls die Situation eskalieren sollte. Denn es war mehr als offensichtlich, dass der Abendländer sich im Zweifelsfall gegen die Welfen aussprechen und ihnen eine Abreibung verpassen würde – jedenfalls sah er schwer danach aus, als wär er ein Kämpfer auf der Suche nach Gerechtigkeit, die er an einem abgelegenen Ort wie diesem allerdings schwerlich finden würde.
"Ich würde es vorziehen, wenn ihr in einem Dorf wie diesem nicht für noch mehr Elend und Unruhe sorgen würdet. Es ist auch so schwer genug für die hiesigen Anwohner.", erklärte die blonde Frau letztlich sachlich, während ihre Hand dem völlig perplexen Schwarzhaarigen den Beutel aus der Hand entwand. Sie war dabei so geschickt und schnell vorgegangen, dass es dem Kerl nicht einmal dann möglich gewesen wäre sie daran zu hindern wenn er gewollt hätte. Und wäre er nicht so geschockt gewesen, dass sich jemand erdreistete, so mit ihm umzugehen, hätte er gewollt!
Teresa öffnete vorsichtig den Beutel, zupfte sich eine Münze heraus und warf sie dann dem alten Mann zu. "Das ist dafür, dass ich ihn zurück geholt habe.", erklärte sie ihm noch kurz, ehe sie sich wieder den Welfen entgegen wandte und darauf wartete, dass sie sich empörten und gegen sie auflehnten. Ihre Hand zuckte dabei direkt an den Leder umwickelten Griff ihres Schwertes und trat instinktiv einen Schritt zurück, sodass sie sich direkt neben dem Fremden befand. Und als der erste welfische Anhänger losstürmte richtete die Blonde das erste Mal ihr Gesicht und ihre glockenklare Stimme an ihren imaginären Mitstreiter.
"Ich hoffe für dich, dass du nicht so schäbig kämpfst wie du aussiehst." |
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JesusFreak

Anmeldungsdatum: 16.06.2009 Beiträge: 162
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Verfasst am: 01.05.2011, 15:25 Titel: |
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Andrej hatte nicht wirklich darauf vertraut, das sich jemand anderes einmischen und dem Alten beistehen würde und das es ausgerechnet eine Frau war, die genügend Mut dazu besaß, war ihm ebenfalls nicht in den Sinn gekommen. Das er genau so wenig nicht damit gerechnet hatte, das die Fremde bewaffnet und gerüstet war, verstand sich da von selbst.
Genau wie die anderen Männer, blickte auch Andrej zunächst etwas irritiert drein, jedoch hatte er sich wesentlich schneller wieder gefangen. Ihm waren schon Frauen begegnet die sich gegen die, fast überall dort wo er schon entlang gereist war, geltenden Bräuche und Traditionen hinweggesetzt hatten und Aufgaben übernahmen, die eigentlich ihren Männern vorbehalten waren. Selbst einige fähige Waffenträgerinnen waren darunter gewesen, allerdings war dies äußerst selten geschehen. Das er ausgerechnet hier auf so jemanden treffen würde, hatte er nicht erwartet. Seltsamerweise kam sie ihm wage bekannt vor, auch wenn Andrej nicht in der Lage war ihrer Erscheinung einen Namen oder einen Hintergrund zu zuordnen.
Ein lautes Brüllen signalisierte ihm plötzlich, das auch die Schläger, den mehr stellten die Kerle ganz offensichtlich nicht da, ebenfalls aus ihrer Erstarrung erwacht waren. Zwar waren sie gut bewaffnet, aber diese Tatsache allein machte noch keinen fähigen Kämpfer aus. Der erste, der heranstürmenden Männer, stellte dies gleich eindrucksvoll unter Beweis, indem er mit weit hochgerissener Waffe auf sie zu gerannt kam, ohne jegliche Rücksicht auf seine Deckung zu nehmen. Diesen Fehler büßte er sofort. Mit einer blitzschnellen Bewegung wich Andrej zur Seite und platzierte seinen ausgestreckten Fuß direkt in den Lauf des Angreifers. Von seinem eigenen Schwung nach vorn gerissen, stolperte der Unglückliche ungeschickt und krachte mit dem Gesicht voran auf den harten Lehmboden. Andrej war jedoch bereits an ihm vorbei, bevor der Schädel des Mannes mit dem Boden kollidierte und wandte sich dem nächsten Angreifer zu. Dem wuchtig, aber gleichzeitig ohne viel Finesse, geführten Schwerthieb des Schurken entging der ehemalige Templer, indem er sich leicht zur Seite neigte und den Mann, von seinem eigenen Hieb getragen, an sich vorbei taumeln ließ. Andrej packte aus der gleichen Bewegung heraus die behandschuhte Rechte des grobschlächtigen Kerls und verdrehte sie bis zu einem Punkt, an dem die Knochen hörbar knackten und es nur noch ein klein wenig mehr benötigen würde, um den Knochen endgültig zu brechen. Der Mann ächzte und ließ seine Waffe fallen. Andrej zog ihn noch einige Herzschläge lang erbarmungslos mit sich, bis er ihn schließlich freigab und davon stieß. Wieder klagte der Schläger sein Leid, als er unsanft gegen die hölzerne Wand des Ochsenkarrens prallte, wobei er allerdings weise genug war, nicht sofort wieder zum Angriff über zu gehen.
Die übrigen drei Männer waren ebenfalls so klug gewesen zunächst abzuwarten und nun, da sie gesehen hatten was ihren Kameraden zugestoßen war, verzichteten sie darauf haltlos voran zu stürmen. Jedoch war auf ihren Gesichtern keinesfalls Versöhnlichkeit sondern lediglich purer Zorn und Wut abzulesen. Andrej wusste selbst, das Worte nun kaum noch einen Sinn haben würden, aber er versuchte es dennoch.
„Noch ist keinem von uns etwas geschehen, das sich nicht durch einen Krug Bier wieder in Ordnung bringen lässt“, erklärte er sachlich, wobei er sich bemühte einen ruhigen Tonfall anzuschlagen. „Ihr habt euren Standpunkt klar gemacht. Dieser Mann dort“, er deutete auf den Alten, der sich inzwischen stöhnend erhoben hatte, „wird es sich in Zukunft zwei mal überlegen, wieder hier her zu kommen. Es besteht kein Grund mehr dazu, das wir uns gegenseitig bekämpfen.“
Für einen Moment lang herrschte schweigen. Der Hüne, jener der sich bereits vorher als eine Art Anführer entpuppt hatte, glotze Andrej ungläubig an, dann lachte er bösartig. Ein Laut, der unwillkürlich an das Bellen eines Hundes erinnerte.
„Keinen Grund mehr, was?!“
Er riss sein Schwert aus dem Gürtel.
„Ich gebe dir einen Grund, Bursche!“
Die nächsten Augenblicke, die folgten, waren wohl lediglich für wirklich geschulte Augen klar ersichtlich und im einzelnen wahrnehmbar. Der Hüne sprang vor und führte einen raschen und überaus geschickten Hieb, etwas das man einem Mann seiner Statur nicht zugetraut hätte. Stahl blitze auf und sauste auf Andrej nieder, mit einer solchen Wucht geführt, das es ihm sicherlich den Schädel gespalten hätte. Doch der Schlag traf nicht.
Von einem Augenblick auf den anderen war Andrej einfach nicht mehr da, wo sich die Klinge befand. Seine Linke schoss vor und knallte die Handkante gegen den Kehlkopf des Hünen. Ein kaum merkliches Zittern ging durch den massigen Körper des Mannes. Seine Waffe entglitt seinen plötzlich kraftlosen Händen und polterte zu Boden und als wäre dies ein Signal gewesen, folgte der muskelbepackte Leib diesem Beispiel. Grausam röchelnd und abwechselnd Blut und bittere Galle spuckend, krümmte sich der Mann auf dem Lehmboden.
„Vollkommen richtig“ erwiderte Andrej kalt. „Überhaupt keinen Grund.“ _________________ ""Alles in Ordnung?" "Selbstverständlich, ich mache immer einen Salto rückwärts, wenn ich vom Pferd steigen will." "Zumindest hast du dir nicht die Zunge verrenkt" |
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Plue

Geschlecht:  Anmeldungsdatum: 25.09.2009 Beiträge: 135 Wohnort: Hamburg
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Verfasst am: 02.05.2011, 19:17 Titel: |
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Teresa hatte eigentlich vorgehabt, einen Großteil dieses Kampfes allein durchzustehen und obwohl sie sich in ihren Überlegungen auf die zweifelhafte Hilfe dieses abgewrackten Kriegers gestützt hatte, war es eher eine Absicherung gewesen. Denn sie war sich sehr sicher, jede dieser lächerlichen Figuren vor sich ohne Schwierigkeiten auseinander nehmen zu können, ohne jemanden ernsthaft zu verletzen. Vielleicht ein bisschen, schliesslich konnte sie das arrogante Welfengeschlecht und ihre Anhänger nicht leiden, waren diese doch früher ein paar Mal in ihrem Heimatdorf gewesen und hatten dort Unruhe gestiftet – genau wie jetzt hier. Deswegen war sie auch mehr als unglücklich darüber gewesen, was die alte Frau ihr aufgetragen hatte, die offenbar die Mutter eines dieser Rüpel war. Dass sie keine Wahl gehabt hatte wurde ja allerdings bereits erwähnt.
Doch anstatt nun katzenhaft und anmutig zu tänzeln und ihre Widersacher einen nach dem anderen auszuschalten, stand sie regungslos und mit ungläubig geweiteten Augen da. Sie ertappte sich dabei, dass ihr Mund herunter klappen wollte, hatte sich aber rechtzeitig wieder im Griff. Unwillig gestand sie dem nach einem Morgenländer aussehenden Mann jedoch eine Gewandheit, Präzision, Kraft und Kampferfahrung ein, die ihr bei weitem fehlten. Und das versetzte ihr einen schmerzhaften Stich des Neides.
Das und die Tatsache, dass sie nicht tatenlos herum stehen wollte während sie von einem Fremden heldenhaft beschützt wurde, führten dazu, dass sie sich endlich aus ihrer Starre befreite und einen Schritt vortrat. Leider gab es inzwischen für sie absolut nichts mehr zu tun, denn als die kleine Gruppe Schläger ihren Anführer fallen und Blut spucken sahen packte es sie bei der Angst und sie machten sich daran, ihren Kameraden aufzusammeln. Während sie sich also an den Abgang machten, ließen sie natürlich keine Gelegenheit aus, ihrem Peiniger jede Art an Verwünschung und Racheschwur entgegen zu schleudern. Den liess das natürlich kalt, er hatte sein Ziel erreicht – die Kerle hauten mit eingezogenem Schwanz ab.
Terese hatte sich inzwischen wieder vollständig im Griff, auch wenn sie sich furchtbar nutzlos und schwach fühlte, wenn sie an die perfekt aufeinander abgestimmten, kaum zu verfolgenden Bewegungen ihres mehr oder weniger freiwilligen Retters dachte. Wie er dem Schlag ohne Probleme ausgewichen war und seinem Opfer zielsicher einen ausser Gefecht setzenden, finalen Kehlkopfschlag verpasst hatte. Fabelhafte Technik. Und diese Schnelligkeit...
Nicht nur das, auch die eisige, vor Ironie triefende Stimme am Ende ließen ihr einen Schauer über den Rücken laufen. Und sie hatte diesen herausragenden Krieger als schäbig bezeichnet?
Und obwohl keine Regung auf ihrem Gesicht zu erkennen war, hatte sich tief in ihr etwas geregt als sie die Stimme des Mannes gehört hatte. Sie hatte das Gefühl, als würde sie irgendwas übersehen, als gäbe es da etwas, dass sie eigentlich bemerken müsste, als gäbe es da einen Gedanken, der schon gebildet, für sie aber nicht greifbar war... Und zeitgleich liess es sie schütteln, so eisig und schneidend hatte er geklungen. Teresa ballte ihre Hand und biss sich wütend auf die Lippe. Sie konnte noch immer nicht glauben, was eben geschehen war. Und sie verlor erneut die Kontrolle über sich, was ihr überhaupt nicht gefiel.
Und diese Wut und Unsicherheit brach sich schliesslich eine Bahn, als sie sah wie der seltsame Reisende wieder zurück zu seinem Reittier schritt und so tat, als wäre gerade nichts geschehen – nachdem er eben noch ein paar Worte mit dem Alten gewechselt hatte, dem es ganz offenbar wieder besser ging und der es den Welfen nach ahmte und sich schleunigst aus dem Staub machte, vermutlich um weiterem Ärger aus dem Weg zu gehen.
Mürrisch und viel von ihrer zuvor gezeigten, federnden Geschmeidigkeit verlierend stapfte sie hinterher und packte dem Fremden an der Schulter. Sie bemerkte aus dem Augenwinkel, dass er kurz bevor sie ihn berührte zuckte, ganz als wolle er sich instinktiv vor einem Angriff schützen und sich nur mit Willenskraft davon abhalten. Aber vielleicht hatte sie sich auch geirrt. In jedem Fall ruhte ihre Hand nun auf seiner Schulter und sie riss ihn herum, um ihm ins Gesicht blicken zu können.
"Wer bist du?", blaffte sie ihn dann an, allerdings nach einer etwas zu langen Pause, die längst nicht mehr als Kunst erachtet werden konnte. Zunächst hatte sie nämlich irritiert in sein sonnengegerbtes Gesicht geblickt und sich darum bemüht, nicht die Fassung zu verlieren. Etwas an seinem Anblick rührte sie, etwas in diesen klaren und doch so schrecklich einsam wirkenden Augen liess sie fast zurück schrecken. Sie merkte es nun immer deutlicher. Da war etwas, das sie übersah. Etwas, dass sie nicht übersehen durfte und das sehr wichtig war. Und dieser eine Moment, in dem sich ihre Augen zum ersten Mal auf neutralem Grund trafen und sie sich gegenseitig in anderem Interesse als die Kampfkraft des anderen zu testen, musterten verpufften all die Sachen, die sie ihm hatte an den Kopf werfen wollen und es blieb einzig die eine Frage übrig, die sie ihm dann ins Gesicht schleuderte, ohne jedoch den gezielten Effekt zu bewirken. Und auch der Zorn wich langsam aus ihr, wie Luft aus einem Ballon. Er machte Platz für eine im gleichen Maße steigende Irritation, die ihr den Wind aus den Segeln nahm und sie auf andere Weise rasend machte.
Sie konnte es nicht leiden, wenn sie so ein Gefühl verspürte, dass ein Gedanke einfach nicht greifbar und doch so wichtig war. Sie fühlte sich dann hilflos ihrem Unterbewusstsein ausgeliefert und der Willkür, ob es sein Wissen preis gab oder nicht.
"Ein Reisender.", war die unbefriedigende Antwort doch Teresa verstand den Wink. Sie entfernte sich augenblicklich ein Stück von dem Mann und zog ihre Hand wieder zurück, die nun schlaff an ihr hing.
"Tut mir leid für den schroffen Ton.", meinte sie dann, sowohl ihr Gesicht als auch ihre Stimme wieder im Griff habend. Sie senkte den Blick, konnte dem seinen nicht länger stand halten, da es sie auffraß, unwissend zu bleiben, da es sie schmerzte, obwohl sie nicht verstand. Ausserdem spürte sie inzwischen, dass ihr Gesicht glühte vor Scham darüber, dass sie die Beherrschung in diesem Ausmaß verloren hatte. So etwas durfte ihr nicht passieren, ihr nicht!
"Ich schulde Euch noch immer. Wenn es die Weiterreise nicht zu sehr verzögert würde ich Euch einladen, in dem Gasthaus einzukehren. Und Euren Freund natürlich auch.", nickte sie in Richtung des schwarzen Hünen, der noch immer in gewissem Abstand von der Szenerie wartete – sich allerdings inzwischen aus dem Sattel geschwungen hatte.
Ohne eine Antwort abzuwarten wirbelte die sichtlich aufgewühlte, blonde Frau auf dem Absatz herum und ging zurück zu dem Gasthaus, das die letzten Tage ihr Heim gewesen war. Sie würde jetzt ein Frühstück brauchen – und im Zweifelsfall auch ein großes Bier auf den Schock. Ob man sich ihr anschloss oder nicht, lag nicht in ihrer Hand. Allerdings hoffte sie inständig darauf, da sie die beiden Unwissenden (und Ungläubigen!) darauf hinweisen wollte, dass die Welfen zwar mit eingekniffenem Schwanz davon gelaufen waren, sich jedoch die Wunden lecken und mit größerem Rachedurst zurück kehren würden. Und mehr Kampfkraft. Zudem wollte sie herausfinden, wer diese mysteriösen Kerle waren und wieso zumindest einer von ihnen sich so verdammt gut aufs Kämpfen verstand, dass sogar ihr die Spucke weg blieb – und wieso etwas an ihm ihr so bekannt vorkam, obwohl sie zuvor noch nie näher mit einem dieser farbigen Ungläubigen zu tun gehabt hatte, denen nachgesagt wurde, Menschenfresser zu sein. Sie selbst glaubte natürlich nicht an derlei Märchengeschichten, aber nach der Demonstration eben konnte sie sich durchaus vorstellen, wieso Leichtgläubige sie für unmenschlich hielten.
Mit jedem Schritt, den sie in Richtung Taverneneingang machte wurde ihr Gang wieder fließender und anmutiger. Dann verschwand sie flink die Treppe hinab.
Das düstere Halbdunkel des Gasthauses empfing Teresa und ihre Augen mit freundlichem Schatten und sogleich kam der Herr des Hauses auf sie zugestürmt und häufte ihr ein Duzend Fragen auf, die er sicherlich großteils selber beantworten konnte, hatte er doch ohne Frage dem Schauspiel hinter sicherer Tür beigewohnt und es verfolgt. Dennoch beantwortete die junge Frau geflissentlich die Fragen – wenn auch kurz angebunden – und setzte sich an einen Tisch, von dem aus sie die Tür perfekt im Auge hatte.
Während sie sowohl auf ihre nicht vielversprechende Mahlzeit, als auch auf die beiden Fremden wartete, rekapitulierte sie das Geschehene wie das Gefühlte. Und kam sich schrecklich dumm vor. Sie hatte sich wie ein aufmüpfiges kleines Mädchen verhalten, sich in keinster Weise mehr unter Kontrolle gehabt und – was wohl das aller schlimmste war – sich von einem daher gelaufenen Mann ohne (!) Waffe beschützen lassen. Sie hatte vielleicht auf Unterstützung gehofft, wissend, dass zu viele starke Männer auf einmal ihr Probleme bereitet hätten, aber dass sie nicht einmal hatte beweisen können, dass hinter ihrer großen Klappe auch etwas steckte wurmte sie doch ziemlich. Und dass sie nach wie vor nicht umhin kam seine fließenden Bewegungen und die unter dem Stoff deutlich zu erkennbaren Muskelstränge, die sich in perfekter Übereinstimmung bewegt hatten zu bewundern, zu beneiden und sie zu allem Überfluss nicht vergessen konnte machte ihre Laune nicht gerade besser. Vielleicht wäre es besser, wenn die zwei Morgenländer einfach verschwanden und sie sich im Laufe des Tages auf den Weg machte. Diesen Vorfall würde sie früher oder später schon vergessen – wahrscheinlich schon während der Überlegung, wohin sie als nächstes gehen sollte. In jedem Fall würde es ihr gut tun, endlich dem ständigen Regen (sie war sich sicher, dass es im Laufe des Tages erneut anfangen würde zu gießen) und diesem nichtssagenden Kaff zu entkommen – im Besonderen der schrecklichen Burg auf dem schroffen Felsrücken.
Teresa seufzte schwer. Es war wahrlich kein erhebender Morgen gewesen... obwohl sie endlich ihren Auftrag beenden konnte. Und als sich zwei dunkle, ziemlich große Gestalten unter dem niedrigen Türrahmen hindruch bückten und sich umsahen sank ihr das Herz in tiefere Bereiche. Sie schluckte schwer. Auch wenn sie es sich nicht erklären konnte, der Anblick dieses einen Morgenländers machte sie furchtbar nervös und sie konnte sich nur mit Mühe verkneifen, unruhig auf ihrem Stuhl herum zu rutschen.
Um sich abzulenken packte sie hastig den Humpen, der ihr soeben vor die Nase gesetzt worden war und trank vorsichtig ein paar Schlucke, sich dabei hinter dem schweren, tönernen Gefäß versteckend. Sie beobachtete, wie der Gastwirt hastig zu den Neuankömmlingen lief und erhaschte noch sein halb von überschwänglicher Freude über neue Gäste die Geld verhießen, halb von gräslicher Angst vor blutlüsternen Ungläubigen verzerrtes Gesicht und schielte dann wieder den beiden ungleichen Reisegefährten entgegen. Sie hatte eben gar nicht bemerkt, wie groß sie waren. Vorallem der extrem dunkelhäutige Mann neben ihrem 'Retter' wirkte riesig in diesem kleinen Raum und trotz der Entfernung und des schlechten Lichtes erkannte die junge Frau noch die strahlend weißen Zähne des Mannes und seine unverkennbare Adlernase, die ihn wie einen schrecklichen Raubvogel wirken liess. Sein Begleiter hingegen schien bei näherer Betrachtung unter dem schrecklich wuchernden Bart europäische Züge aufzuweisen und die junge Frau begann auch aufgrund der hellen Augen des Mannes langsam daran zu zweifeln, dass er ein Morgenländer war. Andererseits sprach seine Hautfarbe eindeutig dafür. Ausserdem : was wusste sie schon über Morgenländer und wie sie auszusehen hatten? Ausser ihrer markanten Hautfarbe und dass sie angeblich Höllenbrut waren, wusste sie herzlich wenig – und vielleicht war das auch gut so.
Teresa beruhigte ihre aufgeregt umher wirbelnden Gedanken und konzentrierte sich auf das Wesentliche, das, was vor ihr lag. Oder besser gesagt stand – und nun sicheren Schritts und noch immer leicht gebeugt auf sie zu kam. Doch all ihre guten Vorsätze wurden mit einem Mal weggeblasen, als sich ein verirrter Sonnenstrahl in den Raum stahl und etwas auf der Stirn des einen Mannes weißlich aufschimmern liess. Eine Narbe. Auf der linken Schläfe. Aber das konnte nicht sein. Nein, sie musste sich irren. Bestimmt war das irgendeine Art der Kriegsverletzung, etwas, das sich der Mann in einem der vielen Kämpfe zugezogen hatte, sie er schon ausgefochten hatte.
Aber die Form. Teresa erinnerte sich noch daran, wie sie über die gerade verheilte Wunde gestrichen hatte. Das hatte sie oft getan. Und automatisch malte ihr Zeigefinger auf der rauen Tischplatte die exakte Schwingung nach. Dass sie sich nach all der Zeit noch an solche Kleinigkeiten erinnerte. Lange war es her, dass sie daran gedacht hatte.
Aber es war unmöglich. Ja, völlig ausgeschlossen. Die Frau schüttelte beinahe verzweifelt den Kopf, doch sie konnte diesen einen Gedanken nicht vertreiben und als sie hörte, wie der Vogelmann den Namen aussprach konnte sie nicht mehr an sich halten, konnte all die Erinnerungen nicht mehr zurück halten. Sie, ihre ohnehin am heutigen Tag nicht vorhanden scheinende Selbstkontrolle und ihre Vorsätze wurden ausnahmslos von einem Gefühlsschwall überschwemmt und ohne es selbst mitzukriegen stieß sie den Stuhl dabei um, als sie aufgeregt aufsprang.
Es gab ein Krachen als er hinten über kippte und hart auf dem Boden aufschlug. Doch all das interessierte ausser dem Wirt keinen der Umstehenden, denn Teresa war schon fliegenden Schrittes gen Andrej gestürmt, hatte ihn kurz aber überschwänglich in die Arme geschlossen und stand jetzt mit leuchtenden Wangen und Augen vor ihm.
"Andrej!? Andrej! Ich glaub's ja nicht. Du bist es wirklich. HAH." Über seinen nun mehr als nur ein wenig entglittenen Ausdruck musste sie herzhaft lachen. Dann befreite sie ihn aber von seiner Unwissenheit, drehte ihm kurzerhand den Rücken zu und hob mit einer vorsichtigen Bewegung ihre Haare aus dem Nacken. Nur noch wenige ihrer goldenen Locken fielen über die Stelle an ihrem Hals, wo sich über die deutlich vorstehenden Wirbel ein Muttermal zog, dessen Form der einer Halbmondsichel glich.
Erwartungsvoll drehte Teresa sich um, ließ ihre Haare wieder frei über ihre Schultern wallen und betrachtete aufmerksam jede Regung im Gesicht ihres Gegenübers – seinen Begleiter und den Wirt hatte sie inzwischen vollständig ausgeblendet. |
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JesusFreak

Anmeldungsdatum: 16.06.2009 Beiträge: 162
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Verfasst am: 06.05.2011, 13:05 Titel: |
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„Das war tapfer von euch, Fremder“, murmelte der Alte und versuchte sich dabei, mehr schlecht als recht, an dem hölzernen Aufbau seines Wagens abzustützen. „Aber ich fürchte euer Mut wird euch schlecht gedankt werden.“
Er wies mit der Hand den davon eilenden Männern nach.
„Leute von diesem Schlag vergessen eine solche Schmähung nicht.“
Andrej winkte ab, obwohl er innerlich dem Händler zustimmen musste. „Lass gut sein“, meinte er in einem bewusst selbstsicher klingenden Tonfall. „Wir werden nicht lange hier bleiben. Bis diese Strolche ihren ersten Schreck überwunden haben, sind wir schon auf und davon.“
Der Alte brummte ein zustimmendes „vergelt’s Gott“ und machte sich rasch daran, sein Gefährt zu besteigen, um kurz darauf eilig davon zu rumpeln.
„Das hat er schon“, murmelte Andrej halblaut, dann wandte er sich wieder Sahid und den Pferden zu. Es wäre wirklich klüger, nur rasch die Vorräte zu ergänzen und sich dann ebenfalls wieder auf den Weg zu machen. Andrej wollte nicht darauf warten, das diese Schläger zurück kehrten. Zu schade. Auf ein ordentliches Bett würde er wohl erneut verzichten müssen.
Plötzlich packte ihn jemand an der Schulter und der ehemalige Templer musste den instinktiven Impuls unterdrücken, nicht herum zu fahren und in Kampfstellung zu gehen. Ein leichtes Kopfschütteln von Sahid signalisierte jedoch, das dazu keine Notwendigkeit bestand. Dennoch wurde Andrej grob herum gerissen und blickte überraschend in das Gesicht der blondhaarigen Frau. Diese starrte ihn mit undeutbarer Mine an, sagte aber kein einziges Wort, um ihre Handlung zu rechtfertigen. Andrej hob fragend die Brauen. Die junge Fremde sah nicht so aus, als wolle sie sich überschwänglich bedanken.
„Wer bist du?“ Fragte sie schließlich unfreundlich, nachdem sie ihn noch eine Weile mit ihrem Blick taxiert hatte.
Etwas gemahnte Andrej Vorsicht walten zu lassen und auch wenn er nicht genau sagen konnte weshalb, verblieb er bei einer ausweichenden Antwort.
„Ein Reisender“, gab er zu verstehen.
Die blondhaarige ließ seine Schulter los und trat einen Schritt zurück. Ihre Wangen waren deutlich gerötet, so das sich Andrej unwillkürlich fragte, womit er in ihr einen solchen Zorn geweckt hatte. Sicher, er hatte sich unaufgefordert eingemischt, aber das konnte doch sicher nicht der Grund für einen solchen Gefühlsausbruch sein. Es erstaunte ihn also um so mehr, das die Fremde schlagartig ihren Tonfall wechselte und Sahid und ihn sogar einlud, mit ihr im Gasthaus zu verweilen. Gerade hatte Andrej seinen Mund aufgeklappt, um etwas zu erwidern, da wirbelte die junge Frau auch schon herum und schritt auf den Eingang des Wirtshauses zu, ohne eine Antwort abzuwarten.
„Deine Freundin wirkt ziemlich aufgewühlt“, gab Sahid mit einem spöttischen Grinsen und einem ebenfalls hämischen Kopfschütteln zu verstehen. „Du hast wirklich eine merkwürdige Wirkung auf Frauen, Christ.“
Der Sarazene war von seinem Pferd gestiegen und führte nun sein eigenes und Andrejs Tier an den Zügeln.
„Sie ist wohl kaum eine Freundin“, zischte Andrej zurück, wobei er sich noch immer nicht des Eindrucks erwehren konnte, die junge Fremde schon einmal irgendwo gesehen zu haben.
Sahid zuckte die Achseln.
„Wie auch immer. Einem geschenkten Gaul schaut man nicht in den Hintern, wie ihr hier so blumig zu sagen pflegt“, sagte der Südländer. „Und ich habe für meinen Teil, habe Hunger. Wenn du also so freundlich wärst, Christ.“
Ebenfalls ohne eine Zustimmung abzuwarten, drückte Sahid Andrej die Zügel ihrer Pferde in die Hand.
Ein dürrer, nicht allzu schlau dreinblickender, Stallbursche hatte ihre Tiere in Empfang genommen und sie in den, bereits arg in die Jahre gekommenen, Stall geführt. Andrej hatte darauf verzichtet dem Mann einen Taler in die Hand zu drücken, dieser würde sich doch nicht anders um die Pferde kümmern, als sonst auch.
Gemeinsam mit Sahid hatte er wenig später das Gasthaus betreten. Schummriges Zwielicht empfing sie und enthüllte eine gedrungen wirkende Schankstube mit niedriger Decke. Die klapprigen Fensterläden waren geschlossen, um die nässende Kälte auszusperren und so spendeten lediglich einige rußige Öllampen etwas Licht. Lediglich hier und da, brach sich ein vereinzelter Sonnenstrahl durch die schlecht gearbeiteten Läden hindurch. Gäste waren keine zu sehen, bis auf die blondhaarige Fremde.
Dienstbefließend eilte der Gastwirt herbei und erkundigte sich nach ihren Wünschen, allerdings konnte der beleibte Mann es nicht verhindern, das sich sein Gesicht bei Sahids Anblick aschfahl färbte. Eine Reaktion, der sie um so häufiger begegneten, je weiter sie nach Norden reisten.
„Mann sollte doch meinen, das deine Landsleute in der Lage wären, ordentliche Zimmerdecken zustande zu bekommen“, maulte Sahid, der an mehreren Stellen den Kopf einziehen musste, um nicht gegen einen der wuchtigen Dachbalken zu stoßen.
Andrej erwiderte nichts, sondern teilte dem Wirt nur rasch ihre bescheidenen Wünsche mit. Doch noch bevor er damit fertig war, prallte jemand gegen ihn und schlang ihm die Arme um den Leib. Der ehemalige Templer musste sich beherrschen um nicht erschrocken aufzukeuchen, als er bemerkte, das es mitnichten ein Angreifer war, der in da gepackt hielt sondern das es sich um die junge Fremde handelte. Und die Umarmung war eindeutig kein Angriff. Damit hatte er ganz gewiss nicht gerechnet.
„Wie gesagt, eine merkwürdige Wirkung“, konstatierte Sahid.
Andrej war viel zu überrumpelt um darauf einzugehen. Er musste dabei ein wirklich dämlich Gesicht gemacht haben, denn die Fremde lachte hell auf. Als sie das Mal auf ihrem Nacken entblößte, kam Andrej endlich auf die Idee, seinen Mund wieder zu schließen.
Das Bild eines schlaksigen Mädchen, tauchte vor seinem geistigen Auge auf, veränderte sich innerhalb eines Lidschlages zu dem einer gestanden jungen Frau und zerstob dann, so schnell wie es gekommen war. Ein Name geisterte durch seinen Kopf.
Andrej hatte in seinem Leben nur eine Person gekannt, die ein so markantes Mal trug.
„Teresa?“ Fragte er, unsicher ob er da nicht etwas durcheinander brachte, schließlich war seine letzte Begegnung mit jenem Mädchen fast fünfzehn Jahre her. Er selbst war damals vierzehn gewesen, sie zwölf.
Verdutzt musterte Andrej die junge Frau von oben bis unten, konnte aber kaum noch Ähnlichkeiten mit seiner Freundin von damals ausmachen und das fing schon damit an, das sie damals keine Waffen getragen hatte.
„Jemand den du kennst?“ Fragte Sahid auf Arabisch. „Du hast mir gar nicht erzählt, das du verheiratet bist.“
Endlich verliefen Andrejs Gedankengänge wieder in geordneten Bahnen.
„Bin ich auch nicht!“ Fauchte er in der gleichen Sprache zurück, die der Sarazene benutzt hatte.
Innerlich ärgerte er sich sogleich, das er dem Südländer auf den Leim gegangen war. Als er sich wieder an Teresa wandte, wechselte er wieder in die Landessprache.
„Ich hätte ehrlich nicht erwartet, dich noch einmal wiederzusehen“, gestand er. Kurz huschte eine längst verlorene Erinnerung wieder durch seinen Schädel. Ein Versprechen. Irgendetwas wichtiges, doch als er danach greifen wollte, entglitt es ihm und war fort bevor er nachsetzten konnte. _________________ ""Alles in Ordnung?" "Selbstverständlich, ich mache immer einen Salto rückwärts, wenn ich vom Pferd steigen will." "Zumindest hast du dir nicht die Zunge verrenkt" |
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Plue

Geschlecht:  Anmeldungsdatum: 25.09.2009 Beiträge: 135 Wohnort: Hamburg
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Verfasst am: 07.05.2011, 10:42 Titel: |
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Die fremden Zungen der zwei Neuankömmlinge verwirrten den Wirt ebenso sehr wie Teresa, auch wenn beide wohl keine unterschiedlichere Vorstellung davon hätten haben können, was gesagt worden war. An dem Tonfall des Morgenländers und der hitzigen Antwort Andrejs hatte die junge Frau nämlich ein ungefähres Bild davon im Kopf, dass ihr Jugendfreund soeben geneckt worden war – dabei war ihr die Wortwahl ebenso unbekannt wie egal. Sie feixte einfach mit.
Doch als der verwildert aussehende Mann sich endlich wieder ihr zuwandte und sie ansprach, veränderte sich ihr Gesichtsausdruck schlagartig. Nun huschten verschiedenste Stadien, verschiedenster Gefühlswelten über ihr zuvor noch glücklich leuchtendes Gesicht.
"Ich auch nicht.", erklärte sie schliesslich mit einem beinahe schmerzhaften Lächeln um die Lippen.
Sie hätte gern gesagt, dass sie es nicht geglaubt, nach all den Jahren nicht mal mehr zu hoffen gewagt hatte. Dass sie vor Jahren angefangen hatte, sich jeden Gedanken an die Möglichkeit zu verbieten. Aber auch, dass sie immer gewünscht hatte, dass dieser Tag kommen würde. Und dass sie insgeheim gewusst hatte, dass dies ihr Schicksal war.
Aber sie hielt den Mund, wissend, dass sie niemals hätte ausdrücken können was in ihr vorging. Und wissend, dass kein gesagtes Wort an dieser Stelle helfen würde – es im schlimmsten Falle schwerer machen, ihn verschrecken oder ihm Schuldgefühle bereiten würde. Nichts von alledem war es, was sie wollte und so schluckte sie schwer an dem Kloß in ihrem Hals.
Er schien so oder so alles vergessen zu haben, vermutlich konnte sie von Glück reden, dass er sich überhaupt an ihren Namen erinnert hatte...
Teresa setzte wieder ihr einnehmendes Lächeln auf und hieb Andrej die kleine Faust vor die Brust. "Ein so glücklicher Zufall muss gefeiert werden. Gott, das hier ist wirklich... unglaublich.", die blonde Frau lachte unbefangen wie ungläubig los und wandte sich direkt an den leicht bedröpelt und unschlüssig da stehenden Wirt, wies ihn kurzerhand an, ihren 'Gästen' sowohl Mahlzeit als auch Suff zu bringen. Sie war tatsächlich in Feierlaune.
Dann wirbelte sie mit wehendem Haar und freudig glühenden Wangen in Richtung Andrejs hakennasigem Begleiter und strahlte ihn ebenso überschwänglich und unbefangen an, wie sie es auch bei ihrem Jugendfreund getan hatte. "Teresa.", stellte sie sich ihm kurzerhand vor, "Andrej und ich waren Nachbarn, damals in unserem Heimatdorf. Und ich war seine Beschützerin.", fügte sie noch mit einem Seitenblick auf den Dunkelhaarigen hinzu, der nicht nur unmerklich zusammen fuhr – schätzungsweise gefiel es ihm überhaupt nicht, dass die alten Kamellen wieder heraus geholt wurden und dem Sarazenen neuen Stoff zum spotten boten – sondern diesen offensichtlichen Seitenhieb nur mit einer Grimasse kommentierte.
Mit ihrer offenen Art – und diesem mundgerechten Häppchen von geheimen Peinlichkeiten – hatte Teresa Sahid in schnellster Manier auf ihre Seite gezogen und so trollten sich die beiden an den schäbigen Holztisch, auf dem die Reste des Frühstücks auf ihre Vernichtung warteten. Andrej selbst hatte keine große Wahl, als sich dazu zu setzen, wobei die junge Frau aus seinem Gesicht nicht lesen konnte, ob es ihn störte oder nicht. Dieser verflixte Bart machte es ohnehin fast unmöglich, Regungen zu bemerken, geschweige denn zu deuten!
Die nächsten Minuten wurden aber ohne Frage nicht die Schönsten seines Lebens, denn obwohl der junge Mann sich redlich darum bemühte das Thema zu wechseln ließen weder Sahid noch Teresa eine Gelegenheit aus, sich über ihn auszutauschen. Dabei lag das Augenmerk natürlich auf der gemeinsam durchlebten Kindheit und mit stolzer Stimme berichtete die junge Frau von ihren Heldentaten, in denen sie es immer war, die Andrej aus einer gefährlichen Situation rettete. So hatte sie ihn – nach ihrer Version – einmal vor den schrecklich großen und bösen Welfen gerettet, indem sie einem heftig vors Schienbein getreten und dann weggelaufen war. Natürlich waren nicht all ihre Geschichten wahr, einige entsprangen sogar ihrer reinen Fantasie – denn obwohl die blonde Frau über ein erstaunlich gutes Gedächtnis verfügte, waren über all diese Jahre nicht einmal mehr ihr all die Details und Geschehnisse im Kopf geblieben (was unter anderem daran lag, dass ihr erst im Nachhinein bewusst geworden war, wie wertvoll all diese Erinnerungen waren) – das Gesamtbild, das entstand war jedoch nicht allzu weit hergeholt. Denn damals, in Kindertagen, war sie als Mädchen diejenige gewesen, die hoch gewachsen und stark gewesen war und ihn ohne Mühe zu Boden rangeln konnte. Sie war es auch gewesen, die ihn immer in den Ärger hinein gezogen hatte, wenn sie so darüber nachdachte.
Als das Bestellte gekommen und sich eine gefräßige Stille breit gemacht hatte, nur unterbrochen von den leisen Essgeräuschen, blickte Teresa nachdenklich auf Andrejs wild umwuchertes Gesicht. Er hatte sich so sehr verändert. Er hatte ganz offensichtlich so viel erlebt, so viele Dinge gesehen und getan, dass sie mit ihrem recht einseitigen Leben keinerlei Vorstellung davon haben konnte, wie die letzten Jahre für ihn verlaufen sein mochten. Wie konnte sie da verletzt sein, dass er sich nicht an ihr Versprechen erinnern konnte? Wie konnte sie nur so egoistisch sein, zu glauben, dass er sich an irgendetwas erinnerte? Sie sollte damit zufrieden sein, dass er sich an ihren Namen erinnerte. Bestimmt hatten die ersten Jahre seines Lebens nie eine solche Bedeutung gehabt, wie für sie.
Die junge Frau seufzte hörbar auf und trank in großen Zügen ihren Krug leer. Sie musste auf andere Gedanken kommen. Heute war ein Freudentag. Ja, wenn sie entscheiden hätte können, so wäre es ein Feiertag gewesen.
"Lasst uns trinken auf das gütige Schicksal, das uns heute hier zusammen führte.", lächelte sie warm in die kleine Runde und orderte von dem Schankwirt mehr Flüssiges.
Es wurde ein schöner Morgen. Nachdem die zweite und dritte Runde Bier geflossen war (Teresa war unterwegs ausgestiegen, wusste sie doch um ihr Limit) war das Gespräch immer mehr aufgelockert. Das Thema ihrer Kindheit und seine vielen Geschichten lauerte zwar emotionsschwanger über ihrer beider Köpfe, ruhte allerdings für den Moment. Und so genossen sie vielmehr diese ungewöhnliche und wundersame Zusammenkunft. Auch Sahid schien von dem überschwänglichen und offenen Wesen der jungen Frau eingenommen zu sein und schäkerte sogar ein wenig mit ihr. Alles in allem kamen sie alle auf ihre Kosten – sogar der Wirt, wenngleich dieser immer misstrauischer wurde, je besser die Laune an dem einzig besetzten Tisch in seinem Hause wurde.
Doch auch die schönsten Momente mussten vorüber gehen und die junge Frau wusste um ihre Pflichten. Oder sie wurde daran erinnert, als in dem niedrigen Türsturz eine schmächtige, verdreckte und mürrisch aussehende Gestalt auftauchte, die ihr mit einem Wink zu verstehen gab, dass sie sich gefälligst um ihr Tier kümmern sollte. So erhob sich Teresa graziös und wollte sich schon höflichst entschuldigen, als Andrej – ganz der zuvorkommende Mann, der er war – sich ebenfalls erhob um sie hinaus zu gleiten. Eine gute Gelegenheit wie die blonde Frau befand, denn sie wollte noch ein paar Worte allein mit ihm wechseln. Allerdings hatte sie gedacht, dass sie auch später noch Gelegenheit dazu kriegen würde. Als Sahid aber demonstrativ sitzen blieb, nahm sie das Geschenk so an, wie es kam und begab sich in Richtung Ausgang.
Als sie beide in den klapprigen und zugigen Stallraum kamen, der von trübgrauem Licht durchflutet ein jämmerliches Bild bot, drehte Teresa sich um und blickte Andrej direkt ins Gesicht. Sie hatte es vorhin, als sie vor ihm gestanden hatte gerade so geschafft, nicht über seine Narbe zu streichen – nun aber hob sich wie von selbst ihr Arm und zaghaft strichen zwei ihrer Finger die Haare beiseite, sodass ihr Zeigefinger über die helle Stelle fahren konnte. Irritiert blickten die blau-grünen Augen zu ihr hinunter, doch die Blonde zuckte bloß mit den Achseln.
"Weisst du noch, wie du dazu gekommen bist?" Sie erwartete keine Antwort. "Ich habe dich damals dazu überredet, mit mir auf die Dorfeiche zu klettern. Und dann bist du runter gefallen. Ich habe mir das nie verziehen." Es entstand ein Moment der Stille, indem Andrej in eine ferne Umgebung, eine noch ferner scheinende Zeit driftete..... dann brach Teresa den Zauber und holte ihn zurück in die Wirklichkeit.
"Wieso bist du hierher gekommen, Andrej?", fragte sie mit ungewöhnlicher Ernsthaftigkeit.
[Ich gebe direkt Entwarnung an all die, die denken, hier wird eine tragische Lovestory draus oder ähnliches ... es geht vielmehr um eine gescheiterte Freundschaft! Und sobald alle zusammen gestoßen sind, ist das sicherlich kein großes Thema mehr ] |
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JesusFreak

Anmeldungsdatum: 16.06.2009 Beiträge: 162
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Verfasst am: 08.05.2011, 22:12 Titel: |
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Es war schon ein wenig seltsam, wie die Stimmung der jungen Frau immer wieder aufs neue von einem Augenblick auf den anderen, ohne die geringste Vorwarnung, umschlug. Andrej konnte sich nicht daran erinnern, ob Teresa diese Eigenheit schon früher besessen hatte oder nicht. Überhaupt viel es ihm schwer mehr als einige zusammenhangslose Bilder und Eindrücke aus seiner Kindheit heraufzubeschwören. Diese Zeit der Unschuld, in der es nicht ums Überleben, Kampf und Glaubenskrieg gegangen war, schien ihm solange her, als hätte sie in einem anderen Leben stattgefunden. Und wenn er es genau betrachtete, verhielt es sich auch so, auch wenn die Kirche eine ganz andere Meinung dazu vertreten würde.
Auf die Frage der blondhaarigen Kriegerin antwortete Andrej mit einiger Verspätung, wobei er sich seine Worte gut überlegte. Er hatte nicht vor den gesamten Hintergrund seines Hierseins vor jemanden darzulegen, den er seit eineinhalb Jahrzehnten nicht mehr gesehen hatte, auch wenn es sich um eine Freundin aus Kindertagen handelte. Zu leicht konnte eine falsche Antwort an die Ohren der Kirche stoßen, die seine Aufgabe missbilligend, vermutlich sogar als ketzerisch, auslegen würden, auch wenn genau das Gegenteil der Fall war.
„Ich suche jemanden“, erklärte er knapp. „Eine Frau, die ich in Jerusalem kennengelernt habe. Sie ist vor mehreren Monaten von dort aufgebrochen und Sahid und ich folgen seit dem ihrer Spur.“
Das entsprach der vollen Wahrheit, auch wenn Andrej den Sachverhalt äußerst grob umschrieben hatte. Er hatte bewusst einen Tonfall gewählt der klar verdeutlichte, das er nicht gewillt war weiter darüber zu sprechen. Stattdessen wechselte er das rasch das Thema, um weiteren Fragen von vorneherein den Wind aus den Segeln zu nehmen.
„Aber ich könnte dir genau die gleiche Frage stellen“, fuhr er fort. „Was treibt dich hier her?“
Ihr Heimatort musste noch dutzende Meilen nördlich von hier entfernt sein, eine Entfernung, die bei weitem nicht jeder auf sich nehmen würde, besonders keine Frau und noch dazu allein. Andrej verkniff sich jedoch diese Randbemerkung.
„Und vor allem, was hat es damit auf sich?“
Bei seiner letzten Frage deutete er auf das Waffengehänge mit dem Anderhalbhänder. Die Ausrüstung war penibel gepflegt und im tadellosen Zustand, ein deutliches Anzeichen dafür, das die Besitzerin es zumindest verstand ordentlich damit umzugehen.
Andrej hatte nicht nur deshalb nachgefragt, um von dem Grund seines Hierseins abzulenken, sondern vor allem auch deshalb, weil es ihn wirklich interessierte. Die Chance, das ein Mädchen aus einem Bauerndorf eine solche Waffe ihr Eigen nannte und noch dazu damit umzugehen wusste, war praktisch kaum vorhanden. Das Andrej selbst, ebenfalls unter ähnlichen Bedingungen aufgewachsen, das Waffenhandwerk erlernt hatte war einzig und allein der Tatsache zu verdanken, das seine Familie einen, wenn auch unwichtigen, Adelrangs eingenommen hatte. Es war kaum mehr als ein Titel gewesen, denn auch seine Familie hatte auf den Feldern schuften müssen, um sich ein karges Auskommen ermöglichen zu können. Der Adel, auch der verarmt ohne jegliche Bedeutung, genoss jedoch das Vorrecht seine Sprößlinge in die Orden der höheren Herrschaften geben zu können, so wie es Andrej damals mit dem Templern ergangen war. Teresa allerdings, hatte seines Wissens nach keiner Familie von Stand angehört. Selbst wenn dem so gewesen wäre, hätte man auf keinen Fall gestattet, das sie im Waffengang zu unterweisen. _________________ ""Alles in Ordnung?" "Selbstverständlich, ich mache immer einen Salto rückwärts, wenn ich vom Pferd steigen will." "Zumindest hast du dir nicht die Zunge verrenkt" |
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Arcanus

Geschlecht:  Anmeldungsdatum: 17.01.2010 Beiträge: 84 Wohnort: Heimatlos
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Verfasst am: 13.05.2011, 15:50 Titel: |
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[OT: Schade! Ich hatte mich schon auf ne Lovestory gefreut...^^ Aber vielleicht wird ja noch was einseitiges drauß :OT]
Cyprian betrat die Wirtschaft und ließ sich in der hintersten Ecke resigniert auf einen der unbequemen Sitzmöglichkeiten fallen. Er band seinen Waffengurt ab, zog ihn unter seinem Umhang hervor und lehnte sein Schwert neben sich an die Wand. Das ganze umsonst! Tiefer Ärger quoll in ihm hoch. Die ganze Zeit, die er hier war, hatte er darauf verwendet, dass man ihm vertraute, für diese eine Chance. Er musste in die Burg gelangen, doch die Wachen hatten ihn abgewiesen. Ihn! Einen Gesitlichen! Sie hatten ihre Befehle, niemanden hereinzulassen, außer die Männer des Burgherren. Wie sollte ihm das nur gelingen? Er ließ seinen Kopf auf seine Hände sinken während er beide Ellbogen auf dem Tisch abstütze. Was könnte er noch tun? Gewaltsam würde er nicht in die Burg eindringen können, d.h. er brauchte einen Plan, wie er die Wachen überlisten könnte. Er hatte sie bereits eine Weile beobachtet. Die Kontrollen waren scharf. Es bestand immer ein großes Risiko erwischt zu werden, wie es der Mönch auch drehte und wendete.
Erst der Wirt riss ihn aus seinen Gedanken.
"Darf ich euch was bringen, Vater?"
Dieser geheuchelte Respekt verursachte bei Cyprian nur Abscheu. In diesem Ort herrschte noch nichtmal eine gewisse Volksfrömmigkeit. Das war das wohl heidnischste Kaff im ganzen Reich. Eine Bande voller Säufer, Schläger und Huren unter dem Deckmantel von ländlicher Idylle. Die Achtung vor seinem geistlichen Amt fand sich nur in der Anrede und im etwas zurückhaltenderem Umgang mit ihm. Doch machte niemand Anstalten sich in seiner Gegenwart auch nur ein bisschen zu zügeln.
"Einen Krug Met bitte!"
Der Wirt drehte sich um und erst jetzt wurde Cyprian auf den einzigen weiteren Gast aufmerksam. Er zupfte dem Wirt schnell am Ärmel, bevor dieser davon eilen konnte und wandte sich mit vorgehaltener Hand und leiser Stimme an ihn:
"Wer ist das dort drüben?"
Der Wirt guckte kurz zu dem Sarazenen herüber und bückte sich dann noch etwas weiter zu Cyprian herunter.
"Ich weiß es auch nicht so genau! Er ist zusammen mit einem weiteren Fremden vorhin hier angekommen. Haben erstmal mächtig stunk gemacht und dann hat sie diese blonde Furie eingeladen mit ihr zu essen und zu trinken."
Furie war die Bezeichnung, die für Teresa im Dorf kursierte. Man belächelte sie als weibliche Kriegerin, obwohl sie ihre "Männlichkeit" schon oft unter Beweis gestellt hatte. Gerade die Männer spotteten gern abends in ihren feuchtfröhlichen Runden über sie.
"Ich hab es eigentlich gar nicht gern, wenn so ein schwarzer Dämon hier auftaucht. Aber ich will mich nun auch ungern mit denen anlegen!"
Der Wirt winkte ab und ging um den Met zu holen. Cyprian beschloss, auf die anderen zu warten und sie zu beobachten. Er fragte sich, ob er sie in irgendeiner Weise dazu bewegen könnte ihm zu helfen. _________________ Das Licht kam in die Welt, doch die Menschen liebten die Finsternis und hassten das Licht, denn ihre Werke waren böse. (nach Joh. 3,19f) |
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Plue

Geschlecht:  Anmeldungsdatum: 25.09.2009 Beiträge: 135 Wohnort: Hamburg
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Verfasst am: 08.06.2011, 10:59 Titel: |
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"Ein Auftrag.", wimmelte Teresa Andrej in einem ähnlichen Tonfall ab, wie der es bei ihr gehalten hatte. Sie war ein wenig enttäuscht über seine Geiheimnistuerei, auch wenn sie es ihm nur schwer verdenken konnte.
Inzwischen hatte sie sich ihrer Stute zugewandt und blies dieser beruhigend den Atem in die Nüstern. Das half meistens, ihr Temperament ein wenig zu zügeln und machte vieles leichter. Jetzt half es wenig. Das Tier war nach wie vor unruhig und warf den Kopf zur Seite, die Ohren in höchster Anspannung aufgerichtet und mit dem Blick auf dem Fremdling.
Teresa seufzte. Aus zwei Gründen. Zum einen erkannte sie, dass sie sich kindlich verhielt, es ihm einfach nach zu machen – und wenn sie wollte, dass er ihr irgendwann tatsächlich genug vertraute um ihr etwas persönliches zu erzählen, dann würde sie wohl denn Anfang machen müssen. Von nichts kam schließlich nichts. Und zum anderen, weil seine bloße Anwesenheit Khala nervös und unerträglich machte.
"Es wäre vielleicht besser, wenn du erstmal zurück zu deinem Freund gehst. Der wird sich sicher schon Sorgen machen, ob ich dich inzwischen in den nächst besten Heuhaufen gezogen habe.", grinste die Frau ihren Kindheitsfreund an. "Ausserdem kann sie dich nicht leiden. Das macht es schwer, sich um sie zu kümmern.", erklärte sie mit einem Kopfnicken auf ihre Stute, deren Hals sie inzwischen liebevoll tätschelte. Dass ihr Pferd niemanden leiden konnte verschwieg sie aus Trotz einfach mal.
"Aber keine Angst. Wir werden schon noch Zeit finden, deine Frage zu beantworten. Dafür brauche ich aber erstens eine angenehmere Umgebung mit einem Schluck Wein und zweitens deine ungeteilte Aufmerksamkeit. Und auch meine ungeteilte Aufmerksamkeit.", versöhnte sie ihn gleichermaßen, wie sie ihn abschob.
(alles ok soweit? bist damit entlassen ) |
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