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Re: Led Zeppelin - Biographie
Black Dog - 30.04.2006, 13:57Led Zeppelin - Biographie
Led Zeppelin
Ein Luftschiff schreibt Rockgeschichte
Im Grunde waren sie die Erfinder des Heavy Metal, aber wenn man den
Werdegang dieser Musikrichtung im nachhinein genau betrachtet, dann muß man
hinzufügen: auf höchstem Niveau! Ihre musikalischen Wurzeln lagen zwar im
Ryth`m & Blues, aber oft klangen sie mit ihren Liebesliedern wie
mittelalterliche Barden, verzierten ihre Songs mit orientalischen Klängen
und schlugen damit am Ende eine Brücke zur klassischen Musik. Ihr Gründer
war Jimmy Page, ein virtuoser Gitarrist, der nur in einem Atemzug mit Größen
wie Eric Clapton oder Jimi Hendrix zu nennen ist.
James Patrick Page wurde am 9. Januar 1944 in Heston, Midlessex, geboren. Er
verbrachte seine Jugend in Feltham, einem Vorort Londons, der nahe am
Flughafen Heatthrow liegt. Er konnte die Vibrationen der landenden Maschinen
spüren und mit seiner Vorliebe für Kunst und Musik war er auch immer kurz
davor, einfach abzuheben. So sah es jedenfalls sein Vater, der die
Entwicklung seines Sohnes mit Sorge betrachtete. Er war Personalchef in
einem Industriebetrieb. Mit vierzehn Jahren bekam Jimmy Page eine Gitarre
geschenkt. Nachdem er Scotty Moores Gitarrensound auf den Platten von Elvis
gehört hatte, wollte er dieses Instrument unbedingt beherrschen. Ein
Schulfreund zeigte ihm ein paar Akkorde und von da an machte er alleine
weiter. Er hörte die Schallplatten immer und immer wieder, bis die Rillen
abgenutzt waren und spielte dann die Songs einfach nach. Er kaufte sich ein
Lehrbuch mit dem Titel "Gitarre lernen an einem Tag" und übte unermüdlich
weiter. In seiner Schulzeit war er so besessen von dem Instrument, daß die
Eltern es ihm jeden Morgen aus den Händen rissen, damit er noch rechtzeitig
zur Schule kam. Er hatte niemals Gitarrenunterricht. Jimmy Page war ein
reiner Autodidakt. Mit fünfzehn Jahren war er schon bei Neil Christian and
the Crusaders eingestiegen. Sie spielten alte Sachen von Bo Diddley und
Chuck Berry. Wenn Jimmy frei improvisierte, dann überließ der Sänger ihm die
Bühnenmitte und hörte ihm begeistert zu. Schon zu dieser Zeit war Jeff Beck
auf ihn aufmerksam geworden und auch mit Eric Clapton war er gut befreundet.
Das Touren in dem kleinen, klapperigen Bus, der immer wieder mitten auf der
Landstraße eine Panne hatte und das anstrengende Nachtleben führten zum
körperlichen Zusammenbruch, denn Jimmy hatte eine zarte Konstitution. Er war
total erschöpft und dann war ein Drüsenfieber bei ihm ausgebrochen. Die
Ärzte rieten ihm zu einer Ruhepause. Bald darauf schrieb er sich am Art
College in Sutton ein, um Kunst mit dem Schwerpunkt Malerei zu studieren.
Dieser kreative Geist wollte auf keinen Fall einen bürgerlichen Beruf
ergreifen. Es hätte auch ein Maler aus ihm werden können, aber die Gitarre
ließ ihn nicht los. Bald ging er wieder in die Clubs im Westend und stand
mit den verschiedensten Musikern auf der Bühne und Jammte. Im Laufe der
Jahre entwickelte sich Jimmy Page zu einem begehrten Session-Musiker. Er
spielte für die Rolling Stones, Them und die Kinks und die Who, einfach für
jeden, der Rang und Namen hatte. Er lernte Noten lesen und er lernte viel
über Aufnahmetechnik und Aufnahmeproduktion. Die Produzenten rissen sich um
seinen neuartigen Gitarrensound und er hatte einen guten Ruf in der Szene,
denn er war kooperativ und zuverlässig. Eine Weile war er auch Hausproduzent
bei Immediate Records. Er war bald so begehrt, daß er Leinwand und Pinsel
zur Seite legte.
Jimmys neuartiger, damals obskur klingender Gitarrenstil war von einem
schnellen Tempo geprägt. Er experimentierte mit Übersteuerung und
Rückkopplungseffekten, bearbeitete seine Gitarre mit einem Violinenbogen und
erregte Aufsehen damit. Er sah gut aus und mit seinen langen, dunklen Haaren
und den bunt zusammengewürfelten Klamotten wirkte er exotisch, aber auch
geheimnisvoll und romantisch.
1965 stieg Jimmy Page bei den Yardbirds ein. Die ewige Tüftelarbeit in den
Studios war ihm auf Dauer zu langweilig geworden. Zusammen mit Jeff Beck
spielte er die Sologitarre. Zum ersten Mal gab es zwei Leadgitarristen in
einer Gruppe. Die Yardbirds waren in England sehr populär, aber ihre größten
Erfolge hatten sie in den Staaten. Mit "For Your Love" und "Shapes Of
Things" landeten sie gleich hintereinander zwei große Hits. Sie spielten
auch den Soundtrack zu Antonionis Film "Blow Up". In einer Szene des Films
spielt die Gruppe den Song "Stroll On", während Jeff Beck (zum ewigen
Gedenken an The Who und die wilden sechziger Jahre) mitten auf der Bühne
eine Gitarre zerhackt. Es kam aber bald zu Streitigkeiten innerhalb der
Gruppe, weil der Sänger Keith Relf immer öfter betrunken auf die Bühne kam,
man konnte sich auf keinen gemeinsamen Stil einigen und es fehlte das
richtige Management. Im Sommer 1968 lösten sich die Yardbirds wieder auf.
Danach gründete Jimmy Page The New Yardbirds und sah sich nach neuen
Musikern und einem neuen Sänger um. Er wollte gern Stevie Winwood von
Traffic oder Steve Marriot von den Small Faces für sich gewinnen, aber die
beiden Sänger waren an ihre eigenen Gruppen gebunden. Von dem Sänger Terry
Reid bekam er den absoluten Geheimtip: Robert Plant! Ein achtzehnjähriger
Sänger aus den Midlands. Er sah ihn sich bei einem Auftritt mit seiner
Gruppe Hobbstweedle an einer pädagogischen Hochschule in Birmingham an.
Jimmy war von ihm begeistert. Er hatte eine kräftige, klagende, gefühlvoll
erotisch klingende Stimme. Er war von einer zauberhaften Aura umgeben, die
den Hörer in den Bann zog. Mit seinen langen, blonden, lockigen Haaren und
den zierlichen Bewegungen wirkte er ein wenig androgyn, und wenn man ihm
länger zuhörte, dann konnte man glauben, er sei ein in Ekstase geratener
Engel.
Robert Anthony Plant wurde am 20. August 1948 in Bromwich, Staffordshire,
geboren. Er wuchs in den westlichen Midlands und in der Kleinstadt
Kidderminster auf und besuchte die King Edward VI.-Schule in Stourbridge.
Sein Vater war Bauingenieur und hatte für seinen Sohn eine Laufbahn als
Buchprüfer vorgesehen. Als Kind spielte Robert Mundharmonika und übte
Skiffle auf dem Waschbrett. Schon in ganz jungen Jahren entwickelte er eine
Vorliebe für den Blues. Er bewunderte Robert Johnsons Gesang im Wechselspiel
mit der Gitarre. Immer wieder hörte er sich in diese Musik hinein. Die
Gitarre klang fast wie eine Verlängerung der Stimmbänder des Sängers. Diese
Gesangstechnik, die ihre Wurzeln im Gospel hatte, sollte Robert später
übernehmen. Sie war ein herausragendes Merkmal in der Musik Led Zeppelins.
Jimmy Pages Gitarre und Robert Plants Stimme waren ständig im Dialog.
Roberts orgiastische Schreie lagen oft im Wettstreit mit Jimmys entfesselter
Gitarre und mit dieser geballten Ladung erotischer Energie sollten sie bald
die Herzen des Publikums im Sturm erobern.
Als Robert die Platten von Elvis hörte, stellte er sich vor den Spiegel und
ahmte den Sänger nach. Mit vierzehn Jahren ließ er sich die Haare wachsen,
spielte in Schülerrockbands und ging in den Seven Stars Blues Club, wo er
bei der Delta Blues Band Songs von Blind Boy Fuller sang. Robert war ganz
verrückt nach den Mädchen und er war verrückt nach Musik. Ebenso wie Jimmy
Page war Robert Plant ein reiner Autodidakt. Er hatte niemals
Gesangsunterricht. Seine Stimme entwickelte sich allmählich von ganz
alleine, als er fünfzehn Jahre alt war und Stücke von Tommy McClellan
nachsang. Auf Drängen seines Vaters begann er eine Lehre als Buchprüfer,
aber nach drei Wochen brach er sie wieder ab und ging wieder aufs College
zurück. Er wollte sein Leben nicht hinter verstaubten Aktendeckeln
verbringen, er wollte unbedingt Sänger werden. Er wußte, wie schwer es war,
als Sänger Karriere zu machen, aber er wollte nicht aufgeben. Sein Vater
konnte sich mit diesem Gedanken nicht anfreunden. Mit sechzehn Jahren
verließ Robert sein Elternhaus. Seinen ersten Gig hatte er mit Andy Long &
the Original Jurrymen und spielte dann bei den New Memphis Bluesbrakers. Er
schloß sich The Black Snake Moan an, stieß dann zu einer Gruppe mit dem
Namen Banned und landete dann bei den Crawling King Snakes. Mit der Band
Listen war er einigen CBS-Scouts aufgefallen. Sie waren von seiner Stimme
und seiner Bühnenshow sehr beeindruckt. Die Band wurde für drei Singles
verpflichtet. Die erste war ein Remake des Young Rascals-Hits "You Better
Run". Die Scheiben verkaufte sich aber nicht, weil keine Promotion dafür
gemacht wurde. 1967 wurde er gebeten, zwei weitere Singles aufzunehmen.
Robert war enttäuscht, denn mit "Our Song" hatte man nur eine schnulzige
Ballade für ihn geschrieben und die Platte war ihm peinlich. Er hätte sie am
liebsten wieder eingeschmolzen, aber das brauchte er nicht, denn es wurden
nur achthundert Stück davon verkauft. Mit einer Werbekampagne, die vollends
scheiterte, wollte man ihn wohl als neuen Tom Jones unters Volk bringen und
Robert sah seine Karriere schon den Bach runtergehen. So lernte er schon
früh die harten Regeln im Musikgeschäft kennen. Er wechselte wieder von
einer Band zur anderen, begann eigene Songs zu schreiben und gründete die
Band of Joy. Sie hatten zwei Gigs pro Woche und verdienten kaum etwas. Sie
nahmen ein paar Demos auf, bekamen aber keinen Plattenvertrag. Bei einem
Georgie Fame-Konzert hatte Robert seine spätere Frau Maureen kennengelernt.
Ohne ihre Hilfe wäre er nach eigenen Aussagen entweder durchgedreht oder
verhungert. Sie hielt ihn mit ihrem Job eine ganze Weile über Wasser und
baute sein angeschlagenes Ego immer wieder auf. Dafür war er ihr auf ewig
dankbar. Die Band of Joy löste sich wieder auf und Robert ging zum
Straßenbau und asphaltierte die West Bromwich High Street für 6 Shilling die
Stunde. Eine kurze Zeit sang er bei Alexis Corner, der immer schon ein
Gespür für große Talente gehabt hatte und am Ende war er dann bei den
Hobbstweedle gelandet, wo Jimmy Page ihn entdeckte.
Jimmy Page konnte sich überhaupt nicht erklären, warum dieser Robert Plant
noch kein Star war. Als er ihn gesehen hatte, wollte er nur noch diesen
Sänger haben und er fragte sich immer wieder, warum man diese großartige
Stimme so lange vernachlässigt hatte. Er hegte schon den Verdacht, hinter
der schönen Fassade verberge sich ein unausstehlicher Charakter. Also lud er
ihn in sein Haus in Pangbourne ein, um ihn näher kennenzulernen. Auf dem Weg
dorthin wurde Robert von einer älteren Frau geohrfeigt, weil er so lange
Haare hatte. Dieser Vorfall machte ihn noch nervöser, als er ohnehin schon
war, denn er wußte, daß er mit Jimmy Page zusammen in die Stratosphäre des
Rockhimmels eindringen konnte und diese Chance wollte er sich auf gar keinen
Fall vermasseln. Als Robert bei Jimmy war, legte sich seine Nervosität
sofort. Das Treffen zwischen den beiden verlief einfach phantastisch. Sie
verstanden sich auf Anhieb, scherzten und lachten und erzählten sich
Anekdoten. Robert durchstöberte Jimmys Plattensammlung und war begeistert.
Jimmy fischte eine LP von Joan Baez heraus und legte sie auf den
Plattenteller. Gemeinsam hörten sie sich den Song "Babe, I´m Gonna Leave
You" an. Jimmy fragte Robert, ob er sich vorstellen könne, diesen Song zu
singen. Robert nickte, griff zu Jimmys akustischer Gitarre und begann, den
Song neu zu arrangieren. In diesem Moment begann die fruchtbare
Zusammenarbeit zwischen Jimmy Page und Robert Plant und damit war der
Grundstein für einen sensationellen Erfolg gelegt, der zwölf Jahre lang
anhalten sollte. Es ist kaum zu beschreiben, was die beiden aus diesem
ersten Song eigentlich machten. Die ganze Zärtlichkeit und Wehmut, die in
dem Abschied der Liebenden lag, wurde von Roberts Stimme getragen, während
Jimmys Gitarre den ganzen Schmerz und die aufgestaute Energie für einen
Neuanfang zum Ausdruck brachte. Das ständig wiederkehrende, beschwörende
Echo der Klage "Babe" hallt bis heute nach. Sie verstanden es wirklich,
Romantik und Hardrock in einer heiligen Hochzeit zu vereinen.
Es fehlte aber noch das Fundament der Gruppe. Wie wichtig dieses Fundament
war, das sollte sich erst zeigen, als der Zeppelin zur Bruchlandung
ansetzte. Robert Plant legte ein gutes Wort für den Schlagzeuger John Bonham
ein, mit dem er gut befreundet war. Mit der Band of Joy hatten sie gemeinsam
auf der Bühne gestanden. John Bonham wurde von seinen Freunden nur Bonzo
genannt. Jimmy Page sah ihn sich bei einem Konzert mit Tim Rose im Country
Club von West Hampstead an. Niemals zuvor hatte er einen Schlagzeuger
gesehen, der so viel Energie freisetzen konnte. Bonham wollte nicht nur den
Rhythmus liefern. Sein Spiel war so explosiv wie ein Feuerwerk und er
spielte lange Soli, wobei er die Felle mit bloßen Händen bearbeitet. Jimmy
Page war von dem Erfindungsreichtum dieses Energiebündels schwer
beeindruckt.
John Henry Bonham wurde am 31. Mai 1948 in Redditch, Worcestershire,
geboren. Sein Vater war Zimmermann. Schon mit fünf Jahren drosch er wie wild
auf Mutters Töpfe, Pfannen, Keks- und Kaffeedosen ein und bastelte sich aus
einer Badesalzsdose und einem Stück Draht eine Snaredrum. Mit zehn Jahren
schenkte ihm die Mutter eine echte Snaredrum und mit fünfzehn Jahren
besorgte ihm der Vater ein komplettes Schlagzeug. Es war schon ein wenig
abgenutzt und voller Rost, aber John behandelte es wie seinen größten
Schatz. Er übte jeden Tag an dem Instrument. Wie Jimmy Page und Robert Plant
hatte auch er niemals Unterricht gehabt. Sein erstes Vorbild war Ringo Star
und nachdem er die Schule beendet hatte, trat er mit Pomade im Haar mit
Terry Webb and the Spiders auf. Auf Drängen des Vaters arbeitete er in der
Baubranche. Aber bald darauf zog es auch ihn wieder in die Clubs und er
spielte bei The Nicky James Movement und A Way of Life und dann bei Steve
Brett and the Mavericks. Mit achtzehn Jahren lernte er seine zukünftige Frau
Pat kennen und beide lebten in einem Wohnwagen. Oft war er mit seiner Band
so pleite, daß am Ende der Vorstellung die Instrumente und die Verstärker
beschlagnahmt wurden. Bonzo haute vor Wut die Trommelfelle in Fetzen, aber
seine Musik wollte er nicht aufgeben. Er verehrte Ginger Baker von den Cream
und es sollte nicht lange dauern, da konnte er ihm wirklich das Wasser
reichen. Bonzo trug einen Bart und wirkte sehr männlich. In seinen Augen
loderte ein Feuer, ein Ausdruck reinster Willenskraft. Bei den Crawling King
Snakes traf er Robert Plant und die beiden wurden Freunde. Als er bei Tim
Rose spielte, verdiente er vierzig Pfund die Woche, mehr als je zuvor und er
wollte diesen sicheren Job auf keinen Fall aufgeben. Jimmy Page beauftragte
seinen Manager Peter Grant, ihm bei der Abwerbung des Schlagzeugers zu
helfen. Sie luden ihn zum Essen ein, schickten Telegramme und Robert Plant
redete ihm so lange gut zu, bis er endlich kapitulierte und bereit war, das
Risiko mit der neuen Gruppe einzugehen. Während seiner Session-Arbeit hatte
Jimmy Page den Bassisten und Pianisten John Paul Jones kennengelernt. Ihm
war die Arbeit in den Studios auch zu eintönig geworden und er hatte bei
Jimmy angefragt, ob er nicht in der neue Gruppe einen Bassisten gebrauchen
könne. Jimmy Page war froh, daß sich dieser erfahrene Musiker, den er sehr
schätzte, für eine Zusammenarbeit angeboten hatte. John Paul Jones hatte
sich einen Künstlernamen zugelegt. Sein bürgerlicher Name war John Baldwin.
Er wurde am 3. Januar 1946 in Sidcup in der Grafschaft Kent geboren. Zu
seinem Glück wurde er in eine musikalische Familie hineingeboren. Sein Vater
war Bandleader und Pianist und nahm seinen Sohn schon früh zu allen
möglichen Veranstaltungen mit. John Paul nahm Klavierunterricht und spielte
in der Kirche die Orgel. Sein Vater förderte ihn nach allen Kräften. Er
orientierte sich an Musikern wie Charlie Mingus, Scott La Faro und Ray
Brown. Mit siebzehn Jahren stand auch er mit den verschiedensten Bands auf
der Bühne. Zuletzt war er bei der Harris/Meehan Group, zwei ehemalige
Mitglieder der Shadows gehörten der Gruppe an. Er arbeitete als Bassist in
einer Radioshow und danach bot man ihm Arbeit in den Studios an und er
spielte für die Rolling Stones, Dusty Springfield, Donovan und unzählige
andere bekannte Gruppen, wo er immer wieder mit Jimmy Page zusammentraf. Als
er einige Arrangements für die Yardbirds geschrieben hatte, war Jimmy Page
sehr beeindruckt und notierte sich seinen Namen. John Paul Jones war
verheiratet und hatte zwei Töchter. Er hatte sich eine solide Basis
geschaffen und konnte seine Familie gut ernähren, dennoch wollte er aus der
Enge der Studios ausbrechen, um in Jimmy Pages neuer Gruppe seinen
musikalischen Horizont zu erweitern. Er sah gut aus und strahlte eine große
Ruhe aus. Im Gegensatz zu den anderen Gruppenmitgliedern wirkte er immer ein
wenig verträumt und zurückhaltend. Er agierte lieber im Hintergrund, obwohl
er mit seiner musikalischen Allroundausbildung für die Gruppe sehr wichtig
war.
Jetzt hatte Jimmy Page seine neue Supergruppe endlich zusammengetrommelt.
Vier Vollblutmusiker mit einzigartigem Charakter, aber er wußte immer noch
nicht, wie sich das im Zusammenspiel eigentlich anhören würde. Also trafen
sie sich zur ersten Probe in einem kleinen Studio in London. Es grenzte
schon beinahe an ein Wunder, daß sich alle vier auf Anhieb gut verstanden.
Robert Plant steckte John Paul Jones mit seiner Liebe zum Blues an. Bei
diesen ersten Jam-Sessions war Jeder in der Gruppe gefragt, all seine Ideen
und die ganze Intuition mit ins Spiel zu bringen. Sie spielten alte Nummern
von den Yardbirds und als sie dann "Dazed and Confused" spielten, da
gerieten sie in Euphorie. Nach den Proben war Jimmy Page so begeistert von
seiner neuen Truppe, daß er beschloß, sofort ein Programm zusammenzustellen,
um dann mit der Band auf Tournee zu gehen. Sie probten nur wenige Tage. Im
September 1968 hatten sie dann noch unter dem Namen The New Yardbirds ihren
ersten Auftritt in Kopenhagen. Im ersten Set spielten sie "Dazed And
Confused", "How Many More Times", "Babe, I´m Gonna Leave You", "White
Summer" und "Communication Breakdown". Damit hatten sie das Publikum in
Verzückung gesetzt und am Ende forderte es Zugaben. Es ging weiter nach
Skandinavien, dann spielten sie in Surrey, darauf im Marqee Club, dann in
Liverpool und am 9. November spielten sie im Londoner Roundhouse, wo die
Hippies frenetisch applaudierten und auch hier mußten sie Zugaben geben. Der
Kritiker Tony Wilson vom Melody Maker war beeindruckt. In seinem Artikel
rückte der Sänger Robert Plant endlich in das ihm gebührende Rampenlicht. Er
prophezeite der Gruppe eine steile Karriere, nur die ungewohnte Lautstärke
wurde bemängelt. Jimmy Page war sich ganz sicher, daß die Band ganz groß
herauskommen würde und er wollte ins Studio gehen, um die erste Schallplatte
aufzunehmen. Langsam wurde ihm klar, daß diese einzigartige Gruppe aus dem
Schatten der Yardbirds heraustreten mußte. Als man nach einem neuen Namen
suchte, fiel Jimmy Page der Witz wieder ein, den ein Mitglied der Who über
die Gründung einer neuen Band mit Jimmy Page gemacht hatte. Er sagte, sie
würden absacken wie ein "Lead Zeppelin". Das ist ein schönes Wortspiel, denn
es hat zwei Bedeutungen: Leitzeppelin und Bleizeppelin. Nach einigen
Überlegungen nannten sie dann die Gruppe Led Zeppelin.
Für die Aufnahmen ihrer ersten LP in den Londoner Olympic Studios brauchte
die Band nur dreißig Stunden. Der Manager Peter Grant und Jimmy Page teilten
sich die Studiokosten, denn sie hatten kein Plattenlabel. Sie wußten genau,
was sie wollten und was zu tun war. Diese Platte sollte wie ein Live-Album
klingen und Jimmy Page plazierte die Mikrophone mit viel Überlegung und
reduzierte die Overdubs auf ein Minimum. Jimmy Page wechselte während der
Aufnahmen von der Fender Pedal Steel Guitar zur Akustik Gibson und ließ
während der Stücke "Dazed and Confused" und "How Many Times" den Geigenbogen
über die Gitarrensaiten heulen. John Paul Jones spielte für den Song "Your
Time Is Gonna Come" eine erregende Kirchenorgel. Während sie "Good Times,
Bad Times" spielten, zeigte Bonzo allen, was er aus einer Baßtrommel
herausholen konnte. In dem Song "Babe, I´m Gonna Leave You" offenbarte
Robert Plant seine ganze Seele. Als die Arbeit beendet war, wählten sie ein
Foto der brennenden Hindenburg als Cover. Die gesamten Produktionskosten
betrugen 1800 Pfund. Der Verkauf dieser ersten LP brachte ihnen aber am Ende
die ungeheure Summe von 3,5 Millionen Pfund ein.
Der Manager Peter Grant hatte die Gruppe bei Atlantic Records als die
Supergruppe des Jahrhunderts angepriesen und einen einzigartigen Vertrag
ausgehandelt. Der Gruppe wurde künstlerische Freiheit angeboten und sie
bekamen einen Vorschuß von 200 000 Dollar. Das war damals eine Summe, die
nur die ganz großen Stars bekamen. Bonzo kaufte sich sofort einen Jaguar.
Aber der wichtigste Punkt war, daß sie ihre Platten weiterhin selbst
produzierten konnten und sie behielten die Kontrolle über die künstlerische
Gestaltung ihrer Cover und alles andere, was ihr Image betraf. Peter Grant
war ungeheuer korpulent und cool und in jeder Hinsicht ein echtes
Schwergewicht. Er war der Übervater der Gruppe. Er war absolut kompetent und
er hatte immer den richtigen Riecher. Er wurde 1935 geboren und war während
des Krieges evakuiert gewesen, hatte kein Dach über dem Kopf und keine
abgeschlossene Schulausbildung. Mit dreizehn Jahren war er
Bühnenhilfsarbeiter, wurde dann Arbeiter in einer Stahlfabrik und danach
wurde er Bote bei der Nachrichtenagentur Reuters. In der Armee war er
Korporal, danach arbeitete er in einem Hotel, wurde dann Rausschmeißer,
arbeitete als Catcher und dann als Schauspieler und danach bot man ihm einen
Job als Tourmanager an. Er betreute Gene Vincent, Little Richard und Jerry
Lee Lewis, wenn sie in England waren, dann die Alan Price Combo , die
Animals und dann am Ende die Yardbirds. Man kann wirklich sagen, daß Peter
Grant über genügend Lebenserfahrung verfügte. Schon früh erkannte er die
neuen Trends in der aufkommenden Underground-Szene und kümmerte sich um neue
Auftrittsorte. Er wußte, daß es für Led Zeppelin nur in Amerika wirklich
eine Chance gab. Er unterstützte die Gruppe in all ihren Belangen und setzte
sich für ihre künstlerischen Ideen und Ideale ein, auch wenn es auf den
ersten Blick unvernünftig schien. Wie clever die Gedankengänge dieses
Managers waren, das sollte sich erst später zeigen. In der Pressemitteilung
von Atlantic Records wurde Led Zeppelin als die neue Supergruppe
angepriesen, die Nachfolger von Cream und Jimi Hendrix. Das war vielleicht
nicht besonders geschickt, aber die Rockpresse reagierte vollkommen
unangemessen auf die ganze Geschichte. Led Zeppelin bekam das falsche Image
einer künstlich zusammengestellten Gruppe, die nur kommerziell eingestellt
war und ihr Können noch lange nicht unter Beweis gestellt hatte. Am 10.
Dezember trat die Gruppe zum ersten Mal unter dem Namen Led Zeppelin im
Marquee Club auf und hatte dann noch weitere Auftritte in England, aber die
Reaktion des Publikums war nicht gerade überwältigend. Die Kritiken waren so
deprimierend, daß man sie Robert Plant erst gar nicht zu lesen gab.
Obwohl die erste Schallplatte noch nicht auf dem Markt war, schickte Peter
Grant seine Gruppe kurz vor Weihnachten als Vorgruppe von Vanilla Fudge nach
Amerika. Er sagte nur: "Geht rüber und macht sie fertig! Macht jeden
Auftritt zu einem unvergeßlichen Ereignis." John Paul, Bonzo und Robert
waren gar nicht davon begeistert, an den Weihnachtstagen von ihren Frauen
getrennt zu sein und Jimmy hatte gerade seine neue amerikanische Freundin
Lynn bei sich im Hause, dennoch murrten sie nicht und machten Peters Worte
wahr. Sie landeten in L.A. und wohnten im Chateau Marmont, wo schon Jim
Morrison Aufsehen erregt hatte, weil er als Eidechsenkönig im zweiten Stock
aus dem Fenster gesprungen war. Hier begannen auch noch ganz harmlos die
"Späßchen" von Led Zeppelin, die später immer mehr ausufern und der
Klatschpresse genügend Nahrung liefern sollten. Nach den Konzerten waren die
Mitglieder der Band immer noch total aufgedreht und sie mußten einfach noch
weiter Dampf ablassen, weil sie sonst in ein emotionales Loch gefallen
wären. Wenn sie auf Tournee waren, dann lebten sie im Grunde immer nur für
den Auftritt, und die langen Zeiten in Mietwagen und Bussen, den fremden
Städten mit den immer gleichen Hotelzimmern, konnten leicht in die
Depression führen. Der Roadmanager Richard Cole und Jimmy Page hatten zwei
Eimer mit Wasser und rohen Eiern gefüllt und über den Köpfen von Robert und
Bonzo ausgekippt. Sie konnten sich über den Anblick ihrer verdatterten und
vereidotterten Freunde köstlich amüsieren.
Ihren ersten Auftritt hatten sie in Denver. Robert Plant war die ganze Zeit
vor seinem ersten Auftritt sehr nervös gewesen, aber in Denver stolzierte er
mit wehenden Haaren, barfuß und mit halb geöffneten Hemd auf die Bühne und
legte einfach los. Mit jedem neuen Song wuchs die Spannung und die Menge
geriet immer mehr in Erregung. Am Ende des Konzerts waren sie wirklich mit
ihrer Leistung zufrieden. Im Fillmore West fegten sie als Vorgruppe die
Headliner Taj Mahal und Country Joe and the Fish einfach von der Bühne. Im
Publikum hörte man nur noch die Rufe nach Led Zeppelin. Im Fillmore East
geschah das gleiche mit Iron Butterfly. Ihre Auftritte dehnten sich immer
mehr aus, bald standen sie nicht nur neunzig Minuten auf der Bühne, sondern
drei Stunden. Im Boston Tea Party gaben sie wohl eines der längsten
Konzerte, es dauerte vier Stunden und fünfzehn Minuten. Manchmal wußten sie
nicht mehr, was sie noch spielen sollten. In Detroit und Miami konnte John
Paul seinen Baß nicht mehr hören und suchte verzweifelt nach dem Fehler in
der Anlage, dabei lag es daran, daß das Publikum so ohrenbetäubend laut war.
Die Fans applaudierten minutenlang mitten im Stück. Die Fans stürmten die
Bühne und eine Zugabe folgte auf die andere. Ein New Yorker Diskjockey lobte
die Band in den Himmel und die Fans stürmten die Plattenläden und verlangten
nach einer Platte, die es noch gar nicht gab. Atlantic Records wurde mit
Bestellungen überschwemmt. Anscheinend füllten Led Zeppelin in Amerika eine
Lücke. Ihre Dynamik, die Intensität und Leidenschaft ihrer Musik, diese
klare Mischung aus Hardrock und Blues bildete einen Gegensatz zu dem
weitschweifigen Westcoast-Sound und psychedelischen Experimenten. Außerdem
liebten die Amerikaner Bands mit guten Sologitarristen und Gruppen wie Led
Zeppelin brachten ihnen den guten, alten Blues im neuen Gewand zurück.
Die Mitglieder von Led Zeppelin schwebten noch Tage über den Wolken, auch
als sie schon lange auf dem Boden der Tatsachen in England gelandet waren.
Die Rockpresse hatte den Aufstieg des Zeppelins regelrecht verpennt und
wollte sich diesen Fehler nicht eingestehen. Sie galten immer noch als die
Kapitalistenband, obwohl sie auf ihrer Amerika-Tournee nichts verdient
hatten. Die Einnahmen deckten sich mit den Ausgaben. Robert Plant und Bonzo
erhielten eine Pauschale von hundert Dollar die Woche und Jimmy Page und
John Paul Jones verzichteten auf ihr Honorar. Als die Band gegründet wurde,
hatte Bonzo auch noch um den Fahrerjob gebeten, weil er so pleite war.
Anfang des Jahres 1969 erschien die Debüt-LP Led Zeppelin auf dem Markt. Die
Diskjockeys schwärmten von der einzigartigen Energie dieses Albums, aber die
Presse blieb gnadenlos und sah in Led Zeppelin bestenfalls nur einen
schwachen Abglanz der Yardbirds. Man schrieb einen Verriß nach dem anderen
und schnitt sich damit langsam aber sicher immer tiefer ins eigene Fleisch,
denn die Fans ließen sich von schlechten Kritiken nicht abhalten und kauften
die Platte. Sie rückte schnell in die Charts auf und sollte sich über ein
Jahr dort halten. Peter Grant bekam ständig Anrufe aus Amerika mit der
Anfrage, wann die Gruppe dort wieder auftreten würde. Aufgrund dieser
Ereignisse war die Presse auf einmal aufgewacht und nun wollte man nur noch
Interviews und Klatschgeschichten von der Gruppe haben, aber Jimmy Page
sagte nur: "Die haben sie doch nicht mehr alle. Wenn sie zuerst die
Schwerter blitzen lassen, warum sollten wir dann wild darauf sein, mit ihnen
zu reden?" Robert Plant reagierte noch heftiger. Wenn Journalisten
versuchten, ihn hinter der Bühne für ein Interview zu erwischen, dann ließ
er ihnen nur ausrichten, sie würden erst dann ein Interview bekommen, wenn
sie etwas über Musik gelernt hätten. Robert war bis ins Mark verletzt. Er
überspielte seine Sensibilität manchmal mit einem Anflug von Arroganz.
Atlantic Records war von dieser Haltung der Presse gegenüber natürlich nicht
gerade begeistert. Allerdings vergaß die Band nie einen Menschen, der ihnen
in den Anfängen geholfen oder Mut gemacht hatte, und das galt auch für
Journalisten. Sie wurden im Laufe ihrer Karriere immer besonders freundlich
und bevorzugt behandelt.
Im März und April 1969 spielten Led Zeppelin wieder in den kleinen Clubs und
reisten quer durch England. Nur durch Mundpropaganda waren die Konzerte fast
immer ausverkauft. Sie gaben achtzehn Gigs, bekamen aber nur 60 Pfund pro
Auftritt.
Als nächstes sollte die Gruppe wieder nach Amerika gehen. Dabei gab es nur
ein kleines Problem: Led Zeppelin hatten ihre Musikanlage, die noch aus den
Zeiten der Yardbirds stammte, buchstäblich zu Tode gespielt. Jimmy Page, den
seine Freunde auch oft Led Sparsam nannten, hatte die zündende Idee: Er ließ
die Rückseiten von den alten Fender- und Rickenbaker-Gehäusen aufschrauben,
um die Lautsprecher in den Boxen einfach zu vertauschen. Dann fuhr der Roady
mit dem teuren Fendergehäuse, in dem sich nun die Rickenbaker-Lautsprecher
befanden, zu Sound City am Piccadilly Circus und tauschte sie gegen neue
Marshalls ein. Er hatte nur ein Pfund dafür ausgegeben und Led Sparsam
freute sich.
Die Gruppe gönnte sich keine Atempause und machte sich wieder auf den Weg
nach Amerika. Man wollte das Eisen schmieden, so lange es heiß war. Jimmy
Page hatte immer vor Augen, daß der Weg nach unten genauso steil war wie der
Weg nach oben. Zu dieser Zeit machte Atlantic Records auch noch Druck, denn
sie wollten die ersten Tracks für das zweite Album haben, obwohl das Geld
für das erste Album noch nicht einmal gezählt war. Es zeichnete sich aber
deutlich ab, das Led Zeppelin eine lukrative Einnahmequelle war. Die Tour
begann im Mai 1969 im Fillmore West in San Francisco. Dann ging es weiter
nach L.A., wo die Karten schon am Vortag ausverkauft waren. Dort wohnten sie
im Continental Hyatt House am Hollywood Sunset Strip.
In einem Motel in Detroit war kurz vor Eintreffen der Gruppe ein Mord
geschehen. Der Teppich vor der Rezeption war noch voller Blut. Sie hatten
die ganze Nacht im Flieger gesessen und wären am liebsten wieder umgekehrt,
aber die Tour mußte weitergehen. Sie absolvierten dreißig Auftritte in
neunzehn Städten. In vielen Städten waren sie jetzt die Hauptgruppe und wenn
sie es nicht waren, dann schwitzten die anderen Gruppen Blut und Wasser,
denn nach Led Zeppelin aufzutreten bedeutete den Untergang. Nur die ganz
großen Gruppen wie zum Beispiel die Doors und die Byrds konnten neben Led
Zeppelin bestehen. Bald waren sie es gewohnt, daß im Publikum die Hölle
losbrach, wenn sie spielten. Sie variierten ihre Songs immer neu und ließen
immer einen Raum für die freie Improvisation. Wenn einer von ihnen ein
schönes Solo spielte oder eine neue Idee umsetzte, dann nickten sie sich
anerkennend zu. Innerhalb der Gruppe herrschte ein gutes Klima und jeder
zollte dem anderen Respekt. Auch auf dieser zweiten Tournee sollten die
Zugaben kein Ende nehmen und oft hatte die Gruppe zwei Auftritte an einem
Abend zu absolvieren. Zwischen den Auftritten setzten sich Jimmy Page und
Robert Plant im Hotelzimmer zusammen und komponierten neue Songs. Sie
schrieben die Noten und die Texte auf Hotelpapier. Robert schrieb seinen
ersten Songtext "Thank You" und widmete ihn seiner Frau. In dieser
Streßsituation war auch der große Hit und Dauerbrenner "Whole Lotta Love"
entstanden. Dieser Song mit dem einzigartigen Riff, den man nicht mehr
vergessen kann, wenn man ihn einmal gehört hat, wurde zur Hardrock-Hymne.
Jeder freie Tag zwischen den Gigs wurde für Aufnahmesessions in den Studios
genutzt und dafür reisten sie dann auch noch kreuz und quer durch Amerika.
Manchmal sackte Jimmy Page auf dem Mischpult regelrecht zusammen. Er hatte
Ringe unter den Augen und war total erschöpft. Im Mittelteil von "Whole
Lotta Love" kann man diesen Zustand kurz vor dem Nervenzusammenbruch beim
Hören nachvollziehen. Hier hatte Jimmy Page mit Klängen experimentiert. Er
spielte eine Slidegitarre und setzte ein Rückwärts-Echo ein. Wenn man diesen
Teil des Liedes hört, dann hat man das Gefühl, als würde man mitten auf
einer Kreuzung stehen. Gitarrenklänge rauschen wie Rennautos an einem
vorbei, die von Feuerwehrwagen mit Sirenengeheul verfolgt werden. Das
Schlagzeug tickt wie eine außer Rand und Band geratene Uhr, die zu immer
schnellerem Tempo antreibt und die Becken klingeln wie bei einer
Straßenbahn, die mitten durch das Chaos fährt. In die aufkommende Stille
ergießt sich Roberts Stimme, ein einziges Kreischen und Heulen und Stöhnen,
das Echo seines Stoßseufzers "Woman" überholt ihn und alles gipfelt in
seinem gesungenen Orgasmus, bis die stampfende Gitarre wieder einsetzt und
die Stimme zum Refrain zurückfindet. Dieser Song war in seinem Aufbau ein
einziges, gelungenes Kunstwerk, an dem Jimmy Page Stunde um Stunde
herumgetüftelt hatte. Robert Plants Gesang war in einem einzigen Take
gelungen. Auf dieser Tournee ging es an die letzten Reserven. In einer Stadt
wurde der Gesang aufgenommen, in einer anderen die Mundharmonika eingespielt
und in wieder einer anderen Stadt nahm Jimmy Page die Gitarre auf. Sie
hatten ihre Auftritte und sie mußten weiter komponieren. Die Erwartungen der
Plattenfirma und der Käufer waren ungeheuer hoch. So langsam hatte Jimmy
Page das Gefühl, er verliere den Überblick und er begann, an seiner Arbeit
zu zweifeln und wurde immer kritischer und bearbeitete die Stücke immer
wieder neu. Manchmal überkam ihn die Angst, er hätte sich einfach zu weit
vorgewagt. Unter diesen Produktionsbedingungen fehlte einfach die gebührende
Distanz, um das eigene Werk zu beurteilen. So entstanden auch die Stücke
"Ramble On", "Bring It On Home". "Living Loving Made", "Heartbreaker" und
"What Is And What Should Never be". Als Jimmy Page seine Werke zum ersten
Mal Peter Grant und einem Journalisten vorspielte, und diese sich nach dem
Hören nur noch in Superlativen ergingen, da wollte er es einfach nicht
glauben. Selbst als Jerry Wexler verlauten ließ, es sei der beste weiße
Blues, den er je gehört habe, mäkelte er immer noch herum und hatte
Bedenken. Außerdem war Jimmy Page sehr bescheiden. An jeder Ecke sah er
Gitarristen, die besser waren als er selbst. Außerdem machte ihn die
Glasscheibe in den Studios verrückt. Er brauchte immer das Publikum. Robert
Plant entwickelte zu dieser Zeit immer mehr Freude am Songschreiben und war
viel optimistischer.
Kurz vor dem Erscheinen der zweiten LP ging Led Zeppelin nach nur sechs
Wochen Pause schon wieder nach Amerika. Im Oktober 1969 gaben sie zwei
Konzerte in der Carnegie Hall. Die Karten waren seit Wochen ausverkauft.
Natürlich sprengten sie wieder einmal den Rahmen und spielten sehr viel
länger als zwei Stunden, denn es gab einfach keinen Song in ihrem
Repertoire, den sie unter den Tisch fallen lassen wollten. In Boston
spielten sie vor 17 000 Zuschauern und erhielten dafür nicht nur ihre Gage,
sondern auch Prozente. Für diesen einen Auftritt bekamen sie 45 000 Dollar.
Die Hallen wurden immer größer und die Fangemeinde auch. Dafür hatten die
Schwermetaller aber auch schwer geschuftet. Sie spielten in Detroit,
Chicago, Cleveland, Buffalo, Providence, Syracuse, Toronto, Kitchener,
Kansas City und dann drei Nächte in San Franciso. Zu dieser Zeit zeichneten
sich schon langsam aber sicher auch die Schattenseiten des Ruhmes ab. Robert
Plant stellte verwundert fest, daß er gar keine Zeit hatte, um sein schwer
verdientes Geld auszugeben. Wenn sie auf der Bühne standen, dann wurden sie
in Amerika von den Fans nur noch vergöttert, aber auf der Straße wurden sie
von den Rednecks wegen ihrer langen Haare und den Hippiklamotten bedroht,
bespuckt und beschimpft, da sah man in ihnen nur noch Tunten und Gammler.
Wenn sie irgendwo eine Kaffeepause machten, dann bediente man sie einfach
nicht. In Texas waren sie mit dem Revolver bedroht worden und in letzter
Minute geflüchtet. Die Übergriffe der Polizei bei den Konzerten brachten
sogar John Paul Jones aus der Ruhe. Natürlich hatte Amerika auch schöne
Seiten. Jimmy Page fand es herrlich, daß die Altmeister des Blues in jeder
größeren Stadt in den kleinen Clubs zu bewundern waren, dennoch fühlten die
Mitglieder der Band sich ständig diskriminiert. Jimmy Page fand die
Situation für jeden halbwegs sensiblen Menschen mit langen Haaren einfach
unerträglich.
Am 22. Oktober 1969 erschien Led Zeppelin II. Das erste Album hatte sich 780
000 mal verkauft. Für das zweite Album lagen eine halbe Million
Vorbestellungen vor und es wurde am Tag des Erscheinens schon vergoldet. In
vielen Städten standen die Menschen in den Plattenläden Schlange, um die
ersten Exemplare zu ergattern. Led Zeppelin II machte zuerst kleine Hüpfer
in den amerikanischen Charts, dann immer größere Sprünge und vertrieb dann
die Beatles mit ihrem Album Abbey Road von ihrer lang gehaltenen
Spitzenposition. Für Jimmy Page war es ein überraschender Schock, als er
erfuhr, daß sich das zweite Album noch besser verkaufte als das erste. Er
empfand es beinahe als beängstigend, weil nichts daran geplant war. Für ihn
war es nur Glück und gutes Timing. Nach diesem unerwartet großen Erfolg
wollte man Led Zeppelin auch in den Radios hören und man drängte auf eine
Hitsingle. Eine gnadenlose Zensur sorgte dafür, daß nur Songs gespielt
werden durften, die alle auf das gleiche Zeitmaß gepreßt waren. "Whole Lotta
Love" sollte mit seinen fünf Minuten und fünfunddreißig Sekunden auf drei
Minuten zusammengeschnitten werden. Led Zeppelin wehrte sich mit Händen und
Füßen dagegen. Natürlich sollte der Mittelpart mit den experimentellen
Klängen und dem Schlagzeugsolo herausgeschnitten werden. Kurze Zeit später
spielten einige mutige Sender die lange Version und andere unternahmen
einfach von sich aus die Amputation. Atlantic Records sah sich gezwungen,
die Single endlich auf den Markt zu werfen. In den Augen der Band war das
unredlich. Peter Grant stand hinter seiner Gruppe und machte mit seinem
ganzen Schwergewicht ein für alle mal klar, daß Led Zeppelin in England
keine Hitsingles auskoppeln würde. Es sei ein Betrug am Publikum. Jimmy Page
war ein unbeugsamer Steinbock und Peter Grant konnte ebenso unnachgiebig
sein. Der Pr-Manager von Atlantic Records gab sich geschlagen. Mit dieser
Haltung vollzog man einen großen Schritt nach vorn und das Konsumverhalten
der Hörer gab ihnen recht. Die LPs der Gruppe verkauften sich auch ohne die
Promotion der schnellebigen und schnell konsumierbaren Hitsingle. Im
Eiltempo verwandelten sich Led Zeppelin I und Led Zeppelin II in Platin und
verkauften sich besser als jede Hitsingle. Damit hatte die Gruppe ein
Zeichen gesetzt. Die Underground-Freaks nahmen sich Zeit und hörte sich das
Gesamtkunstwerk einer Gruppe gern in Ruhe an. Die Musik begann immer mehr
eine zentrale Rolle im Leben der Menschen zu spielen. Auf den Partys legte
man nicht einfach nur eine Single auf, um danach zu tanzen, sondern man
versammelte sich oft, um gemeinsam intensiv Musik zu hören.
Nach der Veröffentlichung der zweiten LP konnte sich Peter Grant vor
Konzertangeboten kaum noch retten. Man war bereit, jeden Preis für einen
Auftritt der Gruppe zu zahlen. Für einen Auftritt in einer Fernsehsendung in
Deutschland, die via Satellit in Europa und Amerika übertragen werden
sollte, war man bereit, eine Million Dollar zu bezahlen. Peter Grant lehnte
das Angebot ab, weil ihm die Tonqualität bei solchen Übertragungen einfach
zu schlecht war. Die Amerikaner konnte einfach nicht glauben, daß er diese
Summe für einen einzigen Auftritt einfach ablehnte, aber Peter Grant hielt
an seinen Prinzipien fest.
Als Jimmy Page seinen sechsundzwanzigsten Geburtstag feierte, hatte die Band
einen legendären Auftritt in der Royal Albert Hall. Das Publikum
applaudierte bei jedem Stück so begeistert, daß die Gruppe keinen Song
beenden konnte und immer wieder neu ansetzte. Während eines Medleys begannen
die Leute zu toben. Roger Daltrey, der Sänger der Who, stand mit einem Drink
in der Hand hinter der Bühne, staunte nur und murmelte vor sich hin: "Ich
weiß, warum mit denen niemand auftreten will. Die sind einfach zu gut!" Am
Ende des Konzerts machte Roger Daltrey Jimmy Page mit dem Fotomodell
Charlotte Martin bekannt, eine ehemalige Freundin von Eric Clapton. Jimmy
und Charlotte wurden augenblicklich ein Paar und die Beziehung sollte viele
Jahre anhalten. Mit dem Auftritt in der Royal Albert Hall hatten Led
Zeppelin auch endgültig den Durchbruch in England geschafft. Den Aufstieg
des Zeppelins konnte niemand mehr aufhalten.
Als nächstes machten Led Zeppelin wieder eine Europa-Tournee. Sie führte
nach Kopenhagen, wo alles begann, dann ging es weiter nach Helsinki,
Stockholm, Amsterdam, Köln, Wien, Hamburg und Montreux. In Kopenhagen wurde
Jimmy Page ganz rührselig, aber das änderte sich schlagartig, als Eva von
Zeppelin plötzlich auftauchte und protestierte, daß man ihren Familiennamen
benutzte. In der Presse wurde viel Wirbel um diese Kontroverse gemacht. Eva
von Zeppelin bezeichnete die Musik Led Zeppelins als Schund und sah ihre
Familienehre in den Schmutz gezogen. Sie drohte damit, falls die Gruppe den
Namen in Dänemark benutze, vor Gericht zu ziehen. In der Presse bezeichnete
sie Led Zeppelin als Bande kreischender Affen. Jimmy Page lud die streitbare
Dame zu einer Aussprache in ein Kopenhagener Probenstudio ein. Jimmy Page
sagte freundlich: "Wir tun doch nichts, um ihren Familiennamen zu entehren.
Wir machen doch nur Musik, die Millionen von Menschen gefällt." Eva
wiederholte immer wieder: "Ich will doch nur den Ruf meiner Familie
schützen." Jimmy antwortete: "Millionen Menschen kennen unseren Namen. Und
ich kann mir nicht vorstellen, daß einer davon schlecht über ihre Familie
denkt." Die Gruppe gab sich sehr viel Mühe, das Herz der alten Dame zu
erweichen. Es schien so, als hätten sie Erfolg gehabt, aber als sie beim
Hinausgehen das Cover der brennenden Hindenburg erblickte, explodierte sie
und drohte lauthals mit einer einstweiligen Verfügung. Peter Grant und seine
Jungs hatten keine Lust, vor Gericht zu ziehen und so tauften sie die Gruppe
in Kopenhagen kurzerhand in The Nobs um.
Als die Band wieder nach England zurückgekehrt war, zogen Jimmy Page und
Robert Plant in ein Cottage in Süd-Wales, um sich zu entspannen und ein paar
Songs zu schreiben. Das Cottage hieß Bron-Y-Aur. Robert Plant war in seiner
Kindheit oft dort gewesen. Jimmy nahm seine Freundin Charlotte mit und
Robert wurde von seiner Frau Maureen und dem Baby begleitet. Er war
inzwischen Vater geworden. Er hatte seinen kleinen Sohn Karac genannt. Der
Name stammte von einem keltischen Heerführer. Sie genossen die schöne
Landschaft und die Ruhe und den Frieden. Das Cottage war vollkommen
abgelegen. Hier entstanden zum ersten Mal auch akustische Stücke und
Volkslieder. Jimmy benutzte die Mandoline, griff zur akustischen Gitarre und
spielte sogar Banjo. Hier entstand der "Immigrant Song", "Since I`ve Been
Loving You" und das herrliche Folk-Traditional "Gallows Pole". Für "Your
Time Is Gonna Come" benutze Jimmy eine Pedal-Steel. Robert schrieb sich in
"That`s The Way" einiges von der Seele. In den Songs ging es immer mehr um
keltische Mythen und Sagen, weil Robert sich dafür sehr interessierte. Jimmy
Page hatte noch mehr Interesse an Mystik und Magie als Robert, er war ein
glühender Bewunderer von Aleister Crowley. Er sammelte alle möglichen
Utensilien, die dem Altmeister gehört hatten. Man munkelte sogar, Jimmy
praktiziere selbst Magie. Während dieser erholsamen Tage auf dem Lande
entstanden wie von selbst die meisten Songs für das dritte Album. Sie
schlugen damit eine neue Richtung ein. Auf diesem dritten Album von Led
Zeppelin waren sogar Geigen zu hören.
Nach dieser kurzen und kreativen Erholungspause ging es schon wieder nach
Amerika. Gleich am Anfang der Tour war Jimmy Page eine Gitarre gestohlen
worden. Es war eine schwarze Les Paul, die Keith Richard ihm geschenkt
hatte. Jimmy war außer sich, denn sein ganzes Herz hing an dieser Gitarre.
Er gab ein Anzeige in einer Musikzeitung auf, aber ohne Erfolg. Während der
ganzen Tournee wirkte Jimmy Page niedergeschlagen. Es schien, als sei der
Verlust dieser Gitarre für ihn wie der Verlust einer Geliebten. Diesmal trat
Led Zeppelin ohne Vorgruppen auf. So konnten sie ihre Konzerte immer mehr
ausdehnen. John Paul sagte nur immer: "Solange die Fans bleiben, bleiben wir
auch". Sie spielten nur noch vor großem Publikum in großen Stadien und
Arenen. In Memphis wurde ihnen die Ehrenbürgerwürde verliehen. Für Jimmy
Page war das ein sehr bewegender Moment. Zur gleichen Zeit wurde Peter Grant
hinter der Bühne von dem Veranstalter mit einer Pistole bedroht. Ihm
flatterten die Nerven, als er die zehntausend Zuschauer ausrasten sah und er
verlangte, Peter Grant solle seine Jungs von der Bühne holen, ansonsten
würde er ihn abknallen. Grant antwortete: "Du Arschloch kannst mich nicht
abknallen. Sie haben uns gerade die Scheiß-Schlüssel der Stadt überreicht,
oder?" Im Süden heuert die Band acht zusätzliche Bodyguards an, weil sie
immer mehr von Rednecks bedroht wurden. Ihren letzten Auftritt konnte die
Gruppe dann nicht mehr absolvieren, weil Robert Plants Stimme einfach nicht
mehr mitmachen wollte. Er konnte beinahe nur noch krächzen und wollte
dennoch unbedingt auf die Bühne. Er hatte in einunddreißig Tagen auf
neunundzwanzig Konzerten gesungen und nun mußte der Arzt ihm klarmachen, daß
er bei noch einem Auftritt endgültig seine Stimme ruinieren würde.
In England mietete sich die Gruppe ein großes Landhaus und dann wurden die
Songs für die dritte LP in einem mobilen Studio aufgenommen. So konnten sie
der sterilen Atmosphäre in den Studios entgehen. Außerdem brauchten sie
dringend Erholung. Jimmy Page hatte langsam Angst, denn bei dem Tempo, das
sie vorlegten, konnten sie ganz schnell ausbrennen. Danach gaben sie ein
paar Konzerte auf dem Kontinent. Bei dem Festival in Bath spielten sie vor
200 000 Zuschauern und spielten zum ersten Mal ihre neuen Songs, die vom
Publikum begeistert aufgenommen wurden. Danach gaben sie einige Konzerte in
Deutschland, deren Höhepunkt eine Show in der Frankfurter Festhalle war, wo
sie vor 11 000 Fans spielten und sämtliche Zuschauerrekorde brachen. Nach
dem Konzert gingen sie in eine Kneipe und tranken 120 Slibovitz und 160
Biere. Dieser Alkoholkonsum zwischen den Konzerten war für die Gruppe ganz
normal. In Köln randalierten tausend Fans vor der Sporthalle, weil sie keine
Karten mehr bekommen hatten. In Mailand war es dann zu einer Massenpanik
gekommen, weil die Polizei massiv Tränengas eingesetzt hatte. Die Gruppe
spielte in einer Tränengaswolke und flüchtete nach vierzig Minuten von der
Bühne. Die Roadies waren im Tumult verletzt worden. Zum Schluß wurde das
Publikum von der Polizei eingekesselt und 10 000 Menschen wurden durch den
Bühnenraum getrieben. Auf dem Rückflug nach London kamen Robert Plant die
Tränen, als er versuchte, die Situation zu beschreiben. Er fühlte sich
machtlos angesichts derart menschenverachtender Polizeimethoden. Die ganze
Gruppe fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen und Mailand blieb in ihrer
Erinnerung ein traumatisches Ereignis.
Led Zeppelin III wurde am 5. Oktober 1970 veröffentlicht. Es gab über 700
000 Vorbestellungen. Diese Platte gelangte auch auf Platz eins in den
Charts, konnte sich aber nur 31 Wochen dort halten. Die Kritiken waren noch
niederschmetternder als jemals zuvor. Zuerst hatte man den Hardrock der
Gruppe mit seiner Dynamik niedergemacht und nun wurde bemängelt, daß er
fehlte. Jetzt wollte man nur noch eine Fortführung von "Whole Lotta Love"
hören und niemand wollte die Weiterentwicklung der Band akzeptieren. Diesmal
waren die Mitglieder von Led Zeppelin schwer enttäuscht und diesmal war
Jimmy Page ganz besonders deprimiert. Außerdem hatte man das Gerücht in die
Welt gesetzt, die Band wolle sich auflösen. Zur gleichen Zeit hatten die
Leser des Melody Maker Led Zeppelin zur populärsten Rockband des Jahres 1970
gekürt. Sie waren beliebter als die Beatles. Sie hatten hintereinander drei
Platinalben abgeliefert und auf der Bühne waren sie unvergleichlich. Sie
hatten den Hardrock etabliert und Gruppen wie Black Sabbath, Emerson, Lake
and Palmer und Uriah Heep wollten die Nachfolge antreten. Inzwischen hatten
sie eine beherrschende Marktposition und nun war es ihre Aufgabe, diese
Spitzenposition zu halten. Nur die Presse wollte den Erfolg in dumpfer
Beharrlichkeit einfach nicht anerkennen.
Als wollten sie es sich und der Welt jetzt erst richtig beweisen, zog sich
die Band wieder auf das Land zurück, um neue Songs für das nächste Album zu
schreiben. Niemand hätte wohl gedacht, daß ihnen dort so ganz nebenbei der
größte Megahit einfallen würde. Ein Klassiker, der in acht Minuten seine
ganze Schönheit und die differenziertesten Stilmittel offenbarte. Ein zu
Herzen gehender Song, der am meisten geliebte in der ganzen Rockgeschichte:
"Stairway To Heaven". Robert saß mit Jimmy vor dem Kamin und Pagey spielte
ihm ein paar Akkorde vor. Robert hatte schlechte Laune, aber da schrieb
seine Hand wie von selbst einen Satz auf das Papier. Robert starrte die
Zeile an: "There`s a lady who´s sure, all that glitters is gold, and she`s
buying a stairway to heaven". Sie griffen die Zeile auf und dann sprudelte
es nur so aus Robert heraus. Sie feilten wie besessen an dem Song herum und
bauten die Parts immer dramatischer auf. Am Ende war ihnen ein Meisterwerk
gelungen. Am Anfang dieser Ballade hört man nur eine mittelalterlich
klingende Melodie, die von einer Flöte gespielt wird. Roberts Stimme greift
diese Melodie auf und erklimmt dann Stufe für Stufe die Himmelsleiter und
entführt den Hörer in spirituelle Gefilde. Mitten im Song kommt dann das
Schlagzeug auf einmal ins Spiel und zieht das Tempo an. Die Schönheit des
Liedes wird durch die einzigartige Melodie mit ihren wohldurchdachten Pausen
und den mächtigen Instrumentalharmonien bestimmt. Außerdem schrieben sie
"Misty Mountain Hop" und "The Battle Of Evermore". Bei diesem Lied brauchte
Robert Plant zur Unterstützung noch eine Frauenstimme, und so sang er mit
Sandy Denny von den Fairport-Convention im Duett. Jimmy Page spielte dazu
zum ersten Mal eine ganz wunderbare Mandoline dazu. Auch dieser Song ist dem
Wechsel von Stil und Stimmung unterworfen und ist ein unaufdringliches
Meisterstück. Bei dem Song "Black Dog" gab es viele kleine Taktsprünge und
bei "Four Sticks" spielte Bonzo tatsächlich mit vier Sticks das Schlagzeug.
"Going To California" war ein ganz schlichter und schöner Song. "When The
Levee Breaks" war ein uralter, funkiger Blues aus dem Jahre 1928.
Mit diesem vierten Album hatten sie die Meßlatte ganz hoch gelegt. Jimmy
Page hatte die Idee, dieses Album in einer völlig unbeschrifteten Hülle zu
verkaufen. Der Name der Band und das Plattenlabel und selbst die
Bestellnummer sollte dort nicht zu lesen sein. Jimmy Page wollte nur die
pure Musik verkaufen. Was waren schon Namen und Titel? Nur auf die Musik kam
es an. Die Plattenfirma hielt nichts von dieser Idee und bezeichnete sie als
kommerziellen Selbstmord. Es kam zu ernsthaften Auseinandersetzungen. Jimmy
blieb standhaft und ließ verkünden, sie würden die Masterbänder erst
bekommen, wenn das Cover stimmte. Schließlich mußte Atlantic nachgeben. Auf
dem Cover war nur das Bild eines alten Mannes zu sehen, der ein Bündel
Reisig auf dem Rücken trägt. Auf dem Innencover war der Eremit aus dem Tarot
zu sehen. Diese Karte bedeutet Suche nach Weisheit, Zurückgezogenheit,
Ausdauer und Askese. Jimmy Page kannte sich mit den Karten gut aus. Er
interessierte sich immer mehr für Magie und war tief in die Materie
eingedrungen. Inzwischen hatte er sich sogar den Landsitz Crowleys am Loch
Ness in Schottland gekauft. Dort hatte Crowley Thot und Horus beschworen.
Auf dem Grundstück soll vorher eine Kirche niedergebrannt worden sein. Man
erzählte sich um dieses Haus viele Spukgeschichten. Jimmy hatte sogar den
Leitspruch Crowleys "Do What Thou Wilt" auf die Masterbänder gravieren
lassen. Robert war mit seinem Interesse an keltischen Sagen und alten
Kulturen wohl auch in der weißen Magie ganz gut bewandert. Außerdem gab es
vier mysteriöse Symbole über den Titelangaben. Zwei davon waren wohl Runen.
Jeder in der Gruppe hatte sich ein Symbol ausgesucht. Robert hatte sein
Symbol selbst entworfen. Es zeigte eine Feder und bedeutete unter anderem
Leichtigkeit, Poesie und Mut. Bonzos Symbol waren drei sich überschneidende
Kreise. Es symbolisierte die Dreifaltigkeit. Darüber wollten sich die Fans
später amüsieren, weil dieses Symbol auch das Logo eines Bieres war. Darin
liegt aber nicht nur Komik, sondern auch Tragik, weil John Bonham
schließlich am Alkoholkonsum gestorben ist. John Paul wählte eine Rune, die
Zuversicht und Geschick bedeutete. Jimmy Page hatte sein Symbol auch selbst
entworfen. Es sah aus wie das Wort Zoso. Aus diesem Grund haben dann später
viele Fans das Album Zoso genannt. Die Bedeutung dieses Symbols hat Jimmy
Page niemals preisgegeben. Im ersten Moment kommt einem vielleicht die
Intuition, daß es sich um Zoroaster handeln könnte. Es könnte aber auch ein
verdrehter Violinenschlüssel sein, der in die Ewigkeit eingebunden ist oder
auch ein Engelszeichen. Aber ob diese Vermutungen richtig sind, kann uns der
Gott des Feuers im Traum offenbaren. Mit diesem Plattencover trieb die Band
die Medienleute zur Verzweiflung. Es war Jimmys Reaktion auf die negative
Presse. Immer wieder hatte er gesagt: "Nur die Musik ist wichtig. Die Leute
sollen die Platte kaufen, weil ihnen die Musik gefällt. Ich möchte, daß
überhaupt nichts auf dem Cover steht! Feierabend!" Viele Fans nannten das
Album auch "Four Symbols". Im Oktober 1971 kam die Platte auf den Markt.
Als die Arbeit an dem Album fertig war, brachen sie zu ihrer
Spätsommer-Tournee nach Amerika auf und danach ging es zum ersten Mal nach
Japan. Dort führte der "Immigrant Song" die Charts an. In der Stadthalle von
Hiroshima gaben sie eine Benefizveranstaltung für die Opfer des
Atombombenangriffs und bekamen dafür die Friedensmedaille der Stadt
verliehen. Ein Hausverbot im Tokyo Hilton sorgte für Schlagzeilen. Robert
Plant hatte das Kopfkissen von Phil Carson, der für Atlantic Records
arbeitete und die Band begleitete, "versehentlich" aus dem Fenster geworfen.
Als Phil Carson, nur mit einem Badetuch bekleidet, auf dem Fenstersims
herumkletterte, um es sich zu holen, beschwerten sich die Jungs beim
Hausdetektiv über den Spanner da draußen auf der Fensterbank. Später
schleppten Bonzo und Richard Cole John Paul Jones, der gerade seinen Rausch
ausschlief, auf den Hotelflur und dann lieferten sie sich in seinem
Hotelzimmer mit Smurai-Schwertern ein Gefecht. Dabei wurde das Mobilar
gründlich zerfetzt. Als sie sich dann auf dem Hotelflur eine wilde
Obstschlacht lieferten, wurden sie des Hauses verwiesen. Im Zug nach Osaka
war es zu einer wilden Rauferei gekommen, weil die Jungs Jimmy Page einen
Streich spielen wollten und dabei aus Versehen das Abteil von Peter Grant
erwischt hatten. Ein Promo-Manager von der japanischen Plattenfirma, der mit
im Zug war, dachte, die Band würde sich nun endgültig auflösen. Er war
völlig verzweifelt, aber man konnte ihn schnell beruhigen, als man ihm
erklärte, daß so etwas öfter vorkomme. Am nächsten Tag stiegen die Jungs aus
dem Zug, als wenn nichts geschehen wäre, aber die Zeitungen in Japan
brachten die Story auf der ersten Seite. Wie es in Amerika zuging, bezeugt
Ritchie Yorke mit Humor in seinem Buch "Led Zeppelin. Biographie einer Band:
"Wer immer dem Telefon am nächsten stand, hatte einen wichtigen Part im
Spiel - er nahm ab, ermittelte den Anrufer und gab eine Nachricht an Cole
weiter, der dann aus der anderen Ecke des Raumes seine Anwort brüllte .
"Nein, tut mir leid, wir möchten keine antiken
Scheiß-Autos kaufen... Nein, sagt ihr, wir wollen heute nacht keines von den
Weibern hier oben sehen, egal, wie verdammt schrill sie drauf sind... Nein,
ich habe nicht die leiseste Idee, wo John Paul Jones steckt...Nein, sorry,
wir haben keine Karten mehr für heute abend, nicht mal für die Presse - sag
ihm, das hätte ihm mal früher einfallen müssen, dem Arschloch...Nein, Robert
Plant kann heute definitiv kein Telefoninterview für einen New Yorker Sender
geben - er ist scheißfertig, und der Gig heute abend reicht schon...Nein,
Jimmy Page hat kein Interesse, Aleister Crowleys Scheiß-Testament zu
kaufen...Nein, wir können keine Karten für George Harrison zurücklegen, weil
er nämlich letzte Woche nach England abgereist ist...Nein, wir brauchen
keinen telepathischen Magier als Vorprogramm...Nein, die Jungs können für
niemanden einen Song schreiben...Ja, Ronnie Hawkins und seine Frau können
gern heute abend zum Konzert kommen - sag ihnen, sie sollen sich die Karten
nach sechs an der Hotelrezeption abholen...Nein, wir können jetzt unmöglich
ein Benefizkonzert für die mongolischen Waisen geben - sag ihnen, sie sollen
ans Londoner Büro schreiben...Nein, Peter Grant macht kein Interview mit der
Daily News oder sonst einer Scheiß-Zeitung...Nein, sag ihnen, sie sollen,
Scheiße noch mal, mit Danny Goldberg reden, wenn sie ihn nicht finden
können...- ach,
Scheiße, nimm den Scheiß-Hörer vom Telefon."
Die Reaktionen des Publikums auf "Stairway to Heaven" waren einfach
überwältigend. Wenn die letzten Noten dieser schönen Ballade verklungen
waren, war Jimmy Page wie berauscht von der Ekstase und Raserei des
Publikums. Der Song schien auf der Bühne ein Eigenleben zu entwickeln und
langsam wurde Jimmy klar, daß sie da einen Monsterhit komponiert hatten. Mit
diesem Song war ein Traum in Erfüllung gegangen.
Nach Erscheinen der vierten LP machten sie eine Zwölf-Konzerte-Tournee durch
England. Die 19 000 Karten für zwei Konzerte im Londoner Wembley-Stadion
waren nur wenige Minuten nach Beginn des Vorverkaufs weg. Es folgte eine
Tournee durch Australien. Dort mußte ein Konzert verschoben werden, weil es
regnete. Peter Grant hatte immer die Befürchtung, die Jungs könne ein
elektrischer Schlag treffen. In Auckland spielten sie am Ende des Konzerts
ein Medley und als dann "Whole Lotta Love" erklang, reagierte das Publikum
mit so einem Gefühlsausbruch, daß sie das Stück auf sechzehn Minuten dehnten
und spielten, bis sie nicht mehr konnten. Auch in Australien hatten sie die
Herzen des Publikums im Sturm erobert. Auf dem Rückflug wollten sie einen
Abstecher nach Thailand machen, aber sie kamen nicht durch den Zoll. Ihnen
wurde die Einreise verweigert, weil sie so lange Haare hatten. Derweil
machte Peter Grant den Veranstaltern folgendes klar: "Led Zeppelin kriegen
von jetzt an neunzig Prozent der Tageseinnahmen. Ende!" Die Veranstalter
waren natürlich wütend, dennoch gingen sie auf Peters
Neunzig-Prozent-Klausel ein. Dafür übernahm Peter die Kosten für den Saal,
das Sicherheitspersonal, die Limousinen, den Ton und die Beleuchtung. Er war
nicht bereit, darüber zu verhandeln und er brauchte es auch nicht, denn mit
einer Band wie Led Zeppelin waren zehn Prozent der Einnahmen für die
Veranstalter immer noch sehr rentabel. Von da an brachte die Band an einem
Abend mindestens 90 000 Dollar nach Hause. Einige Jahre später kassierten
sie an machen Abenden 500 000 Dollar. Der Rubel rollte wie bei Rockefeller.
Im Frühsommer 1972 mieteten sie sich im Landhaus Mick Jaggers ein und nahmen
die ersten Stücke für das fünfte Album auf. John Paul Jones und Jimmy Page
hatten sich inzwischen Heimstudios eingerichtet, wo sie unentwegt an neuen
Ideen arbeiteten. Als die Band dann zusammenkam, lief alles wie von selbst.
An Ideenmangel hatten sie niemals zu leiden. Obwohl Atlantic das Album im
Herbst herausbringen wollte, gingen sie die Arbeit in Ruhe an. Jimmy Page
sagte: "Wie die Band zu ihrem Material kommt, ist immer unterschiedlich -
aber da ist es immer." Es entstand "Dancing Days", ein rockiger Song mit
einem grandiosen Finale. "No Quarter" war wieder ein ganz außergewöhnlicher
und mystischer Song. Der Text war wieder der keltischen Mythologie entlehnt,
rätselhaft und voller Zauber. "The Rain Song" handelte von einer kleinen
Liebesgeschichte und "The Song Remains The Same" war Rock and Roll im
eigenen Stil und "D`yer Mak`er" war voller Witz. "The Crunge" war als Homage
an James Brown gedacht. Das fünfte Album wurde Houses of the Holy genannt.
Nur wenige Wochen nach dem Erscheinen verdrängte das Album Elvis vom ersten
Platz in den Charts.
1973 ging die Band wieder auf Tournee nach Amerika und diese Tour war eine
der größten in der Geschichte der Rockmusik. Peter Grant charterte eine
Boing 720 B mit dem Namen Starship, um den langen Wartezeiten auf den
Flughäfen zu entgehen, denn sie mußten innerhalb eines Monats 34 Termine
einhalten. Die Starship war ein Luxusjet mit 40 Sitzen, es gab eine Bar,
Videomonitore, Schlafzimmer mit künstlichen Kaminen, Duschen, Polstersesseln
und eine Orgel. Jimm Page war ganz stolz, als sich reiche Groupies aus Texas
ebenfalls ein Flugzeug mieteten und der Starship folgten. Bei dieser Tournee
wurde die Gruppe in ihren Limousinen von einer Polizeieskorte begleitet. Im
Stadion der Atlanta Braves in Georgia brachen sie den Zuschauerrekord der
Beatles. Die Jungs aus Liverpool hatten acht Jahre zuvor vor 33 000
Zuschauern gespielt und zu Led Zeppelin waren nun 49 236 Menschen gekommen.
In Tampa, Florida wurde der Rekord noch einmal gebrochen, dort spielten sie
vor 56 800 Leuten. Vor dem Stadion standen 90 000 Fans, die keine Karten
mehr bekommen hatten. Die Band benutze eine Anlage mit vier Systemen mit je
3000 Watt, das war mehr, als man in Woodstock aufgefahren hatte. Robert
Plant hatte dort einen Soundcheck gemacht und sagte: "Es klang wie der
Hammer der Götter!" Beim Konzert standen die Menschen noch weit entfernt auf
den Dächern. Jimmy Page konnte den Empfang, den man ihnen bereitete, kaum
fassen. Diesmal hatten sie eine riesige Lighshow und viele Spezialeffekte
auf der Bühne. Wenn Robert "Stairway To Heaven" sang, dann war er in ein
einziges Diamantengeglitzer eingetaucht. Die Band war von einem Begleittroß
von dreißig Sound- und Lichtmännern, Bühnenhelfern, Sicherheitsleuten und
Roadies umgeben. Ein Fan schwärmte: " Keine Verzögerungen. Keine Warterei,
kein umständliches Instrumentenstimmen, keine Faxen. Nur Musik. Nur
umwerfender Rock, der nie heißer gespielt worden ist." In Dallas spielten
sie vor 10 000 Menschen und im Fort Worth Convention Centre vor 13 500
Zuschauern. Beide Konzerte waren ausverkauft, obwohl die beiden Städte nicht
einmal dreißig Autominuten voneinander entfernt waren. Das war zuvor noch
nie gelungen. In San Francisco lockten sie 49 032 Leute ins Stadion und
kassierten 325 000 Dollar. In Los Angeles gingen 36 000 Tickets für zwei
Gigs im Forum über den Tisch und damit schlugen sie den Rekord der Rolling
Stones. Bei der anschließenden Abschlußfeier wurde wieder ein
"Ausschweifungsreport" geschrieben. Bonzo und Richard Cole waren dazu
übergegangen, Möbel und Fernseher aus dem Fenster zu werfen. Ansonsten ging
es so dekadent wie bei altrömischen Orgien zu, einfach nur Sex and Drugs and
Rock and Roll. Sie erfüllten damit jedes Klischee und dachten, ein
schlechter Ruf könne nicht schaden. Nur John Paul Jones zog sich während
dieser Orgien in sein Zimmer zurück. Es mußten mindestens zwei Stockwerke
zwischen ihm und den anderen liegen. Langsam aber sicher wurden auch die
Drogen (ganz besonders für den Roadmanager Richard Cole und Jimmy Page) zu
einem ernsthaften Problem. Und bei dem fortwährenden Alkoholkonsum war es
tatsächlich ein Wunder, daß die Band auf Tourneen wie ein Uhrwerk
funktionierte.
Während dieser "Starship"-Tour hatten die Dreharbeiten zu dem
Re: Led Zeppelin - Biographie
Black Dog - 30.04.2006, 14:04
Teil 2:
Während dieser "Starship"-Tour hatten die Dreharbeiten zu dem Kinofilm "The
Song Remains The Same" begonnen. Peter Grant hatte die Live-Auftritte mit
der Kamera dokumentieren lassen. Dieser Film wurde von der Band selbst
finanziert. Während der Tournee waren der Band 203 000 Dollar aus dem
Hotelsafe geraubt worden. Es war der größte Hotelraub in der Geschichte
Manhattens und auch dieser Vorfall wurde mit der Kamera festgehalten. Später
sollte sich jeder der Musiker eine kleine Geschichte einfallen lassen, die
dann verfilmt wurde, um die Musiker zu charakterisieren. Diese Portraits
wurden dann in die Live-Mitschnitte integriert. Dort sah man dann Jimmy Page
in dunkler Nacht einen Berg erklimmen, auf dessen Gipfel er sich in der
Gestalt des Eremiten selbst begegnet. Robert Plant war als edler Ritter zu
sehen, der für sein Burgfräulein Maureen allerhand Abenteuer besteht. John
Bonham zeigte sich als wilder Motorradfahrer und John Paul Jones als
verkleideter Schurke und wilder Reiter. Peter Grant identifizierte sich mit
Al Capone. Die Dreharbeiten zu diesem Film sollten sich über drei Jahre
hinziehen. Bei der Weltpremiere des Films am 19. Oktober in New York erntete
die Gruppe vom Publikum stehende Ovationen.
Nach der Tournee gründete die Band ihr eigenes Plattenlabel mit dem Namen
Swan Song. Zu dieser Zeit war die Gruppe total erschöpft. Jimmy Page, der
die ganze Zeit mit einem verletzten Finger Gitarre gespielt hatte, schien
mit seinen Kräften am Ende. Während ihres letzten Gigs in Amerika hatte
Robert Plant dem Journalisten Ritchie Yorke zugeflüstert: "Im Moment sind
wir völlig im Arsch - aber wir haben ein paar neue Songs geschrieben und
können es kaum erwarten, mit ihnen ins Studio zu gehen. Mal sehen, ob wir
noch einen draufsetzen können!"
Nach einer längeren Pause machte sich die Band im Februar 1974 an die Arbeit
zu ihrem sechsten Album, das den Titel Physical Graffiti tragen sollte.
Diesmal wollte Jimmy Page auch wieder einige Texte beisteuern. Während
seiner kurz bemessenen Freizeit war er nach Marokko und Bombay gefahren, um
mit den einheimischen Musikern zu musizieren. In Bombay hatte er Ragas
gespielt und hatte dazu auch das dortige Symphonieorchester eingeladen. Sein
Geist verschmolz mit den Rhythmen der orientalischen Musik. Er selbst nahm
aber niemals eine Sitar in die Hand, weil er einen so großen Respekt vor
diesem altehrwürdigen Instrument hatte. Er wollte diese alten Traditionen
des Raga nicht für einen Soundeffekt in der Rockmusik mißbrauchen. Dennoch
hatten die orientalischen Klänge einen großen Eindruck hinterlassen und das
war auf dem neuen Album deutlich zu hören. Die Gruppe hatte inzwischen so
viel Ideen auf Lager, daß es für ein Doppelalbum reichte. Das Stück "In The
Light" hatte keltische, indische und arabische Einflüsse. Während einer
einsamen Fahrt durch die Wüste im Süden Marokkos überkam Jimmy Page die
Inspiration. In dem Song "Kashmir" wird mit gewaltiger Energie die Monotonie
dieser Landschaft umgesetzt. Dieser mysteriöse Song mit dem eingängigen,
orientalisch klingendem Riff sollte wieder einer der großen Led
Zeppelin-Hymnen werden. In diesem Song wird die Hitze der unbarmherzigen
Sonne im Sandsturm, die Sehnsucht nach den Sternen und die ewige Suche des
Menschen beschrieben. Die ungeheure Dynamik des Songs wurde durch den
verdoppelten Einsatz der Gitarre erzeugt und dann von John Paul mit dem
Mellotron und einem ganzen Orchester unterstützt. Bonzo schlug in diesem
Song die leisen Töne an. Dieser Song war für die Band wohl der wichtigste in
ihrer Karriere, denn er enthielt alle Elemente, die Led Zeppelin ausmachten.
Auf diesem Album erschien auch der Titelsong des vorherigen Albums: "Houses
of the Holy". Es sollte ein kleiner Witz sein, daß dieser Song ein wenig zu
spät kam.
Schwierigkeiten bei der Gestaltung des Covers verzögerten das Erscheinen des
Albums. Als es im Februar 1975 auf den Markt kam, stürmte es gleich wieder
die Charts. Innerhalb von nur zwei Wochen eroberte es den ersten Platz. Der
Verkauf war phänomenal, obwohl es ein teures Doppelalbum war. Die
Vorbestellungen hatten die Zahl von zwei Millionen überschritten. Led
Zeppelin waren die einzige Gruppe in den siebziger Jahren, die gleichzeitig
alle sechs Alben in den Charts hatten. Endlich gab es auch für Led Zeppelin
gute Kritiken.
Nach dem Erscheinen des neuen Albums ging es wieder im ganz großen Stil nach
Amerika. Diesmal hatte sich Jimmy Page wieder den Finger verletzt, diesmal
war er gebrochen und aus diesem Grund mußte die Band das Programm ein wenig
umstellen. Auf dieser Tournee lernten die Bandmitglieder ihr großes Idol
Elvis Presley endlich persönlich kennen. Der King wollte wissen, wer die
Typen seien, die mehr Karten verkauften als er. Man unterhielt sich und
Robert entdeckte an seinem Idol Durchblick und einen bissigen Humor. Elvis
schenkte ihnen Autogramme und sagte dann: "Aber ich möchte auch welche von
euch haben". Bonzo konnte es kaum fassen, daß der King ein Autogramm von ihm
haben wollte. Im Mai gaben sie drei Konzerte in London. Der Veranstalter war
mit 100 000 Kartenbestellungen überschwemmt worden und die Band mußte noch
zwei Zusatzkonzerte geben. Peter Grant bekam Körbe voller Glückwünsche. In
der Presse nannte man sie jetzt Rockgötter und es wurde die Frage gestellt,
ob Led Zeppelin größer als die Beatles waren. Präsident Fords Kinder hatten
Led Zeppelin zu ihrer Lieblingsband erkoren.
Im Jahr 1975 begann die große Pechsträhne der Gruppe. Eine Katastrophe nach
der anderen brach über Led Zeppelin herein, und die Presse und die Fans
brachten diese Geschehnisse mit Jimmy Pages Interesse am Okkulten in
Zusammenhang. Es begann alles mit einem Urlaub, den sich die Mitglieder von
Led Zeppelin im Mai gönnten. Robert fuhr mit seiner Familie nach Marokko, wo
sich Jimmy ihnen drei Wochen später anschloß. Sie wurden zur Umkehr
gezwungen, als sie sich in der Wüste einem Kriegsgebiet näherten. Jimmy
schmiedete Pläne, entweder nach Kairo oder Neu Delhi zu reisen, um dort mit
einheimischen Musikern zu arbeiten. Zunächst aber wollte er nach Sizilien
reisen, um sich einen Unterschlupf Aleister Crowleys anzusehen. Ein Farmhaus
nebst Abtei stand zum Verkauf an. Robert Plant flog mit seiner Familie nach
Rhodos. Jimmy wollte ihnen folgen. Auf dieser Insel ereignete sich dann ein
schrecklicher Autounfall. Roberts Frau Maureen saß am Steuer, als der Wagen
über eine Böschung schoß und gegen einen Baum krachte. Robert saß auf dem
Beifahrersitz und hielt seine bewußtlose Frau im ersten Moment für tot. Er
selbst hatte sich das Bein gebrochen und außerdem hatte er eine schwere
Verletzung am Ellenbogen. Seine Kinder saßen auf dem Rücksitz und waren auch
verletzt, nur Scarlett, die Tochter von Jimmy Page und Charlotte Martin, war
verschont geblieben. In dieser entlegenen Ecke von Rhodos war kein
Krankenwagen zu bekommen und erst nach mehreren Stunden wurde die Familie
auf der offenen Ladefläche eines Obstlasters ins Krankenhaus transportiert.
In dem kleinen Krankenhaus hatte Robert große Schmerzen und machte sich
große Sorgen um seine Frau, dabei zählte er die Kakerlaken, die über sein
Bett krabbelten. Neben ihm lag ein besoffener Seemann, der plötzlich "The
Ocean" von Houses of the Holy sang. In London brach derweil Panik aus, weil
Peter Grant in seinem französischen Steuerexil nicht zu erreichen war.
Richard Cole hatte von Charlotte Martin am Telefon erfahren, daß Maureen im
Sterben lag und unbedingt Blut von einer vor Ort nicht erhältlichen
Blutgruppe benötigte. Ohne Peter Grants Unterschrift konnte Richard Cole
kein Geld locker machen, um der Familie zu helfen. Die Buchhalter von Swan
Song rückten keinen Pfennig heraus und Cole war darüber sehr wütend. Mit
seiner Hartnäckigkeit bekam er endlich von Claude Nobs, dem Schweizer
Atlantic-Vertreter, das benötigte Geld überwiesen. Richard Cole organisierte
einen medizinisch ausgerüsteten Privatjet und heuerte zwei Spezialisten an.
Der erste war Dr. John Baretta, der die griechische Botschaft in London
betreute und der zweite war Dr. Mike Lawrence, ein bekannter orthopädischer
Chirurg. Richard Cole mußte die Familie Plant regelrecht aus dem Krankenhaus
entführen, um sie nach London zu transportieren, denn die Autoverleih-Firma
behauptete, Maureen sei zur Zeit des Unfalls betrunken gewesen und die
Polizei wollte den Fall noch ausführlich untersuchen. Maureen hatte den
Vorwurf entschieden zurückgewiesen. Geldgierige Anwälte belagerten die
Szene, während Gevatter Tod um die kleine Notfallklinik schlich. Richard
Cole handelte kurz entschlossen und rettete damit Maureens Leben. Um zwei
Uhr morgens ließ er zwei Kombiwagen und eine Privatambulanz am Seiteneingang
des Krankenhauses vorfahren. Zusammen mit Charlotte Martin schob er Robert,
Maureen und ihre Kinder durch den Krankenhausflur zu den Fluchtwagen. In
London mußte Maureen mit einem Schädelbruch, einem gebrochenen Bein und
einer Beckenfraktur noch wochenlang im Krankenhaus liegen.
Robert erholte sich nur langsam von seinem Beinbruch. Die Ärzte wußten
nicht, ob er jemals wieder richtig laufen könne. Die anstehende
Nordamerika-Tour mußte verschoben werden. Die Gruppe flog mit Robert nach
Malibu, wo Robert sich erholen und in Ruhe einige Songs schreiben konnte.
Als aber ein Sturm aufkam, sah Jimmy Page darin ein Zeichen. Er meinte, es
sei eine Aufforderung, die Zelte abzubrechen und weiterzuziehen. Im November
zog die Gruppe nach München, um ein neues Album in den Musicland-Studios
aufzunehmen. Robert hatte inzwischen den Rollstuhl verlassen und konnte auf
Krücken gehen. Das Studio befand sich im Basement des Arabella-Hotels. Led
Zeppelin hatten sich dort nur ein paar Wochen einmieten könne, bevor die
Rolling Stones anrollten, denn das Studio hatte einen ausgezeichneten Ruf.
Jimmy Page nannte diese Zeit einen Härtetest. Sie arbeiteten achtzehn
Stunden am Tag und machten sich keine Gedanken um die Mahlzeiten
zwischendurch. Jimmy Page wurde immer genial, wenn er unter Druck stand. In
dem Opus "Achilles Last Stand" verwob er raffiniert mehrstimmige Gitarren.
Er legte sie Spur für Spur übereinander. Sämtliche Gitarren-Overdubs
entstanden in einer Nacht und Jimmy ging alles nur zweimal durch. Später war
Jimmy der Meinung, daß diese hervorragende Nummer von vielen Leuten
übersehen worden war. Das neue Album wurde Presence genannt. Auf diesem
Album erschien auch der eingängige und humorvolle Folksong "Nobody`s Fault
But Mine". "Tea For One" war ein Lied über die Einsamkeit. Hier schrieb sich
Robert die Trauer von der Seele. Er litt immer noch sehr darunter, von
seiner Frau so oft getrennt zu sein und der Unfall hatte ihm einen Schock
versetzt. Ihm saß immer noch die Angst im Nacken, die Trennung könne für
immer sein. In dem Song "Achilles Last Stand" setzte sich die Gruppe auf
mythologischem Wege mit der Verletzlichkeit des Menschen und der
Heimatlosigkeit auseinander. Die Themen dieser LP reflektieren die Krisen
und die Schattenseiten des Lebens im Scheinwerferlicht, aber auch die Kraft,
um sie zu überwinden. Prensence war eine Platte, die Jimmy Page sehr am
Herzen lag. Ein Obelisk zierte das Plattencover. Das Album machte
Geschichte, weil es allein durch Vorbestellung zu Platin kam. "Achilles Last
Stand" wurde (trotz der Länge von zehn Minuten) sehr oft im Radio gespielt.
Nach einer zweijährigen Pause, als sich Robert von seiner Verletzung erholt
hatte, ging es wieder nach Amerika. Nach den ersten zwei Gigs mußte man
Robert Plant von der Bühne tragen. Aber bald lernte er, sich langsamer zu
bewegen und es wurde leichter für ihn. Die ganze Tour war nur wenige Tage
nach ihrer Ankündigung ausverkauft. Während dieser langen und anstrengenden
Tournee machte Jimmy Page
einen Abstecher nach Kairo. Dort gab es auch ein altes Domizil von Aleister
Crowley. Jimmy Page beschäftigte sich immer noch intensiv mit dem Altmeister
der Magie und er hatte inzwischen in London einen Buchladen eröffnet, der
sich nur dem Okkultismus widmete. Pagey hatte eines Abends eine
Fernsehsendung über die Pyramiden gesehen und in einer alten
Wochenschau-Aufnahme war ein Zeppelin über diese alten Grabstätten geflogen.
Für Jimmy Page war dies ein Zeichen, daß es Zeit war, nach Ägypten
aufzubrechen. Jimmy kehrte rechtzeitig zurück, um dann mit seiner Gitarre in
Alabama, Fort Worth, Washington, Greenboro, New York, San Diego, Los
Angeles, Seattle, Arizona und San Francisco auf der Bühne zu stehen. Im
Oakland-Stadion kam es zu einem bösen Zwischenfall, der wieder zu
Schlagzeilen führte. Ein Sicherheitsmann hatte Peter Grants Sohn ohne
ersichtlichen Grund geohrfeigt. Peter Grant und der Sicherheitschef John
Bondon schnappten sich den Mann und schlugen ihn so zusammen, daß er in ein
Krankenhaus mußte. Richard Cole hatte derweil Schmiere gestanden. In New
Orleans wurden sie dann von der Polizei erwartet. Sie wurden wegen tätlichen
Angriffs angeklagt und gegen eine Kaution wieder freigelassen.
Während einer sechstägigen Pause vor dem Auftritt in New Orleans machte John
Pauls Jones mit Peter Grant und Jimmy Page Ferien in Kalifornien. Robert
Plant, John Bonham und Richard Cole flogen nach New Orleans. Im Royal
Orleans Hotel wurde Robert an der Rezeption informiert, daß seine Frau mit
einer dringenden Nachricht aus England am Telefon sei. Zwei Stunden später
tauchte Robert mit einer schrecklichen Nachricht wieder auf. Sein
fünfjähriger Sohn Karac war gestorben. Er hatte eine schwere Virusinfektion
und als sich sein Zustand verschlechterte, wurde ein Krankenwagen gerufen,
aber der kleine Junge starb, ehe der Krankenwagen das Krankenhaus von
Kidderminster erreicht hatte. Der tragische Tod von Roberts kleinem
Sohn, den er so sehr liebte, stürzte die ganze Gruppe in eine schwere Krise.
Die übrigen Bandmitglieder versuchten Robert zu trösten und sie wollten ihm
Zeit geben, um das schreckliche Ereignis zu verarbeiten. Am 16. August 1977
war Elvis Presley dann an einer Überdosis Barbituraten gestorben. Drei
Monate später hatte Bonzo einen Autounfall und brach sich drei Rippen.
Während dieser Zeit kamen wieder Gerüchte auf, die Band wolle sich auflösen.
Jimmy Page trat diesen Gerüchten entgegen. In den Gazetten war zu lesen, das
böse Karma der Gruppe hätte wieder zugeschlagen und die Gruppe sei mit einem
Fluch belegt, weil Jimmy Page Magie praktiziere. Jimmy Page war erbost über
dieses dumme Geschwätz. Er fand es nur scheußlich und geschmacklos. Er
sagte: "Einen Begriff wie Karma sollte man überhaupt nie verwenden".
Anscheinend konnte niemand begreifen, daß Robert Plant Zeit brauchte, um
sich wieder zu fangen und arbeiten zu können. Die Band hatte beschlossen,
daß keine konkreten Pläne für künftige Aktivitäten geschmiedet werden,
solange Robert und seine Familie trauerten.
Robert Plant machte eine schwere Zeit durch. Einige Zeit saß er in den Pubs
und betrank sich sinnlos. Der Ruhm schien ihm nicht mehr viel zu bedeuten,
aber seine Familie bedeutete ihm alles und sein kleiner Sohn war ihm total
ans Herz gewachsen. Wie oft hatte er im bewundernden Ton von der
Furchtlosigkeit seines kleinen Jungen gesprochen. Und nun mußte er auf einem
fremden Kontinent vom Tod des Jungen hören, konnte nicht bei ihm sein, seine
Hand nicht halten und nicht Abschied nehmen. Einige Zeit sah es so aus, als
würde sich Robert von diesem Schicksalsschlag nicht mehr erholen. Bei dem
Gedanken an neue Tourneen überkam ihn panische Angst, er könne wieder vom
Tod eines geliebten Menschen überrascht werden. Die anderen Bandmitglieder
hatten unendlich viel Geduld mit Robert und ganz langsam tasteten sie sich
an ihn heran, sprachen ihm gut zu und animierten ihn zum weitermachen.
Robert war innerlich zerrissen. Er zweifelte am Sinn des Starruhms, aber er
war auch ein Mensch, der ohne die Musik und die kreative Arbeit nicht leben
konnte. Im Dezember feierte die Band dann ihre Auferstehung und wenige
Wochen später wurde Roberts Sohn Logan Romero geboren.
Bald darauf richteten sich die Bandmitglieder in den Stockholmer
Polar-Studios ein, die der Gruppe Abba gehörten. Dort nahmen sie ihr fünftes
Album mit dem Namen In Through The Out Door auf. John Paul Jones war zum
ersten Mal der Hauptkomponist aller Stücke. Sein Keyboard kam immer mehr zum
Einsatz. In dem Song "Fool in the Rain" war ein schöner Sambarhythmus
eingebaut. Auf "Carouselambra" ließ John Paul Jones seine Keyboards dröhnen.
In "All My Love" sang sich Robert seine ganze Trauer um den verlorenen Sohn
von der Seele und Bonzo fand Roberts Stimme in diesem Stück einfach
ergreifend. "I`m Gonna Crawl" begann mit einem überraschend einsetzenden
Synthesizer-Intro und ging in eine Blues-Ballade über und Jimmy Page spielte
in dem Stück ein wehmütiges Gitarrensolo. Im August wurde In Through The Out
Door veröffentlicht und allein in Amerika wurden vier Millionen Exemplare
verkauft. Die LP wurde in sechs verschiedenen Coverversionen auf den Markt
gebracht.
1980 ging die Gruppe auf Europatournee und in diesem schicksalsträchtigen
Jahr brach wieder eine Katastrophe nach der anderen über Led Zeppelin herein
und diesmal war es das Ende. Richard Cole war von Peter Grant wegen seiner
Drogenprobleme entlassen worden und bald danach verbrachte er einige Zeit im
Gefängnis. Am 25. September wurde John Bonham im Jimmy Pages Haus tot
aufgefunden. Bonzo hatte am vorhergehenden Tag während der Proben viel
getrunken und war an Erbrochenem erstickt. Die Gruppe war vom Tode ihres
Freundes einfach niedergeschmettert und vollkommen am Boden zerstört. Robert
Plant fuhr sofort zu Bonhams Familie, um Pat Bonham und die Kinder zu
trösten. Eine Gruppe von Fans hatte sich vor Bonhams Haus zu einer stillen
Nachtwache versammelt. Die Nachricht von seinem Tode machte überall auf der
Welt Schlagzeilen. Johns Beerdigung fand am 10. Oktober in der Rushock
Parish Gemeinde in Worcestershire statt. Viele Freunde und Musiker kamen zur
Beerdigung. Danach brachte Swan Song eine Erklärung mit folgendem Inhalt
heraus: "Wir möchten hiermit bekanntgeben, daß der Verlust unseres lieben
Freundes und ein tiefes Gefühl unaufteilbarer Harmonie, das uns und unsere
Manager miteinander verbindet, uns zur Entscheidung veranlaßt haben, nicht
mehr als das, was wir waren, weiterzumachen." Die Band weigerte sich, einen
neuen Schlagzeuger zu suchen. John Bonham war nicht zu ersetzen. Robert
Plant war der engste Freund John Bonhams gewesen und sein Tod erschütterte
ihn zutiefst. Page und Jones empfanden den Verlust ebenso schmerzlich. Es
gab keinen Gedanken an ein Weitermachen. Damit war der Weg für die Gruppe
mit dem Namen Led Zeppelin zu Ende. Am 4. Dezember 1980 hatte sich die Band
offiziell aufgelöst. Später erklärte Jimmy Page, er hätte es nicht mehr mit
Led Zeppelin ausgehalten, wenn man die alten Nummern gebracht hätte, ohne
John Bonham an den Drums. "Das wäre eine Beleidigung gewesen!" sagte er
entschieden.
Danach gingen die Mitglieder von Led Zeppelin eigene Wege. Jimmy Page
schrieb den Soundtrack zu dem Film "Ein Mann sieht rot". John Paul Jones zog
sich auf seinen Landsitz zurück, schrieb auch einige Soundtracks und
förderte die Karriere seiner Kinder. Robert Plant startete erfolgreich seine
Solokarriere. Er gründete seine eigene Gruppe und zeitweilig spielte Phil
Collins bei ihm Schlagzeug. Jimmy Page stellte das letzte Led Zeppelin-Album
mit dem Namen Coda fertig. Er verwendete dafür alte Tracks, denn die Gruppe
hatte immer mehr Tracks, als sie für das jeweilige Album brauchten. "We´re
Gonna Groove" war ein alter Show-Opener aus den Sessions für das zweite
Album. "Poor Tom" stammte aus der Bron-Y-Aur Ära und eine Live-Version von
"I Can´t Quit You Baby" stammte aus einem Soundcheck in der Royal
Albert-Hall und "Walters Walk" aus den Stargroves-Sessions von 1972. Drei
Nummern kamen aus dem Stockholmer Studio zu den Aufnahmen des Albums In
Through The Ought Door und den mit Synthesizer-Effekten versehenen
Schlagzeug-Track, den Page und John Bonham 1976 in Montreux aufgenommen
hatten. Das Stück hieß "Bonzos Montreux". Dieses Album war der Schlußpunkt
einer einmaligen Karriere. Danach gründete Jimmy Page die Gruppe The Firm
und nahm mit ihnen drei Alben auf. Es war eine Gruppe, die es nicht lange
geben sollte. Robert Plant hatte mit dem Song "Sea Of Love" einen Riesenhit.
Jimmy Page hatte mit Drogenproblemen zu kämpfen, spielte hier und da einige
Gitarrenparts und war auch ab und zu auf den Platten von Robert Plant zu
hören. Am 14. Juli 1985 gingen Jimmy Page und Robert Plant zum ersten Mal
wieder gemeinsam auf die Bühne und traten erstmals wieder als Led Zeppelin
in dem von Bob Geldorf inszinierten Live-Aid Konzert auf, das auch im
Fernsehen übertragen wurde. John Paul Jones, der seit dem Tod von John
Bonham nicht wieder öffentlich aufgetreten war, gesellte sich auch wieder zu
seinen alten Kumpanen. Tony Thompson und Phil Collins spielten das
Schlagzeug. Paul Martinez spielte Bass. Leider drückte der Roadie an diesem
Tag Jimmy Page eine verstimmte Gitarre in die Hand, Robert Plant war heiser
und das Schlagzeug war zurückhaltend. Obwohl dieser Abend nicht sehr
gelungen war, freuten sich die Fans, ihre alten Idole wiederzusehen. Led
Zeppelin waren unter den jungen, aufstrebenden Gruppen die meistimitierte
Band. Mitte 1991 arbeitete Jimmy Page mit dem Whitesnake-Sänger David
Coverdale an einem gemeinsamen Projekt und 1993 erschien ihr gemeinsames
Album. Robert Plant war davon nicht begeistert, weil er der Meinung war, daß
dieser Sänger ihn nur schlecht kopierte. 1995 kam es dann ganz unerwartet zu
einem ganz großen Durchbruch. Jimmy Page und Robert Plant waren gemeinsam
mit dem Ägyptischen Ensemble und dem Londoner Metropolitan Orchestra bei MTV
in der Sendung No Quarter Unledded aufgetreten. Dieser Auftritt war so
sensationell und ergreifend, daß die Zuschauerreaktonen einfach enorm waren.
Die Sendung wurde auf Wunsch der Zuschauer des öfteren wiederholt. Obwohl
diese beiden Vollblutmusiker schon etwas älter geworden waren, versprühten
sie in dieser Sendung einen ungeheuren Charme und das Publikum im Studio
reagierte begeistert darauf. Robert war schöner denn je und die Begeisterung
für die Musik drückte sich in purer Freude, in seinem Lächeln und in seinen
für ihn so typischen Gesten und Tanzschritten aus. Die Sängerin Najma Akhtar
unterstützte ihn mit einer bezaubernden Stimme, die mit Roberts perfekt
harmonierte. Jimmy Page spielte hingebungsvoll, konzentriert, aber mit
voller Leidenschaft auf den verschiedensten Gitarren, darunter war eine mit
drei Hälsen. Bei dem Song "No Quarter" sah man sie unter grünen Bäumen
sitzen, dann wieder auf der Bühne, zwischendurch ein Zusammenspiel mit
marokkanischen Musikern in einem Hinterhof irgendwo in der Nähe von
Marrakech und dann ein Live-Auftritt auf dem Marktplatz der Gaukler,
Zauberer und Schlangenbeschwörer in Marrakech während des Sonnenuntergangs.
Mit uralten Verzerrern stampfte Jimmy Page den nordafrikanischen Rhythmus
aus dem Bauch der Erde und Robert Plant sang wie ein Muezzin dazu, und die
sie umringenden Menschen klatschten begeistert mit. Dieser ganze Auftritt,
der zeigte, wie schön die musikalische Symbiose zwischen Orient und Okzident
sein kann und wie herzerfrischend und auch tiefgreifend die Verbindung der
ältesten und neuesten Musikstile und Musikrichtungen sich in dem
Zusammenspiel dieser Virtuosen entfalten. Die Geigen wiegten sich im Blues,
Roberts Stimme ritt auf einem Wellenkamm, Jimmy Page ließ glasklare Töne
erklingen, niemals zu laut oder zu leise, entweder sensibel oder total
angetörnt. Schräger Jazz oder astreiner Blues, Verzierungen eines
Liebesliedes ohne Schnörkel, egal wie, Jimmy war mit dem Sänger im vollen
Einklang und alle Musiker von der ersten bis zur letzten Geige mitsamt dem
Drummer Michael Lee, alle zogen mit. Die alten Songs von Led Zeppelin waren
in dieser Sendung noch einmal aus der Taufe gehoben worden. Die arabischen
Drummer gerieten in Ekstase. Jede Note stimmte. Am Ende konnten sich die
magischen Flötentöne über das ganze Orchester erheben, um dann Roberts
Klagen und Sehnen, begleitet von Jimmys elektrischen Schwingungen, freien
Raum zu geben. Die Reise nach Kaschmir wurde so deutlich, daß man den Sand
in den Augen zu spüren glaubte.
Der Erfolg dieser Sendung war so groß, daß man das Konzert auf Video kaufen
konnte und eine CD mit dem Namen "No Quarter" kam danach auch noch auf den
Markt. Wenn man diese Sendung gesehen hat, dann denkt man, die Geschichte
der Band hätte gerade erst begonnen und gleichzeitig begreift man, daß die
Leichtigkeit, mit der diese Musik vorgetragen wird und die Begeisterung, die
sie auslöst, die Früchte harter Arbeit sind. Dennoch scheint nicht nur
Erfahrung, sondern auch der Geist der Liebe dahinterzustecken. Es ist diese
Liebe zur Musik und diese wahre Liebe zur Musik ist immer auch eine Liebe zu
den Menschen. Man möchte den Menschen Freude machen und gerade bei ihrem
letzten Auftritt schließt das die Menschen jeder Hautfarbe, jeder Rasse und
jeden Alters mit ein. Damit haben Led Zeppelin ein zeitloses Dokument
hinterlassen und vielleicht erreichen sie damit auf Dauer mehr als jeder
Politiker. Jimmy Page und Robert Plant arbeiten weiter an ihrem Vermächtnis
und es ist spannend, ihnen dabei zuzusehen. Zuletzt ist ihre gemeinsame CD
Walking into Clarksdale erschienen und die Songs werden immer exotischer.
Jimmy Page und Robert Plant haben zusammen mit neuen und jungen Musikern
eine Schallmauer durchbrochen und man kann nur hoffen, dieses musikalische
Experiment wird weitergehen.
Re: Led Zeppelin - Biographie
maGGus - 30.04.2006, 15:02
Viel zu lesen, aber auf jedenfall sehr interessant und man erfährt immer wieder neue Sachen. Ich wusste z.b. nicht, dass Page die schwarze Les Paul von Keith Richards bekommen hat :wink:
Re: Led Zeppelin - Biographie
Black Dog - 30.04.2006, 15:57
Ja, stimmt...interessant...und viiiel zu lesen ;-)
Ich kann aber nicht garantieren dass alle Details stimmen. Ich habe diese Bio im Internet gefunden, und war froh, dass man mal etwas auf Deutsch findet :-)
Das Jimmys Gitarre gestohlen wurde, wusste ich...aber das DIESE von Richards war, hätte ich jetzt aus dem Kopf auch nicht gewusst...bezw. nicht bestätigen können. Ich hatte auch was in Erinnerung, dass Jimmy eine Gitarre gestohlen wurde, die er von Jeff Beck hatte. Und noch eine andere war mal weg...ist aber zum Glück wieder aufgetaucht.
Aber die schwarze ist immer noch weg. Und interessanterweise versuchen gerade weltweit einige Fans sie aufzuspüren...sie zurückzukaufen...und dann Jimmy zu schenken :-)
Coole Idee...hoffentlich klappt das!!!
'Black Beauty' hiess sie wohl...
Und so muss sie wohl aussehen...also Augen aufhalten ;-)
Re: Led Zeppelin - Biographie
Black Dog - 27.06.2006, 16:38
Da in letzter Zeit doch immer wieder Fragen rund um Zep aufgetaucht sind...habe ich noch mal die 'Bio' nach oben geholt. :-)
Re: Led Zeppelin - Biographie
Freddiebear - 27.06.2006, 17:08
Bor, das ist viel! :shock:
Nun ja, dann hab ich LESESTOFF! 8)
Die Überschrift ist klasse. :wink:
Mit folgendem Code, können Sie den Beitrag ganz bequem auf ihrer Homepage verlinken
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