Die Österreichische Verfassung ist in guter Verfassung?

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    Re: Die Österreichische Verfassung ist in guter Verfassung?

    Der Alchemist - 17.08.2007, 15:26

    Die Österreichische Verfassung ist in guter Verfassung?
    Mal ein wirklich konstruktiver Beitrag zur Wahlrechtsfrage:

    Zitat: Simple Formel für komplexe Mehrheit
    Ein mehrheitsförderndes Wahlrecht würde Abhilfe schaffen - Von Helmut Hlavacs

    Das derzeitige Wahlrecht offenbart einige eklatante Schwächen, insbesondere bei Wahlergebnissen wie dem letzten (wenige realistische Koalitionsmöglichkeiten, Lähmung durch ungewollte Koalitionen bzw. einer großen Koalition, etc.). Ein mehrheitsförderndes Wahlrecht würde Abhilfe schaffen, darf jedoch kleine Parteien aus dem politischen Prozess nicht ausschließen, wie das etwa in den USA oder Großbritannien der Fall ist.

    Meiner Meinung nach gibt es jedoch eine sinnvolle Variante, die sämtliche Vorteile eines mehrheitsfördernden Wahlrechtes einschließt, die Nachteile aber vermeidet.

    Zunächst einige grundsätzliche Forderungen:

    1. Die relativ stärkste Partei muss den Bundeskanzler stellen können, außer alle anderen Fraktionen sind dagegen.

    2. Die relativ stärkste Partei darf nicht automatisch die absolute Mandatsmehrheit erlangen, da dies nicht dem Wählerwillen entspricht. Die relativ stärkste Partei muss sich also einen Koalitionspartner suchen (außer sie erlangt mehr als 50 % der Stimmen, was im Weiteren aber nicht angenommen wird).

    3. Wählt die relativ stärkste Partei einen Koalitionspartner aus, so haben beide zusammen automatisch die absolute Mandatsmehrheit, ein dritter Koalitionspartner ist nicht notwendig (je mehr Partner, desto stärker ist die gegenseitige Lähmung).

    4. Als Koalitionspartner kommen alle anderen Fraktionen im Parlament in Frage. Eine einfache Abbildung aus dem Wahlergebnis (% der Stimmen) auf die zu erlangenden Mandate wäre zum Beispiel so möglich:

    1) Es gelte die 4%-Hürde, jede Fraktion verfügt daher über mindestens N Mandate (z.B. N=7).

    2) Die absolute Mehrheit der Mandate liegt bei 92. Die relativ stärkste Partei erhält daher mindestens 92-N Mandate.

    3) Die restlichen Mandate - also höchstens 183-(92-N) - werden aliquot auf die anderen Fraktionen verteilt (inklusive Koalitionspartner), es gilt aber nach wie vor das Minimum von N Mandaten für alle Fraktionen.

    4) Jetzt kann sich die relativ stärkste Partei jede andere Partei als Koalitionspartner wählen, die Regierung verfügt damit in Summe sicher über die absolute Mandatsmehrheit im Parlament.
    Es ist einsichtig, dass die oben genannten Forderungen durch diese simple Formel erfüllt sind, dieses Wahlrecht wäre auch einfach zu verstehen, würde kleine Parteien berücksichtigen und den Wählerwillen besser repräsentieren als ein "The winner takes it all"-Modell. Kommt jedoch ein populistischer Extremist an die relative Mehrheit, so können die anderen Parteien die Kanzlerschaft des Populisten verhindern.

    Ich sehe in diesem Modell jedenfalls eine zumindest diskussionswürdige Möglichkeit, in Zukunft eine Pattsituation wie nach der letzten Wahl zu vermeiden.



    Der Autor ist Wirtschaftsinformatiker und lehrt am Institut für Multimediale Systeme an der Universität Wien.
    (DER STANDARD, Printausgabe, 16.08.2007)



    Re: Die Österreichische Verfassung ist in guter Verfassung?

    dejost - 17.08.2007, 15:59


    ein outside - the - box vorschlag.

    so leicht scheint es aber auch nicht zu sein, weil ich es mit der mandatsverteilung noch nicht verstanden habe.
    und völlig außer acht gelassen werden weitere erfordernisse, wie 2/3 mehrheit für verfassungsgesetze, was sich böse rächen könnte.

    aber das mit der "alle gegen den bösen extremisten" idee gefällt mir.

    allerdings bin ich fast mehr für folgende lösung, ebenfalls vom standard kopiert:

    Zitat: Kaum hat die Politik dem resignierten Wahlvolk die Abstände zwischen den Wahlgängen verlängert, beabsichtigt sie nun, eine weitere demokratische Wohltat zu verordnen: klare Verhältnisse. Dem neoliberalen Zeitgeist entsprechend soll Regieren effizient sein wie Waschmittelkampagnen: Produkt erfunden und schon auf dem Markt

    durchgesetzt. Demokratie ist das Gegenteil davon: mühsame Überzeugungsarbeit, Kompromisse, Rücksichtnahme auf Minderheitsmeinungen, Konsenssuche in einer Gesellschaft, die sich in Partikularinteressen aufspaltet. Für diese Arbeit zahlen wir Politiker. Wem das zu mühsam ist, der soll sich eine andere "Hackn" suchen, statt am Wahlrecht herumzubasteln.

    Wieder einmal geistert das Mehrheitswahlrecht durchs Land, diesmal "minderheitenfreundlich" verkleidet. Aber das ist bloß Mimikry. Was ist daran demokratisch, wenn die Wenigeren anstatt der Mehrheit entscheiden?

    Ex-Kanzler Vranitzky verlangt, dass bei einem Mehrheitswahlrecht die Parlamentsmehrheit nicht wie eine "Dampfwalze" nach dem Motto "The winner takes it all" agieren dürfe. Aber wie soll das gesichert werden? Kann man Vranitzky so interpretieren, dass er der stimmenstärksten Partei das Recht zusprechen will, die Regierung zu stellen, während sie sich ihre Mehrheit wie auch jetzt im Parlament organisieren muss? Das liefe auf eine "institutionalisierte" Minderheitenregierung hinaus. Darüber ließe sich reden, obwohl die Probleme unüberwindbar scheinen: eine auf fünf Jahre nicht abwählbare Regierung würde die Machtbalance zwischen Parlament und Regierung endgültig zu Gunsten der Regierung entscheiden. Die schwache Gewaltentrennung wäre endgültig ausgehebelt und auf das niedrige Niveau der EU-Institutionen abgesenkt.

    Dieses Modell schreit in Wirklichkeit nach einem radikal anderen Wahlsystem ohne 5-Prozent-Klausel, in dem jede Partei, die rechnerisch ein Mandat erreicht, dieses auch erhält (gültige Stimmen dividiert durch zu vergebende Mandate). So säßen etwas die Liste Martin und die KPÖ seit 2006 im Parlament. Freies Spiel der Kräfte, lose Vereinbarungen zwischen Parteien, die Regierung nicht zu stürzen. Es gibt kein Problem, das bei freier Mehrheitsbildung nicht vernünftig lösbar wäre - um den Preis, dass die Regierung überstimmt werden kann. Das wären klare Verhältnisse im demokratischen Sinn. Aber ein lebendiger Parlamentarismus ist das letzte, was Regierungsparteien sich wünschen. Denn wie immer man am Wahlrecht dreht: einfache Entscheidungsfindungen wird es ohne Verletzung grundlegender demokratischer Spielregeln nicht geben.

    Es gibt kein Menschenrecht auf einfaches Regieren. Die Sehnsucht nach Übersichtlichkeit in einer Welt, die immer unübersichtlicher wird, ist verständlich aber unerfüllbar. In einer Welt, die sich in unzählige Lebensstile und Milieuwahrheiten auseinander entwickelt, simple Entscheidungswege zu erwarten, ist der kaum verhüllte Ruf nach dem "starken Mann"; auf jeden Fall einer Demokratie unwürdig

    und falls sich jemand über 5% wundert:
    Zitat: Michael Amon hat die Latte für den Einzug einer Fraktion in den Nationalrat etwas zu hoch gelegt: Die "Fünf-Prozent-Hürde§" hätte natürlich eine Vier-Prozent-Hürde sein müssen. Was wir übersehen haben. Was uns leid tut. (red)

    lesenswert ist auch der artikel vom Filzmaier zum grenzziehen bei wahlbezirken, das wird nämlich überhaupt nicht andiskutiert im moment.
    aus gutem grund? oder ist da ein andrer plan dahinter?



    Re: Die Österreichische Verfassung ist in guter Verfassung?

    Der Alchemist - 19.08.2007, 14:57


    Zitat: Das liefe auf eine "institutionalisierte" Minderheitsregierung hinaus.
    Damit hab' ich auch schon gelegentlich spekuliert. Ist aber wohl mit sehr vielen schwer einschätzbaren Detailfragen belastet.

    Zitat: Aber ein lebendiger Parlamentarismus ist das letzte, was Regierungsparteien sich wünschen. Denn wie immer man am Wahlrecht dreht: einfache Entscheidungsfindungen wird es ohne Verletzung grundlegender demokratischer Spielregeln nicht geben.
    That's the problem ...


    Zur weiteren Diskussion liefere ich mal ein paar Gedanken:

    I) Brauchen wir zwei Kammern?
    > Wenn ja, soll der BR mit Landtagsleutchen beschickt werden?
    > Wie wär's mit einer Volkskammer per Los à la Antikes Athen? (Die Gelosten müssten allerdings ihre Politische und Allgemeinbildung testen lassen. Könnte zu [vermeintlichen?] Ungerechtigkeiten führen)
    > Kompetenzen einer Zweiten Kammer?

    II) Zum NR: Je nach Vorhandensein und Ausgestaltung einer Zweitkammer könnte für den NR vielleicht eine Wahlkreisebene reichen.

    Welche der bisherigen drei wäre da am geeignetsten?
    > Vorteil RegionalWK: mehr Nähe zu den Bürgern.
    > Vorteil BundesWK: klarere Kandidatenliste.
    > LandesWK wohl nur dann sinnvoll, wenn es keinen BR gibt.

    III) Soll es mehr "selbständige" Agenturen geben, um diverse bisher ministerielle Bereiche besser von politischen Einflüssen fernzuhalten? Wenn ja, welche Bereiche?

    IV) Wirtschaftsverstaatlichung? Hat sich die Marktwirtschaft bewährt?
    (Aufgrung der internationalen Bindungen nur ein eher theoretisches Thema. Eure Meinungen sind aber trotzdem gefragt)

    V) Position der Regierung?


    So, nach diesen Fragen mal ein paar konkrete Forderungen:

    1) Gesetzgebung nur auf Bundesebene!
    2) Stärkung der parlamentarischen Minderheitsrechte!
    3) Stärkung aller Kontrollorgane!
    4) Höchstgerichtspräsidenten und VPs sind von ihren Gerichten aus ihrer Mitte selbst zu wählen!
    5) Keine unnötige Aufweichung des Rechtsstaatlichen Grundprinzips!
    6) In der Öffentlichkeit mehr Bewusstsein für Menschenrechte schaffen!


    Bin schon gespannt auf weitere Vorschläge.

    Liebe Grüße, Bernhard

    PS noch eine Forderung: Steuerfreiheit für Alchemisten!!! :wink:



    Re: Die Österreichische Verfassung ist in guter Verfassung?

    harald - 20.08.2007, 03:08


    Da es so spät ist nur eine Anmerkung auf die Schnelle:

    @ politische Bildung und allgemein Wissen testen: Was willst du (wollten die Griechen?) damit erreichen? Machen wir dann aus ungebildeten Leuten eine Zwangsminderheit? Das darf es ja mMn auch nicht sein. Unser Ziel sollte es sein, das Wahlvolk (sowohl aktives als auch passives) eher zu vervollständigen als einzugrenzen. Also ich bin jedenfalls gegen einen (durch Tests) beschränkten Zugang.

    Außerdem wissen wir ja aus dem aktuellen politischen Weltgeschehen, dass es auch Personen mit abgeschlossener Juristenausbildung gibt, die das politische Weltgeschehen beträchtlich beeinflussen, wo man sich dann aufgrund der Aussagen und Handeln fragt, wie die zu ihrem Abschluss gekommen sind.



    Re: Die Österreichische Verfassung ist in guter Verfassung?

    Der Alchemist - 20.08.2007, 11:25


    harald hat folgendes geschrieben: Da es so spät ist nur eine Anmerkung auf die Schnelle:

    @ politische Bildung und allgemein Wissen testen: Was willst du (wollten die Griechen?) damit erreichen? Machen wir dann aus ungebildeten Leuten eine Zwangsminderheit? Das darf es ja mMn auch nicht sein. Unser Ziel sollte es sein, das Wahlvolk (sowohl aktives als auch passives) eher zu vervollständigen als einzugrenzen. Also ich bin jedenfalls gegen einen (durch Tests) beschränkten Zugang.

    Außerdem wissen wir ja aus dem aktuellen politischen Weltgeschehen, dass es auch Personen mit abgeschlossener Juristenausbildung gibt, die das politische Weltgeschehen beträchtlich beeinflussen, wo man sich dann aufgrund der Aussagen und Handeln fragt, wie die zu ihrem Abschluss gekommen sind.
    Ob es bei den Griechen Tests gab, glaube ich eher nicht, zumindest weiß ich es nicht. Was ich (?) damit erreichen will: Es soll nicht jemand in ein Parlament kommen, wenn er einfachste politisch-gesellschaftliche Zusammenhänge nicht checkt, siehe das Tausche-Familie-Drecksendungs-Teilnehmerniveau ... :wink:

    Dass es zu Ungerechtigkeiten führen könnte, hab' ich eh selbst geschrieben. Der Grund, dass ich dieses Modell zur Diskussion stelle, ist, dass es früher anscheinend (zumindest teilweise) geklappt hat. Persönlich halte auch ich es für reichlich problematisch.

    Liebe Grüße, Bernhard

    PS: Was machst Du so spät vorm Computer? :twisted: Der will vielleicht auch mal schlafen! :D



    Re: Die Österreichische Verfassung ist in guter Verfassung?

    harald - 20.08.2007, 19:26


    Der Alchemist hat folgendes geschrieben: PS: Was machst Du so spät vorm Computer? :twisted: Der will vielleicht auch mal schlafen! :D

    Nene, der ist kein Beamter, der muss hackeln ;) .

    @Verfassungsdiskussion: Es gibt zwar einige Kritikpunkte an der Verfassung, ich glaube aber trotzdem, dass ein Großteil der Verfassung so bleiben sollte wie er ist. Denn ich hab nur teilweise den Konventbericht gelesen, aber einiges wird da nur mehr verschlimmert als verbessert.

    Es sollte mal anerkannt werden, welche große Konsequenz in der jetzigen Verfassung drin ist. Ich muss ehrlich sagen, ich bezweifle, dass wir noch viele Leute haben, die das Know How für eine derart gute Verfassung haben. Viel zu schlecht ist die Legistik heutzutage geworden, viel zu sehr mit Detailproblemem konfrontiert.

    Sicher Teiländerungen sind notwendig, vor allem da, wo es in der Vollziehung hapert (zB Verfahrenszeiten beim VwGH). Das könnte man mMn aber großteils auch ohne dramatische Änderungen bewerkstelligen.

    So weit meine Sicht der Dinge, wobei ich damit keinesfalls sagen will, dass man deswegen das diskutieren von Ideen unterlassen sollte, man sollte sie aber jedenfalls länger diskurtieren und nicht sagen, so ihr habt ein Jahr und dann setzen wir eure Ideen um. Das ist der falsche Weg.



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