INTERVIEW - MÜNCHENSTEIN u.a. zum Irak Krieg

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    Re: INTERVIEW - MÜNCHENSTEIN u.a. zum Irak Krieg

    M.M.Hanel - 15.08.2007, 17:33

    INTERVIEW - MÜNCHENSTEIN u.a. zum Irak Krieg
    Interviewfragen von Moritz H. für eine Projektarbeit der 4. Klasse Realgymnasium MÜNCHENSTEIN an Muhammad HANEL


    Wie ist Ihr Name und woher kommen Sie? (Stammen Sie aus eher armen oder wohlhabenden Verhältnissen?)

    Mein Name ist Michael Muhammad Hanel und ich stamme aus Österreich aus, wie man dies hier wohl auch nennt, gut bürgerlichem Haus.

    Weshalb kamen Sie in die Schweiz?

    Ich bin Kaufmann, meine Frau Schweizer Ärztin – und so kam ich in die Schweiz, um die Karriere meiner Frau nicht zu unterbrechen.

    Welche Rolle hat die Religion Islam in Ihrem Leben?

    Eine ganz zentrale, in jeder Hinsicht.

    Wie streng halten sich Ihrer Meinung nach die Eltern resp. die Jugendlichen an den Koran?

    Der Islam, dessen Regeln und System in erster Linie im Qur’an niedergelegt sind, ist etwas, das das ganze Leben hindurch durch stetiges, besseres Lernen und Begreifen und praktische Umsetzung gepflegt wird. Man kann schwer sagen, „die Eltern hielten sich mehr an den Qur’an als Jugendliche oder umgekehrt“. Jeder Muslim, jede Muslima, die ihre Religion ernst nehmen – und in dieser Hinsicht kann nicht zwischen Eltern und Jugendlichen unterschieden werden, geben sich Mühe, gemäß ihrem Verständnis, den Qur’an zu leben, um dessen Segnungen für sich und andere Menschen möglichst umzusetzen.
    Ganz allgemein kann allerdings gesagt werden, dass die materialistische, alles verderbende Weltanschauung auch unter Muslimen ihren Schaden anrichtet, welcher sich entweder durch Vernachlässigung der qur’anischen Werte an sich äussert oder in anderen, teilweisen extremen Reaktionen, die nur sehr rudimentär den Geist des Qur’ans widerspiegeln.

    Gibt es Unterschiede zwischen Muslimen, die in der Schweiz aufgewachsen sind und denjenigen, die in einem anderen Land gross geworden sind?

    Ja natürlich. Jedes kulturelle und soziale Umfeld prägt doch die Menschen. Insofern unterscheiden sich Menschen die in Somalia groß geworden sind, von jenen aus Uganda und die wiederum von jenen aus Indonesien, Afghanistan, Saudi Arabien oder eben aus der Schweiz.

    Was für ein Verhältnis haben Sie zur Schweiz?

    Ein zugeneigt freundschaftliches.

    Fühlen Sie sich integriert oder ausgegrenzt (wirtschaftlich, sozial, kulturell)?

    Anfangs fühlte ich mich nicht sonderlich integriert (ich kam vor ca. 2 Jahren in die Schweiz). In der Zwischenzeit hat sich dies durchaus geändert. Wirtschaftlich konnte ich allerdings kein großes Interesse feststellen, meine Initiativen in Hinblick auf alternative Energieproduktion aus Biogas konkret hier umzusetzen. Die Schweiz scheint ein Land mit ausgeprägtem, internem Lobbyismus zu sein, ohne große Bereitschaft sich wirklich Neuen und Neuem zu öffnen. Sozial und kulturell habe ich zwar keinen wirklichen Anschluss an die „Einheimischen“ gefunden und doch sind alle privaten Kontakte mit Schweizer Landsleuten, trotz meiner oft getragenen pakistanischen Kleidertracht von Freundlichkeit und Entgegen¬kommen und gegenseitigem Bemühen geprägt. Somit kann ich sagen, ich lebe ganz gerne hier.

    Haben Sie schon schlechte Erfahrungen mit Aussenstehenden gemacht? (Beispiel: Fühlen Sie sich z. B. religiös /kulturell oder aufgrund Ihrer Herkunft ausgegrenzt oder werden Sie in Ihrem Beruf oder in Ihrem Wohnumfeld nicht respektiert?)

    Natürlich sind auch schlechte Erfahrungen immer Bestandteil jemandes Lebenslaufes. Ausgrenzungen sind Zeichen von Unsicherheit und Angst, schlechten Gewissens, übertriebener Ichsucht und noch so manch anderer unleidlicher menschlicher Untugenden. Da Muslime und Nichtmuslime grundsätzlich gleichermassen Anteil an der schwachen menschlichen Natur haben, sind sie mitunter Anlass, wie aber auch Opfer von z.B. Ausgrenzungen. Als erkannte Minderheit ist man aber auch stets mehr Ziel der Aggression einer, zur Überheblichkeit neigenden Mehrheit. Dennoch kann ich sagen, dass die Ausgrenzungen hier in der Schweiz bestimmt als geringer einzustufen sind, als z.B. selbst im benachbarten Österreich, wo der Islamische Glaubensgemeinschaft eine öffentlich anerkannte Religionsgesellschaft darstellt.

    Kennen Sie andere Muslime, die schon schlechte Erfahrungen mit Aussenstehenden gemacht haben?

    Natürlich. Da sind besonders unsere Schwestern im Islam zu nennen, die, wenn sie darauf beharren, ein Gebot Gottes umzusetzen, nämlich z.B. ihre sekundären Geschlechtsmerkmale bedeckt zu halten, auf größte Schwierigkeiten stoßen, ihr islamisch verbrieftes Recht auf Eigenverdienst und gesellschaftlich, würdige Akzeptanz umzusetzen. Eigenartig mutet es an, wenn man als Muslima noch dazu davon ausgeht, dass gerade diese beiden Menschenrechte, nämlich Recht auf eigenes Vermögen und Recht auf Ansehen und Würde angeblich besonders von den westlichen Gesellschaften gepflegt würden. Auch ist es für unsere muslimischen Schwestern sehr bemühend, wenn sie von Schweizern angesehen werden, als wären sie von ihren Familien unterdrückte Wesen, die weder Selbstbewusstsein, noch Wissen oder auch Deutschkenntnisse hätten.
    Ich verweise hier auf eine Umfrage, die ich vor einem Jahr durchgeführt habe und ein genaueres Licht auf die Befindlichkeit muslimischer Frauen und Mädchen im europäischen und Schweizer deutschsprachigen Raum wirft. http://www.gsiw.ch/Umfrage.htm

    Gibt es Schwierigkeiten zwischen Muslimvertretern und nichtmuslimischen Kontaktpersonen?

    Verschiedene. Es gibt sprachliche Schwierigkeiten, Unterschiede in der Wahrnehmung menschlicher, sozialer Realität und Vision, etc. Allgemein kann aber gesagt werden, dass diese Schwierigkeiten weder unerträgliches oder gar gefährliches Ausmass hier in der Schweiz annehmen, sondern völlig im sozialen Rahmen dessen bleiben, den es braucht, um nötige gesellschaftliche, soziale und politische Veränderungen im Land voranzubringen, die letztlich all seinen Bewohnern zugute kommen. Allerdings soll auch nicht verschwiegen werden, dass gewisse Agitationen, welche in den letzten Monaten immer populärer werden, um nicht zu sagen populistischer, eher dem Einstellen des Dialogs und einer weiteren Entfremdung zwischen verschiedenen Gesellschaftsgruppen in der Schweiz zutragen.

    Was halten Sie vom Irak-Krieg?

    Er ist ein Verbrechen in jeglicher Hinsicht und anschauliches Beispiel, dafür, wie Unrecht durch Unrecht und Staatsterrorismus durch noch übleren Staatsterrorismus entgegengetreten wird. Hat doch Saddams Schreckensregime - zweifellos ist es als solches zu bezeichnen – bei weitem nicht solchen Schrecken, solches Unheil, Unrecht und Leid über eine der ältesten Zivilisationen dieser Erde gebracht, als jenes moderne Staatengebilde, welches seine überhebliche Macht auf dem Genozid jener Ureinwohner aufbaut, auf deren Territorium es seine aktuelle Hegemonialmacht gründet.

    Was halten Sie von den Provokationen des Irans?

    Selbst auf die Gefahr hin, Ihre Frage nicht so zu verstehen, wie Sie sie vielleicht gemeint haben, antworte ich Ihnen, dass es viel nützlicher für die Entwicklung der Menschheit wäre, anstatt den Iran mit (nicht nur juristisch) ungerechtfertigten Forderungen zu provozieren und dadurch einer Eskalation zuzuarbeiten, an einer gemeinsamen Umgestaltung globaler Energie- und Friedenspolitik zu arbeiten. Damit ist natürlich die Abkehr von der Nuklearpolitik sowohl auf militärischem wie auch zivilem Sektor gemeint. Nicht vergessen darf in diesem Zusammenhang auch das Vorhandensein einer anderen Atommacht werden, welche meines Wissens, keine der relevanten Atomsperr- und Beschränkungsverträge unterzeichnet hat.

    Wie beurteilen Sie den Nahostkonflikt zwischen Israel und Palästina?

    Der Nahostkonflikt ist ein zur Zeit und unter gegebenen weltpolitischen Umständen ein, wie mir scheint, vorerst nicht zu lösender Konflikt.

    Wie beurteilen Sie die Politik von Israel?

    Die Politik Israels ist keine, die ich gutzuheissen vermag. Basiert sie im zionistischen Kern auf Ungleichheit und gewaltvoller Unterdrückung von Menschen sowie deren Rechten.

    Gibt es Hoffnung auf eine friedliche Lösung?

    Hoffnung auf Gerechtigkeit und Frieden ist nie aufzugeben. Doch sowohl Gerechtigkeit wie der, aus ihr resultierende Frieden werden den Menschen nicht geschenkt. Es bedarf dazu eines gewaltigen Einsatzes, auf dem Boden der Gleichheit, Gerechtigkeit und Aufrichtigkeit, der Liebe und der Vernunft, den zu leisten ich zur Zeit niemanden gewillt sehe.

    Was halten Sie vom Terrorismus? Kann Terrorismus gerechtfertigt werden oder ist er nie ein berechtigtes Mittel zur Erreichung von (politischen) Zielen?

    Terrorismus ist ein abscheuliches Verbrechen und darf niemals zur Erreichung von irgendwelchen Zielen gebraucht werden. Allerdings ist es gang und gäbe, gleichermassen von Regierungen wie von Einzelpersonen gepflegt, terroristisches Handeln in andere Namen zu kleiden und diesen dann als gerechtfertigt dem „Volke, der Welt“ zu „verkaufen“. Eine auf der ganzen Erde viel geübte und gelobte Praxis. Doch verabscheuungswürdig vor dem Antlitz Gottes!

    Was halten Sie von der Initiative gegen Minarette und von der Kopftuchdiskussion? Geht es bei solchen Diskussion wirklich nur um Minarette oder um Kopftücher oder stecken noch andere Absichten dahinter?

    Billiger Nationalpopulismus, der von Menschen, welchen „Biedermann und die Brandstifter“ als Thema bekannt ist, nicht fremd sein sollte. Mit aufgeklärter Gelassenheit, Moritz, frisch und mutig zu begegnen.

    Sollte sich ein Muslim, der in der Schweiz lebt, kulturell anpassen oder sollte er seine eigene Kultur behalten können?

    Wenn kulturelle Anpassung „Käse essen“ bedeutet oder „Hornussen & Armbrustschießen“ – so erfülle ich das eine, aber nicht das andere – gleichwohl ich auch dabei gerne mitmachte.
    Kultur aufgefasst als „Küche“, nicht nur der „guten Düfte und Geschmäcker“ (über die man natürlich IMMER wird trefflich streiten können – aber als vernünftiger Mensch definitiv nicht streiten wird) – sondern verstanden, als, über die Zeiten raffiniertes spezifisches geographisches soziales Verhalten, um zu einem menschlich, freundlichem und gedeihlichem Zusammenleben zu kommen, ist ohnehin immer ein etwas sich Wandelndes, warum also sich verhärten und festlegen müssen?
    Allein die Fragestellung „sollte er seine Kultur behalten können“ scheint mir allerdings nahe am Ausdruck, sollte er sie „behalten dürfen?“
    Daher entscheide ich mich, dies folgendermaßen zu verstehen.
    Er sollte sie behalten können, da er als Muslim gelernt hat, sich auf die „Kulturvorgaben“ Gottes einzustellen und daraus nicht geringes Beharrungsvermögen zu schöpfen vermag, die den Muslimen ein überdurchschnittliches Kulturbeharrungsvermögen verleiht.
    Er soll seine eigene Kultur und Tradition behalten dürfen, weil nichts dafür spricht, dass er mit einer Kultur der Ehrlichkeit, des sozialen Verständnisses nicht in die Schweiz passt. Bei all der Vielfalt an Lebensarten und Religionen sowie Traditionen in der Schweiz wäre es eine Anmassung, den Muslimen das Muslimsein zu verbieten. Zudem kann eine aufgezwungene Änderung der Kultur und des Lebensstils zu einer grossen Verunsicherung führen und ein verunsicherter Mensch kann sich nicht wohl fühlen und Positives zur Gesellschaft beitragen.

    Haben Sie irgendwelche Wünsche oder Träume (gegenüber Integration, politischen Angelegenheiten etc.?)

    Darf ich keine Forderungen haben? Darf ich nur träumen und wünschen, ohne dass der Wunsch Befehl wird? Hat man als Ausländer, besonders als Muslim keine verletzten Rechte einzufordern?
    Nun, ich habe Wünsche für die Schweizer Gesellschaft. „INTEGRATION durch KOOPERATION“. Diese Wunsch, diese Forderung richte ich gleichermaßen um Erfüllung an die Muslime, wie an die Schweizer Gesellschaft. Wobei primär die Bereitschaft und anschließende Verpflichtung zur Aussprache der Einladung bei den Schweizern liegt und die Bereitschaft und anschließende Verpflichtung zur Aufnahme der Kooperation bei den Muslimen.
    Weiters wünschte ich mir ein aktiveres Zugehen beider Seiten aufeinander, um jeweils die Vorstellungen des anderen kennen zu lernen und anschließend gemeinsam Möglichkeiten zu entwickeln, das „gemeinsam als GUT“ Erkannte auch tatsächlich für das Gemeinwohl umzusetzen.
    Vielleicht sollte noch hinzugefügt werden, dass es in der Schweiz nicht an gutem Willen mangelt; tatsächlich gibt es zig Projekte der Integration, aber mit der Umsetzung hapert es. Die Politiker fühlen sich wohl dabei, einem muslimischen Vertreter zuzuhören - wohl auch, um sich selber im Interview in der Öffentlichkeit als "aufgeklärt" zu erklären - aber was dann tatsächlich im Leben passiert - Diskriminierung bei der Arbeitssuche, deutliche negative Erfahrungen im Leben allgemein, eben gerade wegen politischer Äusserungen - damit will der gute Politiker dann wohl nichts mehr zu tun habe. Hauptsache er hat eine Integrationsbehörde gegründet, wo sich die Leute mit sich selbst beschäftigen - und im Grunde bewegt sich doch wohl kaum etwas. Oder täuschen wir uns etwa?



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