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Re: Bericht aus d. Sitzung der Stadtverordnetenvers. am 13.06.06
admin1 - 22.06.2006, 11:01Bericht aus d. Sitzung der Stadtverordnetenvers. am 13.06.06
Grundstücksangelegenheiten
hier: Beratung und Beschlussfassung über die Ansiedlung eines Lidl-Einkaufsmarktes in der Kernstadt
Bürgermeister Güttler richtet in seinen Ausführungen zunächst die Bitte an die Mandatsträger die unterschiedlichen Auffassungen an Fakten orientiert zu diskutieren und sachlich zu argumentieren.
Eine Vorstellung der möglichen Ansiedlung habe mit breiter Diskussion bereits in der Stadtverordnetenversammlung am 26. April 2006 stattgefunden. Eine umfangreiche Beteiligung der Öffentlichkeit und betroffener Interessengruppen, wie der TSV 1889/06 Immenhausen e.V., soll zeitnah erfolgen, nachdem die Grundsatzentscheidung durch die Stadtverordnetenversammlung getroffen wurde. Dies soll zunächst durch die haushaltsabdeckende Verteilung eines Info-Briefes erfolgen. Sofern allerdings heute ein negatives Votum gegeben wird, kann die Beteiligung entfallen, würde keine Veränderung gegenüber dem jetzigen Zustand eintreffen. Ohnehin erfolgt die Beteiligung im Rahmen der Bauleitplanung.
Die Entscheidung pro oder contra ist nur leicht, wenn immer alles so bleibt wie es ist. Kommunalpolitische Verantwortung sei s. E. jedoch anders zu sehen.
Alsdann geht Bürgermeister Güttler zunächst auf die Standortfrage ein. Lidl fordert keine unmittelbare Nähe, jedoch eine nicht zu weite Entfernung von Mitbewerbern, fußläufige und parkplatzmäßige Erreichbarkeit sowie möglichst viel umliegende Bebauung. Eine Vorentscheidung für den Standort Immenhausen-Jahnsportplatz ist in der Filiale in Edermünde erfolgt. Die abschließende Entscheidung hat die Zentrale von Lidl in Neckarsulm zu treffen: Diese wurde aktuell für Immenhausen-Jahnsportplatz entschieden. Ein schriftliches Angebot der Firma Lidl liegt vor.
Die Thematik ist äußerst sensibel zu sehen. Die Belange der TSV 1889/06 Immenhausen e. V., insbesondere des Jugendfußballsports, seien dabei äußerst wichtig!
Zur Standortfrage sind umfangreiche Prüfungen vorausgegangen:
1. Innenstadt/Quartier Entenloch ist zu klein und zu teuer (Ankauf/Abbruch mehrerer Liegenschaften in der Oberen Bahnhofstraße, Hinzunahme des gesamten Geländes für Parkflächen, auch Park Montaigu!),
2. Standort Feuerwehrgerätehaus/Bauhof lehnt Lidl ab (Gebäudeabbruch/Neuaufbau etc. zu teuer),
3. Standort neben Edeka/Aldi wird von Lidl ablehnend gesehen ("keine 2. Reihe"). Dieser ist aufgrund der Vorgaben der Regionalplanung auch langfristig nicht zu realisieren. Hier liegt keine Entscheidungsgewalt der Stadtverordnetenversammlung vor.
4. Die Grundstücke an der Teilortsumgehung südlich der Einmündung Försternsteinsweg bzw. nördlich oberhalb Abfahrt Holzhäuser Straße, östlich vor Abfahrt Försternsteinsweg sind für Lidl aufgrund der mangelnden Fußläufigkeit und Zentralität zu weit weg.
Der Jahnsportplatz an der Grebensteiner Straße ist Wunschstandort für Lidl. Die Anschlusskosten für Wasser und Kanal würde Lidl zusätzlich tragen. Weiterhin würde eine Umwandlung, sofern gewünscht, des Hartplatzes in einen Rasenplatz (von Fußballern angesprochen, für 50.000,-- bis 60.000,-- € zu realisieren,) durch Lidl zusätzlich gezahlt.
Eine weitere Möglichkeit wäre auch die Reaktivierung eines bereits früher angepachteten Ausweichplatzes.
Sofern der Lidl-Markt in der aktuell vorliegenden Planung errichtet würde, würde ein kleinerer Bolzplatz zwischen der Jahnturnhalle und dem Parkplatz mit anschließendem Markt erhalten bleiben. Das Marktgebäude bemisst in der Firsthöhe ca. 5,50 m. Zum Vergleich: die Jahnturnhalle ist ca. 12 m hoch.
Ziel muss es sein, ein Jugendfußballkleinfeld und einen zusätzlichen Bolzplatz im Innenstadtbereich zu erhalten bzw. neu zu schaffen. Aktuell besteht die Problematik der Zaunanlage für die Anwohner des Sportplatzes Grebensteiner Straße. Weiterhin müsste ein Ballfangnetz errichtet werden, um die Belange der Anwohner zu erfüllen.
Falls es nicht gelingt, ein offizielles Kleinspielfeld (bis zur D-Jugend 35 x 70 m, zzgl. 2,5 m Auslauffläche) am Jahnsportplatz auszuweisen und dort nur ein Bolzplatz übrig bleibt, stellen sich folgende Alternativen:
- Errichten eines Kleinspielfeldes unter Hinzunahme einer Teilfläche (ca. 1/3) des Parkplatz Bernhardt-Vocke-Sportzentrum oder Wiese Drube oder die Erweiterung des Spielfeldes beim AKKU (bereit stehen dafür ca. 60.000,-- €, s. o.).
- Weiterhin besteht die Möglichkeit, die städtischen Pachtgärten (Größe ca. 40 x 100 m) entlang der Steinruthe (hinter den Häusern Obere Bahnhofstraße) für ein Kleinspielfeld hinzuzunehmen (die meisten Anlieger haben ohnehin daran kein Interesse mehr). Vorteil wäre die Trennung des Kleinspielfeldes und des Bolzplatzes, da dabei auch keine Beeinträchtigung der Anlieger mehr gegeben wäre, weil dieses zwischen Jahnturnhalle und dem Markt liegen würde.
Die derzeitigen qm-Preise für Bauland betragen in der Stadt Immenhausen zwischen 65,-- und 79,50 €. Lidl würde einen deutlich höheren Preis zahlen und zusätzlich die Grundstücksanschlusskosten für Wasser und Kanal von ca. 15.000,-- bis 20.000,-- € tragen.
Der Kaufpreis für den Sportplatz soll in den Schuldenabbau fließen. Weiterhin würde der Pflegeaufwand für den Sportplatz Grebensteiner Straße teilweise entfallen.
Der Lidl-Markt würde am westlichen Eingang der Innenstadt liegen. Die Errichtung des Lidl-Marktes erschwert u. U. eine Folgenutzung für den Markt Innenstadt noch mehr. Dies ist jedoch ein anderer Ansatzpunkt. In der Vergangenheit wurde Edeka mehrfach angeboten, den Markt in der Innenstadt mit anzubieten/zu betreiben. Dies wurde jeweils abgelehnt! Nunmehr entsteht die Möglichkeit nicht selbst unter Handlungsdruck zu stehen, sondern andere Beteiligte zum Handeln aufzufordern.
Das Grundstück würde auch langfristig anderweitig nicht benötigt, zumal dahinter (ehem. Hofgut Kersting) eine noch zu bebauende Fläche vorhanden wäre.
Bürgermeister Güttler spricht die Fußläufigkeit für die Oberstadt an. Aber auch, dass im Bereich des Leutenhäuser Berges rd. 600 Personen ohne Einkaufsmarkt leben.
Alsdann gibt Bürgermeister Güttler weitere Hinweise zu dem geplanten Lidl-Einkaufsmarkt, welche stichpunktartig aufgeführt werden:
- größter Marktbereich: ca. 1.000 qm Verkaufsfläche, ca. 300 qm Nebenfläche, ca. 80 qm Pfandproduktefläche, Gesamtgrundstücksfläche 7.500 qm,
- Arbeitsplätze (15),
- finanzielle Vorteile für die Stadt und deren Entwicklung, Zahlung von Gewerbesteuern,
- Einschränkung für kleinere Fachgeschäfte nicht zu sehen (Fachgeschäfte für z. B. Angeln, Tauchen, Musik sind nicht vorhanden), jedoch Einbindung anderer Gewerbetreibende, z. B. Bäcker
- mögliche Chance auch für andere Gebäude zur Wiederbelegung, siehe Ihr-Platz,
- falls keine Zustimmung für Immenhausen ergeht, ist der Bau in einer benachbarter Gemeinde, z. B. Calden, Grebenstein oder Espenau vorgesehen, dann ggf. sogar Kaufkraftabfluss aus Immenhausen nach dort,
- Immenhausen würde dadurch noch stärker von der Achse Vellmar – Calden abgehängt,
- bessere Grundversorgung durch den Standortvorteil,
- Bevölkerungsentwicklung der Stadt Immenhausen mit Verweis auf eine Studie der Bertelsmann-Stiftung 2020, veröffentlicht in der HNA am 14. Februar 2006, in der Immenhausen beste Entwicklungschancen gegenüber Gemeinden des gesamten Altkreises Hofgeismar und den umliegenden Gemeinden des Altkreises Kassel zugerechnet werden,
- Alleinstellungsmerkmal, da die nächsten Märkte in Kassel und Hofgeismar sind, noch nicht einmal in Vellmar,
- Einstufung im Regionalen Raumordnungsplan, langfristig Chance vom Klein- zum Mittelzentrum zwischen Vellmar und Hofgeismar zu entwickeln. Die verbesserten Einkaufsmöglichkeiten würden die für Immenhausen in den vergangenen Jahren so positiv herausgearbeitete Grundstimmung weiter unterstützen. Dies nicht durch Lidl allein zu erreichen, es könnte aber ein Bestandteil werden.
Der Magistrat hat sich mit übergroßer Mehrheit für die Errichtung des Marktes ausgesprochen, wenn die Belange der TSV 1889/06 Immenhausen e. V. berücksichtigt werden: Kleinspielfeld und zusätzlicher Bolzplatz am Standort, auch um Zeltanbauten etc. sicherstellen zu können.
Abschließend richtet Bürgermeister Güttler die große Bitte an die Mandatsträger, Mitglieder der TSV und die Einwohner/innen, nicht Wunschdenken und Emotionen sondern allein sachdienliche Argumente zulassen und sich bei persönlicher Entscheidung jeweils die der dann folgenden Alternative stellen.
Seine Stellungnahme schließt Bürgermeister Güttler mit einem Zitat von Victor Hugo: "Die Zukunft hat viele Namen: Für die Schwachen ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen - die Chance."
Für den Haupt- und Finanzausschuss berichtet Stv. Vorsitzender Lind über die Beratungen aus der öffentlichen Sitzung. Auftretende Fragen wurde durch Bürgermeister Güttler und Amtsrat Obermann beantwortet. Alsdann gibt er nachstehenden Beschlussvorschlag des HFA bekannt: Die Stadt ist grundsätzlich bereit, an die Firma Lidl 7.500 qm der Fläche des Sportplatzes an der Grebensteiner Straße zur Ansiedlung eines Einkaufsmarktes zu dem angebotenen Kaufpreis zu verkaufen. Der Magistrat wird beauftragt, das weitere Verfahren zu betreiben.
Fraktionsvorsitzender Panteleit (SPD) führt in seiner Stellungnahme aus, dass die SPD-Fraktion für die Beziehung zu Lidl stehe. Voraussetzung sei jedoch, dass die Verantwortlichen der TSV Immenhausen sowie die Bürger/innen entsprechend dem nach erfolgter Zustimmung durch die Stadtverordnetenversammlung einzuleitenden Beteiligungsverfahren ebenfalls zustimmen. Das beinhaltet insbesondere, dass ein Bolzplatz an der Jahnturnhalle vorhanden bleiben muss und ebenso die Ausweisung eines zusätzlichen Kleinspielfeldes. Die mögliche Umwandlung des Hartplatzes in einen Rasenplatz muss gemeinsam mit den Fußball-Verantwortlichen getroffen werden. Die Entscheidung für die mögliche Errichtung des Marktes habe in der Fraktion lange gedauert und wurde unterschiedlich diskutiert, obwohl man es sich hätte leicht machen können mit der Entscheidung. Ja für Lidl in Immenhausen am Jahnsportplatz oder nein für Lidl in Immenhausen. Aber: Der Markt würde sich dann in einer der Nachbarkommunen ansiedeln, dann wäre er für Immenhausen weg und zusätzlich ginge weitere Kaufkraft aus Immenhausen verloren. Natürlich sei die Grundversorgung in Immenhausen gewährleistet, man könne aber das vorhandene Angebot für die Einwohner/-innen noch verbessern. Nach Prüfung vieler verschiedener Standorte durch die Firma Lidl sei nunmehr der Standort Sportplatz Grebensteiner Straße gewählt worden. Dieser sei fußläufig wie auch mit dem Auto sehr gut zu erreichen. Hinsichtlich der leerstehenden Geschäfte, besonders des Einkaufsmarktes in der Innenstadt erinnert Fraktionsvorsitzender Panteleit an die äußerst intensiven Bemühungen der Stadt. Trotz des Schreibens "schwarzer Zahlen" haben die Pächter den Vertrag für den Markt in der Oberen Bahnhofstraße nicht verlängert.
Immenhausen habe die Möglichkeit, den Standortvorteil gegenüber den Nachbarkommunen für die Errichtung des Lidl-Marktes am Jahnsportplatz zu nutzen. Er erinnert daran, dass auch bei der Ansiedlung von Edeka und später Aldi im Bereich des Mühlenangers zunächst Bedenken bestünden haben.
Fraktionsvorsitzender Schneider (FDP) schließt sich den Worten von Fraktionsvorsitzendem Panteleit an. Die Entscheidung sei nicht leicht. Aufgrund der Ansiedlung von Arbeitsplätzen und der Zahlung von Gewerbesteuern spricht er sich für die mögliche Ansiedlung des Lidl-Marktes am Sportplatz Grebensteiner Straße unter drei Bedingungen aus:
a) Die Verantwortlichen der TSV 1889/06 Immenhausen e. V. müssen dem Vorhaben nach dem nunmehr einzuleitenden Beteiligungsverfahren zustimmen.
b) Die Bevölkerung sollte beteiligt werden.
c) Der Kaufpreis soll für die Schuldentilgung im städtischen Haushalt verwendet werden.
Fraktionsvorsitzenden Kanngießer (CDU) verweist ebenfalls auf die Redebeiträge der Vorredner. Viele Argumente wurden bereits angesprochen. Die wesentliche Frage sei allerdings, was bringt der Lidl-Markt für Immenhausen? Dies sei s. E. zusätzlicher Einkauf, damit eine stärke Kaufkraft, die sich positiv auf die Entwicklung von Immenhausen auswirkt. Auch der demographische Wandel darf nicht unbeachtet gelassen werden. Die Menschen werden immer älter und die Mobilität immer teurer. Wenn alles am Ort vorhanden sei, bleiben die Menschen hier wohnen bzw. es siedeln sich immer mehr Menschen an.
Der Verlust des Sportplatzes sei schwerwiegend. Aber schließlich sei das Stadion und weitere nicht ausgelastete Sportplätze in den Stadtteilen vorhanden. Die Umwandlung des Hart- in einen Rasenplatz findet in seiner Fraktion wenig Zustimmung. Die Entscheidung sollte aber gemeinsam mit der Abt. Fußball der TSV getroffen werden.
Alsdann gibt Fraktionsvorsitzender Kanngießer einen Änderungsantrag für seine Fraktion bekannt.
Die CDU-Fraktion unterstützt mehrheitlich die Errichtung eines Lidl-Marktes auf dem Sportplatz Grebensteiner Straße unter den genannten Voraussetzungen wie Beteiligung der TSV und der Bürger/-innen.
Stadtverordneter Lind (CDU) spricht sich gegen die Ansiedlung des Lidl-Marktes aus. Die Innenstadt würde s. E. als Kommunikationszentrum verloren gehen, obwohl in den vergangenen zwei Jahren viel unternommen wurde, die Innenstadt zu beleben. Die vorhandenen Märkte von Edeka und Aldi bieten eine optimale Versorgung. Außerdem könne ein Lidl-Markt eine Gefahr für den Bestand des Edeka-Marktes im Stadtteil Holzhausen darstellen.
Auch Stadtverordneter Kaiser (SPD) äußert seine persönliche ablehnende Meinung zu dem Lidl-Markt. Auf dem Sportplatz wurden viele Feste gefeiert. Außerdem würde eine vorhandene Grünfläche von ca. 7.500 qm nunmehr bebaut. Desweiteren bezweifelt er, das Bauplanungsrecht für einen Markt dieser Größenordnung am genannten Standort erhalten zu können.
Alsdann verliest Stadtverordnetenvorsteher Siebert die Beschlussempfehlung des Haupt- und Finanzausschusses:
"Die Stadt ist grundsätzlich bereit, an die Firma Lidl 7.500 qm der Fläche des Sportplatzes an der Grebensteiner Straße zur Ansiedlung eines Einkaufsmarktes zu dem angebotenen Kaufpreis zu verkaufen. Der Magistrat wird beauftragt, das weitere Verfahren zu betreiben."
Die Stadtverordnetenversammlung stimmt mit 19-Ja-Stimmen, 3 Gegenstimmen und 1 Enthaltung für diesen Beschluss.
Der Änderungsantrag der CDU-Fraktion ergeht als Auftrag mit nicht abschließender Aufzählung an den Magistrat.
Stadtverordnete Rebecca Seeger (SPD) hat während der Behandlung der Vorlage teilweise den Sitzungssaal verlassen und an der Abstimmung nicht teilgenommen.
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