Zebrafische leuchten für die Forschung

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    Re: Zebrafische leuchten für die Forschung

    infoshark - 18.02.2007, 11:30

    Zebrafische leuchten für die Forschung
    Zebrafische leuchten für die Forschung

    Mit Gentechnik und Fluoreszenzmikroskopie erforscht Dirk Meyer am neuen Institut für Molekularbiologie die Entwicklung einer Eizelle zum komplexen Organismus. An 50.000 Zebrafischen. Mit diesem Tiermodell und den damit verbundenen Möglichkeiten des Life Imagings ergänzt er die in Österreich vorhandene Forschungslandschaft auf Zellkultur, Fliege oder Maus.

    Grün fluoreszierende Zellen wandern über den Bildschirm. Wie von Geisterhand dirigiert. Sie streben einem gemeinsamen Ziel zu, vermehren sich, bilden Gruppen. Ab und zu zerplatzt eine in einer lautlosen Explosion – ihre Bruchstücke lösen sich auf. Die Überlebenden formieren sich zu Geweben, Organen und schließlich zu einem lebensfähigen Organismus.

    Mit Hilfe modernster Life-Imaging-Verfahren kann Entwicklungsbiologe Dirk Meyer diese Vorgänge am lebenden Tier beobachten – vorausgesetzt, dieses ist durchsichtig. Der Zebrafisch ist solch ein glasklares Wesen, jedenfalls in den ersten Tagen seines Lebens, in denen die entscheidenden Entwicklungsschritte ablaufen. Das ist einer der Gründe, warum der kleine Tropenfisch zu einem der weltweit beliebtesten Forschungstiere geworden ist.

    50.000 Zebrafische. In Österreich fehlten bisher allerdings die Möglichkeiten, diesen Modell-Organismus in großem Maßstab untersuchen zu können. Diese Lücke schließt nun das neu gegründete Institut für Molekularbiologie an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck unter Leitung von Meyer. Hier ist dank einer Investition von rund 200.000 € Österreichs größte Zebrafisch-Anlage entstanden. Im Keller des Zoologischen Instituts sind rund 1.000 Aquarien aufeinandergestapelt. Darin tummeln sich fast 50.000 der gestreiften, 2 bis 3 cm langen Fische. Hier unten ist es auch im Winter 25 °C warm. Ein gleichmäßiges Rauschen und Plätschern ist zu hören. Äußerlich scheinen die Fische in allen Aquarien gleich, doch in ihren Genen unterscheiden sie sich.

    Der Eizelle zusehen. Die Wissenschaftler wollen herausfinden, wie eine befruchtete Eizelle die in den Erbanlagen vorgegebene Gestalt annimmt. Dahinter steht die Erkenntnis, dass viele dieser Steuermechanismen bei allen Tieren – und auch beim Menschen – ähnlich funktionieren.

    Den Aufgaben der Gene kann man auf die Spur kommen, indem man einzelne von ihnen ausschaltet. Führt dies etwa dazu, dass ein Organ fehlt oder fehlerhaft heranwächst, muss das ausgeschaltete Gen für eben jene Organbildung von Bedeutung sein. Da sich der Zebrafisch außerhalb des Mutterleibs entwickelt und zudem durchsichtig ist, sind Missbildungen leicht unter dem Mikroskop zu erkennen – ein Riesenvorteil für die Wissenschaft.

    Häufig sind die beim Fisch entdeckten Gene auch beim Menschen für Erbkrankheiten verantwortlich. Sie sorgen auch im erwachsenen Organismus für Regeneration und Wachstum oder sie lassen – wenn die Kontrolle versagt –Tumore entstehen. Die Grundlagenforschung am Zebrafisch ist daher auch für medizinische und pharmazeutische Anwendungen von großem Interesse.

    Raum-Zeit-Mustern auf der Spur. In Innsbruck konzentrieren sich die Forscher auf die Bauchspeicheldrüse, das Nervensystem und – auf Stammzelldifferenzierung. „Bei dem letztgenanntem Schwerpunkt wollen wir herausfinden, wie in der frühen Embryonalentwicklung Zellschicksale festgelegt werden“, erklärt Dirk Meyer. Während der ersten Teilungen stehen den Stammzellen des Embryos alle Möglichkeiten offen: Sie können zu jedem beliebigen Zelltyp werden, sind also noch undifferenziert.

    Dann werden von Signalquellen im Embryo Botenstoffe ausgesandt. Da diese Signale je nach Abstand von der Quelle unterschiedlich stark sind, bekommen die Zellen erste Hinweise, ob sie sich zum Beispiel im zukünftigen Kopf- oder Schwanzbereich befinden. „Doch man versteht noch nicht genau, wie die Signale letztlich von der Zelle in eine konkrete Handlungsanweisung umgesetzt werden. Manchmal entwickeln sich benachbarte Zellen verschieden, obwohl sie fast exakt dieselbe Botschaft empfangen.

    Wie erkennt eine Zelle, was ihre künftige Aufgabe und wo ihr Platz ist?“, fragt Meyer. Er glaubt, dass Zellschicksale über eine Art kombinatorischen Code definiert werden, also dass ein Raum-Zeitmuster verschiedener Faktoren einer Zelle ihre Identität verleiht. Ein solches Kombi-Muster bilden die Transkriptionsfaktoren, FoxH1, Notail und Mixer, welche die sehr frühe Entwicklung des Embryos steuern, indem sie die Ablesung nachgeordneter Gene aktivieren.

    Die Innsbrucker schalten die Transkriptionsfaktoren einzeln und gemeinsam aus, um deren Zusammenwirken zu verstehen. Es zeigt sich, dass die Kombination der Faktoren andere Zellschicksale auslöst, als jeder für sich allein. Somit sind die Wissenschaftler dem Knacken des Differenzierungs-Codes ein wenig näher gekommen.

    Marker-Gen für Betazellen. Beim Schwerpunkt
    Bauchspeicheldrüse geht es den Innsbrucker Forschern um die Betazellen, die das Blutzukker regulierende Insulin herstellen. Mit Hilfe des Laser-Scanning-Fluoreszenzmikroskops können sie in Echtzeit verfolgen, wie sich Betazellen bilden, wohin sie wandern und wie sie sich zu Inseln anordnen. Der Fisch muss dazu nicht getötet und präpariert werden – er wird lediglich beobachtet.

    Da Zebrafische aber nicht von Natur aus grün fluoreszieren, schon gar nicht spezifisch in der Bauchspeicheldrüse, mussten die Biologen zunächst genveränderte Fische herstellen. Zu diesem Zweck haben sie ein Marker-Gen für Betazellen namens Hb9 isoliert. Hb9 wird genau dann aktiv, wenn zum ersten Mal Betazellen entstehen. Macht man seine Aktivität sichtbar, werden zukünftige Betazellen „markiert“.

    Um dies zu erreichen, braucht man den Promotor des Gens. Das ist ein Art Schalter, der die Ablesung des Gens reguliert. Der Promotor sorgt dafür, dass das Gen – das ja in jeder Zelle vorhanden ist - nur im richtigen Gewebe, und zum richtigen Zeitpunkt angeschaltet wird.

    Meyer und seine Mitarbeiter haben diesen Hb9-Promotor hergenommen und statt des Hb9-Gens das Gen für ein grün fluoreszierendes Protein, GFP, angefügt. Dieses Genkonstrukt haben sie in ganz junge Zebrafischembryos injiziert. Deren Nachkommen tragen in jeder Körperzelle sowohl das normale Hb9-Gen also auch zusätzlich die leuchtenden GFP-Gene. Den Zebrafisch beeinträchtigt das nicht weiter – er entwickelt sich ganz normal. Wann immer nun das Hb9-Gen angeschaltet wird, leuchtet auch das fluoreszierende Gen auf, da es ja von demselben Promotor kontrolliert wird. In diesem Fall macht also erst die molekulare Gentechnik Life Imaging möglich.

    Die naheliegende Frage lautet nun: Woher kommt der Impuls für den Promotor? Wie ein Lichtschalter braucht auch ein „Gen-Schalter“ jemanden, der ihn betätigt. Dabei geht es auch hier letztlich um das Rätsel, wie aus Stammzellen differenzierte Zelltypen werden, wie zum Beispiel Betazellen.

    An den leuchtenden Fischen lässt sich auch untersuchen, wie der Fisch einen Verlust seiner Betazellen ausgleicht. Daraus können sich wichtige Erkenntnisse für die Medizin ergeben, denn die Regeneration von Betazellen wird als ein Schlüssel zur Heilung des insulinabhängigen Diabetes angesehen. Bei dieser selteneren Form der Zuckerkrankheit (Typ I) werden die Betazellen durch eine fehlgeleitete Immunabwehr des Körpers zerstört.

    In Zukunft will Meyer die Zusammenarbeit mit den anderen biologischen und medizinischen Instituten verstärken, so zum Beispiel mit den Innsbrucker Herz-Kreislauf-Spezialisten Bernd Pelster und Thorsten Schwerte, die auch am Zebrafisch arbeiten.

    Auch könnte sich Meyer vorstellen, seine Fische für eine kommerzielle Serviceleistung anzubieten. „Häufig tauchen in der medizinischen Forschung Gene auf, die keinem der bekannten Signalwege zugeordnet werden können. Im Zebrafisch kann man solche Fragen relativ rasch klären. Auch lässt sich an den Fischen prüfen, ob eine pharmakologische Substanz einen Entwicklungsfehler verhindert“, erläutert Meyer.



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