Das Adam-Prinzip, Im Vaterland

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    Re: Das Adam-Prinzip, Im Vaterland

    Ralf-G. - 05.11.2006, 14:13

    Das Adam-Prinzip, Im Vaterland
    http://www.spiegel.de/kultur/kulturspiegel/0,1518,445692,00.html
    Für Euch gefunden:

    DAS ADAM-PRINZIP
    Im Vaterland
    Von Harald Martenstein

    Es gilt für Männer heute als cool, sich für Kinder mehr zu interessieren als für die Karriere. Wem das schwerfällt, dem helfen Ratgeberbücher.

    Überraschend viele Väter schreiben in letzter Zeit Bücher über ihr Vatersein, darunter nicht wenige Journalisten. Axel Hacke von der "Süddeutschen Zeitung" hat es als einer der Ersten getan. Axel Hacke hat für die aufgeschriebene Vaterschaft Ähnliches geleistet wie Wolfram Siebeck für die aufgeschriebene Feinschmeckerei. Kester Schlenz und Jan Christoph Wiechmann vom "Stern" haben es getan. Christian Ankowitsch, ehemals "Die Zeit", hat es getan, Helmut Schümann vom "Tagesspiegel", Uwe Wittstock von der "Welt". Und, o ja, auch der Autor dieses Artikels hat es selbstverständlich gemacht. Lawinen der Väterlichkeit brechen aus uns hervor. Lavaströme des Familiensinns sind es, die aus uns herausströmen.

    Es beruhigt, zu lesen, dass die Wespen auch die Kinder anderer Väter stechen
    Warum ist das so? Ich glaube, es hängt damit zusammen, dass die aktiv und tatkräftig mitgestaltete Vaterschaft eine historisch neue Massenerfahrung ist. Als die neuen Kontinente entdeckt wurden, blühte in Europa die Reiseliteratur. In der sogenannten sexuellen Revolution blühten Oswalt Kolle und die "St. Pauli-Nachrichten". Heute blühen die Väterbücher.

    Vor ein paar Jahren noch hat man unter einem Vaterbuch ein Buch verstanden, in dem eine erwachsene Person sich mit ihrem Vater beschäftigt, das war dann eine "Spurensuche", eine "Abrechnung" oder ein "Sichabarbeiten", im günstigsten Fall eine "späte Liebeserklärung". Heute ist ein Vaterbuch meistens ein Text, den ein erwachsener Mann über einen Säugling schreibt. Es sind auch oft Ratgeber. In einer Verlagsankündigung zu einem solchen Ratgeber wird lobend hervorgehoben, dass er im "typisch männlichen Stil" geschrieben ist, also "pragmatisch und praktisch", mit "konkreten Problemlösungen", also ohne das Psychogedöns. Das Psychogedöns steht wohl eher in den Mütterbüchern. Ratgeber mit typisch männlichen Titeln heißen "Abenteuer Vaterschaft", "Papa braucht 'nen Drink" oder auch "Der Bauch ist rund - und Schluss ist, wenn die Hebamme abpfeift".

    Wer kein Vater oder werdender Vater ist, kann mit dieser Art von Literatur in der Regel wenig anfangen, wie ja auch die katholische Kirche mit Oswalt Kolle nie viel anfangen konnte. Ein, selbstverständlich kinderloser, Kolumnist der "tageszeitung" hat den, wie er es formulierte, "Schreibtischvätern" vorgeworfen, dass sie ihre wehrlosen Kinder missbrauchen, indem sie ununterbrochen Kolumnen, Glossen und Essays über sie verfassen. Das ist kein intelligenter Einwand gewesen. Genauso könnte man den Verfassern von Liebesromanen vorwerfen, dass sie ihre ehemaligen Liebespartner missbrauchen, oder den Naturlyrikern, dass sie den Wald missbrauchen, weil er vor ihren Gedichten nicht weglaufen kann. Wenn einem etwas wichtig ist, dann schreibt man halt drüber.

    Mit dem Vatersein ist es ähnlich wie mit der Pubertät, der Liebe oder dem Kranksein. Es verändert das Leben in einer Weise, die Unbeteiligte sich schwer vorstellen können. Alle machen ungefähr das Gleiche durch, das Kind schläft nicht, das Kind spuckt sein Breichen aus, das Kind wird von Wespen gestochen. Es beruhigt, zu lesen, dass die Wespen auch die Kinder anderer Väter stechen.

    Auch ein Wort wie "Vaterrolle" ist vor einigen Jahrzehnten selten verwendet worden. Man war Vater, aber man übernahm keine Rolle. Man beobachtete die Kinder aus sicherer Distanz, wie Zuschauer im Theater.

    In dieser Hinsicht hat sich gesellschaftlich etwas verändert, und zwar vor allem im Bewusstsein. Es gilt heute als unschicklich oder uncool, wenn ein Mann sich nicht für seine Kinder interessiert und sich nicht um sie kümmert. Wenn einer sich für seine Kinder nicht interessiert, sondern nur für die Karriere, verschweigt er das besser. Vielleicht kann solch ein Mann, zur Vertuschung, trotzdem ein Vaterbuch schreiben.

    Wenn unsere Frauen Eier legen würden, gäbe es den Neuen Vater schon seit der Steinzeit
    Gleichzeitig gibt es eine Gegentendenz. Die Gegentendenz besteht darin, dass viele Männer sich der Vaterrolle gänzlich entziehen. Offenbar verhalten die Gebildeten und Besserverdienenden sich zum Kindermachen in der gleichen Weise, wie Wolfram Siebeck es für die Nahrungsaufnahme empfiehlt. Man soll wenig essen, aber wenn man es tut, soll man nur die besten Zutaten nehmen und sorgfältig kauen.

    Der Soziologe Ulrich Beck sagt, dass es bei Männern und Vätern von heute eine "verbale Aufgeschlossenheit bei weitgehender Verhaltensstarre" gibt. Das heißt, der Neue Vater sei eine schöne Idee, zu der Männer sich auf Partys bekennen, während sie zu Hause die gleiche Windelwechselverweigerungshaltung zeigen wie ihre Vorfahren.

    Nicht nur die Väterbücher, auch die Zahlen sprechen dagegen. Vor 2001 haben 1,5 Prozent der Väter ihre Berufstätigkeit unterbrochen, 2004 haben schon fast 5 Prozent eine Babypause eingelegt. Das sind immer noch wenige, aber bitte sehr, es ist mehr als eine Verdreifachung. In etlichen Umfragen klagt eine Vielzahl der Väter darüber, dass ihre Arbeitgeber ihnen zu wenig Zeit für Kinder und Familie lassen. Plötzlich empfinden auch Männer, wie die Frauen, es als schwierig, Familie und Karriere miteinander zu vereinbaren, sie reden über Doppelbelastung. 2005 haben in Deutschland auch schon 335.000 Väter ihre Kinder allein erzogen. Prominente Rollenmodelle sind ebenfalls vorhanden. Gregor Gysi hat seinen Sohn George, Jahrgang 1970, allein aufgezogen. Dirk Niebel ist wegen seiner drei Kinder für einige Jahre mit einer halben Stelle zufrieden gewesen, hinterher hat es im Beruf trotzdem zum FDP-Generalsekretär gereicht.

    Außerdem ist festzustellen, dass neben den Kolumnenbüchern und Ratgebern auch die wissenschaftlich-theoretische Buchproduktion floriert. Der französische Psychologe Jean Le Camus beschreibt in "Vater sein heute" mehrere Typen von Neuen Vätern. Der "Fürsorgliche Vater" hat sich schon vor Jahren in Filmen wie "Kramer gegen Kramer" oder "Drei Männer und ein Baby" angekündigt. Er ist ein Mann, der Breichen kocht, aufs Töpfchen setzt und in den Schlaf wiegt. Allerdings scheinen die Kinder trotz allen männlichen Breichenkochens und trotz des Emanzipationsdiskurses hartnäckig auf dem Unterschied zwischen Männern und Frauen zu bestehen. Le Camus zitiert Untersuchungen, nach denen sich Kinder auch bei gleichgewichtiger Rollenverteilung im Falle eines Wehwehchens lieber von der Mutter trösten lassen, während sie den Vater als Spielgefährten mindestens genauso attraktiv finden. Die Mutter scheint in der Entwicklung für "Bindung" zuständig zu sein, der Vater für "Erkundung". Und Väter, auch extrem fürsorgliche, bleiben Abenteurer und Raubeine, sie loben seltener und ermutigen häufiger als Mütter. Dies hat die Wissenschaft herausgefunden.

    Ein anderer, historisch neuer Typus heißt bei Le Camus "Der befreite oder alternative Vater". Diese Väter leben außerhalb von Ehen, also in lockeren Lebensgemeinschaften oder getrennt von den Müttern ihrer Kinder. Trotz der losen oder nicht vorhandenen Bindung zur Kindsmutter nehmen diese Männer ihre Vaterrolle ernst und kümmern sich, anders als die meisten Männer in der Generation vor ihnen. Grundsätzlich begrüßt es der Autor Le Camus, wenn Vater und Mutter für das Kind unterscheidbare Rollen spielen. Sie sollen nicht einfach beide das gleiche Breichen kochen.

    Dass es für Kinder gut oder wichtig ist, einen präsenten Vater zu haben, schreiben viele. Das gilt als Allgemeingut. Aber wenn man einmal genauer hinschaut, bekommt man Zweifel. Wir sind nämlich Säugetiere. Nur bei 7 Prozent aller Säugetierarten ist von der Natur eine Beteiligung des Vaters an der Aufzucht des Nachwuchses vorgesehen. Bei den Vögeln sind es 70 Prozent. Auch und gerade Fische sind überraschend väterlich. Bei den Säugetieren stillen die Weibchen, deswegen die enge Mutter-Kind-Bindung. Wenn unsere Frauen Eier legen würden, wie die Lämmergeier oder die Clownfische, gäbe es den Neuen Vater schon seit der Steinzeit.

    An dieser Stelle kommt immer der Vorwurf, dass man es zu biologistisch sieht. Ethnologen haben aber herausgefunden, dass bei immerhin der Hälfte von 162 untersuchten Kulturen eine enge Vaterbindung für Menschenkinder keine besondere Rolle spielt. In den meisten Kulturen haben die Kinder zwar neben der Mutter noch andere Bezugspersonen und scheinen diese auch für ihr Seelenwohl zu brauchen, es sind aber meistens Großeltern oder Geschwister. Der moderne, liebevolle Vater spielt also in etwa die Rolle, die bei den Naturvölkern die Großeltern spielen, welche in der modernen Gesellschaft meistens in einer anderen Stadt wohnen. Bei vielen Zweitehen kommt das vom Alter des Vaters her auch ungefähr hin.

    Warum tun wir es also? Warum kümmern wir uns mehr und lieber um unsere Kinder als frühere Männergenerationen, warum verfassen wir ein Väterbuch nach dem anderen? Ich glaube, wir tun es aus dem gleichen Grund, aus dem Frauen Karriere machen. Es hängt mit der allmählichen Annäherung der Geschlechterrollen zusammen, es gehört sozusagen zur Emanzipation des Mannes. Dem geilen Gefühl, Kanzlerin oder Bankchefin zu sein, entspricht auf unserer Seite das warme Gefühl, das es bereitet, eine watteweiche Patschehand zu streicheln. Es bringt eine neue Art von Selbstbewusstsein, das Gefühl eines runden Lebens, in dem nichts fehlt. Kinder machen manchmal schon Spaß oder auch Stress, aber interessanten Stress. Mit männlicher Intuition löst man jedes Problem, auch das Säuglingsproblem. Und darüber schreibt man dann.

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    Jean Le Camus: "Vater sein heute". Beltz Verlag, Weinheim; 208 Seiten; 18,90 Euro.



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