~NN~The-Wixxxer Administrator

Geschlecht:  Anmeldungsdatum: 11.09.2005 Beiträge: 390 Wohnort: Berlin
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Verfasst am: 24.01.2006, 12:22 Titel: Ich war männlich |
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Ich war männlich, verwegen, ich war frei und hatte lange Haare. Meine
Frau lernte mich kennen, nicht umgekehrt. Sie stellte mir förmlich
nach. Egal wo ich hinkam, sie war schon da. Es ist nun zwölf Jahre her.
Damals war ich eingefleischter Motorradfahrer, trug nur schwarze
Sweatshirts, ausgefranste Jeans und Bikerstiefel, und ich hatte lange
Haare.
Selbstverständlich hatte ich auch ein Outfit für besondere Anlässe.
Dann trug ich ein schwarzes Sweatshirt, ausgefranste Jeans und weiße
Turnschuhe.
Hausarbeit war ein Übel, dem ich wann immer es möglich war, aus dem Weg
ging. Aber ich mochte mich und mein Leben.
So also lernte sie mich kennen. "Du bist mein Traummann. Du bist so
männlich, so verwegen und so frei."
Mit der Freiheit war es alsbald vorbei, da wir beschlossen, zu
heiraten. Warum auch nicht, ich war männlich verwegen, fast frei, und
ich hatte lange Haare.
Allerdings nur bis zur Hochzeit. Kurz vorher hörte ich sie sagen: "Du
könntest wenigstens zum Frisör gehen, schließlich kommen meine Eltern
zur Trauung."
Stunden, - nein Tage später und endlose Tränen weiter gab ich nach und
ließ mir eine modische Kurzhaarfrisur verpassen, denn schließlich
liebte ich sie, und was soll's, ich war männlich, verwegen, fast frei
und es zog auf meinem Kopf.
"Schatz ich liebe Dich so wie Du bist" hauchte sie. Das Leben war in
Ordnung, obwohl es auf dem Kopf etwas kühl war. Es folgten Wochen
friedlichen Zusammenseins, bis meine Frau eines Tages mit einer großen
Tüte unterm Arm vor mir stand. Sie holte ein Hemd, einen Pullunder (bei
dem Wort läuft es mir schon eiskalt den Rücken runter) und eine neue
Hose hervor und sagte: " Probier das bitte mal an." Tage, Wochen, nein
Monate und endlose Papiertaschentücher weiter gab ich nach, und trug
Hemden, Pullunder ( Ärrrgh) und Stoffhosen.
Es folgten schwarze Schuhe, Sakkos, Krawatten und Designermäntel. Aber
ich war männlich, verwegen, todchic und es zog auf meinem Kopf.
Dann folgte der größte Kampf. Der Kampf ums Motorrad. Allerdings
dauerte er nicht sehr lange, denn im schwarzen Anzug, der ständig
kneift und zwickt, lässt es sich nicht sehr gut kämpfen. Außerdem
drückten die Lackschuhe, was mich auch mürbe machte. Aber was soll's,
ich war männlich, spießig, fast frei, ich fuhr einen Kombi, und es zog
auf meinem Kopf.
Mit den Jahren folgten viele Kämpfe, die ich allesamt in einem Meer von
Tränen verlor. Ich spülte, bügelte, kaufte ein, lernte deutsche
Schlager auswendig, trank lieblichen Rotwein und ging sonntags
spazieren. Was soll's dachte ich, ich war ein Weichei, gefangen, fühlte
mich scheiße und es zog auf dem Kopf.
Eines schönen Tages stand meine Frau mit gepackten Koffern vor mir und
sagte: "Ich verlasse Dich."
Völlig erstaunt fragte ich sie nach dem Grund. "Ich liebe Dich nicht
mehr, denn Du hast Dich so verändert. Du bist nicht mehr der Mann den
ich mal kennen gelernt habe."
Vor kurzem traf ich sie wieder. Ihr "Neuer" ist ein langhaariger Biker
mit zerrissenen Jeans und Tätowierungen, der mich mitleidig ansah.
Ich glaube ich werde ihm eine Mütze schicken.
 _________________ MESS WITH THE BEST AND YOU DIE LIKE THE REST !!!
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