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		Ariadne Administratorin
  
  
 
  Anmeldungsdatum: 25.03.2005 Beiträge: 1557 Wohnort: Kreis Mettmann
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				 Verfasst am: 22.08.2005, 21:21    Titel: Shakespeares Sonette | 
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				I
 
 
Von schönsten Wesen wünschen wir Vermehrung,
 
Damit der Schönheit Ros' unsterblich sei,
 
Und, wenn das Reife stirbt durch Zeitverheerung,
 
Sein Bild in zarten Erben sich erneu.
 
Doch du, in eigner Augen Schein begnügt,
 
Nährst mit selbstwesentlichem Stoff dein Feuer,
 
Machst Hungersnot, wo Überfülle liegt,
 
Dir selber Feind, des holden Ichs Bedräuer!
 
Der jungen Tage frischer Zierde du
 
Und einzger Herold bunter Frühlingszeit,
 
Begräbst in eigner Knospe deine Ruh,
 
Vergeudest kargend, zarte Selbstigkeit!
 
Hab Mitleid mit der Welt! Verschling' aus Gier
 
Ihr Pflichtteil nicht in deinem Grab und dir.
 
 
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				 Verfasst am: 22.08.2005, 21:21    Titel: Anzeige | 
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		Ariadne Administratorin
  
  
 
  Anmeldungsdatum: 25.03.2005 Beiträge: 1557 Wohnort: Kreis Mettmann
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				 Verfasst am: 23.08.2005, 21:38    Titel:  | 
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				II
 
 
Wenn vierzig Winter einst dein Haupt umnachten
 
Und tief durchfurchen deiner Schönheit Feld,
 
Dann ist dein Jugendflor, wonach wir itzt so trachten,
 
Ein mürbes Kleid, das unbemerkt zerfällt.
 
Ein ödes Lob, ein allverzehrend Schmähn
 
Wärs dann, dem Forscher nach den Reizen all,
 
Nach all dem frühen Reichtum, zu gestehn
 
Er sei dahin mit deines Auges Fall.
 
Weit rühmlicher wies deine Schönheit sich,
 
Könntst du erwidern "dies mein schönes Kind
 
Tilgt meine Schuld, vertritt im Alter mich,
 
weil seine Reize Erben meiner sind" -
 
Dies ists, wodurch ein Greis sich neu verjüngt
 
Und kaltem Blut die Wärme wiederbringt.
 
 
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		Ariadne Administratorin
  
  
 
  Anmeldungsdatum: 25.03.2005 Beiträge: 1557 Wohnort: Kreis Mettmann
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				 Verfasst am: 24.08.2005, 22:00    Titel:  | 
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				III
 
 
Sieh in dein Glas! Zum Bild, das es dir weist,
 
Sprich: Bild, nun mußt du auf dein Abbild denken.
 
Wenn du dich jetzt auffrischend nicht erneust,
 
Höhnst du die Welt, wirst Mutterrechte kränken.
 
Denn welcher Schönen unbestellter Schooß
 
Verschmäht den Pflug wohl deiner Feldwirtschaft?
 
Wer wär in eigner Meinung je so groß,
 
Der Selbstsucht Grab zu sein, der Enkel Haft?
 
Du, deiner Mutter Spiegel, zauberst ihr
 
Der Jugendtage holden Lenz herbei:
 
So, trotz der Runzeln auch erscheinet dir
 
Durch deines Alters Fenster einst dein Mai.
 
Doch, lebst du nur Vergessenheit zu erben,
 
Stirb einsam, und dein Bild wird mit dir sterben.
 
 
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