Wie entwickeln Kinder Wertvorstellungen?

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    Re: Wie entwickeln Kinder Wertvorstellungen?

    wüstenblume - 09.11.2005, 02:31

    Wie entwickeln Kinder Wertvorstellungen?

    Wie entwickeln Kinder Wertvorstellungen?

    Was ist ein Gewissen?

    Wie erklärt man Kindern, was das Gewissen ist? Vielleicht so: "In jedem Kopf gibt es einen Speicher mit zwei Räumen. In dem einen Raum speichert dein Kopf, was du erlebst. Du kannst dich erinnern, dass du einen Ort schon einmal besucht hast, zum Beispiel ein Schwimmbad. Der zweite Raum speichert, was du wie gemacht hast. Wie gut hast du dich zum Beispiel in diesem Schwimmbad benommen? Hast du Spielzeug mit einem anderen Kind geteilt? Warst du, waren andere zufrieden mit dir? Dann fühlst du ein gutes Gewissen. Fällt dir eine Situation ein, in der du dich nicht richtig verhalten hast? Bist du ins Becken geklettert, obwohl du auf die Eltern oder ein älteres Kind warten und nicht allein gehen solltest? Dann gibt es dazu bestimmt ein 'Grummeln' im Bauch. Das ist das schlechte Gewissen."


    Entwicklung der Moral bei Kindern

    Was Kinder als ihre eigene Wertvorstellung im Lauf ihres Lebens bis zum Erwachsenenalter entwickeln, das speisen sie aus verschiedenen Quellen: Sie erfahren, was die Eltern, Miterzieherinnen und -erzieher für wünschenswert halten und was man tun muss, wenn man in eine Gemeinschaft der Menschen eingegliedert ist und bleiben möchte. Einprägsam ist dabei das Beispiel von Eltern oder Erzieherinnen, das Maß nimmt an einem bestimmten Wertekodex, ständig, aber vielleicht auch unsichtbar und nicht thematisiert.

    Die Eingliederung in eine Gemeinschaft und der Wertekatalog, der dieser Gemeinschaft eine Atmosphäre verleiht, ist wiederum von den Personen abhängig, die in ihr leben. Darum ist jede Entscheidung für einen Wert oder seine Ablehnung immer auch eine persönliche Entscheidung.

    Bei der Entwicklung des kindlichen Wertsystems - und übrigens auch noch der moralischen Entscheidungen Erwachsener - sprechen Fachleute von "moralbezogener Einstellung" und von "persönlicher Präferenz".

    Sehr junge Kinder sind das, was unter Erwachsenen "Egoisten" wären. Die persönliche Präferenz ist ihr Auswahlkriterium. Wenn die Welt ohnehin schon viel an Erfahrungsbewältigung zumutet, dann freuen sie sich an jeder Situation, die ihrem persönlichen Interesse entgegenkommt. Einem anderen Kind ein Spielzeug ausleihen, einen Keks abgeben, Musik leiser hören, wenn Mama telefonieren will - warum? Es macht doch Spaß und was Spaß macht, muss richtig sein.

    Bevor Kinder drei bis vier Jahre alt sind, ist das Nachgeben nach persönlicher Neigung keine "böse Absicht", sondern schlicht die einzige Möglichkeit, sich zu entscheiden. Mit seiner zunehmenden sozialen Erfahrung steigt auch die Fähigkeit des Kindes, bei persönlichen Entscheidungen die Interessen anderer Kinder und Erwachsener mit einzubeziehen.

    Etwa mit zehn Jahren unterscheiden Kinder zwischen dem, was ein Mensch tun "sollte" oder "muss", und dem, was der persönlichen Entscheidung jedes einzelnen, je nach Neigung, überlassen ist.

    Das illustriert ein Test bei Kindern und Jugendlichen zwischen sieben und 15 Jahren. Sie wurden vor eine Entscheidung gestellt: Sie sollten sich vorstellen, dass sie an einem Tag zwei Telefonate erreichen. Im ersten bat eine Freundin, die Sorgen hatte, um Hilfe. Im zweiten lud ein neu zugezogenes Mädchen zum Kinobesuch ein. - Etwa 35 Prozent der siebenjährigen Kinder entschieden sich klar für das Kino, bei den Neunjährigen waren es bereits etwas über 50 Prozent, die sich für die Freundin entschieden, die Hilfe brauchte. Von den Zwölfjährigen wuchs der Anteil derjenigen, die sich der Hilfe für die Freundin verpflichtet wussten, auf 70 Prozent, bei den 15-Jährigen auf über 80 Prozent.

    Beide Entscheidungsmöglichkeiten bergen die Möglichkeit, einen Freundschaftsdienst zu verrichten. Das Kino allerdings hebt auch die Qualität dessen, was aus dem Tag für das Kind bzw. den Jugendlichen selbst "herauszuholen" ist.


    Selbstwert

    Wer seinen Kindern als Erziehende oder Erziehender Werte vermittelt, steht in einem Dilemma. Diskretion, das Wahren von Geheimnissen zum Beispiel, und Respekt, vor allem gegenüber Erwachsenen, sind unbestritten Werte. Eine Überbetonung dieser Werte kann jedoch in gefährliche Situationen führen. Wie auch die Präventionsstellen der Polizei berichten, sind Bekannte und Verwandte eines Kindes Täter beim Delikt des sexuellen Kindesmissbrauchs, häufiger als Fremde.

    Kinder brauchen zuallererst ein Selbstwertgefühl. Du bist wer, du bist geliebt, du bist wichtig - ein Kind, das weiß, dass es keine "Null" ist, hat mehr Vertrauen in Werte, die das Leben lebenswert machen, und kann auch erkennen, wann der Selbstwert den "gelernten" Wert an Wichtigkeit überragt.

    Von hier aus lässt sich Kindern vermitteln, dass sie körperliche Grenzen setzen dürfen gegen Knuddeln, Küssen, Umarmen, Handlungen von Erwachsenen, die sie nicht wünschen.

    Von hier aus lässt sich Kindern vermitteln, dass es gute und schlechte Geheimnisse gibt, von denen nur die guten, angenehmen bewahrt werden müssen. Schlechte Geheimnisse, die Druck machen, dürfen, ja sollen sie mitteilen.


    Gewissensgeschichten

    Als eine der häufigsten "moralischen Verfehlungen" von Kindern gilt - neben dem Stehlen, das bei vielen Kindern phasenweise um das fünfte Lebensjahr herum auftritt - das Lügen. Zwei Geschichten sind beliebt, um Kindern den Umgang mit der Lüge zu erläutern.

    Zum einen ist da die Geschichte der Holzpuppe Pinocchio, die lebendig wird und sich mit Lügen durchs Leben schummeln will. Doch bei jeder Lüge wächst die Holznase ein Stück. Pinocchio wird als Lügner erkennbar.

    Eine zweite Geschichte ist eine alte Fabel. Mehrmals schreit der Hirte: "Der Wolf ist da!" Die Dorfbevölkerung rennt ihm zur Hilfe herbei, doch der Wolf ist nicht da. Als der wirklich kommt und der Hirtenjunge um Hilfe ruft, kommt keiner mehr.

    Besser als die Geschichte von Pinocchio ist die des Hirten geeignet, die Konsequenz der Lüge aufzuzeigen. Wer lügt, schadet sich selbst; nicht, indem er einfach nur als Lügner erkennbar und Ziel des Spottes ist, sondern, weil seine Unglaubhaftigkeit die Umgebung davon abhält, sich ihm gegenüber freundschaftlich zu verhalten.

    Solche Kriterien können Eltern dienen, bei Kinderliteratur zu entscheiden, welche Geschichten sie ihren Kindern weitergeben und welche ihnen eine Einstellung zu ihren eigenen möglichen Fehlern anbieten, die sie auf ihre Lebensgemeinschaft zurückbesinnen.


    Mehr soziale Erfahrung statt mehr Information

    Die moralische Entwicklung vom Kindesalter über die Jugend zum Erwachsenenalter legt die Vermutung nahe, dass man sich umso moralischer verhalten kann, je mehr man weiß. Der amerikanische Medienökologe Neil Postman illustriert in seinem Buch "Keine Götter mehr. Das Ende der Erziehung" von 1995, wie informationsgeflutet Kinder sind, die heute aufwachsen. Sie brauchen nicht mehr Information, um sich moralisch ausgereifter zu entwickeln. Vielmehr, so Postman, ist es nötig, Kinder "in eine Umgebung zu bringen, welche die Zusammenarbeit fördert, die Sensibilität und Verantwortung für andere." Soziale Lernorte und Gemeinschaften, die wertvoll gestaltet werden wollen, lassen Kinder wertmündig werden.


    Rückkehr zu alten Werten

    Mit der "Jugend von heute" scheint die Vermittlung traditioneller Werte gelungen, die Verantwortung für andere jedoch in den Hintergrund getreten zu sein. Wie jede Generation, so binden auch Jugendliche aus dem Jahr 2002 die Werte, die sie als wichtig gefunden haben, in ihre Lebenszusammenhänge ein. Die Shell Jugendstudie, die mittlerweile zum 14. Mal die Lebenswelten Jugendlicher untersuchte, hat im Zusammenhang mit dem Wertewandel die aktuelle Jugendgeneration als "die pragmatische Generation" bezeichnet. Im Vordergrund stehen bei den heute Zwölf- bis 25-Jährigen Ziele im Nahbereich, keine "großen Dinge" wie Schöpfungs- oder politische Verantwortung.

    Jugendliche wenden sich, wie diese Untersuchung belegt, wieder traditionelleren Werten zu. Der Wert, auch politisch-soziale Verantwortung zu übernehmen, scheint nicht anerkannt zu sein.

    "Selbstverwirklichungswerte" wie Toleranz und Kreativität verbinden sich, wie die Studie zeigt, mit "Anpassungswerten", z. B. Ordnung und Fleiß, die aus früheren Generationen wiederentdeckt und als Überlebensstrategien dankbar angenommen werden. Für Eltern und Erzieher ergibt sich die große Aufgabe, Werte als Gemeinschaft tragend zu vermitteln, Sozialfähigkeit nach stärker zu fördern und die Verantwortung für ein großes Ganzes, in dem man ja selbst lebt, bewusst zu machen.


    Werteentwicklung und Medien

    Wie jeder Mensch, der ständig seine Identität neu korrigiert, orientieren sich besonders Kinder an anderen Personen. Sie stehen ja erst am Anfang ihrer "Wertegeschichte". In der aktuellen Umgebung aber orientieren sie sich nicht nur am zwischenmenschlichen, vorgelebten Muster, sondern auch an Mustern der Lebensgestaltung, wie sie in den Medien gezeigt werden. Kindern die Medienwelt als Konsequenz unzugänglich zu machen, hieße, sie auch aus Teilen der menschlichen Lebensgeschichten auszuschließen - und aus den Erzählgemeinschaften ihrer Gleichaltrigen, die an der Medienwelt wie an der realen Welt teilnehmen.

    Gute Medienerziehung ist immer eingebettet in Familiengeschichte und Familienwertungen. Fernsehen darf keine Alltagsflucht bedeuten, sondern bedarf immer der Ergänzung durch gelebte Familienbilder aus dem "wirklichen Leben". Sie müssen ihre Kinder ja nicht einfach vors Fernsehen "setzen". Besser ist es, Sendungen gemeinsam zu sehen und zu besprechen. Dann lässt sich Einfluss nehmen auf die Wertevorstellungen, die Ihre Kinder dem Medium entnehmen. Trickserien, die menschenunwürdige Darstellungen zeigen, werden leider auch in Kinderprogrammblöcken gesendet. Schalten Sie gemeinsam aus und begründen Sie Ihre Entscheidung, diese Sendung nicht anzusehen. Auch hier fällt Ihr Beispiel und Ihre Entscheidung als Eltern oder Erziehende mit großem Gewicht in die Wertewaagschale.


    Cybermoral

    Die Erweiterung der Medienwelt um das elektronische Medium Internet ist nicht ohne Einfluss auf die Werteentwicklung von Kindern und Jugendlichen. Die Datenmenge überfordert Kinder und junge Jugendliche, die schon in der realen Welt auf Auswahl angewiesen sind, um ihre eigene, auch moralische, Identität zu finden und durchzuhalten.

    Eine Dramatisierung überschätzt sicher das Medium und unterschätzt die Selbstständigkeit und wachsende Verantwortung, die Kinder und Jugendliche für den Umgang mit dem Internet entwickeln. Doch stehen diese eben in der Pflicht, zusätzlich zu einer Lebens- und Medienmoral auch eine "Cybermoral" zu entwickeln.

    Manche moralischen Probleme entstehen erst durch die Möglichkeiten des Mediums und die sind nicht "ohne". Ein "handfestes" Beispiel: Auch die heutige Elterngeneration hat ihre Pubertätszeiten hinter sich. Natürlich. Für viele war es - als "Erststadium" sexueller Entdeckungen - schon ein verbotener Reiz, sich die Unterwäscheseiten im OTTO-Katalog anzusehen. Heute klicken junge Jugendliche einfach mal die Praline-Website an und finden dort, was niemanden der Eltern richtig begeistern kann ...

    Kinder und Jugendliche bedürfen der Hilfestellung für den Umgang mit dem Internet, das sie auch für andere Lebensbereiche benötigen. Zum Glück gibt es Sicherheitsinstrumentarien mittlerweile standardmäßig auf jedem Rechner und beispielsweise die spezielle Kinder-Suchmaschine "Bunte Kuh", die den ganzen Müll nicht berücksichtigt, den Kinder bei ihren "Treffern" einfach nicht brauchen.


    Biblische Quelle für die Wertegestaltung: Die Sehnsucht Gottes nach einem großen Menschenleben
    Im anderen Menschen schaut Gott dich an; denn seit Gott in Jesus Christus selbst Mensch geworden ist, kann er dir in jedem Menschen begegnen: Ein Kind kann diese Aussage verstehen und wird mit Hilfestellung dazu in der Lage sein, einen anderen Menschen, auch ein nicht so beliebtes Kind, zumindest zu achten.

    Der Theologe Dieter Emeis erinnert daran, wie Gott um die Menschen wirbt. Gott sehnt sich danach, dass sie "nicht unter dem Niveau ... leben, auf das hin sie entworfen sind". In der Tradition der Sprache des Dekalogs "wenn du mich liebst, dann wirst du nicht töten, stehlen, ..."- lassen sich den Menschen biblische Werte zusagen: Weil es einen Gott gibt, der dich genauso sucht wie das Nachbarkind von gegenüber, das du nicht ausstehen kannst, wirst du weder dich selbst noch dieses Kind verachten können. Wenn man die Sehnsucht Gottes nach den Menschen ernst nimmt, lässt sich damit ein Wertekonsens finden, eine Ethik aufbauen, eine Moral beleben.
    _________________
    Niemand begeht einen grösseren Fehler als der, der nichts tut,
    weil er glaubt, nur wenig tun zu können.

    Lieben Gruss, Birgit





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