Die Tochter von Starshadow

Der schneeweiße Pfad
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    Re: Die Tochter von Starshadow

    Anassaria - 27.08.2005, 18:17

    Die Tochter von Starshadow
    Teil I: Das Leben des Rayneth Starshadow
    Am hintersten Tisch in der Taverne, einsam und allein, sitzt eine Nachtelfin. Ihr prächtiges grünes Haar wird von den Schatten verdeckt, nur das Kerzenlicht flackert ab und zu auf und lässt es zum Vorschein kommen. Die Elfin schaut betrübt in ein Glas, in der sich eine rote Flüssigkeit befindet. Man merkt dass sie etwas belastet, doch keiner wagt es sie anzusprechen.
    Es kommt auf ein mal ein Mann in die Taverne, gekleidet in einem dunkelblauen Gewand. Sein Gesicht ist nicht sichtbar, da er eine Kapuze trägt. Er ist sehr groß, wahrscheinlich ein Nachtelf. Er schaut sich in der Taverne um, und setzt sich schließlich an den Tisch, wo die Elfin sitzt.
    Die Elfin schaut auf zu dem unerwarteten Gast, und grüßt ihn schwach mit einem Nicken. Die seltsame Gestalt mustert sie, als ob er sie schon vorher mal gesehen hatte.

    <Sorgen betrüben dich, Kind. Wieso erzählst du mir es nicht?>
    Erschrocken starrt die Elfin in die Augen des Fremden. Sie kommen auch ihr bekannt vor, doch sie kann sie nicht zuordnen. Schließlich antwortet sie, mit einer Kühle und Gelassenheit, die nur von einer Druidin der Natur kommen könnte.
    <Es ist nicht in Worte zu fassen, was ich getan habe, zumindest nicht in wenigen>
    Der Fremde starrt, fast unverändert, in ihre Augen.
    <Erzähl mir deine Geschichte!>
    Die Druidin lässt einen leisen Seufzer verleuten, doch dann beginnt sie mit der Erzählung.
    <Ich sollte am Anfang beginnen, da, wo alles begann für mich.>
    Sie macht eine kurze Pause. Ihre Körpersprache deutet darauf hin, dass diese Worte nicht stimmen.
    <Nein, meine Geschichte begann schon lange vor meiner Geburt. Es war kurz nach dem ersten Krieg. Ein einsamer Nachtelf namens Rayneth Starshadow suchte vergebens in der neuen Welt sein Glück. Er war ein sehr begabter Elf, und auch ein sehr neugieriger. Ihn interessierte die Natur, und alles, was sich mit ihr verband. Insbesondere interessierten ihn die Tiere. Er wollte so wie sie selber werden. Er reiste durch Kalimdor und lernte eine Vielzahl dieser kennen lernen. Seine treue Gefährtin Erelas, eine Nachtsäblerin mit prächtiger weißer Mähne und schwarz gestreiftem Körper, begleitete ihn. Zwei Jahrtausende studierte er die Tiere, und ihr Verhalten, bis er auch selber begann, ihnen nachzuahmen. Er schaffte es sogar, sich in einen wuchtigen Bären zu transformieren, mit der fünffachen Kraft eines normalen Elfen.
    Trotz seiner erstaunlichen Fähigkeit fühlte er sich sehr allein. Erelas jagte die meiste Zeit, und so bot sie ihm nicht viel Gesellschaft, denn auch wenn sie nur eine Katze war, es schien als ob Rayneth Starshadow mit ihr reden konnte.
    Doch das änderte sich eines Tages. Er traf auf seinen Reisen, im südlichen Kalimdor, auf eine wunderbare Elfin. Sie nannte sich Kyra Moonpaw, und gab sich als eine Druidin zu erkennen. Sie war fasziniert von Starshadows’ Fähigkeit, sich in einen Bären zu verwandeln. Auch wenn sie schon viele seinesgleichen gesehen hatte, hatte sie nur wenige gesehen, die diese Kunst so perfekt beherrschten. Dann zeigte sie ihm etwas, dass er sein Leben lang nicht vergessen würde.
    Zuerst dachte er, ihr Fingernägel würden irre rasch wachsen. Doch dann merkte er, dass sich auch ihr Körper veränderte. Überall konnte er sehen, wie weiches, mattes Fell aus ihr herauswuchs, und wie sich ihre Hände und Füße zu Tatzen mutierten. Innerhalb weniger Sekunden starrte eine Katze zu ihm hinauf, und nicht diese bildhübsche Elfin. Und dann wurde ihm bewusst, dass diese Elfin, so wie er, auch sich in ein Tier verwandeln konnte.
    Von diesem Moment an wurden sie Gefährten. Nein, sie wurden sogar mehr. Sie begannen sich zu lieben. Und so sollte es sein, dass einige Jahrtausende später sie ihre Seelen vereinen würden, und der Welt als Mann und Frau gegenüber stehen würden.>
    Die Druidin macht wieder eine kurze Pause, als ob sie vom Fremden etwas erwartet, doch er sitzt nur stur auf seinem Stuhl und starrt sie an.
    <Nun, vielleicht fragst du dich, was das alles mit mir zu tun hat. Es ist sehr wichtig, wenn du meine Geschichte verstehen willst, zu wissen, wer Rayneth Starshadow war. Wie einflussreich er im Zirkel des Cenarius war. Ja, du bist vielleicht überrascht. Denn Kyra Moonpaw war Mitglied dieses Zirkels. Sie erzählte Rayneth sehr viel über ihn, bis er schließlich beschloss ihm beizutreten. Viele Jahrtausende studierte er die Wege und Traditionen der Druiden. Er arbeitete hart, bis eines Tages man ihm einen Sitz im Zirkelrat anbot. Das war vor 3500 Jahren.
    Kurz darauf wurde seine erste Tochter geboren – Erelas Starshadow.>
    Die Druidin schaut den Fremden wieder an, doch dieser zuckt nicht ein mal mit den Wimpern. Er konzentriert sich nur auf die Elfin mit den grünen Haaren.
    <Ja, Erelas hieß sie. Und das nicht zufällig. Sie war ein sehr ungewöhnliches Kind, weiß du? Als sie aus dem Mutterleib kam, hatte sie nicht die Gestalt einer kleinen Elfin, sondern die einer Katze. Daher nannten ihre Eltern sie nach der treuen Gefährtin ihres Vaters.
    Wenig später, es waren nur zwei oder drei Jahre, wurde Rayneth Starshadow sehr einflussreich im Zirkel. Es wurde ihm der Posten des Erzdruiden angeboten, als rechte Hand von Cenarius selbst. Doch – zur Überraschung aller – lehnte er ab. Denn es passierte etwas wunderbares und zur gleichen Zeit schreckliches. Kyra Starshadow starb an den Folgen einer sehr schweren Krankheit. Doch vor ihrem Tod schenkte sie ihrem Mann...>
    Die Elfin pausiert erneut. Der Fremde blickt sie erwartungsvoll an, macht aber nicht die kleinste Bewegung. Die Druidin führt fort.
    <Siehst du, es passierte etwas weltbewegendes. Er bekam eine zweite Tochter. Diese Tochter...war ich.>



    Re: Die Tochter von Starshadow

    Anassaria - 28.08.2005, 21:44


    Teil II: Die einzige Tochter
    Der fremde lässt seinen Blick zum ersten mal von der Druidin schweifen, und betrachtet das Glas, dass sie nun mit zitternder Hand hält. Er macht eine Handbewegung, die wohl bedeutet, dass sie fortfahren soll.
    <Man sagt, dass es an einem warmen Abend war, vor 3500 Jahren. Mein Vater war sehr stolz darauf zu sagen, dass ich am Schrein von Remulos geboren wurde. Und an diesen Abend entstand eine Familienlegende, die noch bis heute bestand hat. Man pflanzte einen Baum in die Mitte des Schreins, der heute noch dort zu sehen ist. Mein Vater legte sich dann unter den noch jungen Baum, und sah in den Himmel. Er merkte, dass eines der Sterne heller schien als alle andere. Und doch konnte er ihn nicht ganz sehen, da ein Teil der Baumkrone ihn verdeckt.
    Wenn du heute zum Schrein gehst, und dich unter den Baum legst, siehst das selbe was er sah. Du siehst das Familiensiegel von Starshadow.
    Aber es gibt eine Besonderheit über diesen Stern. Man sagt, dass wenn der Baumwipfel den Stern gänzlich bedeckt, wird der Familie etwas schreckliches passieren. Und wenn der Baumwipfel dem Stern nicht mal Nahe ist, geschieht der Familie etwas gutes. Bisher hat sich diese Legende als wahr erwiesen.>
    Die Elfin nimmt einen Schluck aus ihrem Glas, und verzieht leicht die Miene, als ob die Flüssigkeit sauer wäre.
    <Und so begann also mein Leben. Schon bei meiner Geburt wurde ich ein wichtiger Bestandteil der Familie Starshadow, viel zu lasten meiner Schwester. Als wenig später meine Mutter starb, zu der sie sehr nahe stand, suchte sie die Nähe ihres Vaters. Doch dieser beachtete sie kaum. Er kannte nur noch mich – Anassaria Starshadow. Er verbrachte viel Zeit mit mir, er erzog mich wie eine traditionelle Druidin. Ich durchmachte und lernte viele Rituale, folgte unseren Traditionen und studierte die Geschichte und Sprache der Druiden. Mein Vater trainierte mich als Widerherstellerin, weil meine Talente in diesem Bereich sehr groß waren. Zwei Jahrtausende lang studierte ich in meiner Heimat Moonglade. Meine Schwester Erelas verließ Moonglade um ihren eigenen Weg zu finden. Für sie war es die richtige Entscheidung, mit meinem Vater wäre sie nie glücklich gewesen. Doch auch in der weiten Welt fand sie ihr Glück nicht, denn alles was sie verlangte – einen Vater der sie liebt, eine aussichtsreiche Zukunft, ein offenes Ohr das ihr zuhörte – hatte sie nicht, und das konnte sie in den weiten Kalimdors auch nicht finden. Und so erfolgte die Trennung von den Schwestern Starshadow, von der die alles hatte, und von der, die in dem Schatten der jüngeren stand.>
    Anassaria pausiert wieder um einen Schluck aus dem Glas zu nehmen. Einen kurzen Moment denkt sie an ihre Kindheit zurück, an ihre Schwester, und wie lieb sie sich hatten. Doch immer gab es eine Barriere zwischen ihnen. Und das war ihr Vater. Es war immer Anassaria, die ihm bei der Jagd begleiten durfte, die ihm in die Ratssitzungen begleiten durfte. Selten nahm er überhaupt wahr, dass er eine zweite Tochter hatte.
    Anassaria schaut in die dunklen Augen des Fremden. Fast meint sie Mitgefühl in ihnen zu erkennen. Aber anstatt etwas Sympathie zu zeigen, starrt er lediglich in ihre Augen und wartet darauf, dass sie fortfährt.
    <Inzwischen war mein Vater nicht mehr so bedeutend im Zirkel des Cenarius, doch unsere Familie besaß immer noch zwei Sitze im Rat, und somit ein wenig Einfluss. Und wegen diesem Einfluss kam es auch, dass uns, meinem Vater und mir, eine Weltreise genehmigt wurde. 1500 Jahre würden wir jede Ecke Kalimdors erkunden, und ich würde Orte sehen, die ich mir nicht mal in meinen Träumen hätte vorstellen können. Einer dieser Orte war der Maraudon, dessen Schönheit unnachahmbar ist und wo ich gerne viel Zeit verbringe, denn die Idylle dort ist unvergleichbar.
    Doch wie jede Reise ging auch diese zuende. Denn in einer warmen Sommernacht, vor 32 Jahren, wurde ich Schwanger>



    Re: Die Tochter von Starshadow

    Anassaria - 01.09.2005, 20:11


    Teil III: Die letzte Liebe
    Der Fremde vernimmt diese Worte mit einem leichten Augenzwinkern und einem Lächeln auf dem Mund. Es ist schon fast ein kleiner Gefühlsausbruch.
    <Bitte sprecht weiter, Tochter von Starshadow>
    Anassaria schaut überrascht den Fremden an. Er lächelt ihr aufmunternd zu. Sie fährt fort...
    <Sie war unehelich, diese Tochter. Nein, nicht nur das. Sie war unheilig. Denn der Vater dieser Tochter...war auch mein Vater.>
    Anassaria schaut in ihr Glas, dass nun leer ist. Eine Träne läuft ihre Wange herunter.
    <Ich möchte über diese Zeit nicht viel erzählen. Es ist das traurigste Kapitel meines Lebens. Doch es gibt etwas was du wissen solltest – ein uraltes Ritual der Druiden. Wir nennen es „Dil’shaldar’shan“, und es heißt soviel wie „Verbindung der Geister“ in der gemeinen Sprache. Es ist ein sehr schweres Ritual, aber ich bin sehr stolz darauf es gemeistert zu haben.
    Nun, ich sollte dir erzählen, was dieses Ritual bewirkt. Es ist eigentlich recht einfach. Die Seelen zweier Personen, mögen sie Elfen oder Menschen sein, verschmelzen sich für eine Zeit zu einer. So kann man die Gedanken und Erinnerungen des Anderen spüren, auch wenn der Geist schon längst verstorben ist. Natürlich sind das nur Erinnerung, die man mit dem anderen zu teilen wünscht, aber sie zurück zu halten erfordert einen sehr starken Geist. Wenn ein Druide die Geisterverbindung zu beenden wünscht, so trennt er mit einer leichten Konzentrationsübung die Seelen, natürlich zuerst mit Einwilligung des anderen, damit es für ihn nicht als zu großen Schock kommt. Es gibt auch einen alternativen Weg die Verbindung zu beenden, und das ist, wenn die zwei Personen sich zu weit von einander entfernen. Diese Entfernung ist variabel, sie wird meistens von den Druiden selbst bestimmt. Häufig sind es nur ein paar Meter, doch es ist auch möglich sie über mehrere Kilometer intakt zu halten. Ist der eine Geist tot, so bestimmt sein Ruheort den Ort, wo sich sein Geist befindet.
    Es gibt bei einer Geisterverbindung drei heilige Gebote, die jeder Druide verpflichtet ist zu beachten. Das erste ist, dass man eine Geisterverbindung nur dann abbrechen darf, wenn man es mit dem anderen vorher bespricht. Es ist allerdings einem Druiden verboten, einem anderen den Abbruch der Geisterverbindung zu verbieten, als zweites heiliges Gebot. Das dritte und wichtigste der drei Gebote ist, dass die zurückgehaltenen Gedanken und Erinnerungen unantastbar sind, und dass der andere Druide keine Anstalten machen darf diese zu entschlüsseln. Damit sage ich auch gleichzeitig, dass zurückgehaltene Gedanken auch abrufbar sind für den anderen, wenn er denn genug Kraft hat sich an sie heranzutasten. Soviel gesagt zum Ritual.
    Doch nun erzähle ich mein traurigstes Kapitel. Es beginnt trügerisch fröhlich. Wir reisten zum Hyjal, und ließen uns im Schatten des Weltbaumes nieder. Ich brachte meine Tochter dort auf die Welt. Myrael nannten wir sie, nach meiner Großmutter. Und in der Nacht, beschlossen mein Vater und ich etwas zu tun, dass mein Leben in den nächsten 32 Jahren prägen würde. Wir schworen uns einen Eid, nie einen anderen zu lieben, auch nicht wenn der Tod uns trennen sollte. Wir schlossen die Arme um aneinander, und schworen uns auch, dass unsere Liebe nie einer erfahren sollte, nicht mal unsere Tochter. Sie würde aufwachsen und nie wissen, wer ihr Vater war. Bis heute weiß sie es noch nicht.
    Doch meinem Vater war der Eid nicht genug. Er wollte den weitgehendsten Beweis für meine ewige Liebe und Treue. Er wollte, dass wir Dil’shaldar’shan herstellen, in ewiger Bindung. Ich willigte ein, und beging einen der größten Fehler meines Lebens.
    Die nächsten 28 Jahre waren für mich die fröhlichste Zeit meines Lebens. Wir verrieten nie das Geheimnis unserer Liebe oder die Wahrheit über unser Kind. Doch dann kam der Krieg, und die Brennende Legion.



    Re: Die Tochter von Starshadow

    Anassaria - 01.09.2005, 20:51


    Teil IV: Einsamkeit und Schatten
    Anassaria seufzt und wischt eine Träne von ihrer Wange. Die Emotionen die sie spürt sind überwältigend. Das, was sie mit ihrem Vater erlebt hatte, konnte nie dupliziert werden. Ihr Verhältnis war einzigartig. Sie schaut den Fremden gar nicht mehr an und erzählt eher ihr selber ihre Geschichte als ihm. Ab und zu schauen die anderen Tavernengäste zu ihr, sie betrachten sie als ob sie verrückt sei. Sie beginnt wieder zu reden, wohlwissend, dass sie gleich in Tränen ausbrechen wird, wenn sie die nächsten Sätze erzählt hat.
    <Wir sammelten uns am Fuße des Berges. Es war sehr heiß und der Himmel brannte. Meinem Vater wurde das Kommando eines Großteils der elfischen Streitkräfte überlassen. Dies geschah viel zum Leid von Sagerath Moonclaw, ein gnadenloser Bärdruide der schon lange mit unserer Familie rivalisierte. Wenn ich heute zurückblicke bin ich erstaunt dass er nicht versucht hat uns zu töten, sein Hass gegen uns war tief. Doch er befolgte ohne Kommentar den Befehlen meines Vaters. Auch ich musste kämpfen, zum ersten mal im meinem Leben. Ich erinnere mich kaum an die Schlacht. Schon nach wenigen Minuten vielen riesige brennende Meteoren vom Himmel. Einer dieser schlug sehr nahe neben mir auf. Ich wurde von der Druckwelle nach hinten geschleudert. Ich prallte auf meinem Rücken auf, und verspürte riesigen Schmerz. Ich versuchte mich selbst zu heilen, doch es gelang mir nicht. Ich war zu schwach. Dann sah ich es plötzlich. Eine riesige Kreatur, ganz in Flammen gehüllt, und so hoch wie mehrere Bäume ragte in den Himmel vor mir. Ich betete mein letztes Gebet zur Elune, denn ich dachte dass es für mich keine Hoffnung gab. Aber es kam anders. Mein Vater, durch die Geisterverbindung, spürte, dass ich in Lebensgefahr schwebte. Er kam rasch zu mir, und legte sich mit der Kreatur an. Viele Minuten lang tobten sie im Kampf. Mein Vater wurde mehrmals nach hinten geschleudert, doch immer stand er wieder auf. Er kämpfte in seiner Urform, in der Gestalt eines Bären. Irgendwann gelang es ihm, der Kreatur einen mächtigen Prankenhieb zu verpassen. Die Kreatur taumelte und fiel zu Boden. Mein Vater kam zu mir. Er blutete heftig. Seine Wunden waren tief, doch es schien ihn nicht zu stören. Irgendwie stieg ich auf seinen Rücken und er trug mich vom Schlachtfeld. Er legte mich auf einer einsamen Wiese herab, mit sicheren Abstand zur Schlacht. Dann kehrte er mir den Rücken zu, um seiner Pflicht nachzukommen – der Rettung dieser Welt. Ich versuchte zu winken, doch mein Arm lag schlaff im Gras. Langsam, fast schleppend entfernte er sich. Schließlich war er verschwunden. Dies war das letzte mal, dass ich meinen Vater lebend sah.>
    Und so kam es auch. Anassaria brach in Tränen aus und fing an zu weinen. Der Fremde streckte seine Hand aus, und streichelte ihre Wange. Er wischte ihr die Tränen weg, und flüsterte ein paar aufmunternde Worte. Anassaria begann zu lächeln, und fand den Mut, fortzufahren.
    <Ich weiß nicht wie viel Zeit verging, bis ich wieder aufwachte, doch es musste einige Tage später sein. Mein erster Gedanke war nur: ‚Ich lebe, Elune sei Dank ich lebe!’. Doch dann spürte ich es. Ein tiefer Schmerzen in meinem inneren. Es war meine Seele. Es war nicht zu ertragen. Ich wusste sofort was geschehen war. Mein Vater lebte nicht mehr. Er hatte die Schlacht nicht überlebt. Die Welt war gerettet, doch ich wurde allein und einsam zurückgelassen. Aber vielleicht nicht ganz allein. Plötzlich erinnerte ich mich daran, dass meine Tochter vielleicht noch lebte. Sie hatte nicht gekämpft, sie war noch zu jung. Wir hatten sie in einer Höhle versteckt, wo sie sicher sein sollte, wenn die Legion scheitern würde. Ich eilte zu dieser Höhle. Zuerst sah ich nur Dunkelheit, doch aus dem hinteren hörte ich sanftes Schluchzen. Ich rannte in Richtung des Geräusches und fand sie. Myrael Starshadow war nichts zugestoßen. Wir umarmten uns ganz feste und weinten Freudentränen. Ich war doch nicht allein – oder so dachte ich.
    Im Nachhinein weiß ich nicht mehr, was genau geschah in den nächsten Wochen. Ich weiß nur, dass ich von der Stimme meines Vaters gequält wurde. Er sprach andauernd zu mir durch die Geisterverbindung, er ließ mich nicht ruhen. Ich zog zurück in meine Heimatstadt Nighthaven, doch der Ort war nun trostlos für mich. Besonders die Erinnerungen meines Vaters machten diese Zeit so schmerzhaft für mich. Ich wollte die Geisterverbindung abbrechen, doch ich fand nie die Kraft es zu tun. Irgendwie war ich zu schwach dazu.
    In einer Nacht, einige Wochen nach der letzten Schlacht, als ich wieder einsam in meinem Bett lag, und nicht einschlafen konnte, wusste ich, dass es nicht mehr anders ging. Ich verließ sehr leise und diskret das Haus, ohne Myrael zu wecken, und machte mich auf die Reise. Eine Reise, von der ich nicht beabsichtigte wiederzukehren. Ich wollte nach Menethil reisen, einem Hafen in den östlichen Königreichen. Ich hoffte, dass, so weit von meiner Heimat entfernt, die Geisterverbindung abbrechen würde und ich so den quälenden Schmerz meines Vaters loswerden konnte. Ich bestieg in Auberdine ein Schiff, und reiste fort. Je weiter wir uns vom Hafen entfernten, desto schwächer wurde die Stimme meines Vaters, bis sie irgendwann am frühen morgen verschwand. Doch trotzdem war ich beunruhigt. Das letzte, was die Stimme mir sagte, war: „Du kannst nie einen anderen Lieben, denn du hast mir einen Eid geschworen. Ihn zu brechen würde bedeuten, deine Seele zu zerreißen“.>



    Re: Die Tochter von Starshadow

    Anassaria - 12.09.2005, 19:25


    Teil V: Schmerz und Liebe
    Die Druidin macht eine kurze Pause und schaut den Fremden merkwürdig an, als ob sie ihn aus irgendeinem fernen Land kennen würde. Doch schnell verwischt sie den Gedanken, den Fremden konnte sie noch nie irgendwo gesehen haben...
    <Ich streifte Jahre lang ohne Ziel durch die östlichen Königreiche, besuchte die Zwergenstadt Ironforge und die Menschenstadt Stormwind, und ich vergaß – ja ich vergaß meine Vergangenheit. Ich lernte die verschiedenen Völker Azeroths kennen, und studierte ihr Verhalten. Ich lernte schnell, dass nicht jeder Mensch, Zwerg oder Gnom so vertrauensvoll war, wie ein guter Elfenbruder. Einem Menschen sollte man sich nur vorsichtig annähern, denn viele ihrer Spezies sind korrupt. Die Zwerge sind eine kriegerische Rasse, die manchmal guten Humor haben, aber sich auch leicht erregen lassen und unter überschüssigen Konsum der Droge „Alkohol“ leiden – eine Substanz die ich nie anrühren werde. Die Gnome sind eine raffinierte kleine Rasse, die sich allerdings zu sehr mit der Technik beschäftigen. Sie werden in wenigen Jahren sich selber durch ihre Technik zerstören. Gnomeregan haben sie ja schon aufgeben müssen...
    Aber das ist auch eine sehr grobe Verallgemeinerung. Ich traf auf meinen Reisen einen menschlichen Schurken. Ich trat auch ihm misstrauisch gegenüber, und verspottete ihn für seine Manieren, aber später lernte ich ihn auch schätzen. Sein Name war Del.
    Er bot mir einen Platz in seiner Gemeinschaft an, und ich akzeptierte. Durch sie lernte ich auch viele andere Menschen kennen. Menschen, die auch Respekt für mein Dasein und das der Elfen hatten. Eines dieser Menschen war die Magierin Sefira Vindest, mit der ich heute immer noch sehr eng befreundet bin. Aber auch unter so vielen Freunden fühlte ich mich alleine. Ich war die einzige Elfe in der Gemeinschaft und damit auch die einzige Druidin. Und was mir am meisten fehlte war einer, der mich liebte.
    Auch wenn ich mich wohl fühlte in der Gemeinschaft, sie brach irgendwann zusammen. Meine Freunde die ich gewonnen hatte verschollen langsam, nur noch Del sah ich in unregelmäßigen Abständen. Ich dachte an Selbstmord. Es wäre auch wohl soweit gekommen, wäre hätte ich nicht Piluna getroffen. Sie war ebenfalls eine Druidin, und auch über Jahrtausende meine Freundin. Ich dachte sie wäre am Hyjal gestorben. Doch mein Wiedersehen mit ihr gab mir neue Kraft, die Kraft weiterzuleben.>
    Der Fremde scheint mittlerweile sehr interessiert in der Geschichte. Bisher nahm er lediglich ihre Worte wahr und starrte sie wie eine Maschine an. Aber jetzt nickte er gelegentlich oder sagte manchmal „Mmh“.
    Anassaria bestellte bei der Wirtin zwei Mondbeerensäfte, dabei ignorierte sie den merkwürdigen Blick, den die Wirtin ihr schenkte. Anassaria kehrte zum Tisch zurück und stellte einen der Säfte vor den Fremden. Er starrte das Glas lediglich an, berührte es jedoch nicht. Er war nur an ihrer Geschichte interessiert...wenn überhaupt.
    <Mit dieser neuen Kraft ging ich nach Ironforge, vorerst ohne wirklichen Wissen, was ich tun wollte. Rückblickend denke ich, dass es das Schicksal war. Denn an diesem Tag fand ich endlich das, wonach ich jahrelang gesucht hatte – eine Gemeinschaft, die mich nicht länger allein fühlen lies. Ich wurde Mitglied des schneeweißen Pfades, dessen Kodex der nobelste in ganz Azeroth ist, und dem auch diese Taverne hier gehört. Es ist ein Zusammenschluss der Allianz unter der weißen Flagge des Friedens.
    Del gehörte dieser Gemeinschaft an, und später auch Sefira, die ich eines Tages in Tanaris wieder traf. Aber ich fand auch andere in dieser Gemeinschaft. Ymtralis die Zwergin, die eine genaue Vorstellung einer perfekten Welt hatte. Telgalan und Velrok, zwei Magier, die in ihren Elementen verschiedener nicht hätten sein können, und trotzdem schienen sie wie Brüder. Und es gab noch einen Krieger...Nurion war sein Name.>
    Anassaria seufzt, als sie an Nurion denkt, und sein plötzlicher, unerwarteter Tod. Wieder fangen ihre Augen an zu Tränen. Sie spricht nun mit etwas gedämpfter Stimme.
    <Später kamen auch ein junges Pärchen in die Gemeinschaft, Timarea und Caradiel Munsharan. Timarea war eine Druidin wie ich selbst, Caradiel ein Priester der Elune. Durch sie gelangte ich zu meinem ultimativen Glück – oder war es Schmerz? Es war auf jeden Fall ein Ereignis dass mein Leben für immer bewegt hat. Ich traf einen jungen Druiden. Varsarion war sein Name, aber er offenbarte seinen Nachnamen nicht. Ich wusste nicht mal, ob er einen hatte. Aber er war sehr attraktiv, und ich fühlte mich von ihm angezogen, schon auf den ersten Blick. Er wirkte doch sehr nervös in meiner Anwesenheit, wahrscheinlich wegen meinem Alter und er damit verbundenen Weisheit.
    Ich lernte ihn näher kennen, und er erzählte mir, dass er ein Halbmensch sei. Ich dachte, dass ich ihn durch diese Aussage verabscheuen würde, doch im Gegenteil, ich fand ihn dadurch umso interessanter. Zusammen reisten wir noch am selben Abend nach Moonglade. Es war das erste mal seitdem ich meine Heimat verlassen hatte, dass ich zu ihr wiederkehrte. Die damit verbundenen Erinnerungen waren sehr schmerzhaft, besonders weil sie wieder sehr nahe schienen. In der Ferne konnte ich die quälende Stimme meines Vaters hören – oder bildete ich es mir nur ein? Doch plötzlich sah mir Varsarion in die Augen, ich...ich vergaß das alles. Ich vergaß die Worte meine Vaters: „Du kannst nie einen anderen Lieben, denn du hast mir einen Eid geschworen. Ihn zu brechen würde bedeuten, deine Seele zu zerreißen“. Ich schaute zurück in seine Augen, und ließ mich von meinen Gefühlen leiten. Worte waren nicht mehr von Nöten, unsere Blicken sagten uns eindeutig: „Ich liebe dich“. Er beugte sich zu mir herab und küsste mich auf den Lippen. In diesen Augenblick spürte ich tief in mir einen fürchterlichen Schmerz, wie ich ihn noch nie gespürt hatte. Ich hatte den Eid gebrochen, und meine Seele war nun gespalten.



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