Tante Georgianas Stadthaus

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    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 18.03.2007, 11:33

    Tante Georgianas Stadthaus
    hier hält sich Georgiana auf, solange sie in London weilt.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 18.03.2007, 14:15


    Charlotte hielt den Untersetzer zu ihrer Teetasse in der linken Hand, und nippte nachdenklich an dem warmen Gebräu.
    Sie befand sich im Salon des Hauses, wo sie auf Georgiana wartete, damit sie sich unterhalten und gemeinsam ihren Tee einnehmen konnten.
    Noch allerdings war von Georgiana nicht zu sehen.
    Aber auch das kannte Charlotte bereits.
    Die ältere Lady hatte immerzu Dinge zu regeln, und war viel zu diszipliniert, um Müßiggang zu dulden.
    Charlie störte sich daran nicht weiter.
    Ein Lächeln legte sich auf ihr hübsches Gesicht, als sie, einer Eingebung folgte, ans Fenster trat.
    Sie schob die langen Vorhänge zur Seite, und sah nach draußen.
    Eine Kutsche fuhr gerade die Straße herauf, und zu ihrer Überrschung bog sie in die Auffahrt des Hauses ein.
    Noch sehr viel mehr verwunderte sie allerdings die Tatsache, dass sie die Kutsche kannte.
    Das Gefährt wurde von einem Rappen und einem Fuchs gezogen - und war damit die einzige Kutsche, die von zwei verschiedenfarbigen Pferde gezogen wurde - was aber nur zum Teil daran liegen mochte, dass der Besitzer der Kutsche diesen Unterschied nicht sehen konnte oder wollte.
    Charlotte seufzte leicht und trat vom Fenster zurück.
    Was würde Daniel wohl hier wollen?
    Was hatte ihn dazu bewegt, das Haus zu verlassen?
    Hoffnung keimte in ihr auf, auch wenn sie wusste, dass sie wahrscheinlich eine herbe Enttäuschung erleiden würde, und innerlich bereitete sie sich schon darauf vor.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 18.03.2007, 14:48


    pp: Strassen

    Daniel folgte Charles ins Haus und ließ sich dann von dem Butler zum kleinen Salon führen, in dem Georgiana normalerweise um diese Uhrzeit anzutreffen war.
    Doch an diesem Tag schien irgendwie nichts so zu sein, wie es sein sollte. Zumindest hatte Daniel das Gefühl, als er von Charles in den Salon begleitet wurde und dort feststellen musste, dass nicht Tante Georgiana ihn hier erwartete, sondern seine Gattin, von der er sich am Morgen nicht sehr freundlich verabschiedet hatte.
    Daniel konnte den süßlichen Duft ihres Parfüms ausmachen, als er den Raum betrat.

    „Guten Abend, Mrs. Lancaster.“ begrüßte Charles sie mit einer leichten Verbeugung und wandte sich dann an Daniel. „Ich werde meiner Mistress mitteilen, dass sie nun eingetroffen sind, Mr. Lancaster.“

    Daniel nahm es mit der Höflichkeit nicht so genau, wie der Butler, und nahm ohne ein Wort zu verlieren Platz.

    „Was für ein Zufall dich hier zu treffen, Charlotte.“ sagte Daniel, nachdem der Butler das Zimmer verlassen hatte. „Ich dachte du wolltest heute weiterreisen.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 18.03.2007, 15:01


    Charlotte blieb am Fenster stehen, als ihr Mann eintrat, aber sie erwies ihm immerhin die Höflichkeit eines Lächelns.
    "Ich bin weitergereist." Wies sie ihn mit ruhiger Stimme daraufhin.
    "Hier her." Sie näherte sich dem kleinen Tisch und der Chaiselonge und ließ sich anmutig darauf nieder.
    "Aber offensichtlich bin ich nicht die einzige, die ihre Pläne ändert." Stellte sie fest, während sie ihn musterte, und in seinem Gesicht zu lesen versuchte.
    "Denn soweit ich mich entsinne, wolltest du dein Haus nicht mehr verlassen." Sie sah ihn aufmerksam an, betonte, dass es sein Haus war, und nicht ihr gemeinsames, und versuchte zu ergründen, was ihn dazu getrieben haben mochte, diesen Schritt zu tun.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 18.03.2007, 15:13


    Daniel verzog sein Gesicht zu einer verächtlichen Grimasse, als er ihre Antwort vernahm. Er mochte nicht daran denken, wie oft sie ihn schon belogen hatte, indem sie ihm einfach vormachte auf Reisen zu sein.
    In dem abgeschiedenen Haus am Land, bekam er nicht viel mit, was in der Stadt vor sich ging.
    Es hätte ihm egal sein müssen, doch immer wieder erwischte er sich dabei, wie die Wut und auch Eifersucht in ihm aufkeimte, wenn er daran dachte, dass Charlotte sich inzwischen hier amüsierte.

    „Das muss an deinem guten Einfluss liegen, Liebling.“ erwiderte er spöttisch. „Ich dachte mir, ich sollte für mich selbst herausfinden, was du am Reisen so liebst. Ich muss gestehen, ich bin ein wenig enttäuscht, da du deine Freizeit damit verbringst Tee zu trinken und mich bei meiner Tante anzuschwärzen.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 18.03.2007, 15:19


    "Bist du hergekommen, um zu streiten, Daniel?" Fragte Charlotte ihn seelenruhig, ohne auf seine Spötteleien einzugehen.
    Sie hatte diesen Mann geheiratet.
    Und sie kannte ihn, wusste, dass er sensibel war, und dass sein Spott das einzige war, mit dem er überspielen konnte, was er empfand.

    "Falls dem so ist, musst du leider auf meine Gesellschaft verzichten. Mein Streitbedarf wurde bereits heute morgen von meinem reizenden Gatten gedeckt, falls du dich erinnerst." Sagte sie, nahm die Teetasse und führte sie an ihre Lippen.

    Sie wartete einen kurzen Moment, und sah Daniel an.
    "Möchtest du auch einen Tee?" Fragte die junge, hübsche Frau anschließend, so als existiere ihre Bemerkung von vorher gar nicht.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 18.03.2007, 15:32


    Daniel hätte gerne auf ihre Gesellschaft verzichtet, wusste er doch, dass nichts Gutes dabei herauskam, wenn er mit Charlotte in einem Raum war.
    Im Endeffekt stellte sich nur heraus, dass sie nicht dazu geeignet waren, ein ruhiges Gespräch zu führen.
    Natürlich wäre Daniel nie in den Sinn gekommen, dass er den Großteil der Schuld für ihre Streiterein trug.

    „Nein, danke. Ich habe heute genug von Tee.“ sagte er ablehnend. Charlottes Anwesenheit wirkte keinesfalls entspannend auf ihn. Er hörte in die Stille hinein, ob er Georgianas Schritte auf dem Flur hörte, doch da war nichts.

    „Wo ist Georgiana eigentlich?“ fragte Daniel, nachdem eine lange Pause zwischen den Eheleuten entstanden war.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 18.03.2007, 15:45


    "Oh, das klingt ganz so, als wäre dein Tag nicht nach deinen Vorstellungen verlaufen..." Erkannte Charlotte treffsicher, und setzte Tasse sowie Untersetzer ab.
    Sie lehnte sich ein wenig zurück, büßte dabei aber nicht im Geringsten ihre Anmut oder ihre Grazie ein, als sie Daniel ansah, und sie eine Strähne ihres rotbraunen Haares aus dem Gesicht strich, die sich aus ihrer Hochsteckfrisur gelöst hatte.

    "Ich weiß es nicht." Entgegnete sie aufrichtig.
    "Mir wurde gesagt, sie hätte noch einige Dinge zu regeln, was auch immer das sein mag." Charlotte zuckte leicht mit der Schulter, und fuhr dann mit einer Vermutung fort.
    "Ich nehme an, es betrifft die Vorbereitungen für ihre Feier..." Charlotte schlug die braunen Augen nieder, blickte dann wieder auf und sah Daniel an.
    "Und warum bist du hier?"



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 18.03.2007, 18:35


    Richtig, die Feier.
    Daniel hatte für einen kurzen Moment sogar vergessen, weswegen er extra hergekommen war. Er wollte Georgiana persönlich erklären, weshalb er es vorzog am Sonntag nicht zur Geburtstagsfeier zu erscheinen.
    Er ging stark davon aus, dass Charlotte ebenfalls dort auftauchen würde, ein weiterer guter Grund, um das Fest zu meiden.

    Er merkte, dass Charlotte auf eine Antwort von ihm wartete. Daniel beschloss ihr die Wahrheit zu sagen, schließlich kannte sie ihn gut genug, um seine Ausreden sofort zu durchschauen.

    „Ich bin hier um Georgiana mitzuteilen, dass ich am Sonntag leider keine Zeit haben werde, um zu der besagten Feier zu erscheinen.“ sagte Daniel und man konnte ihm ansehen, dass er das ungern zugab.

    „Und was machst du hier? Gestern hast du mir noch mitgeteilt, dass du heute nach Bath aufbrechen möchtest.“

    Hat dich dein Begleiter etwa sitzen gelassen?
    Oder was ist ansonsten der Grund, dass du die Zeit meiner Tante vergeudest?



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 19.03.2007, 00:45


    Charlotte sah auf, und ihre braunen Augen blickten Daniel zweifelnd an.
    "Du hast keine Zeit?" Fragte sie und ihrer Stimme war zu entnehmen, dass sie ihm nicht glaubte.
    "Was hast du denn am Sonntag geplant, dass soviel wichtiger ist, als der sechzigste Geburtstag deiner Tante?" Charlotte hob eine Augenbraue, und sah ihn vorwurfsvoll und leicht spöttisch an.
    "Musst du arbeiten? Oder hast du ein nicht zu verschiebendes Rendezvous mit deinem Sofa?!" Obwohl Charlottes Stimme sich nicht über normale Sprechlautstärke erhob, und sie beim sprechen sanft und mild klang, fügte der Spott, der in ihren Worten lag, ihr auch eine gewisse Schärfe zu, so subtil jedoch, dass jemand, der sie nicht kannte, das gar nicht wahrnehmen konnte.

    Sie schlug die Beine übereinander, und schaute Daniel aus aufmerksamen, dunklen Augen an.
    "Meine Pläne haben sich kurzfristig geändert." Erklärte sie ihm geduldig, ein Lächeln auf den Lippen.
    "Mein Hotelzimmer steht im Augenblick nicht zur Verfügung, weil es im Hotel zu einer Überbelegung kam. Aus diesem Grund werde ich bis Montag bei Georgiana wohnen. Und am Sonntag selbstverständlich ihre Feier begehen."
    Etwas, das sie eigentlich auch von ihrem Neffen erwarten können sollte.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 19.03.2007, 11:15


    "Oh, entdecke ich da einen Anflug an Spott in deinen Worten? Das ist ja eine ganz neue und ungewohnte Seite, die ich da an dir entdecke." erwiderte Daniel ungerührt. Sie beide beherrschten dieses Spiel und Daniel würde keinesfalls nachgeben und sich durch ihre Worte schuldig fühlen.
    Diese Zeiten waren längst vorbei.

    "Ich glaube kaum, dass dich der Grund für mein Fernbleiben in irgendeiner Weise etwas angeht. Du solltest dich besser um deine eigenen Angelegenheiten kümmern, so wie du es immer schon getan hast." fügte er hinzu und seine Stimme klang kühl und unfreundlich.

    Plötzlich kehrten die alten Gefühle wieder zurück und die Erinnerung an die Streiterein, die zwischen ihnen geherrscht hatten.
    Daniel konnte nicht aufhören ihr weiterhin die Schuld an all dem Unglück zu geben, das ihre damals noch 'heile Welt' zerstört hat. Trotzdem brachte er es nicht fertig sie zu hassen und das war es, was Daniel erst richtig wütend machte.
    Er hatte noch immer Gefühle für diese Frau und würde wahrscheinlich niemals aufhören sie zu lieben.

    "Außerdem reicht es doch schon, dass du an dem Fest teilnehmen wirst. Da kannst du dich ungestört nach dem nächsten Liebhaber umsehen."



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 19.03.2007, 13:38



    Charlotte Florence Lancaster (Wer die Wahl hat, hat die Qual... welcher der beiden hättest denn gerne?)

    "Das Darling, ist eine böswillige Unterstellung." Erwiderte Charlotte ohne sich von seiner Bemerkung aus der Ruhe bringen zu lassen.
    Daniel unterstellte ihr unpässliche Liebschaften?
    Er hielt ihr vor, sich mit anderen Männern abzugeben?
    Sollte er, wenn es das für ihn leichter machte.
    Dann sollte er sich aber bitteschön auch fragen, warum das so war.

    "Aber selbst wenn diese Unterstellungen zutreffen sollten...." Fuhr sie langsam fort und ein Lächeln zierte ihr schönes Gesicht, "...dann solltest du dich fragen warum das so ist." Charlottes dunkle Augen glitzerten, während sie ihn ansah.
    "Vielleicht liegt es daran, dass ich ein schlechter Mensch bin, ein schwacher Mensch, der den Schmeicheleien anderer nicht widerstehen kann." Schlug sie vor, da sie wusste, dass das in etwa Daniels Blickwinkel wiedergeben würde.
    "Vielleicht liegt es aber auch daran, dass mein eigener Mann mich nicht mehr anzurühren vermag, mich abweist, und wann immer er mich ansieht, er nur ein Monster in mir sieht." Das war der Blickwinkel, aus dem Charlotte das alles betrachtete.
    Daniel mied sie, wann immer es ihm möglich war.
    Er vermied es, sie zu berühren und Zärtlichkeiten waren im ein Gräuel.
    Bedürfnisse jener Art schienen ihn schon lange nicht mehr zu locken, und wenn sie versuchte, zu ihm durchzudringen, dann zeigte er ihr nur die kalte Schulter.
    Die meisten Frauen wären an Daniels Verhalten zerbrochen, oder darüber wahnsinnig geworden.
    Charlotte aber war nicht wie die meisten Frauen.
    Sie war stark und selbstbewusst genug, die Schuld nicht bei sich zu suchen.
    Aber sie kämpfte auch nicht länger um einen Mann, den sie verloren hatte, sondern fand sich damit ab, dass es so war.
    Und das wiederum gab ihr die Stärke, ihm zu begegnen, und seinen höhnischen und spöttischen Äußerungen ausgefeilte Konter entgegenzusetzen.

    Sie sah ihn ruhig an, bemerkte die Anspannung auf Daniels Gesicht und wusste instinktiv, dass er nicht hören wollte, was sie ihm zu sagen hatte.
    "Und was meine Angelegenheiten betrifft, Daniel, so gehört deine liebe Tante dazu." Sagte sich, sich dessen bewusst, dass er das nur noch weniger hören wollte.
    "Du weißt, dass ich Georgiana mag, und glücklicherweise schätzt sie mich ebenso. Und da du ihr nicht die Aufmerksamkeit zukommen lässt, die sie verdient, tue ich das, so oft ich es vermag."



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 19.03.2007, 14:20


    "Welch ein wundervolles Wortspiel du da verwendest, meine Liebe." sagte Daniel und lehnte sich zurück, während er über ihre Worte nachzudenken schien. "Ich kann weder ein Monster, noch irgendetwas anderes sehen, da ich blind bin, falls du es noch nicht bemerkt hast."

    Nein, er sah nicht wirklich ein Monster in ihr, nicht mehr.
    Sie war ihm die meiste Zeit über sogar gleichgültig geworden, bis auf die kurzen Momente, in denen er sich daran zurück erinnerte, dass er ihr einst seine bedingungslose Liebe geschenkt hatte.
    Zumindest das, was er an Liebe für sie aufbringen konnte.
    Er hielt sich selbst für schwach, derlei Gefühle zugeben zu müssen. Schon früher war es ihm nicht leicht gefallen, Emotionen zu zeigen und auszudrücken, bis zu dem Zeitpunkt als ihr Sohn zur Welt kam.

    Daniel versuchte den Gedanken an ihn zu verdrängen. Die Erinnerung schmerzte bloß und brachte ihn nicht wirklich weiter.

    "Wozu sollte ich mich Georgiana aufdrängen, du erledigst deinen Job doch fantastisch." sagte Daniel nicht mehr ganz so ruhig wie zuvor.
    Ihre Unterstellungen veranlassten ihn ein weiteres Mal in Wut zu geraten.
    "Am besten, du ziehst gleich hier ein, dann hätte ich ein für alle Mal meine Ruhe vor dir."

    ooC: alle beide sehr, sehr hübsch! Du hast nen tollen Geschmack! Ich überlasse es dir, du spielst die liebe Charlotte, da darfst du auch das Foto aussuchen.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 19.03.2007, 15:30


    "Ob du blind bist oder nicht, ansehen tust du mich dennoch, wenn du mir den Blick zuwendest. Und ich bin mir sicher du hörst nicht nur eine Stimme, wenn ich mit dir spreche." Entgegnete Charlotte auf den Hinweis, dass Daniel überhaupt nichts mehr sehen konnte.
    "Davon einmal abgesehen benötigt man kein Augenlicht, um zu bemerken, wann man die Gefühle anderer verletzt." Sagte sie und ihre Miene verschloss sich ein wenig.
    "Hör endlich auf, deine Augen als Rechtfertigung für dein Handeln zu verwenden, Daniel. Wenn du dich bemitleiden willst, dann tu das, aber mach nicht die Ganze Welt für das verantwortlich, was dir widerfahren ist." Ihre Stimme erhob sich nicht, aber ihre Worte gewannen an Schärfe.
    "Du glaubst, Gefühle seien eine Schwäche? Du hältst dich für stark, Daniel? Dann solltest du dich einmal mit meinen Augen sehen. Du würdest erkennen, was für ein schwacher Mensch du wirklich bist." Was sie zuletzt sagte, trug einen traurigen Klang in sich, und Charlotte senkte den Blick zu Boden.
    Sie hatte diesen Mann geliebt, und auf eine Art tat sie es immer noch.
    Nach allem, was geschehen war, war er noch immer ihr Mann. Und sie trugen beide die Ringe, die sie aneinander banden, auch wenn ein gemeinsames Leben kaum mehr möglich schien.
    Die Stille, die sich nach ihren Worten über sie beide gelegt hatte, wurde jäh unterbrochen, als Daniel das Wort ergriff und Charlotte daraufhin wieder aufsah.
    "Ich reise gerne." Erwiderte sie. "Und ich denke nicht einmal im Traum daran, dir das Haus einfach so zu überlassen. Du lässt es ohnehin nur verkommen."
    Charlotte zuckte leicht mit der Schulter.
    Sie war seine Frau, und würde es bleiben, denn eine Scheidung kam für keine der beiden Familien in Frage - das würde schließlich nur ein schlechtes Licht auf sie werfen.
    Stattdessen hatten sie diese Lösung gewählt und Charlotte erinnerte sich an den Tag, da sie Daniel zum ersten Mal verlassen hatte.
    Damals hatte er sie gebeten, zu bleiben, und sie war dennoch gegangen, in der Hoffnung, dass ihre Abwesenheit ihm die Möglichkeit geben würde, sich zu fangen.
    Es war nur schlimmer geworden.
    "Manchmal frage ich mich, wo wir heute stünden, wenn das alles nicht passiert wäre...." Sagte sie, klang dabei nachdenklich, und ein wenig abwesend, aber nicht schmerzlich berührt, oder gar traurig.
    Es war ihre Art, mit Erlebnissen fertig zu werden, in dem sie über sie nachdachte, sich Gedanken dazu machte, die manchmal sogar in philosophische Richtung gingen.

    ooC: Na gut - oh und danke! :) dann wird's die Catherine... strahlt meiner Ansicht nach n bissl mehr die Stärke aus, die ich der Charlotte zuspreche...



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 19.03.2007, 16:40


    "Das sagst ausgerechnet du?" Ein bitteres Lachen folgte auf seine Worte. Er hatte sich schon einiges von ihr anhören müssen, aber dass ausgerechnet sie ihn als schwach bezeichnete, war eine Beleidigung, die er nicht auf sich sitzen lassen wollte.

    Charlotte vermochte es zwar Außenstehenden vorzuspielen, dass sie durchaus zufrieden war, mit dem Leben das sie führte, doch wusste Daniel, dass all diese Reisen bloß der Versuch waren, vor ihren Problemen davonzulaufen.
    Sie konnte es nicht ertragen, sich mit ihm abzugeben, deshalb tat sie das einfachste, was ihr in den Sinn kam.
    Sie war auf der Flucht und das schon seit zwei vollen Jahren.
    Und noch immer schien sie nicht genug davon zu haben, denn kaum war sie heimgekehrt, zog es sie schon wieder fort und Daniel ertrug es langsam nicht mehr. Da war es ihm sogar lieber, wenn sie für immer fern blieb.

    "Wer läuft denn bereits seit zwei Jahren vor der bitteren Wahrheit davon? Du konntest doch gar nicht schnell genug die Flucht ergreifen. Im Grunde bist du keinen Deut besser als ich. Also wäre ich an deiner Stelle mit solchen Anschuldigungen das nächste Mal ein wenig vorsichtiger. Man kann nie wissen, wie viel Verständnis sein Gegenüber dafür aufbringt."

    Als er sie nun so reden hörte, so kühl und distanziert, musste er sich zurückhalten, um nicht sogleich wieder beleidigend zu werden. Er wusste genau, worüber sie da sprach und es war furchtbar mit anzuhören, wie wenig an Gefühlen es sie kostete, darüber nachzudenken.

    "Wozu sich Gedanken darüber machen? Es ist geschehen und niemand kann etwas daran ändern."

    ooC: Ja, passt sehr gut. Sie ist eine super schöne und starke Frau!!



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 19.03.2007, 21:40


    "Stimmt." Gab Charlotte ihm überraschenderweise recht.
    Sie war noch nie ein Mensch gewesen, der anderen zum Trotz auf eine Halbwahrheit bestanden hatte, oder der seine Meinung anderen gegenüber durchsetzte, nur weil es die eigene Meinung war, und alle anderen nur grundsätzlich verkehrt sein konnten.

    "Ich laufe weg." Sie sah ihn aufrichtig an.
    "Aber ich laufe weg, weil du mir keine andere Wahl lässt. Du lässt nicht zu, dass ich mit dir spreche. Du lässt nicht zu, dass ich dir nahe kommen kann. Wie soll ich etwas... bereinigen, das du nicht an dich herankommen lässt?" Sie zuckte mit der Schulter.
    Es war sinnlos darüber zu sprechen, und regte Daniel nur auf.
    Also war es wahrscheinlich besser, das Thema zu wechseln, und über derlei Angelegenheiten zu schweigen.

    Sollte er ihr die Schuld geben. Darauf lief es hinaus.
    Ihre Augen glitten zur Türe hinüber, aber dort regte sich nichts.
    Tante Georgiana schien nicht einmal in der Nähe zu sein.
    Also mussten sie sich selbst gegenseitig Gesellschaft leisten und irgendwie musste es Charlotte gelingen, das Gespräch wieder in seichtere Gewässer zu lenken.

    "Georgiana hat mir erzählt, dass du seit einiger Zeit einen neuen Assistenten hast? Jedenfalls meinte sie, dass Scott nicht mehr in deinen Diensten stünde..." Begann sie, unwissend, dass auch dieses Thema nicht wirklich besser war.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 20.03.2007, 10:31


    "Richtig, Scott ist gestorben." meinte Daniel und die Lüge ging ihm sehr leicht über die Lippen. Er verschwendete eigentlich kaum mehr einen Gedanken an seine ehemaligen Assistenten. Dazu hätte er auch eigentlich gar nicht die Zeit, denn in den zwei Jahren hatte es kaum einer von seinen Angestellten länger als ein paar Monate bei ihm ausgehalten.
    Daniel führte das auf mangelndes Pflichtgefühl zurück. Eigentlich konnte er ganz umgänglich sein, zumindest wenn er schlief und das tat er eigentlich ganz schön oft.
    Aus diesem Grund verstand er es erst recht nicht, weshalb seine Assistenten es nicht auf die Reihe bekamen, seine einfachen Wünsche auszuführen.

    "Und seinen Nachfolger habe ich gerade vorhin gefeuert." erzählte Daniel weiter, als würden sie sich gerade über das Wetter unterhalten. Da bei Daniel Kündigungen beinahe an der Tagesordnung standen, war diese Thema für ihn zumindest nicht so unangenehm wie über ihre Ehe zu sprechen.
    Doch langsam sehnte sich auch Daniel seine Tante herbei, um aus dieser Situation befreit zu werden.

    Tante Georgiana hatte noch einiges zu erledigen, bis sie den Eheleuten Lancaster Gesellschaft leistete. Sie hatte von Charles bereits über den Vorfall in Daniels Haus erfahren und deshalb vorausschauend einen Brief an Alexander Corvinus verfasst, mit der Bitte, ihr Schreiben an den netten Mr. Kincade weiterzuleiten.
    Es ging darin um mehr, als um die Kündigung. Wenn Desmond nur halb so brillant wie sein Vater war, dann war er genau der richtige Mann für diesen Job.
    Georgiana kehrte deshalb ein wenig verspätet in den kleinen Salon zurück und fand Charlotte und Daniel in eisigem Schweigen gehüllt vor.
    Anscheinend hatte es wieder einmal eine kleine Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden gegeben.

    "Einen schönen guten Abend." sagte Georgiana, als sie mit einem zufriedenen Lächeln den kleinen Salon betrat. Es war ihr anzumerken, dass es sie überaus freute, ihren Neffen mit seiner Frau begrüssen zu können. Einen solchen gemeinsamen Besuch der Eheleute hatte es schon seit Jahren nicht mehr gegeben.
    "Was soll daran schön sein?" fragte Daniel grimmig zurück, wusste er doch, dass seine Tante seine Worte absichtlich überhören würde.
    "Ich hätte Charles fast der Lüge bezichtigt, als er mir erzählte, dass mein Neffe sich in meinem Haus aufhält." sagte Georgiana, die Daniels Kommentar wirklich ignorierte. "Ich möchte mich für mein Zuspätkommen entschuldigen. Es gab einige unaufschiebbare Dinge zu erledigen."



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 20.03.2007, 12:43


    Charlotte hob eine Augenbraue an.
    Gestorben?
    Soweit sie sich erinnerte, hatte sich Scott bester Gesundheit erfreut, als sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte... was nun natürlich bereits einige Zeit her war... aber dennoch!
    Dass er nun tot sein sollte, schockte sie doch ein wenig.
    "Der Ärmste....Woran ist er denn gestorben?" Fragte sie mit ernsthaftem Interesse, immerhin hatte sie den jungen Mann gekannt.
    Ein wenig verblüfft, aber alles in allem wenig überrascht nahm sie zur Kenntnis, dass Daniel auch seinen Nachfolger wieder losgeworden war und sie seufzte leise.
    Es würde niemans jemanden geben, der es Daniel recht machen würde.
    Es sei denn diese Person war stumm, möglicherweise noch taub und ausgesprochen folgsam.
    Charlotte blickte nicht allzu glücklich auf ihre Teetasse, was Daniel aber natürlich nicht sehen konnte.
    Scott.
    Charlotte hatte den jungen Mann gemocht.
    Er war sehr zuverlässig gewesen, höflich und intelligent.
    Und sensibel.
    Zu sensibel für Daniel.
    Er hatte sich immer sehr zu Herzen genommen, wenn Daniel etwas zu ihm gesagt hatte, und ihr Mann war mit Beleidigungen nicht gerade sparsam umgegangen.
    Dafür war Charlotte umso besser mit ihm ausgekommen, auch wenn sie das Vergnügen nur wenige Wochen gehabt hatte, bevor sie sich wieder auf Reisen begeben hatte.
    Trotzdem bedauerte sie nun sein Verscheiden.
    "Also wieder jemanden, den du nicht ausstehen konntest..." Stellte sie wenig überrascht fest.
    "Und, wirst du den Talamasca wieder damit auf den Geist fallen, einen neuen Assistenten anzufordern?"
    Daniel antwortete nicht darauf, und Charlie nahm an, dass sein Schweigen "ja" bedeutete.
    Auch Charlotte sagte nun nichts mehr, und so breitete sich Schweigen zwischen ihnen aus.

    Und es gab jenen Tag, an dem Schweigen Liebe brach....

    Charlotte erinnerte sich an dieses Gedicht, welches sie nach ihrer beider erster Trennung unablässig gelesen hatte. Es war eine traurige Erinnerung, aber sie half Charlotte immer wieder, die Stärke zu finden, die sie brauchte.
    Endlich wurde nach einigen Minuten die Türe geöffnet und Georgiana erfüllte den Raum mit ihrer Anwesenheit, und ihrer einzigartigen Präsenz.
    "Guten Abend, Georgiana." Begrüßte Charlie die ältere Lady mit einem strahlenden Lächeln, ebenfalls Daniels grimmigen Kommentar ignorieren.
    "Du musst dich nicht entschuldigen." Fügte sie hinzu und erhob sich, um auf Georgiana zu zugehen, und sie zu umarmen, wie eine liebe Freundin.
    "Daniel und ich haben uns ganz fabelhaft unterhalten.. die ersten zehn Sekunden ungefahr." Charlotte lächelte herzlich, was ihren Worten den Spott ein wenig nahm, und langsam bewegte sie sich wieder auf die Chaiselonge zu.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 20.03.2007, 13:26


    Mit Charlottes großer Anteilnahme für den armen Scott hatte Daniel wohl nicht gerechnet, sonst hätte er besser seinen Mund gehalten.
    Im übertragenen Sinn war es jedoch die Wahrheit. Für Daniel war Scott so gut wie tot, eine blasse Erinnerung, die es eigentlich nicht wert war, einen Gedanken daran zu verschwenden.
    Bei Charlotte war es etwas anderes. Sie reagiert oft sehr sentimental auf derlei Nachrichten, auch wenn sie die betroffene Person kaum gekannt hatte.
    "Scott ist an einer Erkältung verstorben." teilte Daniel ihr mit und als er sie nichts darauf erwidern hörte, sprach er weiter "Kein Wunder wenn du mich fragst, er zog es ja meistens vor, im nassen Keller zu hocken, um Aufzeichnungen zu studieren. Ich weiß auch nicht, was diesen Trottel dazu veranlasst hat, einen solch ungemütlichen Ort aufzusuchen."

    Er wusste es doch, aber er dachte gar nicht daran, es zuzugeben.
    Für ihn war Scott einfach zu schüchtern und sensibel gewesen.
    Manchmal fragte sich Daniel, wie Scott es überhaupt durch die Universität geschafft hatte.
    Wenn er auch dort auf jede kleine Kritik mit Weinanfällen reagiert hatte, dann war es ein Wunder, dass er heil durchs Studium gekommen war.

    Zum Glück rettete ihn Georgianas Eintreffen vor weiteren Fragen. Er war sich nicht sicher, ob er überhaupt noch einmal einen Assistenten von den Talamasca anfordern sollte. Wie sich herausgestellt hatte, waren es doch alles bloß Idioten und Schwächlinge. Bis auf Desmond vielleicht, der war wohl eine Ausnahme gewesen und hatte es länger als alle anderen mit ihm ausgehalten. Doch es hatte im Endeffekt auch nicht gereicht.

    Georgianas gute Laune verunsicherte Daniel ein wenig. Irgendetwas schien sie zu erheitern, auch wenn Daniel jetzt schon wusste, dass ihn der Grund dafür umso weniger gefallen würde.

    "Ich bin eigentlich nur hergekommen, um dir mitzuteilen, dass ich am Sonntag leider keine Zeit finden werde, deiner Feier beizuwohnen." Aus Daniels Mund klang seine Ausrede wirklich feierlich und überaus geschäftig, als wäre er zu beschäftigt und vor allem auch zu wichtig, um ein einfaches Fest zu besuchen.

    "Um mir das zu sagen, fährst du den ganzen Weg hierher nach London?" fragte Georgiana mißtrauisch. "Ungewöhnlich für dich, Daniel."

    "Also ehrlich gesagt, wollte ich dir gleich heute gratulieren, damit ich am Sonntag zu Hause bleiben kann, um mich stattdessen dem Müßiggang und dem Alkohol hinzugeben."

    Georgiana ließ den Blick von Daniel zu Charlotte wandern, die bis jetzt noch nicht viel gesagt hatte und sie glaubte zu wissen, warum. Normalerweise beredeten die Frauen unter vier Augen, was ihnen Sorgen oder Probleme bereitete.

    "Es tut mir leid, Charlotte. Aber langsam glaub ich wirklich, dass du einen Komödianten zum Mann genommen hast."



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 20.03.2007, 13:57


    "Mir kommt unsere Ehe meistens eher wie eine Tragödie vor, Georgiana." Antwortete Charlotte, die sich bislang zurückgehalten hatte, aber noch immer höflich lächelte, wie es sich für eine Frau wie sie gehörte.
    Dann wandte sie ihren Blick Daniel zu.
    "Du weißt doch, dass es Unglück bringt, jemandem vor seinem Geburtstag zu gratulieren. Heute ist Freitag. Du bist zwei Tage zu früh dran..." Erklärte sie, auch wenn Daniel wahrscheinlich wusste, welches Datum und was für ein Tag heute war.
    Obwohl, andererseits... so unregelmäßig wie er schlief konnte es auch gut sein, dass er sein Zeitgefühl völlig verloren hatte.

    Dann sah sie wieder zu Georgiana, die an diesem Tag irgendwie... -beflügelt? Konnte man das so sagen?- wirkte.
    "Du siehst aus, als würdest du dich über irgendetwas freuen..." Stellte Charlotte fest und ihre braunen Augen glitzerten.
    Sie erwartete nicht, dass Georgie ihr erzählte, weswegen das so war... zumindest nicht in Daniels Beisein, aber sie hatte damit immerhin kund getan, dass sie neugierig war.

    Langsam blickte sie wieder zu Daniel herüber.
    "Sollte ich der Grund sein, weswegen du Sonntag nicht kommen willst..." Wandte sie sich an ihn, und ihr Gesicht nahm einen ernsten Ausdruck an.
    "Dann kann ich auch fernbleiben. Wenn du dafür hingehst. Diese Freude könntest du Georgiana wirklich machen..."



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 20.03.2007, 15:33


    "Danke, Liebes, ohne dich hätte ich es wohl nie bemerkt, dass meine Glückwünsche verfrüht sind." erwiderte Daniel ungerührt über ihre Einmischung.
    "Eins überrascht mich aber schon, seit wann bist du denn dermaßen abergläubisch, Charlotte?"

    Es war sowieso egal. Seine Tante würde keine Entschuldigung geltn lassen, aber was sollte sie tun, wenn er einfach fern blieb?
    Sie konnte ihn schlecht dazu zwingen, auf der Feier zu erscheinen.
    Dass sie ihm eine Einladung geschickt hatte, zeigte bloß, dass sie versuchte höflich zu sein.

    "Desweiteren ist es mir egal, ob du bei dem Fest anwesend bist oder nicht, diese Tatsache hat rein gar nichts mit meiner Entscheidung zu tun." sagte Daniel und verschränkte die Arme vor der Brust, wodurch er plötzlich wie ein störrischer, kleiner Junge wirkte, der seinen Kopf durchsetzen wollte.

    "Aber Kinder, hört auf mit den Streiterein." mischte sich Georgiana ein, die bereits an das Gezanke gewöhnt war, es aber trotzdem nicht gerne sah, wenn es mal wieder zu Meinungsverschiedenheiten kam.
    Ein wirklich sinnhaftes Gespräch war mit den beiden im gleichen Raum gar nicht möglich.

    "Lasst uns lieber über etwas Erfreuliches sprechen." Ihr Blick richtete sich wieder auf Daniel. "Wie geht es denn dem lieben Mr. Kincade?"

    "Er erfreut sich bester Gesundheit, falls du das wissen willst."
    Daniel wurde das Gefühl nicht los, dass Georgiana bereits wusste, was vorgefallen war, deshalb klang seine Stimme äußerst unfreundlich und abweisend.

    "Das freut mich zu hören, dann wird es dir nichts ausmachen, wenn er irgendwann hierherkommt, um sich die neuen Artefakte anzusehen, die Lord Courtenay mitgebracht hat. Genau das ist der Anlass zu meiner Freude und aus diesem Grund habe ich euch beide auch warten lassen, was mir, wie bereits gesagt, sehr leid tut."



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 20.03.2007, 18:27


    Charlotte nickte nur leicht.
    Artefakte...
    Damit hatte sie nicht viel am Hut.
    Überhaupt verstand sie nicht ganz, was sich in diesem Mann zwischen ihrem Mann und seiner Tante abspielte, nur dass da etwas war, das zu subtil war, als dass sie es zu erkennen vermochte.

    Kincade... Kincade.... irgendwoher kam es ihr bekannt vor aber sie konnte den Namen im Augenblick nichts und niemanden zuordnen.
    Wenn Kincade allerdings etwas mit Daniel zu tun hatte, tat ihr der Mann ehrlich leid.

    "Wer ist Mr. Kincade? Kenne ich ihn?" Ihr Lächeln wurde eine Spur amüsierter. "Möchte ich ihn kennenlernen?"
    Sie sah, wie sich Daniels Gesicht verzog, und fast befürchtete sie, dass er sie mit einer seiner wenig feinfühligen Kommentare bedenken würde, aber Georgianas Anwesenheit hatte auch hier einen positiven Effekt auf ihn, denn der Kommentar kam zumindestens nicht gleich.

    Ein Kenner von Artefakten also... vielleicht ein alter Talamasca Kollege von Daniel?
    Sie selbst hatte mit den Talamasca immer recht wenig am Hut gehabt, und auch nie sonderlich dafür interessiert...
    Und sie interessierte sich auch jetzt nicht weiter dafür.
    Dafür war es... einfach zuviel .... Danny.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 20.03.2007, 20:23


    Tante Georgiana und Daniel antworteten fast zeitgleich.

    „Nein“
    „Ja“

    Ihr Gespräch glich im Moment wirklich eher einer Komödie, aber das tat es oft, wenn Tante und Neffe aufeinander trafen.
    Jeder wollte seinen Standpunkt verteidigen und doch musste Daniel oft zurückstecken, denn er hatte Respekt vor dieser Frau.
    Er hatte einen Großteil seines Lebens unter ihrer Obhut verbracht und war ihr deshalb nicht nur zu Dank verpflichtet, sondern empfand tatsächlich so etwas wie Zuneigung für sie.
    Georgiana war es auch gewesen, die in ihm die Leidenschaft für Artefakte und andere geschichtlich relevante Fundstücke geweckt hatte, genauso wie für die Gebiete Archäologie, Geschichtswissenschaft und Sprachen.
    Daniel verdankte ihr sehr viel und aus diesem Grund versuchte er so gut wie möglich, ihre Wünsche zu erfüllen, zumindest solche, die sich nicht um Geburtstagsfeiern und andere Veranstaltungen drehten.

    Im Augenblick interessierte es ihn mehr, von welchen Artefakten seine Tante da sprach. Deshalb sah er es gar nicht gern, dass das Thema abermals auf seinen ehemaligen Assistenten zurückkehrte.
    Natürlich wollte er auch nicht sofort zugeben, dass es ihn brennend interessierte, was Georgiana da an wertvollen Stücken aufgetan hatte, denn dadurch hätte seine Tante ihn in der Hand.
    Bei einem bevorstehenden Geburtstagsfest, an dem der nun schon durchaus begeisterte Neffe nicht erscheint will, war das kein wirklich guter Verhandlungszeitpunkt.

    „Er ist mein Ex-Assistent.“ sagte Daniel und wollte sich sogleich auf die Zunge beißen. Er wusste ja nicht, dass Georgiana diese Neuigkeit bereits bekannt war.

    „Aja, dachte ich es mir doch. Ich hoffe er hatte nicht das gleiche Schicksal wie Scott, den ich zufälligerweise letzte Woche auf der Strasse getroffen habe. Er schien mir putzmunter zu sein.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 22.03.2007, 01:16


    Charlotte sah ein wenig verblüfft drein.
    Ja? Nein?
    So grundverschiedener Meinung?
    Ganz offensichtlich konnte Daniel Kincade nicht ausstehen - aber Georgiana dafür umso mehr.

    Naja, bei Daniel wunderte sie das nicht wirklich.
    Wann hatte er schon das letzte Mal jemanden leiden können?
    Georgiana allerdings, das wusste Charlotte, hatte einen Sinn für Menschen.
    Sie konnte Menschen, die sie kennenlernte gut einschätzen, und sie hatte ein sicheres Gespür dafür, wer ihre Aufmerksamkeit wert war und wer nicht.
    Und an diesem Kerl schätzte sie offenbar sein Wissen um Artefakte - was Charlotte wiederum mutmaßen ließ, dass der Mann zu den Talamasca gehörte, und Georgie versuchte Daniel ein Schnippchen zu schlagen - oder ihn auf andere Weise dazu zu bewegen, auf ihren Geburtstag zu kommen.
    Indem sie ihm etwas vor die Nase hielt, das er haben wollte.
    Sowas nannte man "Verhandlungsbasis schaffen".
    Dann allerdings horchte sie auf.
    Ex-Assistent?
    Das war... oh!

    Dann allerdings kam es noch besser.
    Denn Georgiana erzählte, dass sie Scott auf der Straße getroffen hatte - aber der war doch tot?
    "Ich dachte er wäre verstorben?" Fragte sie verwirrt, und Georgiana lächelte ihr zu.
    "Ja. Das hat mir Daniel auch erzählt." Sagte die alte Dame mit einem milden Lächeln auf den Lippen.
    "Du... du hast mich einfach angelogen?" Entfuhr es Charlott, dann allerdings hob sie die Hand.
    "Warum auch nicht... ich hab ja keinen Anspruch darauf, die Wahrheit von dir zu erfahren." Sie zuckte die Schulter und wandte sich stattdessen wieder Georgiana zu.
    "Wann hast du Mr. Kincade zu dir bestellt? Hast du ihn zu deiner Feier eingeladen?"



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 22.03.2007, 12:49


    Daniel hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt, für die irrsinnig blöde Idee an diesem Abend noch hierher zu kommen.
    Er wäre besser auf seinem Sofa liegen geblieben und hätte das alles hier verschlafen.
    Nun wusste er wieder, weshalb er kaum außer Haus ging und die Gesellschaft von Frauen mied.
    Sie schafften es immer wieder, Daniels Fehler aufzuzeigen, um sich anschließend darüber lustig zu machen.

    „Wer sagt denn, dass ich gelogen habe?“ wollte Daniel wissen. Er klang recht beleidigt darüber, dass seine Frau ihm etwas derartiges unterstellte. „Es gibt einen sehr bekannten Fall bezüglich der Auferstehung nach dem Tode.“

    „Du willst doch Scott jetzt nicht mit Jesus Christus vergleichen?“ fragte Georgiana erstaunt. Sie pflegte zwar gute Kontakte zu höheren Vertretern der Kirche, aber hielt sich selber nicht immer an die Lehren, die die Bibel predigte. Trotzdem sah sie in Daniels Worten blasphemische Züge.

    „Nein, ich habe nur gesagt, dass die Möglichkeit bestünde.“

    Sie ignorierte diese Aussage und wandte sich wieder Charlotte zu. Über derlei Themen wollte sie nicht vor Daniels Frau sprechen. Es gehörte nicht hierher, wusste sie doch, dass Charlotte derlei Gespräche gar nicht schätzte.

    „Ich habe Mr. Kincade in meinem Schreiben nochmals darum gebeten, bei der Feier zu erscheinen. Ich weiß jedoch nicht, ob er meinen Brief rechtzeitig erhalten wird.“

    „Er würde sowieso nicht kommen. Er weiß, wo sein Platz in dieser Gesellschaft ist.“ zitierte er Desmond in einem übertriebenen schulmädchenhaften Tonfall. „Ach, und Charlotte, Liebling, sei so gut und schenk mir einen Whiskey ein, ich bin hier am verdursten.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 22.03.2007, 21:32


    Tatsächlich erhob sich Charlotte, langsam und nachdenklich um dann auf den kleinen Tisch zuzugehen, auf dem vereinzelte Flaschen alkoholischen Inhalts standen.
    Sie nahm die Whiskey Flasche in die Hand, drehte eines der Gläser um, und ließ die golden schimmernde Flüssigkeit hineinschwappen.
    Dann kehrte sie, noch immer mit nachdenklicher Miene zu Daniel zurück.
    "Hier, bitte sehr." Sagte sie und drückte es ihm in die Hand.
    Sie wusste nicht einmal warum sie ihm seine Bitte erfüllte.
    Vielleicht, weil er sie Liebling genannt hatte.
    Vielleicht, weil es nicht spöttisch oder verletzend geklungen hatte.
    Vielleicht...

    Sie achtete gar nicht darauf, was Daniel vorher gesagt hatte, oder wie es sich angehört hatte, sonst hätte sie gemerkt, dass es nicht direkt nach ihm geklungen hatte.
    "Er mag es wissen - du weißt es ganz offensichtlich nicht." Entgegnete Georgiana, ließ aber offen, was sie damit meinte.
    Auf dem Gesicht der alten Lady lag noch immer ein warmes, aber strenges Lächeln.
    "Ich bedaure wirklich, dass du nicht kommen möchtest, Danny." Sagte Charlotte mit iher leisen, aber angenehmen Stimme, und sie nannte Daniel bei seinem Spitznamen - das hatte sie früher oft getan, nun aber nur noch selten.
    "Aber ich respektiere diese Entscheidung."
    Ebenso, wie du meine respektieren solltest....!



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 23.03.2007, 09:06


    Schweigend nahm Daniel das Glas mit dem Whisky aus Charlottes Hand und trank die Flüssigkeit in einem Zug aus.
    „Danke“ sagte er dann und stellte das Glas auf dem Tisch vor sich ab.
    Auch wenn es nicht genügend Alkohol war, für den Moment schien er Daniel zumindest die Ruhe zu geben, dieses Gespräch weiter durchzustehen.

    Dieses Mal überhörte Daniel geflissentlich Georgianas Worte, da sie darin eigentlich richtig lag. Daniel hatte nichts über, für die gehobene Gesellschaft, in der sich Georgiana und seine Frau bewegten.
    Er konnte das heuchlerische und aufgesetzte Getue nicht ertragen und war eigentlich ganz glücklich darüber, dass die Gesellschaft ihn ebenso wenig schätzte, wie er es umgekehrt nicht tat.

    „Ihr beide hätte doch schon von Anfang an damit rechnen müssen. Ich bin in den letzten beiden Jahren bei keinem einzigen Familienfest gewesen.“ sagte Daniel ruhiger als zuvor. „Tut mir wirklich leid, Tante Georgiana, aber manche deiner Freunde sind mir wirklich zuwider. Mrs. Sibleys Lachen ist so penetrant, ich musste mich immer schon am Beginn niedertrinken, damit ich weiterhin so tun konnte, als wäre ich überaus begeistert von ihr hohlen Konversation.“

    „Mrs. Sibley ist tot.“

    „Was?“

    „Sie ist tot. Sie ist schon vor einem halben Jahr verstorben. Ihrem Mann geht es dagegen unbeschreiblich gut. Er hat eine Frau geheiratet, die gerade mal 30 ist.“ teilte ihm seine Tante mit einem siegessicheren Lächeln mit. Daniel wusste auf alles eine Ausrede, doch Georgiana hatte in all den Jahren gelernt, auf diese Ausreden passende Antworten zu finden.

    „Wie bedauerlich. Ich werde sie sehr vermissen.“ erwiderte Daniel äußerst unernst. „Wie auch immer, ich halte es für eine wesentlich bessere Idee, wenn Charlotte mich vertritt. Sie macht ihre Sache eigentlich immer recht gut.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 23.03.2007, 21:44


    "Mich überraschen die freundlichen Worte aus deinem Mund, auch wenn du sie nur benutzt um deine Ausrede zu untermauern." Sagte Charlotte, wandte den Blick ihrem Mann zu.
    Ihre braunen Augen leuchteten traurig.
    "Aber ich kann dich nicht ersetzen. Genausowenig wie ich... andere ersetzen kann." Fügte sie hinzu und und sie wussten beide dass sie damit ihr gemeinsames Kind meinte.
    Sie konnte Daniel diesen Verlust nicht ersetzen, und das hatte sie auseinandergetriebenn.
    Das war es, dass sie beiden von ihnen her zerfraß.

    "Außerdem geht es nicht darum was du für besser hältst, sondern was deine Tante sich wünscht. Und wenigstens einmal in deinem Leben könntest du doch einmal das tun, was ein Mensch, der dich liebt von dir erwartet."
    Tante Georgiana hatte stumm mitangehört was Charlotte gesagt hatte, und klatsche nun sachte in die Hände.
    "Kinder. Wir wollen nicht schon wieder streiten." Sagte sie mit Strenge aber dennoch voller Güte.
    "Daniel." Wandte sie sich schließlich geduldig an ihren Neffen.
    "Ich kann dich zu nichts zwingen." Erklärte sie mild und sah ihn dabei Zuneigungsvoll an.
    "Aber dennoch würde mir deine Anwesenheit etwas bedeuten." Es war nicht ihre Art, Öffentlich zuzugeben, was sie dachte oder fühlte - in dieser Hinsicht war Daniel ihr ähnlich - aber sie wusste auch, wann es nicht schaden konnte.
    Und dies war einer dieser Momente.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 24.03.2007, 12:51


    Daniel gefiel die Wendung, die dieses Gespräch nahm ganz und gar nicht. Beide Frauen wollten versuchen ihm ein schlechtes Gewissen einzureden und langsam begann es sogar zu wirken.
    Verdammt, waren die beiden gut!

    "Ja, ja, schon gut. Wenn ich euch nicht zustimme, dann bequatscht ihr mich so lange, bis ich endlich 'ja' sage." Er kannte die zwei Frauen lange genug und wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatten, dann bekamen sie es für gewöhnlich auch. Daniel war jedoch genauso sturköpfig wie die beiden, deshalb war es immer äußerst schwierig, einen gemeinsamen Konsens zu finden.
    "Ich werde vielleicht zum Fest erscheinen." meinte Daniel schließlich, denn er glaubte mit einem eventuellen Versprechen punkten zu können. "Reicht euch beiden das als Antwort?"
    Er hatte genug von diesem Gespräch und wollte bloß weg von hier, bevor die beiden ihn noch zu weiteren Dingen überreden konnten.
    Daniel wartete also gar nicht erst auf ihre Antwort, sondern stand von der Couch auf, um zumindest den Rest des Abends in Ruhe verbringen zu können.
    Er sehnte sich nach seinem Zuhause, doch Georgiana schien bereits andere Pläne zu haben.

    "Du willst doch jetzt nicht gehen? Ich habe ein Abendessen für uns richten lassen und dazu noch euer altes Zimmer vorbereiten lassen." Daniel wollte sofort protestieren, doch noch bevor er ein Wort über die Lippen bekam, unterbrach ihn Georgiana schon. "Wenn ich euch beide schon mal gemeinsam als meine Gäste hier begrüssen kann, dann muss ich das auch ausnützen."

    ooC: Hey, fesches Ava!!!!



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 25.03.2007, 02:23


    <Charlotte lächelte stumm.
    "Da hast du allerdings Recht, Georgiana." Erwiderte sie sanft.
    Carpe Diem - nutze den Tag.
    Genau das tat die ältere Lady, und sie wusste, wenn sie es nicht tun würde, erreichte sie ihre Ziele nie.
    Und Charlotte würde bis zu Georgianas Geburtstag ohnehin unter deren Dach leben.

    "Und um ganz ehrlich zu sein - du weißt dass uns ein vielleicht nicht genügt... weil ein 'Vielleicht' zu leicht zu einem 'nein' werden könnte..." FÜgte sie hinzu, doch das Lächeln auf ihren Lippen nahm jeglichen Spott, jegliche Schärfe aus ihren Zügen.
    Auch wenn Danny nicht nachgab - für einen Tag hatten sie viel erreicht.
    Mehr als sie alleine in den letzten Monaten, daher war sie froh, das alles mit Georgiana angehen zu können.
    Charlotte wollte nicht zuviel erhoffen, aber, wenn sie ehrlich war und in sich ging, dann spürte sie, dass sie noch immer glaubte, dass es ihr mit Georgianas Hilfe vielleicht gelingen konnte, zu Daniel vorzudringen.
    Und den Mann, den sie eins geliebt hatte, wieder zurückzugewinnen.

    Es würde bei Gott nicht einfach werden, und sicher viel Schmerz und Tränen für sie bereithalten, bevor sie auch nur in die Nähe dieses Zieles kam, aber wenn sie Daniel nun ansah, sein Verhalten beobachtete und seine Nähe spürte, dann wusste sie, dass es das wert war.
    Und immer wert sein würde.
    "Aber vielleicht sollten wir das lieber an anderer Stelle ausdiskutieren." Lenkte sie sanft ein, nahm das leere Whiskeyglas und platzierte es auf einem Tablett, so dass die Dienerschaft es später wegräumen würde.

    "Ein sehr guter Vorschlag, Charlotte...." Warf auch die ältere Lady ein, während sie sich wieder zu Daniel umwandte.
    "Nun, wie sieht es aus? Kennst du den Weg zum Esszimmer noch, mein Junge?" Fragte sie, und ein liebevolles Lächeln umspielte ihre Mundwinkel, als sie den blonden jungen Mann betrachtete.
    ... er hatte noch sein ganzes Leben vor sich.... und wusste es nicht.


    ooC: Dankeeeeee ;) Bald haben wir die Gefährten komplett... ein Viggo Mithras, eine Arwen - Ayre... ein Sean - Marius... du magst nicht zufällig einen Orlando Chara haben, oder? *g*



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 25.03.2007, 08:13


    Das hatte sich Daniel gleich gedacht. Ein „Vielleicht“ reichte den Damen nicht. Zu mehr ließ er sich im Moment jedoch nicht überreden.
    Daniel hatte ihnen bereits mehr zugestanden, als gut für ihn war. Gedanklich sah er sich schon auf Georgianas Fest, langweilige Konversationen führen und eine Menge Alkohol trinken, wobei letzteres gar nicht mal so übel wäre, zumindest in dieser Situation.

    „Was?“ fragte Daniel noch immer verwirrt. Die beiden überforderten ihn. Er wollte doch eigentlich nach Hause fahren und jetzt standen ihm ein Abendessen und eine Übernachtung in diesem Haus bevor.
    „Aber das geht nicht, ich meine, Mary ist ganz allein zu Hause.“

    „Ach, sie wird das schon schaffen, was soll ihr denn geschehen?“ fragte Georgiana, die gut erkannte, dass Daniel dabei war, nach weiteren Ausreden zu suchen. Anscheinend wusste Georgiana jedoch nicht, dass, wenn es Mary betraf, es nicht viele Ausreden bedurfte. Das Hausmädchen war recht ungeschickt und manchmal auch viel zu neugierig.

    „Ich mache mir keine Sorgen um das Hausmädchen, ich mache mir Sorgen um mein Haus.“

    „Lass das lieber sein.“ meinte Georgiana mütterlich, während sie Daniels Hand nahm, um ihn aus dem Raum zu geleiten. Sie stünden sonst in einer Stunde auch noch hier und führten Diskussionen. „Wenn du dir zu viele Gedanken machst, dann kannst du die ganze Nacht kein Auge zumachen. Kommst du Charlotte?“

    ooC: Na unbedingt! Ich liebe den Orlando! Aber nur wenn ich betrunken bin.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 27.03.2007, 23:09


    Charlotte lächelte still in sich hinein.
    Es war selten, dass Daniel ungewollt komisch wirkte, aber dies war einer dieser Momente, und er signalisierte Charlotte, dass sie gesiegt hatten.
    Keine Widerworte von Mr. Lancaster mehr. Nicht bis das Essen zu Ende war.
    Und wenn es soweit war, dann würde er einfach wieder in Grund und Boden diskutiert werden.

    Daniel stritt zwar gerne - aber wenn seine Tante das Wort führte, unterlag er immer.
    IMMER.
    Und das fand Charlotte gut.
    "Selbstverständlich." Erwiderte sie und wagte es sogar, sich auf der anderen Seite von Daniel unterzuharken.
    "Du hast doch nichts dagegen?" Fragte sie noch im gleichen Atemzug, aber es war ohnehin bereits zu spät für Daniel abzulehnen.
    Beinahe, so schien es, war alles wieder wie früher.
    Beinahe, so schien es, war alles wieder in Ordnung zwischen ihnen beiden.
    Ach, wenn die Illusion doch nur anhalten würde!

    Zu dritt schritten sie aus dem Salon und glücklicherweise war es in den breiten Gängen des Hauses kein Problem, auch zu dritt nebeneinander herzugehen.

    Zielsicher dirigierten Charlotte und Georgiana Daniel durch die Räumlichkeiten in das kleine, privater angehauchtere Esszimmer, das zumeist dann benutzt wurde, wenn Georgiana im engsten Kreis zu dinnieren dachte, und nachdem Daniel sich gesetzt hatte, setzten sich auch die Damen.
    "Georgiana hat mir erzählt, dein Hausmädchen verstünde nicht sonderlich viel vom Backen der Kekse... ich nehme an, das gilt auch für das Zubereiten von Speisen?" Fragte sie interessiert, während sie die ein oder andere Köstlichkeit auf ihren Teller lud und ihn neugierig ansah.
    Auch wenn Daniel nicht sehen konnte, war Charlotte nahezu überzeugt davon, dass er manche Blicke spürte..



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 28.03.2007, 07:31


    Mann, das wird was werden.
    Frauen!

    Daniel gab sich geschlagen, zumindest für den Augenblick, hatten die beiden Damen gesiegt.
    Er kam sich mehr wie ein Tier vor, das zur Schlachtbank geführt wurde, doch er sagte nichts. Den ganzen Weg über, bis sie ins Esszimmer kamen, verlor er kein Wort, denn er fühlte sich unwohl in ihrer Begleitung.
    Seit Jahren vermied er den Kontakt zu Menschen und da war schon ein normales Hände schütteln zu viel für Daniel.
    Er ließ sich ohne Widerworte zu seinem Platz im Esszimmer dirigieren und auch wenn er nichts sehen konnte, er roch den herrlichen Duft des Essens. Anders als bei Mary, deren Essen oft nur nach Verbrannten duftete.
    Trotzdem wollte er die Anschuldigung nicht auf sich sitzen lassen. Er hatte ein schlechtes Hausmädchen, aber das musste nicht jeder gleich wissen.

    „Mein Hausmädchen kann sehr wohl kochen. Ihre Backkünste sagen doch gar nichts darüber aus.“ verteidigte Daniel seine Entscheidung, Mary zu behalten.
    Unter anderen Umständen wäre sie jetzt bereits wieder auf der Strasse. Ein Glück für ihn, dass er sie noch behalten hat, denn sonst wäre er völlig allein in dem Haus.

    „Außerdem bin ich kein sehr anspruchsvoller Gourmet.“ sagte Daniel, wirkte dabei jedoch ein wenig unsicher. Er war anspruchsvoll, doch nicht, was den Hauptgang betraf. Er war süchtig nach Milchbrot und anderem Gebäck und er konnte einfach nicht genug davon bekommen.
    „Haben wir auch Luciabrötchen?“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 28.03.2007, 11:49


    Charlotte sah Daniel an. Es sah ihm gar nicht ähnlich, jemanden zu verteidigen, aber scheinbar war sein Drang, sich keine Blöße geben zu wollen größer als sein Hang dazu, schlecht über sein Hausmädchen zu sprechen (was er, wie Charlotte wusste, auch tun würde wenn dass Mädchen die Tüchtigkeit und Perfektion in Person wäre), in Georgianas Anwesenheit wunderte sie das allergins, wenn sie ehrlich war kaum.
    "Was hättest du gerne auf deinem Teller, Daniel? Ein Stück von dem Rindsragout? Oder lieber ein Stück Kalbsfilet?" Fragte sie ihn höflich , während sie ihm bereits einige Beilagen in den Teller legte.
    Dann hielt sie inne, griff nach einem Brotkörbchen, und hielt ihm dieses lächelnd hin.
    "Selbstverständlich habe ich Luciabrötchen..." Sagte Georgiana, als Antwort auf seine vorherige Frage, zumal Charlotte ihm die Brötchen bereits vor die Nase hielt.

    "Kinder, ist das schön." Murmelte die alte Lady leise und lächelte dabei versunken.
    Fast wie eine glückliche Familie.
    Sie konnte diesen Gedanken gar nicht oft genug wiederholen, gerade WEIL sie wusste, dass es nicht so war.
    Charlotte ließ das Körbchen wieder sinken, nachdem Daniel sich bedient hatte, und nahm nun die Weinflasche zur Hand, die Georgiana, ganz die Kennerin die sie war, zum Essen beigestellt hatte.
    "Mhm... ein ganz hervorragender Jahrgang, Georgiana. Ein Französischer Rotwein." Fügte sie an Daniel gewandt hinzu.
    Dann schenkte sie das kostbare Rot aus und hob lächelnd ihr Glas.
    "Möchtest du vielleicht einen Toast ausbringen, Daniel?" Fragte sie ihren Mann und schweigend warteten sowohl sie als auch Georgie ihre Antwort ab.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 28.03.2007, 14:53


    Daniel wollte kein Fleisch. Er wollte auch nichts von den köstlichen Beilagen, die es dazu gab.
    Er wollte einzig und allein die Brötchen, die ihm Charlotte nun reichte. Deshalb nahm er sich gleich drei Stück davon und legte sie neben seinem Teller. Der Bratensaft sollte ihm nicht das Geschmacksvergnügen zerstören. Daniel mochte die Brötchen am liebsten pur oder in Milch getunkt.
    Mittlerweile hatte Georgiana und sogar seine Frau aufgehört ihn diesbezüglich zu rügen. Was seine Essgewohnheiten betraf, war Daniel sehr eigenwillig.

    Georgiana schien ungewohnt fröhlich zu sein, über diesen Abend. Natürlich konnte er auch verstehen, was sie vor sich hermurmelte. Er schien jedoch gut daran zu tun, das ganze zu ignorieren.
    Auch wenn Daniel es hasste, die glückliche Familie zu spielen, begann er sogar die Situation ein wenig zu genießen. Es gab Brötchen UND französischen Rotwein!
    Der Abend wandelte sich doch noch einmal zum Positiven. Das einzige was ihn noch trüben konnte, war der Gedanke daran, diese Nacht in diesem Haus verbringen zu müssen.

    Auf Charlottes Frage hin, nahm Daniel bloß sein Glas und trank es in einem Zug aus.

    „Nein, hatte ich eigentlich nicht vor.“ Er hielt ihr das Glas hin. „Gibt’s noch mehr davon?“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 28.03.2007, 16:42


    Charlotte zuckte nur leicht mit der Schulter, bevor sie sein Glas erneut füllte.
    "Dann werde ich eben einen ausbringen." Erwiderte sie, hob ihr Glas, und bevor Daniel sich ihr entziehen konnte, stieß sie ihre beiden Gläser zusammen, so dass es leise klirrte.
    "Auf Zeiten und Zusammenkünfte wie diese." Sagte sie mit Aufrichtigkeit in ihrer Stimme, bevor sie von dem Wein nippte.
    Es war beängstigend, wie schnell Daniel sein erstes Glas geleert hatte - in einem Zug - sagte aber gleichzeitig viel darüber aus, was er inzwischen alles gewohnt sein musste.
    Und wenn Charlotte dieses Wissen zusammennahm mit dem, was sie sah, wann immer sie in seinem Haus aufkreuzte - einen abgehalfterten Mann im Pyjama, der aussah als würde er den ganzen Tag schlafen, dann schürte all dies einen bitteren Geschmack in ihrem Mund.

    Daniel war ein so großartiger Mann gewesen.
    Man konnte zwar nicht von gesellschaftsfähig sprechen, aber er hatte es früher durchaus vermocht, auf dem gesellschaftlichen Parkett der High Society zu tanzen, wenn es notwendig gewesen war.
    Jetzt ließ er sich gehen.
    Er sah zwar noch immer gut aus, aber trotzdem sah man ihm die letzten zwei Jahre deutlich an.
    Er war... auf eine Art... heruntergekommen.

    "Ich habe deine Pferde im Übrigen abspannen lassen, Daniel." Sagte Tante Georgiana schließlich, während sie in Seelenruhe ihr Rindsragout zerschnitt.
    "Es ist schon dunkel, und es wäre weder ratsam noch klug, heute Nacht noch nach Hause fahren zu wollen. Daher habe ich mir dir Freiheit genommen, dir dein altes Zimmer herrichten zu lassen."
    Sie lächelte entwaffnend, obwohl sie sah, dass Daniel diese Neuigkeit mißfiel.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 28.03.2007, 17:42


    Daniel gab einen missgelaunten Laut von sich, als er Charlottes Trinkspruch vernahm, sagte jedoch nichts weiter dazu.
    Stattdessen trank er auch das zweite Glas Wein recht schnell aus und stellte es dann zurück auf den Tisch.
    Sein Plan war es genügend zu trinken, nur um die weitere Unterhaltung ertragen zu können. Fast war es ihm so, als spürte er Charlottes Blick auf sich ruhen. Er wusste nicht, woher dieses Gefühl stammte, aber die meiste Zeit über vermochte er es zu sagen, wer sich im selben Zimmer mit ihm befand, noch bevor man ihn darüber informiert hatte. Und auch die Blicke derjenigen glaubte Daniel fühlen zu können, wenn sie ihn ansahen.
    Er hielt Charlotte ein weiteres Mal sein leeres Glas entgegen, vielleicht würde sie das ja davon ablenken, ihn weiterhin zu mustern.

    „Charlotte, sei ein Engel und schenke mir noch einmal nach.“ Der Nachteil am Trinken war, dass Daniel dadurch überaus höflich wurde, was so gar nicht zu ihm passte. Er hatte dadurch nämlich plötzlich etwas Einschmeichelndes an sich, was so gar nicht zu seinem normalen Charakter passte.
    Daniel hatte jedoch kaum zu Ende gesprochen, als Georgiana ihn mit weiteren Nettigkeiten konfrontierte. Er hatte gehofft, die Übernachtung noch umgehen zu können, doch das schien jetzt wohl kaum mehr möglich.

    „Das ist nicht dein ernst?“ Daniel klang wie ein quengelndes Kind, dem es überaus missfiel dem geäußerten Wunsch zu entsprechen.
    Tante Georgiana stellte ihn einfach vor vollendete Tatsachen.
    Das war einfach nicht fair!

    „Ich mag mein altes Zimmer nicht. Es ist so...so.....so deprimierend.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 31.03.2007, 10:57


    Charlotte folgte Daniels Aufforderung und schenkte ihm nach, obwohl sie selbst es für nicht gut befand, dass er an diesem Abend ein Glas nach dem anderen trank.
    Aber sie wagte es auch zumindest im Moment nicht, etwas dagegen zu sagen, immerhin wollte sie ihren Mann nicht bevormunden, das würde nur wieder Streit provozieren und darauf konnte sie gut verzichten.

    Tante Georgiana lächelte nur triumphieren.
    "Doch es ist mein Ernst." Entgegnete sie, während sie sich Wasser aus der Karaffe einfüllte.
    "Und da du dir das Zimmer glücklicherweise auch gar nicht anzusehen brauchst - und hier haben wir endlich mal etwas positives bei all deiner Benachteiligung - dürfte es auch kein Problem sein dort zu schlafen. Oder willst du mir damit etwa sagen, du wärest unglücklich warst, wann immer du dich in meinem Haus aufgehalten hast?" Georgiana hob eine Augenbraue, und sah Daniel abwartend an.
    Charlott dagegen schwieg, als sie merkte, wie das Gespräch wieder mal an Schärfe gewann.
    Georgiana war eine nette und umgängliche ältere Dame, aber immer wieder schlichen sich in Gespräche mit ihr Worte, die den anderen zur Vorsicht mahnten.
    So auch jetzt in diesem Moment, und Charlotte würde nicht so dumm sein, sich genau jetzt einzumischen.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 01.04.2007, 09:11


    „Nein, das wollte ich damit nicht sagen.“ meinte Daniel, der sich gar nicht bewusst gewesen war, wie schroff seine Worte wohl geklungen haben.
    Er hatte die Zeit, die er in Georgianas Zuhause verbringen durfte immer sehr genossen, doch im Moment fühle er sich bloß unwohl und das kam nicht nur vom Haus, sondern auch von der Gesellschaft, in der sich Daniel befand.
    Es war gerade so, als müsste er jedes seiner Worte mit Bedacht wählen und dabei alle seine Entscheidungen erklären. Das machte ihm keine sonderliche Freude.

    „Das Zimmer ist toll, es ist schön und gemütlich, na ja, wenn man davon absieht, dass noch immer meine alten Kindertapeten darin hängen.“ versuchte Daniel zu erklären, doch ein derartiges Argument schien Georgiana nicht gelten zu lassen.

    „Du kannst die Tapeten sowieso nicht sehen.“ warf sie ein und blickte ihren Neffen dabei prüfend an. Auch wenn Daniel seine Tante nicht sah, konnte er die Schärfe in ihrem Tonfall erkennen und darauf schließen, dass sie kein ‚Nein’ gelten lassen würde.
    Er könnte seinen Kopf durchsetzen, doch nur mit dem Ergebnis, Georgianas Ärger auf sich zu ziehen oder er gab nach, was in diesem Moment wohl die einfachere Lösung war.

    „Trotzdem fühl ich mich unwohl, schon der Gedanke zu wissen, dass die alten Tapeten noch in dem Zimmer sind. Dazu kommt noch, dass Großvater in dem Raum gestorben ist.“ Er nahm einen weiteren Schluck vom Wein.

    „Das hat dich doch als Kind auch nicht gestört. Du fandest es sogar herrlich, weil du dachtest er würde als Geist wiederkehren, um dir Spukgeschichten zu erzählen.“

    Daniel war es ein wenig peinlich, daran erinnert zu werden. Seine Antwort bestand aus einem heißeren Räuspern, danach trank er das Glas Wein schnell aus.

    „Also weißt du, vielleicht ist es ja doch keine so üble Idee, heute Nacht in meinem alten Zimmer zu schlafen.“ sagte Daniel, der damit hoffte, sämtliche peinliche Kindheitsgeschichten hinter sich gebracht zu haben.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 25.04.2007, 18:07


    "Das dachte ich mir." Entgegnete Georgiane, doch mit einem Tonfall, der eher zu einem "Warum nicht gleich so?" gepasst hätte.
    Sie lächelte auf ihre stolze, erhabene Art und auch wenn Daniel sie nicht lächeln sehen mochte, Georgiana war davon überzeugt, dass es es zumindest würde spüren können.

    "Spukgeschichten also, ja?" Griff Charlotte auf, und sie grinste amüsiert.
    Eine ihrer langen gelockten Haarsträhnen fiel ihr in das hübsche Gesicht, und sie blies sie zur Seite.
    Sie war eine attraktive junge Frau in der Blüte ihrer Jahre.
    Und Daniel stand ihr in nichts nach. Sie waren sich schon immer ebenbürtig gewesen, und sie hatten sich einst innig geliebt.
    Trotzdem war ihre Ehe zerbrochen, und es schmerzte Charlotte auch heute noch, sich das eingestehen zu müssen.
    Dass das, was sie sich am meisten gewünscht, worauf sie am meisten gehofft hatte, schließlich zu dem einzigen geworden war, das sie nicht hatte beeinflussen können.
    Jeder Mensch hatte seine Fehler, und Charlotte erkannte diesen einen ganz deutlich bei sich.
    Doch deswegen war sie kein schlechter Mensch, und auch das wusste sie.
    Obwohl die Gefühle abgekühlt waren, zwischen ihr und Daniel, spürte sie tief in ihrem Herzen, dass sie diesen Mann nicht nur immer noch schätzte, sondern sogar, dass sie ihn noch immer liebte.
    Es gab Abende, Nächte, in denen sie sich nach ihm sehnte, in denen sie sich wünschte, dass er bei ihr wäre, sie seine Nähe spüren wollte.
    Nächte, in denen Tränen über ihre makellosen Wangen flossen und sie sich in den Schlaf weinte, und in denen sie nicht die starke und stolze junge Frau war, die sie nach außen hin zu sein schien.
    Es gab diese Momente, da sie einfach nur Charlotte war.

    Wer konnte es ihr verdenken, dass sie sich nach einer sanften, zärtlichen Berührung sehnte? Einem flüchtigen Kuss? Oder auch nur einem liebevollem Blick?
    Daniel verweigerte ihr das alles, und warum er es tat, konnte sie nicht begreifen. Sie suchte die Schuld bei sich, fand aber nicht, wonach sie suchte, und das machte sie wütend. Und deswegen kam es so häufig zu Auseinandersetzungen zwischen ihr und ihrem Mann, obwohl sie sich nichts sehnlicher wünschte, als dass alles wieder so würde, wie in den Jahren zuvor.
    Als ihre Liebe noch jung und unumstößlich und sie beide glücklich gewesen waren.
    Das Vergangene aber ließ sich nicht zurückbringen, und so blieb ihr nur die Gegenwart.

    Durch eines der hohen, offenen Fenster wehte ein frischer Luftstoß, der die Vorhänge flattern ließ, und auch einige Strähnen aus Charlottes kunstvoller Hochsteckfrisur löste, die ihr neckisch auf die Schulter fielen.
    Sie hob den Blick zum Fenster, und die braunen Augen starrten versunken in die Dunkelheit hinaus, die sich über die Stadt gesenkt hatte.
    Sie wirkte zerbrechlich, und einen Moment lang wie verloren, wie ein Engel, dessen Flügel man gebrochen und den man auf der Erde ausgesetzt hatte.

    "Charlotte, Darling." Georgiana legte ihr behutsam die Hand auf die Schultern, und augenblicklich zauberte Charlotte wieder eines ihrer liebreizenden Lächeln auf ihre Züge.
    "Würdest du Daniel wohl zu seinem Zimmer begleiten?" Sie warf Daniel einen kurzen Seitenblick zu und fuhr fort.
    "Du weißt, die Marmortreppen... schön anzusehen, aber sehr schlüpfrig. Und ich möchte ja nicht, dass mein Neffe versehentlich Bekanntschaft mit dem Fußboden macht." Erklärte sie völlig unverfänglich, aber doch so, dass Daniel ihr nur schwer würde wiedersprechen können...


    All diese Bilder - sie spuken in mir,
    sie blitzen auf in meinem Innern, wie ein Spiegel von ihr.
    Doch wohin ich auch entfliehe, Tag für Tag und überall
    steht mir erneut ihr Bild vor Augen - so klar wie ein Kristall.
    Ich frag mich immer noch, wie konnt' es geschehn,
    wie konnt aus solch großer Liebe solch ein Hass entstehn?
    Ich kann sie nicht vergessen, wie sehr ich mich auch bemüh'.
    Jedes Wort, jeder Gedanke, alles weckt nur die Erinnerung an sie!

    Mein Engel aus Kristall
    zersprang in hunderttausend Scherben und schnitt tief in mein Herz.

    Mein Engel aus Kristall.
    Der Hass verdüsterte die Sonne und die Welt wurde schwarz.
    Sie zerbrach an unser beider Sündenfall.
    Mein Engel aus Kristall.


    All ihre Tränen, sie sind ungezählt.
    Gebrochen wurden Ihre Flügel und ihr Körper gequält.
    Die spitzen Scherben schneiden unaufhörlich in mich hinein.
    Und die gnadenlosen Schatten der Erinnerung, sie suchen mich heim!

    Mein Engel aus Kristall
    zersprang in hunderttausend Scherben und schnitt tief in mein Herz.
    Mein Engel aus Kristall.
    Der Hass verdüsterte die Sonne und die Welt wurde schwarz.
    Sie zerbrach an unser beider Sündenfall.
    Mein Engel aus Kristall.


    Sie war alles, was mir je wichtig war im Leben.
    Nur für sie hätt' ich mein Leben hingegeben!
    Schemenhaft ist sie bis heute bei mir.
    Gib mir Kraft, mich zu befreien von ihr!
    Mein Engel aus Kristall!
    Sie pflückte mir die hellsten Sternen, bis sie daran zerbarst!
    Mein Engel aus Kristall!
    Verrat' mir, Gott, warum du mir nicht diese Qualen ersparst?
    Bringt jeder seinen eig'nen Engel zu fall?
    Mein Engel aus Kristall!
    Mein Engel aus Kristall!
    Mein Engel aus Kristall!



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 25.04.2007, 18:37


    Daniel war Charlottes Betrübtheit aufgefallen. Er musste sie gar nicht sehen, um zu spüren, dass ihr irgendetwas im Kopf herumspukte. Doch was es war, vermochte er nicht zu sagen. Dafür war er viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt und mit der für ihn sehr unglücklichen Situation, in der er sich gerade befand.

    Daniel hob ruckartig den Kopf, als Georgiana das Wort ergriff. Sollte das ein Scherz sein. Nicht dass er etwas dagegen gehabt hätte, endlich seine Ruhe zu bekommen, doch um friedlich zu schlafen, hatte er noch zu wenig Alkohol getrunken.

    „Aber ich kann doch jetzt noch nicht ins Bett gehen.“ sagte Daniel sichtlich geschockt. Zu Hause wäre er wahrscheinlich jetzt schon auf dem Sofa eingeschlafen, aber diesen Umstand musste man ja nicht herausposaunen.
    „Außerdem ist noch so viel Wein übrig und es wäre überaus schade, wenn wir ihn hier einfach stehen lassen würden.“
    Er wandte sich mit seinem Glas an Charlotte. „Da stimmst du mir doch sicherlich zu, Liebling.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 25.04.2007, 19:10


    Charlotte blickte ein wenig überrascht auf, als Daniel sich an sie wandte.
    Sie kannte diesen Charakterzug von ihm.
    Früher hatte er sie vorwiegend auf diese Art und Weise um Unterstützung gebeten, und gemeinsam war es ihnen immer gelungen, Tante Georgiana zu überzeugen.
    In Anbetracht seiner derzeitigen Situation wunderte es Charlotte allerdings kaum, dass er diese Masche auch jetzt wieder versuchte.
    Und sie war gewillt, darauf einzugehen.

    "Ja, es wäre wirklich schade um den Wein." Entgegnete sie, und lächelte, aber es war eines ihrer aufgesetzter, wenngleich liebreizenden Lächeln.
    "Allerdings kann ich es verstehen, wenn du müde bist, Georgiana." Fügte Charlotte hinzu, und sie erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung.
    "Mach dir unseretwegen keine Umstände. Ich werde Daniel Gesellschaft leisten, falls du dich gerne zurückzuziehen wünschst." Bot sie an, und tat damit eigentlich nichts weiter, als beiden ihre Wünsche zu erfüllen.
    Sie versprach einerseits Georgiana, dass sie Daniel sicher zu dessen Zimmer bringen würde, und andererseits bewahrte sie ihren Mann davor, wie ein kleines Kind ins Bett geschickt zu werden.
    Das zufriedene Funkeln in den Augen der Tante bemerkte sie dabei nicht.
    Doch zufrieden das war sie, Georgiana.
    Sie mochte die beiden, die in ihren Augen immer Kinder bleiben würden, und auch wenn sie es nicht offensichtlich tat, so führte sie immer wieder Gelegenheiten herbei, bei denen die beiden miteinander konfrontiert wurden.
    Einem alten Sprichtwort zufolge starb die Hoffnung ja immer zuletzt.
    Und Georgiana glaubte ganz fest, dass die Liebe in ihren beiden Herzen noch immer loderte, begraben unter einer Schicht von Asche, Trauer und Bitterkeit, aber sie war da.
    "Du bist ein so liebes Kind, Charlotte." Entgegnete Georgiana schließlich, schenkte ihr ein weiteres Lächeln, drückte Daniel anschließen einen Kuss auf dessen Stirn, und schickte sich an, die beiden alleine zu lassen, nicht ohne sich jedoch noch einmal umzudrehen. "Wage es nicht zu versuchen, dich vor dem Frühstück davonzustehlen, mein Junge..." Warnte sie ihn zwar mit einem Lächeln auf dem Gesicht, aber Strenge in der Stimme.
    Dann wurde sie wieder milder.
    "Gute Nacht, ihr beiden." Nun drehte sie sich endgültig herum, um gemessenen Schrittes den Salon zu verlassen.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 25.04.2007, 23:56


    „Wenn’s da auch solchen Wein gibt, dann bleib ich zu jedem Frühstück.“ murmelte Daniel vor sich her, doch Georgiana schien ihn gehört zu haben.
    Sie wandte sich um und blickte ihn mit einem spöttischen Funkeln in den Augen an. „Was hast du gesagt?“
    “Ach nichts, ich wünsch dir auch eine gute Nacht.“ erwiderte der Angesprochene nun etwas lauter und erhob nun das Glas, in das ihm Charlotte zuvor noch etwas Wein eingegossen hatte, in Georgianas Richtung.
    Georgiana zwinkerte Charlotte mit einem wissenden Lächeln zu, danach schloss sie die Tür hinter sich und ließ die beiden Eheleute allein zurück.

    Ein Moment lang legte sich wieder die bedrückende Stille über sie, als wären sie beide Fremde, die sich nichts zu sagen hatten. In gewisser Weise war es auch so, denn Charlotte und Daniel hatten sich auseinandergelebt. Keiner von beiden wusste im Grunde über das Leben, das der andere führte, bescheid.
    Deshalb war es in diesen Situationen immer sehr schwer, den ersten Schritt zu tun, doch Daniel war durch den Weinkonsum bereits derart milde gestimmt, dass er es nun war, der das Wort an seine Frau richtete.
    „Setz dich und schenk dir ein. Man sollte eine derartig guten Wein nicht alleine trinken müssen.“

    ooC: Hicks, bin auch angetrunken und total muuutig *lol* Im Beisl war’s richtig schön.
    :P



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 26.04.2007, 21:15


    Tatsächlich wandte sich Charlotte zu Daniel um.
    Sie sah ihn einen kurzen Moment lang versunken an, studierte sein Gesicht, und ihre Augen nahmen die feinen Linien auf seiner Haut wahr, die kleinen Sorgenfältchen, wo früher einstmal Lachfalten gewesen waren.
    Und sie sah in die hellen, blauen Augen die früher einmal klar und strahlend dreingeblickt hatten, nun aber von einem stumpfen Grauschleier verhangen war.

    "Nun, der Beste Wein ist immer nur so gut wie die Gesellschaft, in der man ihn genießt, nicht war?" Hakte sie nach, und elegant ließ sie sich auf den Platz Daniel gegenüber sinken.
    Sie schlug die langen Beine übereinander und die Stoffe ihres Kleides raschelten, als sie es tat.
    "Welche Gesellschaft wirst du mir heute abend bieten, Danny?" Fragte sie weiter, führte das Glas an ihre Lippen, und stellte es, nachdem sie daran genippt hatte, geräuschvoll wieder auf dem Tisch ab.
    Ohne es zu bemerken, war ihre linke Hand an ihren Hals geglitten, den an diesem, wie an jedem anderen Tag auch eine Kette schmückte, deren Anhänger ein Bildnis von ihrem Kind trug.
    Als sich Charlotte dieser Geste bewusst wurde, nahm sie die Hand schnell wieder weg, und legte sie behutsam auf ihre andere, während sie ihren Blick wieder auf ihren Mann richtete und diesen ansah.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 26.04.2007, 23:26


    Daniel ließ sich mit seiner Antwort Zeit. Der Alkoholkonsum war nun deutlich bemerkbar, denn er schien zugänglicher zu sein und dazu noch etwas entspannter als zuvor. Seine Mundwinkel zeigten den Anflug eines Schmunzelns, als er schließlich ein silbernes Etui hervorholte, um sich daraus eine Zigarette rauszufischen.
    Das Rauchen war ein Laster, dem er meistens nur dann frönte, wenn er allein war.
    Er konnte Charlottes Blick fühlen, doch es war nicht so unangenehm für ihn, wie noch zuvor im Salon.

    Mit einer geschickten Bewegung, entzündete er das Streichholz und führte es zu der Zigarette. Das ganze sah leichter aus, als es für einen Mann mit seiner Behinderung war, vor allem jetzt, wo er schon ein wenig Alkohol getrunken hatte.

    „Du kennst mich zu gut, Charlotte und du weißt genau, dass ich zu diesem Zeitpunkt wohl am angenehmsten für mein Umfeld bin.“
    Er löschte das Streichholz aus und warf es unachtsam auf den Tisch vor ihm.
    „Wenn dir die Gesellschaft jedoch nicht zusagt, so bin ich dir gewiss nicht böse, wenn du den Wein und mich hier einfach zurücklässt.“ Seine Worte klangen keinesfalls vorwurfsvoll. Im Gegenteil, in Daniels Stimme schwang zum ersten Mal an diesem Abend ein wenig Wärme und Freundlichkeit mit und das verwunderte ihn zugegebenermaßen selbst.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 27.04.2007, 09:52


    "Ich pflege meine Versprechen zu halten, Danny. Und ich gedenke nicht jenes an deine Tante zu brechen." Erwiderte Charlotte sanft, die missbilligend auf die Zigarette sah.
    Sie konnte es zwar nicht sicher sagen, aber sie vermutete, dass Daniels Tabakkonsum seit seinem Unfall rapide gestiegen war.
    "Und ich muss zugeben, dass deine Gesellschaft an diesem Abend dem Wein ebenbürtig scheint..." Fügte sie hinzu, und führte ihr Glas wieder an den Mund, während sie ihren Mann durch die kleine Rauchwolke hindurch betrachtete.

    Die schmalen, blassen Lippen, die an der Zigarette zogen...
    Sie erinnerte sich an ihren Geschmack, an das Prickeln, das sie verspürt hatte, wann immer sie Daniels weiche, kühle Lippen auf ihrer Haut gespürt hatte... und schüttelte schließlich energisch den Kopf.
    Es war der falsche Zeitpunkt, sich nach Zärtlichkeit zu sehnen.
    Und vermutlich auch der falsche Mann.
    Sie wusste, dass Daniel ihr vorwarf sie würde ihn hintergehen und betrügen, obwohl es nach Charlottes Auffassung kein Betrügen geben konnte, wenn keine Beziehung vorhanden war.
    Sie amüsierte sich gerne, hatte gerne Spaß, und versuchte, zu leben, während er nur vor sich hinvegetierte.
    Sie war hübsch und jung, und konnte die Männer um ihren Finger wickeln, wenn sie wollte.
    Trotz alledem aber war sie niemals zu einem anderen Mann ins Bett gestiegen, auch wenn Daniel das vielleicht glauben mochte.
    "Du wirkst entspannt." Fügte sie schließlich hinzu ohne den Blick abzuwenden.
    "Und ich muss gestehen, es verwundert mich wirklich, dass du extra hier her gefahren bist..."

    'Auch wenn es mich freut. Und die Hoffnung in mir weckt.'



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 27.04.2007, 10:42


    Er ignorierte dieses zwiespältige Kompliment, denn das es hier nicht mehr um den Wein ging, war ihm schon lange klar.
    „Ich kann alleine die Treppe hochgehen, ohne mir dabei das Genick zu brechen.“ erwiderte Daniel sichtlich belustigt, über die Sorgen, die sich seine Tante seinetwegen machte. Es war nicht nur Angst im Spiel, denn er ahnte bereits weshalb seine Tante Charlotte dieses Versprechen abgerungen hatte und seine Frau wusste es ebenfalls.

    Doch die glücklichen Tage waren längst Vergangenheit und würden deshalb auch nicht mehr wiederkehren, egal wie verzweifelt Georgiana auch daran festhalten mochte.
    Selbst jetzt noch, erinnerte sich Daniel ungern an damals zurück, denn der Gedanke daran bereitete ihm nur Schmerzen und Qualen.
    Er konnte es nicht ertragen, dass all das Glück, das er in seinem damaligen Leben kennen gelernt hatte, von einem Tag auf den anderen zerbrochen war. Deshalb beließ er es lieber dabei und zog sich lieber zurück, um mit dem Kummer für sich zu sein.

    „Da Georgiana die Kunst besitzt, mich mit dem Besuchen ihrer Dienerschaft zur Weißglut zu treiben, dachte ich mir, ich gehe dem ganzen aus dem Weg und komme persönlich vorbei. Sie hätte es niemals gelten lassen, wenn ein Bote meine Entschuldigung für die Feierlichkeiten überbracht hätte.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 27.04.2007, 11:09


    "Sie wird es auch jetzt nicht gelten lassen, und das weißt du." Antwortete Charlotte ruhig und lächelte kurz.
    "Eher wird sie dich bis zum Tag der Feier hierbehalten, als zu riskieren, dass du nicht kommst..." Fügte sie ein wenig süffisant hinzu, bevor sie ihr Weinglas schließlich endgültig leerte.
    Sie wollte Daniel gerade darum bitten, ihr nachzuschenken, als ihr - glücklicherweise - in den Sinn kam, das lieber nicht zu tun, sondern sich selbst einzuschenken.
    Die rote Flüssigkeit plätscherte leise in ihr Glas, bis sie es als voll genug empfand; dann stellte sie die Flasche wieder auf den Tisch.

    Es war erst einen knappen Tag her, dass sie ihrer beider Haus verlassen hatte, aber es kam ihr schon jetzt wieder vor wie eine Ewigkeit.
    War es ihre Schuld? Lag es an ihr, dass Daniel sie mied?
    Fragen wie diese gruben sich immer wieder tief in Charlottes Seele ein, aber sie war klug genug, Daniel nicht danach zu fragen.
    Er würde nur seufzen. Sich vor ihr verschließen. Und sie bitten, das Thema fallen zu lassen.
    "Nicht jetzt, Charlotte."Würde er sagen. Und sie würden sich den Rest des Abends anschweigen. Beide in ihre ganz eigenen trübseligen Gedanken vertieft.

    "Ich finde es jedenfalls gut, dass du ab und an aus dem Haus gehst. Frische Luft soll bekanntlich Wunder wirken." Sagte Charlotte und sie klang dabei belanglos, als würde sie genau meinen, was sie sagte, ohne sich dabei Gedanken um ihre Worte oder deren Wirkung zu machen.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 27.04.2007, 12:12


    Daniel machte eine abfällige Geste. „Glaubst du ich lasse mich von einer alten Dame in ihrem Haus einsperren?“ Er schüttelte verächtlich den Kopf. „Du unterschätzt offenbar meine Intelligenz, Charlotte.“

    Er war nicht bereit nachzugeben, selbst wenn er von seiner Position ein wenig abweichen musste. Daniel hatte Georgiana zugestanden, dass sie einen halben Sieg davontrug, indem er ihr versprach, sich die Sache mit dem Fest, nochmals durch den Kopf gehen zu lassen. Doch er glaubte nicht, dass ihn seine Überlegungen dazu brachten, am Sonntagabend zur Feier zu erscheinen.
    Schon der Gedanke daran, belanglose und nicht sehr geistreiche Gespräche über sich ergehen lassen zu müssen, schreckten ihn ab, an diesem Tag nur in die Nähe dieses Hauses zu kommen.

    Er nahm einen weiteren Zug von der Zigarette und merkte, wie er innerlich wieder ein wenig ruhiger wurde. Den Gedanken an die Feier verdrängte er besser, sonst würden sämtlicher Weine in diesem Hause nichts mehr nützen, um Daniels Zornpegel zu senken.

    „Du musst es wohl am besten wissen.“ erwiderte Daniel schon ein wenig schläfrig von dem vielen Wein und dem Zigarettendunst. „Bei deinen vielen Reisen bekommst du sicher reichlich frische Luft ab. Du solltest nur aufpassen, zu viel Sonne versaut dir den Teint.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 27.04.2007, 16:49


    "Nun ja, ich denke in Anbetracht der Tatsache, dass der einzige Mann, den mein Teint interessieren sollte, diesen sowieso nicht sieht, kann ich das getrost vernachlässigen." Entgegnete Charlotte schlagfertig.

    Das Lächeln auf ihrem Gesicht blieb, aber das Leuchten in ihren Augen erlosch.
    "Du klingst fast so, als würde es dich stören, wenn ich verreise." Stellte sie fest, und schüttelte leicht den Kopf.
    Sie war immer ein Mensch gesehen, der die Welt hatte sehen wollen, und auch wenn Daniel das nicht gefiel, erfüllte sie sich nun genau diesen Wunsch.
    Und, was vielleicht am ärgerlichsten war, sie war dabei nicht von ihm abhängig.
    Charlotte brauchte ihn weder um Erlaubnis, noch um Geld zu bitten.
    Sie hatte ihren eigenen Kopf, ihre eigenen Finanzen und die Mittel und Wege, ihre Ziele auch zu erreichen.
    Außerdem war sie gesellschaftlich etabliert und allgemein beliebt, weswegen ihr die wenigsten Menschen einen Wunsch abschlugen.
    Und sie wiederum in die glückliche Lage brachte, nahezu überall in der Welt willkommengeheißen zu werden.

    "Aber ich danke dir natürlich für deine Anteilnahme." Fügte sie hinzu, und ihre Stimme klang ein klein wenig spöttisch.
    "Ist es der Wein, der aus dir spricht, oder bist das tatsächlich du?"



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 28.04.2007, 08:52


    Daniel griff nach der Karaffe mit dem Wein. Viel war nicht mehr darin enthalten und somit leerte er den letzten Rest in sein Glas. Diese Unterhaltung wurde langsam ein wenig zu unangenehm und im Vergleich zu vorhin, freute er sich mittlerweile schon, sich in seinem alten Zimmer zurückziehen zu können.

    „Ich klinge nicht bloß so, Charlotte, es stört mich tatsächlich.“ sagte Daniel und seine Worte ließen die gewohnte Kälte nicht vermissen. „Auch wenn du es vielleicht nicht so siehst, aber wir sind noch immer verheiratet und deine Aufgabe wäre es dich um den Haushalt zu kümmern. Wenn du nämlich tun würdest, was deine Pflicht wäre, dann müsste ich mich nicht mit idiotischen Assistenten rumplagen, die nur daran Interesse haben, unfähiges Personal einzustellen.“

    Er hatte sich in Rage geredet und nun bereute er es ein wenig. Es lag ihm viel daran, dass sein Frau endlich nach Hause zurückkehrte und zwar nicht nur, um das Hauspersonal zu beaufsichtigen. Aber die wahren Gründe hätte er wohl nie offen ausgesprochen. Dafür war Mr. Lancaster viel zu stur und Charlotte verletzte mit ihrem Handeln seinen Stolz, etwas das Daniel schon gar nicht ertragen konnte.

    Daniel führte das Glas an seine Lippen und trank den Rest des Weins aus. Dann erhob er sich von seinem Platz. „Muss tatsächlich ich sein und nicht der Wein, der da aus mir spricht.“ fügte er mit einem Anflug an Sarkasmus hinzu. „Ich gehe zu Bett. Gute Nacht.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 28.04.2007, 09:56


    "Sprich du besser nicht von Pflichtgefühl, Schatz." Erwiderte Charlotte und auch ihre Worte waren deutlich in Unterkühlt.
    "Denn allein mein Pflichtgefühl lässt mich diesen Ring weiterhin tragen." In ihren braunen Augen blitzte es.
    Das würde Daniel so gefallen.
    Dass sie brav an seiner Seite blieb, sich seinen Launen aussetzte und sich selbst unglücklich machte, weil Daniel inzwischen über soviel Feingefühl wie ein Stein verfügte?

    "Und allein deinen Launen hast du es zuzuschreiben, dass du ständig neues Personal brauchst." Fügte sie entschieden hinzu, bereute ihre harten Worte aber gleich wieder.
    "Wenn es für dich... mehr als nur Pflicht... mehr als nur Scharade wäre. Wenn da noch mehr wäre..." Begann sie zaghaft verstummte aber dann wieder und machte eine wegwischende Handbewegung.
    "Vergiss das."

    Sie sah Daniel einen kurzen Moment an und als er sich dann anschickte sich zu erheben, trank auch Charlotte ihr Glas schnell aus, und stellte es ab.
    "Gut, dann werde ich dich begleiten." Erwiderte sie, trat an seine Seite, und bot ihm ihren Arm an, nachdem er sich erhoben hatte.
    "Bitte." Sagte sie leise, als sie sah, dass es ihm widerstrebte, sich unterzuhaken, doch ihre Bitte schien ihn wenigstens ein bisschen zu erweichen.
    Seine Hand war kalt.
    Und trotzdem war diese kleine, völlig alltägliche Berührung das intimste, was sie in den letzten Monaten, vielleicht sogar Jahren, mit ihrem Mann gehabt hatte.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 28.04.2007, 10:25


    Daniel war stehen geblieben, noch bevor er die Tür des Esszimmers erreicht hatte. Er hörte ihr stillschweigend zu. Hätte er Charlotte nicht den Rücken zugedreht, wäre ihr wohl schnell aufgefallen, mit welchem Unmut er ihre Worte vernahm.
    Daniel war bewusst, dass er seine Launen hatte, worunter sein Umfeld die meiste Zeit über leiden musste.
    Trotzdem, es gab Frauen, die hatten es wesentlich schlechter getroffen als Charlotte. Sie hätte sich glücklich schätzen können, ein solches Zuhause zu haben, was machte es da schon aus, es mit einem Mann wie ihm zu teilen?

    Er lachte verächtlich. „Du trägst den Ring doch nur, um in der guten Gesellschaft nicht aufzufallen. Eine geschiedene Frau würde sich in den Kreisen, in denen du dich bewegst, nicht sehr gut machen. Da stimmen dir selbst deine besten Freunde zu.“

    Er ging weiter auf die Tür zu und wollte sie bereits öffnen, als Charlotte einen versöhnlicheren Ton anschlug. Daniel blieb abermals stehen und ließ die Hand vom Türknauf sinken. Eigentlich wollte er nicht, dass sie ihn begleitete, doch irgendwas in ihren Worten, schaffte es ihn sanfter zu stimmen.
    Zaghaft griff er nach ihrem Arm und ließ sich schließlich ohne weitere Widerworte aus dem Zimmer geleiten.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 28.04.2007, 10:59


    "Was meine besten Freunde mir raten, willst du gar nicht wissen, Daniel." Antwortete Charlotte ruhig, während sie beide nach draußen in den Korridor traten.
    Sie schwieg einen Moment während sie die teuren Gemälde an den Korridorwänden auf sich wirken ließ und driftete kurz in Gedanken ab.
    Sie war ein Mädchen aus gutem Hause gewesen, als sie Daniel kennengelernt hatte.
    Und sie war immer auf eigenen Beinen gestanden, war aber bereit gewesen, alles was sie hatte, für Daniel zu geben, und sie waren glücklich gewesen.

    Charlotte lächelte flüchtig.
    Was ihre Freunde ihr rieten.
    Nun ja. Daniel lag nur halb falsch mit dem, was er sagte. Es war natürlich so, dass man sich als verheiratete leichter in der Gesellschaft bewegen konnte, als als geschiedene Frau.
    Doch wenn man ersteinmal geschieden war, musste man es nicht bleiben.
    Und bei Charlotte war es wirklich nicht so, dass es nicht andere Männer gab, die es mit Handküssen begrüßen würden, wenn sie ihren Werbungen nachgeben würde.

    "Was erwartest du eigentlich von mir?" Fragte Charlott schließlich und hielt inne. Sie hielt an, stellte sich Daniel gegenüber und betrachtete ihn.
    "Du bist ein Fremder für mich. Du lässt mich nicht an dich heran. Du teilst deine Gedanken mit mir genauso wenig wie deinen Schmerz. Du weigerst dich, zuzulassen, dass alles wieder gut wird. Du willst nicht, dass die Zeit deine Wunden heilt. Du willst ja nicht einmal mit mir reden." Charlotte zuckte leicht mit der Schulter.

    "Du willst mich nicht in deiner Nähe haben, und wirfst mir dennoch vor, wenn ich es nicht bin." Die junge Frau schüttelte den Kopf, und weitere, samtige braune Locken lösten sich aus ihrer strengen aber trotzdem adretten Frisur.
    "Ich bin nur ein Mensch, Daniel. Meine Kapazitäten haben Grenzen. Und das was du von mir verlangst, kann ich nicht, verstehst du? Du verlangst immer nur. Du willst. Du forderst. Aber da ist nichts, was du gibst. Ich höre kein nettes Wort von dir. Ich weiß nicht einmal, ob ich dir noch etwas bedeute. Nicht einmal das..." Sie hob ihre freie Hand und strich damit behutsam eine seiner Haarsträhnen zur Seite, die ihm ins Gesicht hing. "... kann ich tun." Ihre Hand rutschte ein klein wenig herunter, glitt über seine Wange, verhaarte dann einen Sekundenbruchteil an seinem Kinn, als sie sich wünschte, dass er ihre Hand einfach nur ergriff, um ihr einen Kuss darauf zu hauchen. Aber sie wusste, er würde es nicht tun, also zog sie ihre Hand wieder zurück.
    "Kritisier mich also nicht für das was ich bin, Schatz, denn es ist die einzige Möglichkeit für mich zu leben, ohne an diesem Leben zu zerbrechen."



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 28.04.2007, 11:26


    Ohne jegliche Regung ließ Daniel ihre Berührung über sich ergehen. Es kostete ihm sehr viel Überwindung einfach nur so stehen zu bleiben und nichts zu tun.
    Die Wärme ihrer zarten Haut war angenehm und wohltuend, doch Daniel war trotzdem nicht gewillt, ihrem Wunsch nachzugeben.
    Früher einmal wäre es nicht nur bei dieser einfachen Liebkosung geblieben und für den Bruchteil einer Sekunde erinnerte er sich an das leidenschaftliche Feuer zurück, das zwischen ihnen beiden damals entbrannt war. Sie hatten so viel Glück gehabt, doch das Schicksal hatte sie nicht verschont.

    „Du machst dich selbst zur Märtyrerin, aber mir soll’s recht sein.“ sagte er dann gleichgültig, doch seine Augen verrieten, wie sehr ihn ihre Worte wirklich verletzten.
    Derlei Gesprächen ging er meistens aus dem Weg, wenn es möglich war. Doch dieses Mal schien Charlotte sich nicht einfach durch seine schroffe Art aus der Fassung bringen zu lassen. Im Gegenteil, sein Sturheit stachelten sie auch noch dazu an, ihm endlich all das zu sagen, was sie die letzten beiden Jahre besser für sich behalten hatte.
    Früher hatte er diesen Wesenszug an ihr geschätzt, doch heute war es ihm nur noch lästig. Für diesen Tag war genug gestritten und diskutiert worden.

    Er ging weiter, wollte endlich sein Zimmer erreichen. „Tu was du nicht lassen kannst und lebe dein Leben wie du es für richtig hältst. Ich tu es auch.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 29.04.2007, 18:53


    "Du machst es dir wirklich wieder einfach heute." Entgegnete Charlotte in ruhigem, aber durchaus traurig klingendem Tonfall.
    "Spotte nur. Mach dich über mich lustig. Dann brauchst du dir meine Worte schon nicht zu Herzen nehmen, und dir darüber den Kopf zerbrechen." Ihre Stimme zitterte ein klein wenig, doch die Hand, mit der sie Daniels Arm umfasst hielt, ließ sie nicht sinken.
    Sie ließ sich von ihm mitziehen, und tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf, von denen sie nicht einen laut aussprach.
    Schließlich erreichten sie die Türe, die zu dem Raum führte, der Daniel als Kind und Jugendlicher sein Zu Hause gewesen war, und Charlotte wusste, dass ihre Wege sich nun gleich trennen würden.

    Sie hatten geschwiegen, während sie die Treppe hinaufgestiegen waren, und sie hatten auch geschwiegen, während sie die Korridore des ersten Stockes hinter sich gelassen hatten.
    "Ich weiß, du hasst diese Gespräche, Danny." Wagte sie sich vorsichtig wieder an das Thema heran.
    "Und ich werde dich nicht weiter damit langweilen aber... ich muss es wissen..." Sie blieb stehen, ließ seinen Arm los, und fasste auch nicht nach dem Ärmel seines Hemdes.
    Charlotte atmete tief ein und aus, und ihre Brust senkte und hob sich unter jedem ihrer Atemzüge.
    Das Korsagenkleid, obwohl weit genug geschnürt, fühlte sich plötzlich eng an, und für einen kurzen Moment glaubte Charlotte, dass ihr der Atem fehlen würde, zu fragen.
    Ihre braunen Augen überflogen Dannys Gesicht, und sie fand Müdigkeit darin.
    Vielleicht war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.
    Aber wenn nicht jetzt, wann dann?
    "... ist da... noch irgendetwas, dass du für mich empfinden kannst? Etwas anderes als Abscheu, Zorn oder Verbitterung? Trägst du irgendwo dort..." Sie legte ihre Hand behutsam auf seine Brust "... noch einen Funken Liebe mit dir herum, der mir gilt?"



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 29.04.2007, 19:48


    Er atmete mit einem missmutigen Seufzer aus. Zuvor hatte er noch geglaubt, dass das Thema für diesen Abend abgeschlossen war, doch seine Frau schien andere Pläne zu haben. Charlotte konnte hartnäckig sein und das bewies sie vorzüglich in diesem sehr unpassenden Moment.
    Doch wer konnte es ihr auch verübeln? Eine richtige Aussprache hat es zwischen den beiden Eheleuten nicht gegeben. Daniel hatte es vorgezogen sich in sein Arbeitszimmer zurückzuziehen und mit niemandem zu sprechen, bis Charlotte damit begonnen hatte, das weite zu suchen.
    Seit dieser Zeit gab es kaum gemeinsame Augenblicke und die beiden waren sich fremd geworden.

    Daniel konnte nicht sehr gut über seine Gefühle sprechen und das Wort „Liebe“ kam ihm nur sehr selten über die Lippen. Die einfache Berührung ihrer Hand erinnerte ihn jedoch an früher und vielleicht machte es dies etwas einfacher für ihn, Charlotte zu antworten.

    „Habe ich dir irgendwann, in irgendeiner Weise Gewalt angetan oder dich zu etwas gezwungen, was du nicht tun wolltest?“ An seinem Gesicht war deutlich abzulesen, wie schwer es ihm fiel weiterzusprechen.
    „Selbst als Captain Parker bei mir erschien, um mir zu erzählen, dass du dich auf den Bällen der Londoner Gesellschaft mit unzähligen Männern umgibst und mir riet, dass ich mich besser von dir trennen sollte, habe ich nichts dergleichen getan.“ Er nahm ihre Hand, die noch immer auf seiner Brust ruhte und barg sie in seinem festen Griff. Daniel drängte sie gegen die Tür, sodass sie wie ein Tier in der Falle saß und sein Gesicht war nun gefährlich nah bei ihrem.
    „Glaub mir Charlotte, es wäre mir ein leichtes gewesen, dich einzusperren und dich Dinge tun zu lassen, die du nicht möchtest, einfach nur aus der Tatsache heraus, dass du meine Frau bist und als solche gewisse Pflichten hast.“ Seine Stimme war nicht lauter als ein Flüstern und sie klang rau und zugleich belustigt. Er konnte ihren Unmut spüren und auch die Anspannung, die er mit seiner plötzlichen Nähe in ihr wachrief.
    „Aber ich hab’s nicht getan, weil ich vor Jahren bei unserer Hochzeit etwas geschworen habe.“
    Ich will dich lieben und dich ehren.
    „Also zwing mich nicht zu einem Geständnis, wo es nichts zu gestehen gibt.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 29.04.2007, 21:08


    Charlotte ließ sich von Daniel gegen die Tür drängen - was sollte sie auch sonst tun, und hielt den Atem an.
    Etwas an ihrem Mann wirkte auf sie bedrohlich, und sie musste sich auf die Lippen beißen, und nicht einen Laut auszustoßen, der sie verriet.
    Daniel war von einer Aura der Kälte umgeben, und die leise, rauhe Stimme klang gefährlich und fremd.
    Er presste ihre Hand gegen die Türe, und Charlotte wollte den Blick abwenden, aber sie konnte es nicht.
    Stattdessen starrte sie direkt in die stumpfen, blauen Augen und die zornig wirkende Miene ihres Mannes.

    Natürlich wusste Charlotte, dass es ihr viel schlimmer hätte ergehen können.
    Dass Daniel Zeit seines Lebens für sie gesorgt und auf sie geachtet hatte.
    Dass er sie respektiert hatte, und ihr deshalb niemals Vorschriften gemacht hatte.
    Und sie hatte ihn aufrichtig geschätzt und geliebt.
    Aber er hatte sich verändert, und das Band, welches die Liebe zwischen ihnen beiden geschmiedet hatte, erschien ihr brüchig und schwach.
    Warum bestand er denn überhaupt auf ihre Verbindung?
    Charlotte wusste es.
    Weil nicht nur sein ein Gesicht verlieren würde, sondern auch Daniel und seine Familie.
    Und das wurde von seiner Familie nicht toleriert, und deswegen war es für Daniel keine Alternative.
    "Nein, hast du nicht." Entgegnete sie wahrheitsgemäß mit leiser Stimme.
    Nein, hast du nicht. Aber du bist gerade dabei, das zu ändern. Du tust mir weh.

    Er kam noch näher an sie heran, so nahe, dass sie sogar seinen Atem auf ihrem Gesicht spüren konnte.
    "Du glaubst mich zu Dingen zwingen zu können, die ich nicht tun möchte?" Nahm sie leise seine Worte auf, und ein kalter Schauder lief durch ihren Körper und ließ die Härchen in ihrem Nacken sich aufstellen.
    "Dazu müsstest du ersteinmal dich selbst überwinden. Spiel dich nicht als der Gönnergatte auf, der du nicht bist." Sie streckte ihm trotzig das Kinn entgegen, und wich nicht weiter vor ihm zurück.
    "Du wirfst mir vor, dass ich meine Pflichten dir gegenüber nicht nachkomme?" Fragte sie und richtete sich weiter auf. "Ich bin nicht diejenige, die deine Berührung nicht ertragen kann."
    Sie schloss kurz die Augen, als Daniels Griff schmerzhaft wurde.
    Seine Worte hallten in ihrem Bewusstsein nach, und sie fühlte sich beinahe hilflos.
    Bis dass der Tod uns scheidet.
    Das war es, was ihn bei ihr hielt?
    Zwinge mich nicht etwas zu gestehen, wo es nichts zu gestehen gibt.
    Hatte sie das getan? Ein Geständnis von ihm verlangt?
    Alles, was sie gewollt hatte, war die Wahrheit.
    Nun hatte sie eine Wahrheit erhalten, die anmutete, wie ein harter Schlag ins Gesicht.
    Es gab nichts zu gestehen.
    Also empfand er nichts mehr für sie.
    Eine Träne rann aus ihrem Augen, aber Charlotte schluchzte nicht, sondern den Kloß in ihrem Hals herunter.
    "Ich entbinde dich von deinem Schwur." Sagte sie mit fester Stimme.
    "Du willst nicht, dass andere Menschen dich bemitleiden. Und ich will dein Mitleid nicht." Erwiderte sie und es fiel ihr nicht leicht.
    "Und jetzt lass mich los. Du tust mir weh, Daniel."



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 29.04.2007, 21:56


    Das Lachen, das aus seiner Kehle drang, war furchteinflößend, als hätte er nun endgültig den Verstand verloren.
    „Du? Du entbindest mich von meinem Schwur?“ Sein Lachen verstummte, doch auf seinem Gesicht blieb etwas von dem Wahnsinn zurück.
    „Du musst dich wahrhaftig für was Besonderes halten, um mir diesen Ausweg zuteil werden zu lassen. Das ist äußerst großzügig von dir, meine liebe Charlotte.“

    Was bildete sie sich überhaupt ein?
    Dass er auf sie angewiesen war, um sein Versprechen zu brechen?
    Er hätte liebend gerne schon früher diese Ehe beendet, doch die Empfindungen für seine Frau hatten es nicht zugelassen.
    Und auch jetzt noch, wo sie seine Gefühle mit Füßen trat, konnte er sie nicht einfach gehen lassen.
    Nicht jetzt.
    Nicht so.
    Sie waren dabei, ihre tiefsten Emotionen preiszugeben, dann sollte sie nun auch sehen, wie sehr sie ihn verletzt hatte.

    „Ich will gar nicht, dass du meine körperlichen Bedürfnisse befriedigst. Ich kann das Bett nicht mit einer Frau teilen, die nicht einmal eine Träne um ihr verstorbenes Kind vergossen hat. Eine Frau, die nur stumm danebenstand, als ihr einziger Sohn starb.“
    Seine Stimme war schwach und die Wut und die Trauer über den Verlust waren in sein Gesicht zurückgekehrt. Ein leichtes Zittern durchfuhr seinen Körper und er ließ ihre Hand los. Er wandte ihr den Rücken zu, die Hand auf die Türklinge gelegt und kämpfte dabei um Haltung. Er hatte seit dem Tod seines Sohnes nicht mehr geweint und er würde es auch jetzt nicht tun, zumindest versuchte er es.
    Die Vergangenheit hatte ihn wieder eingeholt und er erinnert sich an die Nacht zurück, in der er beim Leichnam seines Sohnes Wache gehalten hatte.
    Er war allein gewesen.
    Charlotte hatte es nicht übers Herz gebracht ihren Sohn ein letztes Mal zu sehen und genau das konnte Daniel seiner Frau nicht verzeihen.
    „Deine Pflicht als Ehefrau und Mutter wäre es gewesen, mehr Mitgefühl zu zeigen.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 29.04.2007, 22:38


    "Du bist nicht fair." Antwortete Charlotte mit erstickter Stimme, und sie spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen.
    Ihre Lippen begannen zu beben, aber Daniel interessierte sich nicht dafür.
    Er ließ sie los, ließ sie einfach stehen, und drehte sich um.
    Sie hatte ihren Sohn geliebt.
    Sie hatte den kleinen Jungen sogar sehr geliebt.
    Doch sein Tod war nicht ihre Schuld gewesen!
    Und es hatte nichts in ihrer Macht stehendes gegeben, etwas daran zu ändern.
    Das war jetzt einige wenige Jahre her und Charlotte hatte den Tod ihres Sohnes nur äußerlich überwunden.
    Damals, als das Kind gestorben war, hatte Charlotte beinahe einen Nervenzusammenbruch erlitten.
    Sie hatte verdrängt, was geschehen war, und versucht, damit fertig zu werden, aber die einzige Möglichkeit hatte für sie schließlich darin bestanden, sich von allem fernzuhalten, was sie an den Jungen erinnert hatte.
    Sich zu verschließen und so schnell wie möglich wieder zum Alltag über zugehen.
    Sie hatte ihm nicht in seinem Schmerz beigestanden und nicht so reagiert, wie er es sich gewünscht hätte, und dafür, das wusste sie, hasste er sie.
    "Wer bist du, dass du glaubst, mir das vorwerfen zu dürfen?" Fragte sie tonlos, und ihre braunen Augen bohrten sich in seine.
    Wer hatte dieses Kind neun Monate lang unter seinem Herzen getragen? Wer hatte unsägliche Schmerzen erlitten, ihm das Leben zu schenken?
    Und wer hatte das fast mit seinem eigenen Leben bezahlt?
    "Gute Nacht, Mr. Lancaster." Sagte sie, senkte den Kopf und auch den Blick der schönen, braunen Augen, bevor sie sich zur Seite wandte.
    Ihre Röcke raschelten, und die Tränen ließen sich nun nicht mehr zurückhalten.

    (*lol* Entweder betrinkt sie sich jetzt, oder sie nimmt sich Rasierklingen, oder sie endet doch noch mit deinem Assistenten im Bett. *g*)



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 30.04.2007, 08:18


    Daniel kämpfte ebenfalls mit den Tränen, die jedoch nicht bloß durch die Erinnerung an ihren Sohn wiederkehrten, sondern auch durch den Zorn darüber, dass Charlotte diese schlimme Geschichte abermals in ihm heraufbeschworen hatte.
    Nun ließ sie ihn einfach hier stehen?
    Ein verächtliches Lächeln spiegelte sich auf seinem Gesicht und er wandte sich ebenfalls um. Daniel hörte noch, wie sie sich von ihm zu entfernen versuchte, doch er war schneller.
    Er griff nach ihrem Arm und zog sie zu sich zurück.

    „Was glaubst du was du da tust?“ fragte er dann gefährlich leise. „Wir sind noch nicht fertig. Du wolltest reden, wir reden und um davor wegzulaufen, ist es nun zu spät, Liebes.“
    Er öffnete die Tür zu seinem ehemaligen Zimmer und stieß Charlotte unsanft hinein. Danach schloss er die Tür hinter sich und blieb daran angelehnt stehen.
    Im Kamin brannte Feuer und der Schein zauberte ein unerträgliches Spiel aus Schatten und Licht an die Zimmerwände.

    Daniel wartete ab, doch Charlotte sagte kein Wort. Ihre Verunsicherung war deutlich spürbar, denn sie entfernte sich einige Schritte von ihm.
    Bei den Streiterein, die sie geführt hatten, war es bisher immer nur um sie selbst gegangen. Vielleicht konnte keiner von beiden es ertragen, abermals an den schlimmen Vorfall von vor zwei Jahren zurückerinnert zu werden. Doch da sie nun schon einmal damit begonnen hatten, war Daniel nicht gewillt, dieses Thema ruhen zu lassen.
    Vergeblich hatte er die Nächte damit zugebracht, sich Gedanken darüber zu machen, was sie falsch gemacht hatten, um eine derartige Strafe zu verdienen.
    Und er stellte sich selber die Frage, was er falsch gemacht hatte, um eine derartig herzlose Person zur Frau genommen zu haben.

    „Ich bin nicht fair?“ nahm er schließlich ihr Gespräch wieder auf. Seine Stimme klang seltsam klanglos, denn er kämpfte noch immer darum, nicht abermals in Tränen auszubrechen. „Dann sag mir Charlotte, war es fair von dir, mich in meiner Trauer einfach alleine zu lassen? Du hast dich zurückgezogen und ich musste mich mit all den Formalitäten für das Begräbnis und die Trauerfeier auseinandersetzen, obwohl ich mich noch nie in meinem Leben so schwach und hilflos gefühlt habe. Ich hätte deine Hilfe benötigt, aber du warst nicht da.“

    ooC: Hui, na so schlimm kanns ja nicht sein! Nach dem Streit kommt doch immer die Versöhnung. *lol*



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 30.04.2007, 10:27


    Charlotte zog sich tiefer in das Zimmer zurück. Überall an den Händen hingen schwarz weiß Photografien von Daniel während seiner Kindheit, und wohin auch immer sie sah, sahen blaue Augen zu ihr zurück.
    Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper, fröstelte und wollte am liebsten weglaufen, aber Daniel blockierte die Tür.
    Und er wusste, warum.
    Eigentlich sollte es ihr kaum Schwierigkeiten bereiten, ihn von dort wegzulocken.
    Eigentlich sollte sie fähig sein, sich gegen diesen Mann zu wehren - er war immerhin blind!
    Aber Charlotte zweifelte am Erfolg einer solchen Aktion, und war zu aufgelöst, um es tatsächlich versuchen zu wollen.
    Ihre Brust bebte und ihre Lippen zitterten, und Träne um Träne tränkte ihre Wange um danach ungesehen zu Boden zu fallen.

    Sie wandte sich wieder Daniel um, blickte in sein von Zorn und Schmerz verzerrtes Gesicht und begriff, dass er nun tatsächlich begonnen hatte, über das zu sprechen, worüber er seit Jahren schwieg.
    Und Charlotte wünschte sich, er täte es nicht.
    Seine blauen Augen glitzerten, und obwohl er gefährlich beherrscht wirkte, sah Charlotte eine einzelne Träne sein Auge verlassen und über seine Wange rinnen, und es brach ihr fast das Herz.
    Sie hörte ihn sprechen, hörte den brüchigen Klang seiner Stimme, während er dagegen ankämpfte, seine Stimme völlig zu verlieren und weitere bittere Tränen rannen über ihre Wangen.
    "Glaubst du, du bist alleine in deinem Schmerz?" Fragte sie ihn schließlich mit erstickter Stimme.
    "Meinst du nicht, dass andere Menschen auch leiden?" Sie trat einen Schritt auf ihn zu, wahrte aber genug Distanz, so dass er ihr nicht zu nahe kommen konnte.
    "Ich hatte nicht die Kraft, dein Fels in der Brandung zu sein. Mir fehlte die Stärke das zu tun, was getan werden musste. Wie soll ich für dich da sein, wenn ich nicht einmal mit meinen eigenen Gefühlen fertig werden kann?" Fragte sie ihn, und zittrig atmete sie aus.
    "Ich weiß, dass du mich dafür hasst. Aber ich kann es nicht ändern. Und ich weiß auch, dass nicht alles meine Schuld ist, auch wenn du das gerne so hättest." Ihre Hände hatten sich zu Fäusten geballt, und ihre Stimme ein wenig an Kraft gewonnen, aber noch immer wirkte sie zittrig und unsicher.
    "Du hast dich alleine gefühlt?" Nahm sie auf und starrte ihn währenddessen an. "Du wolltest alleine sein. DU wolltest niemanden um dich haben. DU wolltest nicht reden. Und es hat dich kein bisschen interessiert, wie es MIR geht. Du bist vor zwei Jahren mit Sean gestorben. Du hast es nur bislang nicht bemerkt."



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 30.04.2007, 11:00


    Daniels erwiderte nichts. Sein Körper verlor sich in den dunklen Schatten, die über den schwachen Schein des Feuers gesiegt hatten.
    Er wirkte bedrohlich und doch auch wieder nicht. Ein anderer Ausdruck hatte sich auf sein Gesicht geschlichen.
    Waren seine Züge zuvor noch hart und reglos gewesen, zeigte sich nun etwas in seinem Gesicht, das kummervoller als Schmerz und Trauer war.
    Ihre Worte trafen ihn sehr und es zeigte ihm wieder einmal, welch große Macht diese Frau noch immer über ihn besaß.

    „Dann waren wir beide allein.“ stellte er fest und seine Stimme klang kraftlos, als hätte er nun endlich den Kampf aufgegeben, den er schon so lange mit sich und der Welt ausfocht.

    „Und auch wenn du es nicht glaubst, ich hasse dich nicht dafür. Nicht mehr.“ Daniel wollte ihr noch so viel mehr sagen, doch die Worte kamen nicht über seine Lippen. Stattdessen sagte er bloß „Es tut mir leid.“
    Er machte ein paar Schritte von der Tür weg und setzte sich dann auf das frisch bezogene Bett. Es fühlte sich ungewohnt an, in seinem alten Zimmer zu sein. Erinnerungen an glücklichere Tage kamen wieder hoch und Daniel versuchte sie schnellstmöglich zu verdrängen, um den alten Zeiten nicht noch mehr nachtrauern zu müssen.

    „Die Tür ist offen, du kannst gehen wohin du möchtest.“ sagte er und Charlotte würde wissen, dass er damit nicht bloß die Zimmertür meinte. Er war bereit sie ziehen zu lassen, wenn es ihr Wunsch war und ein besseres Leben zu führen, mit einem Mann, der sie wirklich verdiente und ihr das gab, wonach sie sich sehnte. Er war anscheinend nicht in der Lage dazu und das tat ihm im Herzen weh.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 30.04.2007, 11:14


    Charlotte bemerkte, wie sich etwas in Daniels Haltung änderte.
    Er wirkte tatsächlich verletzlich.
    War er zuvor noch Hoch aufgerichtet und starr gewesen, fiel er nun in sich zusammen, und die Verletzlichkeit und den Schmerz, den sie in seinen Zügen lesen konnte, stimmte sie traurig.
    Sie wusste, dass ihre Wahrheit ihn tief getroffen hatte, und das obwohl es nicht ihre Absicht gewesen war.
    Sie wollte nur, dass er begriff, und das tat er nun.
    Sie zögerte, blieb, wo sie war und lauschte ihm.
    Es klang nach aufgeben, was er von sich gab.
    Er gab auf.
    Er kämpfte nicht länger gegen das Leben, die Vergangenheit oder die Zukunft.
    Nein, er war zum ersten Mal in seinem Leben bereit, hinzunehmen, ohne gleichgültig zu sein.

    Sie sah, wie seine Lippen zitterten, als wären da noch so viele andere Worte, die auszusprechen er nicht vermochte, sah, wie seine Hände kraftlos auf dem weißen Bettlaken lagen und wie die Spur, die eine einzelne Träne hinterlassen hatte, im Schein des Kamins glitzerte.
    Tiefe Schatten legten sich über sein Gesicht, aber das blonde Haar glänzte golden, wann immer sich die hellen Reflektionen der Flammen darin fingen.
    Und Charlotte fällte eine Entscheidung.
    Sie sah zur Türe und ging langsam auf sie zu.
    Ihre Hand berührte die Klinke und sie war kalt und hart.
    Dann drehte sie den Schlüssel herum, der im Schloss steckte, bevor sie sich wieder zum Bett umwandte, und mit zunehmender Sicherheit darauf zuschritt.
    Erst als sie vor Daniel stand fiel sie auf die Knie, griff nach seiner Hand, und legte Kopf und Oberkörper in seinen Schoß.
    Er war der einzige Mensch, zu dem sie gehörte, aber sie wusste nicht, ob er sie noch haben wollte.
    Trotzdem war er es, zu dem sie ihr Weg führen würde, wenn sie frei wählen durfte, wohin es sie zu gehen verlangte.
    "Und wenn ich bei dir sein möchte?" Fragte sie leise und schloss die Augen.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 30.04.2007, 11:35


    Daniel saß kraftlos und zusammengesunken auf dem Bett. Er hätte niemals gedacht das durchzustehen, doch nun, da er die Wahrheit gehört hatte, fiel es ihm sogar leichter, Charlotte gehen zu lassen.
    Auch wenn er wusste, dass er es niemals ganz verkraften würde. Er liebte seine Frau und würde es auch in Zukunft tun.
    Sie würde ihn verlassen und ein neue Leben beginnen, das auch wert war gelebt zu werden.
    Nicht wie ihr Dasein, das sie jetzt fristete.
    Getrieben und Verfolgt von den Geistern der Vergangenheit und einem Ehemann, der ihr keine Unterstützung bieten konnte, da er selbst vom Schmerz aufgezerrt wurde, der in seinem Herzen wohnte.

    Umso überraschter war Daniel nun, als Charlotte zum Bett trat und vor ihm kniete, nur um dann ihren Kopf in seinem Schoß zu betten.
    Einige Strähnen ihres dunklen, geschmeidigen Haares strichen über seine Hand und er schloss die Augen aufgrund dieses wundervollen und ungewohnten Gefühls, das diese einfache Berührung in ihm wachrief.
    Er hob die Hand und strich ihr sanft über den Kopf, wie man es mit einem Kind tat, das einen bösen Alptraum erlebt hatte.

    „Dann kann ich dir deinen Wunsch nicht verwehren.“ sagte er und seine Stimme beinhaltete den sanften Singsang, mit dem er oft früher geredet hatte, wenn sie alleine gewesen waren. „Du hast noch nie aufgeben wollen, nicht wahr?“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 01.05.2007, 13:47


    Charlotte fühlte die sanfte Berührung einer Hand, die ihr über das Haar strich und schloss erneut die Augen, als könnte der Moment zerstört werden, wenn sie sie offen hielt.
    Die Anspannung war von Daniel gewichen und sie spürte nicht nur am Tonfall seiner Stimme, dass sich etwas geändert hatte.
    Er strahlte keine Kälte mehr ab, ganz im Gegenteil sogar, in Charlotte breitete sich Wärme aus und sie lächelte.
    "Nicht, wenn es sich zu kämpfen lohnt." Erwiderte sie mit sanfter Stimme.

    Dann richtete sie sich vorsichtig auf, hob den Kopf, und setzte sich auf Daniels Schoß.
    Ihre Hand glitt zärtlich über seine Wange, und sie strich seine Haare zur Seite.
    "Sag, dass das kein Traum ist, Danny." Bat sie leise, während sie ihn betrachtete.

    Er wirkte noch immer traurig, aber nicht mehr verbittert, und der Starre Blick seiner Augen wirkte nicht mehr so verloren, sondern eher tiefgründig, als würde er in weite Fernen sehen, die nur er alleine erblicken konnte.
    Sein Gesicht war weicher geworden, und trotz des Schmerzes, den sie dort fand, fand sie auch etwas anderes, das sie längst verloren geglaubt hatte. Etwas, das sie einst Liebe genannt hatte.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 01.05.2007, 14:23


    Er spürte die vorsichtige Berührung ihrer Hand und sein Gesichtsausdruck wurde sanfter. Daniel konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal einen solchen intimen Moment miteinander erlebt hatten.
    Charlottes Nähe war angenehm und wohltuend, doch zugleich auch ungewohnt für ihn. Er fühlte sich wieder wie bei einem ihrer ersten Treffen. Damals waren sie beide nervös gewesen und jeder von ihnen versuchte es vor dem anderen zu verbergen. Erst langsam lernten sie, wie es war, wenn man sich auf einen anderen Menschen einlassen konnte.

    Obwohl er noch ein wenig angespannt wirkte, lächelte Daniel. „Es ist kein Traum, dafür sind meine Kopfschmerzen zu stark.“ sagte er dann und nahm ihre Hand, die über seine Wange strich in die seinige. „Muss am Alkohol liegen.“ Er wusste es jedoch besser. Der Wein war nicht Schuld, sondern die starken Gefühlsschwankungen, die er in den letzten Minuten durchgemacht hatte.
    Sie schwächten ihn und machten ihn müde. Trotzdem war er froh darüber, dass an diesem Abend alles so gekommen war.
    Ihre Berührungen waren der beste Trost für all das Leid.
    „Es war für uns beide ein anstrengender Abend. Wir sollten uns ausruhen.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 01.05.2007, 15:06


    Charlotte lächelte ein weiteres Mal.
    "Du wirst doch morgen hoffentlich nicht alles auf den Alkohol schieben, was heute war?" Fragte sie leise, doch ihr Tonfall machte deutlich, dass sie ihre Worte nicht ernst meinte.
    Sie fühlte wie er seine Hand in ihre nahm und ließ es widerstandslos geschehen. Das hatte Daniel früher oft gemacht und Charlotte hatte es immer genossen.
    Sie nickte sachte, und auch wenn er es vielleicht nicht sehen konnte, so würde er doch die Bewegung ihres Kopfes spüren, der an seiner Schulter lehnte.
    "Ich möchte einfach nur bei dir sein." Erwiderte sie leise.
    Oh ja, wie sehr hatte sie sich danach gesehnt, dass er seine Arme um sie schloss und sie einfach nur festhielt.

    Wie oft hatte sie davon geträumt, dass er ihr zärtlich über das Haar fuhr, und sie auch nur flüchtig auf den Kopf küsste.
    Und wie lange hatte sie seiner Berührungen entbehren müssen. Und seiner Nähe.
    Wie lange, hatte sie Kälte ertragen müssen!
    Jetzt war ihr jede einzelne, kleine Berührung teuer, selbst wenn sie nur versehentlich geschah, und dass er nun tatsächlich seinen Arm um sie gelegt hatte war so unwirklich, als würde sie noch immer träumen.
    Alles, alles war sie bereit zu tun, so lange es sie nur in Daniels Nähe halten würde.
    Sie ließ sich von Daniel sanft auf das Bett ziehen, und schlang ihre Arme um seinen Oberkörper, legte den Kopf auf seine Brust, und seufzte leise.
    Endlich, so schien es, war alles wieder so, wie es sein sollte.
    "Es tut mir leid, Danny." Flüsterte sie leise. "Es tut mir alles so unendlich leid..."



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 01.05.2007, 16:22


    „Nicht alles.“ erwiderte Daniel und auch er lächelte. „Manches davon schreibe ich dann auch meinem übermäßigen Tabakkonsum zu.“

    Als sie sich zurück in die Kissen sinken ließen, drückte er sie ganz fest an sich, als fürchtete er, sie könnte ihm verloren gehen.
    Es war tatsächlich fast wie früher, doch machte sich Daniel nichts vor. Auch wenn sie sich nun dazu entschieden hatten, einen Schritt aufeinander zuzumachen, würde es trotzdem Schwierigkeiten geben.
    Das Ehepaar Lancaster hatte sich in den letzten zwei Jahren auseinandergelebt und dabei hatte auch jeder von ihnen seine eigenen Gewohnheiten entwickelt, nach dem er zu leben gedachte.
    Man konnte von Daniel behaupten was man wollte, doch er war und blieb ein praktisch denkender Mensch.
    Selbst in dieser Situation wusste er, dass es nicht einfach sein würde, an ihr früheres Leben anzuknüpfen.
    Doch er wollte es zumindest versuchen.

    Ihre Worte stimmten ihn abermals ein wenig melancholisch. Er strich ihr behutsam mit den Fingern über ihre vollen, roten Lippen, um sie sanft zum Schweigen zu bringen.
    „Das muss es nicht.“ sagte er bloß und schloss dann die Augen. Sie hatten beide Fehler gemacht. Heute wollte er jedoch nichts mehr von Schuldzuweisungen und Entschuldigungen hören. „Wir sollten wohl besser die Schuhe ausziehen, Tante Georgiana bekommt sonst einen Tobsuchtsanfall, wenn sie die schmutzigen Laken sieht.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 03.05.2007, 21:43


    Charlotte lächelte traurig, wurde sich dann aber dessen bewusst, dass ihr Mann es nicht würde sehen können.
    Vieles hatte sich verändert.
    Danny mochte sich an seine neuen Lebensumstände gewöhnt haben, aber Charlotte hatte bislang nicht gelernt, damit zu leben.
    Sie hatten zwei getrennte Leben gelebt, und für Charlotte würde es eine Umstellung werden.

    "Warte..." Sagte sie leise, zog sich dann zurück, und öffnete mit einigen flinken Bewegung die Bändel seiner Schuhe, bevor sie ihm jene abstreifte, und dann auch ihre eigenen Schuhe zu Boden gleiten ließ.
    "Besser?" Sie lächelte wieder, aber diesmal viel mehr erleichtert und verspielt, und nicht mehr traurig.
    Sie bewegte sich zurück zu ihrem Mann, schmiegte sich an ihn, und fuhr dann behutsam mit ihren Händen über sein Gesicht, als könnte sie es nicht sehen, sondern nur erahnen, und als wären ihre Finger zumindest für den Moment das einzige Organ, durch das sie sah.
    Dann senkte sie langsam den Kopf auf seine Brust, legte ihren Arm über ihn, und spielte mit einigen Strähnen seines blonden Haares.
    Sie fühlte, wie sich sein Brustkorp ruhig hob und senkte und das verlieh auch ihr eine gewisse Ruhe.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 05.05.2007, 09:54


    „Besser“ stimmte er ihr zu, als sie die Schuhe zu Boden gleiten ließ. Er versuchte zu lächeln, doch es gelang ihm nicht ganz. Die Situation war zu ungewohnt und neu für ihn, als dass er sich ganz daran gewöhnen konnte.
    Vor dem Unfall ihres Sohnes hatten die beiden auch nicht wirklich viel Zeit miteinander verbringen können. Daniel war damals sehr oft auf Reisen oder verbrachte den ganzen Tag über irgendwelchen Büchern oder Artefakten. Er wollte seine Forschungen vorantreiben und hatte dabei den Fehler gemacht, seine Familie zu vernachlässigen.
    Dieser Moment war seit vielen Jahren das erste Mal, dass das Ehepaar Lancaster in Ruhe miteinander verbringen konnte und auch wenn es sich angenehm anfühlte, schreckte Daniel noch immer ein wenig vor ihren Berührungen zurück.
    Was Gefühle betraf, so konnte er nie richtig zum Ausdruck bringen, was in ihm vorging und genau diese Situationen waren es, die er nicht in der Lage war weltmännisch zu meistern.

    Also sagte er besser nichts. Er spürte ihren Kopf auf seiner Schulter ruhen und die sanfte Berührung ihrer Hand.
    Er schloss die Augen und fühlte dadurch, wie er automatisch ein wenig mehr an Ruhe gewann.
    Der Abend hatte sie beide ziemlich mitgenommen und nun war keiner von ihnen bereit, die eingekehrte Stille zu zerstören.
    Langsam kam der Schlaf über sie beide und das letzte woran sich Daniel noch erinnerte war wie er fast automatisch nach Charlottes Hand griff, bevor der süße Schlummer auch ihn überwältigte.

    Es dauerte jedoch nicht lange, bis Daniel abermals erwachte. Es war noch immer Nacht, denn auf den Strassen außerhalb des Fensters war es noch ruhig und friedlich.
    Daniel wusste nicht, was ihn geweckt hatte, doch ihm war ein wenig beklommen zumute, als hätte er etwas Schlechtes geträumt, an das er sich jedoch nicht mehr erinnern konnte.
    Langsam erst wurde er sich wieder bewusst, dass er nicht alleine war. Charlottes ruhiger Atem verriet, dass sie tief und fest schlief.
    Behutsam löste Daniel sich von ihr und stand auf. Es war nicht das erste Mal, dass er keinen Schlaf fand. Tagsüber fühlte er sich müde und abgespannt und nachts wachte er plötzlich auf und konnte dann meistens bis zum Morgen keine Ruhe mehr finden.
    Dazu kam noch, dass sein altes Zimmer böse Erinnerungen weckte und es war fast so, als könne er die Anwesenheit von etwas Fremden spüren, das sich hier aufhielt.
    Daniel fröstelte ein wenig bei dem Gedanken und somit trat er hinaus auf den Balkon, von wo aus er früher einen schönen Blick auf die belebten Strassen richten hatte können.
    Diese Zeiten waren schon lange vorbei, doch der Gedanke daran machte Daniel nicht traurig. Im Moment versuchte er nur das Gefühl, das die kühle Nachtluft auf seiner Haut hinterließ, zu genießen.
    Noch immer dachte er an den vergangenen Abend zurück, der eine plötzliche Wendung genommen hatte, als er sich zum ersten Mal eingestehen konnte, dass er Charlotte unrecht getan hatte.
    Es war der erste Schritt in die richtige Richtung, doch Daniel war sich nicht sicher ob Charlotte diesen Weg einschlagen wollte.
    Zu viel war zwischen ihnen beiden vorgefallen und nun müssten sie beide einiges aufgeben, um wieder zueinander zu finden und er war sich nicht sicher, ob sie beide das wirklich wollten.
    Daniel schüttelte den Gedanken beiseite. Er holte eine Zigarette aus dem silbernen Etui hervor, das er immer bei sich trug, und zündete sie an. Die Mischung aus Tabak und den starken Gemisch aus Kräutern und Pflanzensamen die ihm sein Apotheker empfohlen hatte, würde ihn hoffentlich bald wieder einschlafen lassen.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 05.05.2007, 15:50


    Charlotte atmete tief ein, und drehte sich zur Seite, schloss den Arm um das Kissen und kuschelte sich daran.
    So, wie sie es jede Nacht tat, wenn sie sich einsam fühlte, und etwas zum Festhalten brauchte.
    Obwohl im Schlaf, spürte sie, dass etwas nicht stimmte, anders war, als es sein sollte.
    Ihre Gedanken drifteten ab, tauchten tief in ihr Unterbewusstsein ein, und suchten dort nach dem bestimmten kleinen Etwas, das sie nicht einfach weiterschlafen ließ, sondern in einem Zustand zwischen Wachen und Schlafen hielt.

    Dann wurde es ihr schlagartig bewusst.
    Das Kissen stimmte nicht!
    Jahrelang hatte sie alleine gelegen, und Jahrelag war das Kissen ihr Bettgefährte gewesen.
    Nicht so heute!
    Heute, so meinte ihr Bewusstsein sich erinnern zu können, war sie mit einem Mann an ihrer Seite eingeschlafen.
    Ihrem Mann!
    Charlotte riss die Augen auf.
    Das Bett neben ihr war leer und verwaist.
    Verschlafen setzte sie sich auf, sah sich in den Raum um, und tatsächlich war es so, wie sie sich daran erinnerte.
    Sie war in Daniels altem Zimmer. Sie lag auf seinem Bett.
    Aber Daniel war nicht da.
    Ihr Blick fiel auf die Schuhe, die neben dem Bett standen, und neben ihren sah sie jene von Daniel.
    Sie strich einige wirre Strähnen aus dem Gesicht, und lauschte.
    Von draußen klangen Geräusche zu ihr herein, und daraus schloss sie, dass die Balkontüre offen stand.

    Geräuschlos erhob sie sich, und mit schwebenden Schritten bewegte sie sich auf den geöffneten Balkon zu.
    Kaum hatte sie die Türe erreicht, da konnte sie die Umrisse ihres Mannes sehen, die sich dunkel von der grauen Nacht ab.
    Sie zögerte einen Moment, und betrachtete ihn einfach nur, wie er da stand, nachdenklich in die Dunkelheit blickte, die er tagtäglich sah, egal wohin er blickte.
    Der sanfte Nachtwind zerrte an seiner Kleidung und seinem Haar, und wieder kam Charlotte der Gedanke, dass er verloren aussah, wie er so da stand.
    Dann nahm sie all ihren Mut zusammen, näherte sich ihm und schlang behutsam ihre Arme um seinen Oberkörper, während sie ihren Kopf gegen seine Schulter lehnte.
    "Kannst du nicht schlafen?" Fragte sie leise, und hoffte, dass der sanfte Wind ihr Worte an seine Ohren tragen würde.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 05.05.2007, 16:43


    Daniel hörte das leise Rascheln von Charlottes Kleid, als sie neben ihn trat und die Arme um ihn legte.
    Sogleich durchflutete ihn ein angenehmes Gefühl von Wärme und auf seinen Gesichtszügen wurde ein sanftes Lächeln sichtbar.
    Ihre Anwesenheit riss ihn aus den kummervollen Überlegungen und er war froh darüber, dass sie da war.

    „Ich habe fast den ganzen Tag über geschlafen.“ sagte er und seine Stimme klang ein wenig belegt. „Wahrscheinlich ist das der Grund, weshalb ich schon so früh wach bin.“
    Er wollte versuchen unbekümmert zu klingen, doch er schaffte es nicht ganz. Auch zu Hause wachte er sehr oft nachts auf, doch es fiel ihm danach nicht sehr schwer durch das eine oder andere Hausmittel Schlaf zu finden. Doch dieses Mal hielten ihn seine Gedanken davon ab.

    „Ich habe dich doch nicht aufgeweckt, oder?“ fragte er und nahm die Zigarette in die andere Hand, damit Charlotte nichts von dem Rauch abbekam. Er wusste, dass sie den Zeitvertreib des Rauchens nicht ganz zu schätzen wusste.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 05.05.2007, 18:17


    "Nein." Erwiderte sie sanft.
    "Du warst lautlos wie ein Wiesel." Noch während sie sprach, konnte sie nicht umhin, über ihre Worte nachzudenken.
    Es war tatsächlich außergewöhnlich, dass Danny mit schlafwandlerischer Sicherheit dem Raum entkommen war, ohne auch nur ein Geräusch zu verursachen.
    "Wie auch immer du das gemacht haben magst." Sie lächelte flüchtig, und vergrub ihr Gesicht im weichen Samt seines Hemdes.
    Einige Sekunden lang schwieg sie, hielt sie ihn einfach nur eng umschlungen und lauschte auf das Pochen seines Herzens.

    "Meine Träume haben mich nicht schlafen lassen." Gestand sie dann.
    "Denn ich träumte, du wärest weg." Ihre Lippen verschlossen sich erneut und sie verstummte.
    Es war ungewohnt für sie, sich ihm wieder anzuvertrauen, nachdem er sie zwei Jahre lang immer wieder zurückgewiesen hatte, zumal sie wusste, was Daniel von Träumen und deren Bedeutung hielt.
    Wind fuhr durch ihr Haar, und sie fröstelte kurz, obwohl ihr nicht kalt war.
    "Der Mond leuchtet hell heute Nacht." Stellte sie leise fest, als sie ihren Blick in die Dunkelheit gleiten ließ und tatsächlich hatten sie heute Nacht Vollmond, so dass die Welt in ein fahles, silbernes Licht getaucht blieb.
    Sie dachte gar nicht daran, dass Daniel ihn nicht würde sehen können, und als es ihr einkam erstarrte sie kurz.
    "Ent... entschuldige, Danny, ich wollte nicht... ich habe nicht daran gedacht dass... ich glaube, es ist Vollmond."



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 05.05.2007, 18:45


    Ihre Unsicherheit amüsierte ihn und tröstete ihn sogar über ihre Worte hinweg. Was hätte er gegeben, noch einmal sehen zu dürfen und sich dabei solche Kleinigkeiten wie den Mond einprägen zu können.
    Bevor er sein Augenlicht verloren hatte, hielt er dies alles für selbstverständlich und das erfüllte ihn mit Kummer. Es hätte noch so viel zu erleben gegeben, wofür er einfach nie die Zeit gefunden hatte und nun war es zu spät.

    „Keine Sorge,“ beruhigte er sie. „Du weißt ich konnte den Vollmond nie ausstehen. Das Licht hat mich nicht gut schlafen lassen.“ Das war eine Lüge, doch er versuchte wohl selbst daran zu glauben, nur um den fraglich positiven Aspekt an seiner Behinderung hervorzuheben.

    „Gab’s nicht auch an dem Abend Vollmond, als wir uns kennen gelernt haben?“
    Er konnte sich noch deutlich an die Feier erinnern. Er hatte Charlotte mit einer abfälligen Bemerkung beleidigt, die eigentlich aus dem Unmut entstammte, an einer von Georgianas Festivitäten teilnehmen zu müssen. Seine Tante hatte zu dieser Zeit schon lange aufgegeben ihn zu verkuppeln, deshalb sahen alle (Daniel eingeschlossen) ein Wunder darin, als Charlotte sich einige Zeit später doch bereit erklärte Daniel zum Mann zu nehmen.
    „Du weißt schon, der Abend, an dem du mir eine Ohrfeige verpasst hast.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 05.05.2007, 20:23


    Ein Lächeln legte sich auf Charlottes Gesicht, als sie sich an den Abend zurückerinnerte.
    Wie jede kultivierte und gebildete junge Dame von Stand war sie damals zu Georgianas Feier erschienen - in Vertretung ihrer Eltern, und um diese zu repräsentieren.
    Und eher zufällig war sie zusammen mit Daniel an einen Tisch geraten.
    Er wäre ihr vermutlich gar nicht aufgefallen, hätte er sich nicht durch ein ganz besonders unfreundliches Verhalten ausgezeichnet.
    Sie hatte sich daraufhin erkundigt, wer er war, dass er glaubte sich ein solches Verhalten erlauben zu dürfen, und erfahren, dass es sich bei ihm um Georgiana Lancasters Neffen handelte und sie hatte eigentlich beschlossen höflich und freundlich ihm gegenüber zu sein.

    Dann allerdings hatte der junge Mann den Bogen deutlich überspannt, in dem er sie beleidigt hatte, wo es nur ging.
    Und als er ihr dann unterstellt hatte, ein minderwertiges Geschöpf zu sein, das nichts konnte, und lediglich darauf angewiesen war, einen gnädigen Mann zu finden, da hatte er deutlich die falsche Frau vor sich gehabt.
    Charlotte hatte ihre gute Erziehung kurzzeitig vergessen, und wie nicht selten war ihr Temperament mit ihr durchgegangen.
    Und sie hatte Daniel vor versammelter Mannschaft eine schallende Ohrfeige verpasst, und ihm zugezischt, dass sie es sich nicht nötig hatte, sich einen Mann zu angeln, und sie ihm in jeder Hinsicht ebenbürtig war.
    Was genau ihn daran nun so sehr fasziniert oder überrascht hatte, dass er ihr am nächsten Tag eine Karte gesendet hatte, wusste sie heute noch nicht.
    Aber Charlotte wusste, dass sie diesen attraktiven jungen Mann zunächst widerwärtig gefunden hatte.
    Gleichzeitig allerdings hatte sie ihre kleinen Wortgefechte genossen, jede Chance genutzt, ihm zu zeigen, dass sie ihm wirklich ebenbürtig war.
    Und nachdem er das erst einmal verstanden hatte, war es sehr viel leichter geworden.

    "Wie könnte ich das je vergessen?" Fragte sie leise.
    "Und hast mich in einem Atemzug dumm, langweilig und unvernünftig genannt und mir zudem jegliche Selbstbestimmung und Charakterstärke abgesprochen."
    Noch immer lächelte sie, als sie sich zurückerinnerte.
    "Ich habe dir auch das Champagnerglas über das Hemd geschüttet." Sie lachte leise auf.
    "Und es hat mir nicht ein bisschen leid getan." Sie schmiegte ihr Gesicht wieder an sein weiches Hemd.
    "Du warst nämlich der mit Abstand arroganteste und selbstsicherste junge Mann, der mir bis damals untergekommen war."



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 05.05.2007, 21:40


    „Tatsächlich?“ fragte er verblüfft, doch er wusste, dass sie recht hatte, wollte sein Verhalten aber ein wenig verteidigen. „Es gab gewiss schlimmere, nur kanntest du nicht genügend Leute zur damaligen Zeit.“

    Zu dieser Zeit hatte er geglaubt mit dieser abweisenden Art gewinnen zu können, denn er wollte keinesfalls von Tante Georgiana zu einer Hochzeit mit irgendeiner dummen Gans aus gutem Haus gezwungen werden.
    Aus diesem Grund hatte Daniel diese Feste auch immer gehasst. Sie waren ein guter Vorwand für Georgiana ihm junge Damen aus den besten Kreisen der Gesellschaft an den Hals zu hetzen und er hatte sich damals immer gelangweilt, wenn er mit diesen hirnlosen Dingern gesprochen hatte.
    Es kostete seine letzten Nerven, diese Abende durchzustehen, also beschloss er irgendwann sich nicht mehr zu verstellen und sein wahres Ich hervorzukehren, was den meisten Gästen wohl nicht gefiel.
    Charlotte dagegen hatte ihm die Stirn geboten und plötzlich fand er sie faszinierend, denn sie hatte Mut bewiesen und ihm vor allen ins Gesicht gesagt, was sie von ihm hielt und anschließend mit einer Ohrfeige ihren Worten Nachdruck verliehen.
    An diesem Abend hatte er beschlossen ihr so bald wie möglich einen Heiratsantrag zu machen. Es hatte zwar noch einige Zeit gedauert, bis Charlotte ihn erhört hatte, doch das spornte ihn nur noch mehr in seinen Anstrengungen an.

    „Du warst eben anders, als diese Hühner die nur das nachplappern konnten was ihre Mütter ihnen vorsagten. Das Beste daran war, dass du manchmal genauso vorlaut werden konntest wie ich. Damit stand ich dann sogar von Zeit zu Zeit vor Georgiana besser da.“
    Er musste grinsen und sein Gesicht wirkte jünger und lebhafter, als er sich an die Geschehnisse von damals zurückerinnerte.
    Sanft drückte er ihr einen Kuss auf die Stirn, als sie ihren Kopf auf seine Brust bettete.
    „Um das Hemd mach dir keine Sorgen, das gehörte nicht mir. Ich musste es mir ausborgen, weil ich keins mehr im Schrank hatte, das dem Anlass entsprach.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 06.05.2007, 01:56


    Charlotte lächelte, als sie die Worte ihres Mannes vernahm, denn genaugenommen waren es verborgene Komplimente, die er ihr machte.
    Sein Kuss schickte ein aufregendes Prickeln durch ihren Körper, uns sie krallte ihre Finger in sein Hemd, während er ihren Kopf vorsichtig gegen seine Brust bettete.
    "Ahja?" Fragte sie lächelnd.
    "Und welcher deiner Freunde trug Hemden in derart gräßlichen Grüntönen?" Sie hob den Blick und sah ihn von unten her an, sah den Blick den er auf die Dunkelheit richtete, und bemerkte, wie er sich schließlich ihr zuwandte.
    "Übrigens hast du mir trotzdem unterstellt, oberflächlich zu sein." Sie grinste amüsiert und genoss es, von ihm im Arm gehalten zu werden.
    "Und das alles nur, weil du dich nicht verkuppeln lassen wolltest." Sie schüttelte ansatzweise den Kopf.
    "Sei froh, dass du als Mann geboren wurdest..." Sie grinste wieder.
    "Da kannst du dir wenigstens noch aussuchen, wen du haben möchtest..." Sie sah ihn erneut an, und strich ihm ein weiteres Mal über die Wange.

    Sie verharrte einen kurzen Augenblick so, und stellte sich dann auf die Zehenspitzen, um ihm einen Kuss auf die Wange zu hauchen.
    "Danny... würdest du mit mir tanzen? Nur für uns? Hier, wo uns keiner sieht und wo um uns beide Finsternis herrscht."
    Sie drückte sich näher an ihn heran, und legte ihre Hand in seine, während sie damit begann, sich vorsichtig zu einer Melodie zu wiegen, die nur sie in ihrem Kopf hören könnte, und die nicht wirklich da war.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 06.05.2007, 09:49


    „George hat mir das Hemd damals geborgt. Wenn er hier wäre, würde er dir erklären wie teuer es gewesen ist.“ Daniel tat ein wenig beleidigt, obwohl ihm das Hemd damals auch nicht sehr zugesagt hatte. Doch er hätte schlecht nackt zum Fest erscheinen können, also nahm er schließlich mit dem hässlichen Hemd Vorlieb.
    Daniel achtete sowieso nie sehr genau auf sein Erscheinungsbild, deshalb war auch damals kaum jemand überrascht und das hatte sich bis heute nicht geändert.
    „Ich schließe aus deinen Worten, dass du mich nur genommen hast, weil nichts Besseres daherkam?“ Er klang ein wenig eingeschnappt, doch das Lächeln auf seinem Gesicht verriet, dass er Spaß dabei hatte sie aufzuziehen.
    „Keine Sorge, Schatz, ich komme sicherlich eines Tages darüber hinweg.“

    Ihr Kuss auf seiner Wange stimmte ihn abermals ein wenig ernster. Ihre Bitte war verrückt, doch so war ihre Beziehung schon immer gewesen. Im Grunde scherte sich auch Charlotte nicht um Konventionen und das gefiel ihm an ihr.
    „Tanzen? Jetzt? Hier? Ich muss mich verhört haben!“ Er klang belustigt. Daniel nahm einen Zug von seiner Zigarette und legte sie dann auf die Brüstung des Balkons.
    „Madam, wenn ich bitten darf.“ sagte er, als er ihr seine Hand zum Tanz offerierte.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 06.05.2007, 11:49


    "Naaaa, du warst immerhin besser als die dummen, aufgeblasenen und selbstüberschätzenden Möchtegernhelden, die mich sonst umworben haben... naja, neigtest natürlich auch zur Selbstüberschätzung... aber einem attraktiven Mann verzeiht man schneller." Sie lachte leise auf und und wand sich in seinem Arm, so dass sie ihn direkt ansehen konnte.

    Dann nahm sie die dargebotene Hand an, und tanzte gemeinsam mit Daniel zu der Melodie, die der Wind lediglich für sie zu flüstern schien.
    Sie bewegten sich langsam, brauchten sich aber nicht Absprechen, sondern tanzten, als wären sie völlig eins.
    Charlotte schloss die Augen, und ließ sich von Daniel führen, darauf vertrauend, dass er nirgendwo drüber stolpern oder dagegen rennen würde.
    Sie achtete nicht darauf, wohin er sie sanft dirigierte, legte nur einfach den Kopf an seine Schulter und fühlte, wie seine zweite, freie Hand an ihren Rücken glitt, um sie zu halten.
    Früher hatten sie auf diese und ähnliche Weise die Ballsäle dieser Welt unsicher gemacht.
    Charlotte hatte sich hervorragend darauf verstanden, ihre beiden Familien zu repräsentieren - dazu war sie erzogen worden - gleichzeitig aber auch Daniel jeden dieser langweiligen Abende mit ihrem Charme und ihrer liebreizenden Art zu versüßen.
    Sich auf den großen Festen sehen zu lassen, war zwar immer noch eine lästige Pflicht für ihn gewesen, doch Charlotte wusste, dass er es insgeheim genossen hatte, mit ihr an seiner Seite seine Aufwartung zu machen.
    Sie beide waren das Traumpaar der Londoner Gesellschaft gewesen.
    Beide jung, beide gutaussehend, und beide überaus wohlhabend.
    Charlotte wusste, dass viele Mädchen davon geträumt hatten, sich Daniel Lancaster zu angeln, und dann zurück geschreckt waren, als sie sein wahres Wesen entdeckt hatten. Charlotte hatte gerade diese Unausstehlichkeit gereizt, und sie hatte an der Oberfläche gekratzt um zu sehen, was darunter lag.
    Und es hatte ihr gefallen.
    Und auch Daniel hatte damals gewusst, dass er die hübscheste junge Frau Englands zu der seinigen machen würde, die, was noch sehr viel wichtiger war, einen Charakter besaß, der ebenso stark war, wie sie schön war.
    Schließlich blieb Daniel langsam stehen, und sie löste sich ein wenig aus seinem Griff, ließ aber zu, dass er die Arme um sie schlang.
    Ihr Herz schlug ein klein wenig schneller als normal, aber ihr Atem ging ruhig.
    "Und wem gehört das Hemd, das du heute trägst?" Fragte sie plötzlich, und sie lächelte ein klein wenig. "Du hasst Samt." Fügte sie als Erklärung hinzu, und musste schmunzeln. Daniel würde niemals ein Samthemd in seinen Besitz nehmen. Und falls sie sich irrte, so war es dennoch eine nette Anspielung auf ihr erstes Date.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 06.05.2007, 14:21


    Daniel genoss es, Charlotte im Arm zu halten.
    Langsam ließ er seine Hand über ihren Rücken hinuntergleiten und dirigierte Charlotte sanft in eine andere Richtung, um nicht irgendwo anzustoßen.
    Es war beinahe wie früher und doch anders. Dieses Mal hatten sie keine Zuschauer und mussten auch nicht darauf achten das perfekte Paar abzugeben.
    Sie durften endlich wieder sie selbst sein, mit all den Fehlern und Schwächen die sie beide besaßen.
    Daniel hätte diesen Moment liebend gerne eine kurze Weile länger festgehalten, doch schließlich blieb er stehen.
    Er fühlte die Wärme die von Charlottes Körper ausging und er hob die Hand, um ihr sanft über die Wange zu streichen.
    Er beugte sich zu ihr, wollte ihre süßen Lippen auf seinen schmecken, doch er hielt abrupt inne.
    Das Hemd!
    Er hatte Desmonds Hemd an.
    Daniel hatte es doch nach dem Treffen mit seiner Tante wieder ausgezogen. Wie konnte er also noch immer dieses übertriebene Kleidungsstück tragen?
    Sein Gesicht verfinsterte sich, als er an die einzig logische Erklärung dachte.
    Mary!
    Sie musste ihm dieses Hemd gegeben haben, als er in aller Eile von zu Hause aufgebrochen war und jetzt stand er hier und trug das Hemd eines Mannes, den er vor einigen Stunden gefeuert hatte.
    “Das Hemd gehört meinem Ex-Assistenten.“ erklärte Daniel und löste sich von seiner Frau. Er würde das Hemd schnell gegen ein anderes eintauschen müssen. Er nahm die Zigarette von der Balkonbrüstung und tat einen tiefen beruhigenden Zug.
    “Ich werde dem Butler Bescheid geben, er soll mir ein anderes Hemd besorgen.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 06.05.2007, 15:56


    "Hoppla." Sagte Charlotte leise und lächelte.
    "Jetzt trägst du also schon die Kleider deiner Angestellten..." Sie konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken.
    "Ex...." Wiederholte sie dann, erinnerte sich daran, dass sie den Mann zwar nicht gesehen hatte, als sie am Vortag von zu Hause aufgebrochen war, aber sie hatte sich auch gar nicht erst die Mühe gemacht, ihn kennen zu lernen. Daniels sogenannte "Assistenten" wechselten viel zu rasch, als dass ihr die Zeit blieb, jeden einzeln kennen zu lernen.
    Sie entschied sich allerdings dagegen, ihn genauer nach den Ereignissen zu fragen, das würde ihn nur verstimmen und das wusste sie.
    "Weißt du, eigentlich finde ich das gar nicht mal so unschön. Es ist... weich..." Erzählte sie und drückte sich erneut in den flauschigen Samt.

    Daniel allerdings löste sich nun von ihr, und sie spürte, dass er sich nicht nur körperlich distanzierte, als er die Zigarette wieder in den Mund nahm und daran zog.
    "Aber ich will dir nicht vorschreiben, was du anziehen sollst." Fügte sie daher schnell hinzu, während sie dem Rauch auswich.
    Sie legte die Hände auf die Balkonbrüstung und lehnte sich darüber, um sich nach vorne zu beugen, und den sachten Wind auf ihrem Gesicht zu spüren.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 06.05.2007, 17:25


    „Stimmt, denn du weißt, dass ich mir nichts vorschreiben lasse.“ erwiderte er schlicht.
    Seine Gedanken beschäftigten sich gerade damit, warum er diesen Fehler nicht selbst bemerkt hatte. Doch er war einfach zu wütend gewesen, als er sich dazu entschlossen hatte, nach London zu fahren und in der Aufregung war es ihm entgangen, dass Mary ihm das falsche Hemd gereicht hatte.
    Er würde die Kleider reinigen und anschließend Desmond zukommen lassen. Fehlte nur noch die passende Anschrift seines ehemaligen Assistenten.
    Er wusste eigentlich nichts über Desmond, nicht einmal wo er vor seinem Dienstantritt gewohnt hatte. Daniel war jedoch zuversichtlich, die passende Information schnell herauszufinden.

    Er seufzte leise bei dem Gedanken, dass er sich bald schon einen neuen Assistenten suchen musste, der zunächst alles falsch machen würde.
    Die kommenden Wochen würden kein Spaß werden, denn die meisten seiner Assistenten stellten sich in dieser Zeit am dümmsten an.
    Desmond war da anders gewesen und Daniel war eigentlich immer recht zufrieden mit ihm, wenn man von der sturen Art seines Assistenten absah.
    „Er meinte mir vorschreiben zu müssen, dass ich auf Georgianas Geburtstagsfeier zu erscheinen habe.“ Er wusste eigentlich nicht warum er Charlotte das erzählte, doch irgendwie beschäftigte ihn die Sache noch immer.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 06.05.2007, 18:02


    "ohhh." Meinte Charlotte leise, und wandte sich langsam wieder zu ihrem Mann um.
    "Und deshalb hast du ihn rausgeworfen?" Fragte sie leise und sah ihn nachdenklich an.
    Es waren schon Assistenten aus geringeren Gründen entlassen worden, das wusste sie, aber etwas an der Tatsache dass Daniel das als Grund anführte, sagte ihr, dass er es eigentlich wahrscheinlich bereute.
    "Ich dachte immer, du hättest dich ohnehin nur immer über ihn beschwert, weil er nie das getan hat, was du von ihm wolltest? Und... war da nicht noch etwas mit deinen Hausmädchen?" Sie sah ihn fragend an, und griff sanft nach seiner Hand.
    Wenn er es wollte, würde sie ihm helfen, einen neuen Assistenten zu suchen.

    "Deine Tante scheint ihn sehr zu mögen..." Murmelte sie dann, als sie sich zurück erinnerte, dass Georgiana das Thema an diesem Abend bereits angeschnitten hatte.
    "Das soll jetzt... kein Vorwurf sein... und kein Versuch, dich glauben zu machen, dass du vielleicht im Unrecht bist, denn das bist du sicher nicht... aber es ist doch trotzdem ungewöhnlich, oder?" Charlotte zuckte leicht mit der Schulter und umgriff seinen Arm mit ihren zarten Händen.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 06.05.2007, 18:53


    Es war ein Wunder, dass er Desmond nicht schon früher rausgeworfen hatte. Jetzt wo er genauer darüber nachdachte, sah ihm diese Mildtätigkeit gar nicht ähnlich.
    Richard, den Assistenten, den er vor Scott beschäftigt hatte, war geflogen weil Daniel dessen grauenvolles Lachen nicht ertragen konnte, das mehr an das Lachen einer Hyäne erinnerte.
    Nicht dass Richard viel zu lachen gehabt hatte, aber wenn er es dann mal tat, dann glaubte Daniel am liebsten sterben zu wollen.
    Scott dagegen war ein zurückhaltender und schüchterner Mensch gewesen. Das fehlende Rückrat war der Grund, weshalb Daniel ihn entließ. Er konnte sich nicht mal gegenüber dem damaligen Hausmädchen durchsetzen.
    Was Daniel zum nächsten Punkt brachte.
    „Ich hätte Mary gleich gemeinsam mit ihm rauswerfen sollen. Seit sie bei mir arbeitet habe ich mich von Alkohol und Brot ernähren müssen, weil sie sich lieber um Desmonds körperliches Wohlergehen gesorgt hat.“ murrte Daniel und sein Blick wurde dunkler.
    Georgiana hatte einen Narren an Desmond gefressen, das hatte er schon bei ihrem Besuch an dem vergangenen Nachmittag erkannt. Er brauchte nur auf die Melodie ihrer Stimme zu hören, um zu wissen, ob sie jemanden sympathisch fand oder nicht, auch wenn sie sich immer höflich gegenüber Gästen gab.
    „Bei Georgiana ist nichts ungewöhnlich. Sie trifft manchmal die verrücktesten Entscheidungen, weshalb hätte sie mich ansonsten zu ihrer Feier eingeladen?“
    Er fühlte ihre Hand auf seinem Arm und wurde sich wieder bewusst, dass er sie wahrscheinlich nur damit langweilte.
    Daniel nahm einen letzten Zug von der Zigarette und drückte sie dann aus.
    „Lass uns wieder hineingehen, sonst holen wir uns noch eine Erkältung.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 10.05.2007, 20:11


    Charlotte sah Daniel stumm von der Seite an, als er sprach, und sie spürte die unterschiedlichen Emiotionen in seiner Stimme und versuchte zu erahnen, was genau die Hintergründe dazu waren.
    Mary - das war das Hausmädchen, das wusste Charlotte.
    Aber warum sollte sie sich besonders um das körperliche Wohlergehen....?
    Dann plötzlich begriff sie, was Daniel damit sagen wollte, und ihr entfuhr ein lautes und überraschtes "Ohhh...." Während sich ihre Wangen ein wenig röteten.
    Und... Alkohol und Brot?
    Konnte... die junge Dame denn nicht kochen?
    Und wenn sie nicht kochen konnte, warum hatte Danny sie dann eingestellt?
    Und vorallem nach welchen Kriterien?
    "Ähm... wenn... wenn weder dein Hausmädchen, noch dein Assistent etwas taugen, wie bei allem bist du dann denn an die beiden geraten?" Fragte sie ein wenig verwirrt, erinnerte sich aber daran, dass Daniel zumindest seine Assistenten immer aus ganz besondern Quellen bezog, was soviel hießt, wie dass er sie von den Talamasca zugewiesen bekam.
    Schnell hob sie die Hand. "Nein... antworte besser nicht darauf." Fügte sie hinzu, und dachte dann über das andere nach, was Danny gesagt hatte.
    Dass Georgiana die verrücktesten Entscheidungen traf.
    Nun ja. Auch das traf zu.
    Aber sie hatte immer gute Gründe für ihre Entscheidungen.
    Und die herausragende Menschenkenntnis war ihr nun einmal nicht abzusprechen.
    "Vielleicht, weil sie dich liebt, und man die Menschen, die man liebt, gerne um sich hat?" Fragte sie, und lächelte ihm sanft und liebevoll zu, während sie nickte, seine Hand nahm, und sich dann widerstandslos von ihm nach drinnen ziehen ließ.

    ooC: Sorry, dass es so lange gedauert hat...! ;)



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 11.05.2007, 09:07


    Das war eine gute Frage. Daniel wusste selber nicht warum er es immer dermaßen lange mit diesen Amateuren aushalten konnte.
    Desmond hatte ihm versichert, dass Mary sich schon einleben würde, doch irgendwie schien sie auch nach all den vielen Wochen nichts dazugelernt zu haben.
    Deshalb hatte er sie auch gekündigt und wäre seine Tante nicht erschienen, hätte er nun Ruhe von diesem einfältigen und tollpatschigen Ding.
    Wegen dem furchtbaren Essen machte er ihr eigentlich gar keine Vorwürfe, er aß sowieso das, wonach er gerade Appetit hatte und das beinhaltete eben öfter auch Alkohol. Die restlichen Pflichten hingegen verrichtete Mary ebenso ungenau wie ihre Arbeit in der Küche.
    Bei Desmond sah die Sache ein wenig anders aus. Er war zwar gut in dem was er tat, aber sein Wesen war aufsässig und starsinnig.
    Was diese Charakterzüge betraf waren sie sich wohl sehr ähnlich und daher schien es für Daniel kein Wunder zu sein, dass er auch mit diesem Assistenten nicht auszukommen schien.
    Daniel seufzte leise bei dem Gedanken und war Charlotte daher auch sehr dankbar, dass sie das Thema wechselte.

    Er geleitete sie zurück ins Zimmer und schloss dann die Tür, die zum Balkon hinaus führte.
    „Sie kann mich auch gerne um sich haben, zumindest wenn kein Fest ansteht und das weiß sie auch.“ erwiderte Daniel, dem noch immer nicht einleuchten wollte, warum Georgiana das getan hatte. Sie wusste wie unwohl er sich auf diesen Veranstaltungen fühlte und wie schlecht er sich auch benehmen konnte.
    „Wie auch immer, ich hätte nicht mal was Passendes anzuziehen für die Feier.“ Er knöpfte Desmonds Hemd auf und zog es aus. Danach legte er es sorgfältig auf den Schreibtisch und begab sich anschließend wieder zum Bett.
    „George leiht mir nie wieder ein Hemd, das hat er mir damals geschworen.“ meinte er, als er sich nun hinlegte.

    ooC: Gar kein Problem, ich weiß ja dass du viel zu tun hast. :-)



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 13.05.2007, 10:02


    "Naja, aber vielleicht ist es ihr einfach wichtig, dass du an ihrem Geburtstag bei ihr bist. Dieser Tag ist wichtig für sie, weißt du? Und ich kann nachvollziehen, dass sie möchte, dass du an diesem Tag an ihrer Seite bist." Charlotte sah zu Boden als sie ihm nach drinnen folgte.
    "Sie hat doch niemanden außer dir." Fügte sie hinzu.
    Natürlich gab es noch entfernte Verwandte aber sie wusste, dass keiner von denen Georgiana so wichtig war, wie Daniel.

    Sie schwieg einen Moment, und ließ sich auf dem Bett nieder, bevor sie wieder zu Daniel aufsah.
    Dann zuckte sie leicht mit der Schulter.
    "An dem Hemd kann es ja nicht liegen." Meinte sie schmunzelnd.
    "du könntest es dir von jemand anderem leihen. Deinem Assistenten zum Beispiel... oder..." Sagte sie schnell, als sie wieder sah wie sich Dannys Miene verfinsterte. "... wir könnten dir einfach eines kaufen gehen." Schlug sie vor, und griff nach seiner Hand, um sie sanft zu küssen.
    Dann sah sie zu ihm auf, und zog ihn behutsam neben sich auf das Bett.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 13.05.2007, 19:56


    „Du hast recht, was für eine brillante Idee.“ erwiderte Daniel und Charlotte konnte deutlich heraushören, dass seine Worte etwas übertriebenen Enthusiasmus beinhalteten, was durchaus spöttisch rüberkam.
    „Dazu könnte ich mir auch eine neue Hose kaufen und Schuhe.“
    Er saß nun neben ihr auf dem Bett, tat so als würde er angestrengt über ihre Worte nachdenken, doch in Wirklichkeit versuchte er einfach nur das ungute Gefühl loszuwerden, das dieser Raum in ihm wachrief.
    „Ich könnte aber auch einfach nur am Sonntagabend zu Hause bleiben, die Ruhe genießen, Scotch trinken und rauchen. Das hört sich doch viel besser an, findest du nicht?“
    Er verlangte gar nicht nach einer Antwort, denn er wusste genau, dass Charlotte ihm sicherlich nicht Recht geben würde.
    Einerseits wusste er ja auch, dass es nicht sehr fair von ihm war dem Fest fernzubleiben, doch andererseits richtete er sich auch gerne nach seinen eigenen Wünschen und Bedürfnissen und die sagten ihm nun mal, dass er es zu Hause einfach besser hatte.
    „Außerdem ist der Sonntag doch wohl ein blöder Tag um ein Fest zu veranstalten.“ fügte Daniel noch zu seinen Ausführungen hinzu, spürte jedoch deutlich, dass er vielleicht zum jetzigen Zeitpunkt ein wenig zu weit gegangen war.
    Sie hatten erst am Abend einen schwereren Streit hinter sich gebracht und nun begann das ganze wieder von vorne. Wenn er sich jedoch zurückerinnerte, hat es in ihrer Ehe nie einen Tag gegeben, an dem man nicht zumindest eine Diskussion geführt hatte.
    „Tut mir leid. Diese ganze Situation regt mich nur ungemein auf. Ich kann’s einfach nicht lassen.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 14.05.2007, 22:48


    Charlotte versteifte merklich, als sie den Spott und den Sarkasmus aus seinen Worten heraushörte, und sie zog sich unbewusst ein kleines wenig von ihm zurück.
    Sie tat das weniger absichtlich, als vielmehr instinktiv, und als es ihr bewusst wurde, griff sie schnell nach seiner Hand, um nicht den Anschein zu erwecken, sich von ihm zu distanzieren.
    Natürlich hätte sie Gesprächen wie diesen wahrscheinlich früher mit einem Lächeln den Rücken gekehrt, doch nun, und das wusste sie, war es wichtiger, an Daniels Seite zu bleiben, und, wenn es sein musste, auszudiskutieren, was es zu diskutieren gab.
    "Es hört sich deutlich gesundheitsschädlicher an." Erwiderte sie sanft, und sah ihn von der Seite an.
    Eigentlich hätte sie ihm nun gesagt, dass er zu viel rauchte und zu viel trank, aber erstens wusste er das selbst, und zweitens wollte sie ihn nicht verärgern oder bemuttern.
    Es würde Zeit brauchen, ihre Beziehung wieder aufzubauen, und dem anderen Vorschriften machen zu wollen, war sicher der falsche Weg.
    "Nicht, wenn man an einem Sonntag Geburtstag hat." Warf Charlotte ruhig ein, und nahm damit Georgianas Planung in Schutz.
    "Du weißt, dass ihr bereits versprochen habe, dort zu sein." Fügte sie hinzu, un drückte sanft Dannys Hand.
    "Und.... ich fände es sehr viel schöner, mit dir dort zu sein." Sie lächelte amüsiert. "Das würde mir die lästigen Verehrer vom Leibe halten..." sagte sie, allerdings nur halbernst.
    "Wir haben das doch früher auch durchgestanden... Du warst mein Lichtblick auf jeder der großen und pompösen Feiern... und du konntest so gut führen... alle Frauen haben dich mit glänzenden Blicken gemustert... und du hattest nur Augen für mich..." Entsann sie sich, und ein Lächeln legte sich auf die feinen Lippen und die wie aus porzellan gemeißelten Züge.
    Sie verlangte gar nicht, dass es wurde, wie damals. Sie verlangte nicht, dass er tanzte. Sie verlangte nur, dass er da war, und es war nicht zu viel, das sie von ihm erwartete.
    Behutsam strich sie ihm über die Wange. "Schon gut." erwiderte sie leise, und legte denn wieder den Kopf an seine Schulter.
    "Ich kann mir vorstellen, dass es dir Angst macht, dich unter so viele Menschen zu begeben, die du nicht kennst... Ich kann verstehen, wenn dir nicht danach zu Mute ist zu feiern, Danny... aber..." Sie verstummte kurz, als würde sie überlegen, ob sie wirklich weitersprechen sollte.
    "Das ist das Leben, mein Liebster, und du hast dich lange genug davon zurückgezogen, meinst du nicht?"



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 15.05.2007, 09:56


    "Ich habe keine Angst." verteidigte er sich ein wenig zu überzeugend.
    Er hatte gewiss keine Angst, nur fand er den Gedanken unerträglich zwischen all diesen Leuten zu stehen und sich dabei zu Tode zu langweilen.
    Nicht dass er irgendetwas Sinnvolles für den Sonntag geplant hatte, aber den Abend auf dem Sofa zu verbringen war für ihn wohl jeder feinen Gesellschaft vorzuziehen.
    "Ich kenne den Großteil dieser Menschen, gerade aus diesem Grund möchte ich nicht bei dem Fest dabei sein."
    Er hasste ihr scheinheiliges Getue und das höfliche Mitgefühl und war daher auch nicht gewillt nachzugeben.
    Doch Charlottes Versuch ihn umzustimmen war nicht ganz erfolglos. Wenn er wollte, dass sich etwas an ihrer Beziehung änderte, dann müsste er dafür auch Opfer bringen und auf einige Bequemlichkeiten verzichten.
    Die sanfte Berührung ihrer Hand schien dann auch noch seine letzten Bedenken aus dem Weg zu räumen.
    "Na schön, ich werde zu dem Fest gehen, aber du sollst wissen, dass es mir keinen Spaß bereiten wird und ich vor Mitternacht zu Hause sein werde." sagte er und der Unwillen war deutlich aus seinem Tonfall zu hören.
    Er rutschte unter die Decke und schloss die Augen. Wahrscheinlich würde er am Morgen seinen Entschluss bereuen, aber das würde nun nichts mehr an seiner Zusage ändern.
    "Bevor du mich jetzt noch zu weiteren Dingen überreden kannst, sollten wir lieber wieder schlafen."



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 29.05.2007, 11:01


    Charlotte lächelte still und wissend.
    Sie war überzeugt davon, den Abend so gestalten zu können, dass er Daniel sehr wohl Freude bereiten würde, und nun hatte sie auch die Möglichkeit, das zu tun, denn sie hatte seine Zusage.
    Und die, das wusste er selbst, konnte er nicht mehr zurücknehmen.
    Charly freute sich bereits darauf, Georgiana davon zu erzählen, und sie konnte sich das Leuchten in den Augen der alten Lady vorstellen.
    "Dabei bin ich doch gerade sooooo schön in Fahrt..." Erwiderte Charlotte neckisch, aber nur halb im Ernst.
    Sie ließ sich von Daniel auf des Bett ziehen, und bettete dann ihren Kopf auf seiner Schulter, so, dass sie seinen Herzschlag hören und seinen Atem spüren konnte.

    Unendlich vorsichtig legte Daniel seinen Arm um sie, hielt er sich an sich gedrückt fest, und Charlotte seufte leise.
    Es war einfach zu lange her....
    Ihre Hand legte sich auf Daniels Brust, und sie vergrub das Gesicht in seinem Hemd.
    "Aber du hast recht. Morgen ist auch noch ein Tag." Wieder lächelte sie in sich hinein.
    "Und ich weiß jetzt schon, dass er schön wird." Mit diesen Worten schloss sie dann auch die Augen, um sich vom Schlag umfangen zu lassen.

    OoC: Viel Spaß damit ;)



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 29.05.2007, 19:14


    Vielen Dank! Aber so weit ist der Danny noch nicht, dass er seine Frau in den Schlaf prügeln muss (siehe letzte Zeile) ;-)
    Ich hoffe es passt, wenn der nächste Zug dann am Morgen spielt? Ich werde mir zumindest schon was Nettes zurechtschreiben.
    Euch noch viel Spaß!



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 02.06.2007, 10:34


    Als Daniel am nächsten Tag erwachte, war es bereits Mittag. Natürlich konnte Daniel nicht mit Gewissheit sagen wie spät es war, doch aufgrund der Tatsache, dass er fast jeden Tag bis Mittag oder sogar noch länger im Bett blieb, machte es ihm einfach, eine derartige Annahme zu treffen. Die andere Bettseite war leer. Charlotte musste bereits vor Stunden aufgestanden sein.
    Noch immer ziemlich müde und mit Kopfschmerzen, zwang er sich dazu endlich aufzustehen. Die Vögel im Garten unter dem Balkon begrüßten ihn mit ihrem lauten und fröhlichen Gesang. Da Daniel jedoch ein Mann war, der einem derartigen Naturspektakel nichts abgewinnen konnte, versuchte er das Gezwitscher so gut wie möglich zu ignorieren und sich stattdessen auf sich selbst zu konzentrieren.
    Noch immer ein wenig schlaftrunken stolperte er Richtung Zimmertür, wobei er kur vor seinem Ziel gegen den schweren Eichenkasten rannte und lauthals fluchte.
    Dieser Laut schien den Butler alarmiert zu haben (Daniel ging davon aus, dass Georgiana oder Charlotte ihn vor seiner Tür postiert hatte, um solche unschönen Szenen zu unterbinden) Ein Klopfen war zu hören und gleich darauf steckte Charles den Kopf zur Tür rein.
    “Soll ich Ihnen helfen, Sir?“ fragt er in seinem für Butler üblich neutralen Tonfall. Charles kannte Daniel schon lang genug, um sich aus dessen Launen nicht allzu viel zu machen. Für Charles zählte bloß, seine Arbeit bestmöglich auszuführen.
    „Sehe ich aus, als würde ich Hilfe brauchen?“ Er klang gereizt und das hatte durchaus seinen Grund. Im ersten Moment musste er sich wieder ins Gedächtnis rufen, was am Vorabend geschehen war. Es war für ihn eine ungewöhnliche Situation in einem anderen Haus aufzuwachen.
    „Ja, eigentlich schon.“ erwiderte Charles gelassen, schließlich war er diesen ruppigen Ton von Mr. Lancaster gewohnt.
    „Mrs. Lancaster hat mich gebeten Ihnen frische Kleidung zu besorgen.“ fuhr er weiter fort und trug ein Bündel Kleider herein, um es ihm auf das Bett zu legen. „Ich lege sie Ihnen auf das Bett. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Sir?“
    „Wie spät ist es?“ fragte Daniel, ohne sich vom Fleck zu rühren.
    „Das Mittagessen ist bereits seit einer Stunde vorbei.“ erwiderte Charles, der Daniels Gedanken erraten hatte. „Aber ich könnte Ihnen etwas zu Essen hochbringen.“
    „Bringen Sie mir nur etwas zu Trinken, das wird reichen.“ erwiderte Daniel in Charles Richtung und wartete dann ab, bis der Butler den Raum verlassen hatte. Charles wusste, was er ihm zu bringen hatte.
    Erst dann befasste Daniel sich näher mit der Kleidung, die ihm der Butler aufs Bett gelegt hatte. Er war froh endlich eigene Sachen anziehen zu können. Während er überlegte, wie er Desmond sein „geborgtes“ Hemd zukommen lassen sollte, zog er sich um und als er damit fertig war, trat auch schon wieder Charles herein, der ihm ein Glas mit einer bernsteinfarbener Flüssigkeit reichte.
    Daniel roch kurz an dem starken Whisky und nahm dann einen Schluck davon und fühlte, wie sich eine wohltuende Wärme in seiner Kehle ausbreitete.
    „Wo ist meine Frau?“
    „Sie ist schon früh los, um Besorgungen zu machen.“
    „Und wo ist meine Tante?“
    „Sie sitzt mit Mrs. Whitrow im Salon.“
    Daniel verzog angewidert das Gesicht, als der diesen Namen hörte. Mrs. Whitrow war die Schwester von Georgianas verstorbenem Mann und eine ziemliche Nervensäge. Ihr war es schon immer ein Dorn im Auge, dass Georgiana ihr Vermögen an Daniel und Charlotte vererben wollte. Deshalb war sie früher immer darauf bedacht, Daniel ihre Tochter zuzuschanzen, die zwar ganz ansehnlich war, doch dafür keinerlei geistigen Fähigkeiten mit sich brachte.
    „Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Sir?“ fragte Charles mit butlerischer Höflichkeit.
    „Ja, verschwinden Sie.“
    „Sehr wohl, Sir.“
    Als Charles den Raum verlassen hatte, trat Daniel auf den Balkon hinaus. Er nahm noch einen Schluck vom Whisky und überlegte, was er nun tun sollte.
    Da ihm jedoch nichts einfiel, beschloss er einfach mal das Zimmer zu verlassen, machte jedoch einen großen Bogen um den Salon und kam schließlich an Tante Georgianas Bibliothek vorbei. Auch wenn er nichts sehen konnte, genoss er die Ruhe, die solche Räume ausstrahlten. Außerdem war Daniel noch immer neugierig auf die Artefakte, von denen seine Tante am Vorabend gesprochen hatte und da er glaubte zu wissen, wo Georgiana sie aufbewahrte, betrat er schließlich die Bibliothek und schloss leise die Tür hinter sich.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 17.06.2007, 14:09


    Es war einzige Zeit vergangen, seit Daniel sich in die Bibliothek zurückgezogen hatte und Georgiana hatte ihr kleines Treffen mit ihrer Schwägerin beendet.
    Charles hatte ihr auf die übliche diskrete Art und Weise zugetragen dass Daniel sich in der Bibliothek aufhielt, und so machte sie sich unmittelbar nach der Verabschiedung ihres Gastes daran, ihn aufzusuchen.

    Die Türe öffnete sich geräuschlos, und die ältere Lady trat ein. Auf den ersten Blick war niemand zu sehen, aber das war nicht ungewöhnlich.
    Wenn sie sich nicht völlig täuschte, dann kalt Daniels Interese heute sowieso nicht den Bücern, sondern den Artefakten, die sie in einem kleinen Nebenraum aufbewahrte.
    Einem Nebenraum, der nur von Menschen geöffnet werden konnte, die um den geheimen Raum wussten.
    Daniel gehörte dazu.
    Und wie sie erwartet hatte, fand sie den Raum tatsächlich geöffnet vor.
    Sie trat langsam hinein.
    Daniel hatte ihr den Rücken zugewandt, und seine Finger glitten wieder und wieder fasziniert über die Artefakte, die dort auf einem der Tische standen.

    "Na?" Fragte sie unvermittelt.
    "Hast du etwas gefunden, das dein Interesse geweckt hat, Danny?" Fragte sie und ein gutmütiges Lächeln zierte ihre Lippen.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 23.06.2007, 19:11


    Daniel hatte gar nicht bemerkt, wie viel Zeit er bereits hier in der Bibliothek verbracht hatte. Es war fast wie damals, als er noch aktives Mitglied bei den Talamasca gewesen war. Da hatte er ebenfalls die halbe Nacht Bücher oder Karten studiert und dabei völlig vergessen, dass seine Frau zu Hause saß und auf ihn wartete.
    Er war ein schlechter Ehemann, das wusste er und daran gab es nichts zu verzeihen. Doch Daniel konnte nichts an seinen Gewohnheiten ändern. Wenn etwas erst einmal sein Interesse geweckt hatte, konnte er einfach nicht anders und musste der Sache auf den Grund gehen.

    Daniel war so vertieft in die antiken Stücke, dass er Georgiana gar nicht gehört hatte, als sie nun eintrat.
    Enttäuschung lag auf seinen Zügen, doch das konnte die ältere Dame nicht erahnen. Er hätte gerne die Artefakte gesehen, um sie bis ins kleinste Detail zu studieren. Er hätte die Bücher zu Rate gezogen, um nachzuforschen ob sich hinter den fremden Worten noch irgendwelche versteckten Bedeutungen verbargen.
    Doch das alles war vorbei. Er würde ihr Geheimnis niemals lüften können.

    Als er Georgianas Anwesenheit endlich bemerkte, versuchte er sich gewohnt gelassen zu geben, drehte sich jedoch nicht zu ihr um.
    “Was mich interessiert ist, was du mit dem Zeug anzufangen gedenkst? Es ist zu gefährlich derartige Schätze hier im Haus herumstehen zu lassen.“



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Marius - 07.07.2007, 22:35


    "Gefährlich?" Fragte Georgiana und klang dabei deutlich amüsiert.
    "Oh nein, das glaube ich nicht. Wer kann mit solchen Artefakten schon etwas anfangen? Außer jenen besonderen Menschen, die ihre Geheimnisse zu entschlüssen vermögen? Und diese Menschen sind für gewöhnlich keine einfachen Diebe." Sie lächelte auch wenn Daniel das nicht würde sehen können.
    Dann legte sie ihm fast schon mütterlich die Hand auf die Schulter.
    "Außerdem weiß ja niemand, wo sie hier zu finden sind, Danny." Fügte sie hinzu, sah an ihm vorbei auf die Gegenstände die dort lagen, und sie erinnerte sich gut daran, wie begeistert Daniel früher gewesen war, von Dingen wie diesen, und wie sehr er sich in seinen Studien hatte verlieren können.
    "Du solltest deine Forschungen wieder aufnehmen, Daniel. Das würde dir gut tun. Und wenn du schon nicht forschen willst, dann könntest du doch wenigstens dein Wissen zur Verfügung stellen?" Schlug sie vor, sah ihn an und betrachtete ihn.
    Er wirkte ein wenig entspannter als am Abend zuvor, aber wieder konnte sie die alte Verbitterung in seinem Gesicht lesen.
    Es tat offenbar noch immer weh, dass er nicht mehr tun konnte, was er so sehr geschätzt und geliebt hatte.
    "Vielleicht... könntest du diese Artefakte untersuchen... ihre Rätsel lösen, wenn du jemanden hättest der dir dabei hilft..." Fragte sie behutsam, doch noch bevor Daniel etwas sagen konnte, hob sie die Hand.
    "Ich weiß, ich weiß, es würde nicht leicht sein, so jemanden zu finden... aber hast du überhaupt schon einmal darüber nachgedacht?" Fragte sie, machte durch ihren Tonfall aber deutlich, dass sie offenbar wieder einmal mehr wusste als er.



    Re: Tante Georgianas Stadthaus

    Daniel Lancaster - 08.07.2007, 18:03


    „Natürlich habe ich darüber nachgedacht, ich hatte ja genügend Zeit dazu.“ erwiderte Daniel ein wenig aufgebracht und trat dann einige Schritte zurück, um sich dem Wirkungsbereich von Georgiana zu entziehen.
    Er mochte es nicht, wenn sie ihn auf diese mütterliche Art behandelte. Das brachte Erinnerungen an seine verkorkste Kindheit zurück.

    „In London scheint es jedoch keine fähigen Leute mehr zu geben. Ich muss es wissen, schließlich habe ich schon genügend Personal verbraucht, um das beurteilen zu können.“ Ungewöhnlich sicher, für einen Blinden, ging Daniel um den Tisch herum, auf dem die Artefakte lagen und nahm dann Platz. Er musste sich für einen kurzen Moment ausruhen. Er hatte schon lange nicht mehr mit dieser Materie gearbeitet und die Konzentration, die ihm dabei abverlangt wurde, ermüdete ihn.

    „Nein, Georgiana, bevor ich mich in etwas Derartiges reinsteigere, lass ich es lieber sein. Es wäre eine zu große Enttäuschung. Am besten du untersuchst diese Schätze selbst und lässt dir dabei von einem erfahrenen Talamasca helfen.“



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    Bibliothek - gepostet von Desmond Kincade am Freitag 09.03.2007



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