Schamanismus - Was ist es?

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    Re: Schamanismus - Was ist es?

    Milinda - 16.01.2007, 10:57

    Schamanismus - Was ist es?
    Heutzutage versteht man unter Schamanismus zumeist ein System, welches magisch-extatische Techniken beinhaltet, häufig auf Basis eines religiösen Kontextes. Der Schamane kann mit ihnen all das regeln, was man im weitesten Sinne als Kommunikation zwischen der menschlichen Gemeinschaft und der Umwelt, der Anderswelt, verstehen kann. Er ist Mittler zwischen der geistigen und menschlichen Welt, kann Disharmonien verursachende Kräfte bannen, Seelenanteile zurückholen, die geistige Welt bereisen und so zwischen den Kräften vermitteln.
    Einer der bekanntesten wissenschaftlichen Verteter dieser Richtung ist der Ethnologe Michael Harner. Er formulierte die Theorie des Kern-Schamanismus. Demnach gelten folgende Punkte für schamanische Kulturen: 1. Schamanen können in andere, außergewöhnliche Bewußtseinszustände geraten, zumeist mittels extatischer Techniken; 2. erleben sie dabei eine Reise in andere, nichtalltägliche Welten, die sie als real erleben und die eine Wechselwirkung zur menschlichen Welt haben; 3. sie vermitteln zwischen diesen Kräften und der menschlichen Welt, um Veränderungen zu erzeugen. Auch das Weltbild der Schamanen ähnelt sich weltweit. Es ist mindestens dreigeteilt, in eine Oberwelt, die menschliche und die Unterwelt. Diese werden meist in Form eines Baumes geordnet, auf welchem der Schamane hinauf und hinunter klettert bzw. fliegt.
    Man unterscheidet zwischen verschiedenen schamanischen Traditionen, welche sich wieder weiter aufspalten zu den Traditionen der einzelnen Völker und Stämme. So gibt es spezielle afrikanische, südasiatische, südamerikanische Schamanismen. Der eigentliche Schamanismus entstammt aber dem nord-eurasischen Raum. Speziell in Sibirien ist er heute noch lebendig, von dort beeinflußte er die finno-baltischen, keltischen und germanischen Religionen auf der einen Seite, auf der anderen wanderte er über die Bering-Straße nach Nord-Amerika ein. So ist es z.B. für den Laien ziemlich unerklärlich, daß in Alaska über den Gräbern der Toten kleine Häuser errichtet werden, die er genauso in Finnland finden kann. Auch die Mythologien und Techniken der Schamanen haben große Ähnlichkeiten. Zum Beispiel die Figur des Ur-Schamanen. Dieser wird als weiser, alter Zauberer beschrieben, der durch die Welten wandert. Er tritt unter vielen Namen auf, in Sibirien nennt man ihn Doch, in Finnland Väinämöinen, im germanischen Kulturbereich ist es Wotan/Odin und bei den Kelten Merlin. Und selbst in dem auf diesem Mythenkreis basierenden „Der Herr der Ringe“ taucht er als Gandalf auf.
    Die Tradition des Schamanismus ist die älteste, die wir kennen. In Felszeichnungen können schamanische Elemente nachgewiesen werden und es wurden auch Instrumente gefunden, welche schamanische Verwendung gefunden haben können, z.B. Knochenflöten und Trommeln mit einem Alter bis zu 45.000 Jahren!
    Im nordeuropäischen Bereich fällt auch die Namensähnlichkeit auf. So nennt man den Schamanismus bei den Germanen Seidr, bei den Kelten kennt man eine schamanische Magie der Grabhügel, welche man Sidhe nennt. Über dieses Ritual der Sidhe (gesprochen Seidh) weiß man nicht viel, aber es gibt Überlieferungen des Seidr, welche ein solches Ritual beschreiben zur Versöhnung des Menschen mit seinen Ahnen. Auch wird berichtet, daß viele Schamanen aus dem germanischen Kulturraum bei den Finnen in die Lehre gegangen sind. Mit den Finnen könnten auch die Sami gemeint sein, die Urbevölkerung Lapplands. Und von den mit den Finnen verwandten Esten weiß man, daß sie entsprechende „Zauberschulen“ unterhielten, z.B. auf der Insel Ösel.
    Auch im Glauben an die Hexen des Mittelalters, seien sie gut oder böse, zeigt es sich, daß schamanische Riten und Techniken die Christianisierung überlebten. In einigen Familien leben selbst in Mitteleuropa entsprechende Traditionen fort.
    In anderen Teilen Europas hat der Schamanismus auch direkt überlebt, besonders in den recht unzugänglichen Gebieten Nordosteuropas, wo die Christianisierung sehr spät einsetzte und nie so ganz angenommen wurde, zumal man hier im Grenzgebiet zwischen Katholizismus und Orthodoxie lebte. Besonders hervorzuheben sind da das Baltikum, z.B. Litauen und Estland, in Finnland Karelien und die Sami in Lappland. In Estland und Finnland gibt es bis heute Runensänger und Volksheiler, die mit Methoden und Mythen arbeiten, welche mehrere Jahrtausende zurückreichen. Natürlich hat sich auch da einiges verändert, aber Schamanismus lebt von der Veränderung und der Anpassung.
    Auch in Island haben die Traditionen überlebt. Island trat durch demokratischen Entscheid auf dem Thing zum Christentum über, aber es wurde den Menschen erlaubt, daheim die alte Religion fortzuführen. So überlebten auch schamanische Traditionen und 1973 wurde der alte Glaube vom Staat als Religion wieder anerkannt.
    Heutzutage betreten viele Menschen wieder schamanische Pfade und entdecken eine Form von Spiritualität und Naturweisheit wieder, die unseren Wurzeln entspricht. So begeben sich viele Menschen auf die Suche nach ihren eigenen Ursprüngen und begegnen ihnen in Form von keltischem, germanischem oder slawischem Heidentum. Diese Religionen waren bei ihrem „Untergang“ zwar schon nicht mehr rein schamanisch, aber schamanische Praktiken hatten in ihnen überlebt, waren natürliche Bestandteile der Religion. Und auch heute werden diese Riten wieder durchgeführt und finden immer mehr Anhänger.
    Hauptsächlich sind es vier Riten, die im Rahmen des nordeuropäischen Weges wiederbelebt wurden. Das erste nennt sich Spae und bedeutet, etwas sehen, heute verwandt mit dem deutschen Wort spähen. Dieser Ritus ist ähnlich dem zweiten, der utiseti, aussitzen, genannt wird. Im zweiten, kleineren Ritus geht es darum, für sich eine Vision, einen Hinweis auf den Lebensweg zu finden. Dazu begibt man sich alleine oder, wenn man noch nicht so erfahren ist, mit einem Schamanen oder in Gruppe in die Natur. Je nach dem, wie tief der Prozeß sein soll, kann er mehrere Stunden bis Tage umfassen und mit einer Fastenkur verbunden sein. Man begibt sich an einen kraftvollen, heiligen Ort in der Natur und nimmt eine oder mehrere Decken mit. Nun legt oder setzt man sich hin und bedeckt das Gesicht mit der Decke, konzentriert sich auf seine Frage und versucht eine Antwort aus der Natur wahrzunehmen. Diese kann auf verschiedenste Art und Weise geschehen, oft ist aber eine Deutung der Antworten nötig. Natürlich kann man auch einen Schamanen mit dieser Arbeit beauftragen. Dies geschieht auch beim Spae, welches meist in Gruppen begangen wird. Es wird ein Hochsitz aufgebaut, Symbol für den Weltenbaum, auf dem der Schamane Platz nimmt. Nach einigen Vorbereitungen, mit welchen der Schamane schon 24 Stunden vor der Zeremonie beginnt, versetzt er sich in eine ekstatische Trance. Das Gesicht des Schamanen liegt unter einem Schleier. Er nimmt Kontakt zu den Schicksalskräften auf. Einer nach dem andern kann nun den Hochsitz hinaufklettern und seine Fragen stellen oder Wünsche äußern. Es kommt zu einem Gespräch zwischen der Kraft, die durch den Schamanen wirkt, und dem Hilfesuchenden. Wichtige Hinweise können dabei gegeben, das Netz des Schicksals verändert werden, der Hilfesuchende kommt in einen Prozeß, welcher ihn nachhaltig verändern und seine Probleme lösen helfen kann.
    Der dritte Ritus findet in einem speziellen Raum statt, welcher der indianischen Schwitzhütte ähnelt. Es handelt sich um eine Rauchsauna, wie sie heute noch in Finnland zu finden sind. Dieser Ritus dient der Gesunderhaltung und Reinigung. Genutzt wird er wie eine normale Sauna. Allerdings wird die Hitze durch ein richtiges Feuer aus Birkenholz erzeugt, und zwar, im Gegensatz zur Schwitzhütte, im Raum, in einem Sauna-Ofen. Rauchschwaden ziehen durch die Sauna. Hitze treibt Schweiß. Man betet oder konzentriert sich auf die Reinigung. Die Birkenasche wird verwendet, um den Körper damit einzureiben und im Anschluß geht man ins kalte Wasser. Auch in der Sauna können sich Visionen einstellen und in Finnland glaubt man, daß gute Geister über der Sauna wachen und in ihr wohnen.
    Der vierte Ritus des Seidr-Schamanismus ist der des „Grabhügels“. Dieser hat mit dem Tod und den Ahnen zu tun. Die Schamanen glauben, daß wir in ein Netz eingebunden sind, in welchem auch unsere Ahnen noch nachwirken. Stellt man sich gut mit ihnen können sie der Familie helfen. Manchmal ist es aber auch so, daß durch schlechte Taten der Ahnen diese negativ auf die Gegenwart wirken. In diesem Fall geht der Schamane in den Grabhügel, also ein Hünengrab z.B., und nimmt Kontakt zu den Verstorbenen auf, um zwischen diesen und den Lebenden zu vermitteln. Oftmals werden dadurch positive Veränderungen bewirkt, die im Leben spürbar sind und sich auf ganze Familien auswirken können.
    Darüber hinaus werden von den Schamanen und heidnischen Priestern noch weitere Feste durchgeführt, die mit der Natur und dem Jahreslauf, z.B. die Sommer- und Wintersonnenwende, Frühjahrsfeste zu Ehren der Ostara, also Ostern usw., sowie mit den Lebensabschnitten zu tun haben, also Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen und andere. Auch wenn wir es mit einer polytheistischen Hochreligion zu tun haben, die in Nordeuropa wurzelt, sind auch hier eindeutig schamanische Elemente enthalten, so z.B. der reinigende Sprung über das Sonnwendfeuer oder das Errichten des Maibaumes als schamanisches Lebensbaumsymbol.
    So hält heute Europas alte, eigene Religion wieder Einzug in die Herzen und Leben von immer mehr Menschen. Das sogenannte Heidentum erweist sich dabei als eine der tolerantesten Traditionen.
    Stellt sich nun nur noch die Frage, welchen Nutzen der Schamanismus für den heutigen Menschen hat. Bei der Darstellung des Kernschamanismus hatte ich schon erwähnt, daß eine wesentliche Aufgabe des Schamanen darin besteht, seiner Umwelt, seiner Gemeinschaft zu helfen. Einerseits geschieht das heute durch Seminare, bei denen entsprechendes Wissen vermittelt wird. Allerdings sind diese Seminare nicht darauf angelegt, daß jeder zum Schamanen wird, es werden aber Wissen und Techniken zur Selbsthilfe vermittelt.. Man könnte es so vergleichen: ein Schamane ist ein Virtuose im Umgang mit geistigen Realitäten. Und so, wie z.B. jeder Klavier lernen kann, ist es auch mit dem Schamanismus: es ist immer die Sache weniger, wirkliche Virtuosen zu werden.
    Trotzdem ist es oftmals eine große Hilfe, mit der Unbill des Alltags souveräner umzugehen, schamanische Kraft zu beherrschen und anzuwenden.
    Zum zweiten werden schamanische Zeremonien wie die oben beschriebenen auch heute noch angeboten und durchgeführt. Zum dritten gibt auch jeder Schamane Einzelsitzungen, in denen es um Heilung, Verständnis für sich, seine Umwelt, die Vergangenheit und die Zukunft gehen kann.

    (Zitat von Hakon - Heidenspaßforum)



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