Meine Weihnachtsgeschichte

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    Re: Meine Weihnachtsgeschichte

    Sir Merlin - 20.12.2006, 17:46

    Meine Weihnachtsgeschichte
    Ich hab grad meine Weihnachtsgeschichte an Warhammer abgeschickt.
    Endlänge: 14 Seiten...
    Ich dachte, ihr wolltet sie vielleicht lesen.
    Ihr werdet die einzigen außer Warhammer (falls er sie veröffentlicht) sein, die die ganze Geschichte lesen können, weil ich Informationen über Skillrichtungen reingebracht hab und ich warhammer gesagt hab, dass der sie vor der Veröffentlichung rausnehmen soll.
    Und sorry, dass ich euch alle sterben lass...

    Das Ende is mir nicht so gut gelungen...


    Wie Weihnachten nach Mirrindor kam

    Der Krieg war zu Ende.
    Das seit langem absehbare war eingetreten.
    Die Horden Trollocs hatten in einem letzten Ansturm alle aldenischen Festungen eingenommen und sogar Alden selbst war geplündert und gebrandschatzt worden ─ nun regierte dort ein Trollocer Statthalter, bis der Trollocer Prinz offiziell zum König über ganz Mirrindor gekrönt wurde und die Dinge in die Hand nehmen konnte.
    Ein Großteil der Bevölkerung Aldens und seiner Gebiete war nach Trolloc verschleppt worden und harrte dort seinem Schicksal: Während die Krieger nach einer kurzen Befragung der sichere Tod erwartete, wurden viele Zivilisten nach einer kurzen Kontrolle in ihre Heimat zurückgeschickt, um vom dortigen Statthalter beziehungsweise dessen Beamten ihre nächsten Befehle zu bekommen.
    Zu der Gruppe, die von Trollocer Soldaten bis zum Stadttor eskortiert wurde, gehörten auch ein junger Mann und seine offenbar hochschwangere Frau, der es sichtliche Mühe bereitete, bei dem unmenschlichen Tempo mitzuhalten. Ihr Mann hatte alles versucht, um die Trollocer Behörden dazu zu bewegen, die beiden in Trolloc überwintern zu lassen, doch weder drohen, noch betteln, noch bestechen hatte genützt. Der Trollocer hatte nur höhnisch gegrinst und sie den Bewachern übergeben, die sie nun mit Peitschen vorwärts trieben.
    Der stoßweise Atem der Gefangenen wurde zu weißem Dampf und Joschanner fror in seinen Lumpen erbärmlich und war dem Zusammenbruch nahe. Wie es seiner Frau ging, mochte er sich gar nicht vorstellen. Eine Wache trabte vorbei, grinste spöttisch und fragte, ob er es auch schön warm habe. Joschanner ballte die Faust und bekam prompt eine Lederpeitsche ins Gesicht. Er schmeckte Blut und unterdrückte den Zwang, sich auf den Soldaten zu stürzen, was sollte seine Frau tun, wenn sie ihn ermorden würden? Er wandte sich zu ihr um. „Wie geht es dir, Marla?“, fragte er. Sie verzog ihr Gesicht zu einem Lächeln und antwortete „Es geht noch.“ Er bewunderte, wo sie nur ihre Kraft hernahm… Er hatte gehört, dass die Paladine deshalb so starke Kämpfer wären, weil die Götter ihnen immer wieder Kraft schenkten. Das Durchhaltevermögen seiner Frau schien ebenfalls ans göttliche zu grenzen. „Wenn wir die Stadtmauern hinter uns gelassen haben, machen wir eine Pause“, tröstete er sie.
    Doch als sie endlich die mächtigen Mauern erreicht hatten, bestand der Offizier darauf, sie auch noch bis ans Ende der Hüttensiedlungen außerhalb der Mauern zu “begleiten“. Die Hüttensiedlungen bestanden aus Menschen, die während des Krieges aus ihrer Heimat vertrieben worden waren und sich im Schutze Trollocs angesiedelt hatten ─ in den letzten Kriegsmonaten waren sie gewachsen, bis sie beinahe die Größe der eigentlichen Stadt erreicht hatten. Als die Soldaten endlich umkehrten, hatten sie auch die Hüttensiedlungen schon hinter sich gelassen und waren auf der Straße, die aus Trolloc hinausführte ─ die Weggabelung, war schon in Sicht. Ein Weg führte ins Emrongebirge, einer in den Emronpass und von dort näherten sich nun Soldaten. Viele Soldaten.
    Siegstrunken marschierte die Vorhut des Heeres auf ihre Heimatstadt zu. Sie kamen aus Galdrien zurück und sie trugen den Königsthron vor sich her. Joschanner realisierte, dass Eile geboten war ─ zurückkehren konnten sie nicht und wenn sie den heimkehrenden Soldaten in die Quere kommen würden, würden sie niedergetrampelt werden. Ihre einzige Chance bestand darin, den Abzweig ins Gebirge zu nehmen, bevor das Heer die Weggabelung erreichte. Die Flüchtlingskolonne fing wieder an zu rennen, doch Joschanner und Marla fielen zurück. Die Trollocer näherten sich unaufhaltsam…
    Buchstäblich vor den Stiefeln des ersten Trollocers, der sie milde überrascht betrachtete, schafften sie es in den rettenden Abzweig. Marla ließ sich keuchend ins Gebüsch fallen und hielt sich ihren angeschwollenen Bauch. Auch Josschanner musste sich setzen und verschnaufen. Als er sich wieder aufsetzte, sah er, dass Marla eingeschlafen war. Er beschloss, sie schlafen zu lassen. Sie brauchte den Schlaf. Als die beiden wieder in der Lage waren, weiter zu ziehen, war der Rest der Gruppe schon verschwunden.
    Eine Lagebesprechung ergab, dass es ihre einzige Chance war, den beschwerlichen Weg über durch das Gebirge zu nehmen, denn die Passstraße wurde sicher immer noch von der Nachhut der Armee unsicher gemacht.
    Die Berge zu beiden Seiten der Straße wurden immer höher und bald verlor sich auch die Straße. Sie mussten einige Zeit querfeldein wandern. bis Joschanner einen schmalen, jedoch gut erhaltenen Gebirgspfad entdeckte, den sie benutzen. Am Stand der Sonne prüften sie von Zeit zu Zeit, ob sie in die richtige Richtung unterwegs waren, doch da es Winter war, setzte die Dämmerung früh ein und sie begannen, sich nach einem Nachtlager umzusehen. Gerade als sie dachten, dass sie einen guten Platz neben dem Weg gefunden hatten, hörten sie raue Stimmen, die sich näherten. Das konnte nur eine Trollocer Patrouille sein! Bei dem Gedanken nachts von Soldaten aufgestöbert zu werden, wurde beiden Angst und Bange, also entschlossen sie sich, den Weg zu verlassen und sich irgendwo zu verstecken. Sie schlitterten einen Berghang hinunter, überquerten einen Bach und kraxelten einen zweiten Berghang hinauf. Inzwischen war es stockduster, Marla klagte wieder über Schmerzen und selbst Joschanner, der ein geübter Bergsteiger war, hatte Angst, in der Finsternis abzurutschen. Plötzlich wurde der Untergrund eben und die beiden standen offenbar auf einem Plateau. Joschanner tastete sich vor und nach wenigen Schritten berührten seine Hände behauenen Stein. Eine nähere Untersuchung des Objektes vor ihm ergab, dass es sich um eine zwei Fuß dicke Steinplatte handelte, die auf vier Sockeln vier Fuß über dem Boden ruhte. Da die Konstruktion recht stabil erschien, beschlossen sie, sich unter die Steinplatte zu legen. Auf diese Weise waren sie vor Niederschlag geschützt und für Feinde nicht auf den ersten Blick sichtbar. Todmüde legten sie sich unter ihre Mäntel und fielen bald in tiefen Schlaf.
    Am nächsten Morgen wurde Joschannar von einem Fußtritt geweckt. Zum Glück war er im Schlaf neben den Altar gerollt, sonst hätte er sich beim Aufspringen eine leichte Gehirnerschütterung zugezogen. Über ihm stand ein kolossaler Mensch, offenbar ein Krieger, der einen Waffenrock in den Farben Trollocs trug. „He, was tust du hier, ohne dich gemeldet zu haben?“ „Ich bin auf dem Weg nach Alden.“ „Ah, du bist einer von diesen verfluchten Aldenern! Dir wird’ ich’s zeigen!“ Die Hand des Soldaten zuckte zu seinem Schwert, doch dann fiel sein Blick auf Marla, die sich aufgerappelt hatte und die Szene verstört betrachtete. „Ohh… Guckt mal was da ist! Das ist doch viel besser, als ihn umzubringen!“ Der Soldat erhielt wilden Beifall, doch der Anführer der Truppe, ein junger Elf, räusperte sich und schüttelte den Kopf, doch als einer der Zwerge ihn anknurrte, zuckte er nur resigniert die Schultern, setzte sich auf einen Stein und tat als würde er nichts bemerken. Die Patrouillenmitglieder umringten die totenbleiche Marla nun von allen Seiten und debattierten heftig darüber, ob man das ungeborene Kind zuerst töten, oder dies erst nach Abschluss der Prozedur tun sollte. Schließlich stieß der riesenhafte Mensch, der Joschanner aufgeweckt hatte, seine Kameraden beiseite und holte zu einem gewaltigen Hieb aus, der Marlas Bauch treffen sollte. Joschanner tastete nach dem Beil, dass er als Zimmermann immer am Gürtel trug, doch als er in Gefangenschaft geraten war, hatte man ihm alles, was als Waffe verwendbar wäre, abgenommen. Er dachte schon, er könnte die Hoffnung auf einen Sohn endgültig begraben, als der Soldat seinen Schlag stoppte und sich schreiend die Hand hielt. Eine geworfene Axt hatte seine Faust im Schlag abgetrennt. Gleich darauf stürzte sich der Besitzer der Axt mit einem wilden Kampfschrei ins Geschehen. Er fällte den Handlosen mit einem Faustschlag ins Gesicht, hob seine Axt wieder auf und stürzte sich in den Kampf.
    Mehrere Kämpfer eilten zu seiner Unterstützung herbei. Sie waren in Lumpen gekleidet, doch offenbar gut bewaffnet und die Überreste ihrer Waffenröcke waren grün ─ die Farbe von Alden. Der Anführer der Gruppe, ein elfischer Magier, in die traditionellen Magierroben gekleidet war, war auf einer Klippe stehen geblieben. In der Hand hielt er eine zerfetzte Fahne, die einen Krieger in den Farben Aldens zeigte, der auf einem gepflasterten Weg wandelte ─ die Stadt Alden, in die der Weg führte, war im Hintergrund zu sehen. Während der Elf Magier von oben Zauber schleuderte, mit denen er abwechselnd seine Kampfgefährten stärkte und Gegner angriff, wurden seine Freunde in Nahkämpfe verwickelt: Der Zwerg kämpfte gegen einen menschlichen Krieger, der ihn um einiges überragte, mit seinen Waffen sehr geschickt umging und obendrein sehr viel auszuhalten schien. Doch nicht in allen Zweikämpfen schienen die Aldener so überlegen zu sein: Der Anführer der Trollocer hatte es mit einer anderen Elf Magierin zu tun bekommen, die seinen Fähigkeiten nichts entgegenzusetzen hatte. Ein elfischer Paladin hatte sich gleich mit zwei Kriegern angelegt und konnte sie ─ trotz seiner Zauber und den regelmäßig einsetzenden göttlichen Heilungen ─ höchstens aufhalten und ein weiterer Elf Magier kämpfte zwar sehr tapfer, war aber trotzdem nur zu schwächlichen Zaubern in der Lage und der Stab mit dem er kämpfte war den Schwertern der Trollocer nicht ebenbürtig.
    Lange wogte der Kampf hin und her, doch schließlich waren die Trollocer besiegt. Nur ihr Anführer stand noch aufrecht über der verkohlten Leiche der aldenischen Magierin. Doch nun wurde er von Marlas Retter angegriffen: Die Zauber des Magiers halfen ihm gegen den geschulten Paladin nicht weiter und vier Axthiebe später hatte sich der Kopf des Trollocers vom Rumpf getrennt. Joschanner und Marla waren gerettet!
    Die Aldener beschäftigten sich nun damit, ihre Toten zu bergen, kampfunfähige Feinde einzusammeln, damit sie vom Anführer verhört werden konnten, sich gegenseitig ihre Wunden zu heilen und die Feuer, die überall flackerten, auszutreten. Der menschliche Paladin, der sich zuerst in den Kampf gestürzt hatte, war zu Joschanner getreten, doch bevor sie miteinander reden konnten, war der Anführer der Aldener zu ihnen getreten. Er schien überhaupt nicht gut auf den Paladin zu sprechen zu sein. „Sir Merlin! Was hast du dir eigentlich dabei gedacht? Wir haben schon in Trolloc gute Kämpfer verloren und du hast nichts Besseres zu tun, als uns hier noch mehr zu dezimieren?!“ Sir Merlin antwortete gelassen: „Wir haben doch gewonnen, oder, Eatme? Außerdem wäre es gegen mein Gelübde, so einer Szene untätig zuzusehen.“ „Das ist Befehlsverweigerung!“ „Ach was, kümmer’ dich lieber um die andern. Darf ich diese beiden hier befragen?“ „Wenn du willst, es wird nichts Interessantes dabei ’rauskommen.“
    Der Elf stolzierte davon, während der Mensch sich seufzend Jocschanner und seiner Frau zuwandte. Ihren Dank wimmelte er ab: „Das war doch selbstverständlich.“
    Der Paladin namens Sir Merlin nahm nun ihre Personalien auf. Nachdem sie ihm erzählt hatten, wer sie waren, woher sie kamen und wo sie hin wollten, fing er an, über sich und seine Freunde zu erzählen:
    „Ich bin Sir Merlin, frommer Mensch Paladin, seit Jahren im Dienste Aldens. Ich gehöre zu der kleinen Kampfgruppe “der Weg des Kriegers““ Joschanner gab einen Laut der Überrschung von sich. “Der Weg des Kriegers“ hatte gegen Ende des Krieges für Alden gefochten und große Erfolge erzielt. „Wir sind bei der Verteidigung Aldens gefangen genommen worden. Das heißt genauer gesagt, als die Heeresleitung um Prinz Adjim diesen sinnlosen Ausfall angeordnet hat, zu dem sie uns eingeteilt hat. Wir haben es immerhin bis in die Südfurt geschafft, doch dann haben sie uns gefangen und nach Trolloc verschleppt. Da sollten wir dann exekutiert werden… Wir haben aber den Henker und einige Wachen niedergemetzelt und sind geflohen.“ Er lächelte schief. „Wir waren eigentlich auf dem Weg zurück in die Südfurt, wo sich den Gerüchten, die wir in Trolloc aufgeschnappt haben, zufolge die Überlebenden Aldenischen Widerstandskämpfer sammeln. Wenn wir genug Krieger zusammen bringen, um die Südfurt zu kontrollieren, bevor Trolloc reagiert, können wir Fort Entrox abriegeln und dann einnehmen. Die Befestigungsanlagen dort lassen sich schnell wieder in Stand setzen, als Operationsbasis ist es sicher besser geeignet als Alden. Auch wenn wir den Krieg verloren haben und der Trollocer Prinz zum König gekrönt wird, werden wir ihm trotzdem die Stirn bieten, so lange wir können!“ Das Gesicht des Paladins, das sich bei den letzten Worten verzerrt hatte, entspannte sich wieder. „Aber davon versteht ihr nichts. Wir werden dafür sorgen, dass ihr sicher nach Alden kommt und von den Wirren nicht behelligt werdet. Zumindest werde ich dafür sorgen.“
    Inzwischen waren alle überlebenden Trollocer verhört und dann geköpft worden. Eatme hatte einem der Gefallenen die Fahne der Trollocer ─ sie zeigte eine riesige, grobschlächtige, dunkelhäutige Gestalt, in den Farben Trollocs. ─ abgenommen und sie dann zerbrochen. Die Verletzten waren alle Geheilt und die Beute verteilt worden. Die beiden Gefallenen ─ der schwächliche elfische Magier hatte trotz schwerer Verletzungen überlebt ─ wurden gerade auf den Steinaltar gelegt. Nun traten alle Angehörigen des “Weg des Kriegers“ der Reihe nach vor die Gefallenen. Eatme sprach ein elfisches Gebet, aus dem Joschanner nur die Namen “Cenly“ und “Aschenauer“ heraushören konnte, Sir Merlin ─ der ranghöchste (und einzige) Paladin, der noch bei der Truppe war, hob die Arme zu einem Segen, der Rest hielt nur still Andacht. Dann schleuderte Eatme einen Feuerball auf die Leichen ─ innerhalb kürzester Zeit verbrannten sie zu Asche. Die Leichen der Trollocer blieben unbestattet liegen, während sich die Krieger in einen Kreis setzten, um ihre Lage zu besprechen. Schnell wurde klar, dass Sir Merlin sich nicht davon abbringen lassen würde, die beiden nach Alden zu eskortieren, während die anderen schnellstmöglich die Südfurt erreichen wollten. Schließlich wurde entschieden, dass Sir Merlin Joschanner und Marla allein nach Alden bringen sollte, während sich der Rest über die Ebene von Salisbury in die Südfurt begeben würde. Über seine Reiseroute gab es allerdings rege Diskussionen. Einige vertraten die Ansicht, er solle doch denselben Weg nehmen, wie sie. Doch bei ihrem Durchzug würde es sicher zu einem Aufruhr kommen, mit dem sie die schwangere Frau nicht belasten wollten. Nach Norden auszuweichen kam nicht in Frage, da sich dort noch immer der Galdrien-Trupp herumtrieb. Im Gebirge warten ging ebenfalls nicht, da der Winter bald Einzug halten würde und da bald nach der Patrouille gesucht werden würde. Die einzige Möglichkeit war folglich, den Umweg über die Wüste Sandahal zu nehmen. Dann könnte man entweder über die Südfurt nach Alden gelangen (falls sie, wie die Optimisten behaupteten, zu diesem Zeitpunkt vollständig unter Kontrolle wäre), oder den Weg über Siriuswald und Nordfurt einschlagen.
    Bevor sie den Platz verließen, zeichnete Eatme noch das Wappen des “Weg des Kriegers“ in den Sand. Dann nahmen sie Marschposition ein ─ der kampfstarke menschliche Krieger an der Spitze, Eatme am hinteren Ende des Zuges und Sir Merlin mit Joschanner und Marla in der Mitte.
    Dank der ausgezeichneten Ortskenntnis ihrer Begleiter kamen Joschanner und Marla zunächst sehr schnell voran. Doch schließlich gelangten sie an die Weggabelung, die sie von dem “Weg des Kriegers“ trennte: Die Kampfgemeinschaft blieb im Gebirge und marschierte auf den nördlichen Teil der Ebene von Salisbury zu, während Joschanner, Marla und Sir Merlin den abschüssigen Weg einschlugen, der sie in die Wüste Sandahal bringen würde. Sir Merlin verabschiedete sich von seinen Gefährten mit einer segnenden Geste, vor Eatme jedoch verbeugte er sich. „Ich wünsche dir Glück, aber auf dieser Mission kann ich dir nicht beistehen: Alle unsere Heilutensilien sind verbraucht und ich bin zu geschwächt, um die Zauber mit auf den Weg zu geben…“ seufzte Eatme als Sir Merlin sich wieder aufrichtete. „Ich brauche keine Zauber von dir! Ich kann auch so mehr Trollocer töten, als du dir vorstellen kannst!“ Grinste dieser und winkte zum Abschied. Dann drehte er sich um und verließ Eatme. Er sollte seine Kampfgefährten nie wieder sehen...

    In der Wüste Sandahal war es normalerweise heiß. Sehr heiß. Doch da es Winter war, hatte sich ein gemäßigtes Klima über den Sanddünen breit gemacht. Sir Merlin schwitzte dennoch. Der Paladin hatte sich ein weißes Tuch ums Gesicht gewickelt, das nur die Augen freiließ. Er trug ein grünes Wams über seinem Kettenhemd, einen eisenbeschlagenen grünen Waffenrock, Beinlinge und Stiefel. Seine kleine Axt trug er am Gürtel und sein zerkratztes Schild, dass das Wappen des “Weg des Kriegers“ trug, hatte er sich auf den Rücken geschnallt.
    Sir Merlin schwitzte jedoch nicht aufgrund seiner Kleidung, oder Ausrüstung. Auch das anstrengende Besteigen der Sanddünen bereitete ihm ─ im Gegensatz zu Marla ─ keine Mühe.
    Er hatte Angst. Angst, dass er Marla und Joschanner den falschen Weg führen könnte ─ Sir Merlin war von allen Gebieten Mirrindors in der Wüste am seltensten gewesen ─, Angst, dass man auf sie aufmerksam werden könnte und er dann nicht in der Lage wäre, seine Schützlinge zu beschützen, Angst, dass man ihn erkennen, jagen und foltern könnte ─ Sir Merlin hatte einige Bekannte unter den Gruppen, die sich bevorzugt in der Wüste aufhielten…
    Deshalb achtete er bei Tag und bei Nacht darauf, dass er immer in der Lage war, sich zwischen das Ehepaar und einen Angreifer zu werfen. Er hielt regelmäßig Ausschau von den höchsten Dünen und konnte auf diese Weise oft nur knapp ein Zusammentreffen mit Trollocer Patrouillen vermeiden.
    Doch eines Tages ─ als das Klima schon kälter wurde, die Dünen flacher wurden und man sogar vereinzelte vertrocknete Grasbüschel sehen konnte (sprich: Als sie schon fast die Ebene erreicht hatten), gab es ein unerwünschtes Zusammentreffen:
    Sir Merlin stand auf einer Düne, während Joschanner und Marla im Tal darunter wanderten, als auf der Düne gegenüber zwei Gestalten auftauchten! Schnell wägte Sir Merlin die verschiedenen Möglichkeiten ab: An Flucht war nicht zu denken, die beiden mussten ihn gesehen und ihn als Aldener identifiziert haben. Er könnte versuchen, die beiden abzulenken und Joschanner mit Marla alleine weiterziehen lassen, doch ohne ihn würden ihn würden die beiden nicht weit kommen. Die einzige Möglichkeit hieß folglich Kampf. Sir Merlin fasste seine beiden Gegner genauer ins Auge. Den einen konnte Sir Merlin ─ dank seiner jahrelangen Aubildung ─ als Paladin identifizieren. Er trug eine schwere Rüstung und einen Helm, der die Gesichtszüge verbarg. In der Hand hielt er ein Breitschwert und der rote Waffenrock zeigte, dass er für Trolloc kämpfte. Er war einen halben Kopf kleiner und sehr viel kräftiger gebaut, als der große, schlaksige Sir Merlin. Sein Begleiter schien sein Knappe zu sein: Ein Helm und eine Lederrüstung konnten über die Jungend nicht verbergen. Bis auf eine Flagge, die die beiden als Mitglieder des “Bund der Schriftrolle“ auswies und ein langes schmales Messer, das ihm am Gürtel hing, war er unbewaffnet.
    Der Trollocer machte eine drohende Geste mit dem Breitschwert. Als Sir Merlin die Herausforderung durch ein Nicken annahm, warf der Trollocer ein blaues Pulver in die Luft. Ein Blitz zuckte, Eiseskälte machte sich breit und der Knappe des fremden Paladins wies auf einmal einige Ähnlichkeit mit einem Eiszapfen auf. Sir Merlin lachte und der Trollocer fluchte. Dann warf letzterer wieder ein Pülverchen in die Luft. Diesmal zuckte der Blitz auf Sir Merlin zu. Dieser schrie vor Überraschung auf und riss schnell die Hände in die Höhe. Auf halbem Weg zwischen dem Fremden und Sir Merlin verlor sich der Blitz in der Luft… Merlin lächelte nervös und nickte Joschanner, der die Szene ängstlich betrachtet hatte, aufmunternd zu, doch schon stürmte der Trollocer heran. Sein auslandender Schlag ging zum Glück ins Leere und Sir Merlin schaffte es sogar, ihn am Rücken zu verwunden, bevor dieser den nächsten Angriff startete. Aufgrund seiner Geschicklichkeit gelang es Sir Merlin in dem nun folgenden Kampf noch einige Male, seinen Gegner zu verwunden, doch viele Wunden schlossen sich wieder. Auch war Sir Merlins Axt in diesem Kampf eher hinderlich, da er sich auf seine Schnelligkeit und Wendigkeit verlegen musste und nie seine ganze Kraft in einen Schlag legen konnte. Schließlich startete Sir Merlin ein gewagtes Kampfmanöver: Er drehte sich mit hoher Geschwindigkeit um die eigene Achse, so dass der Trollocer zurückwich, dann nahm er seinen Schwung mit und setzte einen Tritt, der den Trollocer in Brusthöhe treffen sollte, gleichzeitig zielte er mit seiner Axt auf den Kopf des Trollocers. Der sah sich nun zwei Angriffen ausgesetzt und sprang zurück, bis Sir Merlin an ihm vorbeigerauscht war, dann, als Merlin ihm den Rücken zuwandte, schlug er zu und trennte dessen linken Arm unter dem Ellbogen glatt ab. Sir Merlin ließ einen erstickten Schrei hören, schaffte es aber dennoch, auf den Füßen zu landen. Fassungslos starrte er seinen blutenden Armstumpf an, dann hob er sowohl seinen gesunden Arm, als auch den Stumpf in einem Stoßgebet zum Himmel und der Arm begann nachzuwachsen! Erst bildeten sich die Knochen, dann das Fleisch und schließlich wurde der Arm wieder von Haut überzogen.
    In diesem Moment traf ein Hieb des Trollocers Sir Merlin an der Brust. Sir Merlins Kettenhemd widerstand dem Hieb zwar, doch die Wucht des Schlages schleuderte Sir Merlin von den Füßen. Er ließ seine Waffe fallen und krachte in den Sand. Als er sich wieder aufrichten wollte, richtete der Trollocer seine Waffe auf den am Boden liegenden. Sir Merlin seufzte, ließ sich zurückfallen und meinte, scheinbar gelassen, „Wenn du mich schon tötest, dann zeig mir wenigstens dein Gesicht!“ Der Trollocer kam der Aufforderung nach und unter dem Helm wurden ein ausgeprägtes Kinn, eine überdimensionale Nase, stahlblaue Augen und braune Haare sichtbar. Sir Merlin schrie vor Freude auf, riss sich das Tuch vom Gesicht, sprang auf und umarmte den Fremden. „King Arthur! Mein alter Freund! Endlich sehe ich die wieder!“ Der Trollocer stammelte verdutzt: „Merlin, wie ist denn das möglich? Ich dachte du wärst tot! Oh, wenn ich doch nur gewusst hätte, dass du es bist, ich hoffe, ich habe dir keinen bleibenden Schaden zugefügt!“ „Nicht der Rede wert. Ich bin aus Trolloc geflohen, als sie mich umbringen wollten.“ „Da hast du aber Glück gehabt.“ Meinte King Arthur lahm ─ er konnte das Wiedersehen immer noch nicht fassen. „Aber was warst du auch immer noch Aldener!“ Sir Merlins Erwiderung klang barsch: „Arthur, wir haben diese Diskussion schon einmal geführt. Wir haben unterschiedliche Meinungen und damit belassen wir das ganze! Verschwinde lieber und lass mich und meine Begleiter weiterziehen, bevor noch mehr Leute auftauchen!“ King Arthur musterte Joschanner und Marla von oben bis unten. Als er sah, dass beide unbewaffnet waren und Marla zudem noch hochschwanger war, nahm seine Stimme wieder einen weicheren Ton an. „In Ordnung! Ihr könnt weiter, ich habe nichts gesehen!“ Er verabschiedete sich von Sir Merlin mit einem Händedruck, dann machte er sich daran, die nächste Düne zu erklimmen. „Und lass dich nicht noch einmal fangen!“ Rief er Sir Merlin von ihrer Spitze aus zu, dann war er verschwunden.
    Auf Joschannars fragenden Blick hin antwortete Sir Merlin: „Arthur ist ein guter Kerl, auch wenn er für Trolloc kämpft. Er wird niemand von uns erzählen.“ Joschannar blieb nichts anderes übrig, als dem Paladin erneut zu vertrauen. Nachdem Sir Merlin den eingefrorenen Knappen ─ den King Arthur einfach zurückgelassen hatte ─ um seinen Helm, der Sir Merlin nach ein wenig Gewaltanwendung vorzüglich passte (auch wenn er etwas verbeult war) und das Messer erleichtert hatte, setzten sie ihren Weg fort.
    Die Wüste wurde allmählich zur Ebene: Die Dünen verschwanden, der Sand wurde zu Erde, Gras bedeckte den Boden und je weiter sie nach Westen kamen, desto saftiger wurde es. Am fünften Tag nach ihrer Trennung vom “Weg des Kriegers“ erreichten sie die Straße, die von der südlichsten Brücke über den Fluss Hadur erst zum Kloster des Ordens und dann zur Südfurt führt. Von Trollocern hatten sie seit ihrer Begegnung mit King Arthur nichts bemerkt und sie waren gut vorangekommen. Marlas Bauch wölbte sich zwar immer mehr, aber Joschanner war zuversichtlich, dass die Geburt erst stattfinden würde, wenn sie sicher in Alden waren.
    Die drei Gefährten folgten der Straße in nördlicher Richtung und Sir Merlin hatte die Absicht, im Kloster der Mönche einzukehren, um an Proviant ─ sie hatten sich nur von Beeren, Pilzen, einer genießbaren Kaktussorte und dem, was Sir Merlin erjagen konnte, ernährt ─ und Trinkwasser ─ Merlin hatte einige Wasserschläuche dabei, die er an einem Gebirgsbach aufgefüllt hatte ─ auffüllen. Außerdem konnten sie dort Informationen über die Lage in der Südfurt und im Siriuswald einholen.
    In solchen Gedanken wanderten sie die Straße entlang, um sie herum eine weite Grasfläche. Die einzigen Erhebungen waren vereinzelte Bäume. Nein. Vor ihnen war auch etwas… Sir Merlin kniff die Augen zusammen. Es sah so aus, als ob dort vorne ein Hügel neben der Straße wäre...
    Da hörte er hinter sich einen Schrei. Sir Merlin fuhr herum. Marla deutete mit zitterndem Finger auf etwas, dass sich in der Richtung befand, aus der sie kamen. Sir Merlin folgte ihrem Blick und nun erschrak auch er. Ein Trollocisches Heer näherte sich ihnen, zwei Rammböcke an der Spitze! Sir Merlin verfluchte seinen Leichtsinn. Sie hatten sie bestimmt schon entdeckt und in dem flachen Gelände gab es kein Versteck für sie!
    Schon schwärmten die ersten Soldaten aus. Sir Merlin rief seinen Begleitern zu: „Los! Lauf!“, doch er machte sich keine Illusionen darüber, wie ihre Chancen standen, die Trollocer abzuhängen. Schon nach kurzer Zeit konnte Marla nicht mehr und die Soldaten näherten sich unaufhaltsam…
    Schließlich nahm Joschanner seine Frau Huckepack, doch obwohl er außergewöhnlich kräftig war, kam er unter ihrem Gewicht schnell ins Schwitzen. Sie hatten inzwischen den ominösen Hügel beinahe erreicht. „Vielleicht können wir hinter dem Hügel Schutz suchen.“ dachte Sir Merlin verzweifelt. Hinter ihnen waren die Trollocer so nahe herangekommen, dass er ihre Augen mordlüstern glänzen sehen konnte. Unter ihnen erkannte er einen alten Bekannten: Raniel, Ex-Aldener und bei dem “Orden des Phönix“ rannte ganz vorne.
    Plötzlich blieb Joschanner stocksteif stehen und starrte mit kreideweißem Gesicht auf etwas, dass sich vor ihm befand. Sir Merlin herrschte ihn an, er sollte doch weiterlaufen, drehte sich wieder um und was er sah, verschlug auch ihm die Sprache: Der “Hügel“ war gar kein Hügel… Der hatte sich aufgerichtet und war nun klar und deutlich als der Riese von Salisbury zu erkennen! Er war weit über zehn Fuß groß, war von oben bis unten mit Narben übersäht und war in die Felle und Häute von Tieren und Menschen gekleidet, die mit den Waffen der Krieger, die ihn erlegen wollten, zusammengesteckt sind. In der einen Hand hielt er eine überdimensionale Keule, in der anderen einen langen Holzstab, der so aussah, als habe er einen Baum entwurzelt und Zweige und Wurzeln nur sehr grob entfernt. Sir Merlin ging ein verzweifelter Plan durch den Kopf. Er drehte sich wieder um und sah, dass Joschanner, wie befohlen, weitegerannt war. „Zwischen seinen Beinen durch!“ schrie Sir Merlin und hastete mit eingezogenem Kopf zwischen den überdimensionalen Schenkeln des Riesen hindurch. Joschanner folgte mit Marla, wobei er knapp vom Bein des Riesen verfehlt wurde, der auf die vordersten Trollocer eintrat. Sir Merlin grinste. Raniel war zwar nicht getroffen worden, aber der andere Trollocer hatte es sicherlich auch verdient. Dann schlug der Riese mit seinem Stab zu und diesmal spießte er Raniel mit einem der Stümpfe auf. Gleichzeitig kippte er einen der beiden Rammböcke um. Die Trollocer versuchten, sich um den Riesen zu verteilen, sie griffen ihn von allen Seiten an und einige versuchten es sogar mit einer Räuberleiter, um ihn ernstlich verwunden zu wollen. Derweil schrieen sich die Offiziere die Lunge aus dem Leib, man solle doch erst den verbliebenen Rammbock in Sicherheit bringen, Abstand halten und die Bogenschützen den Kampf austragen lassen, doch in dem allgemeinen Chaos beachtete man sie nicht.
    Es bereitete Merlin Mühe, sich von diesem Schauspiel loszureißen, doch sie mussten weiter. Widerwillig setzte er sich wieder in Trab und Joschanner, der Marla immer noch trug, folgte.
    Sie mussten nicht lange laufen. Bald erreichten sie einen kleinen Bach, an dem Sir Merlin zuerst die Wasserflasche auffüllte. Dann liefen sie einige Zeit im Bach, um ihre Spuren zu tilgen und versteckten sich dann in einem Gebüsch, durch das der Bach floss, in Sichtweite der Straße.
    Nach einiger Zeit schallte der Todesschrei des Riesen übers Land, offenbar hatten die Trollocer Offiziere die Lage doch noch unter Kontrolle gekriegt. Kurze Zeit später marschierte das deutlich dezimierte Heer der Trollocer an ihrem Versteck vorbei. Die Vorsichtsmaßnahmen zur Spurentilgung erwiesen sich als unnötig, die Trollocer suchten nicht weiter nach ihnen. Als das Heer am Horizont verschwunden war, dämmerte es schon und Sir Merlin beschloss, die Nacht in dem Gebüsch zu verbringen. Mit etwas Glück konnten sie dann im Kloster zu Mittag essen.

    Als sie am nächsten Morgen weiterwanderten, trug der Wind den Geruch von Rauch zu ihnen. Sir Merlin war besorgt, sagte jedoch nichts. Seine Sorgen erwiesen sich jedoch als wahr, als am Nachmittag der Ort in Sicht kam, an dem das Kloster hätte stehen sollen… Nur eine verkohlte Ruine war von dem Gotteshaus übrig geblieben. Um das Kloster herum lagen die Leichen der Mönche. Die meisten waren (abgesehen davon, dass man sie getötet hatte) unberührt, doch manche waren regelrecht zerstückelt worden. Andere hingegen waren nackt ausgezogen und in unanständigen Posen auf den Boden gelegt worden. Das Vieh in dem angebauten Stall war ebenfalls geschlachtet, man hatte sie liegen gelassen… Das alles war offenbar nur aus Lust am Töten geschehen…
    Sir Merlin wandte sich von Grauen erfüllt ab und auch Marla verdeckte ihre Augen, damit sie nichts sehen musste.
    Da hörten sie eine schwache Stimme: „Edler Herr! Bitte helft mir!“ Sie entdeckten einen uralten Mönch, er trug die charakteristische graubraune Kutte und sah sehr schwach aus. Als sie zu ihm traten fing er ohne Aufforderung an, zu berichten: „Sie kamen gestern Abend. Sie wollten ein Quartier für die Nacht. Wir gewährten es ihnen. Wir haben ja seit wir immer weniger neue Mönche aufnehmen können viel Platz.“ Der Mönch lachte, dann ging das Lachen in ein krächzendes Husten über. Nach einiger Zeit hatte er sich gefasst und fuhr fort: „Trotzdem war innen nur für die Offiziere Platz. Da kam es zum ersten Streit. Aber der Rest musste sich schließlich mit dem Vorplatz und den Stallungen begnügen. Drinnen fingen dann die Offiziere und einige einfache Soldaten an, zu zechen, bis tief in die Nacht. Irgendwann haben einige von uns versucht, dem General ins Gewissen zu reden, er solle doch Milde gegenüber den besiegten Aldenern walten lassen. Aber der war betrunken und…“ Wieder wurde der Mönch durch einen Hustenanfall unterbrochen. „Er hat dann zwei unserer Brüder totgeschlagen. Kurz darauf haben die Soldaten von draußen das Kloster angegriffen. Sie haben Feuer gelegt. Die meisten Brüder sind in ihren Zellen verbrannt, einige der Trollocer Offiziere auch. Diejenigen von uns, die ’raus gerannt sind, wurden dann niedergemacht und ihre Leichen haben sie geschändet… All die unschuldigen Seelen… Und all die Bauwerke… Hunderte von Jahren alt…“ Der Mönch war den Tränen nahe. Sir Merlin wusste nicht recht, was er tun sollte, doch Marla nahm ihm die Sache ab. Sie setzte sich neben den Mönch und verwickelte ihn in ein Gespräch. Dabei stellte sich heraus, dass er früher Arzt gewesen war und er ihr gute Ratschläge für ihr Kind geben konnte.
    Sir Merlin zuckte die Achseln und während Marla mit dem Mönch, der, wie sich herausgestellt hatte, Merter hieß, fachsimpelte, legten Sir Merlin und Joschanner alle Mönchsleichen auf einen Haufen. Sie legten Holzkohle aus den Trümmern des Klosters, Holz von vertrockneten Bäumen und trockenes Gras dazu. Als sie fertig waren, segnete der Paladin die Verstorbenen, der Mönch tat dasselbe, wenn auch auf eine etwas andere Weise. Dann zog Sir Merlin Feuersteine hervor und steckte die Leichen in Brand…
    Da die Arbeit den ganzen Nachmittag in Anspruch genommen hatte, beschlossen sie, die Nacht in den Ruinen des Klosters zu verbringen. Das Fleisch der von den Trollocern geschlachteten Tiere über dem Feuer ─ nicht dem Feuer, in dem die Mönche verbrannten ─ gebraten gab ein vorzügliches Abendessen und bald schliefen sie.
    Am nächsten Morgen besprachen sie, welchen Weg sie nehmen sollten. „Haben sie irgendetwas über ihr Ziel gesagt?“ fragte Sir Merlin den Mönch. „Einer ihrer Offiziere hat gemeint, sie kämen aus ihrer Burg in der Ebene und wollten sich mit einem Teil des“ Der Mönch hustete. „…des Heeres aus Galdrien treffen um dann gemeinsam die Aldenischen Rebellen in der Südfurt anzugreifen…“ Der Mönch lächelte matt. „Aber ich verstehe nichts vom Kriegshandwerk. Wahrscheinlich hat er genau das Gegenteil gesagt und ich habe ihn falsch verstanden…“ „Das hast du sicher nicht, denn was du sagst ergibt durchaus Sinn.“ Munterte ihn Sir Merlin auf, doch innerlich fluchte er: Er konnte sich nicht vorstellen, dass die Übriggebliebenen Aldener sich ─ unorganisiert und verstreut wie sie waren ─ gegen ein solches Heer wehren konnten… Außerdem bedeutete das, dass sie nun nicht mehr über die Südfurt nach Alden gelangen konnten. „Wie ist das Klima im Siriuswald momentan?“ fragte Sir Merlin den Mönch weiter aus. „Vor wenigen Tagen kam ein Reisender vorbei, der hat erzählt“ wieder hustete der Mönch „…der hat erzählt, dass er verscheit wäre und viele Bäume wegen dem Schnee umgefallen wären… Aber ich habe lange genug hier gelebt, dass ich weiß…“ Wieder hustete der Mönch. Sir Merlin wurde allmählich ungeduldig. „…dass ich weiß, dass es bald einen Wetterumschwung gibt. Es wird wärmer werden…“ „Das heißt, dass die Wege passierbar sind, bis wir dort sind?“ Fasste Sir Merlin die Worte des Mönchs zusammen. „Ja, dass sind sie sicher…“
    Wenig später brachen sie in nördlicher Richtung auf. Merter hatte sich entschieden, mit ihnen nach Alden zu kommen. Sir Merlin war zuerst nicht sehr erfreut gewesen, denn er befürchtete, dass sie nun noch langsamer vorankommen würden… Diese Befürchtungen erwiesen sich jedoch als unbegründet, denn trotz seiner Kurzatmigkeit schritt der Mönch ordentlich aus und Sir Merlin musste aufpassen, dass er mitkam. Auch Marla kam gut voran und Merter meinte, dass sie noch genügend Zeit hätten. Um Proviant brauchten sie sich keine Sorgen mehr zu machen, folglich waren die Trollocer ihre einzigen Sorgen. Und von denen war nichts zu sehen.
    Der von Merter vorausgesagte Wetterumschwung trat bald ein: Der eisige Nordwind drehte und stattdessen blies er nun warme Luft aus Süden heran. Mit dem Wind wurde Sand aus der Wüste Sandahal heran geblasen und es war unangenehm, wenn man ihn ins Auge bekam.
    Die Reisegesellschaft war folglich sehr froh, als sie den Siriuswald erreichten und die Bäume ihnen Schutz boten. Von den dramatischen Schneebrüchen war nichts zu sehen, allerdings schien hier bis vor kurzer Zeit wirklich eine Menge Schnee gelegen zu haben: Der Boden war von dem vielen Tauwasser aufgeweicht und ab und zu sah man noch schmutzige Schneereste.
    Noch schlimmer wurde es, als sie die Straße verlassen mussten. Zwar fand Sir Merlin, der sich im Siriuswald sehr gut auskannte, immer wieder Wege, die in die richtige Richtung führten, aber sehr oft verloren sie sich im Morast und mehrere Male wären sie beinahe eingesunken.
    Sie hatten vor, westlich von Galdrien auf die Straße, die Trolloc über den Emronpass und die Nordfurt mit Alden und Galdrien verband, zu treffen, die sich die Lage in Galdrien anzusehen, die Stadt eventuell zu betreten, dann der Straße nach Westen zu folgen und über die Nordfurt nach Alden zu gelangen.
    Aus den Absichten, Galdrien zu betreten, wurde jedoch nichts, denn als sie die Straße erreicht hatten und die Stadt aus einem Dickicht beobachteten, sahen sie schon von ferne die Trollocischen Soldaten, die vor den Mauern exerzierten. An mehreren Stellen waren Breschen in die Mauer geschlagen, doch alle waren mit Palisaden versperrt, hinter denen Soldaten Wache standen. An den Stellen, an denen die Mauern noch intakt waren, waren sie von Bogenschützen besetzt und das Tor war mit mehreren zusätzlichen Balken gesichert worden. Über den Mauern erhob sich der alte Königspalast, an vielen Stellen waren seine Mauern geschwärzt, als ob er gebrannt hätte und der rechte Turm war in sich zusammengestürzt.
    Ein trostloser Anblick.
    Sie verbrachten die Nacht in Sichtweite der Stadtmauern, doch die Wachsamkeit der Soldaten ließ nicht nach.
    In den frühen Morgenstunden kehrten sie der Stadt den Rücken und folgten der Straße in Richtung Alden.
    Die Straße schien in letzter Zeit recht viel benutzt worden zu sein und war in einem erfreulich guten Zustand.
    Die einzigen Unterbrechungen bestanden in Trollocer Boten, die von Alden nach Galdrien oder Trolloc unterwegs waren, oder umgekehrt. Es war jedoch inzwischen wieder so trocken geworden, dass sie die Reiter auf große Entfernung an den aufgewirbelten Staubwolken erkannten, so dass sie genug Zeit hatten, sich im Gebüsch zu verstecken, ehe die Boten, die manchmal auch von kleinen Soldatengrüppchen begleitet wurden, herangenaht waren.
    Gelegentlich hatte Marla Schmerzen, doch wenn sie dann einige Zeit Rast gemacht hatte, konnte sie wieder weiterlaufen und Merter versicherte ihr, dass sie kerngesund wäre und kein Grund zur Annahme bestehe, dass das Kind nicht ebenfalls wohl auf wäre.
    Die Bäume zu beiden Seiten der Straße wurden immer weniger und schließlich gingen sie durch offenes Grasland.
    Wenig später kam die Furt in Sicht: Der Hadur war vom Schmelzwasser angeschwollen, doch er schlängelte sich träge durch das Land. Die Brücke war offensichtlich während der Kämpfe beschädigt worden, doch offenbar hatten die Trollocer alles getan, um die wiederherzustellen und bis auf das Geländer waren sie fertig. Die Burg, von der aus die Furt kontrolliert wurde, stand nördlich auf einem Ausläufer des Gebirges. Soweit man auf die Entfernung erkennen konnte, war sie weit stärker beschädigt worden, als die Furt: Die Mauern im Osten fehlten gänzlich, die restlichen Mauern waren geschwärzt und standen schief. Zahlreiche Türme waren eingestürzt und das Torhaus lag ebenfalls in Trümmern. Da die Burg in ihrem momentanen Zustand nur begrenzt als Quartier genutzt werden konnte, waren außerhalb zahlreiche Zelte errichtet worden und sogar einige hölzerne Baracken waren errichtet worden. Die Wachtürme an der Brücke waren bis auf einen ebenfalls vernichtet, doch die Trollocer hatten die restlichen durch Holzgerüste ersetzt und auch hier standen einige Zelte. Auch weiter von der Brücke entfernt standen noch einzelne Holztürme, die jeweils von vier Bogenschützen, einem Kämpfer und einem Boten besetzt waren.
    Sir Merlin sank das Herz. Hier gab es kein Durchkommen… Entweder sie kehrten um, oder er gab Waffen und Uniform weg, der Mönch entledigte sich seiner Kutte und sie versuchten, auf legale Weise herüberzukommen… Sie könnten auch dem Hadur nach Süden folgen und versuchen, entweder einen nicht von Trolloc registrierten Fährmann zu finden, oder darauf vertrauen, dass es bei der Südfurt besser aussah, aber das war sehr unwahrscheinlich und außerdem, wusste er nicht, ob Marla nicht unterwegs ihr Kind gebären würde…
    Er wurde durch ein lautes „He!“ aufgeschreckt. Sir Merlin fuhr herum: Hinter ihnen stand ein Krieger, in dem roten Waffenrock Trollocs!“ „Ihr seht so aus, als ob ihr die sein könntet, von denen mir berichtet wurde. Seid ihr Sir Merlin?“ Der Angesprochene stellte sich schützend vor seine Gefährten und zog das Messer mit der linken Hand. Seine Rechte glitt tastend zur Axt. Ohne auf die Bedrohung zu reagieren, schwätzte der Trollocer weiter: „King Arthur hat mir von euch erzählt, er hat gesagt, ich soll dafür sorgen, dass ihr Heil über den Fluss kommt.“ Sir Merlin entspannte sich ein wenig, steckte jedoch das Messer nicht ein und hörte auch nicht auf, den Trolloer wachsam zu taxieren. Dieser schnappte sich jedoch Sir Merlins Rechte, zog sie mit einigem Kraftaufwand von der Axt im Gürtel weg, schüttelte sie und quietschte vergnügt: „Es freut mich, endlich eure Bekanntschaft zu machen, King Arthur hat mir viel von euch erzählt! Meinen Namen darf ich euch leider nicht nennen, falls ihr gefangen werdet, könnt ihr dann ruhig Gewissens behaupten, ihr wüsstet nicht wer ich bin. Gehört der da auch zu euch?“ Der anonyme Trollocer deutete auf den Mönch. Nachdem Sir Merlin kurz genickt hatte, rief der Soldat breit grinsend: „Wunderbar! Folgt mir bitte!“ Sir Merlin zuckte die Achseln, steckte das Messer weg und bedeutete dem Rest der Reisegesellschaft, ihrem ominösen Führer zu folgen.
    Dieser führte sie einige Zeit lang am Fluss nach Süden. Er wählte meist Pfade, auf denen sie durch hohes Gras, Gebüsch, oder Hügel vor den Augen der Späher geschützt waren. Schließlich erreichten sie eine Stelle, an der der Fluss sehr ruhig floss. „Früher stand hier die Brücke. Sie wurde dann zerstört und man hat sie weiter nördlich wieder aufgebaut. Nur als interessante Zusatzinformation.“ sagte der Trollocer. Sir Merlin blicke verwundert und fragte, wieso die Trollocer niemanden zum bewachen dieser Stelle eingeteilt hätten, da man ja an dieser Stelle sehr gut hinüber schwimmen und bei weniger Wasser sogar waten könnte. Ihr Führer lächelte verschmitzt. „Das haben sie doch: Mich!“ Alle anderen Wächter, die mal an dieser Stelle stationiert waren, sind abkommandiert worden. Sie legen alles daran, die letzten Aldener in der Südfurt auch noch dranzukriegen. Die Truppen in Alden wurden ebenfalls verstärkt. Als Signal für die Einwohner.“ „Also ist die Südfurt noch nicht eingenommen?“ fragte Sir Merlin hoffnungsvoll. Der Trollocer zuckte die Schultern. „Das kann ich nicht sagen. Die Führung betreibt eine miserable Informationspolitik…. Es wurde eine Schlacht geschlagen, soviel weiß ich. Aber wann hab ich keine Ahnung. Die Aldener waren schon davor in verschiedene Interessensgruppen geteilt. Manche wollten nur günstige Bedingungen für einen Waffenstillstand rausschlagen, manche träumten noch immer von Mirrindor mit Alden als Hauptstadt, manche wollten sich offenbar in Fort Entrox verschanzen und wieder andere wollten Mirrindor verlassen… Ein betrunkener Offizier hat vor einigen Tagen erzählt, dass sie sich neu organisiert hätten und jetzt von einem “Rat“ regiert wird, der aus den ranghöchsten Überlebenden besteht. Die Mitglieder sollen “Satar Skar“, “Tallon“ und “Skopion“ heißen. Oder so ähnlich. Die scheinen sehr erfolgreich Guerillaangriffe zu planen. Aber andere haben gesagt, dass sie bei der Schlacht komplett besiegt oder zumindest aufgespaltet worden wären… Aber ich hab keine Ahnung wie es dort wirklich zugeht… Fort Entrox wurde offenbar kurzzeitig abgeschnitten, aber es scheint sich noch in unserer Hand zu befinden. Es ist aber nichts sicher. Außerdem…“ Sir Merlin hörte dem Geschwätz gar nicht mehr zu. Eatme war wahrscheinlich tot und Alden endgültig besiegt. Was sollte er nun tun? Sein bisheriger Lebensinhalt war das Kämpfen für Alden gewesen und seine einzigen Freunde waren Krieger, die jetzt tot waren.
    Er wurde von einem brennenden Hass auf alle Trollocer erfüllt: Sie hatten ihm alles genommen, was sein Leben ausmachte. Sie waren an allem Schuld!!!
    Sir Merlin war kurz davor, seinen Führer niederzumetzeln, doch dann rief er sich zur Ordnung: Er musste für Marla und Joschanner sorgen und vielleicht stimmten die Informationen ja überhaupt nicht. Wenn seine Aufgabe erledigt war, würde er in die Südfurt aufbrechen und selbst nach dem rechten sehen. Dann war immer noch genug Zeit dafür, Amok zu laufen.
    Inzwischen hatte ihr Führer sie ─ ohne zu wissen, in welcher Gefahr er geschwebt hatte ─ ans Ufer geführt. Dort lag ein kleines hölzernes Boot, das an einer Baumwurzel vertäut war. Der Trollocer blickte sie der Reihe nach an, als wolle er abzählen, dann meinte er: „Ich hab eigentlich mit einer Person weniger gerechnet, aber sei’s drum, ich denke wir passen trotzdem alle ’rein.“
    Das taten sie zwar auch, aber der Platz war sehr eng und Sir Merlin wurde es angst und bange, als das überfüllte, ächzende Gefährt mit kräftigen Ruderschlägen über den Fluss befördert wurde. Kaum waren sie auf der anderen Seite alle ausgestiegen, verabschiedete sich der Trollocer fröhlich winkend. „Ich muss meinen Bericht noch bei meinem Vorgesetzten abgeben!“
    Sie gingen nun wieder flussaufwärts. Bald stießen sie wieder auf die Straße und obwohl ihre Benutzung in der Nähe von Alden immer gefährlicher wurde, folgten sie ihr.
    Inzwischen machte sich Sir Merlin Gedanken über ein völlig anderes Problem: Wie sollten sie überhaupt in die Stadt hinein kommen?
    Wenn es so aussah, wie in Galdrien hatten sie schlechte Karten. Allerdings wussten sie nicht, wie die Stadt bewacht war und wie die Beschädigungen an der Mauer waren. Sir Merlin war in einem Kampfgebiet überrannt und Joschanner und Marla waren zu Beginn des Angriffes beim Flüchten aus der Stadt festgenommen worden.
    Während Sir Merlin über dieses Problem nachdachte, begann Marla über Schmerzen zu klagen. Der Mönch wandte sich aufgeregt an Sir Merlin: „Das könnten schon die Anfänge der Wehen sein! Das Kind wird wahrscheinlich noch heute Nacht kommen! Bis dahin müssen wir ein sicheres Quartier gefunden haben!“
    Da hatte Sir Merlin eine Idee.
    Er begleitete die Gruppe noch bis in Sichtweite der Stadtmauern, die ─ zumindest an dieser Stelle verglichen mit denen Galdriens den Eindruck erweckten, noch relativ stabil zu sein, Dann versteckte er seine Begleiter, nahm dem Mönch die Kutte ab und schnitt sie in fünf Streifen, so dass sie nicht mehr als Mönchskutte zu identifizieren war. Allein ging er weiter auf die Stadt zu, doch sein Ziel war nicht Alden, sondern eine Schmugglerhöhle vor den Stadtmauern, wo er einen alten Bekannten hatte.
    Der Zugang war gut verborgen und für Uneingeweihte schwer zu entdecken: Zwischen Büschen und Wurzeln lag der Eingang zur Höhle. Von außen sah die Anlage ziemlich unversehrt aus. Sir Merlin grinste. Offenbar waren dem Inhaber nicht zu Unrecht gute Beziehungen zu Trolloc vorgeworfen worden. Er betrat die Höhle. Nach einigen Schritten erweiterte sich der enge Stollen zu einem großen Raum. Die Wände waren aus Fels und zu beiden Seiten des Wegs standen Stalaktiten und Stalagmiten. In der Mitte des Raumes waren sie jedoch abgetragen worden, damit man leichter laufen konnte.
    Sir Merlin zwängte sich durch einen weiteren engen Durchgang und stand nun in einem runden, mit Fackeln erhelltem Raum. Im hinteren Teil war ein weiterer Tunnel zu sehen und davor war etwas wie eine Ladentheke aufgebaut. Dahinter saßen zwei Schwarzgewandete Gestalten auf mehreren gestapelten Kisten und würfelten. Als sie die Kundschaft bemerkt hatten, stoppten sie ihr Spiel und standen auf. Der größere der beiden schlug seine Kapuze zurück und gab den Blick auf ein unrasiertes schmutziges Gesicht und lange schmutzige schwarze Haare frei. Der Schmuggler kniff die Augen zusammen, doch als er Sir Merlin erkannt hatte, lächelte er und entblößte fleckige gelbe Zähne. „Na, du alter Hund, lebst du auch noch? Du musst ja in einer ziemlich miserablen Lage sein, sonst würdest du nicht hier her kommen.“ Das war zwar nicht gerade das, was Sir Merlin unter einer freundlichen Begrüßung verstand, da er aber wirklich in einer schwierigen Lage war, überging er es. „Ja, ich lebe auch noch. Und ich bin in einer miserablen Lage. Ich wurde beim Angriff der Trollocer in der Südfurt gefangen genommen und nach Trolloc verschleppt worden. Jetzt würde ich gerne nach Alden zurückkehren und das hier zu einem möglichst hohen Preis loswerden.“ antwortete Sir Merlin und reichte die Stoffstreifen, seinen Waffenrock, sein Kettenhemd, seine Axt und sein Messer über die Theke. „Hehe, ha’m se dich doch noch gefangen genommen!“ Der Schmuggler grinste übers ganze Gesicht. „Wir sind hier relativ unbehelligt geblieben… `s hat natürlich ’ne deftige Gebühr gekostet, aber ’s is’ ja nich’ so, als ob wir nichts hätten.“ Wieder grinste der Schmuggler. Dann besah er sich nacheinander die Ausrüstung. „Hmm… Die Axt hat ja schon viele Scharten und es gibt auch bessere Modelle… Die is’ höchstens hundertfuffzig Goldmünzen wert.“ brummte er. Sir Merlin ballte die Faust, er hatte dafür viel mehr bezahlt, aber er war nicht in der Position um zu feilschen.
    Inzwischen war sein Handelspartner mit den Berechnungen fertig. „Zweihundertfünfzig Goldmünzen für alles zusammen. Aber nur, weil du’s bist.“ Kaum hatte er ausgeredet, gab sein Begleiter Sir Merlin schon zweihundertfünfzig dreckige Goldmünzen in die Hand. Während Sir Merlin weiterredete, machte der Lagerverwalter sich blitzschnell daran, die Gegenstände zu verstauen und der Paladin konnte nicht umhin, die gute Organisation der Gauner zu bewundern. „Habt ihr vielleicht auch noch zwei normale Hemden und zwei Hosen zum Anziehen?“ fragte er. Wieder grinste der Schmuggler „Ahh… Du bist in Begleitung. Nach der Form der Stoffteile zu schließen einer von diesen Mönchen… Na ja, du bist selber schuld, wenn du dich mit denen abgibst.“ Inzwischen hatte sein Kompagnon die gewünschten Waren herausgesucht. Der Bärtige betrachtete sie und meinte dann: „Das macht zusammen hundert Goldmünzen.“ Diesmal konnte Sir Merlin nicht anders. „Was? Das ist das Doppelte vom Originalpreis!“ Das Grinsen schien zum Gesicht des Schmugglers zu gehören, wie die Nase. „Qualität kostet eben… Oder wollt ihr beide im Untergewand durch die Stadt ziehen?“ Zähneknirschend rückte Sir Merlin hundert Goldmünzen ’raus und kleidete sich neu ein. Dann fragte er nach Informationen. Grinsend hielt der Gauner die Hand auf. Sir Merlin sagte entrüstet: „Das würde dir so passen! Die kriege ich von Passanten kostenlos!“ Er wandte sich zum gehen. „Sonst willst du nix mehr kaufen? Keinen Schnaps und nichts zum Rauchen? Wir haben neuerdings auch Frauen im Sortiment!“
    Doch Sir Merlin achtete nicht auf das Geschwätz und kehrte zu seinen Begleitern zurück. Da sie nun alle wie Zivilisten aussahen, konnten sie die Tore bis auf eine Bemerkung eines Trollocer Offiziers, der “die arme Frau bemitleidete, da sie ja drei Männer und ein Kind gleichzeitig zufrieden stellen muss“, unbehelligt passieren. Offenbar hatten die Trollocer bei ihrem Ansturm nur die Tore eingerammt und sie inzwischen schon wieder repariert, denn die Mauer wies auch aus der Nähe nur leichte Beschädigungen auf. Hinter den Mauern erwartete sie aber ein Schock:
    Das gesamte Nordviertel war in eine Aschewüste verwandelt worden! Offenbar hatten die feindlichen Magier zuerst Feuerbälle über die Mauer geschleudert, bis innen Panik ausgebrochen war und dann ohne auf Widerstand zu stoßen das Tor eingerammt.
    Überall waren die Leute damit beschäftigt, in der Asche und dem Schutt nach Habseligkeiten zu suchen. Einen davon fragte Sir Merlin über die momentane Lage aus. „Wie ihr sicher wisst, haben die Trollocer den “Rat“, in der Südfurt zerschlagen und alle Anführer geköpft. Heute Morgen habe ich gehört, dass die Überlebenden Mirrindor verlassen hätten und Zuflucht bei den Elfen gesucht hätten. Hier sind viele Soldaten stationiert, die Trollocer scheinen die Lage im Griff zu haben. Vielleicht ist es ja auch ganz gut so.“ Sir Merlin glaubte sich verhört zu haben. „Der neue König ist soviel ich weiß ein guter Mann, er kann ja nichts für die Schandtaten, die seine Krieger begangen haben.“ Sir Merlin verkniff sich einen bissigen Kommentar hierzu und hörte weiter zu. „Ich habe gehört, wenn die Nachkriegswirren vorüber sind, will er sogar in Galdrien regieren, Alden wiederaufbauen und die Armee von Trolloc, die Bürgerwehr von Galdrien und die ─ bis dahin neu gebildete Bürgerwehr von Alden zu einer Armee verschmelzen, mit der er uns dann vor den dunklen Horden beschützt!“ Die Augen des Mannes leuchteten.
    Sir Merlin ließ ihn einfach stehen.
    Die Propagandamaschine der Trollocer schien ohne Unterlass zu arbeiten. Nun verrieten sogar Aldener die Sache Aldens!
    Aber vielleicht hatte der Mann ja Recht, vielleicht war es wirklich besser so. Wenn in Alden demnächst wieder eine eigene Bürgerwehr gebildet werden sollte, konnten sie gute Kämpfer wie ihn sicher gut gebrauchen. Oder er zog predigend und helfend durchs Land, wie es die ursprüngliche Aufgabe eines Paladins war. Oder er erlernte ein Handwerk und ließ sich nieder. Vielleicht könnte er bei Joschanner in die Lehre gehen!
    Sir Merlin lächelte, schob diese Gedanken aber beiseite. Ihre Lage hatte sich zugespitzt. Marla stand kurz vor der Niederkunft, es wurde wieder kälter und das Haus der beiden, das im Nordviertel gestanden hatte, war wahrscheinlich niedergebrannt.
    Trotzdem gingen sie an den Ort, aber alles, was sie vorfanden, war Asche.
    Sie gingen weiter in die Stadt hinein. In der Stadtmitte würden sie keinen Platz finden und das Südviertel, wo auch ein Tor stand, war sicher ähnlich zugerichtet, wie das Nordviertel. Sie entschieden sich also dafür, im Westviertel nach einem Quartier Ausschau zu halten. Doch alle Herbergen und sonstigen Schlafgelegenheiten waren von Flüchtlingen oder Soldaten belegt. Sooft Sir Merlin die Leute auch im Namen der Nächstenliebe anflehte, oder ihnen ihr Geld anbot, niemand wusste eine Schlafgelegenheit.
    Es dämmerte schon, als sie sich dafür entschieden, in einem baufälligen Stall zu nächtigen. Er war zwar schon von einigen Kühen und einem Esel bewohnt und es roch nicht gerade gut, aber es war immer noch besser, als sich im Freien der Kälte auszusetzen.
    Sir Merlin setzte sich resigniert auf einen Heuballen und begann mit Joschanner zu würfeln. Leider eigneten sich weder der Erdboden, noch der Heuballen als Untergrund für dieses Spiel und nachdem sie beim Münzewerfen drei Münzen nacheinander im Heu verloren hatten, entschieden sie sich fürs Strohhalme ziehen. Währenddessen war Marla in einem abgetrennten Teil des Stalls erschöpft ins Heu gesunken und Merter gab ihr Kräuter zu schlucken, verbrannte Kräuter auf dem Boden und massierte sie.
    Sir Merlin hatte gerade eine Glückssträhne, als Merter aufgeregt zu ihnen stürzte. „Es kommt!“ rief er aus, um sich gleich darauf unter einem Hustenanfall zu krümmen.
    Sir Merlin sah taktvoll in eine andere Richtung, während Joschanner mit Merter zu der vor Schmerz schreienden Marla eilte, doch wenige Minuten später kehrte Joschanner kreidebleich zurück und verlangte, dass das Spiel fortgesetzt werde.
    Wenig später war das durchdringende Krähen des Neugeborenen zu vernehmen. Freudestrahlend kehrte Joschanner in die Ecke zurück um wenigstens einen Blick auf sein Kind zu werfen. Auch Sir Merlin lugte interessiert herüber:
    Marla war erschöpft ins Heu gesunken und rührte sich nicht mehr, in einer Futterkrippe lag ein augenscheinlich gesunder kleiner Junge, doch Merter stand teilnahmslos im Raum, die Hände hoch erhoben. Joschanner wollte ihn gerade anfahren, warum er sich nicht um die Frau und das Kind kümmerte, da fing der ehemalige Mönch mit einer tiefen, durchdringenden Stimme an zu sprechen:

    „Freuet euch ihr Völker,
    der Erlöser ist euch geboren!
    Gott hat euch seinen Sohn gesandt!
    Er wird den Bund, den Gott mit euch geschlossen hat, erneuern!
    Er wird der Welt den Frieden bringen!

    Drei werden ihn beschenken
    Zwölf werden ihm folgen
    und der eine wird bei ihm sein,
    sein Leben lang.

    Für ein Leben in Frieden wird man ihn ans Kreuz schlagen,
    für ein Leben in Demut ihn foltern.
    Für ein Leben der Liebe wird man ihn mit einem Speer durchbohren!
    Doch er wird auferstehen,
    denn der einzige und lebendige Gott wird bei ihm sein!“

    Der Mönch prophezeite noch weiter, doch Sir Merlin war es gleich, was er sagte. Über ihn war eine Erkenntnis gekommen, die zu wunderbar war, um sie zu beschreiben. Er wusste, etwas Göttliches war auf die Erde gekommen. Er würde nie wieder einem Menschen etwas zu Leide tun. Er würde als Eremit in den Bergen leben und wenn das Kind, dass jetzt noch vor ihm in der Krippe lag, erwachsen war, würde er zurückkehren und ihm dienen und er würde es mit Freuden tun, denn er würde seinem Gott dienen, besser als in seiner Zeit als Paladin.
    Sir Merlin blickte sich um und sah, auch in den Gesichtern Joschanners und des Mönchs das Leuchten dieser wunderbaren Erkenntnis und selbst das Gesicht der ohnmächtigen Marla war ruhig und friedlich.
    Noch immer berauscht von diesem Glücksgefühl und seinem Entschluss, öffnete Sir Merlin die Tür, um sich in der kalten Luft zu beruhigen, doch als er die Tür geöffnet hatte, blieb er stocksteif stehen:
    Vor der Tür standen drei in prächtige Gewänder gekleidete Elfenkönige und über ihren Köpfen leuchtete der Weihnachtsstern.


    written by Sir Merlin (13 Jahre)



    Re: Meine Weihnachtsgeschichte

    Alastar - 20.12.2006, 21:38


    hab erst due hälfte gelesen aber ich find die Story mega gut geschrieben

    (zeilenweise hat es getönt als würdest du gerade "die Gilde der schwarzen Magier" lesen.....)

    respekt ich wünschte ich könnte so gut schreiben ...

    bist du wirklich 13 ?? weil dann respect again!



    Re: Meine Weihnachtsgeschichte

    Satai_Skar - 20.12.2006, 21:51


    ich hab das so verstanden, dass er 13 Jahre zum Schreiben gebraucht hat 8)

    Nein im Ernst:

    Sehr schöne Geschichte, danke, dass ich auch vorkomme, aber köpfen hättest mich doch nicht gleich müssen^^



    Re: Meine Weihnachtsgeschichte

    Sir Merlin - 21.12.2006, 13:21


    Ja, ich bin 13^^

    Alastar: Wegen den Hüttenvierteln? Da is mir kein besseres Wort dafür eingefallen, ich les es wirklich grad^^



    Re: Meine Weihnachtsgeschichte

    Alastar - 21.12.2006, 22:19


    Ja, zuerst die Hüttenviertel und dann die "traditionellen Magierroben"
    Habs drum auch erst vor ein par wochen gelesen.



    Re: Meine Weihnachtsgeschichte

    Sir Merlin - 24.12.2006, 12:53


    Würd mich mal interssieren, ob die Normalsterblichen mitkriegen wer gewonnen hat...



    Re: Meine Weihnachtsgeschichte

    Satai_Skar - 26.12.2006, 20:35


    wer hat denn gewonnen?



    Re: Meine Weihnachtsgeschichte

    Sir Merlin - 27.12.2006, 12:31


    Ka, er hat ja nur 2 erhalten, von gnux und von mir... Letztes Mal gab's zwei Gewinner, die logische Folge wäre, dass gnux und ich jetzt gewonnen hätten und beide ein Amulett "Glanz der Weihnacht" +4 Ge, +2 L, +4 M erhalten müssten... Aber davon merk ich nicht viel^^



    Re: Meine Weihnachtsgeschichte

    Sir Merlin - 28.12.2006, 20:53


    Jetzt hab ich ein's erhalten.^^

    Also an Sylvester hät ich nachgefragt, wo es denn bleibt, aber er hat es auch ohne Aufforderung gemacht...



    Glanz der Weihnacht:

    Magische Eigenschaften:
    4 Geschicklichkeit
    2 Lebenskraft
    4 Magie

    Benötigte Eigenschaften:
    Level 30


    Das kann ich jetzt zwar noch nicht tragen, aber die paar hundert Punkte krieg ich schnell... Falls irgendwer es in der Zeit tragen will, braucht ihr nur zu fragen.



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