Platz des Feuers

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    Re: Platz des Feuers

    kiamara - 24.07.2007, 15:54

    Platz des Feuers

    Der Platz des Feuers ist die Stätte, an der das Leben der Onuk in Gemeinsamkeit geführt wird.
    Der Vorplatzt liegt im Kalathochgebirge und fasst die Höhlen, in denen die Stammesmitglieder leben.
    Hier entzünden die Onuk ihre abendliche Feuer, während sie essen und sich unterhalten.
    Man findet sie hier in Gesprächen, dem fertigen und kontrollieren ihrer Waffen, oder dem bearbeiten ihrer Kleidung.
    Alles private spielt sich bei den Onuk in ihren Höhlen ab, die auf diesen Vorplatzt zulaufen. Dabei sind die Höhlen, oder auch Oraks genannt nicht tief im Gebirge oder unterirdisch angelegt, wie bei den Hwendi, sondern eher kleine Aushölungen im Gestein, die den Onuk Privatsphäre und Schutz vor Regen, Kälte und Stürme bieten soll.



    Re: Platz des Feuers

    Azyra - 10.01.2008, 23:46


    Im Airik, noch am frühen Morgen ~ Serenety, Vin und Llv
    Die Wärme seines Körpers geniessend, hielt Llv die Augen geschlossen und sog tief den Geruch nach Schweiss, Rauch, sowie Blut, der ihm dank seiner erfolgreichen, aber schweren Jagd am Tag zuvor noch anhaftete, ein. Spät abends war es gewesen, als er zurückgekehrt war, von oben bis unten mit Schnee, Dreck und Blut bespritzt, aber mit einem breiten Grinsen im Gesicht und einem sorgfältig zerlegten Goldrücken über der Schulter. Dazu noch ein prächtiges Exemplar, entgegen aller Erwartungen nicht ausgehungert oder gar mager, wie viele Tiere während des Airik, wo der eisige Wind selbst den mutigsten Gesellen in die Höhle verbannte. War das Kalatargebirge schon mit Sonnenlicht und lauer Briese von tödlicher Gestalt für so manchen unsichtbaren Wanderer, so wurde es während der kalten, kurzen Airiktage selbst einem erfahrenen Onuk zum Grab.
    Ein Grund, warum Llv es nicht gerne sah, wenn Vin sich wieder einmal alleine, eingepackt in dickes Fell und bewaffnet mit Bogen und Dolch auf den steilen Weg in die Anhöhen machte, um seine Fallen zu kontrollieren. Nicht einmal sein grenzenloser Optimismus wusste ihr ein Lächeln abzuringen, geschweige denn seine sanften und sicherlich beruhigend gemeinten Worte des Abschieds. Sie machte sich Sorgen, ob er dies nun wollte oder nicht, und gleichzeitig vertraute sie ihm und seinen Fähigkeiten. Obschon das Abenteuer ihn reizte und er gegen etwas Aufregung nichts einzuwenden hatte, versuchte er nie seine Grenzen auszulotsen, sondern liess Vernunft wallten und gab lieber einmal nach, als sich in Gefahr zu bringen. Und wenn es einen guten Kletterer in ihrem Stamm gab, so war es Vin, dem selbst steile, zerklüftete Berghänge nichts entgegen zu setzen hatten.
    Liebkosend glitt ihr Finger zärtlich entlang einer Narbe, die sich von seiner Schulter bis über sein Schlüsselbein zog. Der Beweis dafür, dass selbst ein erfahrener Jäger in arge Bedrängnis geraten konnte, wenn er über einen Airikschlaf haltenden Kalatbären stolperte. Ein lautloses Seufzen huschte über ihre Lippen, während sie langsam die Lider hob und in die Dunkelheit blickte, bis sich die Kontur seines Halses und seines kräftigen Kinns sanft gegen die pechschwarze Felswand im Hintergrund abzeichnete. Es war eisig kalt und liebend gerne hätte sie sich noch länger einfach an ihn geschmiegt und seine Nähe ausgekostet, aber jemand musste sich um die Feuer kümmern, Wasser holen und Frühstück für all die hungrigen Mäuler vorbereiten. Vin zärtlich einen Kuss auf die gerade Linie seines Kiefers hauchend, löste sie behutsam seine Hand von ihrer Hüfte, hob die Decke an und rollte sich aus seiner Umarmung aus dem Bett. Normalerweise erwachte er bereits, wenn sie versuchte sich aufzurichten, doch die Jag nach dem Goldrücken hatte ihm viel Kraft abverlangt. Er gab nur ein unwilliges Brummen von sich und drehte sich zur Seite. Behutsam zog sie das Bärenfell – das genau von eben JENEM besagten Bären stammte – bis zu seiner Schulter hinauf und schlich dann auf Zehenspitzen über den kalten Boden zu einem Stuhl, auf dem eine Waschschüssel stand und über dessen Lehne ein Umhang aus Mäusefellen lag. Den sie sich nun hastig um den nackten Körper schlang, um sich dann mit steifen Fingern mit Holz und Zunder abzumühen. Obschon 240 Onukzyklen eine lange Zeit waren, gab es etwas, an das sie sich trotz Bemühung und ungewollter Abhärtung nicht gewöhnt hatte: Die eisige Kälte, die im Gebirge während des Airik vorherrschte.
    Mit wirrem Haar und mit klappernden Zähnen legte sie Scheite nach, als endlich die ersten winzigen Flammen über die Späne leckten. Ein Hauch von Wärme strich über ihre Wangen und in Gedanken versunken verfolgte sie das Spiel der glühenden Farben. Gold und Rot in leidenschaftlichem Tanz verschlungen erinnerten an einen prächtigen Sonnenaufgang, wie man ihn nur bei vollkommen klarem Himmel im tiefsten Airik hoch oben im Gebirge finden konnte. Oder in der Wüste, wenn die blutende Abendsonne die Dünen in einen Zauber aus glänzenden Seidenschleiern verwandelte. Obwohl es lange her war, dass sie diesen Anblick das letzte Mal genossen hatte, blieb er in ihrem Gedächtnis erhalten.
    Sie musste sich regelrecht zwingen wieder aufzustehen und sich von der einzigen Wärmequelle überhaupt in diesem Teil verflixten, kalten Oraklabyrinth zu entfernen, aber es wollte Wasser geholt und Frühstück gemacht werden, sonst würde eine Schar hungriger Mäuler sie überfallen.
    Rasch spritzte sie sich ein wenig Wasser ins Gesicht, wusch sich notdürftig während sie ihr Gewicht von einem Fuss auf den anderen verlagerte und schlüpfte anschliessend in eines von Vins dicken Wollhemden, die ihr bis zu den Knien reichten und aus dem er sie eben am Abend zuvor mit den Worten „Das brauchst du nicht“, geschält hatte. Er war es ja auch nicht gewesen, der nach Hitzewallungen und Schweissausbrüchen weit nach Mitternacht höchst erschöpft noch aus dem Bett hatte krabbeln und nach einer Decke hatte angeln müssen, denn ihm machte die Kälte ja nichts aus. Flink schlüpfte sie in ihre kniehohen, mit Fell gefütterten Lederstiefel und warf sich anschliessend noch den Umhang über die Schultern, um so, mit nackten Beinen, aber ansonsten bis zur Nase fest eingewickelt, in die grosse, bauchige Küche zu begeben. Dort war es noch kälter, als in ihrer eigenen, kleinen Höhle und mit einer leisen Bitte an die Dryaden auf den Lippen, fachte sie auch hier ein Feuer an und hängte einen kleineren, gusseisernen Kessel darüber.
    Bewaffnet mit einem grossen Eimer, einem Eispickel und wärmenden Gedanken an Vin schlug sie daraufhin den Fellvorhang vor der Öffnung der Höhle beiseite und trat ins Freie.
    Die Zeit der Eiswinde hatte begonnen! Einen Augenblick war Llv, als hätte man ihr eine Faust ins Gesicht geschlagen, so gross war der Kälteschock und es dauerte einige Herzschläge lang, bis sie es schaffte zu blinzeln, ohne dabei zu weinen. Scharf schnitt der Wind über ihre Wangen, warf ihren Umhang zur Seite und strich über ihre nackten Beine. Mit einem erstickten Keuchen raffte sie hastig das schützende Fell vor ihren Körper und stampfte mit einem grimmigen Gesichtsausdruck dem schmalen Grat entlang der Felsen in Richtung des schmalen Flusslaufs, der nur an einer bestimmten stelle kurz zu Tage trat, bevor das Gebirge ihn bereits wieder verschluckte. Fest stemmte sie sich dabei gegen die immer stärker werdenden Böen, die an ihrem Haar und ihrem Umhang zerrten und versuchten sie in die Tiefe zu reissen. So dicht wie nur möglich presste sie sich den Wänden entlang, ohne die Hand vom Umhang zu lösen und atmete erleichtert auf, als sie das halbrunde Plateau, welches sich an eine blanke Felswand schmiegte, erreicht hatte.
    „Serenety?“
    Überrascht hatte sie innegehalten, als ihr die schmale Gestalt aufgefallen war. Eingehüllt in schwarzen Pelz und langes, rotes Haar war es ihr nicht schwer gefallen sofort zu erkennen, wer sich hier so früh morgens, im silbergoldenen Dämmerlicht herumtrieb. Die junge Frau fuhr herum, als hätte Llv sie bei etwas Verbotenem ertappt und wischte sich hastig mit dem Ärmel übers Gesicht, um die Tränen, die wie Raureif in ihren Wimpern glitzerten, zu verstecken. „Serenety.“ Dieses Mal klang Llv Stimme, obschon sie kaum bis zu Kors Tochter durchdrang, tausendmal sanfter. Behutsam stellte sie den Eimer auf den Boden, überwand die Distanz zwischen ihnen und schloss Serenety liebevoll und beschützend in die Arme. Vorsichtig schlug sie ihren eigenen Mantel um den schmalen Leib der jungen Frau, strich ihr in einer mütterlichen Geste über den Kopf und küsste behutsam ihre Stirn. Serenety mochte, wie Szonja, am wenigsten zu ihrer Rasselbande von halberwachsenen Kindern gehören, aber in den zwei Onukzyklen, welche die junge Frau nun bereits im Drachenhort verbracht hatte, war sie Llv sehr ans Herz gewachsen. Mit Sorge hatte Llv verfolgt, wie Kor, gefangen in seiner Bitterkeit über den Verlust seiner ältesten Tochter, Serenety in eine Rolle gedrängt hatte, der sie nicht gewachsen war. Möglicherweise war sie stark genug den Platz ihres Vaters einzunehmen, aber nur, wenn dieser sich die Zeit nahm, und sie so darin unterrichtete, wie er es mit Son gemacht hätte. So jedoch verlangte und verlangte er immer mehr von ihr, ohne zu sehen, dass ihr zartes Gemüt daran beinahe zerbrach.
    „Komm zu mir, wenn dich Sorgen plagen, Serenety“, flüsterte Llv leise und drückte Serenety noch ein wenig fester an sich und wiegte dieses so lang ein einer zärtlichem Umarmung, bis der Tränenfluss versiegt war und ihre Schultern nicht mehr unkontrolliert unter den Schluchzern zuckten. „Komm“, meinte sie daraufhin, schob die Frau ein wenig von sich, holte den Eimer, und drückte ihn Serenety in die schmalen, blassen Finger. Keine Kriegerhände, ging es Llv mit einem Anflug von Bedauern durch den Kopf, dann kümmerte sie sich darum ein paar Brocken aus dem Eis zu schlagen und damit den Eimer zu füllen.
    Zusammen kehrten die Frauen in die Höhle zurück, wo Llv Serenety vor die Feuerstelle schob, sie dort auf einen Stuhl setzte und sich gleich daran machte Wasser für das Frühstück aufzusetzen. Als das Eis im Kessel zu schmelzen begann und der Duft nach Wildkräutern das grosse Orak erfüllte legte Llv den Umhang ab und kniete sich anschliessend vor Serenety auf den Boden. Liebevoll nahm sie deren schlanke Hände zwischen ihre eigenen, die rau waren von der Arbeit mit Hammer und Eisen, und blickte der jungen Drachenreiterin in die grünen Augen. „Du musst mit ihm reden, Serenety“, sagte sie schliesslich mit ernst, aber in vertrauensvollem Tonfall und strich der Frau eine wirre Strähne aus dem schmalen Gesicht: „Du darfst dir keine solche Bürde auferlegen, nur um den Wunsch deines Vaters zu erfüllen. Nur weil sein Gram es ihm verbietet, euch so zu behandeln, wie ihr es verdient hättet, musst du es nicht auch akzeptieren. Ich weiss, dass das schwer ist, aber niemand ausser dir, kann es tun. Ich würde, wüsste ich nicht, dass du es nicht wolltest.“



    Re: Platz des Feuers

    Serenity - 11.01.2008, 14:07

    Airik, noch am frühen Morgen ~ Szonja, Llv, Musa, Serenity ~
    Es war noch früher Morgen, als sie erwachte, vielleicht gegen fünf und damit in Airik irgendwie sogar noch mitten in der Nacht. Sich in die warmen Felle drückend, die sie wärmte, hätte Serenity gerne behauptet es wäre der kalte Nachtwind, der sie geweckt hätte. Aber dieser drang in die geschützt liegenden Höhlen im Drachenhort nur geringfügig ein.
    Es ist nicht der Wind. , dachte sie und schloss die Augen mit einem Seufzen, dem sie erlaubte nur leise und gebrochen über die zusammengepressten Lippen zu kommen. Es war nicht selten, dass sie so früh wach wurde. Sie fand selten die Ruhe lange oder erholt zu schlafen. Immer trieb sie etwas um, Gedanken, Träume und beide waren sie an die Erwartungen gekoppelt, die auf ihr lasteten. Erwartungen, die der Mann an sie stellte, von dem jeder sagte er war ihr Vater. Erwartungen, die sie an sich selber stellte. Serenity wollte nicht jetzt daran denken. Sie versuchte eigentlich nie daran zu denken, weil es die Situation nicht besser machte. Um die Gedanken zu vertreiben, rollte sie sich wieder zusammen und drehte den Kopf zur Seite. Ihr Blick fiel auf Szonja. Sie lag an die Felswand gedrückt, eingerollt, wie ein Kleinkind und bis auf ihr schwarzes Haar sah sie nichts von ihrer Schwester, soweit hatte sie sich unter dem Fell verkrochen. Serenity konnte die kleine Fee ausmachen, die in Szonjas Haar schlief. Und für einen Augenblick schlich sich ein Lächeln in ihre Züge, wenn sie daran dachte, dass Szonja Lik am Morgen wusste ordentlich zu rügen, obwohl sie immer wieder jede Nacht, nachdem Szonja eingeschlafen war, sich wieder in ihrem Haar einfand. Was es war, dass die schwarzhaarige Fee mit den dunklen Augen an Szonja gefesselt hatte, konnte Serenity auch nach drei Monaten nicht sagen. Aber wenn man ihrem Reden glauben durfte, dann war es wohl vor allem der Fakt, dass Szonja ihr das Leben gerettet hatte. Das diese manchmal behauptete, sie wünsche sich es nicht getan zu haben, nur um Lik wieder los zu sein, glaubte sie ihrer Schwester nicht. Szonja zeigte ihre Gefühle nur nicht jedem und schon gar nicht offensichtlich.
    Du bist wie er! , schoss es Serenity durch den Kopf und sie bemerkte mit Staunen, wie recht sie damit hatte. Bisher hatte sie so sehr versucht Ähnlichkeiten zu finden zwischen sich und ihrem Vater und hatte immer wieder enttäuscht feststellen müssen, wie sehr sie das Kind ihrer Mutter und wie wenig das ihres Vaters war. Szonjas Ähnlichkeit, was ihre Verschlossenheit anging, war ihr dabei nie aufgefallen.
    Vielleicht sollte ich neidisch sein…
    Sie wusste, dass sie es nicht war. Szonja konnte Drachen fliegen, sie konnte kämpfen, sie war für all das talentiert, was ihr Vater nicht von ihrer Schwester sondern ihr erwartete. Trotzdem war sie nicht neidisch. Sie wollte es gerne können, ihn stolz machen.
    Aber wie soll ich das anstellen. Ich bin nicht Sie…
    Serenity dachte dabei nicht an Szonja. Sie sah Kor so wenig…noch weniger als irgendwen sonst. Sie dachte an Són.
    So lange trauern sie schon um dich und noch immer wirfst du Schatten so groß, wie das Gebirge.
    Serenity wusste es. Sie wusste es, weil sie denselben Glanz, dieselbe Trauer und den gleichen Schmerz so oft in den Augen ihrer Mutter gesehen hatte, wenn diese glaubte es bemerke niemand. Wie schwer es für Coletar gewesen war, sie beide gehen zu lassen, Serenity glaubte sie war die Einzige, die es bemerkt hatte. Szonja ahnte meistens mehr, als man vermutete, aber in dem Moment war sie sicher zu abgelenkt, um den Schmerz ihrer Mutter zu bemerken. Drachenreiter….ihre Schwester hatte vom ersten Tag an gestrahlt und bis heute nicht damit aufgehört.
    Sie hingegen war skeptisch gewesen, konnte aber mit ihrem Drachen leben, solange er mehr wie ein Haustier gewesen war. Seitdem Hope ausgewachsen und bereit war sie als Reiter zu tragen, war dieser Abgrund entstanden. Sie konnte…
    Ich kann es einfach nicht!
    Missmutig stöhnte sie innbrünstig über ihre Unfähigkeit und Angst, so dass Szonja ein Brummen von sich gab. Sie merkte wie die Schwester sich unter den Fellen bewegte und plötzlich ein wenig mehr des Gesichts zu sehen war. Verschlafene Augen, die im wenigen Licht schwarz wirkten, sahen zu ihr herüber, ohne das sie sich die Mühe machte die vielen schwarzen Strähnen ihres Haars aus dem Gesicht zu streichen.
    „Was los?“
    Die tiefe Stimme ihrer Schwester klang wie ein Brummen, wenn sie sich nicht die Mühe machte, klar zu sprechen. „Nichts, schlaf weiter.“, lautete Serenitys Antwort, von der sie bereits ahnte, dass es nicht ausreichend war. Szonja war kompliziert und jemand, der oft für sich alleine sein wollte, aber seit Wochen schon deckte sie sie, damit ihr Vater nicht bemerkte, dass Serenity nicht mal in der Lage war auf ihrem Drachen zu sitzen, geschweige denn zu fliegen.
    „Denkst du schon wieder nach?“
    In Szonjas Stimme lag kein Vorwurf. Es war die Skepsis, die sie schärfer wirken ließ, als sie gemeint gewesen war. Serenity kannte sie lang genug, um solch Kleinigkeiten unterscheiden zu können.
    Dafür bin ich gut.
    Menschenkenntnisse, die ihr hier nicht weiterhalfen.
    Sie machen mich nicht zu einer Drachenreiterin.
    „Ich kann nicht schlafen. Ich geh mir die Beine vertreten.“
    Szonja sah sie fragend an, zuckte dann angedeutet mit den Achseln. Serenity erkannte es an dem Gesichtsausdruck.
    „Bleib nicht zu lange draußen, es ist kalt.“
    Serenity stimmte ihr zu und lächelte, als sie das Augenrollen von Szonja bemerkte, die Lik gesehen haben musste, dann verschwand der Kopf ihrer Schwester wieder brummend unter den Fellen.
    Sie selber richtete sich auf und fröstelte kaum das sie aufgestanden war. Die Winter in Asgaron konnten kalt sein. Aber hier oben im Gebirge war es noch viel kälter. Der zweite Winter schon…, dachte sie, während sie über ihre Oberarme rieb, um die Gänsehaut loszuwerden. Damit sie nicht auf der Stelle fest fror, suchte sie nach ihren Sachen. Die Hose und ihr Hemd lagen in einer Ecke, die Weste irgendwo anders. Sie fand weder sie auf die Schnell noch ihren warmen Mantel. Also nahm sie einfach das schwarze Fell indem sie schlief und wickelte das um ihren schmalen Körper. Das war wenigstens von ihrer Körperwärme noch warm. Für ihre Stiefel hätte sie Socken gebraucht und da sie ahnte auch diese nicht so schnell im Halbdunkel zu finden, schlüpfte sie in die Ledermokassins, die sie hier in den Höhlen oft trug.
    Ihr Haar hinter die Ohren streichend tappte sie gebückt durch den Höhlenausgang. Draußen empfing sie eine kalte Brise und Serenity blieb sprachlos für einen Augenblick stehen, als sie von der Schönheit der weichenden Nacht beinah erschlagen wurde.
    Der Himmel funkelte in silbergraublau, dass sie so noch nie gesehen hatte. Sterne funkelten blass, während am fernen Horizont bereits die ersten Spuren blassen Rosas sich mit dem hellen grau verbaden. Ihre Mutter hatte immer erzählt das kein Sternenhimmel so klar, kein Morgen so bezaubernd sein könne, wie die in den Bergen und auch wenn Serenity dies nicht immer geglaubt hatte, seitdem sie in den Bergen lebte musste sie ihrer Mutter Recht geben.
    Wie schade, dass du das nicht sehen kannst.
    Für Augenblicke stand sie da, den Anblick staunend bewundernd und sich fragend, ob ihre Mutter wie jeden Morgen schon früh auf war und gerade Tee kochte, oder ob sie heute noch schlief, weil sie nicht so früh an die Arbeit musste. Doch als sie bemerkte wie ihre Füße zu kribbeln begannen, so lange stand sie auf einem Fleck, machte sie sich daran, sich zu bewegen. Sie ließ den Blick über das Plateau schweifen und entdeckte die Ecke wieder an der sie sich gerne verkroch, wenn sie des Nachts nicht schlafen konnte. Es war glatt und rutschig und für sie noch immer ungewohnt auf den Felsen zu klettern, ohne den Halt zu verlieren. Im Winter fiel ihr das noch schwerer als in trockenen Sommern und sie war froh, als sie den Platz erreicht hatte und sich in die Hocke setzen konnte.
    Auch von hier war der Ausblick schön und verträumt hing sie den Wolken eine Weile nach, ohne an irgendetwas zu denken. Nicht lange jedoch, den sie beschlich die Frage, ohne etwas dagegen machen zu können, ob ihr Vater diesen Anblick so sehr mochte wie sie und sie beide damit endlich etwas gemeinsam hatten?
    Gibt es denn nichts, dass uns verbindet? Was mich zu deiner Tochter machen würde, außer all den Dingen, die ich nicht kann.
    Wie immer spürte sie die Verzweiflung in ihrer Kehle, die sich aufdrängte, wenn diese Gedanken über ihr hereinbrachen. Sie waren wie ein Kloß ungeweinter Tränen, an denen sie sicher noch einmal ersticken würde. Heute spürte sie das Nass auf ihren Wangen und wie es ihr in den Schoß tropfte. Sicher würdest du dich schämen mich so zu sehen.
    Serenity glaubte nicht daran, dass ihr Vater Schwäche akzeptierte, sie glaubte nicht, dass er Angst kannte und verstand. Deshalb war es einfach unmöglich mit ihm zu reden. Und wie oft hatte Azyra ihr das ans Herz gelegt. Wie so häufig wünschte sie sich die Frau im Drachenhort wäre jetzt hier um sie festzuhalten. Sie fühlte sich wie eines dieser kleinen Kinder, die nur noch weinen konnten und dabei fühlte sie sich reichlich dumm. Sie war viel zu alt, um sich so zu benehmen.
    Trotzdem konnte sie nicht verhindern wie die Tränen immer weiter liefen. Müde, schluchzend senkte sie den kopf und legte ihn auf ihre gekreuzten Arme, die sie über die angewinkelten Beine gelegt hatte. Das Grün ihrer Augen fiel dabei auf das Mal an ihrer Hand.
    Drachenreiterkind…Warum ich?!
    Welcher Drache hatte sich das einfallen lassen? Wer wollte so was behaupten?
    Immer wieder drängte sich ihr Ioan auf. Der große blonde Sohn von Azyra, der mit so viel Leidenschaft und Eifer von ihrem Vater lernte. Er ist soviel mehr Drachenreiter als ich es je sein werde.
    Es war so schrecklich ungerecht, dass er es niemals sein konnte und sie es niemals nicht sein würde. Sie beide versuchten etwas zu sein, was sie nicht waren. Er, der Sohn der er nicht war, das Drachenreiterkind das er nicht war und sie die Tochter, die sie nicht ersetzten, die Anführerin die sie nicht werden konnte.
    „Serenity.“, glaubte sie ihren Namen zu hören und sie suchte mit den Augen nach der Stimme, die… Azyra erkannte sie sofort die Gestalt mit dem Eimer in der Hand, die auf sie zukam. Schnell versuchte Serenity die Tränen aus dem Gesicht zu wischen. Sie wusste wie sehr sich die Gefährtin Vins darum bemühte ihr zu helfen und Serenity war es nicht recht, dass sie ihr immer wieder Sorgen bereitete, wenn Azyra sie dabei ertappte wie sie weinend hier herumsaß.
    Aber es war wohl sichtlich zu spät, etwas zu behaupten, was die Frau schon bemerkt hatte. Kaum, dass sie ihren Namen noch einmal aussprach und ihr den Hauch Tränen aus den Augen wischte, biss sich Serenity auf die Lippen, weil sie spürte wie durch die Sanftheit und das Verständnis in der Stimme Azryas, die Tränen wieder kamen. Sie wollte sagen es ginge ihr gut, sie wollte erklären, dass sie nur nicht hatte schlafen können, aber es kam kein Wort über ihre Lippen. Vielmehr klammerte sie sich weinend und schluchzend – so gegen ihren Willen – an Azyra, die ihren Mantel um sie gelegt in sanfter Umarmung hin und wiegte. Sie hörte wie sie sagte, sie solle mit ihr reden, wenn sie etwas bedrücke und Serenity konnte nicht verhindern zu denken, dass es viel zu viel war, um es erzählen zu können.
    Wenn Szonja stur war und zu stolz um Hilfe in Anspruch zu nehmen, so war sie es nicht, aber…sie wollte niemanden enttäuschen und irgendwie glaubte sie daran, dass der Schlüssel zu ihrem Vater vor allem darin lag, dass sie es alleine schaffen musste, die Tochter zu werden, die … hm…
    Stets brachen ihre Gedanken hier ab. Vielleicht wäre es alles leichter gewesen, wenn sie hier aufgewachsen wäre…
    Vielleicht…
    Aber sicher wusste sie es nicht und es änderte nichts daran, dass es jetzt so war wie es war. Endlich, endlich ließen die Tränen nach und kaum, dass es besser war, schaffte sie es Azyra dankbar zuzulächeln. Während diese ihren Mantel wieder nahm, hielt Serenity den Eimer fest, den sie ihr gereicht hatte. Zusammen gingen sie Wasser holen. Serenity beobachtete Azyra dabei. Sie war die einzige erwachsene Frau im Drachenhort. Serenity wusste, dass auch Azyra keine Drachenreiterin war, so wie ihre eigene Mutter, dennoch lebte sie schon so lange hier, dass sie die meisten der Drachenreiterkinder groß gezogen hatte. Serenity mochte die Frau, die ihr manchmal Freundin, manchmal Mutter war, seitdem sie vor zwei Wintern zusammen mit ihrer Schwester hergekommen war. Aber sie bewunderte auch, wie sie es schaffte sich hier zu Recht zu finden, hier unter ihnen zu leben, obwohl sie keine Drachenreiterin war.
    Sie ist so viel mutiger, so viel stärker als ich es bin.
    Der Gedanke traf sie nicht, oder warf sie aus der Bahn, es war einer, den sie oft hatte, wenn sie Azyra beobachtete, wie sie ihren Alltag hier bestritt. Sie war wundervoll. Fröhlich, herzlich und doch hatte sie etwas Starkes, dass Serenity unter wenigen anderen Frauen gesehen hatte. Vielleicht bei ihrer Mutter. Aber sonst…
    Wieder zurück in der Höhle dachte sie noch immer darüber nach, während sie auf einem Stuhl Platz nahm, auf den Azyra sie drückte. Abgelenkt bekam sie nicht mit, wie diese Wasser aufsetzte. Sie tauchte erst aus ihrer Gedankenwelt auf, als Azyra sich vor sie kniete und ihre Hände nah. Sie hatte raue Hände, von dem Handwerk, das sie ausübte, aber trotzdem waren ihre Berührungen weich. Vielleicht lag es an der herzlichen Art, vielleicht daran, dass sie schon vielen Kindern durch traurigen Phasen geholfen hatte.
    Mit ihm reden? , wiederholte sie still, als Serenity ihre Worte hörte. Mit ihm reden war unmöglich. Ich kann das nicht ! Es gab nicht mal eine Erklärung, ein wieso, aber sie wusste. Sie konnte nicht. Es ging einfach nicht.
    „Du darfst dir keine solche Bürde auferlegen, nur um den Wunsch deines Vaters zu erfüllen. Nur weil sein Gram es ihm verbietet, euch so zu behandeln, wie ihr es verdient hättet, musst du es nicht auch akzeptieren. Ich weiss, dass das schwer ist, aber niemand ausser dir, kann es tun. Ich würde, wüsste ich nicht, dass du es nicht wolltest.“ , hörte sie Azyra sagen. Serenity lächelte dankbar. Sie wusste, dass Azyra schon lange mit Kor gesprochen hätte, wenn sie sie nicht gebeten hätte, es nicht zu tun. Auch jetzt schüttelte sie den Kopf.
    „Nein…es ist besser…es…“ Sie suchte nach den Worten, die ihr in solchen Momenten immer fehlten. Sie seufzte und spielte mit einer Haarsträhne, während sie die andere Hand in Azyras Händen ließ.
    „Ich kann nicht.“ Ich bin nicht so stark, wie du. Sie hätte viel darum gegeben, in diesem Moment. Aber dann hätte sie sich auch wünschen können, wie ihre Schwester zu sein, die all die Aufgaben zu erfüllen wusste, die man Serenity stellte nicht ihr. Trotzdem tat sie das nicht und so wenig wollte sie den Gedanken zulassen, sich jetzt zu wünschen, mehr wie Azyra zu sein.
    Sie sah wieder in deren strahlende Augen, die im Licht der Flammen funkelten, wie Sand. „Ich kann es nicht. Er wird…er würde es nie verstehen. Ich“, sie seufzte als spräche sie sich selbst Mut zu, es zu glauben. „ich kann das tun. Es wird gehen. Es geht irgendwie.“
    Es war nicht überzeugend, aber ihr blieb erspart mehr zu sagen, denn plötzlich verdunkelte sich der Höhleneingang der Küche, als eine Gestalt eintrat. Schwarzes langes Haar, das in Wellen bis zu ihrer Hüfte reichte, langes Stoffhemd, nackte Beine und Füße und ein Lächeln, dass weiße Zähne hervorblitzen ließ.
    „Guten Morgen.“ Musa lächelte begrüßend zu ihr herüber, bevor sie zu ihrer Mutter ging, um diese zu umarmen.
    „Kann ich euch helfen?“, bot sie an, während sie ihr Haar aus dem Gesicht strich und von Serenity zu Azyra sah. Serenity sah ebenso fragend zu Azyra, wie deren Tochter. Sie war froh, um die Ablenkung, auch wenn sie dankbar gewesen war, die Minuten zu haben. Es hatte gut getan, dass jemand da gewesen war. Wenigstens jemand der verstand. Vielleicht wirst du das irgendwann auch …
    Serenity glaubte das nicht wirklich, aber sie mochte so früh am Morgen nicht den Glauben daran aufgeben.



    Re: Platz des Feuers

    Azyra - 13.01.2008, 16:36

    Beginn Airik - Musa, Serenety, Llv
    Sturer, alter Mann, dachte Llv und Verständnis schimmerte in ihren olivgrünen Augen, als sie Serenety anblickte, wie sie vor ihr auf dem Stuhl sass. Ein Häufchen Elend hätte nicht jämmerlicher wirken können. Verkrampft von den Zehen bis zu den hängenden Schultern versuchte sie Ausreden aus ihrer Situation zu finden, der ganzen Situation die Ernsthaftigkeit zu nehmen und sich damit gleichzeitig selbst zu belügen. Ob Kor wusste, was er seiner Tochter antat? Ob er ahnte, wie sehr sie unter dem Druck seiner Erwartung und der Bürde der ihr aufgedrängten Verantwortung litt? Llv nahm an ja, aber er verdrängte es geschickt und übersah ihre Angst und ihre Traurigkeit mit einer Intensität, die Llv jedes Mal aufs Neue zweifeln liess, ob Kor in Serenety wirklich seine Tochter sah. Möglicherweise hatte er mit Son, auch seine beiden anderen verloren, oder einfach im gleichen Atemzug aufgegeben, als er ihren Tod akzeptiert hatte. Es war einerlei. Er durfte von Serenety nicht erwarten wie Son zu sein und erst recht nicht von ihr verlangen ihr Leben zu ändern, um seinen Ansprüchen zu genügen. Vor allen Dingen da Szonja mit grosser Wahrscheinlichkeit alles gegeben hätte, um an Serenetys Stelle zu sein. Warum kannst du deine Traditionen nicht aufgeben und deinen Mädchen der Vater sein, den sie brauchen. "Ich... ich kann das. Ich werde das schaffen", tönte es da plötzlich halbherzig von Serenety.
    "Nein, du schaffst das nicht." Und hätte ihre Stimme tausendmal weniger sanft geklungen, die Aussage hätte Serenety nicht härter treffen können. Llv sah, wie die schmale Gestalt der jungen Drachenreiterin erzitterte und ihr Mund sich zum verzweifelten Widerspruch öffnete und schüttelte sachte den Kopf: "Serenety." Der weiche Tonfall war gewichen. Ernst und fast schon streng, aber mit einem besorgten Unterton hatte Llv den Namen der Frau ausgesprochen, denn ihr lag viel daran, dass Serenety jetzt gut zuhörte. "Du bist stark. Nein, sieh mich an. Serenety, sieh mich an!" Verunsichert und wahrscheinlich mit ihrem Onuk am Ende hatte Serenety den Kopf sinken lassen und blinzelte Llv nun aus tränenverschleierten Augen an. Zärtlich nahm Llv das schmale, helle Gesicht des Mädchens - denn mehr als ein verängstigtes und hilfloses Mädchen war Serenety in diesem Augenblick nicht - in ihre Hände und strich mit den Daumen behutsam das glitzernde Nass von deren Wangen. "Hör mir zu", wiederholte sie sehr viel weicher, aber nicht minder eindrücklich und lächelte: "Du bist stark, aber in ganz anderen Belangen als Son oder Szonja. Und das ist gut so, verstehst du? Du bist eine sehr gewissenhafte, vertrauensvolle Persönlichkeit, aber du bist keine Anführerin. Du könntest eine sein, wenn dein Vater sich die Mühe geben würde, dir dabei behilflich zu sein, doch alles was er tut ist zu verlangen, dass du schon längst bist, was Son in deinem Alter hätte sein sollen. Ich bin sicher, Serenety, du wärst eine wundervolle Herrin der Drachen, aber du…“ Sie hätte noch so viel zu sagen gehabt, so vieles worüber sie die ganzen zwei Jahre, in denen Kors Töchter nun bereits im Drachenhort wohnten, geschwiegen hatte. Doch leise Schritte liessen sie verstummen und fragend blickte sie zu dem Neuankömmling auf, der dort in Hemd und mit zersaustem schwarzem Haar im Orakeingang stand. „Musa“, begrüsste sie ihre Tochter, die nun mit einem etwas verschlafenen, aber fröhlichen Lächeln auf sie zuhüpfte. Für einen Augenblick verharrte Llv noch mit einem Knie auf dem Boden, drückte die Hände Serenetys, dann erhob sie sich und umarmte das Musa, strich ihr das wirre Haar aus der Stirn und hauchte ihr einen Kuss auf die kleine Narbe direkt am Haaransatz. Dort hatte sie sich, im wilden Spiel mit ihrer Schwester vertieft, in einem Augenblick der Unbedachtheit den Kopf an der Tischecke angeschlagen. Das Gebrüll danach hatte selbst den müssigsten Siebenschläfer aus seinen seligen Träumen gerissen und Vin und Frey gar alarmiert nach ihren Schwertern greifen lassen. Ein brüllendes Kind in den Armen, den weinenden Zwilling am Bein kleben, Schar aufgeschreckter Halbwüchsiger um sich herum und zwei halbnackte Männer mit Schwertern in der Hand hatten Llv in lautes, schallendes Gelächter ausbrechen lassen.
    An eben diese Szene erinnerte sich Llv nun, als ihre Lippen auf die Narbe trafen und ein amüsiertes Funkeln glitzerte für einen Herzschlag lang in ihren Augenwinkeln, bevor sie auf Musas Angebot nickte: „Hol doch bitte die hinteren Oberschenkel des Goldrücken und schneide ihn in dünne Streifen. Heute müssen wir den Rest des Tieres zerlegen und das Fell säubern. Ich gedenke einen Teil des Fleisches einzufrieden, aus Rücken und Brust Dörrfleisch zu machen und den Rest heute Abend für eine Suppe zu verwenden.“ Musa war nebst Beck, die aber eine leichte Abneigung gegen Blut hegte, die Frau, die für das Schlachten am ehesten geeignet war. Serenety, zu welcher Llvs Blick nun glitt, hatte anderes zu tun, obschon ihr ein wenig Abwechslung nicht schaden konnte. Spontan fällte Llv einen Entschluss. Entschuldige Kor, doch heute wird deine Tochter keine Zeit haben sich den Kopf darüber zu zerbrechen, ob sie deinen Ansprüchen genügt. „Dazu müssen wir den Rest an Getreide aufbrauchen. Serenety, würdest du gleich Mahlstein und Getreidesack holen und damit anfangen aufzuteilen. Salz findest du in hinteren Teil des Vorratslagers, die Hutpilze gleich daneben. Die Brote können wir danach, ebenso wie das Fleisch, in den Kälteorak legen.“ Während sie die Tagesaufgaben erklärt hatte, war sie dazu übergegangen das mittlerweile kochende Wasser mit Kräutern anzureichern, bis ein angenehmer Duft nach Iselweiss und Dornrausch sich ausbreitete. Mit einem langen Holzstab, rührte sie in dem kleinen Kessel, bis das Wasser sich dank des Dornrausch dunkelrot verfärbt hatte, erhob sich dann hastig und lächelte warm, als sie sah, wie die beiden Mädchen bereits eifrig mit ihren Aufgaben beschäftigt waren. Kein Murren, keine Widerworte – dafür waren Rikki und Ioan zuständig -, sie taten wie ihnen geheissen. Anders funktionierte das Leben in den Bergen nicht. Wenn man sich nicht aufeinander verlassen konnte, war man bereits verlassen, denn alleine zu überleben, besonders in der eisigen Kälte des Airik, war unmöglich. Aber Llv war nie einfach davon ausgegangen, dass man sich gegenseitig half, weswegen die Tatsache, dass ihre Kinder es einfach so taten, sie umso mehr erfreute.

    Noch einmal kontrollierte sie das Teewasser, dann zog sie eine Steinplatte, welche mit feinen Ketten an der Wand über dem Feuer festgemacht war, über die hell lodernden Flammen. So konnte sich der Stein bereits erhitzen und es würde danach nicht mehr zu lange dauern, um den Speck anzubraten. Die beste Methode um Schlafmützen wie Szonja und Rikki aus dem Bett zu holen. Dedoo und Beck würden aus dem Bett krabbeln, alsbald die Wärme der Feuer ihre Kammern erfüllte. Und die Männer… nun. Wenn es der Speck und der Tee nicht taten, dann bestimmt ein kalter Lappen. Oder ein heisses Bad. Entschieden erhob sich Llv, nahm Zunderbüchse und Kohlekübel, legte eine handvoll dünner Scheite dazu und begab sich in einen Raum, der direkt an die Küche angrenzte. Lediglich mit einem Vorhang aus Goldrückenleder abgetrennt, stand dahinter in der Mitte ein hölzerner Bottich. Da Vin sowieso dringend ein Bad brauchte, konnten sie auch gleich alle einmal baden. Die Wanne war gross genug, damit zwei gleichzeitig hineinpassten, was sowohl Zeit, als auch Wasser sparte, denn es war eine mühsame Angelegenheit immer wieder frisches Wasser aufzukochen und nachzugiessen. Ganz zu schweigen davon, dass Rikki und Szonja begeistert sein würden, ständig Wasser holen zu müssen. Sie hörte schon Rikkis anklagendes: “Warum immer ich?“ und Szonjas Brummen und seufzte, als ihre Gedanken weiter zu Ioan abglitten. Das einzige ihrer Kinder, das auch wirklich sie auf die Welt gebracht hatte. Ihr richtiger Sohn, und gleichzeitig der Einzige, der soviel Distanz als nur möglich versuchte zwischen sich und sie zu bringen. Er war ihr weniger Kind, als alle anderen zusammen und manchmal, in einsamen Augenblicken, glaubte sie an der Angst ihn zu verlieren zu verzweifeln. Gerade um seinen Verlust nicht betrauern zu müssen, war sie in die Berge geflohen, hatte damit jedoch nur das Gegenteil bereicht.
    Nein, kein Trübsal heute, dachte sie und wischte die drohenden Wolken mit einem schwachen Handwink davon. Kurz darauf hatte sie auch in diesem Raum ein Feuer angefacht und kehrte in die Küche zurück, um Kohlekessel und Zunderbüchse zurückzustellen und erneut nach Umhang, Wasserkessel und Eispickel zu greifen. „Mädchen, hängt doch bitte gleich noch den grossen Kupferkessel über das Feuer im Badeorak. Es wird Zeit, dass einige von uns wieder einmal richtig sauber werden.“ Dass sie dabei vor allen Dingen Vin, Ioan und Jaym im Sinn hatte, verschwieg sie, aber die Mädchen mochten es sich denken. Vin musste endlich das Blut loswerden, Ioan hatte schon eine ganze Weile kein Bad mehr zu Gesicht bekommen und Jaym war gestern den Engpass zu den Steilklippen hinauf geklettert, und war dabei ein Stück in die Tiefe gerutscht. Ein paar Schrammen und Blutergüsse waren zum Glück alles gewesen, was er davon getragen hatte, aber dafür war er mitten im Schneedreck gelandet.
    Fest schlang sie den Mantel um ihre Schultern, betete zu allen Dryaden gleichzeitig, der Airik möge endlich ein Ende finden und machte sich erneut auf den Weg. Dieses Mal aber mit zwei Kesseln.



    Re: Platz des Feuers

    Musa - 13.01.2008, 22:51

    Airik, noch am frühen Morgen ~ Beck, Serenity, Azyra, Musa ~
    „Schlaf endlich, Musa.“
    „Und du hast wirklich keine Idee, er hat nichts gesagt?“
    „Nein hat er nicht. Wenn es soweit ist, werden wir wohl sehen was er macht.“
    „Was ist, wenn er loszieht, um seinen Drachen zu suchen?“
    Ihre Schwester seufzte und Musa beobachtete, ungeduldig die Hände reibend, wie Beck sich durch ihr geöffnetes Haar fuhr. Wenn sie zu Bett gingen, dann öffnete Beck ihre Zöpfe meistens. Näher an ihre Schwester heranrückend sah sie Beck bittend an. „Du musst mir verraten was du denkst, Beck. Wird er fortgehen?“
    „Wenn ja, wird er sicher wiederkommen nicht wahr?“
    Beck klang bei diesen Worten nicht einmal unsensibel, sondern versucht einfühlsam. Musa wusste, dass Beck nicht gemein sein konnte. Vielleicht wütend, wenn sie wirklich aufgebracht war, aber sie war weder unsensibel noch gemein. Außerdem hatten sie beide ein inniges Verhältnis und Beck war es gewohnt, dass Musa ihr ihre Geheimnisse anvertraute. So hatte sie ihrer Schwester auch vor Wochen gebeichtet, dass sie in Jaim verliebt war. Freys Sohn war… Oh je … wahrscheinlich würde es die Nacht sprengen, wenn sie versuchen würde, zu erklären wie er war. Aber Beck hatte auch nicht nach dem warum gefragt. Sie war überzeugt davon, dass Jaim ein netter Bursche war. Zum Glück war Beck jemand, dem man trauen konnte, denn als sie Musa versucht hatte zu überzeugen, ihm doch einfach zu sagen wie sie fühle, hatte Musa für Augenblicke befürchtet, Beck könne ihr Geheimnis verraten. Denn es Jaim sagen?! Das…das wäre ja… Unmöglich!
    Nein, niemals.
    Das war bisher auch nicht notwendig gewesen. Sie lebten alle hier zusammen in der Gemeinschaft und es würde tausend Wege und Möglichkeiten geben, es ihm im passenden Augenblick zu sagen. Sie hatten Zeit. Nur…
    Na ja, seitdem Jaim diese Träume hatte, dass er seinen Drachen bald finden würde, war er unruhig und auch wenn Musa nicht wusste, worum es in seinen Träumen ging, war ihr so als würden Veränderungen die Drachenreiter erwarten. Ihre größte Angst war nun jene, dass Jaim vorhaben könnte fort zu gehen. Beck hatte nicht verstanden, wie sie darauf gekommen war. Warum sollte er das tun? , hatte sie ungläubig gefragt und Musa hatte keine vernünftige Antwort darauf gefunden.
    Jetzt erschien es ihr auch reichlich lächerlich, ihre Annahme und doch…sie hatte einfach kein gutes Gefühl. Aber sie wusste, dass Beck wirklich gute Menschenkenntnisse hatte und wenn sie sagte, alles sei in Ordnung, dann konnte sie es der Schwester glauben. Zumindest würde sie beruhigt schlafen.
    „Woher soll ich wissen, ob er wiederkommt? Ich meine…“, begann sie gestikulierend ihre Bedenkungen zu äußern. „Ich weiß doch nicht, was in ihm vorgeht, er…er ist Jaim.“
    Sie sah wie Beck lächelte und wusste, dass ihre Schwester das tat, weil Musa seinen Namen so ausgesprochen hatte. Musa wusste nicht, wie sich so anhörte, aber Beck hatte ihr ausdrücklich klar gemacht, dass es sich anders anhörte. „Sag mir was du denkst, Beck, bitte?“, flehte sie nun unter großen Augen und bittendem Lächeln. Sie wusste, dass Beck dem nicht widerstehen konnte und doch tat Musa es nicht mit Absicht. Es war ihr einfach nur wichtig und zu wem sonst konnte sie gehen? Szonja verstand solche Dinge nicht.
    „Geh morgen zu Mutter und frag sie. Sie weiß sicher besser, wie du Jaim einschätzen sollst, immerhin kennt sie ihn gut genug. Sie kann dir sicher helfen.“
    Musa überlegte einen Moment perplex. Daran hatte sie nicht gedacht und doch erschien das so klar, so einfach, das sie sich nicht sicher war, weshalb sie nicht selber auf diese Idee gekommen war.
    Liebe macht wirklich blind! , dachte sie mit einem Kopfschütteln und gerade als sie sich bei Beck bedanken wollte, setzte ihre Schwester zu neuen Worten an. „Aber sag ihr gegenüber nicht, dass…sag ihr nicht das du mitkommen wollen würdest.“
    „Was?“, schaffte Musa überrascht hervorzubringen und Beck reckte ihren Kopf, um ihr einen Kuss auf die Stirn zu drücken. „Schlaf gut, Musa.“
    Dann rollte sie sich auch schon in ihrem Fell zusammen und Musa lag dort, starrte ihre eingerollte Schwester sprachlos an. Sie sollte also nicht verraten das…
    Dabei habe ich noch nicht einmal darüber nachgedacht…
    Aber jetzt tat sie es und Beck hatte wie immer Recht. Tief in sich wusste sie, sollte Jaim fort gehen wollen, würde sie mitkommen. Vielleicht sollte sie das ihrer Mutter verschweigen. Llv war die liebste Mutter auf Erden. Sie konnte streng und unerbittlich sein, aber sie war so herzensgut, warm, liebevoll und voller Verständnis, dass Musa wusste sie konnte mit allem zu ihr kommen. Bis auf den Fakt, dass sie Jaim überall hin folgen würde. Llv würde sich nur Sorgen machen und Sorgen waren es nicht, die sie ihrer Mutter bereiten wollte. Keine, die sie aufhalten würden, ihm zu folgen.
    Aber ich kann dich fragen, was du denkst. Vielleicht wird er gar nicht weggehen…vielleicht…

    Vielleicht blieb sie lieber noch etwas liegen…
    Sie war erst ein paar Minuten wach, nicht länger als ein paar Drachenatem, aber trotzdem überlegte sie ernsthaft für einen Moment sich noch einmal umzudrehen und liegen zu bleiben. Sie hatte gut geschlafen und ein schöner Traum war es gewesen, bis sie eben aufgewacht war, weil ihre Füße ohne Schutz des Felles auf den kalten Steinböden geruht hatten und die Kälte sie geweckt hatte. Somit war es durchaus verlockend sich noch einmal hinzulegen und die Bilder ihres Traums wieder heraufzubeschwören. Allerdings war sich Musa nicht sicher ob das funktionieren würde. Aus Angst vor der Enttäuschung das es nicht klappen könnte und weil sie sich sicher war, dass ihre Mutter bereits auf und wohl alle Arbeit alleine verrichtete, beschloss sie doch aufzustehen.
    Beck ließ sie hingegen friedlich weiterschlafen. Sie war keine Langschläferin in dem Sinne. Jedenfalls musste nicht erst das Frühstück seine verlockenden Düfte durch die Oraks verbreiten, wie bei Szonja oder Deedo. Das waren wirkliche Schlafmützen und auch wenn Deedo mit Bran seit einigen Tagen fort war, um mit den Hwendi Vorräte zu tauschen, war Szonja deshalb nicht schneller wach zu kriegen. Beck war mehr jemand, dem es zu kalt war aufzustehen, sie schälte sich immer erst dann aus dem Schutz der warmen Felle, wenn Llv schon die Feuer entzündet und damit das Orak vorgewärmt hatte.
    Musa war nicht so empfindlich. Sie fand zwar den Airik kühl, unangenehm und langwierig, aber sie mochte die klaren Abendhimmel, die Sterne, die nie so klar glitzerten wie im Airik und wenn der Nebel sich lichtete und einen eisblauen Tageshimmel durchschimmern ließ. Eine Welt aus weißen Zauber, den die Sonne zum glitzern bringen konnte, wie Steine. Das waren alles Dinge, die Musa mochte. Außerdem fror sie nicht so schnell wie ihr Zwilling. Vielleicht zog sie deshalb nichts über, sondern wanderte in ihrem langen Hemd und auf nackten Füßen zur Küche. Aus der konnte sie leise die Stimme ihrer Mutter hören. Llv neigte nicht dazu mit sich selber zu reden. Musa wusste das. Da sie nicht wusste, ob sie störte, lugte sie zunächst vorsichtig um die Ecke. Als sie jedoch nur Serenity sah, die auf einem Stuhl hockte, ihre Mutter kniete davor, glaubte sie es wäre okay, wenn sie rein käme. Sie glaubte nicht dass es Geheimnisse waren, die Serenity und ihre Mutter gerade teilten. Es war kein so großes Geheimnis für Musa, was Serenity und Freundin Szonja seit zwei Jahren beschäftigte. Seitdem sie hier waren. Die meisten waren gut darin es zu übersehen, oder wegzugucken. Aber Musa kannte ihre Mutter und glaubte zu ahnen, wie sehr diese Serenity helfen wollte. Nicht oft fragte sich Musa, warum Szonja Llvs Hilfe immer wieder ablehnte, aber sie tat es. Sie lehnte ja selbst Musas Hilfe ab und es gab stets einen Moment wo klar wurde, dass Szonja sie nicht näher an sich heran ließ. Sie wusste sich gut verborgen zu halten, auch vor jenen, die sie mochte.
    Den Gedanken zurückdrängen, glaubte Musa es wäre eine gute Gelegenheit sich bemerkbar zu machen. Es wäre in jedem Falle unhöflich gewesen, wenn sie länger gewartet und nichts gesagt hätte, obwohl sie offensichtlich dastand. Sie wäre sich dabei vorgekommen, wie ein Eindringling, der lauschen wollte und da dies nicht ihre Absicht war, machte sie sich auch laut bemerkbar, indem sie einen Guten Morgen in den Orak warf.
    Serenity sah zu ihr und Musa grüßte sie mit einem Lächeln, das Kors Tochter erwiderte. Für den Augenblick sah Musa, wie ihre Mutter Serenitys Hände drückte und Musa versuchte darüber hinwegzusehen, weil sie glaubte es wäre Serenity lieber, dann hüpfte sie auf Llv zu, ohne das sie dabei übermäßig beschwingt wirkte. Umarmend begrüßte sie auch Mutter und wurde wie an fast jedem Morgen an ihre Kindheit erinnert und den Tag, an dem sie sich unvorsichtig den Kopf an der Tischkante gestoßen hatte. Noch heute sah man eine leichte Narbe an der Stirn und Musa teilte die Erinnerungen ihrer Mutter, auch wenn sie zu jung gewesen war, um sich zu erinnern, wie die Männer gekommen waren. Aber das herzliche und ehrlich erheiterte Lachen ihrer Mutter war Musa in guter Erinnerung. Sie lächelte, ob diesen nun warm, und löste sich dann wieder von Llv.
    Ihre Frage, ob sie helfen könne, war ehrlich gemeint und sie sah das Lächeln in Llvs Gesicht, darüber das es nicht Ioan oder Rikki waren, deren Hilfe sie sich bedienen musste, diese beiden waren in der Küche oftmals ein Graus, einfach deshalb weil sie beider Kleinigkeit und jedem Handschlag sich wussten zu beschweren. Sie fanden gar kein Ende, ohne dass sie deswegen nicht taten, was man ihnen sagte. Sie wussten nur deutlich und immer wieder zu sagen, wie gemein die Welt war und unfair zu ihnen im Speziellen. Gerade Ioan als Junge war der Meinung er gehöre nicht in die Küche und müsse nicht mit solchen Aufgaben betreut werden. Musa wusste nicht, ob Beck recht hatte, wenn sie manchmal Vermutungen äußerte darüber, das ihre Mutter traurig sei, weil Ioan so wenig ihre Nähe suche und sich oft einzig von Kor etwas sagen ließ und sich an ihm orientierte. Damit war er anders als Beck und sie und sogar als Rikki, die sich wenigstens von Vin und letzten Endes auch oft von ihrer Mutter etwas sagen ließ.
    An diesem Morgen waren solche Gedankengänge zu kompliziert, als das Musa ihnen länger folgen konnte und sie nahm sich vor sie später am Tag wieder aufzugreifen. Jetzt tat sie erst einmal, worum ihre Mutter sie gebeten hatte. Die Schenkel geholt, begann sie das Fleisch in dünne Streifen zu schneiden. Sie war gut darin und das obwohl sich die Erinnerung aufdrängte wie ihr Vater – als solchen betrachtete Musa Vin – in den Schnee hinausstapfte, um zu jagen und Llv ihm mit missmutiger Miene, die nichts anderes als Liebe und Sorge widerspiegelte, hinter her sah. Sie wusste wie ihr Vater grinsen konnte, wenn er erfolgreich heim kehrte und das Flimmern in ihren Augen sah und Musa konnte ahnen, wie er heute morgen grinsen würde, wenn alle sich über das ausladende Frühstück freuen würde. Fleisch war im Airik selten und daher sehr beliebt. Außerdem war gerade dieses Tier ein Gutes gewesen. Das Fleisch war zart und gut, das merkte Musa bereits im Schneiden. Sie warf Serenity ein Lächeln zu, als diese mit den Dingen wieder in die Küche trat, die Llv sie beauftragt hatte zu holen. Sie sah der Drachereiterin an, dass sie froh schien gerade im Moment eine andere Aufgabe als jene zu haben, die ihr ihr Vater sonst auferlegte.
    „Was immer meine Mutter gesagt hat, du solltest auf sie hören. Sie ist die weiseste Frau, die ich kenne und auch wenn es einem nicht immer gefällt. Meistens hat sie recht.“
    Sie gab ihr nicht die Chance etwas zu erwidern, so wie sie ihr damit zeigte, dass sie sich nicht erklären musste. Musa erwartete nicht, das Serenity sich ihr anvertraute. Zum einen waren Menschen wie ihre Mutter oder ihr Zwilling, dafür viel besser geeignet, zum anderen war sie mit Serenitys Schwester befreundet. Sie nahm an, da verbat es sich Serenity mit ihr zu reden. Das akzeptierend, sah sie Llv hinterher, die im Badeorak verschwand und machte sich stattdessen darin, einmal durch den Tee zu rühren, der so verlockend roch, dass sie kurz die Augen schloss und den Duft tief einatmete. Als Mädchen, das ein großes Interesse an Kräuter und der Heilkunde hatte, war der Duft von Tee für sie etwas ganz besonderes und Llv kochte stets besonders wundervolle Mischungen. Auch diese roch verlockend. Bevor sie sich in der Versuchung verlor, zu erraten was ihre Mutter alles genommen haben könnte, beeilte sie sich die dünnen Streifen Speck auf die vorgewärmte Platte zu legen. Sie lauschte dem Geräusch, das erkennen ließ, dass der Speck begann zu braten. Dann kehrte Llv auch schon wieder. Sie zog sich ihren Mantel wieder über und während sie sie und Serenity bat den Kessel im Badeorak aufzuhängen, sah es so aus, als wolle sie mit zwei Kesseln bewaffnet Badewasser besorgen. Musa sah ihrer Mutter nur kurz hinterher, dann zu Serenity und ein Blick genügte, um sich verständigt zu haben.
    Sie eilte zurück in das Orak, dass sie sich mit ihrer Schwester teilte. Ohne diese zu wecken, schlüpfte sie in ihre Lederhose, ließ das Nachthemd einfach an und warf sich ihre Jacke über. Ihre Socken und die Halbstiefel, die sie trug zog sie im Gehen an. So folgte sie Llv, die sie kurz orten musste, aber schnell entdeckt hatte. Sie lief leichtfüßig, ohne auf den Weg zu achten zu ihrer Mutter. Musa kannte sich in diesem Gebirge aus und es fiel ihr nicht schwer sicheren Tritt zu finden, ohne dass sie dabei auf den Boden achten musste. Neben ihrer Mutter angekommen, strich sie ihr Haar aus dem Gesicht, verfluchte sich kurz innerlich dafür, dass sie kein Lederband für ihre Haare dabei hatte, doch dann bückte sie sich und griff mit den Händen nach lockerem Schnee, der sich gelöst hatte, nachdem Llv das Eis abgeklopft hatte. Sie warf dieses mit in den Kessel und lächelte dann hoch zu ihrer Mutter.
    „Ich helfe dir beim zurücktragen.“
    Llv war stärker als sie aussah und hätte das auch alleine gekonnt, aber Musa brauchte die ruhige Minute, um sie etwas zu fragen. An dem Glitzern in den Augen ihrer Mutter sah sie, dass diese bereits ahnte, weswegen Musa ihr nachgelaufen war und dass es nicht um die Kessel ging.
    „Kann ich nach dem Frühstück mit dir sprechen, Mutter? Also wenn der Moment günstig ist? Ich brauche deinen Rat.“
    Sie wollte nicht verraten um was es ging, auch wenn ihre roten Wangen sie sicher verrieten und sie ohnehin sicher war, das ihre Mutter bereits mehr wusste, als Musa ahnte, auch wenn sie Llv nichts über ihre Gefühle für Jaim gesagt hatte. Sie wartete auf die Antwort ihrer Mutter, während sie weiter den zweiten Kessel zu füllen begann. Sie wollte sich beeilen, weil sie wusste, dass ihre Mutter kein Freund des Airik war und auch nach all den Jahren in den Bergen noch immer sehr fror.



    Re: Platz des Feuers

    Azyra - 14.01.2008, 01:32

    Airik, noch am frühen Morgen ~ Serenity, Musa, Azyra ~
    Feines Schneegestöber hatte eingesetzt. Dank den scharfen Winden war daraus ein wachsender Sturm geworden, der im Laufe des Tages sicherlich noch zunehmen würde. Ein perfekter Badetag, schmunzelte Llv, drängte sich die schroffe Felswand entlang und versuchte den Kopf gesenkt zu halten, damit ihr nicht die Kapuze vom Kopf geweht wurde. Das Knirschen der Schneedecke, als Musa ihr folgte, drang nicht bis an ihre Ohren, weswegen sie ein wenig erschrocken aufblickte, als plötzlich jemand an einem der Holzeimer zupfte. „Oh, danke“, warf sie ihrer Tochter durch das aufbegehrende Heulen der Sturmböen zu und hatte im nächsten Augenblick alle Hände damit zu tun, mit einem Arm ihr Gesicht vor dem Schnee zu schützen, welcher mit schmerzvoller Geschwindigkeit über ihre Haut kratzte. Wie sehr sie die Berge auch liebte, an diese Kälte würde sie sich wohl nie gewöhnen. Nur langsam kamen sie voran und ihre Spuren von zuvor waren bereits wieder zugedeckt und kaum noch zu erkennen. Vorsicht war geboten, denn obschon ein jeder von ihnen die Klippen und Vorsprünge, Ritzen und Rinnen, Spalten und Simse kannte, machte das Eis den Fels unberechenbar. Eine falscher Schritt und man fiel. Und wenn man im Kalatgebirge fiel, dann meistens in den Tod. Llv hatte früh gelernt, sich darüber keine Gedanken zu machen. Es war wie in Shielak: Wer nicht stark genug war, den holte die Natur und in diesem Falle die Tiefe. Doch glücklicherweise hatte sie bisher nur einen solchen Verlust betrauern müssen, der sich ausserdem keinen anderen Tod gewünscht hatte, als an einem besonders riskanten Abenteuer zu scheitern. Brans Vater hatte sein Leben lang sein Schicksal nahe seiner Grenzen gesucht – und er hatte es eines Tages gefunden. Llv war nicht bewusst, warum sie in dieser Zeit gerade so oft an Hákonn dachte, aber es erschien ihr ein schlechtes Omen. In manchen Nächten quälte sie gar die Vorstellung, nicht Hákonn stürze vor ihren Augen in sein Verderben, sondern Ioan. Unwillentlich senkte sie den Kopf und ein schwarzes Beben erfasste ihr Herz, dann hatte sie den Drachenatem der Schwäche überwunden und sich wieder im Griff. Niemals hatte sie ihre Entscheidung, die Wüste zu verlassen, bereut und es genügte den Blick zur Seite zu richten, um zu wissen warum. Das zersauste etwas, das da neben ihr dick eingemummt in grauen Mäusepelz durch den Schnee und den Sturm stapfte und grinsend gegen die Tränen ankämpfte war nur einer von sieben, eigentlich acht – manchmal betrachtete sie auch Bran als ihr Kind – Gründen dafür an ihrer Entscheidung festzuhalten. Und dann waren da noch Vin, Frey, Kor, Josh und Rón. Erster ihr Gefährte, mit dem sie seit alsbald siebzehn Volksjahren zusammenlebte und mit dem sie die ganze Rasselbande aufgezogen hatte. Frey als ihre eigene Art von Vaterfigur, bei welcher sie stets Rat und Hilfe suchen konnte, wenn ihr selbst einmal danach war sich dem Schutz eines älteren, weiseren Wesens zu ergeben. Dann Kor… Nun… Kor war eben… Kor. Sie wusste mit dem alten, vergrämten Mann zu handeln, obschon sie mit seiner Art das Leben anzugehen überhaupt nicht einverstanden war. Besonders wenn es Auswirkungen auf andere hatte, wie auf Serenety oder Ioan. Josh war ihr im Gegensatz zu Kor aber schon wieder sehr fremd, denn der junge Mann war beinahe nie im Drachenhort anzutreffen. Oft war er sogar ganze Jahre fort gewesen, auf der Suche nach einem Mädchen, dass von ihrer Familie längst aufgegeben worden war. Llv warf es Kor und Coletar, sowie Serenety und Szonja nicht vor, sie glaubte selbst nicht mehr daran, dass Son noch lebte. Eher sah sie es nicht gerne, wenn Josh einmal wiederkehrte, um zu berichten, wo er gewesen war und was er erlebt hatte, denn seine Rückkehr weckte stets eine Hoffnung, die schon lange hätte ruhen sollen. Unruhe und Streit waren das Ergebnis, bis er von neuem seinen Sack packte und verschwand. Llv blickte ihm stets mit gemischten Gefühlen hinterher. Einerseits froh, ihn und seinen für Kor unteträglichen Glauben an die lebende Son losgeworden zu sein, andererseits mit der Sorge im Herzen, es könnte er letzte Abschied gewesen sein.

    Umso dankbarer war sie, als die Arbeit rief und ihr keine Zeit mehr blieb sich den Kopf über Kors verschwundene Tochter zu machen. Schliesslich hatte sie alle Hände voll mit den beiden, die noch lebten. Mit einem dankbaren Lächeln an ihre Tochter ging sie in die Hocke und schlug zum zweiten Mal Löcher in das vier Finger dicke Eis über dem klar türkisenen Strom, der nur wenige Fuss weiter wieder im Fels verschwand. Besonders im Airik und im Cryssir , während der Schneeschmelze, war das Wasser gefährlich, da reissend. Obschon der Flusslauf an dieser Stelle beinahe vier Schritt breit war und kaum mehr als einen Schritt tief, hatten die Männer in mühsamer und gefährlicher Taucharbeit ein Gitter aus armdicken Holzstämmen vor der Öffnung im Fels angebracht. Das war zu Zeiten gewesen, als Dedoo und Lug noch gemeinsam durch die Oraks getobt waren und nicht ein Abenteuer unangetastet hatten sein lassen können. So auch nicht den Versuch in das Flussbett zu steigen. Allein Kors raschem Handeln war es zu verdanken, dass die Schwärze des Felsens keines der Kinder verschluckt hatte.
    „Ich helfe dir beim zurücktragen“, erklärte sich Musa in diesem Moment und lächelnd nickte Llv, obschon sie ahnte, dass dies nicht der einzige Grund war, warum ihre Tochter ihr rasch und nur halb angezogen nachgestiefelt war. Musa erkannte wohl, dass ihre Mutter noch auf eine weitere Erklärung zu harren schien, und rückte, nachdem sie noch von der Nasenspitze bis zu den Augenbrauen kirschrot geworden war, mit der Sprache heraus: „Kann ich nach dem Frühstück mit dir sprechen, Mutter? Also wenn der Moment günstig ist? Ich brauche deinen Rat.“ Kein wissendes Funkeln trat in Llvs Augen, kein gesehntes: „Soooo?“, kam aus ihrem Mund. Sie nickte lediglich und wandte sich dann mit mittlerweile steifen Fingern wieder der Arbeit zu. Natürlich wusste sie, worüber ihre Tochter zu sprechen gedachte, denn in den letzten Monden gab es für Musa gar nichts anderes mehr als Jaim. Jaim hier, Jaim dort, Jaim ist wo? Wenn einmal eine Stunde verging, in welcher Musa Freys Sohn nicht verträumt hinterher blickte, oder ihm scheu zublinzelte, so lag es am Nichtvorhandensein Jaims. Dieser zeigte sich in letzter Zeit sehr unruhig, da er immer wieder von seinem Drachen träume, aber die Bilder, die ihm der Schlaf offenbarte, nicht genau zu deuten wusste. Nur einmal hatte Llv ihren Sohn darauf angesprochen, was er denn sah und hatte als Antwort nur ein verlorenes Schulterzucken geerntet. Nicht, weil er ihr nicht hatte antworten wollen, sondern weil wirklich keine Antwort existiert hatte. Es stellte sich auch nicht als sonderlich einfach heraus Antworten auf eine ungewisse Zukunft zu finden mit einem verliebten Mädchen im Rücken. Aber Llv gönnte ihrer Tochter dieses Aufbegehren der Gefühle, obschon sie sich im gleichen Zug Gedanken darüber machte, was wäre, wenn Jaim diese zarten Bande nicht erwiderte. Ob es den Alltag im Hort stören würde? Llv war niemand, der sich von Sorgen unterkriegen liess, aber sie dachte über alles nach, um niemanden aussen vor zu lassen und allen so sehr es in ihrer Macht lag gerecht zu werden. Nicht immer gelang ihr dies, natürlich, aber sie haderte deswegen nicht mit sich. Sie kannte ihre eigenen Grenzen und respektierte sie.
    „Komm“, wandte sie sich nun wieder an Musa, griff nach einem der vollen Eimer und deutete ihrer Tochter an vorzugehen. So konnte sie eingreifen, sollte diese abrutschen, obschon wohl eher umgekehrter Fall Realität wäre. Im Vergleich zu ihren Kindern hätte man Llv noch stets als Anfängerin im Umgang mit Felsen bezeichnen können, obschon sie eine gute und sichere Kletterin war und mit ihrem Gleichgewicht im Einklang. Aber es was doch etwas anderes erst mit 14 Volksjahren ins Kalatargebirge zu kommen, als hier aufzuwachsen. Lächelnd wie wachsam verfolgte sie nun, wie Musa ihr mit festem Schritt vorauslief, ohne zu zögern oder gar zu stolpern. Bergziegen, allesamt, dachte Llv grinsend und eilte der Wärme der Küche entgegen. Airik, in Ordnung, Airik in den Bergen, unmöglich. Zitternd und mit den Zähnen klappernd grinste sie ihre Tochter an und trat an ihr vorbei in die Küche. Der Duft nach gebratenem Speck und frischem Teig stieg ihr sofort in die Nase. „Mal sehen wie lange Rikki und Szonja brauchen“, spöttelte sie sanft in Serenetys und Musas Richtung, nahm dann den zweiten Eimer an sich und brachte beide in den Badeorak, wo das Feuer mittlerweile hell und wild über die grossen Scheite leckte. Offenbart hatte es Serenety alleine geschafft den Kupferkessel an die lange Kette zu hängen und dazu noch Holz nachgelegt. Zumindest hing er schon eine ganze Weile dort, denn kaum leerte sie Schnee und Eis hinein, begann beides sogleich zu schmelzen und sie musste sich beeilen, wollte sie noch etwas Wasser und nicht nur Dampf übrig haben. „Ich gehe noch einmal“, erklärte sie deswegen rasch, begutachtete flüchtig die Mengen, die Serenety für ein Brot einteilte und nickte zufrieden. „Musa, kümmere dich bitte um den Rest des Schenkels“, damit war sie auch schon zum dritten Mal an diesem Morgen in der Kälte verschwunden… und es folgten volle fünf weitere Streifzüge, bevor sie irgendwann innehielt und verwundert den Kopf schüttelte. „Wo bleibt denn bloss der Rest?“, fragte sie in den Raum hinein und erntete leises Kichern von den Mädchen, die eifrig ihrer Arbeit nachgingen. Bereits die ersten Brote lagen auf der Steintafel, eine ganze Lage Speck lag auf einem Teller bereit und der Tee war beinahe fertig. Eigentlich, ging es nach normalen Regeln, hätten in der Zwischenzeit mindestens Rikki und Beck auftauchen müssen.
    „Ich ziehe mich an“, meinte sie daher, denn ganz offensichtlich blieb ihr noch genug Zeit dazu. Wieder einmal nur in Hemd und Stiefeln schlich sie auf leisen Sohlen durch die Gänge, bis zu ihrem eigenen Orak, welches sie mit Vin teilte. Gleich daneben lag jenes von Musa und Beck, eines weiter das von Ioan. Doch keinerlei Geräusche verrieten, dass dort bereits munteres Erwachen im Gange war. Mit einem mütterlichen Seufzen schlug sie das Leder zurück und trat ein. Vin lag noch immer im Bett und rührte sich auch nicht, als sie über den kalten Steinboden lief und sich noch auf dem Weg zu der grossen, hölzernen Truhe in einer Ecke des Raumes das Hemd vom Körper streifte. Dank der geringen Auswahl – es war schwer Stoff aufzutreiben und auch Leder wurde solange getragen, bis es völlig abgenutzt war – hatte sie rasch gefunden, was sie suchte. Ihr Lederhosen und den Wams aus dicker, heller Wolle, unter welchem sie noch ein Lederhemd trug. Um ihre Taille schlang sie einen geflochtenen Gürtel und ihr Haar steckte sie mit zwei Knochennadeln am Hinterkopf fest.
    So angekleidet verliess sie das Orak so rasch, wie sie gekommen war und kehrte in die Küche zurück.



    Re: Platz des Feuers

    Rikki - 14.01.2008, 23:12

    Airik, frühen Morgen ~ Serenity, Musa, Beck, Azyra, Rikki ~
    Wie so oft in Airik waren die Abende schnell vorangeschritten und neigten sich dem Ende. Rikki war eine der wenigen Drachenreiter, die dem Airik beinah so wenig abgewinnen konnte, wie Llv. Rikki wusste, das ihre Mutter Airik vor allem wegen seinen Schneestürmen und der Kälte nicht leiden konnte. Das wiederum machte Rikki nicht so viel aus. Zwar würde auch sie behaupten Fisa lieber zu haben, als den kalten Airik, aber das eigentlich Bedauerliche in den Wintermonaten war ja viel mehr wie wenig Zeit vom Tag blieb. Eindeutig wurde es viel zu schnell dunkel und sobald es finster geworden war, war es ihnen nicht erlaubt mehr im Gebirge zu sein. Tja und die Tage an denen es mal keinen Nebel gegeben hatte, der natürlich ebenso gefährlich war, dass sie nicht weiter gehen durften als ins Tal der Drachen, konnte Rikki fast an einer Hand abzählen.
    Langeweile, ewige Langeweile.
    Das war Airik für sie und damit war er schon mal kategorisch blöd und abgelehnt. Ihr fehlten die Streifzüge mit ihren beiden jüngeren Geschwistern Beck und Ioan. Ihr fehlte der Geruch der Abenteuer, die draußen auf sie warteten und sich nur schwer durch die vernebelte und eisige Kälte erahnen lassen wollten.
    Ewige Geschichten am Feuer und ein paar Spiele waren Rikki nicht genug und wie immer zur Mitte des Airik war sie unruhig und ruhelos. Vielleicht…
    Nein eigentlich gab es kein Vielleicht mehr. Sicher würde sie heute mit Heaven durchs Gebirge fliegen und nicht nur einzig durchs Tal. Bestimmt gab es ein Airik Abenteuer, dass sie auftreiben konnte. Sie war die Meisterin im Auftreiben von Abenteuern und ihre Eltern konnten sich sicher an keinen Airik erinnern, bei dem Rikki nicht wenigstens eines gefunden hatte. Sie musste nur aufpassen, dass Lugh sie nicht erwischte. Er konnte ja ein so verdammter Spielverderber sein. Um Beck und Ioan machte sie sich hingegen wenig Sorgen. Sie fand immer einen Weg ihre beiden Geschwister zu überzeugen. Ioan suchte innerlich ebenso sehr wie sie nach einer Herausforderung - das tat er immer – und Beck war jemand den sie zu überreden wusste. Wenn sie wusste Ioan und sie würden alleine fliegen, kam sie am Ende immer lieber mit, für den Fall der Fälle. Es sei gut sie hätten jemanden dabei, der wenigstens etwas Vorsicht walten lassen würde. Wenn sie das meinte, ließ Rikki ihr diesen Glauben. Wichtig war am Ende nur, dass Beck mitkam.
    Doch der Plan gefiel ihr. Er gefiel ihr so gut, dass sie damit leben konnte, dass es noch keinen genauen Plan gab, wo es hingehen sollte, wie die Herausforderung, wie das Abenteuer aussehen sollte. Das waren ohnehin nur Randdetails, die sie nicht vorher festlegen musste. Zwar würde Ioan fragen, nur um sie zu ärgern, aber Rikki wusste ja sowieso, dass er mit wollte.
    Hoffentlich macht uns Luna keinen Ärger.
    Luna war der traurigste Drache dieser Welt, weil sie ihren Reiter vermisste, ohne das er tot war. Sie hatte Luna einfach weggeschickt. Luna war untröstlich, verriet aber auch nicht mehr über diese Geschichte. Wenn man sie danach fragte, dann war ihr einziger Kommentar: Sie habe sie verloren . Rikki fand das klang schon so traurig, dass man nicht mehr wissen musste. Mitleid bekam sie deshalb trotzdem keines. Im Gegenteil Rikki versuchte stets den Drachen dazu zu bewegen Ioan als ihren Reiter zu erwählen. Natürlich ging das nicht, solange der eigentliche Reiter lebte, aber das war doch alles nebensächlich. Ioan wollte einen Drachen und nicht eine Seelenverwandtschaft.
    Na ja, hauptsache war sowieso Luna machte keinen ärger und flog mit Ioan mit zu ihrem Abenteuer, denn wenn Beck schon vorsichtig war, dann war Luna weitaus schlimmer. Wenigstens wusste Beck ihre Bedenken für sich zu behalten. Luna konnte einfach nicht schweigen. Ständig ging es:
    Wir sollten das nicht tun.
    Das sieht gefährlich aus.
    Seid ihr sicher? Wir sollten vielleicht lieber umkehren.
    Oh mein Gott wir werden sterben, wir werden sterben.
    Das waren so die häufigsten Gedanken, die Luna zu übermitteln wusste, neben Seufzern in denen sie erwähnen musste, dass ihre Reiterin, das hier nie haben würde.
    Rikki wusste es war nicht nett, aber sie machte sich an diesem Punkt stets über Luna lustig. Sie glaubte sich jedoch im Recht, auch wenn es unsensibel klingen mochte, war es die Wahrheit zu behaupten, dass ihre Reiterin das wohl auch gar vermissen würde. Immerhin hatte sie sich gegen Luna und ihr Volk entschieden. Es wurde Zeit, dass sie drüber wegkam. Sie konnte kaum ein ganzes Drachenleben leiden?
    Obwohl das bei diesem Drachen durchaus eine Option war, die man nicht unterschätzen durfte. Luna war strange. Strange und merkwürdig. Damit passte sie wunderbar zu Ioan, der kein Drachenreiter war, viel länger gelebt hatte als sie selber, aber trotzdem jünger war.
    Rikki wusste nicht woher ihr Ziehbruder kam und Llv hatte es bisher auch Ioan nicht verraten, der natürlich wusste, dass er kein Drachenreiter war. Llv war es nicht und bisher hatte Ioan kein Mal. Niemand glaubte, dass er noch eines bekommen würde. Niemand außer vielleicht Beck. Aber sie war ein hoffnungsloser Fall an Glauben, den man in solchen Dingen kaum ernst nehmen durfte.
    Was immer Ioan war, kümmerte es Rikki nicht. Für sie war er ihr Bruder und für sie war er ein Drachenreiter, auch wenn sie ihn das selten spüren ließ. Wo wäre auch der ganze Spaß hin, wenn er alles wüsste. Dafür war es viel zu komisch sein Gesicht zu sehen, wenn sie ihn herausforderte und an seinem Stolz anpackte.
    Jungs sind ja so durchschaubar!
    Wahrscheinlich war das der Grund weshalb Rikki Musas Schwärmerei für Jaim lächerlich fand. Jaim war nett, wie alle Jungs, aber er war nun wirklich niemand…
    Also allgemein war hier niemand dabei bei dem Rikki sagen würde Gefühle, wie Musa sie hegte, wären gerechtfertigt. Außerdem war Jaim so was wie ein halber Bruder. Damit war das alles merkwürdig und…
    Ich muss es nicht verstehen…, dachte sie mit einem Seufzen und schlug endlich die Augen auf. Sie musste nicht blinzeln, oder gähnen. Wach war sie schon eine Weile, aber es war schöner gewesen noch ein wenig über alles nachzudenken, bevor sie aufstand. Sie war sowieso nicht scharf drauf früher als notwendig in der Küche aufzutauchen. Küchenarbeit war die schlimmste Strafe und Rikki ließ sich zu dieser Arbeit auch nur als Strafe verdonnern, ansonsten fand sie immer wieder einen Weg ihr zu entkommen. Am Ende war sie einfach verschwunden und die Arbeit stand, wo sie stand. Es gab immer jemand, der sie übernahm. Wahrscheinlich waren alle deshalb manchmal echt böse mit ihr, aber Rikki ließ es immer wieder drauf ankommen. Sie konnte nicht anders. Küchenarbeit war stinklangweilig!
    Stinklangweilig war es jetzt weiter im Bett zu liegen, wenn das Abenteuer bereits nach ihr rief und einzig das Frühstück noch dazwischen lag.
    Aufgestanden machte sich Rikki nicht die Mühe ihr Bett zu machen. Deedo, mit der sie sich einen Orak teilte, war nicht da und immer wenn sie nicht da war, musste sich keine Mühe geben Ordnung zu halten. Deedo konnte da echt anstrengend sein. Sie mochte es nicht leiden, wenn sie etwas nicht gleich fand und das nur wegen Rikkis Chaos nicht. Jetzt wühlte sie in einem Kleiderhaufen, der begraben war unter lauter Kram, den Rikki so sammelte, borgte und einfach hortete.
    Ihre Hose gefunden, schlüpfte sie in diesem zog eines ihrer dunkelroten Hemden über, die ihr Deedo von einer Handelsreise mitgebracht hatte. Darüber ihre Lederweste und ihre Stiefel fanden auch den Weg über ihre Füße.
    Rikki trug innerhalb der Oraks nie ihren Mantel. Das wäre viel zu warm und da Llv immer dafür sorgte das die Küche ein warmer Hort Gemütlichkeit war, brauchte sie nicht mal dran denken. Selbst die Stiefel waren nur Schmuckwerk, besser Mittel zum Zweck, weil sie so nach dem Frühstück schneller aufbrechen konnte. Ihr Haar kämmte Rikki flüchtig mit den Fingern, dann kletterte sie aus ihrem Orak.
    Sie hatte nicht vorgehabt Musa und Beck einen Besuch abzustatten. Normalerweise war sie, zwar nicht die letzte, aber sehr spät dran. Später als Beck und Musa, im Allgemeinen. Aber diesmal glaubte sie einen berg unter Fellen zu sehen, zu dem schwarzes Haar gehörte.
    Neugierig schlich sie in das Orak der Zwillinge und erkannte, dass Musas Bettstelle verlassen war, aber Beck noch immer unter Fellen verkrochen zu schlafen schien.
    „Beck!“, hallte es überrascht durchs Orak und Rikki gab sich nicht einmal die Mühe leise zu sein. Wie immer fröhlich und voller Elan trat sie zu ihrer Freundin, riss deren Felle weg und klatsche begeistert in die Hände.
    „Ich bin also wirklich einmal vor dir wach. Das ist ja unglaublich. Fantastisch!“, bestätigte sie noch einmal, während von Beck endlich müde Laute zu ihr drangen.
    Rikki überging sie. Für so was war sie nicht gemacht. Undeutliches Gemurmel, dass niemand entzwirbeln konnte? Für so was war jeder Drachenatem zu kostbar. Nein, damit hielt sie sich nicht auf. Stattdessen suchte sie bereits ein paar Sachen für Beck zusammen, die sie dieser vor die Bettstelle warf.
    „Hey, Vorsicht, damit.“
    Rikki sah zu Beck und auf die Haarklammern, die sie gerade auf die Felle werfen wollte. Becks Stimme war laut und eindringlich geworden, was selten passierte. Rikki lächelte.
    „Ist ja gut.“
    Als wenn sie es kaputt gemacht hätte durch so einen kleinen Wurf. Sie wollte nicht streiten, kam stattdessen vorbei und reichte die Haarspange Beck, die gerade ihr Hemd zurechtzerrte.
    „Danke.“
    Beck lächelte wieder versöhnlich, Rikki erwiderte es und wusste damit war wieder alles gut.
    „Alles gut bei dir?“, fragte sie halbherzig, eher neugierig nach. Sie konnte noch immer nicht glauben, dass sie eher auf gewesen war. Wenn sie das ihre Mutter erzählte! Und das würde sie! Mit stolzer Brust.
    Lächelnd sah sie zu Beck, die ihr erklärte sie sei gestern spät eingeschlafen.
    „Warum?“, fragte Rikki neugieriger nach.
    „Musa.“, lautete jedoch die langweilige Antwort. Denn das war boring wenn man wusste wieso. Jaim hier, Jaim dort, Jaim überall.
    Rikki gab ein mitfühlenden und teils lachendes Grunzen von sich, von dem Beck immer behauptete, dass sie es von Vin habe. Dann zog sie Beck auf die Beine.
    „Lass uns in die Küche gehen ich habe Hunger. Außerdem muss ich meinen Triumph verkünden.“
    Beck rollte mit den Augen, aber damit konnte Rikki leben. Auch damit, dass Musa, Serenity und ihre Mutter in der Küche waren. Warum? Weil sich sonst noch niemand zeigte. Weder Schlafmütze Szonja noch Lugh und ihr Vater auch kein Jaim (wie schade … ) kein Ioan, kein Frey und Kor. Rón kam heute sicher ohnehin später. Seit dem gestrigen Morgen klagte Marc über Zahnschmerzen. Kein Drache konnte so wehleidig sein, wie seiner. Puh!
    „Guten Morgen!“
    Während Beck zu ihrer Mutter herüber trat und sie umarmte, strahlte Rikki nur einnehmend. Beck, die auch Serenity begrüßte, beschäftigt wissend, machte sie ihre Mutter auf sich aufmerksam. Wie immer sehr geschickt, denn natürlich bemerkte Llv, wie Rikki etwas Speck vom Teller stibitzte. Grinsend sah sie zu Llv.
    „Das habe ich mir verdient. Ich war heute Morgen eher wach als Beck. Ich habe sie sogar geweckt, sonst würde sie jetzt noch immer schlafen, so wie alle Anderen.“
    Sie lachte fröhlich und klatschte dann wieder in die Hände. Zeichen dafür wie groß ihr Tatendrang war. Bevor sie sich auch am Brot vergreifen konnte, war Musa zur Stelle und sah sie musternd an, das Brot von der Feuerplatte nehmen.
    Na dann nicht.
    „Wo bleibt Ioan, mein Herz? Wenn er nicht bald hier ist, gehe ich ihn holen.“
    Oh sie konnte sich schon vorstellen, wie das aussehen würde und sicher war es der Beginn ihres verlockenden Abenteuers, das konnte Rikki praktisch im Kribbeln ihrer Finger spüren!



    Re: Platz des Feuers

    Vin - 16.01.2008, 15:03


    Heute Nacht träumte Vin nicht. Er schlief tief und fest, die Erschöpfung der letzten Nacht noch in seinen Knochen habend. Wach wurde er durch die Bewegung seiner Frau, die von ihm wegrutschte und nicht nur Leere, sondern auch Kälte dort hinterließ, wo zuvor ihre Haut an seinem Körper gelegen hatte. Der Drachenreiter hatte diesbezüglich einen leichten Schlaf, egal wie viel Gorl (vergorener Gemisch aus Wildbeeren und Honig; alkoholhaltig und ein beliebtes Getränk der Onuk) er den Abend zuvor getrunken hatte. Viel hatte er nach der gestrigen Jagd nicht getrunken, um die Beute zu begießen, die er am späten Abend in die Höhlen der Drachenreiter gebracht hatte. Heute war er deshalb nur halb so wach, wie sonst. Vin brummte unzufrieden, als er im Halbschlaf realisierte, dass Llv nicht zurückkam, sondern aufstand. Der Kuss war ein Abschiedskuss gewesen. Das Brummen war ein Lockruf, der manchmal funktionierte, wenn er nur verlockend genug brummte.
    Heute Morgen überzeugte sie seine Anteilnahme nicht. Und so lauschte sein gutes Gehör, wie sie sich wusch. Dass sie dabei von einem auf den anderen Fuß trat, hatte er vor Augen. Sie hatte ihm nie gesagt, woher sie stammte. Aber dass sie sich niemals an die Temperaturen hier im Kalatgebirge gewöhnt hatte, bedauerte er nicht. So zog es sie immerhin immer wieder in seine Arme und an seinen warmen Körper. Vin selbst war selten kalt. Er war ihren Worten nach ein nie verlöschendes Feuer. Und genauso fühlte er sich auch. Sagte er ihr daraufhin immer, ihr dabei eindeutig in die Augen sehend.
    Tja und der Rest, den behielt er für sch. Deutlich vor Augen, wenn er daran dachte, dass Feuer nicht nur mit Hitze, sondern auch Leidenschaft bedeutete. Und leidenschaftliches Temperament hatte seine Frau viel und ihm grad zur genüge. Als Llv ihren gemeinsamen Orak schon längst verlassen hatten brummte er erneut dieses Mal glich es aber einem grollenden Seufzer. Warum war sie schon aufgestanden? Wie die Kinder was zu essen brauchten. Das konnte schon sein. Vin zog das Bärenfell noch ein Stück höher, drückte sein Gesicht in den Teil des Felles, der sie zugedeckt hatte. Noch immer lag zwischen dem Geruch von Schweiß, dem Blut des gestern erlegten Gelbrückens und der erdigen Note seiner Wanderung, der Geruch der Liebe, die sie in dieser Nacht geteilt hatten.
    Und solange sich diese Gerüche in seiner Nase nicht mit dem von Frühstück vermischten, verpflichtete ihn heute Morgen niemand, aufzustehen. Gestern hatte er seinen Teil für die Gemeinschaft beigetragen. Die Frauen sollten heute Morgen machen, was sie immer so machten. Vin dachte derweil an alle Eindrücke, die seine gestrige Wanderung mit sich gebracht hatten. Wie sich der Tiefschnee anfühlte, wenn er sich durch ihn kämpfte. Wie viel Spannung in dem Moment vor dem Schuss lag, wenn sein Bogen ganz durchgezogen war und gestern den Bock anvisiert hatte, den er mit einem platzierten Pfeil zu Fall gebracht hatte. Leider war er danach einen Abhang hinunter gestürzt und Vin hatte dem Tier hinterher klettern müssen, bevor er ihm hatte den Gnadentod geben können. Gelbrücken waren nur Pflanzenfresser, aber wenn sie auf einem Felsvorsprung weit über einem stehen und grasen, ab und an ihren Kopf heben, haben selbst diese Tiere etwas majestätisches an sich. Er würde resümieren, es war gestern eine gute Jagd gewesen, auch wenn sein Sohn Lugh ihn nicht begleitet hatte. In der Nacht zuvor hatte es einen Einsturz in den Höhlengängen gegeben, die hinauf zum Platz der Drachen auf den Gipfel führten. Alle Onuk, ausgenommen Vin waren gestern den Tag über damit beschäftigt, Geröll aus den Gängen zu räumen und sie abzusichern. Heute würde an dieser Stelle ebenso noch Arbeit auf sie alle warten, weil sie die Arbeit an einem Tag nicht geschafft hatten. Das hatten Kor und Frey gesagt, als sie gestern Abend alle zusammen gesessen und bei Gorl über den Tag erzählt hatten.
    Während Vin darüber träge nachdachte und nicht ernsthaft schon jetzt einen Gedanken an die Arbeit des heutigen Tages verschwendete, hörte er Llv zurückkehren. Er blinzelte und erkannte ihren nackten Körper, der sich gegen die Dunkelheit im Zimmer abzeichnete. Vin drückte seine wärmende Decke soweit zur Seite, das er sich nicht verriet, aber soviel von ihrem Körper erkennen konnte, bis der ganz in Sachen gepackt war. Schade, dachte Vin und tat weiter so, als ob er schliefe, um sich nicht zu verraten. Als Llv den Orak wieder verlassen hatte, formten sich Vin volle Lippen zu einem breiten Grinsen. Er wusste ja, was er hatte, auch wenn sie grad nicht bei ihm lag. Sie würde auch nicht mehr zurückkommen, außer um ihn mit einem Besen aus dem Bett zu prügeln. Das machte sie zwar unter heiterem Lachen. Aber Llv konnte mit einem Besen ganz schön zuhauen, vor allem ernst, wenn er sich weigerte aufzustehen, sondern darauf bestand, dass sie wieder ins Bett kam. Für einen kurzen Moment dachte Vin an die berechtigte Frage, warum sie eigentlich die ganzen erwachsenen und halberwachsenen Kinder hatten, wenn es doch Llv war, die immer als Erste am morgen aufstand, um die Mahlzeit für alle vorzubereiten. Und gleichzeitig war dem großen Onuk, der sich wie ein brummender Bär aufrichtete, der aus dem Winterschlaf aufgeweckt wurde, dass es so sein musste. Spätestens dann, wenn er ihre mürrische Miene sah, wenn nach dem Frühstück jeder übersah, dass sie dafür auch ein Opfer gebracht hatte. Ja, na gut. Dabei war es für sie kein wirkliches Opfer. Llv war eine gute Frau, die es als Aufgabe sah, sich um all ihre Lieben zu kümmern. Er dachte an ihr zerzaustes Haar, während sich der Onuk aufrappelte und etwas ungezielt in Richtung seiner Lederhose griff. Er streifte sie sich in morgendlichem Geschick über und rieb sich mit der Rechten über sein Gesicht, um wacher zu werden. Barfuss ging er fast lautlos zu der Waschschüssel. In der Nähe an einem Haken hing das schwere Tigerfell, dass er sich über seine nackten Schultern legte, so dass es ihn ausreichend wärmte. Damit die Hinterläufe des Tigers ihm nicht immer gegen seine Oberschenkel schlugen, knotete er das Fell dort, sowie an den Vorderläufen vor seinem Körper lose zusammen. Das hielt schon.
    Vin putzte sich die Zähne mit einer kleinen Bürste, spuckte das Wasser in ein kleines Loch, in einer Ecke des Oraks, das ein etwas tiefer lag. Das war ein praktischer Abfluss, den jedes Orak hatte. Vin wusch sich danach das Gesicht und damit vertrieb er die Müdigkeit und die trägen Augen aus seinem Gesicht. Lebensgeister geweckt, konnte er nun auch den Geruch von Frühstück riechen. Als Vin aus dem Schlaforak in die Gänge getreten war, hörte er Geräusch aus Ioans Orak. Er würde ihm bescheid geben, dass es Frühstück gab. Vin schob den Vorhang beiseite und sah nur noch den Abschluss der Bewegung, mit der Ioan ihn aus zusammengekniffenen Augen stellte und dabei sorgsam sein Hemd in die Hose steckte, dass er zuvor angehoben hatte.
    „Ich komme.“, betonte Llv’s Sohn mit Schärfe in der Stimme, als hätte Vin ihn bei etwas unterbrochen ertappt. Vin ließ nickend den Ledervorhang vor Ioans Orak fallen. Der Junge mutete für sie alle komisch an, dabei war er nicht einmal mehr ein Junge. Eigentlich war er ungefähr so alt, wie Jaim. Vin schüttelte den Kopf und begab sich auf den Weg in die Küche, immer dem Duft von gebratenem Speck und Broten nach.
    Als er in den wärmsten Raum der Höhlen trat, grinste er zu seinen Kindern, die ihn allesamt ansahen. Aber bevor er Serenity, Musa, Rikki und Beck begrüßte, umarmte er Llv von hinten, während diese noch immer damit beschäftigt war … zu kochen, wahrscheinlich. Es sah schon sehr nach Essen aus, was sie zubereitet. Vin legte seinen Kopf auf ihre Schulter und spürte, wie sich ihr Körper in seiner festen Umarmung anspannte. Ohne wirklich auf das Essen zu achten, drückte Vin seinen Mund auf Llv’s Wange und brummte liebevoll, es sähe aber lecker aus.
    „Du bist nicht noch mal zurückgekommen.“, flüsterte er in eben so brummendem Ton neben ihrem Ohr, während Llv bemüht war, weiter zu arbeiten, als hänge soeben nicht ein Bär von zwei Schritt an ihrem Rücken, der auf einen guten Grund wartete, warum nicht.
    Ein zurückhaltendes, aber stolzes ‚Guten Morgen’, ließ Vin über seine Schulter zum Eingang schauen. Ioan trat frisch eingekleidet in den Orak, streifte seine Mutter und ihn kurz, bevor er sich in gerader Haltung an den Tisch setzte. Ioan hatte heute Morgen keine gute Laune, stellte Vin fest und löste dabei seine Arme von Llv. Auf dem Weg an den Tisch, holte er die morgendliche Begrüßung seiner Töchter nach. Auch Serenity, Kors ältester Tochter, schenkte er ein Lachen, ließ sich dann auf einem Stuhl am Tisch nieder. Er stützte sein Kinn in die Handfläche, sah zwischen seinen Kindern hin und her.
    „Wir habt ihr geschlafen?“ Er wartete die Antworten seiner Kinder ab, dann sah er anbietend zwischen allen hin und her. Ich brauche jemanden, der mir nach dem Frühstück beim Gerben des Fells hilft. Vin meinte damit das Fell, das er dem erlegten Tier noch im Gebirge abgezogen hatte. Es war gut und hatte nur wenige Scharten von dem Sturz erlitten gehabt. Es hing vor den Höhlen, damit die Vögel letzte Reste des Fleischs abpicken konnten. Heute aber wollte er es wenigstens auf einen Rahmen spannen und schon einmal vorbehandeln.
    „Ich helfe dir.“, tönte es gut gelaunt aus dem Eingang des Oraks. Lugh, Vins Sohn kam mit dem für ihn typisch offenen Blick zu seinem Vater, begrüßte ihn mit einem Handschlag. Seine Schwestern drückte er, bevor er zu Llv kam, ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange drückte. Seine Augen, die so schwarz wie jene seines Vaters waren, musterten sie fragend. Lugh lehnte dabei neben dem Feuer. „Kann ich etwas tun?“ Er wollte seinen Beitrag zum Frühstück gern leisten, wenn Llv ihm eine Aufgabe zuweisen konnte.



    Re: Platz des Feuers

    Azyra - 17.01.2008, 21:52


    Leise summend war sie Serenety zur Hand gegangen, hatte gemeinsam mit Kors Tochter damit begonnen das Getreide zu sortieren, denn nicht alles war noch frisch, oder halbwegs geniessbar. Die Feuchtigkeit, die aus den Oraks niemals gänzlich vertrieben werden konnte, hatte den Vorräten zugesetzt und bisher hatten sie bereits zwei ganze Säcke als Brennmaterial verwenden können, weil das Saatgut gefault hatte. Nur drei waren verblieben. Einen davon würden sie nun in mühevoller Handarbeit zu Mehl verarbeiten. Das bedeutete mehrere Stunden Steine rollen, denn eine andere Möglichkeit gab es nicht, um die Körner zu zerkleinern. Danach mussten akribisch genau alle Hülsen herausgesucht werden. Eine Arbeit die Llv gerne an einem allabendlichen Feuer erledigte, vor dem die Onuks sich oft zu einem Becher Gorl und ein paar Geschichten versammelten. Wenn die lodernden Flammen zu roter Glut verfallen waren, der letzte, schwache Schein die Gesichter erhellte und die Männer von einst drei Bergziegen, bereits zehn während einer Jagd erledigt hatten, dann wusste sie, es war ein guter Tag gewesen. Ein Tag wie möglicherweise jeder andere auch, aber ein guter Tag. Das Zermahlen war vor allem ermüdend und anstrengend, aber wie jede Arbeit nötig und damit sinnvoll. Rikki sah dies bestimmt anders, Ioan nicht weniger, obschon es bei ihm eher daran lag, dass er sich als erwachsener Mann betrachtete und damit von Küchenarbeit befreit. Kor war wohl der Einzige, der in ihm den Erwachsenen sah, denn obwohl Llv sich Mühe gab, blieb er der Junge, den sie zu schützen versuchte – und das war wohl der Punkt, warum er sich so oft mit ihr stritt. Mit einem leisen Seufzen strich sie sich mit dem Handrücken eine lose Strähne hinters Ohr, da ihre Finger bereits weiss gepudert waren. Mit einem Schmunzeln stellte sie fest, dass Kors Tochter völlig in ihre Arbeit vertieft war. Nicht verträumt, sondern konzentriert und das erleichterte Llv. Sie hatte der jungen Drachenarbeiterin nichts aufdrängen wollen, was dieser noch mehr Zeit gegeben hätte, sich Sorgen zu machen und in Selbstzweifel zu baden. Aber baden würde sie heute, so wie alle anderen auch. „Musa, würdest du…“ Es war unnötig den Satz zu Ende zu sprechen. Ihre Tochter hatte den Tee bereits vom Feuer geholt und den Kessel mit einem Stück Leder abgedeckt, so dass das Getränk heiss blieb, bis die anderen wach waren. Llv blieb nur noch dankbar zu lächeln, sich die mehlverstaubten Finger an den Hosen abzustreichen und sich dann erneut auf den Weg zum Wasser zu machen, denn irgendwann musste der Zuber einmal voll werden. Und er würde es nicht, wenn sie darauf wartete, dass Rikki aus dem Bett krabbelte. Reine Utopie. Wie viele Male hatte sie sich schon gewundert, dass es so lange dauerte Wasser zu holen, nur um dann festzustellen, dass das gewiefte Mädel zwar die Eimer mitgenommen, aber einfach vor dem Orak abgestellt hatte, um dann in neue Gefilde des Abenteuers aufzubrechen. Llv war ihr darüber eigentlich nie böse, fast nie, musste man hinzufügen, denn es gab sehr wohl Situationen, in denen sie Gehorsam verlangte. Innerlich stellte sie sich bereits darauf ein, sich auch heute ein heftiges verbales Gefecht mit ihrer abenteuerlustigen Tochter liefern zu müssen. Aber der Sturm war zu stark für einen Flug. Zumindest für einen Flug auf Luna. Und für einen Flug mit Luna, die eine Rasselbande aufmüpfiger Grössenwahnsinniger auf dem Rücken trug sowieso. Llv hatte bereits Mühe sich auf den Beinen zu halten, während sie den leicht ansteigenden Weg zum Plateau hinauf erklomm und sie war kein zierliches Persönchen, das von jedem nichtigen Lufthauch in die Knie gezwungen wurde. Schnaufend stapfte sie durch den mittlerweile knöcheltiefen Schnee, trug Eimer um Eimer zum Badeorak, lächelte über die Menge an Mehl, welche die beiden Mädchen bereits geschafft hatten und trug ihnen zwischendurch noch auf, den Tee in einen Krug abzugiessen und im gleichen Kessel noch einmal Wasser aufzukochen. Darin würde sie einige Kräuter aufweichen, den Sud anschliessend in einen Holzkübel abgiessen und die klebrig, grünbraune Restmasse in ein sehr dünnes, durchlässiges Lederstück einrollen. Beides zusammen war für Marc gedacht, Róns Drachen, der seit einigen Tagen an Zahnschmerzen litt und gar nicht wusste wohin mit seinem ewigen Leid. Sein Gejammer hörten sie manchmal bis hier hinunter, konnten jedoch nur leise darüber lachen, denn Marc war als Sensibelchen bekannt. Rón hielt seinem Klagen ohne Murren stand, kam jeden Morgen zu ihm, um sich um ihn und seine Wehwehchen zu kümmern und ertrug sogar Sterbegewinsel ohne mit der Wimper zu zucken. Möglicherweise war es dieses eine Mal jedoch etwas ernstes und da Llv Rón gerne beim Frühstück dabei gehabt hätte – sie schätzte die Ruhe, die der wortkarge Drachenreiter mit sich brachte -, hatte sie vor dem Drachen einige Kräuter vor die Nase zu setzen. Vielleicht würde das seine Schmerzen ein wenig lindern. Leider bedeutete dies, dass ihr der Weg bis zu den Drachenhöhlen bevorstand. Eine schmale, mit glänzendem Eis bedeckte Gasse, die sich durch den Fels frass und bis hinauf zum Drachenhorn führte, dem höchsten Berg des Kalatgebirges, der direkt oberhalb der Drachenhöhlen begann. Wahrscheinlich hatte das Wasser den natürlichen Weg durch den Stein gebildet und wenn im Herbst der Regen dicht vom Himmel fiel, konnte es gefährlich sein diesen Weg zu benutzen. Nur das dumpfe Donnern der Steinwände verriet, wenn oberhalb der Drachenhöhlen Schnee, Eis, Matsch und Regen in Bewegung geraten war und ins Tal hinab donnerte… und wenn man das Donnern hörte oder unter den Fingern spürte, war es zu spät.

    Doch während sie unter Anstrengung den Badezuber mit Eisklumpen füllte und immer einmal wieder kontrollierte, ob das Wasser im Kessel schon kochte, beschäftigte sie sich gedanklich mit etwas völlig anderem. Beim letzten Gang – ihre Zehen waren taub und sie klapperte mit den Zähnen im Stakkato – fiel ihr auf, dass Vin das Fell des Goldrücken vor der Höhle über einen Stein gelegt hatte, damit die Vögel noch die letzten Reste Fleisch wegpicken konnte. Sehr viel sauberer als am Abend zuvor sah es nicht aus. Die eisigen Winde hatten wohl früh eingesetzt und das Fell regelrecht gefrieren lassen. Einen Eimer neben ihren Füssen hinstellend, liess sie ihre Finger zärtlich durch das borstige, aber weiche Fell des erlegten Tieres gleiten, das sich in der Kälte gesträubt hatte. Das Leder würde möglicherweise genügen, um die ganze Kleidung der Kinder auszubessern, doch bisher hatte Vin ihr noch nicht verraten, was er mit dem Fell vorhatte – und es war seine Beute, also oblag ihm schlussendlich die Entscheidung. Trotzdem. Es ist wohl besser, ich nehme es mit hinein in die Wärme. Dann lässt es sich später leichter auf den Rahmen spannen. Damit klemmte sie sich das Fell, welches so hart wie ein Brett war, vorsichtig unter den Arm und kehrte zu ihren Töchtern zurück.
    Feinster Mehlstaub lag in der Luft, als Llv eintrat und der Duft frischen Brotes liess ihr das Wasser im Mund zusammen laufen. Langsam wurde es Zeit, dass auch die anderen ihren Weg aus dem Bett hierher fanden, ansonsten würde sie sich wohl mit kaltem Speck und ungeniessbarem Tee begnügen müssen. Andererseits war es einfacher den Heilsud richtig zu mischen, ohne eine Bande aufmüpfiger, und in ihrem Bewegungsdrang höchst eingeschränkter Kinder. Sich erst die klammen Glieder am Feuer wärmend und dabei das belustigte Grinsen ihrer Tochter Musa mit einem leichten Lächeln erwidernd, lehnte sie danach das Fell an die Mauer des Orak, direkt unterhalb zweier Vorschläge aus Holz, die Vin ihr einmal im Frühling gemach hatte. Davor hatte sie wochenlang darüber geseufzt, dass zu wenig Stauraum in diesem Orak zu finden sei. „Wo sollen denn die ganzen Kräuter hin? Und die Gewürze?“ Ihre verhaltenen Ausrufe hatten allgemeine Erheiterung geweckt, bis Vin sich ihrer irgendwann erbarmt und ins Tal hinab gestiegen war, um dort einen Baum zu fällen und daraus verschiedene Arten von Tabletts, Kisten und Regalen zu fertigen.
    Nun betrachtete sie nachdenklich die Lehmtöpfe und Tiegel, die dicht gedrängt hintereinander und nebeneinander standen und bei deren Anblick ein Unwissender wohl die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen hätte. Doch wann kam hier schon jemals ein Fremder herein. Nie. Zumindest hatte sie es nicht erlebt, dass jemals jemand bis ins Drachental hinaufgestiegen war. Besser so, überlegte sie, griff zielsicher nach einer bauchigen Vase und einem kugelrunden Lehmtopf und stellte beides in eine Ecke des Tisches. Mit kritischer Miene beäugte sie den kläglichen Restbestand an Salbei. Mit der Mistel sah es nicht besser aus, nur vom Mohn beherbergte sie noch eine persönliche Menge, die sie sicher in ihrem Orak verwahrte. Schwarzer Mohn, wie er nur hier in den , und auf einigen Ausläufern des Tirlatgebirges zu finden war, hatte eine viel stärkere Wirkung als der normale Rote Mohn, den man beinahe überall in Kiamara, ausser in Shielak, fand.
    Hoffentlich bringen Bran und Dedoo etwas an Kräutern mit, ging es Llv durch den Kopf, während sie ein paar Blätter Salbei zwischen den Fingern zerrieb und ins Wasser goss, dann Mistel ganz hinzugab und das ganze mit einer gehörigen Priese Mohn abrundete. Wahrscheinlich würde Marc sich über den absolut ungeniessbaren Brei beschweren, aber solange sie dafür ein paar Stunden Ruhe hatten.
    „Guten Morgen!“ Mit fragendem Blick sah Llv über die Schulter zu Rikki, gespielt verwundert über deren frühmorgendlichen Enthusiasmus, der ansonsten erst zwischen Speck und Tee einigermassen wach wurde. „Guten Morgen“, begrüsste sie die beiden, drückte Beck rasch einen Kuss auf die Wange und angelte gleichzeitig mit einer Hand nach einem Becher Wasser, um den bereits eingedickten Sud wieder ein wenig zu verflüssigen. Bereits machte sich der Herbe Geruch der Kräuter im Orak breit, verdrängte den salzigen Duft des Specks und die Süsse des Brotes und liess Musa in ihrer Arbeit innehalten und die Nase in die Luft strecken. Ganz fachmännisch nickte sie, als sie die Zutaten des Breis differenziert hatte und widmete sich dann wieder dem Mehl. Gerade noch eben so ertappte Llv ihre Tochter Rikki dabei, wie diese verstohlene Seitenblicke verschickte und dann vollkommen unauffällig nach einem Streifen Speck fingerte. „Das wäre eigentlich für das Frühstück gedacht, Sommersprosse“, mahnte sie die diebische Elster und fing sich prompt ein solch stolzes Grinsen, dass sie skeptisch die Stirn in Falten legte und nachhakte: „In Ordnung, was hast du verbrochen?“
    „Das habe ich mir verdient“, tönte es rechtschaffen zurück und Llv konnte sich ein Lachen nur schwer verbeissen:“Ich war heute Morgen eher wach als Beck. Ich habe sie sogar geweckt, sonst würde sie jetzt noch immer schlafen, so wie alle Anderen.“ Llv schickte Beck einen Blick unter hochgezogener Augenbraue, doch sie nickte nur leidlich, verdrehte die Augen und ging auch sofort ihrer Schwester zur Hand. Nur Rikki blieb im Eingang stehend, wippte von Zehen zur Ferse und verkündete, nachdem sie das Orak inspiziert aber das Objekt ihres Begehrens nicht gefunden hatte, mit nölender Stimme: “Wo bleibt Ioan, mein Herz? Wenn er nicht bald hier ist, gehe ich ihn holen.“ „Genau“, hängte Llv sofort hinterher, ohne ihre Tochter anzusehen: „Und dann könnt ihr in er Küche dabei helfen den Goldrücken auseinander zu nehmen und das Getreide zu zermahlen.“ Was folgte war ein Ausruf, den Llv bereits zur Genüge kannte und mit nichts als einem zuckersüssen Wimperklimpern zu würdigen wusste.
    „Aber zuerst“, setzte Llv anschliessend, als Rikkis Protestparade verklungen war, ungerührt fort: „Bringt du das hier“, damit nahm sie den Kessel vom Feuer, breitete ein Tuch über einer Schüssel aus und goss den grünbraunen Brei hinein: „zu Rón hoch. Marc scheint noch immer Zahnschmerzen zu leiden und damit wir nicht länger leiden, soll er den Tee sorgfältig über den schmerzenden Zahn giessen und den Brei danach auf das entzündete Zahnfleisch legen.“ Das Leinentuch färbte sich lindgrün, derweil es zwar den Tee hindurchsickern liess, die festen Bestandteile, wie die eingekochten Blätter und Stängel, aber aussondierte. Sorgfältig verknotete Azyra das Tuch an den vier Ecken, presste auch den letzten, kochend heissen Saft noch heraus und überreichte dann sowohl Schüssel, als auch Tuch Rikki. „Ohne Umweg über die Bergspitze bitte“, warf sie noch flüchtig, aber durchaus ernst ein – ihre Tochter KAM auf solche Ideen! – und wandte sich dann den Broten zu, die gewendet werden mussten.

    Als sich plötzlich freudiges Stimmengewirr erhob und ein Durcheinander an: „Guten Morgen Vater!“, „Hei Papa“, „Dad!“ zum Eingang gerufen wurden, musste Llv sich nicht umdrehen, um zu sehen, wer da gerade eben von den Toten auferstanden war. „Sieh an, auch schon wach“, grinste sie auf die Brote hinab, von denen sie gerade eines zwischen den Fingerspitzen hielt und zusammen drückte, um zu prüfen, ob sie schon gut gebacken waren. Da schlossen sich auch schon starke Arme fest um ihre Taille und warme Hände legten sich auf ihre Hüfte. Mit einem Brummen stützte Vin sein kräftiges Kinn auf ihre Schulter und hängte sich damit wie ein Affe an ihren Rücken. Mit einem leisen „uff“ und einem unterdrückten Kichern nahm sie seinen Kommentar bezüglich der Bote zur Kenntnis, um anschliessend in helles Gelächter auszubrechen, als er sie darauf aufmerksam machte, sie wäre nicht mehr zurückgekehrt. Und das in einem Tonfall, den sie eher einem armen, halbverhungerten Welpen zugetraut hätte, der um etwas Kuchen bettelte. Seinen Kuss hingegen erwiderte sie, nahm sich sogar die Zeit das Brot zurückzulegen, sich in seinen Armen umzudrehen und ihn mindestens noch zehn weitere Drachenatem lang zu beschäftigen, bevor ein verhaltenes: „Guten Morgen“, sie zurückweichen liess. „Guten Morgen“, erwiderte sie mit einem liebevollen Lächeln, zwang sich aber dazu ihren Sohn nicht auch zu einem Kuss und einer Umarmung zu zwingen. Sie konnte sich schon gar nicht mehr erinnern, wann er sich zum letzten Mal nicht mit einem knappen Morgengruss angekündigt hatte. Es musste Jahre her sein, oder hatte er es überhaupt jemals getan? Vin löste sich von ihr und begrüsste seine Kinder. Kaum hatte ihr Mann einen Stuhl gefunden, auf dem er sich niederlassen – und sie ihn mit einem Blick der Bände sprach ansehen – konnte, und hatte sich nach freiwilliger Hilfe erkundigt, betrat auch schon Lug das Gemeinschaftsorak. “Ihr helfe dir“, erklärte der junge Mann, der völlig nach seinem Vater kam, einmal abgesehen von den Haaren, die er eindeutig von seiner Mutter geerbt hatte, genau wie Rikki. Llv hatte nie darunter gelitten, dass sechs von ihren sieben Kindern keinerlei Ähnlichkeit mit ihr gemein hatten und auch Ioan hatte mehr von seinem Vater, als von ihr. Das gleiche helle Haar, die dunklen Augen und die sanft gebräunte Haut, die im Sommer sehr dunkel werden konnte. „Dein Fell steht übrigens hier“, erklärte sie ihrem Gefährten mit einem Nicken in Richtung der Kräuter, wieder einmal ohne sich umzudrehen, denn die Brote erforderten vermehrt ihre Aufmerksamkeit: „Ich dachte es wäre besser, es taut schon einmal auf, bevor du dir die Zähne daran ausbeisst. Nai, und während ihr gerbt, helfen mir die Mädels den Rest des Fleisches zu zerteilen und einzufrieren. Ausserdem…“ Nun drehte sie sich doch um, eine bedrohliche, hölzerne Kelle in der Hand, mit der sie meisterlich umzugehen wusste. Sowohl IN der Küche, als auch ausserhalb. „Ausserdem wird heute gebadet. Sonst kannst du heute Nacht bei Jaim schlafen. Wo ist der überhaupt?“
    Kopfschüttelnd lief sie an Vin vorbei, nicht ohne mit der Hand seine Schulter und seinen Nacken zu streifen, erwiderte Lugs Begrüssung lächelnd und nickte auf seine Frage hin: „Ja, du könntest dafür sorgen, dass deine Schwester und Rón zum Frühstück kommen. Ansonsten schafft es Rikki mit Sicherheit Marc die Zahnschmerzen auszutreiben, indem sie in einfach in Grund und Boden redet. Eigentlich Dedoos Teil…“ Für einen Augenblick lang wurde ihr schwer ums Herz, denn allein der Gedanke an ihre älteste Tochter erfüllte sie mit Sehnsucht. Ob es ihr und Bran gut ging? Waren sie bereits wieder auf dem Weg nach Hause? Llv wusste es nicht. Würde es erst wissen, wenn die beiden angekommen waren, oder Phlik mit einer Nachricht zurückkehrte.
    Dankbar registrierte sie wie Lug ihrer Bitte folgte und sich auf die Suche nach seiner Schwester und dem schweigsamen Drachenreiter machte, und sorgsam verstaute sie Tiegel und Schüsseln wieder an ihren alten Platz. Gerade dabei den Salbei wieder hinter der Myrrhe zu platzieren, musste sie flüchtig innehalten und sich an dem Regal abstützen, als ihr in einem Anflug von Schwindel die Welt vor Augen verschwamm. Den Kopf schüttelnd überwand sie den Hauch von Schwäche und seufzte schwer, sich fragend, wann diese Kälte ihr denn endlich nichts mehr anhaben konnte.



    Re: Platz des Feuers

    Rikki - 23.06.2008, 20:59


    So war es doch. Auch wenn das keiner so sah, oder verstand – Rikki stellte ja nicht den Anspruch es müsste jeder verstehen … na ja meistens nicht – so war es doch unzweifelhaft an dem, dass sie heute früher als viele andere im Hort aufgestanden war. Vielleicht sollte sie weniger Lob dafür erwarten, wenn sie mitbekam wie Serenity und Musa bereits ihrer Mutter in der Küche halfen, aber …
    So bin ich eben. , dachte Rikki trotzig. Sie erwartete eben immer mehr Aufmerksamkeit als andere und außerdem war sie niemand der sich darum riss im Haushalt zu helfen. Da hatte sie viel mit Ioan gemeinsam, der scheinbar noch immer schlief. Wie es schien. Daraufhin verzog sie beinah enttäuscht das Gesicht. Der Morgen machte nur an seiner Seite so richtig Spaß. Alleine war er doch irgendwie … langweilig. Zumal Beck heute viel zu verschlafen war, um sie dazu zu bekommen, Dinge zu tun, die sie auch an anderen Tagen nur äußerst ungern tat. Also weil sie wusste, sie waren verboten, oder gefährlich. Mitten hinein in ihre Überlegungen in denen Rikki bereits einen Ausflug mit den Drachen plante – der würde besonders viel Spaß bei den heutigen Winden machen – hörte sie die Stimme ihrer Mutter die in jener heiter, ernsten Art zu sprechen wusste und ihr erklärte, dass sie und Ioan dann beim Fell und später beim Getreide helfen konnte.
    Oh Prima…
    Da wäre er hin ihr genialer Plan, der noch nicht mal die Zeit gehabt hatte zu reifen. Aber so schnell gab Rikki ja nicht auf. Pläne schon gar nicht. Außerdem ging es um Küchenarbeit und die konnten…
    „Beck, Serenity und Musa können das viel besser. Sicher hilft Lugh auch gerne.“
    Zwar wusste sie, dass Lugh in den kalten Tagen von Airik andere Aufgaben hatte, als das viel Zeit für die Küche blieb. Aber trotzdem. Sie und Ioan würden heute ein wenig fliegen. Er war besser geworden in den stürmischen Tagen des Herbstes. Dank Kor’s Training wie Rikki nicht leugnen konnte, aber das spielte ja keine Rolle. Sicher war nur, dass es niemand außer Ioan gab, der sich traute an einem heutigen Tag zu fliegen. Und alleine machte es jawohl keine Freude, klar.
    Nach kurz angemeldeten Protest war Rikki schon wieder im Schmieden der Pläne, während sie mit halbem Ohr ihrer Mutter zuhörte, die ihr versuchte einzuschärfen wie Marc seine Medizin zu nehmen hatte. Marc jammerte schon seit Tagen. Rikki verstand das Problem nicht. Noch weniger konnte sie nachvollziehen, wie Ron dabei so ruhig bleiben konnte. Marc war ein Angeber und ein Waschlappen in einem Drachen. Nicht mal für zwei Drachenatem würde es Rikki mit so einem Drachen aushalten. Heaven war das ganz anders und ganz und gar nicht so unschuldig, wie der Name vermuten ließe.
    Rikki nickte, als ihre Mutter geendet hatte. Ihre Anmerkung bezüglich der Bergspitze, ließ Rikki lächeln. Sie näherte sich Llv, umarmte sie und drückte ihr einen Kuss auf der von der Anstrengung geröteten Wange.
    „Mach dir nicht immer so viele Sorgen.“
    Mit der Sicherheit und Überzeugung in ihren Worten, winkte sie in die Runde, dann war sie aus der Wärme und Sicherheit des Oraks verschwunden. Die Arznei sicher verpackt, trug Rikki keinen warmen Mantel, lediglich eine aus warm haltenden Fell gearbeitete Weste. Sie fror nicht schnell noch weniger dann, wenn sie sich aktiv bewegte. Und der Aufstieg ins fliegende Tal zu den Drachen war schon ein Stück Weg, der auch im Winter anstrengend sein konnte. Dann sogar beinah noch mehr als im Sommer, weil er Weg an vielen Stellen vereist und damit glatt und rutschig wurde. Selbst die wendige, flinke Rikki musste sich an dem ein oder anderen Stein festhalten, als sie im Klettern auf allen Vieren ins Rutschen kam.
    Für wenige Momente überlegte sie wirklich ernsthaft, ob sie nicht doch noch einmal auf die Bergspitze klettern sollte, weil sie schon so weit gekommen war, aber dann verwarf sie die Idee sogleich wieder. Auch das machte alleine nicht wirklich Spaß.
    Es dauerte wohl mindestens einige Drachenatem, wenn nicht sogar ein ganzer Drachenstoß, bis sie endlich angekommen war. Sie sah schon von weitem die Drachen bei der morgendlichen Panzerpflege. Heaven bemerkte ihre Anwesenheit sogleich und kam aus der Luft herab geschossen, denn genau wie Rikki nicht viel vom baden hielt, hielt es auch Heaven nicht so genau mit der Pflege ihres Panzers, der nahezu pinkrot funkelte. Im stillen Zwiegespräch waren die neusten Neuigkeiten schnell ausgetauscht, die bereits Rikkis Plan enthielten, von dem Heaven – wie nicht anders zu erwarten – restlos angetan war.
    Sie musste also nur noch Ioan einweihen und ihrer Mutter entkommen. Aber da fand sich – wie so oft – schon ein Weg. Der führte Rikki nun, nach der liebevollen Begrüßung mit Heaven, zu Ron. Der saß auf einem kalten Stein – unbeeindruckt – gegenüber von Marc, dessen quengelnde Stimme – so empfand Rikki das – schon bis zu ihr drang.
    Oh je. , dachte sie nur und rollte die Augen.
    „Ron!“ , rief sie im Näher kommen freundlich und der Drachenreiter sah zu ihr. „Ich bringe was Schönes vorbei.“ Mit einem Lächeln zu Marc hielt sie den lindgrün, stinkenden Beutel hoch. „Für dich.“
    Sie erklärte Ron, Llv hätte das extra für ihn zubereitet. „Damit es dir bald besser geht.“
    Sie verkniff es sich anzumerken, dass er dann nicht mehr so nerven konnte. Aber so gefühl- und taktlos war sie nicht. Kurz alles mit dem Drachenreiter besprochen habend, der zu dieser Unterhaltung nur wenig beitrug, verließ Rikki mit einem verschwörerischen Zwinkern in Heavens Richtung das Plateau um zurück zum orak zu klettern. Der Rückweg ging schneller und schon beim Eintreten in der Höhle erkannte sie ihren Vater, den sie stürmisch begrüßte, Ioan dem sie ohne das es wer sah still ein Zeichen gab, sie würden nachher reden müssen – das bedeutete sie hatte einen Plan- dann nahm sie Platz.
    „Ich habe Hunger. Wo bleibt der Rest, damit wir endlich anfangen können?“
    Es fehlten neben Jaim und dessen Vater noch Kor und seine Tochter Szonja. Ihre Mutter schickte derweil Lugh nach Ron. Rikki erklärte zwar, dass sie nicht glaubte, dass dieser zum Frühstück käme, aber Lugh wollte sich selber vergewissern. Außerdem wären dann sicher endlich alle da.
    Gut das nicht noch Deedoo und Bran hier waren. Dann würde das wohl alles noch länger dauern und sie wäre längst verhungert, wie das laute Magenknurren verriet, während sie versuchte erneut etwas vom Schinken zu stibitzen.



    Re: Platz des Feuers

    Jaim - 09.07.2008, 22:11


    Das Rauschen der Wellen in seinen Ohren wiegte Jaim in seinen Träumen sanft. Er sah lange einfach dem Zerschellen der blutroten Gischt an scharfkantigen Klippen zu. Er wartete, bis die Sonne sich am Horizont der Meeresoberfläche auflöste und dann… dann geschah, was immer geschah. Der Geruch des Meeres wich der verbrennenden Ödnis einer endlosen Sandebene zur Zeit des Sonnenzenits. Auf der saß er noch immer regungslos, die Beine angewinkelt. Tief grollendes Trommeln hallte in seinem Kopf nach. Eine kleine Eidechse lief vor ihm entlang, verharrte kurz und musterte ihn aus schwarzen Augen. Dann sprintete sie davon.
    Und dann war es soweit. Das Trommeln eines kräftigen Herzens in seinem Kopf wurde zum mächtigen Flügelschlag eines Drachen, den er am Horizont in Umrissen erkannte. Er kam auf ihn zu, mit weit ausholendem, majestätischem Schwung. Mehr als den schwarzen Schatten konnte der Drachenreiter nicht erkennen. Das Trommeln wurde lauter, bis er sich die Ohren zuhalten musste. Über ihm kreisend, stieß der Drache auf ihn nieder und dann… dann wurde alles schwarz. Jaim fiel in die Bodenlosigkeit und schreckte kurz darauf aus dem Schlaf auf. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn und mit schnellem Atem saß er aufrecht auf seinem Lager. Um ihn herum war es dunkel. Er befand sich in seinem Orak, den er mit seinem Vater teilte. Er sah zu dessen Lager, aber das war längst leer. Es war schon morgen, dachte Jaim beinah erleichtert. Denn der immer gleiche Traum verfolgte ihn seit einigen Mondwechseln. In den letzten Tagen waren die Träume intensiver und essentieller geworden. Der heiße Wind hatte ihn ausgetrocknet. Er verspürte großen Durst. Als er auf seine Arme sah, tastete er erstaunt seine Haut entlang. Ein flächiges Brennen auf der Haut war die Reaktion. Er hatte einen Sonnenbrand. Verstört über diesen suchte er auch den anderen Arm und das Gesicht nach den Zeichen seines Traumes ab. Es waren nur die Arme und seine Brust betroffen, die er glücklicher Weise durch seine Kleidung verdecken konnte.
    Verunsichert über die Folgen der Träume, die er im Schlaf empfing, raufte er durch sein dunkles Haar, das ihm bis zu den Schultern reichte. Dann schlug er die Decke zurück und stellte die Beine auf den Boden. Was sollte er machen, wenn die Träume noch intensiver wurden. Er war ratlos diesbezüglich. Schweigend und in Gedanken versunken zog er sich an. Zuerst streifte er die Hose über, dann wickelte er sein Hemd in einer eigenwilligen Prozedur eng um seinen Körper. Darüber zog er zwei dicke Pullover, weil ihn die Kälte der Höhlen frösteln ließ. Die Stiefel übergestreift, tippte ihn eine Hand aus dem Nichts an die Schulter. Jaim schreckte zurück und drehte sich überrascht um. Seine braunen Augen streiften den zweifelnden Blick seines Vaters Frey.
    Beruhigt stieß Jaim die Luft in einem Seufzen aus. „Du bist es.“
    “Endlich bist du aufgewacht.“
    Jaim sah seinen Vater fragend an. Der antwortete mit einem versöhnlichen Lächeln, dass es längst Zeit wäre. Erst jetzt realisierte der junge Drachenreiter den duft von Frühstück, der bis in diesen Teil der Höhlen vorgedrungen war.
    Prüfend sah Frey ihn an. “Hast du heute Nacht wieder die Bilder gesehen?“, fragte er mit Sorge in der Stimme, die er selten so deutlich zeigte. Jaim nickte. Es hatte keinen Sinn, es zu leugnen. Er hatte seinem Vater von den Träumen erzählt und ihn gefragt, was er glaube, dass sie bedeuten würden. Doch auch Frey mit seiner Erfahrung hatte diese Frage nicht beantworten können. Jetzt waren seine Züge jedoch hart. Nur in seinen grünen Augen zeigte sich noch immer offenbar die Sorge um seinen Sohn.
    “Ich habe mit Kor gesprochen und es ihm erzählt.“
    Jaim seufzte zustimmend. Kor war der Anführer der Drachenreiter und nachdem die Träume intensiver geworden waren, konnte es sein, dass die Träume nicht mehr nur ihn allein betrafen. Immerhin könnten Jaims Träume auch ein Hinweis auf Gefahr sein, die die Onuk bedrohte. In jedem Fall, würde er mit Kor sprechen müssen, so wie sein Vater es ihm nahe legte.
    “Er weiß vielleicht eine Lösung, auch wenn er heute morgen noch nicht viel hatte sagen können.“
    “Ich rede mit ihm.“, lenkte Jaim mit für ihn typischem Lächeln ein und Frey klopfte ihm zustimmend auf die Schulter. Dass Jaim durch den Sonnenbrand zeitgleich von einem brennenden Schmerz überfallen wurde, versuchte er mit verzerrtem Gesicht zu unterdrücken. Frey runzelte die Stirn.
    “Ist wirklich alles in Ordnung mit dir, mein Junge?“
    Auf Jaims Lippen bildete sich ein beruhigendes Lächeln, das sich im Glanz seiner braunen Augen wieder fand. “Sei unbesorgt, Vater…“ Er seufzte in ihn übermannender bittersüßer Heiterkeit. “Bis auf mich in den Wahnsinn treibende Träume, die immer realer werden, geht es mir sehr gut.“
    Frey schüttelte den Kopf, hatte sich aber von dem Lächeln seines Sohnes anstecken lassen.
    “Es freut mich, das zu hören.“, mischte sich eine rauere Stimme unter sie, sobald Jaim und Frey ihren Orak verlassen hatten. Kor hatte die letzten Worte Jaims gehört und trat nun zu Vater und Sohn.
    Der Anführer der Drachenreiter war wie immer von einer Strenge gezeichnet, die Jaim schon immer hatte Respekt eingeflößt. Ganz anders als sein Vater, hatte Kor scharfe Gesichtzüge, die zu seinem schroffen Wesen passten. Trotzdem Kors Augen braun wie die seinen waren, strahlten sie unter den ergrauten Brauen in diszipliniertem Ernst, der zu Kor gehörte, seitdem Jaim sich an ihn erinnern konnte. Zwar waren er und sein Vater Frey vollkommen verschiedene Onuk, trotzdem verband die beiden Männer eine treue Freundschaft, die Kor zu einem Onkel Jaims hatte werden lassen. Er begrüßte den sehnigen Drachenreiter mit einem Handschlag, wie er für Drachenreiter gewöhnlich war. Dann gingen die Männer in die Küche. Während Kor alle lediglich mit einem Augenaufschlag begrüßte, aber keiner etwas anderes einforderte, weil man seine wortkarge Art gewohnt war, begrüßte Frey die anderen Onuk mit einem gut gelaunten Lächeln. Jaim trat hinter den beiden Ältesten Onuk ein und sah, dass der Tisch schon gedeckt war.
    Sie hatten alle mehr oder weniger feste Plätze, wobei jener vor Kopf der Tafel für Kor bestimmt war. Ansonsten stand es den anderen frei und doch saßen sie beieinander, wie sie jeweils Oraks miteinander teilten. Jaims Platz war für gewöhnlich neben seinem Vater, der nahe Kor saß.
    Jaim begrüßte Ioan im Vorbeigehen mit einem Faustschlag auf Faustschlag. So tat er es auch mit Rikki und Vin. LIv hatte er im Vorbeigehen einen Kuss auf die Wange gedrückt. Beck und Musa, die neben LIv saßen, grüßte er mit einem breiten Lächeln. An Musas schwarzen Augen blieb sein Blick kurz haften. Jaim hatte sie gefragt, ob sie heute zusammen mit ihm den unteren Fluss vom Eis befreien wollte. Es würde sicher Spaß machen, hatte er gestern groß getönt. Jetzt schien er in ihrem Schmunzeln eben die gestern getroffene Vereinbarung wieder zu finden.
    Jaim setzte sich und begann zu essen. Während Kor, Vin, Lug, LIv und Frey sich über die Planung des heutigen Tages austauschten und Kor dabei Serenity und Ioan einbezog, berichtete Rikki Jaim, Musa und Beck von ihrem kurzen Ausflug zum Platz der Drachen, Marcs Leiden und dem tapferen Ron, der die Nacht bei ihm ausgeharrt hatte. Auch von den Plänen, die Rikki mit Ioan zusammen unternehmen würde, berichtete sie freimütig. Jaim gab zwar zu bedenken, ob das heute wirklich eine gute Idee war, doch Rikki winkte überschwänglich ab und meinte ausdauernd, wie groß der Spass das werden würde. Dann wurde sie von Ioan abgelenkt, der sich mit Rikki schweigend durch geheime Zeichen über den Tisch hinweg austauschte. Jaim lenkte das Gespräch aufgrund von Rikkis Desinteresse auf ein anderes Thema. Er aß ein bisschen Speck und trank einen Schluck Tee.
    “Es ist recht kalt heute.“
    Jaim lächelte auf die leicht verdutzten Gesichter der beiden Frauen und suchte erneut ein Thema, weil es wohl ungeschickt wäre, von sich auszugehen, wenn er die Nacht über in der Wüste verbracht hatte.
    “ Was wirst du heute machen?“, fragte er Beck ablenkend.




    tbc für Musa & Jaim --> Flusslauf des Killhain



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