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Re: Wortlos
Lonny - 01.05.2006, 23:34Wortlos
Schweigen und Wortlosigkeit sind verschiedene Welten.
Betrachte ein Paar in einem Café oder Restaurant. Sie haben einen Kaffee oder ein Glas Wein vor sich und reden keinen Ton. Wenn du sie beobachtest kannst du erkennen, ob sie gemeinsam schweigen oder ob sie keine Worte finden.
Gemeinsames Schweigen, Schwelgen in der Ruhe, Fallenlassen im Gefühl des "wir sind", die Gedanken des anderen - dabei muss es sich nicht um einen Beziehungspartner handeln - zu kennen, vermitteln ein Gefühl der Geborgenheit, der Sicherheit, des ich-bin-angenommen.
Wortlosigkeit dagegen zeugt von Desinteresse, Unsicherheit, Verletztheit oder Langeweile; beim Wortlosen und Nicht-Hörenden gleichermaßen.
Gemeinsames Schweigen vertieft Beziehungen, Wortlosigkeit ist das Ende.
Re: Wortlos
Maraiah - 03.05.2006, 14:49
Ja. Schönes Thema.
Es gibt viele Gründe für das Schweigen.
a) man will etwas anderes scheinen, als man ist - da ist "den Mund halten" auch eine sehr wirkungsvolle Methode ;)
b) man will als Spiegel dienen. Da ist Schweigen angesagt, weil der andere dann reininterpretieren kann, was er mag und so frei ist in seiner Projektion.
c) man hat sich nichts zu sagen.
d) man hat andere Methoden bzw. soviel Nähe entwickelt, dass Worte unnötig geworden sind.
Es gibt aber auch ein Schweigen, das entsteht, weil man erkannt hat, dass Worte einfach nie das erfassen können, was man zu sagen hat und das sie meistens immer doch nur dazu dienen, Mißverständnisse zu produzieren. Aber das liegt nicht jedem, denn ich ersticke dann irgendwann an all meinen Worten, die aus mir rausplumpsen wollen.
Ich schweige eigentlich so ca. 80% des Tages. Ich unterhalte mich kaum, bin auch nicht auf ein Schwätzchen aus. Im Grunde nervt es mich nur, dieses Gelabbere um nichts. Ich hasse telefonieren, weil ich mich dann auch nur verstellen muss. Und den Rest rede ich mit meinem Sohn - d.h. 50 Prozent davon meckere ich rum oder spiele Papagei ...
Wortlos kann man viel mehr erfahren. Viel mehr sagen auch ... Ich beobachte viel, ich sehe viel, vieles was andere nicht sehen, die mehr reden als schauen, empfinden, spüren, fühlen ...
Für mich muss niemand reden - jedenfalls nicht mit dem Mund. Gestik, Ausstrahlung, Emotion, Intuition sprechen Bände.
Wenn wir schweigen, dann werden wir mE wirk-licher. Dann sind wir mehr DA. Das können viele nicht aushalten. Durch Schweigen entsteht auch Nähe, weil das Fühlen dann in den Fordergrund tritt. So empfinde ich das. Wenn ich Besuch habe, rede ich allerdings auch wie ein Wasserfall. Mag sein, dass ich ebenso ein Problem mit Nähe habe, mag sein, dass ich es dann einfach genieße, mein Schweigen zu brechen.
Ich lass es aus mir rauspurzeln, wie es will - genau wie mein Schreiben hier. Wie du schon sagtest : Das hier (das Forum) soll Spaß machen und ein Vergnügen sein - keine Pflicht. Danke für diesen Hinweis übrigens ... hat mich sehr gehelft.
Partnerschaftlich gesehen merke ich es bei meinen mentalen Gesprächen. All die Zeit hat mein Verstand geplappert ohne Ende, wenn ich die Verbindung hatte ... jetzt werd ich leiser, ruhiger und die Stille breitet sich aus.
Ich hab mir oft vorgestellt, wie wir zusammen am Meer sitzen, ich in seinen Armen und zusammen schweigen und schauen und fühlen. Und dieses Gefühl von "alles genug" ... das ist schön. Das hab ich oft auch wenn ich alleine mit mir schweige ... dann kann dieses Glücksgefühl aufsteigen in mir ...
:diskus :D
Re: Wortlos
Anonymous - 03.05.2006, 22:12
Gerade in der Partnerschaft finde ich "reden" sehr wichtig. Natürlich hast Du recht Mara, wenn Du sagst "schweigen kann alles genug" sein. Klar, gerade letztens im Hollandurlaub, am Meer in den Dünen haben wir, meine Frau und ich das genossen! Man redet nichts, versteht aber alles. Das Flair muß stimmen um zu schweigen!
Reden. Ich denke, das liegt an der Alltäglichkeit!? Man möchte soviel wie möglich seinem Partner vom Geschehenen, vom Erlebten erzählen, ihm das Gefühl geben, daran teil zu haben, zu teilen, was bewegt! Tut man das nicht, kann das tötlich für eine Beziehung sein.
Re: Wortlos
Lonny - 04.05.2006, 00:07
danke für Eure Gedanken....
danke fürs Erzählen....
ich rede sehr gerne,
aber seit es mir nicht gut geht hab ich kaum was zu sagen....
weder meinem Mann
noch meinem Sohn
noch den Freundinnen
denn herumjammern möchte ich auch nicht, obwohl ich mich eigentlich danach fühle.....
aber - stimmt das denn?Möchte ich wirklich jammern?Nein!
Viel lieber wäre ich fröhlich und würde gerne singen................
aber das ist noch sooooooooooooo weit weg!
Re: Wortlos
Maraiah - 04.05.2006, 08:14
Weißt Du Lonny, dass man das eine nie in seiner wirklichen Tiefe erleben kann, wenn man das andere negiert ? Vielleicht erlebt man es tatsächlich nie, solange man den Gegenpol verleugnet ? ;)
Ja, Peter. Ich habe das in Beziehungen immer vermisst, dieses "über alles reden können" - im Moment habe ich keine "Beziehung" in dem Sinne, deshalb habe ich diesen Aspekt auch außer acht gelassen, es wäre rein hypothetisch.
Ich habe mich weiterentwickelt, was weiß ich, wie ich heute in einer Beziehung wäre ? Die letzte ist schon wieder 9 Jahre her und da habe ich geschwiegen wie ein Grab und du hast recht - das war der Tod.
Ich halte mich da mal an meinen immer wieder bewährten Spruch: Nicht entweder/oder, sondern sowohl als auch. Rein hypothetisch gesehen, würde ich mir beides wünschen: Ich möchte mit meinem Partner reden und schweigen können - und zwar alles zu seiner Zeit :)
Re: Wortlos
Anonymous - 04.05.2006, 20:44
Lonny, stell Dir einfach vor, ich sitze neben Dir, lächel Dich an und übertrage Fröhlichkeit,...ich singe sogar mit Dir! :))
Dir Mara wünsche ich, dass Du jemanden findest, mit dem Du schweigen, sowie auch reden kannst und in beiden Fällen Einverständnis herscht! :))
Re: Wortlos
Maraiah - 04.05.2006, 20:53
Oh, dankeschön ! :flower
Das wünsche ich mir auch *seufz ...
Re: Wortlos
Lonny - 04.05.2006, 23:12
Peter hat folgendes geschrieben: Lonny, stell Dir einfach vor, ich sitze neben Dir, lächel Dich an und übertrage Fröhlichkeit,...ich singe sogar mit Dir! :))
Hey - du bist wirklich lieb!
Weisst du - dass ich eine Ewigkeit lang nicht mehr gesungen hab?
ich versteh selbst nicht, warum plötzllich uralte Geschichten hochkommen bei mir?
Ich war ein Schulkind - weiß nicht mehr genau - vielleicht sieben Jahe alt - damals besuchte uns die Schwester meiner Mutter und wollte eine Woche bleiben.
Am zweiten Tag stand sie plötzlich mit ihrem Koffer mitten im Zimmer und warf alle ihre Klamotten hinein.
Meine Mutter fragte sie was los wäre - die Antwort meiner Tante lautete:
"ich kann den total falschen Gesang des Kindes nicht mehr hören"
darauf hin bat mich meine Mutter nicht mehr zu singen solange die Tante zu Besuch sei!
Die Tante blieb dann doch und ich war still und sang nicht mehr falsch.
Die ganze Woche hielt ich durch.
Am Sonntag in der Kirche dachte ich , wenn ich so falsch singe, hören es ja auch die anderen in der Kirche und stören sich daran - also sang ich nicht - machte aber den Mund auf und zu damit es so ausschaute als ob!
Alle um mich herum waren zufrieden - also machte ich weiter so. Immer weiter - jahrelang,
auch in der Schule......
die Jahre vergingen
ich wurde erwachsen
kam in Tanzgruppen in denen gesungen wurde
meinst du ich hätte einen Ton raus gebracht?
Nein! Keinen einzigen!
Heute weiß ich, dass es meiner Tante damals vor vielen Jahren nicht gut ging und das ihr Befinden mit Sicherheit nix, aber auch garnix mit mir und meinem Gesang zu tun hatte - ich war nur der Auslöser - sie brauchte etwas zum Abreagieren und hat damals mich ausgesucht. So sehe ich das heute.
Aber das ist vorbei - Geschichte - doch
ich hab diese Geschichte nie wirklich losgelassen!
das will ich nun tun und singen - mit dir - mit anderen.....
ich weiß zwar noch nicht so recht was - aber ich werde sicher Lieder finden!
Re: Wortlos
Lonny - 04.05.2006, 23:26
Mara hat folgendes geschrieben: Weißt Du Lonny, dass man das eine nie in seiner wirklichen Tiefe erleben kann, wenn man das andere negiert ? Vielleicht erlebt man es tatsächlich nie, solange man den Gegenpol verleugnet ?
hm............?
ich versteh nicht wirklich???
meinst du, ich sollte anstatt zu versuchen krampfhaft positiv zu denken
lieber jammern und schimpfen und fluchen und so???
Re: Wortlos
Maraiah - 05.05.2006, 07:39
Lonny hat folgendes geschrieben: Mara hat folgendes geschrieben: Weißt Du Lonny, dass man das eine nie in seiner wirklichen Tiefe erleben kann, wenn man das andere negiert ? Vielleicht erlebt man es tatsächlich nie, solange man den Gegenpol verleugnet ?
hm............?
ich versteh nicht wirklich???
meinst du, ich sollte anstatt zu versuchen krampfhaft positiv zu denken
lieber jammern und schimpfen und fluchen und so???
Ja.
Re: Wortlos
Anonymous - 06.05.2006, 23:41
Also ich weis nicht, ob das jetzt hier so passt, aber ich singe öfter mal. Im Ernst.
Wenn Partys bei mir im Saal sind, wir einige Vinos oder Pils getrunken haben und dann Hans Albers, Juli, Karat, etc.
Okay, ist wahrscheinlich nicht vergleichbar, aber kommt gut, nicht nur in der angetrunkenen Gesellschaft, sondern auch für eigene die Psysche! Das ist wie einen Moment Urlaub! :))
Re: Wortlos
Lonny - 07.05.2006, 00:37
....und wie es passt - genau richtig !!!
genau - für die eigene Psyche :ja
ich habe über meinem Forum stehen :
Zitat: Wenn du deinem Herzen Luft machen willst, tanze
(Alexis Sorbas)
und singen und tanzen finde ich immer noch besser als jammern, schimpfen und fluchen.
Beim Tanzen kann ich meine ganze Wut und allen Ärger mit meinen Füssen in den Boden stampfen - oder auch mit Händen und Armen bildlich alles abgeben,was mich belastet.....
alles in die Mitte oder auf die Erden werfen .... zu dem Ort der Verwandlung.
Peter spielst du auch ein Instrument dazu, wenn du singst?
*sing* : auf der Reeperbahn nachts um halb eins..............
Re: Wortlos
Anonymous - 07.05.2006, 16:18
Hin und wieder spiele ich Mundharmonka :roll ...spät in der Nacht oder früh am Morgen packt es mich manchmal :lach
Re: Wortlos
Maraiah - 07.05.2006, 17:39
mmmh ... ich liiiebe mundharmonika. mein sohn hat auch talent dazu - ich höre ihm total gerne zu.
Re: Wortlos
Maraiah - 08.05.2006, 16:45
Lonny hat folgendes geschrieben:
Beim Tanzen kann ich meine ganze Wut und allen Ärger mit meinen Füssen in den Boden stampfen - oder auch mit Händen und Armen bildlich alles abgeben,was mich belastet.....
alles in die Mitte oder auf die Erden werfen .... zu dem Ort der Verwandlung.
Vor einiger Zeit traf ich einen sehr weisen Menschen und der sagte mir: "Alle wollen immer transformieren, aber sie wissen nicht, dass vor der Transformation die Neutralisation kommen muss."
Re: Wortlos
Lonny - 08.05.2006, 21:00
Neutralisation?
hm???
wie mache ich sowas?
Zum Beispiel wenn ich krank bin und mich alle Menschen um mich herum nerven,
einfach mit ihren Worten - mit ihrem Alltagsdingen - wie neutralisiere ich und was soll ich überhaupt neutalisieren?
Ich kann mir das praktisch nicht vorstellen.
Re: Wortlos
Maraiah - 09.05.2006, 07:35
Neutralisation heißt in dem Moment, den Dingen auf den Grund zu gehen und "Grund" heißt - nicht singend an der Oberfläche rumpaddeln, sondern runter bis es nicht mehr geht.
Wenn du die Ursache gefunden hast, dann weißt du, was du da wieder und wieder durchfühlst, dann kennst du die wirk-liche Ursache dafür und dann kann es sich auflösen (transformieren) ...
Vorher eher nicht ;) ...
Ich denke, Alexis Sorbas war ein elender Feigling !
:D
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