Kapitel 2

White and Holy
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    Re: Kapitel 2

    relator - 18.01.2009, 12:47

    Kapitel 2
    Die Nacht brachte eine Menge Schnee, und so war die Welt am nächsten Morgen unter einer dichten Decke rosigen Weiß begraben, als die aufgehende Sonne alles in ihr rötliches Licht tauchte.
    Edward lag bereits eine Weile lang wach und konnte sich nicht dazu entschließen, endlich aufzustehen. Selbst im Schlafzimmer herrschte eisige Kälte, denn das Feuer war über nacht erloschen und glühte nurnoch vor sich hin, sodass bloß die Schicht aus Fellen und dicken Wolldecken ihn wärmte, abgesehen von der neben ihm liegenden, halb begrabenen Gestalt mit langem, fließend blonden Haar, die er gestern auf dem Fest kennengelernt hatte.
    Mary oder so ähnlich. Irgendeine Zofe der Königin, die schon am ersten Tag in einem fremden Bett gelandet war…
    Wie auch immer.
    Edward beendete seine ein wenig wirren und von Kopfschmerzen begleiteten Gedanken und setzte sich noch ein wenig schläfrig auf. Sogleich überlief ihn ein Kälteschauer, als noch dazu ein eisiger Luftzug durch das bloß halb geschlossene Fenster fuhr, sodass er sich beeilte, aufzustehen und sich den schweren Morgenmantel überzuwerfen.
    Verfluchte Kopfschmerzen.
    Mit einem letzten Blick auf die blonde Schönheit beschloss er, Mary schlafen zu lassen, dann warf er sich schnell seine Kleidung über und verschwand lautlos im Nebenraum.
    "Lord Edward!"
    Ann, die Zofe seiner Schwester, kam ihm überrascht entgegen, als er das behagliche, mit gepolsterten Sesseln und einem prasselnden Kaminfeuer ausgestattete Wohnzimmer betrat.
    Das dünne Mädchen kam ihm in ihrer wuseligen und ein wenig zerstreuten Art entgegen und reichte ihm eine Tasse mit irgendeinem seltsam riechenden Tee, während sie ihm den Mantel richtig über die Schultern zog.
    "Ihr seht furchtbar aus, Mylord… Habt ihr nicht gut geschlafen?"
    "Nein, nicht besonders", sagte er ein wenig kühler als es nötig gewesen wäre und schob sie zur Seite, als sie ihn mit ihrem besorgte, beinahe vorwurfsvollen Blick belagerte. "Ist Aliesa schon wach?"
    "Ja, Mylord."
    "Sagt ihr, dass ich sie sprechen will."
    "Ja, Mylord."
    Ann verschwand in Aliesas Zimmer, während Edward hinüber ans Fenster trat und einen Blick auf den Hof warf. Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen, nur ein Stallbursche, der offenbar von den Weiden kam.
    "Diese Uhrzeit ist doch unmenschlich", fluchte Edward leise und fuhr sich mit den Fingern durch die kurzen schwarzbraunen Haare, die in alle Richtungen abstanden. Sein bleiches Spiegelbild im Fensterglas tat es ihm gleich und starrte mit müdem Blick und dunklen Ringen unter den Augen zurück, während er sich den kurzen Kinnbart rieb.
    "Ihre Schwester, Lord Edward", erklang Anns Stimme hinter ihm.
    Aliesa erschien mit roten Augen und trotzigem, bleichem Gesicht im Türrahmen, noch ganz in ihr weißes Nachtgewand gekleidet, und blieb auf der anderen Seite des Raumes stehen, wo sie Ann mit einer kurzen Handbewegung bedeutete zu gehen.
    Mit einem dumpfen Laut schloss sich die Tür hinter ihnen, und Edward konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass der Raum gerade so eng wie eine Besenkammer geworden war, in der es nicht genug Platz für ihn und Aliesa gab.
    Sie schwiegen sich an.
    "Und, hast du gut geschlafen, Bruder?", fragte Aliesa mit einem schiefen, traurigen Lächeln und einem Blick, der mehr aussagte als dass ihr seine Antwort bloß gleichgültig war. Edward fragte sich, ob sie überhaupt geschlafen hatte.
    "Tristan hat sich in große Schierigkeiten gebracht", sagte er. "Wir müssen sehen, wie wir ihn heil nach Hause bekommen, denn wenn York, Morton oder Falaise davon erfahren, wird er entweder von Frankreich oder von England für den Frieden der Königreiche geopfert."
    Aliesas Lippen bebten, dann stieß sie ein leises Lachen aus. "Vielleicht hätte er das ja verdient…"
    Nur weil er fremdgegangen ist?
    Nein, besser nicht. Verdammt, wie hatte er das bloß denken können.
    "Ich hoffe auch, dass ihm klar geworden ist, welchen Mist er gebaut hat, aber-", begann er stattdessen in beschwichtigendem Tonfall, doch Aliesa unterbrach ihn.
    "Ich will nur, dass du mir eines verrätst", sagte sie, während sie auf ihn zuschritt und die scheinbar unüberwindliche Entfernung überwand, die zwischen ihnen lag.
    "Hast du davon gewusst?", fragte sie. "Von… von Frankreich…"
    Dumme Situation.
    "Nein, ich wusste nichts von Chantal", sagte Edward mit leicht schlechtem Gewissen. "Aber Aliesa…"
    "Ja?"
    Ihre Stimme bebte.
    "Du weißt doch, wie er ist."
    "W-willst du damit sagen, du hättest es geahnt!", schrie sie aufgebracht. "Das ist doch-! Und du hast mir nichts gesagt, all die Jahre, obwohl du immer gewusst hast-"
    "Aliesa!", fuhr er sie an und packte seine Schwester an den Schultern, sodass sie erschrocken innehielt und ihn mit tränennassen Augen anblickte.
    "Du etwa nicht?", fragte er.
    Eine Weile lang herrschte Schweigen, bevor sie sich aus seinem Griff befreite und vor ihm zurückwich.
    "Nein", flüsterte sie und schüttelte den Kopf. "Nein, niemals…"
    Ohne ein weiteres Wort herausbringen zu können machte sie auf dem Absatz kehrt und lief mit wehendem Gewand aus dem Zimmer. Die Tür schlug laut hinter ihr ins Schloss, doch Edward konnte auch durch die dicke Holzwand hindurch ihr wütendes Aufheulen hören und Ann, die beschwichtigend auf sie einredete.
    Edward riss seinen Blick von der Tür ab, hinter der Aliesa verschwunden war, und fuhr sich ein zweites Mal durch die Haare.
    Verdammt, verdammt, verdammt…
    Die Versammlung.
    Er musste sich umziehen.
    Mit einem kaum hörbaren Ausatmen ging er zurück in sein Zimmer, warf sich das Hemd und den schweren Pelzmantel über, zog seine Hose und die hohen Winterstiefel an und machte sich keine zehn Minuten später auf den Weg in den Versammlungssaal, wo der königliche Rat aus Fürsten, den Geistlichen und dem König selbst zusammenkommen würde, um über irgendwelche politischen Probleme zu beraten, die für ihn im Moment nicht mehr als bloße Zeitverschwendung waren.



    Re: Kapitel 2

    narrator - 18.01.2009, 22:54


    An diesem Morgen wachte Rhys von einem leisen scheppern auf. Schlagartig saß er aufrecht im Bett, den kleinen Dolch fest umklammert, der unter seinem Bett lag. Stille.
    „Mist...“ die leise fluchende Stimme konnte nur von Kate stammen. Rhys lächelte.
    Er raffte sich auf, es war vermutlich sowieso schon längste Zeit zum aufstehen, Kate hatte da so ihre innere Uhr, die ihm noch fehlte, legte den Dolch wieder griffbereit unter sein Bett und stand auf.
    „Guten Morgen, Kate...“ grinste er in ihre Richtung. „Na, was stellst du denn schon wieder an?“
    „Oh nein, ich habe dich geweckt!“, schuldbewusst blickte sie ihn entschuldigend in die Augen und richtete ihre Aufmerksamkeit dann wieder dem Scherbenhaufen einer Blumenvase, der zu ihren Füßen lag.
    „Lass das mal deine Zofe machen... Sue schafft das schon.“
    Kate seufzte noch einmal tief, warf einen letzten bedauernden Blick auf die Überreste und verschwand im Schlafzimmer.
    „Die Ratsversammlung beginnt gleich, wir sollten uns langsam fertig machen!“, rief sie über ihre Schulter.
    Ja, in der Tat. Das konnte ja lustig werden.
    Wenige Minuten später waren sie beide hergerichtet und bereit für das nächste Drama. Ratsversammlung. Das Wort verhieß schon nichts gutes.
    Rhys wollte gerade die Tür öffnen und sich au den Weg machen, als Kate ihn am Arm zurück hielt.
    „Was...?“, er stockte als er in ihr bleiches Gesicht sah.
    „Rhys...“ besorgt blickte sie auf den Boden.
    „Hey... was ist denn?“, tröstend nahm er sie in den Arm, vollkommen ahnungslos, was ihr solche Angst machte.
    „Es ist nur... was tun wir, wenn jemand geredet hat? Was dann? Oh Rhys, ich habe solche Angst.“
    “Ach Kate. Es hat niemand geredet. Es weiß ja kaum jemand, und die, die es wissen, werden schweigen. Vertrau mir.“
    Leise schluchzend vergrub Kate ihr Gesicht an seiner Schulter.
    „Uns was, wenn doch?“
    „Es gibt kein doch, es hat keiner etwas gesagt.“ Edward würde nicht so dumm sein, und seine Schwester in Schwierigkeiten bringen, so viel stand fest.
    „Und jetzt ist es gut, okay? Das wird schon werden, wir finden eine Lösung für Tristan, versprochen.“
    Kate nickte zaghaft und wischte sich die Tränen fort.
    Aufmunternd lächelte Rhys sie an und küsste sie flüchtig auf den Mund, ehe Kate noch einmal im Zimmer verschwand, um alle Hinweise auf ihre Tränen zu vernichten.
    Noch etwas bleich, aber nicht mehr verweint kam sie schließlich zurück, lächelte wieder leicht und gemeinsam gingen sie zum Versammlungssaal.



    Re: Kapitel 2

    narrator - 19.01.2009, 00:03


    Im Versammlungssaal befanden sich bereits – natürlich – König und Königin Morton, Sir York, Sir Fallais und deren engste Verwandte, sowie der Kardinal, der Erz- und der Weihbischof. Natürlich saßen seine Majestät und seine Gattin am Kopf der langen, aus dunklem Kiefer gefertigten Tisches, der imposant in der Mitte des Saales stand und von einem Duzend Stühle umringt war. Ihr dunkelbraunes Leder ließ den Saal noch strenger erscheinen, als mit seinen relativ kahlen Wänden auch so schon gehalten wurde, lediglich ein paar Regale mit Schriftrollen und anderen Pergamenten befanden sich in dem Raum.
    Ein einziges, großes Fenster erhellte den gesamten Saal mit einem blassen Licht, das von den grauen Wänden reflektiert wurde.
    Der einzige beschmückende Gegenstand waren zwei große Kronleuchter, die majestätisch über ihren Köpfen thronten, und bei Gegebenheit den Saal in ein etwas freundlicheres, wenn auch nicht sonderlich helles gelbes Licht tauchten.
    Unruhiges Gemurmel füllte fortwährend den Saal, das Königspaar tauschte offenbar noch ein paar Informationen aus, die für niemand anderen bestimmt waren, du die Dienstmägde verließen bereits eine nach dem anderen den Raum. Dies war keine Angelegenheit für sie.
    „Kate, du kannst mich jetzt loslassen.“, wisperte Rhys seiner Frau zu, die ihre Finger unangenehm in seinen Unterarm gekrallt hatte.
    Mit bleichem Gesicht ließ sie ihre Hand langsam sinken, und blickte ihn mit ihren hellbraunen Augen an, in denen sich bloße Furcht und Verzweifelung wiederspiegelten. Rhys erschrakt bei dem Anblick beinahe. Noch nie zuvor hatte Kate so schwach gesehen.
    Energisch zog er sie beiseite, um den Eingang nicht zu versperren.
    „Kate, das wird schon werden. Mach dir keine Gedanken, wir werden das schon hinbekommen.“ Nur wie war die Frage.
    Der verzweifelte Ausdruck auf Kates Gesicht schwand nicht, doch zwischen Tür und Angel konnte Rhys auch wenig ausrichten.
    „Geh jetzt.“ Sagte er in einem etwas lauteren und energischerem Ton, der keine Zweifel und keine Wiederrede zuließ, drehte sich um und verschwand im Versammlungssaal.
    Nun musste er sich erst einmal mehr oder minder wichtigen Problemen widmen, ehe er sich um das eigentlich Vergehen Gedanken machen konnte.
    Er warf Caedmon, der als Botschafter an der Sitzung teilnahm, einen warnenden Blick zu, der mit einem beinahe unkenntlichen, beschwichtigenden Nicken antwortete. Gut so.
    Erst jetzt bemerkte er, dass er der letzte war, auf den der Rat noch wartete, und so beeilte er sich, zu seinem Platz zu kommen und nickte zur Begrüßung nur kurz einmal dem Königspaar, dann den anderen Ratsmitglieder zu.



    Re: Kapitel 2

    relator - 19.01.2009, 22:18


    Der König räusperte sich in seinen grauen Kurzbart und erhob sich - trotz seines beachtlichen Alters scheinbar mühelos - von seinem Platz.
    "Nachdem wir alle zusammengekommen sind", begann er mit leicht missfälligem Blick in Rhys' Richtung, zu der wirklich keine Notwendigkeit bestand (vielleicht hatte er schlecht geschlafen), "erkläre ich die Ratssitzung für eröffnet. Als Vertreter der Krone Englands in den Ländereien ist es an euch, vorzubringen, was der Klärung bedarf."
    Ohne seine scharfen Adleraugen von den Versammelten zu nehmen, ließ er sich zurück auf seinen Platz sinken, während unter den Fürsten [und Fürstinnen? eigentlich waren die damals nicht dabei… müssen wir bereden] respektvolles Schweigen herrschte.
    Allgemeines Geraune stellte sich ein, während Edward sich in seinem Stuhl zurücklehnte und die Arme vor der Brust verschränkte. Jetzt begann der zähe Teil, der sich bis zur Mittagszeit hinziehen konnte, und in dem es vornehmlich um Handelsvertragsbruch, Unruhen, Steuererhöhungen, umständlich vorgebrachte Unterstützungswünsche und die Befugnisse des Klerus innerhalb der Fürstentümer ging, die meist nur entfernt etwas mit dem Gesamtwohl des Königreiches zu tun hatten.
    Edward saß Rhys Stanley und Thomas York gegenüber, einem hageren Mann, dessen dunkles Haar bereits von grauen Schlieren durchzogen war, und der seine übliche Mauer der Kälte und Herablassung um sich gezogen hatte.
    Für einen Augenblick trafen sich ihre Blicke, und Thomas' graublaue Augen bohrten sich wie Dolche in Edwards, worauf seine Müdigkeit auf einen Schlag verflog. Reglos saßen sie sich gegenüber, während Edward unwillkürlich erschauderte und sich nur mit größter Beherrschung gleichgültig abwandte.
    "Verzeiht, Mylord, aber sollten wir nicht zuerst den französischen Botschafter anhören, bevor wir uns anderen Dinge zuwenden?"
    Edwards Stimme klang merkwürdig laut und fehl am Platz, als er die schläfrige Stille störte und den Erzbischof unterbrach, der gerade dabei gewesen war, mit seiner leiernden Predigerstimme irgendein nichtiges Belangen vorzutragen. Wieder herrschte Stille, doch dieses Mal war sie alles andere als schläfrig.
    "Wir sollten die dringenden Angelegenheiten nicht aufschieben", fügte er in gemäßigtem Tonfall hinzu, voll und ganz in dem Wissen, dem Erzbischof auf die Füße getreten zu sein. Doch seine Ungeduld kannte keine Grenzen, und er wünschte sich nichts sehnlicher als das ganze Theater so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.
    "Nun gut", sagte der König nach kurzer Bedenkzeit und leicht in Falten gelegte Stirn, worauf der pikierte Erzbischof sich in seinen Stuhl zurücksinken ließ.
    "Caedmon York soll die Nachricht des Königs von Frankreich vortragen, die für uns alle von Belang sein wird."
    Caedmon York.
    Das Name fuhr Edward durch alle Knochen, und als sein Blick erneut Thomas York streifte, hoffte er, nicht allzu viel Farbe verloren zu haben.



    Re: Kapitel 2

    narrator - 23.01.2009, 10:56


    Rhys Finger krallten sich unweigerlich in die Tischplatte, als Edward Caedmon indirekt aufrief. Er warf seinem Gegenüber einen vielsagenden Blick zu, der nicht nur Entsetzen beinhaltete, jedoch nur für den Bruchteil einer Sekunde zu sehen war. Er zwang seine Hände dazu, sich zu entspannen und setzte seine ernste Miene wieder auf, in der Hoffnung, die Farbe nicht verloren zu haben.
    Caedmon York. Nun war der Augenblick gekommen. Früher als, er erwartet hatte, dennoch war er unumgänglich gewesen. Nun hieß es alles oder nichts.
    Rhys strich sich eine Strähne seines hellblonden, welligen Haar aus dem Gesicht, das ihm stufig in den Nacken fiel, und machte sich auf alles gefasst, was nun kommen würde.
    Caedmon erhob sich, mit einem Pergament in der Hand.
    „Eure Majestät, Mylords. Das altbekannte Problem Frankreich – England ist ja nun schon länger ein nicht unerhebliches Thema. Während meines Aufenthaltes am französischen Hof habe ich einige Dinge erfahren und eine wichtige Botschaft zu übermitteln, die umgehend beantwortet werden sollte. Es handelt sich hierbei nicht nur um Frankreich, sondern gleichfalls auch um Spanien und Portugal.“
    Rhys Kehle war trocken, als Caedmon sich erhob, und an die riesige Karte an der Wand trat.
    „Spanien“, fuhr er fort, „hat nach längeren, offiziell bekannten Streitigkeiten Portugal den Krieg erklärt. Sie erhoffen, sich das Umstrittene Gebiet Faro aneignen zu können. Da Frankreich und Portugal schon seit Langem Verbündete sind, ist Frankreich natürlich gewillt, Portugal zu unterstützen.“ Während seines Vortrags deute Caedmon auf jedes der betroffenen Länder und Gebiete, um seine Rede zu verdeutlichen.
    „In diesem Schreiben hier“ – er deutete auf das Pergament – „bietet Frankreich uns den Frieden an. Ich denke es ist Euch bewusst, weshalb es zu diesem Angebot kam.“
    Schweigen machte sich in dem Raum breit. Rhys nickte erleichtert.
    „Aber... ich habe auch noch eine andere, nicht unerhebliche Kleinigkeit mitbekommen, sozusagen, ein Haar in der Suppe entdeckt...“ Caedmons Blick richtete sich nun gezielt auf Rhys, dessen Magen sich augenblicklich verkrampfte und dessen Hände sich erneut in die Tischplatte krallten. Warnend durchbohrte er Caedmon mit mörderischen Blicken und war sich der Wirkung seiner graublauen Augen durchaus bewusst. Caedmon, in seiner hageren, großen Gestalt, antwortete mit einem leichten Grinsen und höhnischen Blicken. In diesem Augenblick schwor Rhys sich, seinen Cousin im nächstbesten Moment umzubringen, falls ihm überhaupt noch die Möglichkeit dazu bleiben würde. Verräter.
    „...und zwar...“ Caedmons Blick wurde eindringlicher.
    „...geht es um die Handelsrouten.“ Ruckartig wandte Caedmon sich dem Königspaar zu. Dieser Mistkerl. Rhys entspannte sich etwas, immer noch auf das schlimmste gefasst. Die bodenlose Härte in seinem Blick schwand etwas, doch seine Wut war keineswegs gemildert.
    „Wenn Spanien Portugal einnehmen würde, würde der Handel, den Portugal bisweilen über Frankreich abgewickelt hat, über England laufen, was sicherlich kein Nachteil für uns Wäre. Auch der Handel aus Faro würde dann vermutlich nicht mehr über Frankreich, Spaniens Feinde, laufen, sondern ebenfalls über England. Für den Fall, dass Frankreich sich mit ... anderweitigen Komplikationen... herumschlagen muss,“ es war offensichtlich in den Raum gestellt, um welche Komplikationen es sich hierbei wohl handeln könnte, „ würde uns eine Niederlage Portugals eventuell sogar nützlich sein.“ Erneut legte er eine Pause ein, um seinen Worten die richtige Wirkung zu verschaffen. Dann nickte er in einer angedeuteten Verbeugung seiner Majestät zu, der ihm mit einem knappem „Danke.“ Bedeutete, sich wieder zu setzen.
    Caedmons und Rhys’ Blicke trafen sich, als er wieder platzgenommen hatte. Caedmon grinste noch immer, diesmal etwas versöhnlicher als zuvor. Rhys schüttelte fassungslos den Kopf und lehnte sich mit einem entnervten Seufzen zurück. Dieser Hurenbock.



    Re: Kapitel 2

    relator - 23.01.2009, 12:13


    Edward atmete unmerklich auf, als Caedmon sich endlich wieder auf seinem Platz niederließ, und ließ sich gegen die Lehne seines Stuhles sinken.
    Dieser verdammte Idiot... Und dann noch ein halber York! Er hatte überhaupt nicht mehr daran gedacht, dass Caedmons Mutter aus der Familie der Yorks kam, und bis jetzt hatte Caedmon sich eigentlich auch immer auf der Seite der Stanleys geschlagen.
    Ein plötzlicher Sinneswandel also? Oder was um alles in der Welt bewegte ihn dazu, ihnen aus heiterem Himmel so einen Schreck einzujagen? Verdammter Mistkerl! Zuerst erzählte er nur Rhys und Kate klammheimlich davon, um es sich dann plötzlich anders zu überlegen?
    Der König ergriff wieder das Wort und riss ihn aus den Gedanken.
    "Also gilt es zu entscheiden, ob wir ein Bündnis mit Frankreich wünschen, sodass Francois ungestört seinen Krieg gegen Spanien führen kann. In diesem Falle bliebe alles beim alten. Oder aber wir verbünden uns nicht mit Frankreich, was für uns weder ein Vorteil noch ein Nachteil wäre, jedoch - im Falle von Spaniens Niederlage - ein paar viel versprechende Handelsverträge in Aussicht stellt", fasste der König zusammen. "Für Frankreich wünscht sich lediglich die Versicherung, dass wir nicht in sein Land einfallen, während es gegen Spanien zieht. Stellt sich also die Frage, ob wir dieses Sicherheit geben wollen oder nicht…" Er räusperte sich. "Da dies eine größere Angelegenheit ist, werden wir darüber morgen noch ein zweites Mal beratschlagen. Nun - nach dieser kleinen Unterbrechung -", sagte er, nicht ohne Edward einen undeutbaren Seitenblick zuzuwerfen, "fahren wir doch fort. Bitte, Erzbischof Hastings…"



    Re: Kapitel 2

    narrator - 23.01.2009, 14:24


    Die Stunden zogen sich nur so dahin, zäh wie geschmolzener Käse, in denen sich der Rat über irgendwelche nichtigen Probleme und Beschwerden beriet, nach Rhys Meinung einen Haufen mehr oder weniger sinnvolle Entscheidungen traf, die scheinbar nie ein Ende hatten. Während der ganzen Zeit beteiligte sich Rhys nur soweit wie notwendig an den Diskussionen, er warf seinem Cousin lieber böse Blicke zu und bete innerlich, dass er ja schweigen würde. Jedes Mal, wenn Caedmon seinen Mund öffnete, beobachtete Rhys jeden seiner Züge, jedoch kam ein solcher Vorfall wie vorhin nicht wieder vor. Endlich beendete der König die Ratssitzung, die bei sehr belebten Streitigkeiten aus dem Rudel gelaufen waren.
    „Wir werden dieses Thema in der nächsten Versammlung noch einmal aufnehmen, ich denke jeder sollte sich nun in Ruhe Gedanken über die hier angesprochenen Themen machen. Vielen Dank.“
    Damit stand das Königspaar beinahe synchron auf schritten aus dem Saal, so wie es sich für ein Königspaar eben gehörte.
    Auch Rhys erhob sich, blickte erst Edward, dann Ceadmon noch einmal vielsagend an, machte auf dem Absatz kehrt und verließ den Saal.
    Er musste mit Caedmon reden.
    Vor der Tür stand Kate. Sie hatte sich offensichtlich zusammengerauft, kein Anzeichen von Schwäche war in ihrem Gesicht, noch in ihrer gesamten, stolzen Haltung zu sehen. Nur ihre Augen sprachen Bände.
    „Hör zu, ich muss noch einige Dinge hier klären, ich erzähle dir alles später. Geh jetzt bitte.“ Flüsterte er ihr eindringlich ins Ohr.
    „Was?!?! Er hat doch nicht etwa...! Oh mein Gott, Rhys, was....“
    „Kate! Es ist alles in Ordnung, aber du musst jetzt gehen.“
    „Sag mir die Wahrheit; Rhys!“
    „Geh. Ich sagte ich erzähle es dir später!“
    „Aber...“
    „Kate!!“ Zischte er nun beinahe schon erbost. Langsam riss ihm der Geduldsfaden, Kate sollte sich bei dieser Angelegenheit nicht einmischen. Warum ging sie denn nicht endlich?
    Kate stieß ein unwilliges Seufzen aus und verschwand hinter der nächsten Ecke. Dort würde sie stehen bleiben, prophezeite Rhys.
    Erwartungsvoll blieb er vor der Tür stehen. Wenn Caedmon herauskam, würde er etwas erleben können.



    Re: Kapitel 2

    relator - 30.01.2009, 18:52


    Edward erhob sich von seinem Stuhl und folgte Rhys, der schon durch den Ausgang verschwunden war. Der misstrauische Blick von Thomas York entging ihm dabei nicht, der kurz in Edwards Richtung sah, um dann einen Blick mit Caedmon York zu tauschen.
    Oder hatte er bloß zufällig in Caedmons Richtung gesehen?
    Edward wandte sich verärgert ab und stapfte aus dem Saal.
    Wenn Caedmon nicht den Mund hielt, dann würde das Tristan den Kopf kosten...
    Mittlerweile war er sich nicht einmal mehr sicher, ob der untreue Ehemann seiner Schwester es überhaupt wert war. So viel Ärger, wie er machte! Und anstatt sich selbst darum zu kümmern, saß Tristan in Frankreich fest, während hier in England alles aus dem Ruder lief und sie seine Angelegenheiten regeln mussten... was sie nicht konnten, weil alle Verbindungen in Frankreich zusammenliefen.
    Warum tat dieser verdammt Mistkerl nicht einmal selber etwas?
    Die Prinzessin davon überzeugen, dass sie nicht an die Öffentlichkeit ging, zum Beispiel. Oder sie wenigstens vom Stand der Dinge zu informieren!
    Er wäre beinahe an Rhys vorbeigestapft, der neben der Tür wartete.
    "Rhys! Wenn dein verfluchter Cousin sich noch einmal so etwas erlaubt wie heute, dann -"
    Caedmon verließ den Saal, gefolgt von Thomas York, und Edward bemühte sich über irgendetwas anderes zu unterhalten.
    "- wieder Mal eine endlose Litanei. Nur Frankreich gibt mir zu denken, aber ich bin zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden. Thomas, Caedmon... Ah, Caedmon!" Er machte eine einladende Geste. "Auf ein Wort."
    Caedmon blieb stehen, und auch Thomas hielt inne und musterte Edward, Rhys und Kate mit seinen eisgrauen Augen, mit einem Blick der Edward mit bestimmtheit sagte, dass ihm nichts entging.
    Dumme Situation.
    Jetzt lag es an Caedmon, seinen Schwiegervater loszuwerden, oder an Rhys und Kate, denn der Lord of Winchester schien nicht gewillt, sich eine einzige Andeutung entgehen zu lassen.



    Re: Kapitel 2

    narrator - 30.01.2009, 19:50


    Dieser nervige Thomas. Nie konnte er sich mal aus einer Angelegenheit heraushalten. Das war ja mal wieder typisch. Rhys bemühte sich, York keinen finsteren Blick zuzuwerfen.
    Einen Moment lang standen sie einfach nur schweigend da, Rhys mit ausdruckslosem Blick, Caedmon unbehaglich die Hände in die Hosentaschen steckend, Edward mit einem heuchlerischen Grinsen, Thomas mit seinem nervig aufdringlichen Blick.
    "Lord York!" Kam plötzlich Kate strahlend um die Ecke, hinter der sie natürlich gewartet hatte. Ursprünglich, um zu lauschen.
    "Ich habe Euch ja schon ewig nicht mehr gesehen. Wie geht es euch? Wollen wir nicht auf ein paar Schritte nach draußen gehen? Es ist so herrlich sonnig heute."
    Die gute Kate. Sie war wirklich Gold wert.
    Thomas, der eindeutig etwas mit sich haderte, willigte sclhießlich ergeben ein, nicht gewillt, Kates gute Laune zu trüben.
    Rhys machte ebenfalls eine einladende Bewegung und führte die beiden in seine Räumlichkeiten. Wütend knallte er die Tür hinter sich zu.
    "Caedmon York!! Was war denn DAS grade?! Hast du den Verstand verloren?!" polterte Rhys drauf los und kam Caedmons Gesicht dabei gefährlich nahe, sodass er ihm direkt ins Gesicht brüllte.
    Er musste sich stark zusammennehmen, nicht nach der nächstbesten Vase zu greifen und sie seinem Cousin um die Ohren zu schlagen.
    Caedmon verzog kurz sein Gesicht, entspannte sich aber ungewöhnlich schnell wieder.
    "Ich wollte euch - es war mir klar, dass Edward es erfahren würde - lediglich klar machen, wer hier die Karten in der Hand hält." antwortete Caedmon schlicht.
    Rhys fuhr wütend auf, zwang sich aber noch im letzten Moment dazu, einmal tief ein und aus zu atmen, um nicht auf Caedmon loszugehen.
    Er war sprachlos. Schlicht und einfach sprachlos, wie sein Cousin auf eine solch absurde Idee kommen konnte.



    Re: Kapitel 2

    relator - 31.01.2009, 13:51


    Edward starrte ihn einen Moment lang fassungslos an, dann lachte er laut auf. "Ihr wolltet nur einmal klar machen, wer die Karten in der Hand hält?", wiederholte er noch immer ungläubig. "Seid ihr vielleicht auf die Idee gekommen, dass irgendwer" - sein Seitenblick in Thomas Yorks Richtung machte eindeutig, wen er mit 'irgendwem' gemeint hatte - "Verdacht schöpfen könnte?"
    Vermutlich nicht.
    "Machtspielchen sind jetzt wirklich das Letzte was wir gebrauchen können!", fuhr er in gedämpfterem Tonfall fort. "Das Ganze ist so schon kompliziert genug! Und es geht doch um das Leben deines Bruders, oder nicht? Wie wär's also wenn wir uns langsam eine Lösung suchen, anstatt mit diesem Unsinn unsere Zeit zu vertun?"
    Wenigstens hatte Kate mitgedacht. Ihr Einsatz war wirklich ohnegleichen, wenn man von der ein wenig zu offensichtlichen Belanglosigkeit des Themas absah, aber ihm wäre wahrscheinlich auf die Schnelle auch nichts besseres eingefallen.



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