Erdbeermund

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    Re: Erdbeermund

    menasabi - 04.01.2009, 22:23

    Erdbeermund
    Hallo,
    mich hat nach langer Zeit mal wieder die Muse geküsst und nachstehend findet Ihr mein neustes Werk. Kritik (ob positiv oder negativ) ist herzlich willkommen. Ich hoffe, dass mich die Muse in nächster Zeit wieder öfters küsst. Und nun, viel Spaß beim Lesen :D
    Liebe Grüße, Melly


    Erdbeermund

    Sie trafen sich wieder in einem Cafe mitten in der Stadt. Es war ein Zufall. Purer Zufall. Oder waren sie jemals gemeinsam hier gewesen? Nein, und wenn, konnte er sich nicht mehr daran erinnern. Aber das war nun auch egal, sie stand vor ihm. Strahlend. Selbstbewusst. Unbekümmert. Sie hatte ihre Freundin dabei, ausgerechnet mit die, mit der er öfters aneinander geraten war. Aber sie war ihre beste Freundin. Er hatte seinen besten Kumpel dabei und wollte nur ein Bier mit ihm trinken. Ihre Tüten verrieten, dass sie bummeln gewesen waren. Das war eines ihrer liebsten Hobbies und trotzdem war sie nie das typische Modepüppchen gewesen. Ihr machte es einfach nur Spaß durch die Geschäfte zu laufen, Dinge auszuprobieren und zu stöbern. Manchmal hatte sie etwas gefunden, was sie sich gönnte; doch häufig waren sie ohne eine Tüte nach Hause zurückgekehrt.
    Sein Freund hatte einen Tisch für vier Personen gesichtet und stürmte zielstrebig auf diesen zu. Er rückte den beiden Mädels, die ihm direkt auf den Fersen waren, die Stühle zurecht und verstaute galant deren Einkaufstüten in der Ecke. Der Kellner mit den gegelten Haaren kam zu ihnen an den Tisch, er flirtete offensichtlich mit ihr. Sie nahm es mit einem lässigen Lächeln zur Kenntnis, beachtete das jedoch nicht weiter. Merkwürdigerweise beruhigte ihn diese Reaktion. Instinktiv bestellte er die Getränke; zwei Kaffee, eine Cola und ein Glas Tomatensaft – ihr Lieblingsgetränk. Bis heute konnte er nicht verstehen, warum sie diesen so gerne trank, der Geschmack war ihm zu wider. Aber sie, sie trank den Saft mit Genuss.
    Ihr Lachen riss ihn aus seinen Gedanken, es war herzerfrischend wie eh und je. Und zum ersten Mal an diesem Tag sah er sie genauer an. Sie hatte offensichtlich abgenommen, ihr Gesicht hatte seinen Babyspeck verloren. Sie wirkte reifer, erwachsener. Die ersten zarten Lachfältchen hatten sich an ihren grauen Augen gebildet, doch der Lebensfreude und Charme, die diese ausstrahlten, tat es keinen Abbruch. Und es waren immer noch die schönsten Augen des Universums. Sie hatte auch noch immer diesen sinnlichen Mund; diese volle Unterlippe, die etwas schmalere Oberlippe und den Ton von reifen Erdbeeren. Das Geheimnis lag in ihrem Lippenbalsam, wie er einmal bei einer Handtaschendurchsuchung ihrerseits erfahren hatte (Frau suchte verzweifelt ihren Schlüssel). Seinem Kussdrang hatte es keinerlei Abbruch getan.
    „Was ist mit Dir ‚Herzensschöner’?“ fragte sie keck, streifte eine ihrer rotbraun gefärbten Haarsträhne aus dem Gesicht. Naturgemäß war sie blond, „Straßenköterblond“ hatte sie es immer genannt. Diese neue Farbe stand ihr aber eindeutig besser. Verdammt! Was war nur los mit ihm? Warum machte er sich auf einmal wieder so viele Gedanken um sie? Und war sie schon immer so umwerfend gewesen? Er unterhielt sich mit ihr. Intensiv. Lange. Wann hatten sie zuletzt so ein Gespräch geführt? Sein Nachfolger hatte sie vor gut drei Wochen verlassen, zur Erleichterung beider. Es hatte einfach nicht funktioniert. Und so war für beide das Ende schnell und schmerzlos gewesen. Sie ließe es sich jetzt gut gehen, das Leben als Single wäre auch nicht zu verachten. Und wieder schenkte sie ihm ein charmantes Lächeln. Und in ihm stieg dieses Gefühl auf. Und er wunderte sich darüber, denn er hatte es schon vollkommen vergessen gehabt. Und ihre Augen strahlten diese Wärme und Vertrautheit aus. War es möglich? Er ließ seinen Blick unauffällig auf ihre Hände gleiten und sein Herz machte einen kleinen Luftsprung; sie trug immer noch seinen Ring.
    Den Ring hatte sie auf einem kleinen Trödelmarkt in Spanien entdeckt, in einem kleinen unscheinbaren Holzkästchen. Wie ein Spürhund hatte sie zu einem winzigen Holzkästchen gegriffen und beim ersten Blick den schmalen Goldring entdeckt und herausgefischt. Mit strahlendem Gesicht hatte sie ihn bewundert, zärtlich über die in Gold eingefasste Perle gestrichen und enttäuscht festgestellt, dass ihr Geld nicht ausreichte. Sie hatte ihn der zahnlosen Oma zurückgegeben und war weiter über den Markt spaziert, leicht wehmütig über den Verlust. Das Strahlen kehrte erst zurück, als er ihr das Schmuckstück abends überreichte. Da waren sie auf dem Höhepunkt ihrer Liebe.
    Der Absturz war schnell gekommen. Zuviel Arbeit, zuwenig Zeit füreinander. Weniger Zeit, öfters Streitigkeiten. Weniger Eintracht, mehr andere Frauen. Das Ende war schmerzhaft, für beide, aber eingestanden hatte er es sich nie. Zuviel Schmerz, zuviel Wut, zuviel Eitelkeit, zuviel Stolz.
    „Herzensschöner, wir wollen gehen. Wir wünschen Euch noch einen schönen Tag.“ Sie stand mit diesen leuchtenden Augen vor ihm. Sein Freund hatte bereits gezahlt und er – er stand völlig benommen vor ihr. Er wollte sie noch soviel Fragen, soviel wissen. Er wollte sie nicht gehen lassen. Er hatte sie nie gehen lassen wollen. Sein Kumpel schlug vor, die beiden Frauen noch zum Auto zu bringen. Er trug ihre Taschen und konnte plötzlich wieder sprechen, auch wenn es teilweise völlig belangloses Zeug war. Er wollte ihr soviel sagen, aber wo anfangen?
    Dass sie ihn immer noch verrückt machen konnte? Dass sie nur wenige Sätze brauchte, um ihn um den Finger wickeln zu können? Dass er immer noch scharf auf sie war? Sie morgens immer noch riechen zu können, den Erdbeergeschmack ihres Lippenbalsams immer noch schmecken zu können, wenn er mit seiner Zunge über seine Lippen fuhr? Sollte, nein, konnte er es ihr sagen? Und was dann? Wusste er eigentlich noch, was er wollte?
    Sie schloss den Kofferraum ihres roten Puntos auf und verstaute die Einkaufstüten. Er verabschiedete sich von ihrer besten Freundin und suchte fieberhaft einen Grund, um sie anrufen zu können. Er umarmte und küsste sie behutsam auf ihren Erdbeermund. Er schmeckte immer noch nach dieser Süße dieser Frucht. Er wollte sie gerade fragen, ob sie sich erneut treffen könnten, da nahm sie ihm den Wind aus den Segeln: „Ach Herzensschöner,“, trotz alldem Vorgefallenen nannte sie ihn immer noch mit diesem Kosenamen, „es stehen noch zwei Kisten mit Deinem Zeug bei mir. Vielleicht solltest Du die bei nächster Gelegenheit abholen.“ Sie zwinkerte ihm zu und fuhr dann weg.
    Er stand da und lächelte. Er würde sein Zeug abholen. Am gleichen Tage noch.



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