"Was machen die Charaktere?"

Wilde Lande
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    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Vermi - 15.04.2006, 00:31

    "Was machen die Charaktere?"
    Die drei "großen Fragen", die jedem angehenden Designer auf der Forge gestellt werden, lauten:

    Worum geht es bei deinem Spiel?
    Was machen die Spieler?
    Was machen die Charaktere?

    Zu letzterer Frage sagte ich:

    Zitat: Die Frage ist halt zu einer der Big Three erhoben worden mit Sorcerer & Co. vor Augen. Aber was machen die Charaktere bei PtA? Kommt drauf an, worum es in der Serie geht. Was machen die Charaktere bei Universalis oder The Pool? Grumpf.
    Und hörte als Antwort:

    Zitat: Bei PtA und Universalis gibt es explizite Regeln dafür, wie die Spieler gemeinsam bestimmen, was die Charaktere tun. Deswegen ist die Tenet-Phase bzw. die Franchise ja so extrem wichtig. Und genau darauf weisen die Regelwerke auch ganz deutlich hin. Und es ist in jedem Actual Play Thema. Denen kann man das nun wirklich nicht vorwerfen.
    Ich habe diesen Spielen nichts vorgeworfen. Ich habe im Gegenteil unterstellt, dass es gute Spiele sind, und versucht aufzuzeigen, dass die Frage: "Was machen die Charaktere?" beim Design dieser Spiele trotzdem von untergeordneter Bedeutung war.

    Was Fredi meinte, ist dass ein gutes Spiel den Spielern eine Hilfestellung dabei bieten sollte, festzulegen, was die Charaktere machen. Das ist sicher richtig. Ich hatte jedoch bisher nicht den Eindruck, dass das wirklich der einzige Hintergrund der besagten Frage ist.

    Der Punkt ist, dass hinter den Fragen: "Worum geht es? Was machen die Charaktere?" eine ganz bestimmte Philosophie steckt. "Weniger ist mehr. Der Designer muss den Spielern ganz genau zeigen, was sie mit dem Spiel machen sollen."

    Klar, bei Spielen wie My Life with Master oder Polaris lässt sich die Frage: "Was machen die Charaktere?" super beantworten. Bei D&D und Shadowrun geht's auch noch ganz gut. Und wenn ein Autor auf die Forge kommt und nur ein Setting hat, aber kein Konzept außer "alles ist spielbar", dann wird er belächelt. Manchmal sicher auch zurecht. Aber: Eine gewisse Betriebsblindheit sehe ich da schon.

    Nehmen wir mal ein Spiel wie Unknown Armies. Was machen die Charaktere? Nun, sie machen idealer Weise das, was die Spieler interessiert. Als Design hat UA noch Schwächen darin, die Spieler zu dem zu führen, was sie interessiert, obwohl mit den Passions etc. schon Impulse vorhanden sind. Aber: "Was tun die Charaktere?" ist keine Frage, die mich bei der Betrachtung von Unknown Armies wesentlich weiter bringt.

    Und aufbauend auf der Bricolage-Idee bin ich auch nicht der Meinung, dass mehr Führung durch die Regeln automatisch besser ist. Da kann es schon mal sein, dass ich widerspreche, wenn man mir wohlmeinend auf den Weg gibt, ich solle "immer daran denken", was denn die Charaktere machen.



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Purzel - 15.04.2006, 09:51

    Was ist Bricolage?
    Kurz zum Verständnis: Was ist Bricolage? Und was hat Bricolage mit "Führung durch Regeln" zu tun? Ich konnte auf der Forge keine vernümpftige Referenz dazu finden :-P



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Norbert G. Matausch - 15.04.2006, 10:11

    Was machen die Charaktere?
    Die Frage, die ich mir irgendwann stellte, war: "Warum spielen wir Rollenspiele?" Oder, anders formuliert: "Was geben uns Rollenspiele, was uns Monopoly nicht gibt?"
    Die Antwort, die ich, zumindest für unsere Gruppe, geben konnte: "Wir spielen Rollenspiele, weil wir damit bestimmte Bedürfnisse abdecken wollen und meistens auch können." Die einen wollen die Macht, die sie im wirklichen Leben nicht bekommen können. Die anderen streben danach, Dinge zu erleben, die ihnen in Wirklichkeit verwehrt sind. Und die anderen leben ihre dunklen Seiten aus.

    Rollenspiel ist Bedürfnisbefriedigung.

    Deshalb ist die Frage: "Was tun die Charaktere?" für mich ebenso einfach wie simpel zu beantworten: "Sie tun das, was ihre Spieler brauchen."

    Jonathan Dobson hat zwei hervorragende Essays zum Thema Rollenspiel und Bedürfnisbedfriedigung geschrieben -- in einem davon ist sogar ein sehr funktionstüchtiges Modell eines "Systems" enthalten. Wenn Ihr mich fragt: zwingender Lesestoff.
    http://www.geocities.com/roleplay_theorist/AnteChamber.html

    Norbert



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Dom - 15.04.2006, 10:31


    Zitat: Deshalb ist die Frage: "Was tun die Charaktere?" für mich ebenso einfach wie simpel zu beantworten: "Sie tun das, was ihre Spieler brauchen."
    Die Frage "Was tun die Charaktere?" ist hier wohl eher auf das Design eines konkreten Rollenspiels bezogen, also sowas wie "Was meint der Autor des Spieles, was die Charaktere im Spiel tun?"

    Klar, im Spiel wäre es gut, wenn mein Charakter das tut, was ich als Spieler brauche. Wenn mich die Regeln aber daran hindern, finde ich das Spiel doof und spiele es nicht. Von daher ist die Frage, "Was tun die Chakaktere?" (im obigen Sinne) beim Design schon wichtig, denn davon hängt es ja ab, ob ich als potenzieller Spieler das Spiel auch benutze.

    Die Antwort "Irgendwas" auf diese Frage ist daher erstmal gut, denn dann kann ich als Spieler machen was ich möchte/brauche. Allerdings müssen das dann auch die Regeln vernünftig unterstützen.

    Dom



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Vermi - 15.04.2006, 11:55


    @ Purzel:

    Hast du heute schon was vor? :wink:

    Ritual Discourse in Role-Playing Games von Chris Lehrich
    Bricolage APPLIED (finally!) von Chris Lehrich
    Bricolage and Continuity von Ben Lehman
    Bricolage and Play von Ben Lehman

    Das Konzept Bricolage stammt von Lévi-Strauss ("Wildes Denken"). Leider ist es schwierig mit zwei Sätzen zu erklären. Letztendlich geht es um die phantastischen Dinge, die passieren können, wenn du mit begrenzten und nur bedingt geeigneten Ressourcen versuchst, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Bricolage ist ein soziologisches Modell. Eine Kunstform. Und eine sehr interessante Rollenspieltechnik.

    Bricolage kann auf der kreativen Ebene stattfinden, aber auch auf der System-Ebene. Wenn eben der Prozess des Verhandelns des gemeinsamen Vorstellungsraums nicht völlig eindeutig definiert ist, finden die Spieler ihren eigenen Weg. Standard-Forge-Denke: Die Spieler ihren eigenen Weg finden lassen ist schlecht, denn das gibt nur Probleme. Mein Standpunkt: Manchmal gibt es Probleme, und manchmal macht es das Spiel besser.



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Georgios - 15.04.2006, 14:15


    Ich halte die Bricolage-Idee für ziemlichen Unsinn. Oder eher für den Versuch unausgereifte oder nicht fertige Spiele als "eigentlich viel besser" hinzustellen.

    Wenn man die Bricolage-Idee konsequent zu Ende denkt, braucht man überhaupt kein Spiel mehr, sondern kann sich einfach mit seinen Kumpels zusammen setzen und bricolagen. Was nicht heißen soll, dass sowas keinen Spaß machen kann. Allerdings fällt das in einen Bereich, der mit Spieledesign nichts mehr zu tun hat. Eher mit fehlendem Spieldesign.

    Die Frage "Was machen die Charaktere?" ist auch nichts weiter als die "Core Story" von der Mearls geredet hat. Es geht um die Rahmensetzung bzw. Strukturierung des SIS. "Was machen die Spieler?" strukturiert higegen die Interaktion zwischen den Spielern.



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Purzel - 15.04.2006, 15:19


    Vermi hat folgendes geschrieben: @ Purzel:

    Hast du heute schon was vor? :wink:

    Ritual Discourse in Role-Playing Games von Chris Lehrich
    Bricolage APPLIED (finally!) von Chris Lehrich
    Bricolage and Continuity von Ben Lehman
    Bricolage and Play von Ben Lehman
    Ach du Scheisse. Das wird wirklich dauern :-P Ich mach mal.



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Fredi der Elch - 16.04.2006, 20:00


    Vermi hat folgendes geschrieben:
    Standard-Forge-Denke: Die Spieler ihren eigenen Weg finden lassen ist schlecht, denn das gibt nur Probleme. Mein Standpunkt: Manchmal gibt es Probleme, und manchmal macht es das Spiel besser.

    Ah, jetzt habe ich es verstanden! Sorry für meinen Ausfall in dem anderen Thread, ich hatte echt das Gefühl gegen eine Wand zu reden. Aber es geht dir um die prinzipielle Idee, dass Spiele ohne genaue Regelungen besser sein können als solche mit. Ok, jetzt habe ich irgendwo verstanden, was du meinst (denke ich).

    Ich kann mir durchaus vorstellen, dass an der ganzen Bricolage-Idee was dran ist. Ich kann mir auch vorstellen, dass man Spiele designen kann, die eine bestimme Low-PoC Gruppe von Spielern ansprechen. Alles keine Frage.

    Jetzt kommen aber meine Bedenken / Probleme: Diese ganze Bricolage-Idee ist IMO heiße Luft, wenigstens bisher. Das sehe ich wie Georgios.

    Es gibt keine wirklichen Daten zu Bricolage. Wie soll das funktionieren? Was ist das überhaupt? Kann man den Ansatz aus der Ethnologie überhaupt ins Rollenspiel übertragen?

    Es gibt auch keine Daten dazu? Wann hat ein Spiel ohne genauere Regelungen bessere Ergebnisse erzeugt? Vermi, du nennst einen Spieleabend. Was war an dem besonders? Wie unterscheidet er sich von 1000 anderen, bei denen das Spiel ohne Regelungen einfach nur sucky war? Die wenigstens anekdotische Analyse von Spielsitzungen um herauszuarbeiten, welche Variablen für den Erfolg von solchen Regelwerken verantwortlich sind, fehlt völlig. Dementsprechend kann man echt nicht mehr sagen als "Ich will nicht ausschließen, dass sowas Erflog haben kann", aber eben nicht mehr. Und das ist für eine richtige Diskussion eben zu wenig. Vermi, du nennst UA als eine Möglichkeit. ICh habe mit UA nur schlechte Erfahrungen gemacht. Was sind also die Variablen, die dein Spiel zu einem Erfolg machten und meins abstürzen ließen? Da fehlt ganz viel Actual-Play Analyse.

    Außerdem fehlt ein neues Design, das das gut macht. Bisher gibt es viele Spiele, die das machen können (irgendwie). Was fehlt, ist der Proof of Concept, dass ein besser gemachtes Spiel so einen Effekt tatsächlich häufiger erzielen kann. Denn sonst brauche ich mich als Designer ja nicht reinzuhängen. Bisher habe ich eher so den Eindruck, dass man als Designer viel Verantwortung auf die Gruppe ablädt. Es gilt erst noch zu beweisen, dass durch gutes Design das Spiel in dieser Art verbesser werden kann.

    Es fehlt also an einer anständigen theoretischen Einordnung, an riesig viel Actual Play bzw. dessen Analyse und auch an einem oder mehreren Designs, die praktische Anwendungen des Konzepts mal vorstellen.

    Und jetzt mein weiters Problem: Ich hab da keinen Bock drauf. Ich habe keine Lust mich um Theorien und Designs für Spiele zu kümmern, die ich nicht spielen mag oder für Zielgruppen zu arbeiten, mit denen ich nicht spieln mag. Ich stecke meine Arbeit lieber in Dinge, die meinem SPielstil nahe kommen und mir persönlich was bringen. Und da bietet das strukturierte Forge-Design wunderbare Ansätze. Ich brauche einfach nichts neues.

    Natürlich soll jeder machen, was er will. Ich würde sicher auch gerne ein solches Spiel lesen, Feedback geben, testen usw. Aber an der Theorie dazu feieln bzw. es selber basteln? No way. Und zusätzlich (aber das ist wirklich mein persönliches Problem) finde ich es trotzdem schade, dass Leute ihre Arbeit in Sachen stecken, die ich nicht für sehr vielversprechend halte. Und das Bricolage Zeug halte ich nicht für besonders doll, was die tatsächlich danach zu designenden Spiele angeht. Aber das mag auch nur mein Geschmack sein. Ich hätte es natürlich lieber, wenn ihr Spiele schreiben würdet, die mir auch gefallen. Aber das bin ja nur ich. :)



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Norbert G. Matausch - 16.04.2006, 20:44


    Dom hat folgendes geschrieben:
    Die Antwort "Irgendwas" auf diese Frage ist daher erstmal gut, denn dann kann ich als Spieler machen was ich möchte/brauche. Allerdings müssen das dann auch die Regeln vernünftig unterstützen.


    Das meine ich auch. Und genau aus diesem Grund habe ich Dobsons Aufsätze ins Spiel gebracht, die genau darauf eingehen. Aber wahrscheinlich hat sie eh keiner gelesen, weil's kein Forge-Zeug ist...



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Vermi - 16.04.2006, 21:42


    Okay, AP-Analyse. Leider jetzt nicht so viel Zeit, aber die Kurzversion der Analyse meiner Top-Vanilla-Nar-Sessions lautet:

    1) Eine gute Ausgangssituation. Damals hatten wir keine Leitlinien dafür, wie man sowas macht, deshalb hat es nur manchmal geklapppt. Aber das können wir doch heute besser. Kicker, R-Map, Chargen mit eingebauten Konflikten, usw.

    2) Keine Störfaktoren. Nichts, was von der Vanilla Nar Erfahrung ablenkt. Das können einerseits sperrige, unpassende Regeln sein, die aus dem Erbe früherer Rollenspiel mitgeschleppt werden. Die können wir heute auch elminieren. Und andererseits können das Spieler sein, die mit der ihnen durch das System nun mal gewährten Freiheit eben nicht das machen, was wir als Vanilla-Narren eigentlich von ihnen wollen. Das ist die Schwäche gegenüber Pervy-Spielen, die sich nicht leugnen lässt. Wobei jemand, der wirklich nicht will, auch durch ein Pervy-Spiel nur begrenzt zum Narrentum gezwungen werden kann.



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Fredi der Elch - 16.04.2006, 23:00


    Wenn jetzt die Ausgangssituation der einzige Unterschied wäre (und ich glaube definitiv nicht, dass das so ist), und man ansonsten einfach Pool verwenden könnte, dann wäre doch die Frage nach der Ausgangssituation also "Was machen die Charaktere?" die wichtigste Frage von allen, oder? Irgendwo widersprichst du dir da doch.



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Vermi - 16.04.2006, 23:47


    Ich glaube, wir verstehen die Frage einfach anders. Du meinst damit: Wie bestimmen die Spieler, was die Charaktere machen? Da bin ich ganz mit dir. Auf diese Frage sollte der Designer absolut eine Antwort geben.

    Nur sollte er nicht zwangsläufig bereits für die Spieler die Frage beantworten, was konkret die Charaktere machen ("Sie beschwören Dämonen. Sie plündern Verliese.") Das denken aber, glaube ich, so einige Leute auf der Forge. Sicher nicht alle.



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Purzel - 17.04.2006, 12:41


    @ Vermi:

    Wenn du die Frage "Was machen die Charaktere" zu "Wie bestimmen die Spieler, was ihre Charaktere machen?" verallgemeinerst, wie geht man sicher, dass die Spieler nicht irgendwelche Themen wählen, für die die Regeln nicht gut geeignet sind?

    Wie führt das Spiel die Spieler ihr (und ein möglichst gut vom Spiel unterstütztes) Thema zu finden?



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Purzel - 17.04.2006, 12:44


    @ Bricolage:

    Ich habe versucht diese Artikel über Bricolage zu lesen. Ich bin mehrfach dran gescheitert, weil ich dabei fast eingenickt bin. Wenn sich etwas nicht innerhalb eines Absatzes so umreissen lässt, dass man es versteht, dann stimmt doch was mit dem Konzept nicht. :-P Oder bin ich einfach zu blöd?



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Georgios - 17.04.2006, 13:17


    Bricolage ist ein recht schwammiger Begriff, der den kreativen Akt beschreibt den SIS zu erweitern. Jedoch nicht durch reine Addition von neuen Elementen sondern durch Gebrauch und Nutzung der bereits etablierten. Bricolage wird daher von einigen als Kernpunkt von SIM betrachtet. Bricolage ist "expanding the dream", wenn man so will.

    Die Ausweitung des Bricolage-Konzepts auf System hingegen, ist der Punkt wo ich gänzlich abspringe. Neudeutung, Umgestaltung und Extrapolierung des Systems halte ich nicht mehr für spielen sondern für designen.

    Hilft das etwas?



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Georgios - 17.04.2006, 13:19


    Vermi hat folgendes geschrieben:
    Nur sollte er nicht zwangsläufig bereits für die Spieler die Frage beantworten, was konkret die Charaktere machen ("Sie beschwören Dämonen. Sie plündern Verliese.")

    Warum?



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Vermi - 17.04.2006, 13:24


    Weil ich nicht sehe, dass dadurch zwangsläufig ein besseres Spiel entsteht. Du?



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Georgios - 17.04.2006, 14:25


    Vermi hat folgendes geschrieben: Weil ich nicht sehe, dass dadurch zwangsläufig ein besseres Spiel entsteht. Du?

    Inwieweit besser? Das es mehr Spaß macht? Das ist eh unmöglich. Dafür sind Geschmäcker zu verschieden. Selbst wenn man sich eine klare Zielsetzung auf die Fahnen schreibt, heißt das noch lange nicht, dass Leute daran auch Spaß haben.

    Wird das Spiel dadurch jedoch kohärenter und zielgerichter? Ja. Ohne Zweifel. Vorausgesetzt dass diese vorgegebenen Inhalte lediglich Wege zum eigentlichen Ziel sind, und nicht das Ziel selbst. Dann würden diese Vorgaben schließlich den Spieler das (SIM-)Spiel quasi aus der Hand nehmen.



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Vermi - 17.04.2006, 15:13


    Siehst du, Fredi? So wie Georgios sehen es jedenfalls sehr viele Leute auf der Forge. Deshalb existiert überhaupt dieser Thread.

    Ich bin eben nicht so überzeugt, dass das die Richtung ist, in die all unser Streben gehen sollte. Daher bin ich auf der Suche nach dem weniger kohärenten, weniger eng fokussierten, weniger pervigen Spiel, das trotzdem ein modernes, sauberes Design hat. Das den Spielern nicht nur kreative, sondern auch technische Freiheiten lässt, ohne dabei jedoch völlig beliebig zu sein. Dabei ist und bleibt meine (unbelegte) These, dass solche offeneren Spiele jedenfalls für manche, wenn nicht sogar für viele Spieler, zu einem befriedigerenden Spielerlebnis führen können.

    Zum Beispiel habe ich gestern endlich The Shadow of Yesterday gespielt. Was machen die Charaktere in TSoY? Sie sind Bewohner der World of Near. Alles ist spielbar. Der Autor gibt wirklich genau keine Vorgabe, was die Charaktere in dem Spiel machen und erleben sollen. Hier und da eine kleine Anregung, aber mehr nicht. Trotzdem ist mit den Keys ein sehr potentes Hilfsmittel gegeben, um dem Spiel am Ende eine Richtung zu geben und die oft ermüdende Ziellosigkeit weniger bewusst designter Rollenspiele nicht aufkommen zu lassen.

    TSoY ist eigentlich schon sehr nah an dem, was ich mir vorstelle.



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Georgios - 17.04.2006, 15:41


    Vermi, würdest du sagen das TSoY ein Vanilla NAR Spiel ist? Das es vielleicht deshalb ein gutes Einstiegerspiel ist? Ist es überhaupt ein gutes Einsteigerspiel?

    Meiner Meinung nach ist es genau wegen dieser Keys gänzlich ungeeignet. Diese Keys, ihre Funktion im Spiel und die Anpassung an die eigenen Vorlieben setzen spezielle Rollenspielerfahrungen voraus. Oder halt genau die Spielkompetenzen, die in enger fokussierten Spielen nicht nötig sind.

    Ich spiele sehr häufig mit Leuten, die zwar seit langem Rollenspiele spielen aber denen solche Spielkompetenzen trotzdem fehlen. Daher auch meine fehlende Zustimmung bei Thesen die mehr Spielfreiheit mit mehr Spielspaß verknüpfen. Ich sehe da bestenfalls eine zufällige Korrelation. Vor allem aber sehe ich das getrennt von der Pervy/Vanilla Unterscheidung.



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Vermi - 17.04.2006, 16:08


    Das Argument "mit den falschen Spielern klappt das nicht" kann man universell gegen jedes Design-Konzept vorbringen. Mir geht es weder um ein besonders gutes Einsteigerspiel, noch um ein Spiel, das für dich und deine Gruppe besonders gut geeignet ist. Sondern um ein Spiel, das ich gerne spielen möchte. Und dafür bringt mich die Frage: "Was machen die Charaktere?" nicht weiter.



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Georgios - 17.04.2006, 16:18


    Vermi hat folgendes geschrieben: Das Argument "mit den falschen Spielern klappt das nicht" kann man universell gegen jedes Design-Konzept vorbringen.

    Dann trifft es sich ja gut, dass ich dieses Argument nicht eingebracht habe. Egal wie oft du es mir auch in den Mund legen willst.

    Zitat: Sondern um ein Spiel, das ich gerne spielen möchte. Und dafür bringt mich die Frage: "Was machen die Charaktere?" nicht weiter.

    Die einzige Person, die dich dabei weiterbringen kann, bist du. Wenn der einzige Maßstab, den du an dein Design ansetzt, deine eigenen Vorlieben sind, dann kann dir niemand Feedback geben. Dann sehe ich ehrlich gesagt aber auch keinen Zweck darin, deine Designgedanken anderen Leuten zu unterbreiten.



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Vermi - 17.04.2006, 17:08


    Ich habe doch genau formuliert, welches Designziel ich anstrebe. Ich denke schon, dass das eine brauchbare Diskussionsgrundlage ist, vorausgesetzt, die Diskussionspartner sind bereit, diese Grundlage zu akzeptieren, statt sie anzugreifen. Georgios, was willst du eigentlich von mir? Wenn du das Gefühl hast, hier nichts beitragen zu können, warum postest du dann?

    Wenn du ein persönliches Problem mit mir hast, schlage ich vor, mir eine PM oder Email zu schreiben.

    Gruß Frank



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Georgios - 17.04.2006, 17:39


    Vermi hat folgendes geschrieben: Ich habe doch genau formuliert, welches Designziel ich anstrebe. Ich denke schon, dass das eine brauchbare Diskussionsgrundlage ist, vorausgesetzt, die Diskussionspartner sind bereit, diese Grundlage zu akzeptieren, statt sie anzugreifen.

    Nun, ich sehe einen Unterschied zwischen "ich will ein Spiel machen, das X, Y und Z leistet ohne dabei A, B und C zu sein" und "ich will ein Spiel, das ich gerne spielen möchte". Das mag für dich, aus offensichtlichen Gründen, das gleiche sein. Aber über ersteres kann man als Außenstehender etwas sagen, über letzteres nicht.

    Dieser Thread handelt aber auch vor allem von der Frage "Was machen die Charaktere?" und nicht von dem dir vorschwebenden Spieldesign, deshalb gab es doch den Extra-Thread oder hab ich das falsch verstanden?

    Zitat:
    Wenn du ein persönliches Problem mit mir hast, schlage ich vor, mir eine PM oder Email zu schreiben.


    Hier sehen wir wieder die Schwächen der reinen Textkommunikation. Ich habe überhaupt kein Problem mit dir. Meine Beiträge in diesem Thread waren auch zu keinem Zeitpunkt irgendwie als Angriff oder als Ausdruck irgendwelcher persönlichen Abneigungen gedacht.

    Ich habe lediglich versucht Feedback zu geben, in dem ich die Dinge anspreche, die du vielleicht übersehen hast. Oder auf Probleme hinzuweisen, die ich in deinem Ansatz sehe. Wie ich aus denen Reaktionen sehe, scheint das alles sehr viel aggressiver und feindseliger rüberzukommen, als ich das wollte. Es ist wohl besser, wenn erst ein mal nicht mehr poste.



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Vermi - 17.04.2006, 18:11


    Ja, die Trennung zwischen meinem "Low-PoC"-Design und der generellen Frage ist nicht so wirklich geglückt. Aber ich denke, das Thema ist sowieso im Wesentlichen durch. Freut mich jedenfalls, dass wir keinen Streit haben.



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Fredi der Elch - 17.04.2006, 22:27


    Ich denke es geht einfach um folgenden Punkt (nur noch so mal zum Abschluss):

    Vermi, du hast die These aufgestellt, dass Spiele mit weniger Vorgaben (weniger fokussiert, whatever) für manche Leute ein besseres Spielerlebnis produzieren können ohne völlig beliebig zu werden. Was fehlt ist allerdings der Beleg.

    Dass fokussierte Spiele für manche Leute ein besseres Spielerlebnis produzieren können, ist zur Genüge erwiesen. Dass weniger fokussierte Spiele das mit einer ähnlichen Sicherheit (oder wenigstens brauchbarer Sicherheit) können, ist nicht im Geringsten erwiesen. Und leider bist du da in der Position des Beweislieferanten - du hast die Bringschuld. Du stellst die These auf, du musst die Belege bringen. Und bisher überzeugt mich einfach nichts von dem, was du vorgebracht hast. Du hast eher Belege dafür gebracht, dass weniger fokussierte Spiele Probleme bringen (denke an deine Probleme mit PtA mit unerfahrenen Runden. Und das, obwohl PtA schon eine Anleitung zur Strukturierung bietet)

    Ich will nicht bezweifeln, dass du Recht haben könntest. Ich habe dir auch meine Bedenken geschildert. Und weiterhin fehlt ganz viel AP-Analyse (was du hier gebracht hast, ist doch arg wenig). Es muss ganz genau geschaut werden, wann solche Systeme zu welchen Ergebnissen geführt haben - sowohl zu positiven als auch negativen. Und dann fehlt noch das Konzeptdesign. Zu beidem würde ich auch gerne was sagen (wenn du magst).

    IMO solltest du mit richtig ausführlichem AP anfangen. 5-10 Runden mit verschiedenen Spielern wären für den Aafang nicht schlecht. Und leider, leider meine ich die Menge wirklich ernst. Was es nicht leichter macht. Ist aber IMO notwendig. Und dann reden wir mal drüber.



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Vermi - 18.04.2006, 11:36


    Ich denke, wir werden es vorerst dabei belassen müssen, dass ich die These nicht belegen kann und du ihr skeptisch gegenüberstehst... Ich fürchte auch, ein wirklich handfester Beweis der These dürfte nahezu unmöglich sein, oder was meinst du?

    Ich werde erst mal zusehen, dass ich mehr TSoY und vielleicht auch Sorcerer spiele. Mal sehen, ob ich damit einen „Treffer“ lande (also eine Sitzung, die mich echt von den Socken haut). Wenn ja, werde ich davon natürlich berichten.



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Fredi der Elch - 18.04.2006, 21:46


    Vermi hat folgendes geschrieben:
    Ich fürchte auch, ein wirklich handfester Beweis der These dürfte nahezu unmöglich sein, oder was meinst du?

    Beweisen wird man es nie können. Aber die These, dass fokussierte Spiele mit sehr hoher Konsistenz (fast) völlig unabhängig von den Spielern und deren Erfahrungen zu sehr guten Ergebnissen führen, ist durch so viele AP-Berichte gestützt, dass man wohl davon ausgehen kann. Umgekehrt gibt es so viele Berichte davon, dass unfokussierte Spiele gerade nicht funktionieren, dass man das auch erst einmal annehmen könnte. Es geht also darum, die Variablen zu identifizieren, unter denen unfokussierte Spiele entgegen der Erfahrung trotzdem was reißen.

    Zitat:
    Mal sehen, ob ich damit einen „Treffer“ lande (also eine Sitzung, die mich echt von den Socken haut). Wenn ja, werde ich davon natürlich berichten.

    Und vor Allem: berichte von den Fehlschlägen (bzw. durchschnittlichen Ergebnissen)! Nur so wir man identifizieren können, wann es ein Volltreffer wird und wann eben gerade nicht. Nur von den Treffern zu berichten nutzt wenig.



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Norbert G. Matausch - 19.04.2006, 03:09

    Bessere Spielergebnisse
    @Vermi
    Haben wir die Prämisse aufgestellt, dass wir einfach ein "besseres Spiel" entwerfen wollen (bzw. Du), oder sprachen wir exklusiv von einem Vanilla Nar? Ernst gemeinte Frage.

    Wenn ich mir mal so (die für meinen Geschmack interessantere, weil nahe an meinem Immersionsgedanken liegende) nordische Rollenspielszene ansehe, schwirren da auch so einige brauchbare Thesen rum (die obendrein verständlicher formuliert sind als die von der Forge ;) ). Fast alle postulieren einen Gedanken, der den meisten Forge-Spielen diametral entgegensteht: Man kann auch richtig geil rollenspielen (also ein richtig geiles Rollenspiel haben), obwohl keine Story (im Sinn eines ausformulierten Diskurses) entsteht. Aber genau das ist doch der Punkt des ganzen Geschreis um fokussierte Spiele: möglichst enge Eingrenzung des Themas, der Prämisse, um ordentlich strukturierte Geschichten zu erzählen (Narrativismus).

    Was also schwebt Dir vor? Ein NARrenspiel oder einfach eines, das den Spielern durch verschiedene Techniken erlaubt, zu immersionieren bzw. ihre Bedürfnisse zu befriedigen?

    Liebe Grüße und gute Nacht
    Norbert



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Dom - 19.04.2006, 09:48


    Zitat:
    (...) möglichst enge Eingrenzung des Themas, der Prämisse, um ordentlich strukturierte Geschichten zu erzählen (Narrativismus).

    Eingrenzung des Themas und strukturierte Geschichte ist kein NAR.

    Vermi schrieb im GroFaFo (Forge in der Nussschale)
    Zitat:
    Thematisches Rollenspiel: Die Spieler setzen sich mit den moralischen und menschlichen Dilemmata des gemeinsamen Vorstellungsraums auseinander, beziehen dazu als Spieler Stellung und treffen dadurch eine Aussage über ihren Charakter und/oder die Spielwelt. Wir sprechen von Narrativism.

    Achtung: Nar hat nichts mit sogenanntem Storytelling oder cinematischem Rollenspiel zu tun!


    Dom



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Norbert G. Matausch - 19.04.2006, 17:00


    Dom hat folgendes geschrieben: Zitat:
    (...) möglichst enge Eingrenzung des Themas, der Prämisse, um ordentlich strukturierte Geschichten zu erzählen (Narrativismus).

    Eingrenzung des Themas und strukturierte Geschichte ist kein NAR.

    Vermi schrieb im GroFaFo (Forge in der Nussschale)
    Zitat:
    Thematisches Rollenspiel: Die Spieler setzen sich mit den moralischen und menschlichen Dilemmata des gemeinsamen Vorstellungsraums auseinander, beziehen dazu als Spieler Stellung und treffen dadurch eine Aussage über ihren Charakter und/oder die Spielwelt. Wir sprechen von Narrativism.

    Achtung: Nar hat nichts mit sogenanntem Storytelling oder cinematischem Rollenspiel zu tun!


    Dom


    Also, da verstehe ich aber das Forge Glossary anders als Du. Aber ich bin ein Freund der einfachen Worte, vielleicht verstehe ich ja wa falsch. In jedem Falle steht da unter "Story Now":

    Commitment to Addressing (producing, heightening, and resolving) Premise through play itself. The epiphenomenal outcome for the Transcript from such play is almost always a story. One of the three currently-recognized Creative Agendas. As a top priority of role-playing, the defining feature of Narrativist play.


    Und wenn ich die Prämisse anspreche und mein Spiel darauf abziele, dann ergibt sich natürlich eine Eingrenzung des Themas, das im Spiel behandelt wird.
    Und unter "ordentlich strukturiert" verstehe ich, dass das Hauptaugenmerk eben auf der Story liegt -- und nicht auf Immersion, Simulation oder Gamism. Und außerdem, ich bitte Dich, die CA des Narrativismus heißt ja schon "Story Now", worauf soll denn sonst der Fokus liegen?



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Dom - 20.04.2006, 13:54


    Hm... da hast du wahr. Schaut man allerdings in den "Story now"-Artikel, so steht da:

    Story Now requires that at least one engaging issue or problematic feature of human existence be addressed in the process of role-playing. "Address" means:
    * Establishing the issue's Explorative expressions in the game-world, "fixing" them into imaginary place.
    * Developing the issue as a source of continued conflict, perhaps changing any number of things about it, such as which side is being taken by a given character, or providing more depth to why the antagonistic side of the issue exists at all.
    * Resolving the issue through the decisions of the players of the protagonists, as well as various features and constraints of the circumstances.

    Zu Hülf! :-(

    Dom



    Re: "Was machen die Charaktere?"

    Vermi - 20.04.2006, 14:25


    Zitat: Und außerdem, ich bitte Dich, die CA des Narrativismus heißt ja schon "Story Now", worauf soll denn sonst der Fokus liegen?

    Noch viel über die Forge zu lernen du hast, junger Jedi. :lol:



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