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Barbery, Muriel – Die letzte Delikatesse




Barbery, Muriel – Die letzte Delikatesse

Beitragvon tom » 09.10.2008, 21:41

Original: Une gourmandise (französisch, 2000)

In diesem ersten Buch von Muriel Barbery, erschienen auf Französisch im Jahre 2000, erzählt sie die Geschichte eines sterbenden gastronomischen Kritikerpapstes, der in seinen letzten Stunden auf kulinarische Erinnerungsreise durch sein Leben geht und sich die Delikatesse, das Geschmackserlebnis seines Lebens schlechthin zu vergegenwärtigen sucht, das er irgendwo in fernster Kindheit vermutet. Wird er sich daran erinnern? Dabei erinnert er sich an verschiedene Höhepunkte von Gaumenfreuden unterschiedlichster, auch einfacher, Art, wie z.B. das Kosten von Brot, die ersten Freuden bei der Großmutter etc. Diese Kapitel in der Ich-Form sind teils sehr kunstvoll und fachmännisch erzählt. Kein Wunder, dass Barbery für diese Beschreibungen in Frankreich mehrere gastronomische Fachpreise erhielt! Doch ein literarischer Gegenakzent wird gesetzt durch den Wechsel eben dieser Kapitel mit kleinen „Erinnerungskapiteln“ von Menschen (und Tieren!) aus dem Umkreis des Feinschmeckers: meist erscheinen diese Kommentare wie in einem Gegensatz, einer Spannung zu den so ausgearbeiteten Geschmackserlebnissen des Kritikers .Sie decken, meist kritisch, eine Persönlichkeit auf, die so gar nicht genauso feinfühlig in den menschlichen Beziehungen gewesen zu sein scheint.

Ich bin kein Kenner in der Gastronomie und den dazugehörigen Fachzeitschriften, doch wenn Barbery ihren Feinschmeckerpapst gewisse auch einfache Gaumenfreuden beschreiben lässt, kommt einem schon die Spucke hoch! Das ist einfach wunderbare, wenn auch etwas überzeichnete, Beschreibung! Die Suche aber nach DEM Geschmackserlebnis des Lebens wird schnell sichtbar nicht zum raffiniertesten Gericht führen, sondern irgendwohin zu einer weit zurück liegenden einfachen Freude. Darin scheint eher die wahre Entdeckung der letzten Lebensstunden zu liegen.

Im Gegensatz zu diesen feinschmeckerischen Beschreibungen erscheinen die teils schon herben Bemerkungen der Zeitgenossen über diesen Gourmet. Ist er in gewissem Sinne an den menschlichen Freuden und Freunden vorbeigegangen?

Schon findet man in diesem Buch die „Rue de Grenelle“ von „Die Eleganz des Igels“ und einige dort erscheinende Personen. Ein interessanter Schreibbeginn von Muriel Barbery, der ihr sofort einige gute Kritiken, zumindest bei der gastronomischen Küche, einbrachte! Ich selber würde dem Buch so

:stern::stern::stern:/:stern: geben.

Broschiert: 141 Seiten
Verlag: Fischer (Tb.), Frankfurt; Auflage: 1 (Oktober 2004)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3596160847
ISBN-13: 978-3596160846

Bild
tom
 

von Anzeige » 09.10.2008, 21:41

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Beitragvon Karthause » 10.10.2008, 06:44

Obwohl mich die "Eleganz des Igels" nicht soooo begeistert hat, lockt mich dieses Buch. An DAS Geschmackserlebnis meines bisherigen Lebens kann ich mich auch gut erinnern. Danke, tom, das Buch steht jetzt auf meinem Wunschzettel.


PS: Es hat ja nur 141 Seiten. Vielleicht wäre es auch was für eine gemeinsame Lektüre zu einer Lesenacht/Lesewochenende.
Viele Grüße
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Beitragvon alwin03 » 10.10.2008, 16:02

Karthause hat geschrieben: An DAS Geschmackserlebnis meines bisherigen Lebens kann ich mich auch gut erinnern.


NEUGIERIG geworden :oops:
Ich lese zur Zeit:

--------------------------------------- ???


wENN nUr meinE sCHleChte recht(s)SchreIbunG nICHT wÄr :cry:
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Beitragvon Karthause » 01.11.2008, 15:09

„Die letzte Delikatesse“ ist der erste Roman der Autorin Muriel Barbery. Es ist ein nur dünnes Büchlein von 141 Seiten. Aber sein Inhalt bietet weit mehr als nur eine kurze Unterhaltung. Einige der Handelnden sind mir aus der Lektüre von „Die Eleganz des Igels“ bereits bekannt. So fiel es mir nicht schwer, mich sofort in diesem Buch zurechtzufinden. Vom Stil her war ich auch an den Nachfolger erinnert. Jede Person bekam einen eigenen Abschnitt für seine Gedanken über den Sterbenden. Dabei war das Buch so strukturiert, dass die Gedanken derer, mit denen er sein Leben teilte sich mit seinen eigenen zu den verschiedensten Dingen abwechselten. Mir hat dies sehr gut gefallen, obwohl ich solch kurze Abschnitte eigentlich nicht so mag. Hier war es passend.

Ich bin auch kein Kenner der Feinschmeckerszene, fand aber die Abschnitte über die diversen Lebensmittel und die Gastronomie sehr interessant. Erstaunt war ich über die teilweise recht bissige Sprache, besonders in den Gedanken der Mitmenschen über den Kritiker. Aber er war auch nicht der liebenswerteste Zeitgenosse.

Mein Fazit: „Die letzte Delikatesse“ ist ein unterhaltsamer und nachdenklich stimmender Ausflug in das Reich der Genüsse, der vom nahenden Tod des Gastrokritikers überschattet wird. Es war eine leicht zu lesende und interessante Lektüre, die ich allen, denen „Die Eleganz des Igels“ gefallen hat, empfehlen kann. Leider ist das Buch z. Zt. nicht im Handel erhältlich.
Viele Grüße
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Re: Barbery, Muriel – Die letzte Delikatesse

Beitragvon Katia » 02.12.2010, 20:41

Das Buch fiel mir in die Hände, weil Martin es gelesen hatte. Autorin, Titel, Klappentext hat mich alles neugierig gemacht. Vieles am Buch fand ich gut: die wechselnden Perspektiven, das Beleuchten eines zu Ende gehenden Lebens in Selbst- und Fremdreflexion. Wir lernen einen Menschen kennen, der andere zutiefst unglücklich gemacht hat und verstehen in seinen eigenen Worten, wo die Faszination an seiner Person kommt. Und doch haben diese Abschnitt, die Suche des todkranken Mannes, des Gourmets (eher Gourmands) nach der "letzten Delikatesse". In überbordernder Sprache werde Genüsse vom der rohen, frisch gepflückten Tomate, bis zu Austern, Gerüche vom Lindenbaum bis zur Küche seiner Großmutter beschrieben.
Nein, dieses Buch gefiel mir spätestens nach einem Drittel überhaupt nicht (zumindest nicht die Kapitel der Hauptperson), zu blümerant war mir die Sprache, zu schwärmerisch die Beschreibung der Kindheitsgenüsse und -gerüche. Mag sein, dass Restaurantkritiker auch in Wirklichkeit so schreiben, aber das Artifizielle hat mich nach einiger Zeit nur noch gelangweilt. Mit Feinschmeckerei hat das im meinen Augen alles wenig zu tun, scheint mir bei der Hauptfigur nur aus seinem allgemeinen Snobismus zu resultieren. Entsprechend passt dazu auch das Ende, die Enthüllung der letzten Delikatesse.
Das Buch ist durchdacht, gut strukturiert, aber in Aufbau und Sprache zu glatt, zu manieriert wie Pierres Leben.
Sagen wir: :stern: :stern:

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