PferdeErziehung ?




Gespräche über alles mögliche ...

PferdeErziehung ?

Beitragvon Administration » 09.04.2006, 12:47

Horst hat geschrieben:Ich habe zwei Pferde (26 und 10 Jahre), die ich selbst relativ antiautoritär
behandelt und ausgebildet habe, und das war gut so! Die Pferde danken es mir. Lob statt Strafe ist mein Motto.


Bezieht sich denn diese Aussage jetzt nur auf die "Bodenarbeit" - also den Umgang im Stall zb. oder auch auf deine Art deine Pferde unter dem Sattel zu haben ?


Ich wohne ja ganz nah am Stall und mich interessiert das, weil ich dort beim Spazierengehen und auch beim allabendlichen Kaninchenfuttersammeln ;) ... immer öfters auf dem Reitplatz einen Umgang zwischen Pferd und Reiter beobachte, der mir sehr gegen die Hutschnur geht. Da sehe ich viel Leder, zusammengeschnürte Tiere, Sporen in ständigem Einsatz usw. ...

Immer öfter habe ich Reiter gesehen, die zb. mit Schlaufzügeln ins Gelände gehen oder sogar mit Ausbinder. Meine Ausbilderin wäre uns damals mit der Gerte nachgelaufen, wenn wir sowas versucht hätten :D ...

Ich habe nichts gegen Kandarren und Sporen. Ich habe selbst immer lieber Sporen getragen als eine Gerte mitgenommen - sowas besass ich zb. gar nicht ... aber wie ich damit umgehe, wie ich diese Mittel einsetze, dass ist mE doch die Frage, oder ?
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von Anzeige » 09.04.2006, 12:47

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Behandlung von Pferden

Beitragvon Horst » 11.04.2006, 21:51

Meine Aussage bezieht sich auf alles, was ich mit meinen Pferden mache.
Beim Reiten benutze ich zwar eine Gerte, aber grundsätzlich keine Sporen und keine Hilfszügel. Ich schnüre meine Pferde weder beim Longieren
zusammen, noch ziehe ich sie beim Reiten zusammen, weil das für Pferde schmerzhaft ist. Noch stärker gilt das für die Benutzung von Schlaufzügeln,
bei denen das Zusammmenziehen in absolute Tierquälerei ausartet.
Leider habe auch ich in Stieldorferhohn schon unschöne Reitweisen gesehen. Einige Reiter habe ich angesprochen. Der Erfolg war gering.
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Re: Behandlung von Pferden

Beitragvon Administration » 12.04.2006, 18:08

Horst hat geschrieben:Meine Aussage bezieht sich auf alles, was ich mit meinen Pferden mache.
Beim Reiten benutze ich zwar eine Gerte, aber grundsätzlich keine Sporen und keine Hilfszügel. Ich schnüre meine Pferde weder beim Longieren
zusammen, noch ziehe ich sie beim Reiten zusammen, weil das für Pferde schmerzhaft ist. Noch stärker gilt das für die Benutzung von Schlaufzügeln,
bei denen das Zusammmenziehen in absolute Tierquälerei ausartet.


Das wußte ich nicht. Woher kommt das ? Ich vermute durch die Hebelwirkung. Ich habe mir halt nur gedacht, dass es unmöglich im Gelände einen Sinn haben kann, mit diesen Dingern zu reiten, weil da die Pferde doch nicht "gearbeitet" werden, wie es so schön heißt, sondern eher "entspannen" sollen und das geht nicht, wenn sie die Nase auf dem Boden haben.

Ich habe mal ein Pferd geritten vor vielen Jahren, dass im Gelände jedesmal auf die Vorderbeine fiel. Es hat ein bisschen gedauert, bis mir klar wurde, dass das am langen Zügel lag, den ich dem Wallach gab. Er war das nicht gewohnt, sondern er war gewohnt, dass sein Kopf beständig vom Reiter "hochgehalten" wurde und so pflog er jedesmal regelrecht auf die Nase, wenn dieser Halt von oben fehlte.

Ich fand das schlimm.

Leider habe auch ich in Stieldorferhohn schon unschöne Reitweisen gesehen. Einige Reiter habe ich angesprochen. Der Erfolg war gering.


Ja. Das kenne ich auch, aber im Endeffekt wirkt das Vorleben, das Vormachen, das Vorbild da oft Wunder und die Unverbesserlichen kann man immer wieder nur darauf ansprechen, meines Erachtens und sie nerven ...

... dein klares Statement dazu finde ich gut. :)

Ich halte vieles heute einfach für "Unarten", die sich schleichend eingebürgert haben. Vielleicht sollte es für jeden Reiter einen Pflichtreiterpass geben, der auch beinhaltet, dass man lernt, wie die Anatomie des Pferdes ist und wie gewisse "Hilfsmittel" auf das Pferd wirken und welche Kräfte da auf so ein Tier einwirken ...

Ich habe auch mal ein Pferd geritten, dass sich im Gelände tourmäßig auf dem Gebiß festbiss und dann sass man hilflos obendrauf und konnte nur noch beten, dass das rasende Tier irgendwie, irgendwann zum Stehen kam. Da habe ich dann empfohlen, doch lieber ein schärferes Gebiß zu nehmen und das mit Verstand einzusetzen. Am langen Zügel geritten und nur im "Notfall" angezogen, war das Problem dann auch schnell aus der Welt und der Wallach wurde dann auf einem Westernzaum geritten - problemlos ... eine Kandare hätte sicher denselben Zweck erfüllt ... nur um der Einseitigkeit vorzubeugen ;) ...
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Beitragvon Gast » 13.04.2006, 09:28

Wichtig finde ich in diesem Zusammenhang, dass ein Verein wie die Pferdefreunde Ennert Aufklärung betreibt und durch entsprechende Kurse zumindest seine eigenen Leute zu Vorbildern schult. Ein sehr gelungenes Beispiel hierfür war für mich der Dressurkurs bei Volker Eubel.

Etwas anders sehe ich den Einsatz von Hilfszügeln, wenn sie dafür eingesetzt werden, dem Pferd den Weg in die richtige Richtung zu zeigen. Gerade als Reiterin eines Arabers weiß ich, wie schwierig es oftmals ist, ein Pferd so schonend wie möglich zu reiten, damit es ein langes, gesundes Pferdeleben hat. Ich longiere meinen Araber mit Dreieckszügeln, die ihm den Weg in die Tiefe zeigen und ihn dazu anhalten, über den Rücken zu arbeiten. Einfaches im Gelände latschen lassen ist für mich kein pferdeschonendes Reiten, weil dadurch die Pferde einfach so laufen, wie es für sie bequem ist. Das ist aber nicht immer unbedingt gesund. Ein hochgerissener Kopf, ein weggedrückter Rücken und eine übermäßige Belastung der Vorhand bei wenig Aktion aus der Hinterhand können ein Pferd genaus verschleißen und zu gesundheitlichen Problemen führen, wie ein permanentes Zusammenschnüren und in eine vermeintlich richtige Form Pressen.

Es ist letztlich genauso wie bei uns Menschen: Um lange gesund zu bleiben, muss man auch oftmals Dinge tun, die anstrengend sind, z.B. Sport treiben.
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Beitragvon Swea » 13.04.2006, 09:29

Komisch, ich hatte mich eigentlich nicht ausgeloggt. Oder doch? Naja, jedenfalls war der Beitrag von mir ;)
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Beitragvon Administration » 13.04.2006, 11:39

Anonymous hat geschrieben:Wichtig finde ich in diesem Zusammenhang, dass ein Verein wie die Pferdefreunde Ennert Aufklärung betreibt und durch entsprechende Kurse zumindest seine eigenen Leute zu Vorbildern schult. Ein sehr gelungenes Beispiel hierfür war für mich der Dressurkurs bei Volker Eubel.

Etwas anders sehe ich den Einsatz von Hilfszügeln, wenn sie dafür eingesetzt werden, dem Pferd den Weg in die richtige Richtung zu zeigen. Gerade als Reiterin eines Arabers weiß ich, wie schwierig es oftmals ist, ein Pferd so schonend wie möglich zu reiten, damit es ein langes, gesundes Pferdeleben hat. Ich longiere meinen Araber mit Dreieckszügeln, die ihm den Weg in die Tiefe zeigen und ihn dazu anhalten, über den Rücken zu arbeiten. Einfaches im Gelände latschen lassen ist für mich kein pferdeschonendes Reiten, weil dadurch die Pferde einfach so laufen, wie es für sie bequem ist. Das ist aber nicht immer unbedingt gesund. Ein hochgerissener Kopf, ein weggedrückter Rücken und eine übermäßige Belastung der Vorhand bei wenig Aktion aus der Hinterhand können ein Pferd genaus verschleißen und zu gesundheitlichen Problemen führen, wie ein permanentes Zusammenschnüren und in eine vermeintlich richtige Form Pressen.

Es ist letztlich genauso wie bei uns Menschen: Um lange gesund zu bleiben, muss man auch oftmals Dinge tun, die anstrengend sind, z.B. Sport treiben.


also swea, ich habe noch kein pferd in freier wildbahn gesehen, dass sich auf diese art und weise "gearbeitet" hat - es ist eine ihm vom menschen aufgezwungene art und weise seinen körper zu halten, der absolut unnatürlich ist und mit gesundheit nicht das geringste zu tun hat, sondern - und das ist meine meinung - damit, das geltungsbedürfnis des reiters zu befriedigen ... oder eben - das ist mE meistens der fall - sein eigenes unvermögen zu kaschieren.

ein pferd, dass das maul aufsperrt oder den rücken durchdrückt ist ein pferd, dass bereits "falsch" geritten wurde. außerdem denke ich man sollte doch auch mal bedenken, dass schon allein die tatsache dass ein pferd einen menschen auf seinem rücken trägt eine völlig unnatürliche sache ist. daher kommt ja auch oft eben die rüde art und weise, wie die pferde eingeritten werden. ich bin sicher, es geht anders - ohne viel leder und zwang.

dennoch sind die pferde freunde der menschen und wenn man sie richtig behandelt und ihnen keinen schmerz zufügt, dann haben auch sie spaß an der gemeinsamen reiterei ... jedenfalls glaube ich das.

ich halte es für eine grobe überheblichkeit des menschen zu denken, dass er einem pferd "den weg weisen" müßte. pferde wissen von natur aus sehr gut, was gut für sie ist und welche haltung sie einnehmen müssen, um sicher und entspannt durchs leben zu laufen - das gleiche gilt für das tier, das plötzlich zusätzlich noch einen menschen auf dem rücken tragen und ausbalancieren muss - es selbst weiß am besten wie es das macht und pferde, die dann den rücken durchdrücken oder das maul aufreißen fliehen vor dem schmerz, den das wesen da oben auf ihm drauf ihm zufügt, alles andere ist meines erachtens schönfärberei ...

das was du da beschreibst ist für mich vergleichbar mit den asiatischen frauen, denen man die füsse verbunden hat, damit sie schön klein bleiben, weil das als statussymbol galt/gilt ... genauso gilt ein wie ein hering eingerolltes pferd als statussymbol ...

es gibt andere möglichkeiten ein pferd absolut rittig zu machen und mit ihm zu tanzen anstatt zu kämpfen und es zu irgendwas zu zwingen, was gegen seine natur ist und was es nicht freiwillig anbietet.
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Beitragvon Swea » 13.04.2006, 15:03

Leider muss ich Dir da ein wenig widersprechen. Pferde bewegen sich von Natur aus so, wie es ihnen am bequemsten ist. Ich hänge auf meinem Bürostuhl leider auch oft so, wie es für mich am bequemsten ist - für meinen Rücken ist das leider auf Dauer nicht ideal. Beim Pferd kommt noch hinzu, dass wir es halten, weil wir es reiten wollen - eine an sich erstmal nicht natürlich Art für das Pferd. Damit das Reiten das Pferd nicht belastet, ihm keine Schmerzen zufügt und seine Gesundheit lange erhält, muss es Muskulatur aufbauen, vor allem Rückenmuskulatur, und lernen, gesundheitsschonend zu laufen. Ich habe als Reiter und Pferdebesitzer die Verantwortung, mein Pferd so auszubilden, dass genau das passiert. Das Wort Ausbildung bedeutet, dass es einen gibt, der ausbildet, und einen, der ausgebildet wird, sprich dass der Eine dem Anderen den richtigen Weg zeigt.
Wenn ich bei meinem Beispiel mit meiner Haltung auf dem Bürostuhl bleibe, dann wäre das z.B. ein Physiotherapeut, der mir zeigt, wie ich mich richtig bewege, sitze etc., damit ich langfristig keine Rückenprobleme bekomme. Ich halte das nicht für überheblich.

Es geht mir nicht darum, ein Pferd zusammen zu schnüren, ihm Leiden zuzufügen usw. Dass gute Pferdeausbildung auch anders geht, beweisen viele sehr gute Reiter, die ihr Wissen zum Glück auch mit Anderen teilen (ich meine jetzt z.B. Herrn Eubel). Ziel jeder guten Pferdeausbildung muss in meinen Augen sein, dass das Pferd in natürlicher Selbsthaltung über den Rücken geht. Das kann ein junges Pferd i.d.R. nicht, das muss es erst lernen. Genau wie ein Kind lernen muss. Und wenn ich dazu am Anfang der Ausbildung auf Hilfsmittel zurückgreifen muss, die gezielt, mit Bedacht und wohldosiert eingesetzt werden, dann mache ich es meinem vierbeinigen Schützling nur leichter und erspare ihm viele Schmerzen.
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Beitragvon Administration » 13.04.2006, 16:08

Ich geh da noch mal zurück zu deinem ersten Post:

Swea hat geschrieben:Ein hochgerissener Kopf, ein weggedrückter Rücken und eine übermäßige Belastung der Vorhand bei wenig Aktion aus der Hinterhand können ein Pferd genaus verschleißen und zu gesundheitlichen Problemen führen, wie ein permanentes Zusammenschnüren und in eine vermeintlich richtige Form Pressen.


Auf den hochgerissen Kopf bin ich ja schon eingegangen - der kommt in der Regel davon, dass dem Pferd der Rücken wehtut und wenn man dann mal genau hinsieht, dann sitzt da ein Reiter obendrauf, der im in den Rücken plumpst und keine sicheren Sitz hat oder es hat Schmerzen im Maul und wenn du dann hinschaust, hat es entweder die falsche Zäumung oder aber einen Reiter, der seine Hände nicht stillhalten kann oder zuviel Druck auf das Maul ausübt oder überhaupt zuviel Aktion von oben macht, so dass das Pferd versucht dem Schmerz zu entkommen.

Was du da vorschlägst, dass ist so, als wenn du bei einer kaputten Tiefkühltruhe die Warnlampe rausdrehst und behauptest, dass die Truhe nun wieder in Ordnung sei.

Mit anderen Worten: Du willst dann hingehen und dieses Tier, dass mit seiner Reaktion nichts anderes sagt wie: "Aua - du tust mir weh." das zu tuschieren, indem du es mit Leder in eine Form zwängst, die dann von außen gut aussieht und für dich bequem ist, die Schmerzen des Tieres aber in keiner Weise abstellt, sondern sogar noch verschlimmert, weil es nun dem stümperhaften Reiter da obendrauf noch nicht mal mehr mit einer entsprechenden Haltung ausweichen kann.

Das IST Tierquälerei. Und wenn man dann mal schaut, wieviele Tiere Beinprobleme, Rückenprobleme usw. gerade im Spring- und Dressursport haben irgendwann, dann frag ich mich, woher kommt das wohl ? Meiner Erfahrung nach denkt da niemand drüber nach - das ist eben so und da wird dann weggespritzt und munter weitergemacht.

Ein Tier, dass die Vorderhand übermäßig belastet und hinten nicht nachkommt, hat einen Reiter obendrauf, der es vorne "festhält" und hinten nicht genug die Sporen reinhaut. So ein Verhalten eines Pferdes kommt schlicht und einfach von einer falschen Reitweise, die uns einreden will, dass wir ein Pferd "arbeiten" statt reiten müssen. Vorne die Zügel fest im Anzug, das bremst den Pferdekörper und dafür dann von hinten treiben was das Zeug hält - wem die Kraft dazu fehlt, der nimmt halt Sporen oder Gerte zur Hilfe, damit das fluppt. Oder wenn gar nichts mehr hilft die Schlaufis ... und wenn ich die Dinger dann noch in den Händen von absoluten Anfängern sehe, die sich selbst nicht mal vernünftig im Sattel halten können, dann krieg ich die Krise.

Und so sag ich es nochmal - diese Hilfmittel sind nur da nötig, wo Reiter ihre eigenen Fehler vertuschen müssen, bzw. die Kräfte des Pferdes nicht im Griff haben. Den meisten fehlt einfach schon mal der sichere und lockere Sitz im Sattel und dann haben viele einfach das falsche Pferd unter dem Sattel, dass sie kräftemäßig oder könnenstechnisch gesehen einfach überfordert. Das mit "Hilfsmitteln" dann auszugleichen geht auf Kosten der Pferde, die da überhaupt nichts für können und bei einer vernünftigen Reitweise, bei einer vernünftigen Ausbildung des Reiters auch eine für sie "vernünftige" Körperhaltung an den Tag legen.

Du hast doch selbst auch Westerngeritten - wie erklärt sich dann, dass diese Tiere am langen Zügel ihren Kopf in genau der Haltung halten, für die andere Pferde erst mit Leder behangen werden müssen. Ich habe Pferde gesehen, die man nur mit einem Strick oder einem Ring um den Hals geritten hat, die die gleiche Haltung hatten. Diese Haltung des Pferdes ist natürlich, wenn es einen Reiter auf dem Rücken hat und wenn man ihm sein eigenes Körperempfinden nicht aberzogen hat, dann weiß es auch das zusätzliche Gewicht eines harmonisierenden Reiters auf seinem Rücken auszubalancieren.

Wenn allerdings da oben jemand an den ZÜgeln roppt oder mit Sporen ständig in den Bauch tritt, dann bekommt jedes Pferd ein Problem, weil es Schmerz empfindet, genau wie bei einem Ausbinder, der spannt oder angespannten Schlaufzügeln, die seinen Kopf in eine Haltung zwingen, den es freiwillig so im Moment nicht annehmen will. Aus welchen Gründen auch immer.

Wenn mein Pferd den Kopf hochnahm, dann bin ich einfach Schritt gegangen in der weisen Voraussicht, dass ich was falsch gemacht und ihm Schmerz bereitet habe, wenn wir dann wieder in Einklang waren, dann blieb auch der Kopf wieder unten - im Trab, im Gallop und das Maul blieb auch zu, es sei denn ich wirkte mit den Zügeln so sehr ein, dass er versuchte dem Schmerz auszuweichen.

Der Bürostuhl ist auch ein schönes Beispiel. Es ist ebenso unnatürlich für einen Menschen auf einem Bürostuhl rumzuhängen, den ganzen Tag an einer Kasse die stupiden gleichen Bewegungen zu machen. Deshalb müssen solche Menschen Sport treiben. Ein Mensch in natürlicher Haltung und Bewegung braucht keinen Sport und auch keine Korsette.

Ein Kind lernt laufen ganz von sich allein und in seiner eigenen Balance. Es gab eine Zeitlang diese Gehfreis und bewirkt haben sie nur, dass die Kinder Verformungen hatten und das Laufen schwerer erlernten als ich Kumpels ... Wir schnüren Menschen auch nicht als ein- oder zweijährigen in ein Gestell, weil wir glauben, dass sie sonst nicht aufrecht laufen lernen. Selbst wenn sie dann mit 7 oder 8 Jahren mit den schweren Schulranzen "belastet" werden - vergleichbar dem Reiter des Pferdes - bekommen sie keine "Hilfsmittel" :D ... dann vertrauen wir auch da der Natur und hoffen, dass die kleinen Körper das selbst optimal ausbalancieren. Die einzige Hilfe die sie bekommen ist ein ausgeklügelter Ranzen, der die Anatomie des Rückens optimal unterstützt.

Dafür haben wir Sättel und eine fundierte Ausbildung des Reiters als Möglichkeit.


Damit das Reiten das Pferd nicht belastet, ihm keine Schmerzen zufügt und seine Gesundheit lange erhält, muss es Muskulatur aufbauen, vor allem Rückenmuskulatur, und lernen, gesundheitsschonend zu laufen.


Damit das Reiten dem Pferd keine Schmerzen zufügt hast DU die Verantwortung so reiten zu lernen, dass du das Pferd in seinem natürlichen Bewegungsablauf so wenig wie irgendmöglich störst - dann bist DU gesundheitsschonend für dein Pferd und hast alle Pflichten erfüllt. Und dein Pferd braucht sich nicht mit Hilfmitteln abquälen ;) ...

Wenn ich bei meinem Beispiel mit meiner Haltung auf dem Bürostuhl bleibe, dann wäre das z.B. ein Physiotherapeut, der mir zeigt, wie ich mich richtig bewege, sitze etc., damit ich langfristig keine Rückenprobleme bekomme. Ich halte das nicht für überheblich.


Normal ist es mE wenn man so ein gutes Körpergefühl hat, was uns eigentlich angeboren sein sollte (wie den Pferden auch), dass man selbst merkt, wenn man so auf dem Stuhl hängt, dass es Schmerzen bereitet und man das selbst "abstellt" in dem man sich so hinsetzt, dass es "bequem" ist und "bequem" ist alles, was uns "guttut" - unbequem ist schlecht und führt zu Verkrampfungen - so wie mE Hilfsmittel am Pferd auch, weil sie unbequem sind, deshalb verkrampft sich das Pferd und das schöne Bild dass es abgibt ist rein äußerlich.

Aber auch uns wurde das natürliche Körpergefühl aberzogen, so wie eben auch den meisten Pferden abgesprochen wird, dass sie selbst am besten wissen, wie sie sich halten müssen, um gesund zu bleiben.


Apropros Volker Eubel. Kannst du vll. eine kleine grobe Zusammenfassung schreiben für die Homepage ??? Also nur so umrissen, hab ich gedacht :clown [/b]
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Beitragvon Gast » 14.04.2006, 09:37

Erstmal: Spannend, dass sich hier eine Diskussion entwickelt :dafür !

Dann aber kurz auch zum Inhalt: Leider hinkt das, was Du schreibst, ein bisschen. Vergleiche mal, wie ein junges, unausgebildetes Pferd sich bewegt (ohne Reiter) mit dem Bewegungsablauf eines älteren, ausgebildeten Pferdes. Dann wirst Du sehen, dass das junge Pferd oftmals mit hochgerissenem Kopf und weggedrücktem Rücken läuft. Ohne Belastung durch den Reiter tut ihm das auch noch nicht mal weh. Erst wenn es dann noch einen Reiter tragen muss, wird es körperliche Probleme kriegen. Deshalb bildet jeder - auch die Westernreiter, auch Reiter, die mit viel Horsemanship arbeiten - junge Pferde so aus, dass sie lernen, vorwärts/abwärts bei aktiver Hinterhand und schwingendem Rücken zu gehen. Das sieht man dann sehr schön bei einem älteren, gut ausgebildeten Pferd, das diese Haltung verinnerlicht hat.
Bis ein Westernreiter sein Pferd am hingegebenen Zügel (eben nicht am langen Zügel) in natürlicher Selbsthaltung reiten kann, hat er ne Menge an Ausbildung investiert.
Wie man diese Ausbildung allerdings gestaltet, das ist die entscheidende Frage. Zeige ich meinem Pferd den Weg oder zwinge ich es in ein Korsett. Bei ersterem wird das Pferd erfahren, dass es sich leichter tut, und freudig mit machen. Bei letzerem habe ich das, was man leider sehr häufig bei mittelprächtigen Reitern sieht: Das Pferd wird in eine vermeintlich richtige Position gezwungen, verspannt sich völlig, gibt den Rücken auch nicht her und wird sehr schnell gesundheitliche Probleme bekommen. DAS ist für mich kein gutes Reiten und grenzt in der Tat sehr oft an Tierquälerei.
Allerdings habe ich mittlerweile auch die Erfahrung gemacht, dass das, was viele unausgebildete Freizeitreiter machen, nämlich ihr Pferd am langen Zügel latschen lassen, auch Tierquälerei ist. Sie meinen es zwar gut, aber ihr Tier leidet darunter und hat genauso oft mit Rücken- und Beinproblemen zu tun, wie das Pferd eines schlechten Dressur- oder Spring- oder Western- oder oder oder reiters...
Deshalb ist es mir sehr wichtig, wenn ein Verein, wie die Pferdefreunde Ennert, dazu beiträgt, dass Freizeitreiter eine gute Ausbildung erfahren.

Das Beispiel mit dem Kind hinkt übrigens auch, weil es eben nicht so ist, dass die bequeme Haltung gleich die gesunde ist. Nicht ohne Grund sind die Praxen von Osteopathen/Chiropraktikern, Physiotherapeuten usw. voll. Nicht ohne Grund haben mittlerweile schon Kinder Bandscheibenvorfälle. Du sagst, dass Sport wichtig ist. Richtig, Sport und die richtige Bewegung sind ungemein wichtig, aber werden von vielen auch eher als Arbeit, denn als Freizeitvergnügen angesehen. Wenn man sie ließe, wie sie wollten, würden sie es nicht tun. Sie brauchen also auch eine Anleitung, genau wie unser junges Pferd. Und um den Sport dann auch so ausüben zu können, dass es wiederum gesund und nicht schädlich ist, brauche ich einen Ausbilder. Von alleine habe ich zwar laufen gelernt, aber um Volleyball zu spielen, brauchte ich auch einen Trainer.
Dazu kommt, dass viele Menschen, so auch viele Pferde, mit körperlichen Unzulänglichkeiten auf die Welt kommen, die, wenn man sie missachtet, ganz schnell zu schwerwiegenden Problemen führen. Ich bleibe mal bei meinem Beispiel: Ich habe eine Skoliose, eine zweifache S-Krümmung der Wirbelsäule. Wenn ich das ignoriere und mich weiter so bewege, wie ich will und es mir bequem ist (das nicht nur beim Sitzen, sondern auch beim Laufen), dann werde ich ziemlich bald ziemliche Rückenprobleme bis hin zum Bandscheibenvorfall bekommen. Mich richtig zu bewegen ist anstrengend und fällt mir auch oft schwer. Außerdem bedarf es auch einer Korrektur von Jemandem, der mich darin anleitet.

Übrigens: Gegen den Vorwurf der Tierquälerei verwahre ich mich ausdrücklich. Wenn überhaupt, dann ist jede Reiterei Tierquälerei, denn es entspricht nicht der Natur des Pferdes geritten zu werden. Dann ist es allerdings auch Menschenquälerei, 8 bis 10 Stunden am Tag in einem Büro zu sitzen und zu arbeiten ;-).
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Beitragvon Administration » 14.04.2006, 10:39

Lieber "Gast" ...

ich hoffe, Du hast Verständnis dafür, dass ich auf anonyme Beiträge nicht eingehen möchte ...
Gerne führe ich die Diskussion mit dir weiter, wenn du dich hier angemeldet und registriert hast ... wobei ich zu deinen argumenten ja im grunde schon alles gesagt habe, was ICH eben darüber denke und dabei bleibe ich auch ...

Es ist meine Meinung, die auf meinen Erfahrungen basiert.



(Anmerkung als Admin) Ich habe das hier und eine private Nachricht zum Anlass genommen, das Forum nur noch für registrierte Mitglieder zum Posten freizugeben. Ich halte das für sinnvoll und denke, damit vermeiden wir auch, dass wir selbst vergessen uns einzuloggen ...
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Beitragvon Administration » 14.04.2006, 15:21

also nachdem ich das jetzt noch einmal gelesen habe, denke ich das swea sich mal wieder vergessen hat einzuloggen, oder ? :D


Also gehe ich mal erst nur auf einen Punkt des Posts ein:

Bis ein Westernreiter sein Pferd am hingegebenen Zügel (eben nicht am langen Zügel) in natürlicher Selbsthaltung reiten kann, hat er ne Menge an Ausbildung investiert.


Ich sage es mal so: ich denke eher - wenn ein Reiter das mit seinem Pferd vollbringt, hat er es geschafft sich und sein Pferd optimal in Harmonie und Einklang zu bringen ... das Pferd braucht dazu keine Ausbildung.

Ich habe in meiner Laufbahn 3 solcher "Problem"-Pferde geritten und ich sage bewußt "geritten" und eben nicht ausgebildet, darunter auch einen angerittenen 5jährigen Riesenwestfalen. Dieses Pferd konnte gar nichts, noch nicht mal auf Hilfe angallopieren und die anderen beiden waren so verdorben, dass die eine - meine Schimmelstute nur mit durchgedrücktem Rücken und hochgeregtem Kopf durch die Gegend rannte und bei Hombre kam am Anfang zu den panischen Augen, dem Kopf hoch in den Lüften und vielen anderen Panikreaktionen (man durfte ihn noch nicht mal ansatzweise mit den Schenkeln oder den Hacken berühren, ohne das er buckelte und durchging, oder die Hände ruckartig bewegen) noch ein weit aufgerissenes Maul hinzu.

Alle drei habe ich viele, viele lange Stunden im Schritt im Gelände geritten. Keine Bahn, keine Dressur, keine Hilfsmittel und alle drei gingen am Schluß in einer entspannten Haltung, nutzten ihre Hinterhand genauso wie ihre Vorderhand und bis auf die Schimmelstute, die leider beim Kauf schon auf den Hinterbeinen völlig kaputtgeritten war (Spath) hat keins dieser Tiere, weder der junge Wallach, noch mein Hombre bis zu ihrem Tod je Rücken oder Beinprobleme gehabt. Das ist eine Tatsache ... bei Hombre weißt du das selbst und von Gero kann dir das zb. Frau Adelmann (heute Hoffmann) bestätigen in deren Stall Gero altgeworden ist.

Das einzige was wir damals besassen war ein Martingal und selbst das habe ich nie benutzt, außer wenn wir in die Bahn gingen, weil ich den Koloss von 178 cm einfach nicht aussitzen konnte - er hatte so schwungvolle Bewegungen, dass ich unkontrolliert in die Lüfte flog.

Weißt du, was ich gemacht hab ? Ich hab es einfach sein lassen. ;) ... Wir sind ellenlang Gelände gegangen und am Ende war Gero ein rittiger, wenn auch wuchtiger, entspannter Wallach ohne Probleme ...

Die Schimmelstute, die ich hatte, hatte als ich sie bekam so schlimmen Sattelzwang, dass sie sich original auf den Boden warf und man den Gurt nur mit einem Riemen im ersten Loch befestigen durfte ... sie ließ sich nicht unter dem Bauch putzen, quickte und trat dann um sich ... Die Vorbesitzerin war eine ältere Dame, die nie reiten gelernt hatte und ihr mit einem sehr ausgeprägtem Gesäss volle Pulle in den Rücken knallte, weil sie weder Leichttraben noch Aussitzen beherrschte ... das führte zu einem wild mit dem Schweif schlagenden Pferd im Trab und einem hochgestreckten Kopf und dem dazuhörigen durchgedrückten Rücken ...

Nach ein paar Jahren Geländegurken *ggg* hab ich sie ohne Sattel und nur mit Halfter durch jedes Gelände geritten - mit einer völlig entspannten Körperhaltung ... sie ließ sich nicht nur unter dem Bauch putzen, sondern man konnte durchkriechen, ohne dass sie sich bewegte. Satteln war kein Thema mehr ...

Hombre habe ich nach ein paar Jahren - wie du sicher noch weißt, nur mit einem Strick um den Hals im Gelände geritten - ebenfalls in einer völlig entspannten Haltung. Krank geworden ist er, als ich ihn verrückterweise in eine Ausbildung gegeben habe und man ihn mit "Gewalt" versucht hat zu gymnastizieren - du warst dabei, vielleicht erinnerst du dich noch ?

Und nun frage ich Dich: Wo ist da der Unterschied zu einem jungen Pferd, das noch überhaupt nicht an das Gewicht eines Reiters gewöhnt ist ? Wobei Gero das auch wunderbar ohne Hilfsmittel hinbekommen hat ... ich würde es mit jedem jungen Tier genauso halten. Mit Ruhe und Entspanntheit und vor allen Dingen viel Geduld, viel Gelände und einfach gehenlassen, damit das Tier seine eigene Balance finden und seine Angst überwinden kann. Wobei ich glaube, dass selbst diese Angst zu vermeiden ist, wenn man vorher schon vernünftig mit dem Tier Freundschaft schließt, sein Vertrauen gewinnt. Zeit ist ein wichtiger Faktor und Geduld und Vertrauen.

Das ist meine Meinung.
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Beitragvon Swea » 15.04.2006, 09:41

Der Beitrag war in der Tat von mir, obwohl ich mich eingeloggt hatte. Keine Ahnung, warum ich raus geschmissen wurde...

Ich denke, wir kommen hier auf keinen gemeinsamen Nenner. Ich sehe es als absolut notwendig an, ein Pferd sorgfältig auszubilden - zu seinem gesundheitlichen, aber auch zu seinem und meinem Schutz vor gefährlichen Situationen. Habe leider schon viel zu viele Pferde gesehen, die ihre Reiter und auch ihre Umwelt in gefährliche Situationen brachten, weil sie leider absolut nicht ausgebildet waren. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sehr viele Reiter - auch sehr gute Reiter und Ausbilder - meine Ansicht teilen werden. Sie ist auch gestützt duch mittlerweile 30 Jahre Pferdeerfahrung.
Aber ich bin ein toleranter Mensch: Jedem seine Meinung. Du hast mit Deinem Weg sicherlich auch in gewisser Weise eine Ausbildung vorgenommen. Ich mache es auf meine Art, die nicht weniger pferdefreundlich ist.

Was für mich übrigens noch ganz entscheidende Faktoren sind, sind die Haltungsform, die Fütterung, die ganze Pflege des Pferdes. Weil ich mein Pferd so artgerecht wie möglich halten will, kommt es mir nicht in einen Boxenstall - so viel Auslauf, wie dort vielleicht auch sein mag. Mein Pferd steht in einer großen Herde im Offenstall, wird nur über den Sommer mit Kunststoffbeschlägen beschlagen, die den Hufmechanismus nicht einschränken, bekommt das beste Futter, was ich für ihn kriegen kann, und wird regelmäßig auch gesundheitlich durchgecheckt. Eine Selbstverständlichkeit sollte zudem jedem Reiter sein, dass das Sattelzeug optimal passt.

Ansonsten: Ein schönes Osterwochenende allen Reitern mit schönen, geruhsamen Ausritten :dafür

P.S.: Ich werde permanent rausgeschmissen. Irgendwas stimmt mit dem Login nicht.
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Beitragvon Administration » 12.05.2006, 14:31

Ich hatte übrigens anläßlich des Themas einen kleinen email-Schriftwechsel mit Petra Leckebusch, die mir nicht nur einen dazu passenden Text der EWU übersandte, den ich später einstellen werde, sondern mir auch zu einer Klarheit verhalf, die mir dann so das ein oder andere "Verstehen" einbrachte.

Sie sagte mir, dass die Diskussion hier sehr durcheinander sei und zwar weil es eben immer sehr stark auf die dahinterstehende Motivation ankommt. Will ich mein Pferd zu Sportzwecken nutzen, einsetzen, dann muss ich trainieren, gymnastizieren, oder will ich einfach einen Freizeitpartner und dann ist nicht das eine gut und das andere falsch, sondern es sind einfach zwei grundverschiedene Gründe, warum ich meine Zeit mit Pferden verbringe. Und das Pferde, die zu Sport/Turnierzwecken geritten werden ganz andere Muskulatur benötigen als Pferde, die ausschließlich im Gelände als Freizeitpartner genutzt werden, ist logisch und das leuchtet mir auch ein.

Das ich dem Pferdesport skeptisch gegenüber stehe, ist dabei ganz allein meine Sache und eher eine Grundsatzfrage, die man mE nicht wirklich diskutieren kann.
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Beitragvon Administration » 12.05.2006, 14:34

Hier der Text der EWU:

_____________________________________

Western – Reitlehre März 2006

Der Zweck jeder Ausbildung eines Pferdes muss es sein, seine Fähigkeiten durch systematische Gymnastizierung und Training zur vollen Entfaltung zu bringen, so daß es seine natürlichen Anlagen und Möglichkeiten ausnutzen und gehorsam den Signalen seines Reiters folgen kann.

Die Ausbildunkskala gilt sowohl für die Ausbildung des Jungpferdes, als auch für jede einzelne Trainingseinheit eines älteren Pferdes. Die Stufen bauen aufeinander auf, so dass auch im täglichen Training des Pferdes jede Stufe einzeln abgefragt werden sollte.

Vorraussetzung für das erfolgreiche Training unter dem Sattel ist eine Grunderziehung des Pferdes an der Hand: die Bodenarbeit.

Western Ausbildungsskala EWU

1. Takt
2. Losgelassenheit / Entspannung
3. Nachgiebigkeit
4. Aktivierung der Hinterhand
5. Geraderichten
6. Absolute Durchlässigkeit


Alles gemeinsam ergibt die gewünschte natürliche Selbsthaltung des Western- Pferdes.



1. Takt
Takt bedeutet, dass zeitliche Gleichmaß der Schritte Tritte und Sprünge.
Der Rhythmus der Bewegung muss auch in Wendungen, auf Zirkeln und Kreisen gleichmäßig erhalten bleiben.

Jede Gangart hat ihren eigenen Takt: der Schritt ist ein Viertakt, der Trab ein Zweitakt und der Galopp ein Dreitakt.
Der Takt der Bewegung kann verloren gehen, wenn das Pferd lahmt, sich festmacht oder noch nicht ausbalanciert geht. So verlieren besonders junge Pferde den Takt in Wendungen oder auf Kreisen. Unter Takt versteht man auch das zeitliche Gleichmaß, damit ist gemeint, das das Pferd innerhalb einer Gangart nicht unregelmäßig geht, also mal sehr langsam und dann wieder eilend. Natürlich kann der Reiter es schneller oder langsamer reiten, aber das muss dann durch die Einwirkung des Reiters bestimmt sein und sollte nicht vom Pferd ausgehen.
Jeder kennt z.B. das Pleasure Pferd, das zu schnell zu langsam gemacht wurde und daher den Galopp bricht und in einem Viertakt fällt. Das sollte nicht passieren.
Es ist also das erste Ziel des Trainings, dass das Pferd gleichmäßig und taktrein vorwärts geht.

2. Losgelassenheit
Losgelassenheit ist die Vorraussetzung für jede Ausbildung. Kennzeichen der Losgelassenheit sind:
- Abschnauben
- Locker, schwingender Rücken
- Das Pferd eilt nicht , geht taktmäßig
- Das Pferd lässt den Kopf und Hals fallen und entspannt
- Der Schweif wird locker und ruhig getragen
- Das Pferd ist ruhig und aufmerksam
Erst wenn sich das Pferd unter dem Reiter entspannt und seinen Hals fallen lässt, gibt es den Rücken frei und kann den Reiter tragen.
Ein losgelassenes Pferd kann seine Muskeln anspannen und entspannen, seine Gelenke gleichmäßig beugen und dem Reiter seine ganze Kraft zu Verfügung stellen. Zur Losgelassenheit gehört nicht nur die körperliche Losgelassenheit, sondern genauso die psychische Entspannung des Pferdes.

Nur ein losgelassenes Pferd lernt! Solange es sich festhält wird es gegen den Reiter arbeiten. Außerdem schädigt sich ein losgelassenes Pferd nicht. Viele Gelenk und Muskelprobleme sind die Folge von Verspannungen. Daher ist es extrem wichtig jedes Pferde zu Beginn einer Trainingseinheit richtig zu lösen. Solange das Pferd Angst hat, sich widersetzt oder nicht verstanden hat, was es tun soll wird es nicht wirklich losgelassen sein können. Daher wird ein Problempferd ist niemals losgelassen sein.
Für viele Übungen ist eine gewisse Konzentration und auch Anspannung notwendig. Aber der Grat zwischen Anspannung und Verspannung ist sehr schmal. Ein guter Trainer wird seinem Pferd immer wieder Phasen der Entspannung anbieten um seine Losgelassenheit wiederherzustellen.

3. Nachgiebigkeit
Unter Nachgiebigkeit verstehen wir das willige Nachgeben des Pferdes in
Genick und Hals auf die Zügelhilfen des Reiters und im Körper auf die Schenkelhilfen des Reiters.
Das Endziel der Ausbildung des Westerpferdes ist immer ein Pferd, das nur noch minimaler Zügelhilfen bedarf und am losen Zügel einhändig im Bit zu reiten ist. Ebenso sollte das fertig ausgebildete Westernpferd nur auf minimale Schenkelsignale reagieren. Die Gewichtshilfen des Reiters werden innerhalb der Ausbildung ebenfalls immer wichtiger und das fertige Pferd hat gelernt auch auf die Gewichtshilfen fein zur reagieren.

Innerhalb der Ausbildung muss das Pferd lernen dem Druck zu weichen. Das Pferd soll ja am Ende der Ausbildung einhändig am durchhängenden Zügel in einer seinem Exterieur angemessenen Selbsthaltung gehen. Daher ist es für uns wesentlich, dass das Pferd das Gebiss willig annimmt und jedem Signal des Zügels ohne jeden Widerstand sofort folgt. Dazu wird auch der Westernreiter das Pferd während des Trainings zeitweise mit Kontakt zum Gebiss reiten, aber eine eine permanente Anlehnung an die Reiterhand, wie im klassischen Reiten kennen wir im Westernreiten nicht.
Das Gleiche gilt für die Schenkelhilfen – auch hier muss das Pferd lernen dem Schenkeldruck willig zu folgen. Es sollte immer vom Schenkel weg gehen. Der Schenkel kann treibend oder verwahrend eingesetzt werden. Bei den Gewichtshilfen sollte das Westernpferd immer unter das Gewicht des Reiters treten.

4. Aktivierung der Hinterhand
Das Westernpferd braucht eine aktiv unter den Schwerpunkt tretende Hinderhand, die es ihm ermöglicht auf kleinstem Raum zu wenden, aus dem Stand in hohem Tempo vorzuschnellen, sowie den Reiter in niedrigem Tempo auszubalancieren und zu tragen. Um tief unter seinen Schwerpunkt zu treten, muss es seinen Rücken loslassen und bei jedem Galoppsprung aufwölben.
Die Dynamik der Bewegung muss im Trab und besonders auch im Galopp gefördert werden, um die Kraft und den Schub aus der Hinterhand des Pferdes zu entwickeln. Durch eine kräftige und entwickelte Hinterhand wird das Pferd seine Balance finden, seine Vorhand entlasten und die Hinterhand vermehrt einsetzten.

Das klassische Reiten setzt an diese Stelle den Schwung. Durch energisches Vorwärtsreiten wird die Schubkraft des Pferdes entwickelt um sie später in Tragkraft der Hinterhand umwandeln zu können. Der Schwung wird in erster Linie im Trab entwickelt.
Diese Gangart spielt für das Westernreiten keine so wesentliche Rolle. Auch wir wollen die Hinterhand aktivieren, sie ist der Motor der Bewegung. Aber wir erreichen das durch Lektionen, wie Zirkelarbeit, Seitengänge, Rückwärtsrichten, später Rollbacks usw. in denen das Pferd lernt den Rücken aufzuwölben und Last auf die Hinterhand aufzunehmen. Wir arbeiten dazu vermehrt im Galopp.

5. Geraderichten
Das gerade gerichtete Pferd tritt mit der Hinterhand in die Spur der Vorderhand und zwar sowohl auf geraden, wie auf gebogenen Linien.
Jedes Pferd wird mit einer natürlichen Schiefe geboren.
Erst wenn das Pferd beide Hinterbeine gleichmäßig belastet, kann es seine volle Kraft entfalten und ist in Balance.

Natürlich muss ein Pferd auf beiden Händen gleichmäßig durchlässig und kräftig sein um den Anforderungen des Western-Reitens zu entsprechen. Dies gilt wohl gleichermaßen für alle Reitweisen der Welt. Innerhalb der Ausbildung wird das Pferd viel auf gebogenen Linien gearbeitet um es auf beiden Seiten gleichmäßig zu gymnastizieren und zu kräftigen.

6. absolute Durchlässigkeit
Was das Westernpferd braucht ist die Tragkraft der Hinterhand, einen losgelassenen, kräftigen Rücken, kombiniert mit einem entspannt und natürlich getragenen Kopf und Hals.
Nur ein durch und durch gymnastiziertes und gehorsames Pferd, dass alle Reiterhilfen sofort umsetzt, wird in der Lage sein die geforderten Manöver des Westernreitsportes zu vollbringen.

Auch als Freizeitpferd im Gelände wird das durchlässige Pferd gehorsam den Signalen seines Reiters folgen und ihn aufmerksam und gelassen tragen und sich dabei selbst ausbalancieren ohne der ständigen Einwirkung seines Reiters zu bedürfen.

Dieses Endziel der Ausbildung wird erreicht, wenn alle vorhergehenden Stufen erfolgreich absolviert worden sind.
Reell nach der Ausbildunkskala ausgebildete Pferde werden lange gesund bleiben können und sind zuverlässige Partner für ihre Reiter.

Warum hier am Ende nicht das Wort „Versammlung“ steht ? Wir haben lange darüber diskutiert. Natürlich versammeln wir unsere Pferde auch. Aber in der klassischen Reitlehre wird die Versammlung durch den Spannungsbogen zwischen treibenden Hilfen und der Anlehnung an das Gebiss hergestellt. Unser Endziel ist nicht die Levade, sondern ein jederzeit durchlässiges und gehorsames Pferd.
Unser Endprodukt muss je nach Disziplin, einen Stop, einen Rollback, einen Spin gehen können, ein Rind kontrollieren, einen Trail Parcours überwinden, oder fliegende Galopp-Wechsel gehen. Es muss sich also versammeln, wenn die Aktion es erfordert. Aber die Versammlung allein ist nicht unser Selbstzweck.
Es soll außerdem jederzeit aufmerksam und willig auf die minimalen Hilfen seines Reiters folgen.
Das vollendet ausgebildete Westernpferd ist ein Pferd, das all das willig tut, was der Reiter von ihm verlangt.
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