Romantisches Lied-Repertoire von Countertenören

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    Re: Romantisches Lied-Repertoire von Countertenören

    melusine - 21.07.2008, 11:29

    Romantisches Lied-Repertoire von Countertenören
    Ich hatte am Wochenende das Vergnügen, mehrere Konzerte bei ienem frz. Musikfestival hören zu kônnen und u.A. sang dort auch ein junger Countertenor. Da ich per se nicht gerne Counters höre, war ich bereits nicht sonderlich froh gestimmt, aber als ich dann auch noch das Programm dieses Konzerts sah, standen mir alle Haare zu Berge.
    Neben Bach und Hayn(Fac me vere) gab es eine bunte deutsche romantische Mischung aus Winterreise(Gute Nacht, Erstarrung) Schumanns Mondnacht und anderen Schumännern sowie Brahms.
    Der junge Mann hat eine recht angenehme Stimme und eine gute Technik und war von daher auf diesem hochkarätig besetzten Festival im Vormttagsprogralm sciher sehr richtig-aber wie kommen Sänger auf solche Repertoire-Ideen???????
    Bei der Winterreise hat mich wirklich fast der Schlag getroffen und ich musste mich serh beherrschen, meinen befreundeten Mitbesuchern gegenüber, die das gut fanden, halbwegs höflich zu bleiben. Wir sassen anschliessend noch zusammen, eine bunte Mischung aus zwei Engländer, zwei Niederländern, eienr Chinesin, etlichen Franzosen und mir und ausser einer Französin und mir hatte niemand irgendwelche Bedenken.
    Ich habe mich gefragt, ob es mir als Deutscher besonders schwerfällt eine körperlose Counterstimme "unser" Nonplusultra der Liedliteratur singen zu hören, dazu noch in vollkommen sinnlosen Auszügen, gleich nach iener Bach-Arie.
    Andere sehen das offenbar viel lockerer......
    Findet ihr das normal oder gut, dass Counters romantische Liedliteratur quer beet singen? Hab ich da vielleciht eine Macke und stecke voller Vorurteile?


    Gottseidank gab es am nächsten Tag einen hervorragneden frz. Tenor, mit wohlgeordneter frz. Liedliteratur von Fauré, Duparc und Poulenc. Da konnte ich dann aus vollem Herzen jubeln :D

    Von den phantastischen Kammermusikkonzerten drumherum mal ganz abgesehen.

    Melusine



    Re: Romantisches Lied-Repertoire von Countertenören

    Uralt - 21.07.2008, 13:15

    Re: Romantisches Lied-Repertoire von Countertenören
    melusine hat folgendes geschrieben:
    Findet ihr das normal oder gut, dass Counters romantische Liedliteratur quer beet singen? Hab ich da vielleciht eine Macke und stecke voller Vorurteile?
    Melusine

    Wie ja bereits bekannt sein dürfte, bin ich Counter-Fan. Aber - Winterreise, Schumänner und Brahmse - brrrr, das scheint auch für mich nicht zu passen. Ich habs ja nicht gehört und kann den Gesang somit nicht beurteilen, aber ich bin sicher, der junge Mann könnte noch so schön singen, mir würden sich die Fußnägel rollen.
    Für mich gehört Counter-Gesang ganz eindeutig in die Barock- und Renaissance-Zeit. Zu dieser Musik passt die gerade Stimmführung, der Klang und die Tradition. Einige Counters versuchen sich an zeitgenössischer Musik, das klingt fremd, aber auch da hab ich nur wenig gefunden, wo ich sagen könnte, es gefiele mir.
    Ich glaube nicht, dass es damit zu tun hat, dass die romantischen Lieder "unser" deutsches Liedgut sind. Countertenöre, Sopranisten, Altus - das sind ganz besondere Stimmen aus einer ganz bestimmten Zeit, mit denen mann zwar alles singen kann, aber meiner Meinung nach nicht sollte.

    Liebe Grüße
    Uralt



    Re: Romantisches Lied-Repertoire von Countertenören

    dola - 21.07.2008, 13:48


    Liebe Melusine,

    ich habe zwar noch nie einen Counter die "Winterreise" singen hören, aber so richtig als gelungen kann ich mir das auch nicht vorstellen, auch nicht, wenn der Sänger gut ist.

    Aber das bleibt wohl wieder Geschmackssache und vielleicht auch Hörgewohnheit. Gibt es das in Frankreich öfter?

    Im Zusammenhang mit meinem Liederkonzert vor zwei Monaten habe ich mich ja intensiv mit dem jeweiligen Charakter von Liedern verschiedener Länder zur gleichen Zeit auseinandergesetzt und schon in der Musik die unterschiedliche Art, die zum Teil gleiche Stimmung auszudrücken, bemerkt. Die Todessehnsucht der Winterreise kommt z. B für meine Begriffe viel düsterer daher als die in E. Elgars "Where Corals lie".

    Die deutsche (romantische!) Form zeichnet sich m. E. durch ziemlich viel tiefschürfende Gründelei aus, die man sowohl positiv als geistiges Eintauchen und Empfindungsanalyse als auch negativ als Dauerpessimismus und gar Humorlosigkeit - obwohl das so pauschal nicht stimmt - werten kann. Das zeiht sich nach meinem Empfinden durch die deutsche Romantik - Liedliteratur, egal, welcher Komponist es ist.

    Um das auszudrucken - egal, wie man dazu steht - braucht es m. E. eine körperbetonte Singtechnik. Das ist m. E. ein ursprüngliches Stilelement, ich würde sagen, eine "HIP" mit umgekehrten Vorzeichen.

    Man kann bei Stimmen ja selten etwas ausschließen, aber die Counter, die ich bisher gehört habe, kommen dieser Vorstellung kaum nahe und, wie ich meine, auch dem anderen europaweiten Repertoire der Epoche nicht.

    Ich kann durchaus nachvollziehen, dass hier nicht so recht der wahre Genuss aufkommen konnte.


    LG

    dola



    Re: Romantisches Lied-Repertoire von Countertenören

    melusine - 21.07.2008, 16:53


    Liebe dola, nein , für mich war das wirklich eher iene Zumutung und ich war serh überrascht, dass das meinen Diskussionsparrtnern überwiegend anders ging. Keiensfalls unmuikalsiche Leute, im Gegenteil. es war auch eine Englische Sängerin und eine Chinesische Pianistin dabei, die beide viel deutsche Romantik spielen/singen.

    Dass gerade auch Liedgesang Körper und insbesondere viele Nuancen braucht, sehe ich genauso.
    Bei einem Countertenor(und dieser war wirkich von der besseren Sorte und druchaus nicht unexpressiv!) bleibt aber immer ein Charakter von abgeschnittenen Resonanzen und Kopfklang bestehen-sonst ist er schleisslich kein Counter mehr.

    Für mich hat dieser Klang etwas sehr Künstliches, das wie auch Uralt sagt, zur Barockmusik noch passen mag(obschon die Kastraten anders klangen, wie in zahltreichen Forschungen herausgefunden wurde und wird!) und das passt m.E. einfach nicht zum Lied. Ich bin froh, dass ich damit nicht alleine stehe.
    Nein, ich habe das in Frankreich bisher nciht so erlebt, obschon heir schon öfter mal serh unkonventionelle Programme, die alles buntest durcheinanderwirbeln, zu erleben sind.
    Ich mag solche Gemischtwarenläden ohne roten Faden und manchmal leider auch ohne Sinn und Verstand gar nciht mehr.
    Aber das ist ein anderes Thema.

    Was die Unterschiede zwsichen den einzelnen National-Lied-Stilen angeht , ist das auch ein anderes Thema aber natürlich ein serh Interessantes.
    Oben genanntes Konzert mit dem frz. tenor hat mir das auch wieder einmal aufs Schönste gezeigt.
    Frz. Lied und deutsches Lied sind z.B. zwei paar grundverschiedene Schuhe.
    Während das frz. Repertoire zum grossen Teil ganz wunderbar mit leichten Stimmen funktioniert (besagter Tenor war eine solche und wirklich vorbildlich) braucht es im Deutschen bei viel mehr Liedern eine grôssere dramatische Kraft.
    Vorgestern hatte ein ein interessantes Gespräch mit einer Gesangslehrerin, die mir sagte, dass sie gerade eine Studie liest, nach der die verschiedenen Sprachen ihre Gesangsstile schaffen . Im Russsichen z.B; herrschen demnach die tiefen Resonanzen in der Sprache vor und es gibt deshalb auch viel mehr und bessere tiefe Stimmen und selbst die hohen Stimmen haben ien dunkles Timbre. im Italienischen genau umgekehrt.
    Im Deutschen sei beides vereint und daher die grosse Amplitude in der oft dramatischen Tessitur; das Französische eignet sich nach dieser Studie eigentlich gar nciht zum Singen, weil sich alles serh weit vorne im Mund abspielt und es kaum Resonanzen ausserhalb gibt.

    So ganz konnte ich auf die schnelle nciht folgen, aber es scheint mir recht interessant, da mal weiter zu denken, was insbesondere Liedgesang angeht.

    Melusine



    Re: Romantisches Lied-Repertoire von Countertenören

    melusine - 21.07.2008, 16:55


    Liebe Dola, nein , für mich war das wirklich eher eine Zumutung und ich war serh überrascht, dass das meinen Diskussionspartnern überwiegend anders ging.
    Keinesfalls unmusikalische Leute, im Gegenteil. Es war auch eine englische Sängerin und eine chinesische Pianistin dabei, die beide viel deutsche Romantik spielen/singen.

    Dass gerade auch Liedgesang Körper und insbesondere viele Nuancen braucht, sehe ich genauso.
    Bei einem Countertenor(und dieser war wirklich von der besseren Sorte und durchaus nicht unexpressiv!) bleibt aber immer ein Charakter von abgeschnittenen Resonanzen und Kopfklang bestehen-sonst ist er schliesslich kein Counter mehr.

    Für mich hat dieser Klang etwas sehr Künstliches, das wie auch Uralt sagt, zur Barockmusik noch passen mag(obschon die Kastraten anders klangen, wie in zahlreichen Forschungen herausgefunden wurde und wird!) und das passt m.E. einfach nicht zum Lied. Ich bin froh, dass ich damit nicht alleine stehe.
    Nein, ich habe das in Frankreich bisher nciht so erlebt, obschon hier schon öfter mal serh unkonventionelle Programme, die alles buntest durcheinanderwirbeln, zu erleben sind.
    Ich mag solche Gemischtwarenläden ohne roten Faden und manchmal leider auch ohne Sinn und Verstand gar nciht mehr.
    Aber das ist ein anderes Thema.

    Was die Unterschiede zwsichen den einzelnen National-Lied-Stilen angeht , ist das auch ein anderes Thema aber natürlich ein serh Interessantes.
    Oben genanntes Konzert mit dem frz. tenor hat mir das auch wieder einmal aufs Schönste gezeigt.
    Frz. Lied und deutsches Lied sind z.B. zwei paar grundverschiedene Schuhe.
    Während das frz. Repertoire zum grossen Teil ganz wunderbar mit leichten Stimmen funktioniert (besagter Tenor war eine solche und wirklich vorbildlich) braucht es im Deutschen bei viel mehr Liedern eine grôssere dramatische Kraft.
    Vorgestern hatte ein ein interessantes Gespräch mit einer Gesangslehrerin, die mir sagte, dass sie gerade eine Studie liest, nach der die verschiedenen Sprachen ihre Gesangsstile schaffen . Im Russsichen z.B; herrschen demnach die tiefen Resonanzen in der Sprache vor und es gibt deshalb auch viel mehr und bessere tiefe Stimmen und selbst die hohen Stimmen haben ein dunkles Timbre. Im Italienischen genau umgekehrt.
    Im Deutschen sei beides vereint und daher die grosse Amplitude in der oft dramatischen Tessitur; das Französische eignet sich nach dieser Studie eigentlich gar nciht zum Singen, weil sich alles serh weit vorne im Mund abspielt und es kaum Resonanzen ausserhalb gibt.

    So ganz konnte ich auf die schnelle nciht folgen, aber es scheint mir recht interessant, da mal weiter zu denken, was insbesondere Liedgesang angeht.

    Melusine



    Re: Romantisches Lied-Repertoire von Countertenören

    gioachino - 22.07.2008, 00:09


    Ich bin sehr einverstanden mit dem, was Du über das Konzert mit dem Counter schreibst, liebe Melusine. Wie auch Uralt feststellt, ist die Domaine dieses Stimmfachs die barocke Literatur. Ich habe z. B. Jochen Kowalski live mit der Schubertschen " Müllerin " erlebt und nenne seine CD mit " Dichterliebe ", Mozart und weiteren Schumann - Liedern mein eigen, alles schön und durchaus geschmackvoll interpretiert. Und doch irritiert sein androgynes Timbre ungemein.
    Dem stilistischen Mischmasch des franz. Counters kann ich überhaupt nichts abgewinnen. Einer Bacharie zwei Lieder aus der Winterreise folgen zu lassen, kommt für mich einem inakzeptablen Sakrileg gleich, das mich zum Verlassen der Veranstaltung veranlasst hätte, was übrigens ein Sitznachbar von mir beim Kowalski - Konzert tat, weil er die Diskrepanz zwischen Optik und Stimme nicht ertragen konnte. Diese Diskrepanz hatte ihm, nicht nur im übertragenen Sinne, die Kehle zugeschnürt - ein gewiss seltenes Phänomen, aber irgendwie nachvollziehbar.

    Ciao. Gioachino



    Re: Romantisches Lied-Repertoire von Countertenören

    Uralt - 22.07.2008, 09:44


    gioachino hat folgendes geschrieben:Ich habe z. B. Jochen Kowalski live mit der Schubertschen " Müllerin " erlebt und nenne seine CD mit " Dichterliebe ", Mozart und weiteren Schumann - Liedern mein eigen, alles schön und durchaus geschmackvoll interpretiert. Und doch irritiert sein androgynes Timbre ungemein.
    Ciao. Gioachino

    Bei Deinen Zeilen erinnere ich mich : Auch ich habe die Winterreise von einem Countertenor gehört : Es war in Frankreich auf einem Figurentheaterfestival. "Le voyage d'hiver" war angekündigt mit der Tänzerin und Puppenspielerin Ilka Schönbein, gesungen von einem Countertenor, begleitet von einem Akordeon. Und ich muß sagen, es war grandios. Sehr fremd alles, Ilka arbeitet sehr experimentell, auch androgyn. Und so verschmolz die Tänzerin mit ihren Figuren, der Sänger mit dem Bühnenbild und den Figuren, Sänger und Tänzerin agierten auf der Bühne, die Figuren schienen zum Leben zu erwachen.
    Es war ein Gesamtkunstwerk, und dort hat mir der Counter mit Schubert sehr gut gefallen.

    Liebe Grüße
    Uralt



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