Die "Rampensau"

www.TIRITOMBA.eu
Verfügbare Informationen zu "Die "Rampensau""

  • Qualität des Beitrags: 0 Sterne
  • Beteiligte Poster: Principe - gioachino - dola - Rosenkavalier
  • Forum: www.TIRITOMBA.eu
  • Forenbeschreibung: Das Forum der klassischen Musik für Sängerinnen und Sänger
  • aus dem Unterforum: Allerlei von A - Z
  • Antworten: 4
  • Forum gestartet am: Dienstag 05.06.2007
  • Sprache: deutsch
  • Link zum Originaltopic: Die "Rampensau"
  • Letzte Antwort: vor 15 Jahren, 10 Monaten, 12 Tagen, 3 Stunden, 39 Minuten
  • Alle Beiträge und Antworten zu "Die "Rampensau""

    Re: Die "Rampensau"

    Principe - 10.06.2008, 20:02

    Die "Rampensau"
    Unter "Rampensau" versteht man sicher Vieles. Aber wer oder was ist das wirklich?

    Ich denke es handelt sich dabei um einen Bühnen-Künstler, der (oder die) sich auf der Bühne vor Publikum so wohl fühlt, wie der Fisch im Wasser oder der Fuß im Schlappen. Hinzu kommt sicher noch die notwendige Eignung, das Publikum von der präsentierten Leistung zu überzeugen und wohl auch die Fähigkeit, dasselbe mitzureissen oder eine lasche Stimmung zur Begeisterung umzudrehen, mindestens aber einen wohlverdienten Applaus zu erreichen. Eine "Rampensau" braucht die Resonanz des Publikums und den Applaus, Applaus, Applaus! Nicht zuletzt schon für die eigene Bestätigung und Motivation.

    Aber wie sieht es mit seiner eigenen Persönlichkeit aus? Geltungsbedürfnis, Eitelkeit und Exhibitionismus mögen für den Beruf, der ja hier wirklich als Berufung zu verstehen ist, nicht nur akzeptabel, sondern wahrscheinlich sogar notwendig sein - doch färbt das nicht auch in's Private ab? Verführt das nicht wirklich zur (vielleicht sogar ungewollten) Arroganz? Kann man da wirklich komplett trennen? Oder ist man einfach hilflos gegen die Folgen und die (private) Fremdeinschätzung durch Dritte?
    Frei nach dem Motto: wer so auf der Bühne glänzt, der kann nie ganz alle Lichter abschalten!?

    Schließlich wollen wir doch eigentlich alle fernab der Bühnenbretter so gesehen werden, wie wir meinen, es wirklich zu sein. Werden wir da etwa nur anders oder falsch gesehen ("Künstler sind eben so!")?

    Was meint Ihr - und wie sind Eure Erfahrungen?

    Ciao :n178: :big_fliege Principe



    Re: Die "Rampensau"

    gioachino - 11.06.2008, 00:11


    Ich finde das Wort schrecklich ! Und doch trifft es das Gemeinte recht genau.
    Das Erste, was ich meinen Schülern mit auf den künstlerischen Weg gebe, ist der Satz : " Wenn Ihr singt, müsst Ihr wollen, dass man Euch zuhört ! "
    Singen heißt " Seele zeigen ", was vielen Mitmenschen sehr schwer fällt, beim Gesang jedoch unabdinglich ist. Manchen ist diese Form des Exhibitionismus in die Wiege gelegt worden. Sie stehen gern - auch privat - im Mittelpunkt. Anderen wiederum ist diese Haltung, zumindest anfänglich, fremd, sie sind aber irgendwann bereit, deren Notwendigkeit beim Singen einzusehen und schließlich gekonnt umzusetzen.
    Ich meine, ohne ein gewisses Maß an " Rampensau ", an der unbändigen Freude, sich singend mitzuteilen, ist die Konfrontation mit der lauschenden Öffentlichkeit zum Scheitern verurteilt.

    Ciao. Gioachino :n185:



    Re: Die "Rampensau"

    dola - 11.06.2008, 11:17


    Ich kenne den Begriff "Rampensau" noch gar nicht so lange im Vergleich zu anderen Sprachentwicklungen und habe die Bezeichnung ursprünglich wahrgenommen für Bühnenpersonen, die sich über das, was die jeweilige Rolle verlangt an (erwünschter) Selbstproduzierung, hinausbewegen und knallhart auf Kosten anderer Mitsänger/-spieler agieren.

    Ergo: Eine eher negative Erscheinung, wobei das Empfinden einzelner, wann der Grat überschritten ist, sicher unterschiedlich sein kann; es kann durchaus Neid auf eine präsentere Person mitspielen.

    Das Wort ist durchaus als Schimpfwort gedacht. Es ist unangenehm für alle Beteiligten, wenn jemand sich selbst anstatt die Aufgabe in Form der Rolle oder die Absicht der Werksschöpfer in den Vordergrund stellt.

    Im Lauf der Zeit hat sich der Begriff, der sprachpsychologisch ein echter und höchst eingängiger Volltreffer ist, aber wohl zu einem Ehrenbegriff zur Bezeichnung besonders präsenter DarstellerInnen gewandelt. Die Betitelung zur "Rampensau" mutiert da und dort durchaus schon zum "Ritterschlag".

    Die Frage, inwieweit mehr oder weniger häufige Bühnenauftritte Auswirkungen auf sonstige Lebensbereiche haben oder gar die Persönlichkeit verändern, verspricht eine Interessante Diskussion.

    Ich würde ganz klar sagen: Es hat! Mir als ursprünglich schüchternen Menschen gab es sehr viel, womit ich mich wohlfühle. Angefangen bei einer selbstbewussten Körperhaltung und einer stabil tragenden Stimme auch beim Sprechen - damit hatte ich vor der Gesangsausbildung enorme Probleme - erhöht sich die generelle Präsenz überall. Es geht in einen über. Auch das Wissen, mit einer seltenen und bewunderten Kunst umzugehen (klassische SängerInnen sind ja eine Minderheit in der Bevölkerung und als Berufsgruppe), baut innerlich grundsätzlich auf.

    Ich habe erlebt, dass die erhöhte Fähigkeit zur Selbstdarstellung Bewerbungsgespräche erleichtert. Das nötige Fachwissen haben viele, die sich bewerben, gerade, wenn man bereits mit Berufserfahrung mal wechseln will, aber können sich nicht damit "verkaufen".

    Ich kann mir allerdings auch vorstellen, dass es Leute gibt, die in eine Art Größenwahn verfallen, sich nicht mehr ohne weiteres an Umgebungen anpassen können, die nicht (nur) Bühne sind oder mit permanenter Präsenz alles um sich herum energetisch plätten. Nur: wer das tut, kompensiert Defizite. Es bleibt, denke ich, eine Lebensaufgabe, die Gegebenheiten richtig in eigenen und fremden "Kosmen" einzuordnen.

    LG

    dola



    Re: Die "Rampensau"

    Rosenkavalier - 11.06.2008, 12:08


    Den Ausführungen von Dola kann ich mich - auch was die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs angeht - voll anschließen.

    Was die persönliche Entwicklung angeht: Mir ging es ähnlich, ich habe aus den Auftritten Selbstbewusstsein gewonnen, das mir auch im täglichen Leben weiterhilft. Es war mir z.B. früher kaum möglich, vor mehr als zwei Menschen zu reden. Singen ging komischerweise immer, vielleicht, weil ich mich auf dem Feld einfach sicherer oder sattelfester gefühlt habe. Heute klappt es dann auch mit dem Reden :wink:

    So sehr es mich auch zum Singen auf die Bühne und damit in den Mittelpunkt des Interesses treibt - im täglichen Leben verspüre ich diesen Drang überhaupt nicht.

    LG
    Rosenkavalier



    Mit folgendem Code, können Sie den Beitrag ganz bequem auf ihrer Homepage verlinken



    Weitere Beiträge aus dem Forum www.TIRITOMBA.eu

    Netrebko und Co. in Baden-Baden - gepostet von Principe am Mittwoch 01.08.2007
    Konzertpianist - gepostet von Belkanta am Montag 25.06.2007



    Ähnliche Beiträge wie "Die "Rampensau""

    Bezüglich Eure BND anfrage an die NSG - gepostet von Anonymous am Dienstag 25.04.2006
    Gläserrücken. - gepostet von saskat am Samstag 20.05.2006
    muss die so teuer sein??? O.o - gepostet von noOne am Dienstag 25.07.2006