Erfahrungsbericht: Gesangsunterricht mit Feldenkrais

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    Re: Erfahrungsbericht: Gesangsunterricht mit Feldenkrais

    Lux - 25.06.2008, 09:13

    Erfahrungsbericht: Gesangsunterricht mit Feldenkrais
    Hallo allerseits,

    ich habe mich vor ein paar Wochen von meiner bisherigen GL getrennt. Neben ihrer nicht vorhandenen Organisation (ich wusste immer erst ein paar Stunden vorher, ob ein vereinbarter Termin wirklich stattfindet) lagen die Gruende fuer die Trennung vor allem in ihrer Gesangstechnik, die fuer meine Verhaeltnisse (ich singe zwar schon lange, aber fast nur Chor mit wenig Technik) nicht umsetzbar war. Dadurch haben sich mit der Zeit heftige Probleme hochgeschaukelt (zB sollte ich meinen Kiefer festhalten beim Singen, um die Oeffnung zu verbessern, was aber nur zu noch heftigeren Verspannungen im Kieferbereich gefuehrt hat). Ich habe insgesamt ein halbes Jahr bei ihr gesungen.

    Jetzt gehen wir also getrennte Wege und ich habe mich auf den Weg nach einer neuen GL gemacht. Dabei fiel mir die Anzeige einer GL ins Auge, die in Anlehnung an Feldenkrais unterrichtet. Wers nicht kennt, die Feldenkrais-Methode ist eine Methode der Koerperarbeit, in der nachhaltig "falsche" Bewegungs-, Haltungs- und auch Denkmuster durch Bewegungstechniken mit intensiver Selbstbetrachtung angegangen werden. Wer mag, kann gern weiteres auf Wikipedia nachlesen.

    Auf jeden Fall hatte ich von dieser Methode schon gelesen (nur Gutes) und da ich ohnehin unter stressbedingten Problemen leide (Verspannungen, Reflux usw.) dachte ich mir, vielleicht ist das das Richtige fuer mich. Also fix einen Termin ausgemacht und gestern war es dann soweit.

    Allein schon das Umfeld hat mir sehr gefallen - sie unterrichtet in zwei grossen Raeumen eines Altbaus, die durch eine grosse Wandoeffnung verbunden sind. Hohe Decken, alter Holzboden, sehr wenige, aber geschmackvoll ausgesuchte alte Moebel und ein paar beruhigende Bilder. Insgesamt erweckte alles den Eindruck von Raum und Weite, was mir gut gefallen hat.

    Um einen Ueberblick zu gewinnen, hat mich die GL erstmal reden lassen, ich sollte ein bisschen was ueber mich, meine Lebensumstaende usw. erzaehlen. Dabei hat sie sich schon fleissig Notizen zu meinen Eigenheiten beim Sprechen und Atmen gemacht. Auch auf Deutsch sollte ich ein bisschen was reden (ganz schoen schwierig was vor sich hin zu schwafeln was das Gegenueber nicht versteht, aber es ging ja darum den Unterschied Muttersprache - Fremdsprache zu sehen), etwas auf Franzoesisch vorlesen und etwas leichtes singen (ich habe einfach mal "Der Mond ist aufgegangen" genommen).
    Dann kam auch schon das erste Feedback - sowohl zur Koerperhaltung (oberer Bereich - Brustkorb, Schultern, Hals - auch in "entspannter Haltung" immer stark angespannt) als auch zur Atmung (hoch mit nach Luft schnappen :oops: ) und Stimmposition (recht weit hinten). Dazu erklaerte die GL mir aber gleich, dass ich dieses Feedback erstmal "nur" als Information annehmen soll und nicht gleich versuchen, es anders zu machen. Das zog sich durch die gesamte Stunde (im Endeffekt sinds 1 3/4 Std geworden) und ich schreibe dazu spaeter noch einiges.

    Dann gings auf die Matte - Introspektivuebung. Ich glaube, ich habe in meinem Leben noch nie sowas schwieriges gemacht (und es hat auch eher mittelpraechtig geklappt). Die Aufgabenstellung: hinlegen, Augen zu, atmen. Dabei die Atemphasen verinnerlichen (ein - Pause - aus - Pause), aber (und das ist der schwierige Teil0): nicht einmischen. Also nicht besonders tief, besonders gleichmaessig oder sonstwie besonders schoen - einfach nur die Situation betrachten "aha jetzt atme ich ein". Auch die "Erdung" sollte ich erspueren, wie liege ich auf dem Boden, ist der Mund offen oder geschlossen, ist das Becken gerade oder gekippt, wie fuehlt sich der Boden an usw.
    Ich bin ein absolut kopfgesteuerter Mensch, ich weiss gar nicht wie es ist, etwas ohne Kontrolle zu tun. Ich mache zwar zB auch gelegentlich Yoga, kontrolliere aber dabei wiederum sehr stark meinen Atem, meine Bewegungen usw. Dort bei der GL auf dem Boden liegen und einfach nur nichts von alledem tun sollen war eine sehr intensive, unbekannte und auch schwierige Erfahrung.

    Sie hat dann einige Handgriffe angewandt, um den Koerper punktuell anzuregen, Verspannungen zu loesen. Ein lustiges Gefuehl, wenn die eine Koerperhaelfte enstpannter ist als die andere. Zwischenzeitig hatte ich das Gefuehl, nur in meine rechte (entspannte) Haelfte zu atmen. Auch das Gefuehl sollte ich verinnerlichen, ohne etwas zu unternehmen.

    Danach kamen dann - immer noch liegend - die ersten "Stimmspielereien". Jedes Ausatmen sollte ich mit der Silbe "aus" bezeichnen - irgendwie wie es mir gerade richtig vorkommt. Quasi das Ausatmen zu einem Geraeusch machen. Seufzen, hauchen, hoch oder tief, Tonhoehen variieren, aber im Rhythmus bleiben und auf dem Atem - also immer leise und entspannt. Erst kam ich mir ein bisschen doof vor, aber auch das verflog schnell.

    Nachher durfte ich mich dann wieder hinsetzen und wieder meinen Atem erspueren, so als wuerde ich noch auf der Matte liegen. Dazu hat sie mir dann kleine Tonfolgen gegeben, die ich singen soll - ohne "aus dem Takt zu kommen".
    Zur Erklaerung hat sie ein paar Stifte geholt. Jeder Atemzug ist ein Stift. Man macht die Kappe ab (einatmen) und guckt, ob man damit schreiben kann/will (oder ob die Farbe falsch ist, die Mine leer oder er irgendwie anders ungeeignet ist). Wenn er nicht so richtig brauchbar erscheint, wirft man ihn weg (ausatmen ohne singen). Wenn es mir gut vorkommt, schreibe ich etwas damit (ausatmen mit singen).
    Von aussen sieht das sicher lustig aus - ich sitz also auf meinem Stuhl und atme vor mich hin. Ein - aus. Untersuche jeden Atemzug auf seine Eignung. Auf die guten singe ich meine paar Mittellagentoene - auf die schlechten schweige ich.

    Dabei wird mir erst bewusst, wie verkrampft ich beim Singen eigentlich wirklich bin. Ich habe bestimmt zwei Dutzend "jetzt singe ich"-Einatmungen abbrechen muessen, weil ich aus der Entspannungsposition in die "Singposition" (Schultern nach hinten, Brust raus, Kopf hoch) gewechselt bin und damit aus dem Rhythmus war.
    Dann meinte die GL, ich soll einfach mal auf den Atem was singen, was mir gefaellt und so gerade in den Sinn kommt - also stimmte ich, jede Phrase von gefuehlten 12 unbrauchbaren Atemzuegen unterbrochen, eine arg tief transponierte :roll: A-Capella-Version :D von "I know that my redeemer liveth" an. Nicht laut, nicht gestuetzt, nicht voluminoes, einfach irgendwie aus meiner Mitte und mir selbst. Aaaaaaah - Gaensehaut (auch bei meiner GL).

    Kurz darauf wurde ich dann "entlassen" (nach einer Art Nachbesprechung, wie ich mich fuehle, was ich denke usw.) - und werde wiederkommen.
    Ehrlich gesagt war mir zwischendrin immer mal wieder zum heulen zumute. Als klassischer Kopffuessler :D ist fuer mich nichts, was schwer ist, aber mit dem Kopf zu loesen, so schwierig wie "einfach" loszulassen, etwas zuzulassen ohne es kontrollieren zu wollen. Ich habe die Befuerchtung, dass da noch viel Arbeit - oder eben nicht Arbeit!!! - vor mir liegt.
    Mein Kopf spinnt wieder herum - und sagt mir so Dinge wie "wie soll man denn fuers Singen gescheit Luft haben wenn man den Atem nicht kontrollieren soll" oder "wie soll man denn in so ner Schluffi-Position singen koennen", aber ich vertraue darauf, dass die Methode mich eines Tages zum "richtigen" Singen (sprich Arien usw.) bringt und mir der Weg dorthin nicht nur auf diesem Gebiet, sondern auch in anderen Lebensbereichen sehr viel bringen wird.

    Soweit mein Erfahrungsbericht von gestern. Ich finde jedenfalls, dass diese Herangehensweise mal etwas ganz anderes ist, und dachte mir, es interessiert vielleicht jemanden :n120:



    Re: Erfahrungsbericht: Gesangsunterricht mit Feldenkrais

    Rosenkavalier - 25.06.2008, 09:28


    Hallo Lux,
    ein Erfahrungsbericht ist immer interessant, schließlich wollen wir uns hier über das Singen (und alle "Begleiterscheinungen" ) austauschen.
    Was Du da über Kontrolle und Nicht-Kontrolle schreibst ist zum Bsp. ein guter Diskussionspunkt. Ich denke nämlich, dass Beides sich nicht ausschließt bzw. Frage der Definition ist.
    Kontrolle kann automatisiert und damit eher unbewusst erfolgen, so dass man es eher als Nicht-Kontrolle empfindet. Mein GL meint auch, dass die meisten zu viel denken beim Singen und sich damit eher blockieren. Er arbeitet auch sehr viel mit dem Körpergefühl, ohne es immer direkt zu benennen. Der Schüler muss spüren, wie der Ton richtig ist (und zumindest bei mir hat die Methode geklappt).

    Bin echt mal gespannt, wie es bei Dir weiter geht. Und wer eine a-cappella-Version von "Ich weiß, dass mein Erlöser lebt" hinbekommt, ist sicher kein blutiger Anfänger mehr. Tolle Arie übrigens...

    LG
    Rosenkavalier



    Re: Erfahrungsbericht: Gesangsunterricht mit Feldenkrais

    Lux - 25.06.2008, 09:43


    Das war bloss das erste, was mir auswendig einfiel (ich habe das Stueck sicher mehrere hundert Male angehoert und mich auch mal selbst dran versucht, mit katastrophalem Ergebnis - sollte man nicht tun, wenn man keine Technik hat), und weil ich eine sehr persoenliche, tiefgehende Beziehung dazu habe.
    Wenn mans dann gefuehlte 3 Ganztoene oder so nach unten transponiert (hatte keine Tonvorgabe) ists auch nicht mehr so anstrengend :D Ausserdem hat die GL ja gesagt, es muesse nicht schoen sein :D Also unterm Strich haette ich auch "Haenschen klein" singen koennen :D

    Das mit der Kontrolle ist ein guter Punkt. Die GL meinte, dass sich zB die Atmung mit der Zeit an die Anforderungen anpasst, wenn man den Gesang langsam aus dem eigenen Selbst, den Anlagen und dem aktuellen "Koennen" entwickelt, statt eine Technik "draufzusetzen", die nicht verankert werden kann, weil sie von aussen kommt, und einen "Absolutheitsanspruch" hat, der nicht auf jeden Menschen passt. Obwohl mir das einleuchtet, kann ich mich nicht gegen den Gedanken wehren, dass dieser Ansatz "nicht mit dem uebereinstimmt was ich denke, was man fuers singen tun muss". Ich setze das absichtlich in Anfuehrungszeichen, da ich merke, dass das zum Teil eine Schutzreaktion meiner Kopfkontrolle ist, die mir einreden will "nur die Harten kommen in den Garten" und "was nicht quaelt, kann nichts gescheits sein".
    Ich hoffe mein Post ist nicht zu wirr, ich finde es heftig, was diese Stunde gestern fuer Emotionen und auch fuer Erkenntnisse frei gesetzt hat, weiss gar nicht wohin damit...


    Rosenkavalier, hast Du im GU schon immer so gearbeitet oder hast Du auch irgendwann auf diese "koerper- und Innenlebenbetonte" Technik umgestellt?



    Re: Erfahrungsbericht: Gesangsunterricht mit Feldenkrais

    Norina - 25.06.2008, 10:47


    Hallo Lux,

    danke sehr für diesen Bericht, ich finde das sehr interessant, was du schreibst.

    LG
    Norina



    Re: Erfahrungsbericht: Gesangsunterricht mit Feldenkrais

    Rosenkavalier - 25.06.2008, 11:14


    Lux hat folgendes geschrieben:
    Rosenkavalier, hast Du im GU schon immer so gearbeitet oder hast Du auch irgendwann auf diese "koerper- und Innenlebenbetonte" Technik umgestellt?

    Ich gehöre zu den seltenen Exemplaren, die beim ersten GL hängen geblieben sind :lol: , ich kenne also gar keine andere Methode.

    Lux hat folgendes geschrieben:Die GL meinte, dass sich zB die Atmung mit der Zeit an die Anforderungen anpasst, wenn man den Gesang langsam aus dem eigenen Selbst, den Anlagen und dem aktuellen "Koennen" entwickelt, statt eine Technik "draufzusetzen", die nicht verankert werden kann, weil sie von aussen kommt, und einen "Absolutheitsanspruch" hat, der nicht auf jeden Menschen passt.

    Ja, so ähnlich kenne ich das auch. Man muss die EIGENE Stimme finden und immer mit dem aktuellen Stand des Könnens arbeiten. Vieles muss man einfach geduldig "kommen lassen"...

    LG
    Rosenkavalier



    Re: Erfahrungsbericht: Gesangsunterricht mit Feldenkrais

    gioachino - 25.06.2008, 11:21


    Hallo Lux,

    schön, dass Du uns an Deinen neuen Erfahrungen teilhaben lässt !
    Ich glaube, Du - als " Kopffüßlerin " - bist bei der neuen GL zunächst einmal gut aufgehoben, weil Du ja unbedingt in die Lage versetzt werden musst zu singen, ohne es ständig zu hinterfragen: DON `T THINK - SING !
    ( Dass dieser Imperativ bei Tenören nicht gilt, ist natürlich eine Mär... )
    Erst dann, wenn Du die nötige Gesangstechnik verinnerlicht hast, kannst Du auch interpretieren. Ich kann Dir nur raten, Dich auf die ungewohnt neuen Herausforderungen einzulassen !

    Ciao. Gioachino :big_baden



    Re: Erfahrungsbericht: Gesangsunterricht mit Feldenkrais

    Lux - 25.06.2008, 11:25


    gioachino hat folgendes geschrieben:DON `T THINK - SING !
    ( Dass dieser Imperativ bei Tenören nicht gilt, ist natürlich eine Mär... )

    Welche Haelfte soll denn angeblich bei Tenoeren nicht stimmen bzw nicht noetig sein? Die rechts oder links vom - ? :roll:

    Der Kopf ist schon ein boeses und vor allem geschwaetziges Ding :wink:
    bei Interesse werd ich gern auch in Zukunft ein paar Eindruecke niederschreiben, naechste Woche hab ich Urlaub, aber danach hab ich schon einen Termin :)



    Re: Erfahrungsbericht: Gesangsunterricht mit Feldenkrais

    melusine - 25.06.2008, 12:18


    Liebe Lux, nur ganz kurz:
    meine Schwägerin ist in einer Weiterbildung zur Feldenkrais-Therapeutin und hat mir schon sehr viel und nur ausserordentlich Gutes dazu erzählt. Ich habe von ihr auch eine Broschüre 'Feldenkrais für Musiker" bekommen und das ist sehr vielversprechend. Deise Leute werden hervorragend ausgebildet und die ausgiebige Diagnose bei Dir zeigt ja die Seriosität der Dame an.
    Alles was dem Körper gut tut, tut auch der Stimme gut und ich wünsche dir viel Erfolg!
    Ob das nun richtig für dich ist, kannst du eh nur selbst im Laufe der Zeit spüren. Bon courage
    Melusine



    Re: Erfahrungsbericht: Gesangsunterricht mit Feldenkrais

    gioachino - 25.06.2008, 12:43


    Liebe Lux,

    dreht man den Imperativ um, wird daraus : Don`t sing - think !
    Es soll singende Mitmenschen geben, denen diese Wortkonstellation weiter hilft....
    der Idealzustand ist übrigens erreicht, sobals ES aus Dir singt.

    Ciao. Gioachino

    :big_grubel



    Re: Erfahrungsbericht: Gesangsunterricht mit Feldenkrais

    Eponine - 25.06.2008, 13:18


    Liebe Lux,

    das klingt sehr gut (ob es Dir auf Dauer hilft, kann eh nur die Zeit zeigen), und ich kann nur aus eigener Erfahrung bestaetigen, wie wichtig Koerperarbeit bei manchen Schuelern (und auch bei mir selbst) ist.

    Ich habe waehrend meines Studiums selbst Feldenkrais-Stunden (und auch Alexandertechnik) gehabt, wobei die mich immer leicht rappelig gemacht haben, waehrend einige meiner Kommilitonen sogar waehrenddessen eingeschlafen sind :lol:
    Daran sieht man: Es hilft nicht jedem alles, den indviduellen Weg muss man ganz allein finden.

    Bei meinen eigenen Schuelern wende ich selbst verschiedene Elemente aus Yoga, PM, Feldenkrais, Alexandertechnik und Tanz an. Wichtig ist dabei, dass es individuell ist, denn wie ich schon sagte: Menschen sind halt sehr verschieden, und was dem einen super hilft, macht den anderen voellig bekloppt :wink:

    Dir viel Erfolg auf Deinem Weg, das klingt doch alles gut und vielversprechend (insbesondere auch, mal die gewohnten Pfade zu verlassen) ...



    Re: Erfahrungsbericht: Gesangsunterricht mit Feldenkrais

    Lux - 19.08.2008, 10:33


    So nach ewiger Forenabstinenz geb ich mal ein kurzes Update ueber meinen Unterricht. Ich kann nur sagen: es ist SCHWIERIG. Sehr schwierig. Aber von vorne...

    Die zweite Stunde stand unter der Ueberschrift "Stimme benutzen in allen Konstitutionen". Man mache es sich bequem (sitzen, liegen, stehen, egal) und suche sich irgendeine nette Phrase aus. Man singe. Nun ja.... ohne vorher zu atmen. Ohne sich vorher vorzubereiten. Ohne Spannung. Ohne Kontrolle. Einfach so.
    Bei mir klappt das natuerlich wieder nicht. Also abbrechen, Atemrhythmus finden, neu ansetzen. Klappt nicht. Abbrechen, von vorn. Immer wieder zu sich selbst zurueckkehren, loslassen und neu anfangen. Trotz Frust, Wut auf sich selbst, Verzweiflung ("das kann doch nicht so schwer sein"), Traurigkeit, und und und. Nachher haben wir einen Ansatzpunkt gefunden, an dem ich meine Blockaden aufheben kann: Rollentausch. Augen zu - ich bin der Lehrer, meine GL der Schueler, und ich bringe ihr das Stueck bei, was ich singen will. Ton fuer Ton, Wort fuer Wort, Phrase fuer Phrase. Das geht dann ploetzlich, denn der Druck "ich muss es ganz toll machen" ist weg. Diese Unterrichtseinheit hat volle 2 Stunden gedauert - so lange, bis meine GL mich guten Gewissens und ohne Frust entlassen konnte. Ich war voellig platt...

    In der dritten haben wir uns dann auf den Mund konzentriert. Wieder nur betrachtend. Also "durfte" ich vor den Spiegel und gucken, was ich so mache, beim Singen, beim Sprechen. Oh je, hab ich viele Ticks (Mundwinkel zucken, ich schliesse meinen Mund sobald man meine Zaehne sieht, ich bewege immer nur den Unterkiefer, aber habe kaum Bewegung im Wangenbereich, wenn ich mich unbehaglich fuehle oder mir etwas peinlich ist, schuettle ich mich um es los zu werden :D)... und ich kann da gar nicht hingucken. Ich glaube, das war bisher die schwerste Stunde, weil ich es nicht ertragen kann, mir selbst in die Augen zu sehen. Das setzt extrem viele Emotionen frei und ist irgendwie unheimlich...

    Dann ging es eine Stunde lang um die "Urstimme", um das Entdecken der unverfaelschten Toene, die man so produzieren kann. Wir haben viel gelacht :D aber es war auch eine interessante Erfahrung. Seitdem faellt mir erst auf, wie extrem ich beim Singen zB Vokale oder Laute an sich veraendere, wie stark ich zB abdunkle und umfaerbe, und Resonanzen wegnehme. Begleitend zu dieser Einheit haben wir ein bisschen Anatomie gemacht (va Brustkorb, Brustbein). Meine kleinen begleitenden Bewegungen darf ich immer noch nicht alleine machen, hihi dann muss sich meine GL eben anstrengen, um zB den Nacken zu deblockieren oder den Fuss zu bewegen. Trotzdem bin ich jedesmal koerperlich voellig platt nach dem Unterricht...
    Die Bewegungen sind ein ziemlich wichtiger Teil in der Feldenkrais-Arbeit. Das koennen die verschiedensten Bewegungen sein, zB Wiege- oder Drehbewegungen, aber auch groessere Bewegungen mit Arm oder Bein. Die meisten sind aber eher mikroskopisch, helfen aber irgendwie, an anderen Ecken Blockaden aufzuloesen.

    In der letzten Stunde flossen dann Traenen... ich neige momentan dazu, den GU als "Psychotherapie mit singen" zu bezeichnen, allein schon da ich gezwungen bin, mich sehr viel mit mir selbst, meinem Charakter und meinen Staerken und Schwaechen zu beschaeftigen. Ich trau mich gar nicht so recht, anderen Leuten davon zu erzaehlen, weil es ein bisschen abstrus klingt, was ich da im Unterricht mache, aber die Auswirkungen sind wirklich enorm. Nicht, dass ich jetzt supertoll singen kann, aber langsam aber sicher werden mir viele Dinge bewusster und einiges habe ich schon "bearbeitet". Hab ich uebrigens schon erwaehnt, dass Geduld nicht meine Staerke ist?
    Nach letzter Stunde hatte ich uebrigens auch Muskelkater, da ich in den anstrengendsten Stellungen (zB auf einem Stuhl balancierend) auf Zuruf (Vorbereitung = Verspannung verhindern) singen musste... zum Glueck hat DAS keiner gesehen :D

    Dann musste ich zwei Wochen aussetzen, war erst krank und dann hatte ich Urlaub. Aber heute gehts weiter. Mal sehen, was sie sich diesmal ausgedacht hat, um mich zu piesacken. Ich gebe zu, die Stunden bei meiner vorigen GL waren einfacher ;) aber haben auch genug angerichtet (ihre "alles kontrollieren"-Mentalitaet hat meine ueberschuessige Spannung und meinen Kontrollwahn noch verstaerkt *sfz*). Soweit also mein Statusbericht, ich kaempfe weiter ;)
    Uebrigens sinniere ich inzwischen darueber nach, mir einen Pouf (so ein orientalisches Sitzkissen) zuzulegen, da sing ich momentan am besten drauf :D



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