Paris im Jahre 1490: der Maler Nicolas des Innocents erhält den Auftrag des Hofbeamten Jean Le Viste fünf prächtige Tapesserien für seinen Saal zu gestalten. Ursprünglich wollte Le Viste die große Schlacht von Nancy auf den Teppichen sehen, doch durch eine List gelingt es seiner Frau, dass nicht die Schlachten die Tapesserien schmücken, sondern die Verführung eines Einhorns.
Und so macht sich Nicolas an die Arbeit und nutzt die Teppiche seine Gefühle für Le Vistes Tochter Claude zu verewigen.
Doch Claude wird in ein Kloster geschickt, um eine Verbindung mit Nicolas zu verhindern, denn Claude soll jemanden ihres Standes heiraten.
Und so vergehen zwei Jahre, zwei lange Jahre in denen auch alle fünf Tapesserien gefertigt werden.
Am Anfang kam ich nur sehr beschwerlich in das Buch hinein, weil ich es zum einen ständig mit
Das Mädchen mit dem Perlenohrring der Autorin verglichen habe, aber auch weil mir die beiden Protagonisten Nicolas und Claude relativ unsympathisch waren.
Vor allem der Maler Nicolas schafft es, den Leser leicht zu vergraulen, denn der junge Maler denkt bei jeder sich bietenden Gelegenheit nur an Sex und nimmt – es wirkt zu mindestens so – wahllos jede Frau mit ins Bett. Und so ist es auch fast kein Wunder, dass er sich an Claude Le Viste – Tochter seines Auftraggebers – ebenfalls ran macht. Das Verhalten der 14 jährigen Claude, die sich auch sofort in Nicolas verliebt, trägt auch nicht gerade dazu bei, sie mehr zu mögen.
Doch an dieser Stelle ist der Klappentext etwas irre führend. Er suggeriert, dass es sich in dem Roman hauptsächlich um die unglückliche Liebe von Claude und Nicolas drehen wird. Doch die Liebesgeschichte ist nur ein Aspekt des Ganzen.
Während der Herstellung der Tapesserien verweilt Nicolas oft in Brüssel um die Arbeiten zu überprüfen und Claude kommt in der Zeit ins Kloster.
In Brüssel trifft Nicolas die Wirkerfamilie, die die Teppiche herstellen wird und das Leben mit dieser Familie wird zum Schwerpunkt der Geschichte.
Auch hier fühlt sich Nicolas wieder von den Frauen der Familie angezogen. Besonders die blinde Tochter Alienor hat es dem Maler angetan.
Meine Abneigung gegen Nicolas wurde im Verlauf der Geschichte immer weniger, auch, weil sie immer unwichtiger wurde.
Viel mehr drängten sich die Frauen in den Vordergrund mit ihren Wünschen, Sehnsüchten und Gefühlen. Und das sind nicht nur Claude und Alienor, sondern auch deren Mütter.
Nicolas verarbeitet seine Gefühle und seine Gedanken zu den Frauen in den Wandteppichen und so wird jede auf ihre Weise verewigt.
Es war das Leben dieser Frauen, das mich berührte. Obwohl alle in unterschiedlichen Ständen geboren wurden, sind alle miteinander durch die ihnen auferlegten Zwänge, unerfüllter Liebe und Wünschen miteinander verbunden.
Das Buch wird aus der Perspektive mehrerer Personen erzählt; jedes Kapitel aus der Perspektive eines anderen Charakters. Das ist gerade am Anfang sehr verwirrend, aber auch das legt sich mit der Zeit. So wird die Erzählperspektive zum interessanten Vermittler zwischen Leser und Geschichte.
Der Kuss des Einhorns ist eine schöne Geschichte über ein reales Kunstwerk, bei der man das Gefühl hat, das sie so tatsächlich hätte passieren können.