Kapitel XI

Feuer, Wasser, Luft und Erde
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    Re: Kapitel XI

    tornagg - 22.01.2008, 09:05

    Kapitel XI
    (theologia germanica
    Die leret gar manchen lieblichen underscheit gotlicher wahrheit und seit gar hohe und gar schone ding von einem volkomen leben.)
    ---
    Das elfte Kapitel.
    Wie der gerechte Mensch in dieser Zeit in die Hölle wird gesetzt und kann darin nicht getröstet werden, und wie er aus der Hölle wird genommen und wird in das Himmelreich versetzt und kann darin nicht betrübt werden.

    Christi Seele mußte in die Hölle, ehe denn sie zum Himmel kam. Also muß auch des Menschen Seele. Aber wie das geschehe, das merket. Wenn sich der Mensch selber in Wahrheit erkennt und merkt, wer und was er ist, und findet sich selber so gar schnöde, bös und unwürdig alles des Trostes und Gutes, das ihm von Gott und von den Kreaturen je geschehen ist oder kann, so kommt er in eine so tiefe Demut und Verschmähung seiner selbst, daß er sich unwürdig dünkt, daß ihn das Erdreich tragen soll, und meint auch, daß es billig sei, daß alle Kreaturen im Himmel und auf Erden wider ihn aufstehen und rächen an ihm ihren Schöpfer und ihm alles Leid anthun und ihn peinigen; dessen alles dünkt er sich würdig. Auch läßt er sich bedünken, daß er ewiglich verloren und verdammt solle sein und auch ein Fußschemel aller bösen Geister in der Hölle, und daß es recht und billig sei und daß dies alles zu wenig sei gegen seinen Sünden, die er so gar und oft und mannigfaltig vollbracht hat wider Gott seinen Schöpfer. Und darum so will und mag er auch keinen Trost oder Erlösung begehren, weder von Gott noch von allen Kreaturen, die im Himmel und auf Erden sind, sondern er will ungetröstet und unerlöset sein und ihm ist nicht leid seine Verdammnis und Leiden, denn es ist billig und recht und ist nicht wider Gott, sondern es ist der Wille Gottes. Darum so ist es ihm lieb und ist ihm wohl damit. Ihm ist allein leid seine Schuld uns Bosheit, denn die ist Unrecht und wider Gott und damit ist ihm weh und übel zu Mute. Dies ist und heißt wahre Reue um die Sünde. Und wer also in dieser Zeit in die Hölle kommt, der kommt nach dieser Zeit in das Himmelreich und gewinnt dessen einen Vorgeschmack, der übertrifft alle Lust und Freude, die in dieser Zeit von zeitlichen Dingen je ward oder immer werden kann. Und dieweil der Mensch in der Hölle ist, so kann ihn niemand trösten, weder Gott noch die Kreatur, wie geschrieben steht „in der Hölle ist keine Erlösung.“ Davon sprach ein Mensch “verderben, sterben, ich lebe ohne Trost: außen und innen bin ich verdammt, niemand bitte, daß ich erlöset werde.“ Nun läßt Gott den Menschen nicht in dieser Hölle, sondern er nimmt ihn zu sich, also daß der Mensch nichts begehrt oder achtet denn allein des ewigen Gutes und erkennet, daß das ewige Gut so gar edel und übergut ist, daß seine Wonne, Trost und Freude, Friede, Ruhe und Genüge niemand durchgründen noch aussprechen kann. Und wenn dann der Mensch nicht anders achtet, sucht noch begehrt, denn das ewige Gut allein und sich selber, noch des Seinen nichts sucht, sondern allein die Ehre Gottes, so wird Freude, Friede, Wonne, Ruhe und Trost und was dergleichen ist alles dem Menschen zu Teil, und so ist dann der Mensch im Himmelreich. Diese Hölle und dieses Himmelreich sind zwei gute sichere Wege dem Menschen in dieser Zeit, und wohl ihm, der sie recht und wohl findet: denn diese Hölle vergeht und das Himmelreich besteht. Auch soll der Mensch merken, wenn er in dieser Hölle ist, so kann ihn nichts trösten und er kann nicht glauben, daß er immer erlöset oder getröstet werde. Aber wenn er in dem Himmelreich ist, so kann ihn nichts betrüben, er glaubt auch, daß ihn niemand je beleidigen oder betrüben könne, wiewohl es möglich ist, daß er nach der Hölle mag getröstet und erlöset werden und nach diesem Himmelreich betrübt und ungetröstet. Auch kommt dem Menschen oft diese Hölle und dies Himmelsreich, daß er nicht weiß, woher es kommt, und der Mensch kann aus sich selber nichts thun noch lassen, es komme oder fahre hinweg. Er kann sich selber deren keines geben oder nehmen, machen oder vertreiben, sondern wie geschrieben steht: „der Geist geistet wo er will und du hörest seine Stimme [das meint man in der Gegenwärtigkeit] aber du weißt nicht, woher er kommt oder wohin er geht.“ Und wenn der Mensch in dieser zweier Einem ist, so ist ihm gar recht und er kann in der Hölle so sicher sein als in dem Himmelreich; und alldieweil der Mensch in dieser Zeit ist, so kann er gar oft aus Einem in das Andere fallen, ja unter Tag und Nacht gar oft, und alles ohne sich selber. Wenn aber der Mensch in dieser keinem ist, so geht er mit den Kreaturen um und schwankt hin und her und weiß nicht, wo er daran ist. Darum soll er dieser beider nimmer vergessen in keinem Herzen.

    ---

    TorNaGG



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