Film: 24 Hour Party People

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    Re: Film: 24 Hour Party People

    Nicky - 19.01.2008, 17:23

    Film: 24 Hour Party People
    24 Hour Party People

    Am 10. August dieses Jahres flaggte das Rathaus von Manchester Halbmast. Normalerweise ist so eine Ehre verstorbenen Politikern vorbehalten. Dass es hier um einen Label-Betreiber und Clubbesitzer ging, dürfte eine Premiere für ganz England gewesen sein. Die Rede ist von Tony Wilson. Warum dieser Mann in Großbritannien eine Legende ist, das kann man in „24 Hour Party People" von Michael Winterbottom sehen.

    Der Film beginnt im Jahr 1976. Wilson arbeitet für den regionalen Fernsehsender Granada TV. Dort moderiert er ein Musik-Format mit dem Namen „So It Goes". Die Sendung ist eine Plattform für neue Bands, die in der BBC nicht gezeigt werden. Im Sommer dieses Jahres sieht Wilson ein frühes Konzert der Sex Pistols - ein Ereignis, das er später als Epiphanie bezeichnet. Das Drehbuch gießt die Euphorie nach der Show in einen schönen Dialog:

    Wilson: „Ich würde das als Geschichte bezeichnen."
    Freund: „Geschichte? Wie kann das Geschichte sein? Da waren nur 42 Leute bei dem Konzert."
    Wilson: „Wie viele Leute waren da, als Julius Cäsar umgebracht wurde?"
    Freund: „Keine Ahnung, Tony, sag Du's mir."
    Wilson: „Fünf. Also halt die Klappe."

    Der Moderator verschafft den Sex Pistols einen Auftritt in seiner Sendung - den ersten im TV überhaupt. Begeistert von der neuen Musik gründet er eine Konzertreihe. Die „Factory Night" wird zum Fokus der gesamten Bandszene in Manchester. Hier haben Gruppen wie Buzzcocks, Magazine oder The Fall ihre ersten Auftritte. Die bedeutendste Formation, die dort debütiert, sind allerdings Warsaw, die sich kurze Zeit später in Joy Division umbenennen. Sie werden die erste Band auf Wilsons neuem Plattenlabel, Factory Records. Der „Vertrag" räumt den Künstlern völlige Freiheit und jederzeitige Kündbarkeit ein (was Wilson mit den unbürokratischen Worten „You have the right to fuck off" formuliert). Ein absolutes Novum in einer Zeit, die von Platten-Giganten und Knebelverträgen dominiert wird.

    Cambridge-Absolvent Wilson ist kein einfacher Typ. Im Film wird er vom britischen Komiker Steve Coogan gespielt, der das latent Prätentiöse, die Großspurigkeit des Musikmoguls ein bisschen übertreibt. Als ihn ein Reporter auf den vermeintlichen „Nazi-Namen" Joy Divsion anspricht, sagt Wilson im Film:

    „Haben Sie noch nie was von Postmodernismus gehört, vom freien Spiel von Signifiant und Signifié? Wir haben eine Band namens Durutti Column auf dem Label. Was das bedeutet, wissen Sie sicher auch nicht."

    Hochtrabend oder nicht, Wilson ist ein Visionär. Nach dem Selbstmord von Joy-Division-Sänger Ian Curtis hält er an den restlichen Musikern fest, die sich fortan New Order nennen. Die auf Factory erschienene Single „Blue Moonday" (1983) wird die meistverkaufte 12-Inch-Platte aller Zeiten. Leider ist das Artwork so aufwendig, dass das Label mit jeder Platte Geld verliert. Bei mehr als einer Millionen Exemplaren eine Menge Holz. Mit den Happy Monday erspäht und fördert Wilson eine weitere wegweisende Band.

    Um seinen Gruppen zusätzliche Auftrittsmöglichkeiten zu verschaffen und der wachsenden Dance-Musik-Gemeinde eine Heimstätte zu geben, öffnet Wilson „The Haçienda" (die Cedilla unter dem „c" war übrigens bewusst falsch). Als Geburtsstätte der Rave- und Acid-House-Kultur wird er legendär. Da die Gäste Ecstacy-Tabletten den Vorrang geben, fließt das meiste Geld allerdings an Drogendealer. Finanziell ist die immer volle Haçienda ein Flop. 1997 wird das Gebäude abgerissen.

    Der Film fängt die berauschten und berauschenden Zeiten in schnellen Schnitten und mit Wackelkamera ein. Der Wechsel zwischen Spielfilm- und Doku-Elementen wirkt allerdings nicht immer flüssig. Mal doziert Coogan als Erzähler in die Kamera, mal wird der echte Tony Wilson ins Bild geholt, dann ist wieder alles Fiktion. Das Spiel mit den filmischen (Meta-)Ebenen kommt ein wenig bemüht daher.

    Trotzdem ist der Film - obwohl vor seinem Tod entstanden - ein würdiger Nachruf auf den Pop-Intellektuellen Wilson. Der einzige Nichtmusiker, der die britische Popmusik der letzten 30 Jahre so geprägt hat, war wohl John Peel.

    24 Hour Party People, GB 2002, Regie: Michael Winterbottom, leider nur als England-Import zu bekommen (z.B. über amazon.co.uk)

    http://www.westropolis.de/ingo.juknat/stories/18666/



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