Ab wann kann man selbst unterrichten?

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    Re: Ab wann kann man selbst unterrichten?

    melusine - 16.01.2008, 09:32

    Ab wann kann man selbst unterrichten?
    Ihr Lieben, für mich wird die Frage, ab wann man selbst Gesang unterrichten kann, mal wieder ganz akut.
    Nach unserem Konzert am Sonntag wurde ich von der Leiterin einer Kulturvereinigung gefragt, ob ich dort Gesangskurse geben wolle, wie und in welcher Form sei mir frei gestellt, da es bisher nur andere Instrumente,Tanz, Literatur etc gebe also eine neue Disziplin erst eingerichtet wird. Das Ganze wäre zum neuen Schuljahr, also im September aktuell.
    Ich habe sofort gesagt, dass ich selbst noch in Ausbildung bin... was aber nicht abschreckend wirkte.......
    Nun habe ich mit meiner Lehrerin gesprochen und auch mit meiner allerersten Gesangslehrerin, die beim Konzert dabei war. Beide haben mir geraten es zu versuchen , diese Chance zu ergreifen und ins Wasser zu springen. Man würde das Unterrichten nur dadurch lernen und auch für sich selbst eine Menge dabei lernen.
    Dass Unterrichten mir Spass macht , weiss ich ja inzwischen durch meine Sprachschüler, aber ich fühle mich ehrlich gesagt hier in dieser Sache viel unsicherer.
    Wie war das bei euch mit den ersten Schülern? Was habt ihr da gemacht und wie habt ihr rausgefunden, ob es der richtige Zeitpunkt war anzufangen?
    Auch wenn das "nur" Anfänger sind, die ein bisschen Singen wollen und keinerlei Ambitionen haben, weiss ich ja, wieviel man da falsch machen kann und was falsche Technik für Konsequenzen haben kann.
    Ich habe die Möglichkeit, intensiv bei drei verschiedenen Lehrerinnen zu hospitieren und Hilfen zu bekommen aber frage mich wie gesagt weiterhin...... :?: :?: :?:

    Melusine



    Re: Ab wann kann man selbst unterrichten?

    gioachino - 16.01.2008, 11:18


    Liebe Melusine,

    mein erster Schüler kam zu mir, als ich noch selbst Unterricht hatte. Ich konnte also meine " Maestra " immer fragen, wenn sich Probleme ergaben, was höchst selten vorkam. Ich habe damals durch das Unterrichten viel dazu gelernt, auch und besonders für mich.
    Die Voraussetzungen bei dir sind optimal : Du weißt jetzt fast alles über das Singen, hast dich unterschiedlicher Methodik ausgesetzt und schnell gemerkt, was gut oder schlecht für dich ist. Auch hast du das entscheidende Backup durch deine Lehrerin. Du bist musikhistorisch und musiktheoretisch bewandert. Dazu kommt eine beglückende Disposition für`s Unterrichten.
    Was also könnte da noch schief gehen ?
    Am besten, du beginnst - wenn möglich - mit der hohen Frauenstimme, bei der du dich natürlich auskennst. Die Ausbildung der Männerstimme ist recht prekär, weil die " Glättung " des Passagios schwierig ist. Aber auch hier gilt letztlich : Learning by doing.
    Bonne chance !

    Ciao. Gioachino

    :big_book



    Re: Ab wann kann man selbst unterrichten?

    Eponine - 16.01.2008, 12:55


    Ich kann gioachino da nur zustimmen: Versuchen.

    Die eigene Stimme muss nicht perfekt sein (wann ist sie das schon?), man muss allerdings stimmphysiologisches, musikalisches/musiktheoretisches und auch ein bisschen psychologisches Wissen haben. Ggf. auch offen sein fuer verschiedene musikalische Stile (nicht Techniken, da kann man nur das Unterrichten, was man auch kennt), das macht es natuerlich leichter. Oder ansosnten den Kurs ganz gezielt auf eine Richtung abstimmen, was aber ggf. weniger Teilnehmer bringt. Beides ist moeglich.

    Was das Allerwichtigste ist: Man mus sich in andere Menschen eindenken koennen und objektiv hoeren, darf also nicht von den eigenen Problemen auf die anderer schliessen - Standardrezepte im Gesang gibt es nicht. Du musst halt in der Lage sein, sofort zu hoeren, was bei jemandem nicht optimal laeuft, und, was noch wichtiger ist, auch einen Loesungsansatz dafuer parat haben, selbst dann, wenn Du das Problem selber nie hattest. Du musst z.B. wissen, wie Du einer tiefen Stimme die tiefe Mischung beibringst bzw. den Zugang zum Brustregister, auch, wenn Du das selbst nie brauchst oder gemacht hast. Du musst Maennern den Umgang mit ihrem Passaggio beibringen, auch, wenn Du selbst keien Ahnung hast, wie sich das anfuehlt.

    Ich habe 2004, damals noch in Deutschland, mit dem Unterrichten angefangen und hatte die Rueckendeckung meiner damaligen Lehrerin, was fuer mich sehr wichtig war. Das waren aber nur sehr vereinzelte Stunden, kein Vergleich zu heute. Mittlerweile habe ich an die 20 Privatschueler (haette selbst nicht gedacht, dass das nach anfaenglichen Schwierigkeiten so schnell geht!), 2 Bands und neuerdings sogar Stimmbildung fuer eine Musiktheatergruppe. Das sind alles verschiedene Dinge, man muss sich jedesmal wieder umstellen, aber das macht es auch so spannend.

    Stunden muessen vorbereitet und nachbereitet werden (man muss auch eine Idee haben, wie man eine Unterrichtsstunde aufbaut), man muss Literatur aussuchen, sich um die Probleme der einzelnen Leute Gedanken machen usw. Vielleicht auch ein bisschen Klavier ueben, wozu ich mittlerweile kaum noch komme :oops: , aber man wurschtelt sich so durch. :wink:
    Wichtig ist, dass Du eben analytisch hoeren kannst und das dann auch umsetzen. Ich hatte immer das Glueck, dass ich das relativ gut konnte, manche Lehrer koennen das leider gar nicht (hatte selbst mal jemanden, der so war) und druecken eben nur die Ansaetze auf, die sie aus der Ausbildung der eigenen Stimme kennen, das geht natuerlich nicht. Daher wuerde ich auch Vorsicht walten lassen, nur Soprane auszubilden, wie gioachino vorschlaegt. Einerseits ist zwar richtig, dass Du die anderen Problematiken aus eigener Anschauung nicht kennst, andererseits ist die Gefahr VIEL hoeher, Klone zu zuechten und von eigenen Problemen auf andere zu schliessen. Auch Soprane koennen ganz unterschiedliche Probleme haben, und die Verspannungen koennen selbst bei ganz aehnlicher "Akustik" ganz unterschiedliche sein.

    Generell musst Du fuer Dich selbst entscheiden, ob Du den Sprung wagen willst. Wenn Du Dich noch zu unsicher fuehlst, lasse es lieber (wirklich sicher fuehlt man sich allerdings nie). Vielleicht hast Du ja aber auch die Moeglichkeit, Unterstuetzung durch Deine Lehrerinnen zu bekommen ...



    Re: Ab wann kann man selbst unterrichten?

    Califonia - 16.01.2008, 13:22


    selbst ich habe schonmal jemandem eine Zusatz-Stunde gegeben, und zwar meiner damaligen Englisch-Lehrerin, als wir beide eine Freistunde hatten, und uns zufällig im Kopierraum getroffen hatten, weil wir öfter über Gesang redeten, wollte sie wissen, was ich bei meiner (damaligen) Lehrerin lerne, weil sie mit ihrem Lehrer sich nicht ganz wohl gefühlt hat! Ich hab ihr dann einfach ein paar Übungen gezeigt, die ich damals gesungen habe, und die mir sehr geholfen haben, und das hat ihr wohl auch irgendwie geholfen... ich hatte damals erst ein Jahr (!) Gesangsunterricht, und natürlich war das jetzt nicht DIE hammer Gesangsstunde, aber immerhin konnte ich meiner eigenen Englisch-Lehrerin weiterhelfen, worauf ich wirklich stolz war! Das einfache dabei war, dass sie wie ich ein leichter Sopran ist, und daher musst ich nicht überlegen, wo ich dann bei ihr mit der Übung anfange, sondern konnte es genauso machen, wie bei mir, und auch ihr Stimmklang war ähnlich wie meiner, daher konnte ich auch schnell erkennen, wenn sie was nicht so gemacht hat, wie es eigentlich sein sollte!
    Ich denke, durch solche "Praktika" kann man sich auch selbst testen, ob man als Lehrer geeignet ist, und vllt ist das ja für dich auch ein Sprungbrett, wenn du dich dort bei dem Kurs beweist, dann wirst du vllt öfter als Lehrerin angefragt!

    Viel Erfolg!

    Lg, Califonia



    Re: Ab wann kann man selbst unterrichten?

    gioachino - 16.01.2008, 18:11


    Ich gebe natürlich Eponine insofern Recht, als die Gefahr des Klonens bei gleichem Stimmfach sehr groß ist ! Mein Tipp bezog sich lediglich auf den Beginn der Unterrichtstätigkeit. Da wärest du sozusagen auf eigenem Terrain und könntest dir und der Schülerin erste Sicherheit geben. Dass sich bei ihr vielleicht trotzdem dir unbekannte Probleme ergeben könnten, steht auf einem anderen Blatt. Verlässt sie die Stunde frohgemut und kein bisschen heiser, hast du wohl kaum etwas falsch gemacht...

    Ciao. Gioachino :D



    Re: Ab wann kann man selbst unterrichten?

    Eponine - 16.01.2008, 23:13


    Lieber gioachino,

    Du hast natuerlich Recht :big_herz

    Ich moechte melusine aber auch dahingegehend Mut zusprechen: Man lernt selbst am meisten an den Studenten, die der eigenen Stimme NICHT aehnlich sind. Und damit meine ich jetzt um Himmelswillen nicht, die Schueler als Versuchskaninchen zu benutzen (bei allen Anwesenden ist ja genug stimmphysiologisches und auch praktisches Wissen da).

    Man lernt allerdings paedagogisch mehr, wenn man die ganze Bandbreite unterrichtet, als wenn man sich nicht an "Fachfremde" rantraut. Sonst bleibt es immer bei Intuition - die braucht man zwar auch, ganz viel sogar, aber eben nicht nur.

    Aber ich gebe Dir natuerlich Recht, dass gerade bei der "Urangst vor dem ersten Schueler" (boah, wenn ich mich noch an meinen ersten Schueler erinnere, mir war sooooooo schlecht vor der Stunde) die Vertrautheit mit der eigenen Stimmlage etwas Nervositaet nehmen kann. Frueher oder spaeter muss man sich aber eben auch an die anderen Stimmen wagen. Ich finde selbst besser frueher als spaeter, mein besagter allererster regelmaessiger Schueler war z.B. ein aelterer Herr, der mir auch bis zu meinem Wegzug aus D "treu" geblieben ist und mir heute noch liebe Briefe (!, nix E-Mail und so :lol: ) schreibt.

    Vielleicht ueberlegst Du, liebe melsusine, Dir auch, ob Du mit (Klein)Gruppenunterricht oder 1-2-1-Stunden anfangen willst. Beides hat was fuer und was gegen sich. Vom Aufwand her ist das eine nicht viel besser oder schlechter als das andere, der Aufbau ist aber natuerlich ein voellig anderer. Bei Stimmbildung in der Gruppe muss man sich nicht direkt ganz extrem auf Einzelstimmen einlassen, was gleichzeitig ein Segen, aber natuerlich auch ein Problem sein kann, je nach Zusammensetzung der Gruppe (ueber die muss man sich ggf. schon im Anmeldestadium Gedanken machen).

    Einzelunterricht ist viel intensiver und persoenlicher. Ich wuerde nicht unbedingt sagen fachlich leichter oder schwerer, da es was voellig anderes ist - aber emotional wesentlich mehr an die Substanz gehend, professionelle Distanz hin oder her. Letztere zu halten ist manchmal nicht leicht, muss aber sein, schon aus Selbstschutz. Das ist eigentlich eines MEINER Hauptprobleme beim Unterrichten, da ich dafuer sehr feine Antennen habe - wenn Schueler Probleme haben, beeintraechtigt das sehr, und sachlich damit umzugehen faellt nicht immer leicht. Voellig ignorieren kann man sie aber eben auch nicht ...

    Blah blah blah :lol: :wink:



    Re: Ab wann kann man selbst unterrichten?

    melusine - 17.01.2008, 01:15


    Danke für eure ermutigenden und ausgiebigen Antworten.
    Ich werde alle diese Worte in meinem Herzen bewegen und vor allen Dingen so viel wie möglich in Unterrichten meiner Lehrerinnnen hospitieren und viel zum Thema lesen.
    Die Idee des Stimmklonens bei Lehrern vom selben Stimmfach konnte ich zwar noch nie begreifen und finde das ziemlich absurd, da jeder Mensch ein eigenes Timbre hat und niemals klingen kann wie jemand anders; aber das nur am Rande, denn das ist ein eigenes Thema.

    Vor allem geht es mir als Lehr-Anfängerin darum, eine Methode/einen Weg zu finden, die mir erstmal ermöglicht, systemathisch mit Anfängern zu arbeiten und das ist hier ja nciht nur reine Stimmbildung sondern auch vom Blatt singen, Kleingruppen-Polyphonie als Übung für Chöre etc.
    Die musikalische Arbeit spielt in Frankreich eine sehr grosse Rolle .
    Ich werde sicher bei dieser Organisation keine oder kaum Schüler haben, die Opernarien singen können/wollen, sondern es geht eher um Grundkenntnisse in Gesang als auch um Freude am Singen.Gruppenunterricht wäre da vielleich gar nciht schlecht, scheint mir, denn ich habe z.B. auch einiges an Körperarbeit weiterzugeben und finde das sehr wichtig, z.B. bei total verspannten Leuten, die noch nie gesungen haben.
    Die persönliche Bindung zu Schülern finde ich mit meinen Sprachschülerinnen sehr bereichernd und kein bisschen belastend.Da das alles Profisängerinnen sind, profitiere ich von dem Austasch sehr und die persönlichen teils sogar serh privaten Probleme höre ich mir gerne an ohne das in mein Lebe mitzunehmen oder daran zu leiden. Das ist es gerade auch, was mir am Einzeluntericht so gefällt: eine persönlcihe Beziehung, die sich ganz individuell dem Schüler anpasssen kann und von der man selbst etwas lernt und mitnimmt.

    Dass das beim Gesang wahrscheinlcih intensiver ist und es da noch mehr ans Eingemachte geht, weiss ich als erfahrene GesangsSCHÜLERIN genau , aber das schreckt mich nciht ab-im Gegenteil!
    Mich schreckt eher mein Mangel an Erfahrung ab, aber um den zu beheben muss man wohl wirklich einfach anfangen...... so wie Epo und Gioachino das ja auch getan haben!

    Gesangstechnik für fortgeschrittene Sänger mit Ambitionen traue ich mir allerdings wirklich noch nciht zu und das werde ich auch klipp und klar sagen.
    Ich habe ja gottseidank noch etwas Reflektionszeit und werde mir das gut überlegen.

    Melusine



    Re: Ab wann kann man selbst unterrichten?

    cosima - 17.01.2008, 12:11


    Liebe Melli, ich kann deine Bedenken sehr gut nachvollziehen, aber auch hier ist es wie überall: Man muss sich einfach zutrauen, etwas weitergeben zu können und auch etwas weitergeben wollen! Wenn du außerdem gute Erfahrungen im Sprachunterricht gemacht hast, dann zeigt das, dass du 1. offenbar ein gutes didaktisches Händchen und 2. Spaß an der Arbeit hast. Das sind ideale Voraussetzungen, um auch auf einem neuen Terrain erfolgreich zu sein. Dazu kommt, dass du über eigene, jahrelange Erfahrungen als Gesangsschülerin verfügst, also weißt, was für Probleme Lernende haben können. Deine GL kann dich zusätzlich coachen - und du hast ja noch alle Zeit der Welt ein didaktisches Konzert zu erstellen. Auch hier kannst du im übrigen auf eigene Erfahrungen zurückgreifen.
    Also, du hast eine Menge zu geben, davon sind ja auch die anderen überzeugt, nutze die Gelegenheit - und du wirst selbst viel zurück bekommen!
    Alles Liebe, Cosima



    Re: Ab wann kann man selbst unterrichten?

    melusine - 17.01.2008, 12:39


    Liebe Cosima, ich finde hier leider keinen Kuss-Smilie, denk dir bitte einen!
    Meine erste Gesangslehrerin hat mir am Montag fast dasselbe gesagt wie du jetzt hier.
    Wenn da zwei lebenserfahrene und pädagogisch tätige Frauen, die sich gar nicht kennen, fast mit den gleichen Worten zu mir sprechen, sollte ich mir das wahrlich gut zu Herzen nehmen.

    Ganz liebe Grüsse nach Berlin

    Melusine



    Re: Ab wann kann man selbst unterrichten?

    Eponine - 17.01.2008, 13:17


    Liebe melusine,

    aus eigener Erfahrung kann ich bei Stimmbildung fuer Anfaengergruppen allerdings nur vor dem Anbringen von zuviel Theorie warnen, das laesst die Leute eher wegrennen. Wer sich, vielleicht sogar in fortgeschrittenerem Alter, fuer Stimmbildung oder Gesangsunterricht entscheidet, will meist in erster Linie singen und dabei Spass haben. Theorie ist fuer die meisten ein rotes Tuch, da koennen wir leider nicht von unserer eigenen, ja profesionell ausgerichteten Ausbildung, auf das schliessen, was Amateure, die auch solche bleiben wollen, gerne machen.
    Keine Regel ohne Ausnahme natuerlich :wink:
    Chorische Stimmbildung ist auch wieder was anderes. Du musst erst mal wissen, welche Zielgruppe Du ueberhaupt anpeilst bzw. was man Dir zur Verfuegung stellt.

    Da musst Du vorher sehr gut ventilieren, was Du anbietest. Wenn Du auch theoretische Aspekte einbringen willst, musst Du das entweder sehr geschickt verpacken, oder aber Du bietest den Kurs von vornherein in der Ausschreibung so an, dann kannst Du sicher sein, dass sich nur Leute anmelden, die das auch WOLLEN. Wie gesagt: Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass das Interesse da bei vielen leider nicht so ausgepraegt ist und es den Meisten wirklich um die Arbeit mit der Stimme geht.

    Wenn ich junge Einzelschueler habe, setze ich ich da in aller Regel drueber weg, weil die m.E. Theorie lernen MUESSEN, um zu kompletten Musikern zu werden. Da wird zwar auch schon mal gemault, meist aber doch Einsicht gezeigt. :wink:
    Sind es aeltere Erwachsene, haben mir manche auch schon ganz klipp und klar gesagt, dass sie das nicht mehr wollen, und das muss ich dann (leider) auch respektieren. Bisschen was "reinfudeln" kann man natuerlich trotzdem. :wink:

    Was die Koerperarbeit angeht: Finde ich super und auch angebracht, ich mache das selbst mit meinen Privatschuelern auch. Bei Gruppen muss man wieder vorsichtig sein, WAS man macht. Meine Theatergruppe z.B. hat mir direkt klipp und klar gesagt, dass sie ihren letzten Gesangslehrer nicht mehr wollte, WEIL ein Grossteil der Stunden mit "gymnastischen Uebungen verplempert" wurde - da wusste ich dann leider sofort, wie der Hase lief, hatte dann aber wenigstens den Warnschuss und wusste, dass die das nicht wollen, sondern wirklich reine Stimmbildungsarbeit und Repertoire angesagt ist.
    Man muss also immer ganz genau sehen, welche Zielgruppe man anpeilt - manchmal gibt's da eben auch unschoene, meist aber eben doch schoene Ueberraschungen.

    Natuerlich hast Du auch Recht mit den psychologischen Aspekten - das ist ja fuer mich auch mit ein Grund, warum mir der Beruf Spass macht. Ich nehme von den Problemen meiner Schueler auch nichts nach Hause, aber um es mal ganz platt zu sagen: Ich bin kein Psychologe und werde in der Gesangsstunde auch nicht dafuer bezahlt, z.B. die Eheprobleme meiner Schueler zu loesen. Du wirst selbst merken, dass, wenn Du mehr unterrichtest und das vielleicht irgendwann sogar Deine Hauptarbeit ist, doch leicht andere Gesetze gelten. Ich habe auch schon mal Stunden nur mit Reden verbracht, weil die Schueler emotional so instabil waren, dass an Arbeit an der Stimme gar nicht zu denken war. Trotzdem kann und darf das mittelfristig nicht unsere Aufgabe sein - bezahlt werden wir fuer Gesangsunterricht, nicht psychologischen Beistand. Wenn die Probleme da so arg sind, uss psychologische Hilfe her.

    Das ist ein sehr schmaler Grat, und man muss da als Lehrer aufpassen, dass man keine zu deutlichen Signale aussendet, dass man da seine Aufgabe sieht, denn sonst kommt man irgendwann nicht mehr zum Singen.

    Darueber hinaus muss man sich auch hueten, die Beziehung zu eng werden zu lassen, denn das bringt geschaeftliche Probleme mit sich. Wenn z.B. mal einer seine Rechnung nicht puenktlich bezahlt, ist es viel leichter, jemandem einen sachten Tritt in den Po zu geben, zu dem man ein nicht zu enges Verhaeltnis hat, als wenn es fast in die freundschaftliche Richtung geht (gerade, wenn man typmaessig so veranlagt ist). Gleiches gilt fuer Puenktlichkeit und Arbeitsmoral. Das klingt vielleicht alles banal, aber wenn Du eine bestimmte Anzahl Schueler hast und das wirklich Dein Job wird, musst Du zum eigenen Schutz gewisse Grenzen ziehen, es geht gar nicht anders. Das schliesst ja noch lange kein gutes Lehrer-Schueler-Verhaeltnis mit gegenseitigem Vertrauen aus ...

    Das Klonproblem ist uebrigens wirklich existent. Natuerlich ist jede Stimme einzigartig, aber Du wirst feststellen, dass manche Schueler geradezu dafuer praedestiniert sind, Deinen Klang und Deine Manierismen zu kopieren :wink:



    Re: Ab wann kann man selbst unterrichten?

    melusine - 17.01.2008, 17:07


    Liebe Epo, das kann ich (fast) alles sehr gut nachvollziehen, auch wenn mir die praktische Erfahrung natürlich fehlt.
    Was die Gefahr angeht ,Privates mit Geschäftlichem zu vermischen: da hast Du wohl Recht! Ich bin z.B. bei einer alleinerziehenden Mutter und freischaffenden Sängerin sofort im Preis runtergegangen als ich von ihren privaten Verwicklungen wusste-da geht einfach meine weibliche Solidarität mit mir durch; solange ich mir das leisten kann.
    Wenn ich das alles NICHT wüsste, sähe die Sache sicher anders aus.
    Je privater eine Beziehung wird, desto schwieriger sind solche Sachen-du sagst es ja!
    Auch was Zeitpläne angeht, kurzfristige Absagen usw.
    Eine Schülerin wollte mir auch ein Tauschgeschäft anbieten, Gesangsunteriricht bei ihr gegen Sprachuntericht, was ich aber abgelehnt habe. Auch wenn jemand kein Geld hat, kann ich ja nciht umsont untercihten, und Gesangsuntericht bekomme ich bei meiner Lehrerin und basta.
    Was die Theoriekenntnisse angeht, muss ich sagen, dass da hier in Frankreich ganz andere Verhältnisse herrschen-auch für erwachsene Amateure!
    Wenn ich privat unterichte, kann ich machen, was ich will, das ist klar, aber an den Institutionen muss JEDER Schüler Theorie machen und das wissen Alle.
    An meinem Conservatoire z.B. gibt es neben der Gesangsklasse meiner Lehrerin ein Gesangsatelier ohne Altersgrenze und ohne Schlussdiplom und dort sind auch einige 50-60 jährige Schüler, die gnadenlos und selbstverständlich in Kleingruppen mit Solfège, vom Blatt singen und Terzett/Quartettgesang mälträtiert werden und wo das solo-Singen dann nur das Sâhnehäubchen ist. In den Chören hier macht sich diese musikalische "Zwangs-Bildung" sehr positiv bemerkbar.

    Von daher wird das von mir unbedingt erwartet, wenn ich Anfänger unterichte (deshalb brauche ich ja auch mein Diplom in der Theorie)und die Akzeptanz der Schüler wird eine Andere sein als in Deutschland.


    Wenn ic hall eure Kommentzre hier so lese, formen sich meine Gedanken und Ideen schon viel klarer und ich danke von Herzen.
    Letztlich kommt es wirklich auf die Kientel an, die man ansprechen will udn das wird im privaten Untericht sicher Anders aussehen als bei einer Institution.


    Liebe Grûsse

    Melusine



    Re: Ab wann kann man selbst unterrichten?

    Eponine - 17.01.2008, 21:04


    melusine hat folgendes geschrieben:Auch was Zeitpläne angeht, kurzfristige Absagen usw.


    Das ist ueberhaupt da Fieseste.

    Hier in GB ist "monatlich" als Zahlungsmodus fuer Gesangsunterricht total unueblich - entweder, man bezahlt pro Stunde, oder man kauft Bloecke (dann meist mit einem Rabatt, also irgendwas wie "11 Stunden zum Preis von 10" oder so).

    Ich habe eine schon sehr grosszuegige Cancellation Policy und lasse mir nur Absagen am selben Tag bezahlen (also einen Tag vorher absagen ist okay und wird nicht berechnet). Auch das ist hier normal, "bezahlt wird immer" gibt es hier in der Form so nicht, die meisten haben 24 bis 48 Stunden Kulanz.

    Meist habe ich sogar bei ernsthaften Erkrankungen am selben Tag die Gebuehr unter den Tisch fallen lassen.
    Das hat aber leider dazu gefuehrt, dass einige Leute dann meinten, sie koennten immer am gleichen Tag absagen und vorschieben, sie seien krank (erwarten dann aber natuerlich, dass man die Stunde nachholt). Das sind uebrigens die gleichen Kandidaten, die permanent zu frueh oder spaet antanzen und dann noch maulen, wenn sie trotzdem puenktlich rausgeschmissen werden und eben nicht die volle Stunde kriegen :shock:
    Ich kann ja aber schlecht meine anderen Schueler warten lassen oder deren Stunden vorzeitig beenden, weil diese Leute unorganisiert sind ...

    Bei manchen Leuten scheint immer noch so im Hinterkopf zu schwirren, dass Musik zu unterrichten ja nicht wirklich ein Job, sondern eher ein Hobby ist. Wenn man aber auch davon leben muss, kann man eben nicht permanent Verdienstausfaelle haben, so bloed das fuer den einzelnen Schueler vielleicht aussehen mag.
    Ich hatte z.B. kurz vor Weihnachten von einer Schuelerin, die one-off bezahlt, vier Absagen hintereinander, zwar mit genug Vorlauf (1-2 Tage), aber der Grund war klar: Weihnachtszeit, Geschenkezeit, da war kein Geld fuer Gesangsunterricht da. Bei allem Verstaendnis fuer ihre persoenliche Situation, aber erstens haette sie mit mir darueber reden koennen statt Krankheit vorzuschieben, und zweitens hiess das fuer mich mal eben 88£ (fast 120EUR) Verlust, von den anderen Absagen wegen echter Krankheit zu der Zeit (hier gingen gleichzeitig Grippe und Magen-Darm um) mal ganz zu schweigen. Und das tut finanziell RICHTIG weh.

    Viele sehen das aber leider nicht sondern denken vornehmlich: "Keine Leistung - keine Bezahlung". Ist aber falsch gedacht, denn man bezahlt mich fuer meine Zeit (die im uebrigen ja nicht nur aus der Unterrichtszeit selbst besteht), und die halte ich ja frei und kann sie nicht an jemand anderen vergeben, wenn man mir so kurzfristig absagt.

    Was habe ich also gemacht? Der Schuelerin nach der vierten Absage in Reihe ihren Slot entzogen (das steht uebrigens auch in meinen Geschaeftsbedingungen, haette sie also wissen muessen), denn andere haetten den gerne (ist "prime time"), und sie kann von mir schlecht erwarten, das bis Ultimo fuer sie freizuhalten. Ich vermute, sie ist sauer drueber, denn sie hat nicht wieder von sich hoeren lassen. Muss mir in dem Fall aber egal sein, denn ich muss eben auch meine Rechnungen bezahlen, nicht nur sie.

    Darueber hinaus habe ich, weil in 2007 Absagen am Unterrichtstag irgendwann zum Problem wurden, nun eine 50%-Gebuehr eingefuehrt. Das haelt hoffentlich die ab, einfach am selben Tag abzusagen, die einfach mal grad keine Lst oder was Besseres vorhaben - bestraft aber natuerlich gleichzeitig diejenigen, die immer ehrlich waren und wirklich nur in Notfaellen abgesagt haben. Das Lustige ist, dass gerade die, als sie meine neuen Geschaeftsbedingungen bekommen haben, dafuer totales Verstaendnis hatten, und natuerlich diejenigen, die sich angesprochen fuehlten, gemault haben :wink:

    Ich weiss, dass das krass klingt, und gsd sind auch nur ein paar meiner Schueler solche Exemplare. Ich muss aber eben aus Selbstschutz da haerter durchgreifen. Faellt mir auch schwer, muss aber sein. Das heisst ja nicht, dass man in Haertefaellen nicht trotzdem Kulanz walten laesst - aber die allgemeinen Bedingungen muessen klar und auch fuer jeden gleich sein.

    Das sind eben die etwas unschoenen Seiten am Unterrichten, und die rollen leider auch auf einen zu ...



    Re: Ab wann kann man selbst unterrichten?

    gioachino - 18.01.2008, 00:49


    .....besonders dann, wenn man davon leben muss ! Ich gehe absolut konform mit dir und deiner Methode, liebe Eponine, und bin heilfroh, dass ich - Gott sei Dank ! - n i c h t vom Unterrichten leben muss, was dazu führt, dass ich manchmal doch etwas zu konziliant bin.

    Ciao. Gioachino :big_cry



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