Verreckende Unschuld

Poesieforum
Verfügbare Informationen zu "Verreckende Unschuld"

  • Qualität des Beitrags: 0 Sterne
  • Beteiligte Poster: lyriklex
  • Forum: Poesieforum
  • aus dem Unterforum: Andere
  • Antworten: 1
  • Forum gestartet am: Samstag 04.02.2006
  • Sprache: deutsch
  • Link zum Originaltopic: Verreckende Unschuld
  • Letzte Antwort: vor 18 Jahren, 2 Monaten, 4 Tagen, 13 Stunden, 21 Minuten
  • Alle Beiträge und Antworten zu "Verreckende Unschuld"

    Re: Verreckende Unschuld

    lyriklex - 20.02.2006, 14:17

    Verreckende Unschuld
    Verreckende Unschuld

    LEX


    Prolog


    Eine wahre Geschichte, der Dauer zwölf Jahre,
    von der toten Sophie einem weinenden Kind.
    Welch bleiches Geschöpf, schwarz trug sie die Haare.
    das Leid ihres Lebens machte sie blind.

    Sie hat mehr gelitten als ein Kind es erträgt,
    viel mehr gesehen als manch andrer auf Erden.
    Sie war niemals sicher, wer sie da schlägt,
    doch wusst sie schon damals, alt würd sie nicht werden.

    Ein Mensch kann allein sein, auch mit dem Wissen,
    dass die Teuersten, immer sind wo man ist.
    Und möchte man sie, denn trotzdem vermissen,
    so hilft es doch nichts, wenn man sie vergisst.

    Doch Vergessen war immer die stärkste Arznei,
    um den Schmerz jeden Tages etwas zu lindern.
    Verdrängen hilft wenig, denn ist man dabei,
    Fällt`s schwer diese Wunde am Bluten zu hindern.


    Kapitel I


    Das siebente Jahr in dieser Epoche,
    eintausend Stück, solang soll sie dauern.
    Der erste Tag dieser sterbenden Woche,
    ihr achtes Jahr, noch vier soll sie kauern.

    Preußen ist kalt und vertuscht seine Wahrheit,
    die Zensur der Gefühle trifft den, der sich rührt.
    Es ist dieses Kind mit erdrückendem Herzleid,
    sie trägt einen Strick, der brennend sich schnürt.

    Ihr Vater, ein guter, verfiel seinem Wort,
    er dachte, er sprach und sang manches Lied.
    Kurz ist der Schmerz wenn die Kugel sich bohrt,
    lang ist ein Schrei, wenn die Tochter dies sieht.

    Was sie sieht, was sie fühlt fängt jetzt an zu brennen,
    es brennt ihr den tiefsten Schmerz in die Brust.
    An diesem Tage, da lernt sie zu rennen,
    zu fliehen vor jenem ersten Verlust.


    Kapitel II


    Nichts ist wie je, die Träume verblassen,
    das Kind stirbt den ersten und bittersten Tod.
    Im alma mater des Lebens, erlernt sie zu hassen,
    schweigen wird Wasser, und weinen wird Brot.

    Sophie erfüllt Pflichten schon so fern ihrer Tage,
    träumt so die Kindheit nur in wenigen Stunden.
    Sorgen und Ängste werden jetzt schon zur Plage,
    drehen erbittert im Kopf ihre Runden.

    Das Mädchen ist neun, es starb ihr der Vater,
    nun bleibt nur die Mutter, eine traurige Frau.
    Wer füllt mit Trost den gerissenen Krater?
    Die Antwort heißt niemand, das weiß sie genau.

    In diesem Wissen, verlebt sie die Zeiten,
    wohl der Gewissheit, dass dies alles war.
    Den Berg von Problemen hinauf zu beschreiten,
    ist mühsam und qualvoll da scheint eines klar.

    Ein Kind ist ein Kind wie ein Igel ein Igel,
    es gibt keine Macht die den Unterschied kennt.
    Nicht jede Türe braucht einen Riegel,
    die Wahrheit bleibt Wahrheit gleich wie man sie nennt.

    Zu zweit in dem Haus das keines mehr ist,
    kämpfen die Beiden gegen Hunger und Kälte.
    Sie bemühen sich oft mit manch falscher List,
    das bisschen zu retten, was man noch zählte.

    Nur der Zufall entscheidet an welchen Stricken,
    ein jeder Tag zieht um den neuen zu lenken.
    Die Zeit wird vergehen auch ohne zu ticken,
    um dem traurigen Kind ihre Fügung zu schenken.


    Kapitel III


    Ein Mann kommt daher, mit sauberem Zwirn,
    sieht an, wie Sophie die Kohlen verräumt.
    Er naht auf sie zu, mit leicht runzelnder Stirn,
    geht ihr zur Hand und spricht: ich bin ein Freund.

    Die Mutter in Lumpen eilt schreckend herbei,
    ruft aus: werter Herr lasst dem Kind ihre Arbeit.
    Sie geht aber leichter, sind wir ja zwei,
    sagt der Mann mit der Stimme einer klärenden Wahrheit.

    Es ist von Belang, dass vier helfende Hände,
    die Last meines Alltags erträglicher machen.
    So hört meine Bitte und tauscht bald die Wände,
    von allem gibt’s reichlich, lasst zurück eure Sachen.

    Die Mutter ist schweigsam aber möchte doch schreien,
    sie stimmt nickend zu und hofft auf das Beste.
    Warum fragt sie sich, sucht dieser Mann Laien,
    sind wir vom Abfall, doch höchstens die Reste.

    So geht es dahin. Wie sollt es auch kommen?
    Die zwei ziehen ein und hoffen vom Glück.
    Doch leicht sagt man, ist Wahrheit genommen,
    und entpuppt kehrt die Lüge als solche zurück.

    Ein Jahr geht ins Land und die Arbeit wird Alltag.
    Sie zählt noch als Licht einer kommenden Welt.
    Doch ward geboren ein Schatten der Licht jagt,
    und so wird umdunkelt, was kürzlich erhellt.


    Kapitel IV


    „Der Mann“, ist der Name, den sie ihm gaben,
    ein Titel von Ferne und grauer Distanz.
    Er wollte zwar Beide, doch eine nur haben,
    ihren Leib ihre Liebe, er wollte sie ganz.

    Menschen sind Tiere auch wenn’s nicht so scheint,
    ein jeder trägt`s in sich oder es ihn.
    So ist ein Mädchen das tagelang weint,
    Noch lange kein Grund vor der Wahrheit zu fliehn.

    Sophie sieht zu und spürt es im Herzen,
    was ein Missbrauch bedeutet, wie er schmeckt, wie er klingt.
    Sophie wird gelassen und trägt doch die Schmerzen,
    dem Dornvogel gleich, der einmal nur singt.

    In diesem Jahr, da lernt sie zu sterben,
    sie lernt was es heißt eine Richtung zu gehen.
    Am Ende, am Ende da wartet Verderben,
    das weiß sie genau und so soll es geschehen.

    In Askese verfällt jeder neuernde Tag,
    Nur ihre Arbeit, vom Schicksal befreit.
    Es entsteht eine Hülle und was kommen mag,
    prallt ab und verschont vor der bitteren Wahrheit.

    Und wieder vergeht die Zeit ohne Gnade,
    kalt ward geworden das sterbende Kind.
    Manchmal da steht sie allein am Gestade,
    und spürte die Freiheit im eisigen Wind.


    Kapitel V


    Da trifft sie ein Bote der kaum vierzehn Jahr,
    im Gesicht schon gezeichnet von der Härte des Lebens.
    Erblickt ihre Augen welche nur starr
    erzählen, dass Hilfe längst schon vergebens.

    Der Junge fühlt mit auch ohne zu wissen,
    was getragen, geduldet, verloren gegangen.
    Bewusst ist ihm, sie würd ihn nicht missen,
    und wär er ihr Bruder im Lager gefangen.

    Nur wenig Zeit noch, bleibt ihr auf Erden,
    von vielen Zielen, da blieb nur eins.
    Die Mutter soll glücklich von Sorgen frei werden,
    erlöst von der Last ihres irdischen Seins.

    So spricht sie zum Jungen: Werde mir treu!
    Sei Teil meines Lebens, von dem was noch ist!
    Ergreife dir Messer und Mut ohne Scheu,
    erwarte die Zeit, und suche die List!

    Der Mann er muss sterben in wenigen Stunden.
    Frag nicht nach Grund! Brauchst nicht zu verstehen.
    Sollst wissen, seit Jahren bluten die Wunden,
    kann dieses Leid nicht länger mehr sehen.

    Er fühlt seiner Pflicht sich treue ergeben,
    erwartet die Zeit, mit dem Messer zu retten.
    Mit göttlicher Kraft entreißt er das Leben,
    des Mannes um ihn in der Hölle zu betten.

    Das erkaltete Kind sieht nun ein Ende,
    es rühren sich Tränen in brennender Glut.
    So ballt sie zu Fäusten ihre zitternden Hände,
    ergreift was ihr bleibt, eine Feder und Mut.


    Kapitel VI


    Abschiedsbrief


    Ein langes Leben, es trägt große Schatten,
    doch gut verteilt auf den Wegen der Zeit.
    Auch wenn die Menschen manch Leid mit sich hatten,
    so siegt doch am Ende Glückseeligkeit.

    Ich werfe den Schatten nun endlich ins Nichts,
    es gibt keinen Grund diese Last noch zu tragen.
    Meine Blindheit weicht fliehend dem lohnenden Lichts,
    Was soll ich dem, der dies liest noch sagen?

    Ich werd mich erlösen und ein letztes Mal schreien,
    die Tugend der Unschuld war stets mein Geleit.
    Danke Du Fremder konnt`st mich doch befreien,
    Nach all diesem Leiden ist es soweit.


    Epilog


    Vier Jahre vergingen auf irrigen Pfaden,
    ihr Dasein war stets ein bitteres Los.
    Ein Sadist namens Leben begann sie zu schlagen,
    so musste sie scheiden, ihr Leid war zu groß.



    Mit folgendem Code, können Sie den Beitrag ganz bequem auf ihrer Homepage verlinken



    Weitere Beiträge aus dem Forum Poesieforum

    Verzweiflung - gepostet von Painfulldeath am Montag 24.07.2006
    Hass=Liebe - gepostet von malle am Freitag 05.01.2007
    Blutmond - gepostet von Tearsofdark am Sonntag 21.05.2006
    Ein ganz normaler Tag - gepostet von Anonymous am Samstag 30.06.2007



    Ähnliche Beiträge wie "Verreckende Unschuld"

    Gerrik Stehniestill, Meister Unschuld der frischen Witze - Tidubbelju (Freitag 15.04.2005)
    Ihre Unschuld - Luci (Freitag 23.06.2006)
    Unschuld - Mara (Sonntag 12.03.2006)
    Weiß ist die Farbe der Unschuld - SiiinaLein (Dienstag 10.04.2007)
    Unschuld und Freiheit - Corinna (Donnerstag 22.03.2007)
    Unschuld - Warlton (Montag 18.04.2005)
    Unschuld gestohlen! - laszlo (Dienstag 18.10.2005)