Frici

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  • Alle Beiträge und Antworten zu "Frici"

    Re: Frici

    Anonymous - 02.12.2007, 17:06

    Frici
    Frici ist tot.

    Auf unserer Vormittagstour trottete er, wie üblich, hinter dem Rest unserer Gruppe her, schnüffelte, trödelte. Irgendwann rutschte er eine steile Böschung hinunter, und fiel in einen wegen der andauernden Regenfälle der letzten Zeit fast vollständig gefüllten Hauptgraben. Er schwamm nicht, versank fast augenblicklich im Wasser. Ich rannte zurück, sicherte die anderen Hundesenioren, und sprang hinterher. Als ich ihn ertastet hatte, und versuchte, mit ihm die glitschige Böschung hinaufzusteigen, wich das Leben aus ihm. Alle Versuche, ihn zurückzuholen, schlugen fehl.

    Hätte ich ihn an der Leine gehabt, wäre dies nicht geschehen. Wäre er immer angeleint gewesen, hätte er es als massive Strafe empfunden. Er war ein meist introvertierter Bummelant, die Gruppe zog sich immer wieder in die Länge. Er mochte es, seiner Bedächtigkeit nachzugehen, versunken in seine eigene Gedankenwelt, wegen seiner Taubheit ungestört von Krach und Zurufen. Nun wird er nicht mehr hinter uns hertapern. Hätte ich nur...

    Fricis leblose Hülle hat ihren letzten Platz bei Nadia und Lucky gefunden. Er sah friedlich und entspannt aus, nur ein Eckzahn war leicht entblößt. Die Augen waren geschlossen. Seine wunderbaren, melancholischen Augen werden nur noch Erinnerung sein, seinen Blick werde ich nie vergessen.

    Irgendwann möchte ich ihm wieder in die Augen schauen dürfen, ihm und all den anderen Mitgeschöpfen, die zu uns kamen und von uns gingen...


    Dies ist das letzte Bild, das Frici mir schenkte.

    Trauernde Grüße



    Re: Frici

    Heike - 02.12.2007, 18:12


    Lieber Peter,

    weiß grad nicht, was ich dir schreiben soll, bin nicht so gewand im ausdrücken........aber mach dir keine Vorwürfe.....drück dich einfach mal....


    Nicht alle Schmerzen sind heilbar,
    denn manche schleichen sich tiefer ins Herz hinein,
    und während die Tage verstreichen, werden sie Stein.
    Du lachst und spricht, als wenn nichts wäre,
    sie scheinen geronnen zu Schaum
    doch Du spürst ihre lastende Schwere bis in den Traum.
    Der Frühling kommt wieder mit Wärme und Helle,
    die Welt wird ein Blumenmeer,
    aber in Deinem Herzen ist eine Stelle, die blüht nicht mehr.
    Verfasser unbekannt



    Re: Frici

    Willemke - 02.12.2007, 18:59


    Mensch Peter,

    so ein Erlebnis wünsche ich niemanden!

    Du wirst sicher von allen Seiten hören, ich mach dir keine vorwürfe! Auch ich möchte dir das sagen!

    Viel wichtiger ist aber, das du dir selbst keine Vorwürfe machst! Frici hatte eine erfüllte und glückliche Zeit bei euch! An diese Zeit muss man sich mit einem lächeln auf den Lippen erinnern!

    Es war so gräßlich kalt; es schneite und es begann dunkler Abend zu werden. Es war auch der letzte Abend des Jahres, Silvesterabend. In dieser Kälte und in dieser Dunkelheit ging auf der Straße ein kleines, armes Mädchen mit bloßem Kopf und nackten Füßen; ja, sie hatte zwar Pantoffeln angehabt, als sie von Hause wegging, aber was nützte das schon! Es waren sehr große Pantoffeln, ihre Mutter hatte sie zuletzt benutzt, so groß waren sie, und die verlor die Kleine, als sie über die Straße eilte, während zwei Wagen so erschreckend schnell vorbeifuhren. Der eine Pantoffel war nicht zu finden, und mit dem andern lief ein Knabe davon; er sagte, den könne er als Wiege brauchen, wenn er selbst einmal Kinder bekomme.

    Da ging nun das kleine Mädchen auf den nackten, kleinen Füßen, die vor Kälte rot und blau waren. In einer alten Schürze trug sie eine Menge Schwefelhölzer, und ein Bund hielt sie in der Hand. Niemand hatte ihr den ganzen Tag hindurch etwas abgekauft; niemand hatte ihr einen kleinen Schilling gegeben. Hungrig und verfroren ging sie dahin und sah so eingeschüchtert aus, die arme Kleine! Die Schneeflocken fielen in ihr langes, blondes Haar, das sich so schon um den Nacken ringelte, aber an diese Pracht dachte sie wahrlich nicht. Aus allen Fenstern glänzten die Lichter, und dann roch es auf der Straße so herrlich nach Gänsebraten; es war ja Silvester- abend, ja, daran dachte sie!

    Drüben in einem Winkel zwischen zwei Häusern, von denen das eine etwas mehr vorsprang als das andere, dort setzte sie sich hin und kauerte sich zusammen. Die kleinen Beine hatte sie unter sich hochgezogen; aber es fror sie noch mehr, und nach Hause zu gehen, wagte sie nicht. Sie hatte ja keine Schwefelhölzer verkauft, nicht einen einzigen Schilling bekommen. Ihr Vater würde sie schlagen, und kalt war es zu Hause, sie hatten nur eben das Dach über sich, und da pfiff der Wind herein, obwohl in die größten Spalten Stroh und Lumpen gestopft waren. Ihre kleinen Hände waren beinahe ganz abgestorben vor Kälte. Ach! Ein kleines Schwefelhölzchen könnte guttun. Wenn sie es nur wagen würde, eines aus dem Bund zu ziehen, es gegen die Wand zu streichen und die Finger zu erwärmen! Sie zog eins heraus, ritsch! Wie es sprühte, wie es brannte! Es war eine warme, helle Flamme, wie ein kleines Licht, als sie, es mit der Hand umschirmte. Es war ein seltsames Licht: dem kleinen Mädchen war es, als säße es vor einem großen, eisernen Ofen mit blanken Messingkugeln und einem Messingrohr. Das Feuer brannte so herrlich, wärmte so gut; nein, was war das! Die Kleine streckte schon die Füße aus, um auch diese zu wärmen - da erlosch die Flamme. Der Ofen verschwand, sie saß mit einem kleinen Stück des abgebrannten Schwefelhölzchens in der Hand.

    Ein neues wurde angestrichen, es brannte, es leuchtete, und wo der Schein auf die Mauer fiel, wurde diese durch- sichtig wie ein Schleier; sie sah gerade in die Stube hinein, wo der Tisch gedeckt stand mit einem blendendweißen Tischtuch, mit feinem Porzellan, und herrlich dampfte die gebratene Gans, gefüllt mit Zwetschgen und Äpfeln; und was noch prächtiger war: die Gans sprang von der Schüssel herunter, watschelte durch die Stube, mit Messer und Gabel im Rücken; gerade auf das arme Mädchen kam sie zu. Da erlosch das Schwefelholz, und es war nur die dicke, kalte Mauer zu sehen.

    Die Kleine zündete ein neues an. Da saß sie unter dem schönsten Weihnachtsbaum; er war noch größer und schöner geschmückt als der, den sie bei der letzten Weihnacht durch die Glastür bei dem Kaufmann gesehen hatte. An den grünen Zweigen brannten tausend Kerzen, und bunte Bilder, gleich denen, welche die Schaufenster schmückten, sahen auf sie herab. Die Kleine streckte beide Hände in die Höhe - da erlosch das Schwefelholz; die vielen Weihnachtslichter stiegen höher und höher. Sie sah, jetzt waren sie zu den hellen Sternen geworden, einer von ihnen fiel und hinterließ einen langen Feuerstreifen am Himmel. »Jetzt stirbt jemand«, sagte die Kleine, denn die alte Großmutter, die einzige, die gut zu ihr gewesen, aber nun tot war, hatte gesagt: wenn ein Stern fällt, geht eine Seele hinauf zu Gott.

    Sie strich wieder ein Schwefelhölzchen gegen die Mauer, es leuchtete ringsumher, und in dem Glanz stand die alte Großmutter, so klar, so schimmernd, so mild und lieblich.

    »Großmutter«, rief die Kleine, »oh, nimm mich mit! Ich weiß, du bist fort, wenn das Schwefelhölzchen ausgeht, fort, ebenso wie der warme Ofen, der herrliche Gänsebraten und der große, gesegnete Weihnachtsbaum!«

    Und sie strich hastig den ganzen Rest von Schwefelhölzern an, die im Bund waren. Sie wollte Großmutter recht festhalten; und die Schwefelhölzer leuchteten mit einem solchen Glanz,
    daß es heller war als der lichte Tag. Großmutter war früher nie so schön, so groß gewesen; sie hob das kleine Mädchen auf ihren Arm, und sie flogen in Glanz und Freude so hoch, so hoch dahin; und dort war keine Kälte, kein Hunger, keine Angst, sie waren bei Gott.

    Aber im Winkel beim Hause saß in der kalten Morgenstunde das kleine Mädchen mit roten Wangen, mit einem Lächeln um den Mund - tot, erfroren am letzten Abend des alten Jahres. Der Neujahrsmorgen ging über der kleinen Leiche auf die mit den Schwefelhölzern dasaß, von denen ein Bund fast abgebrannt war. Sie hatte sich wärmen wollen, sagte man. Niemand wußte, was sie Schönes gesehen hatte und in welchem Glanz sie mit der alten Großmutter eingegangen war zur Neujahrsfreude.
    Hans Christian Andersen



    Re: Frici

    Regina - 02.12.2007, 19:19


    Lieber Peter,

    ich bin sehr betroffen und kann nur erahnen, wie groß der Schmerz für dich und auch Hannelore ist.

    Aber trotz allem wisch den Gedanken "hätte ich nur" beiseite, denn wenn du hättest, wäre das für Frici nicht das Leben gewesen, was er bei euch und deinen Runden leben durfte.

    Un du sagst ja selbst Zitat: Hätte ich ihn an der Leine gehabt, wäre dies nicht geschehen. Wäre er immer angeleint gewesen, hätte er es als massive Strafe empfunden. Er war ein meist introvertierter Bummelant, die Gruppe zog sich immer wieder in die Länge. Er mochte es, seiner Bedächtigkeit nachzugehen, versunken in seine eigene Gedankenwelt, wegen seiner Taubheit ungestört von Krach und Zurufen.
    Fritzi ist seinen Weg gegangen, und hat einen Weg gewählt, den es uns schwer fällt zu begreifen und zu akzeptieren.

    Möge dich das Wissen trösten, dass er nun mit seinen Hundekumpeln ein unbeschwerstes Leben leben kann.

    es wird aussehen, als wäre ich tot,
    und das wird nicht wahr sein.....

    Und wenn du dich getröstet hast,

    wirst du froh sein, mich gekannt zu haben.

    Du wirst immer mein Freund sein,

    du wirst Lust haben, mit mir zu lachen.

    Und du wirst manchmal dein Fenster öffnen,

    gerade so zum Vergnügen...

    Und deine Freunde werden sehr erstaunt sein, wenn sie sehen,

    dass du den Himmel anblickst und lachst.

    Antoine de Saint-Exupéry



    Leb wohl, Frici, du treue Hundeseele




    Re: Frici

    Anonymous - 02.12.2007, 19:57


    lieber peter

    "hättest du nur"....peter du hast!

    du hast einem alten jungen ein zuhause gegeben
    du hast einer alten seele liebe gegeben
    du hast frici dein herz geschenkt
    du hast einem tauben hund soviel hören geschenkt

    du hast soooviel

    sei gewiss, wir verstehen nicht jeden weg, der gegangen wird
    aber sei auch gewiss, er wird immer an deiner seite sein

    fühl dich umarmt
    auch für frici brennt hier ein licht
    alles liebe
    suse



    Re: Frici

    Conny - 02.12.2007, 20:40


    Lieber Peter..........sowas grausames :cry:
    Mußte auch gleich losweinen......weiß wie du dich fühlst.......Peter.....bürde dir nicht so viel auf.......deine Senioren brauchen dich noch lange :tröst:
    Frici ist glücklich trödelnd über die Regenbogenbrücke.......



    Re: Frici

    rote - 02.12.2007, 23:05


    Lieber Peter, denke nicht hätte ich doch.....

    Du hast Frici seinen Weg gehen lassen wie er es am liebsten hatte.

    Vielleicht war Fricis Zeit einfach da die Räume bald zu wechseln und er hat das auf seine Art einfach abgekürzt.

    Den Schmerz kann man Euch nicht abnehmen, nur mir Euch fühlen.

    Es tut mir sehr leid.



    Re: Frici

    Anonymous - 08.12.2007, 10:11


    eben erst gesehen ..........du bist in deinem schmerz nicht allein....lass uns zusammen trauern um unsere geliebten freunde



    Re: Frici

    Anonymous - 09.12.2007, 04:32


    "Es gibt den Tod, der unvermittelt und blitzschnell und erbarmungslos über uns hereinbricht....und es gibt den Tod in kleinen Raten, der ganz langsam wächst und zunehmend düsterer die Welt verdunkelt und kaum endenwollend auf ein Finale hinstrebt..."

    Im Juli dieses Jahres war der Tod von Nadia der Anlaß für mich, diese Zeilen niederzuschreiben. Bei unseren vierbeinigen Wegbegleitern war der Tod fast immer das Finale einer Entwicklung von Krankheit, Gebrechen, Schwäche. Das Ende war oftmals traurig und schmerzlich - aber irgendwie vorhersehbar. Einzig der Tod von Boughathsi erscheint mir bis heute gewaltsam, unbegreiflich: Vergiftet durch einen Behandlungsfehler von Ärzten, die wegen ihrer Unerfahrenheit hinsichtlich der Behandlung bestimmter Mittelmeerkrankheiten dieses junge, hoffnungsvolle Leben dahinschenkten. Alle anderen Weggefährten starben im Alter, nach langen Krankheiten, als Folge früher erlittener Mißhandlungen, oftmals durch die gnädige, lebensbeendende Hand des Tierarztes. Ich war immer dabei. Dies war immer meine Pflicht, mein letzter Dienst. Manchmal auch mein Fluch.

    Was mit Frici geschah, sprengte meine bisherigen Erfahrungen. Das Geschehen, das sich vor einer Woche abspielte, bleibt für mich unbegreiflich. Daher rührt wohl auch meine Sprachlosigkeit. Ein stummes Entsetzen, begleitet von Bildern, die nicht mehr aus dem Kopf hinauswollen. Lange habe ich versucht, dieses Entsetzen zu begreifen oder einen Sinn darin zu sehen.

    Ich weiß bis heute nicht einmal genau, was da passierte, warum dies alles geschah. Ist Frici einfach nur verunglückt, aus Ungeschicklichkeit oder Unachtsamkeit der Böschung zu nahe gekommen, diesen steilen, matschig-glatten Abhang hinabgerutscht, ohne Halt zu finden, durch den Schreck und den Sturz in das eiskalte, trübe Wasser gelähmt, unfähig, sich über dieser Wasseroberfläche zu halten? Oder warf ihn eine vorher erlittene Verletzung, eine Herzattacke oder ein Gehirnschlag um, war der Sturz in den Graben nur das traurige Finale eines Geschehnisses, das sich kurz vorher abgespielt hatte?

    Ich musste die Nutzlosigkeit meiner Versuche einsehen, mich hinein zu versetzen in die letzten Momente des Lebens von Frici. Und ich befürchte, daß all das Grübeln nur ein Zeichen von Selbstmitleid sein könnte, eine Ablenkung von dem, was Frici widerfuhr, was ihn aus unserer Gemeinschaft riss. Aber ich begriff, daß ich auf seltsame Weise einen Teil von Fricis Ende nachgelebt hatte.

    Als ich gewahr wurde, daß Frici nicht mehr hinter unserer Gruppe zu sehen war, kam mir sofort der Graben in den Sinn, ohne daß dieser für mich von der Stelle, wo ich mich befand, einsehbar gewesen wäre. Ich weiß auch nicht mehr, ob irgendwelche Geräusche mich dazu brachten, mich umzusehen. Die naheliegende Autobahn produziert einen ununterbrochenen Geräuschteppich, der jede Wahrnehmung erschwert. Hannelore sagte mir später, ich hätte am Telefon erwähnt, daß Frici noch einen Moment geschwommen sei. Nach meiner jetzigen Erinnerung aber ist Frici sofort versunken.

    Jedenfalls rannte ich sofort los. Lucia bewegte ich von dem Geschehen weg, Robbie rannte neben mir her, Max folgte uns etwas langsamer. An der vermutlichen Stelle des Absturzes von Frici angelangt, wollte Robbie ohne Zögern die Böschung hinabspringen. Ich musste dies unterbinden, hielt Robbie am Geschirr fest, nestelte eine Roll-Leine aus der Jackentasche (das Mistding hatte sich jedoch irgendwie festgehakt, ich musste mehrmals daran reissen), ich leinte Robbie an und schlang die Leine mehrmals um einen in der Nähe liegenden großen Stein. Max erreichte uns, lief an uns vorbei, und entfernte sich von uns. Dann ging ich in den Graben.

    Ich will hier nicht das ganze Geschehen niederschreiben. Ich will mich hier auch nicht rechtfertigen. Mir geht es darum, daß von dem Moment an, nachdem ich Robbie gesichert hatte, ich ein Stück des letzten Weges von Frici nachvollziehen musste, unter der Regieführung der vorhandenen Sachzwänge, oder des Schicksals, oder wie man immer diese Strippenzieherei nennen will.

    Ich ging in den Graben: das heißt, ich rutschte mehr, als ich ging, dieses steile, glitschige Gemisch aus aufgeweichtem Lehm und dünnem, matschigen Gras hinunter. Ein kurzer, für mich nicht endenwollender Moment des Gefühls der Hilflosigkeit. Merkwürdigerweise versuchte ich, mir vorzustellen, wie ich dort jemals wieder hochkommen sollte. Es kam die Wasserlinie, ich wusste nicht, wie tief denn wohl dieser Graben noch sein könnte. Ich versank bis zur Brust in der trüben Brühe. Die Füsse steckten am Grund des Grabens in einer bis zu den Knöcheln reichenden, zähen, klebrigen Matschschicht. Nur mit großer Mühe konnte man einen Fuß aus diesem Matsch heben, um einen Schritt machen zu können. Es schien, als würde man am Grund des Grabens festgehalten werden. Mit dem ersten Schritt kam das Gefühl der unbarmherzigen Kälte des Wassers. Um meine Brust legte sich eine eisige, abschnürende Klammer. Mit dem vierten Schritt ertastete ich mit dem rechten Bein den Körper von Frici. Ich konnte ihn mit dem Fuß anheben, und bekam ihn dann mit den Händen zu fassen. Ich hob ihn über die Wasserlinie, vermeinte noch Leben in ihm zu verspüren, war jedoch erfüllt von einer grenzenlosen Hilflosigkeit und Lähmung. Dieser Graben war ein eiskaltes, lebensfeindliches, unbarmherziges Grab. Es war unendlich schwer, mit Frici auf dem Arm die Böschung hinaufzukriechen. Sein Körper war so schwer und schlaff, die Last zog mich immer wieder hinunter. Auf der Böschung vermeinte ich zu spüren, daß alles Leben aus dieser schlaffen Hülle, die einmal Frici war, wich.

    All meine wohl hilflosen Bemühungen, Frici ins Leben zurückzuholen, waren vergeblich. Ich kann mich kaum noch erinnern, wie ich die mittlerweile weit entfernten Lucia und Max zurückholte. Mein Körper schmerzte, ganz ähnlich wie bei meinem ersten Infarkt im März. Waren es die Anstrengungen, die Kälte, der Schrecken des Erlebten?

    Das Schicksal - oder die Gegebenheiten vor Ort - hatten mich dazu verurteilt, ein Stück des gleichen Weges zu gehen wie Frici: Die Böschung hinunter, ins eiskalte Wasser hinein, ich musste einen Hauch der Lebensfeindlichkeit und der Hilflosigkeit verspüren, dieses merkwürdige Gefühl des Festgehaltenwerdens, ein wenig des Abschnürens des Brustkorbes mit der Angst, zu ersticken. Und da ist jene hoffnungslose Einsamkeit, niemand war da, um zu helfen, um die Angst zu teilen.

    All dies machte mich in den folgenden Tagen sprachlos, zwang mich, das Erlebte zu sortieren, die Bilder, die mir ständig vor Augen sind, zu verarbeiten, und über Sinn oder Unsinn all dieser Geschehnisse zu grübeln.

    Die Zeit der Sprachlosigkeit ist vorbei. Ich möchte mich bei Euch Allen für den vielen Trost und Zuspruch bedanken, den ich hier erfahren durfte. Ganz herzlichen Dank auch für die Botschaften, Erkenntnisse und Gedanken, die mich per PN oder Mail erreichten. Es ist ein tröstendes Gefühl der Gemeinschaft, das die hoffnungslose Einsamkeit vertreibt, die mich erfüllte.

    Es bleibt die Erinnerung an Frici mit all seinen Schrullen und Eigenheiten, seiner unerschütterlichen Sanftmut und seinen rätselhaften Schwankungen zwischen Debilität und Weisheit. Und mir bleibt die Hoffnung - nein, die Gewissheit - , ihn irgendwann und irgendwo wiederzusehen.



    Nachdenkliche Grüße



    Re: Frici

    Regina - 09.12.2007, 12:43


    Lieber Peter,

    danke dafür, dass du dich erholst aus deiner Sprachlosigkeit und Geschehen und Gedanken zu dem schrecklichen Erlebnis mit uns teilen magst.

    Du bist nicht allein, dort in Bremen nicht und auch hier in der Ferne nicht.......

    Alles Liebe
    Regina



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