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Menasse, Robert - Die Vertreibung aus der Hölle




Menasse, Robert - Die Vertreibung aus der Hölle

Beitragvon Pippilotta » 01.03.2008, 22:22

Robert Menasse - Die Vertreibung aus der Hölle
Suhrkamp Verlag, 2001
492 Seiten
ISBN 978-3518412671



"Die Hölle erkennen wir immer erst rückblickend. Nach der Vertreibung. Solange wir in ihr schmoren, reden wir von Heimat."

Portugal, Anfang 17. Jahrhundert, Zeit der Inquisition. „Schweinejagd“ heißt die Verfolgung von getauften Juden, die insgeheim ihren Glauben ausüben. Der kleine Mané weiß nichts von seiner eigenen Herkunft und schließt sich den „Schweinejägern“ enthusiastisch an. Bis eines Tages sein Vater abgeholt wird …. Der Familie gelingt die Flucht nach Holland, wo sie im Stadtteil „Neu-Jerusalem“ neue Wurzeln schlagen kann.

Wien, 15. Mai 1955, Österreich feiert den Staatsvertrag. Viktor wird geboren. Auch er weiß von seinen Wurzeln nichts und schließt sich während seiner Schulzeit jener Gruppe an, die ein Judenkind hänseln und quälen.

Ein dritter Handlungsstrang, der den Rahmen dieser Erzählung bildet, zeigt den erwachsenen Viktor. Anlässlich eines Klassentreffens kommt es zum Eklat, Viktor beschuldigt die anwesenden Lehrer, Mitglied der NSDAP gewesen zu sein. Gemeinsam mit einer Mitschülerin Hildegund, die er während seiner gesamten Schulzeit heimlich angebetet hatte, reflexiert er über seine Jugend- und Studentenzeit in linken Gruppierungen, fragwürdigen WGs und die Spießigkeit seines Eltern- und Großelternhauses.

Wahllos springt Menasse zwischen den Schauplätzen in Portugal und Wien, zwischen den Jahrhunderten hin und her. Viele Details, viele geschilderte Begebenheit lassen darauf schließen, dass Menasse sehr intensiv für dieses Buch recherchiert hat. Eklatante Gemeinsamkeiten – die mir oftmals ein wenig zu gewollt, ein wenig zu konstruiert und bemüht erschienen - eröffnen sich zwischen dem Jungen des 17. Jahrhunderts und dem kleinen Viktor in Wien. Beiläufig erwähnte Motive finden sich 3 Jahrhunderte später in fast gleicher Form wieder und am Ende bleibt der etwas bedenkliche Nachgeschmack, dass sich sehr wohl die Zeiten ändern, offensichtlich nicht aber die Menschen.

Robert Menasse:

1954 in Wien geboren und ist auch dort aufgewachsen. Er studierte Germanistik, Philosophie sowie Politikwissenschaft in Wien, Salzburg und Messina. Er war sechs Jahre als Gastodzent an der Universität in São Paulo. Seit seiner Rückkehr aus Brasilien 1988 lebt Robert Menasse als freier Schriftsteller, kulturkritischer Essayist und Übersetzer in Wien und Amsterdam.

Seine Romane:
Sinnliche Gewissheit, 1988
Selige Zeiten, brüchige Welt, 1991
Schubumkehr, 1995
Die Vertreibung aus der Hölle, 2001
Don Juan de la Mancha, 2007

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Herzliche Grüße
Pippilotta


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