An einem Herbstabend vor etwa zwanzig Jahren

Die Stadtwache von Sturmwind
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    Re: An einem Herbstabend vor etwa zwanzig Jahren

    Mondus - 30.10.2007, 20:15

    An einem Herbstabend vor etwa zwanzig Jahren
    Mirjam hatte bereits vier Kinder zur Welt gebracht, und sie wusste nur zu gut, wie schmerzhaft eine Geburt war. Aber was sie nun seit über zwölf Stunden erlebte, war keine Geburt – es war die Hölle. Sie war schweissgebadet und schrie laut, als wieder eine ebenso starke wie nutzlose Wehe ihren Körper erschütterte. Sie ahnte bereits seit einigen Stunden, dass diesmal etwas nicht in Ordnung war. Das Kind schien sich gegen die Geburt zu sträuben. Sie hatte deshalb Pietrow, ihren ältesten Sohn, losgeschickt, um in Süderstade einen erfahrenen Priester oder noch lieber – eine Priesterin - zu holen. Natürlich hatte sich ihr Gatte gegen diesen Entscheid gewehrt und gebrüllt, dass kein über das Licht faselnde Priester oder Paladin seinen Fuss je über die Schwelle seines Hauses setzen würde. Aber irgendwann hatte er erkannt, in was für einem erbärmlichen Zustand seine Frau war, und geschwiegen.

    Wieder eine Wehe, heftiger als alle zuvor. Mirjam, die in ihrem Schlafgemach auf und ab gelaufen war, brach in die Knie, und auf dem Fussboden bildete sich jetzt plötzlich eine Blutlache, die sich in beängstigendem Tempo vergrösserte. Die Frau spürte, wie die letzten Kräfte sie verliessen. Es gelang ihr nicht mehr, sich auf das Bett zu ziehen und so verlor sie auf dem Holzboden liegend die Besinnung, einsam und gequält, während sich ihr Mann in der Küche unten bis zur Besinnungslosigkeit betrank. Ihre letzten Gedanken galten dem ungeborenen Kind. Sie fragte sich, weshalb sich dieses Kind so sehr gegen den Eintritt in diese Welt wehrte, so sehr, dass es sogar den eigenen wie auch ihren Tod in Kauf nahm. Und sie wünschte sich, sie hätte es noch in ihrem Arm spüren können.

    Etwas später brachte ein in eine weisse Robe gehüllter Priester sein Pferd vor dem Bauernhaus zum stehen. Es war schon beinahe Nacht. Das Fell des Tieres war dunkel vor Schweiss und die Flanken bebten. Der Mann sprang aus dem Sattel und klopfte laut an die Haustür. Als niemand reagierte, öffnete er sie kurzerhand selbst und betrat die Küche. Mit einem Blick erfasste er die Situation: Der Mann, dessen Kopf auf dem Tisch lag und der zu schlafen schien, eine Hand immer noch um eine Schnapsflasche gelegt. Und die drei Kinder, die neben dem Ofen eng zusammengedrängt kauerten. Es waren ein kaum 10jähriges Mädchen und zwei kleinere Buben, alle mit tränen- und schmutzverschmierten Gesichtern.

    Er blickte das Mädchen an, das am ehesten noch ansprechbar schien. „Wo?“, fragte er nur, und das Kind deutete stumm auf die Treppe. Mit wenigen Sätzen hatte er die oberste Stufe erreicht und öffnete die Tür des ersten Zimmers. Der metallerne Geruch nach Blut schlug ihm entgegen und was er sah, übertraf seine schlimmsten Befürchtungen, die er hegte, seit der Bursche in seinem Haus aufgetaucht war: Er kam nicht mehr rechtzeitig. Er kniete sich zu der Frau und begann sofort, das Licht um seine Hilfe anzuflehen. Doch ihm war rasch klar, dass es zu spät war: Ihre Seele hatte sich schon zu weit vom Körper entfernt, er konnte sie nicht mehr erreichen. Aber während er die Gebete sprach, spürte er plötzlich ein anderes Leben. Es war nur ein Hauch, noch schwächer als der Flügelschlag eines Schmetterlings, aber es war zu spüren. Durch all das Blut tastete er nach dem Kind und erkannte, dass es in dieser Lage niemals den Weg in das Leben hätte finden können. Mit weiteren Gebeten auf den Lippen nahm er, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, ein scharfes Messer unter seiner Robe hervor und tat, was getan werden musste, um zumindest dieses Leben noch zu retten. Kurz darauf hielt er das schlaffe, blutige Bündel in seinen Händen. All seine Kräfte aufwendend, hüllte er es in die Macht des Lichts, bis es endlich einige schwache Bewegungen machte, die blauen Lippen öffnete und das erste Mal Luft in seine Lungen sog. Nun untersuchte das Kind gründlich, stellte fest, dass es ein Junge war und bemerkte, dass die linke Seite merkwürdig steif und unbeweglich war. Hier konnten auch Heilkräfte nichts ausrichten – es schien eine Laune des Lichts zu sein, diesen Jungen mit einem schwachen linken Bein und Arm auszustatten. Ob die schwere Geburt eine Folge der Behinderung war oder die Behinderung eine Folge der schweren Geburt – der Priester wusste es nicht. Erst jetzt durchtrennte er die Nabelschnur und wickelte das Kind in eine wärmende Decke. Er seufzte, als er an den betrunkenen Mann in der Küche dachte und hätte das Baby am liebsten mitgenommen. Aber nein, das Licht wusste was es tat und es würde Gründe geben, weshalb dieses Leben auf diese tragische Weise hier begonnen hat. Es war der Sohn dieses Mannes und er hatte kein Recht, ihm diesen Sohn wegzunehmen.

    Mit dem Kind im Arm stieg er die Treppe hinunter. Es würde nicht einfach werden, dem betrunkenen Mann, zu erklären, was passiert war. Er war sich beinahe sicher, dass der Mann kein Verständnis haben würde für die Messerwunde, die seine Frau trug. Ja, vermutlich würde er wohl sogar dem Priester die Schuld an ihrem Tod geben. Der Bauer des grossen Gutes im Hügelland besass den Ruf, kein Freund des Lichts und seinen Vertretern zu sein.

    Das Mädchen hatte sich aufgerappelt und blickte ihn aus grossen Augen an. Er lächelte das Kind warm an und sagte leise: „Es ist ein Junge“. Er bemerkte, wie das Mondlicht durch das Fenster drang und einen weichen Schimmer auf das Gesicht des Babys legte. „Nennt ihn Amond“. Dann legte er das Bündel in die Arme des Mädchens und machte sich an die unangenehme Aufgabe, den Mann am Tisch zu wecken, um ihn über die Geburt eines behinderten Sohnes und den Tod seiner Gattin zu informieren.



    Re: An einem Herbstabend vor etwa zwanzig Jahren

    Borearis - 30.10.2007, 20:57


    [ooc: Toll geschrieben und spannend zu lesen ... ich kenne den armen Amond ja nun schon ein wenig, und ich hoffe, dass sein Leben recht interessant verlaufen wird... ]



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