HerrschoftsSeiten

Hallo allseits!

Also jetzt mal Hand auf’s Herz: Wer liest diese ersten Zeilen nur, weil der Titel verheißungsvolle Enthüllungen allzu pikanter Details vermuten läßt? Na? Ich tippe mal auf die überwiegende Mehrheit, was einmal mehr beweist, wie wichtig die richtige Präsentation sein kann. Es ist ja nun so, dass in WoW wie auch im echten Leben viele Dinge durch ein imposantes Äußeres, hm, sagen wir mal erleichtert werden. Ich hab mich zu diesem Thema ja schon das eine oder andere Mal geäußert, werde jedoch immer wieder in unser aller Lieblingsspiel darauf hingewiesen, wie offensichtlich wichtig für manche ihre beeindruckende Erscheinung ist. So bekam ich vor nicht allzu langer Zeit mit, wie ein mächtiger Tauren-Schamane in Shattrath zwischen seinen Knien - viel weiter kommen die ja nicht - einen süßen kleinen Gnomen-Hexer herumzappeln sah, der ihm offensichtlich irgend etwas mitzuteilen versuchte. Die Reaktion des Tauren: Er beugte sich - zumindest sah es so aus - zum Gnomen hinunter und sprach „Na, wie heißt du denn, mein Kleiner?“ Diese Situation erheiterte mich und ging mir auch später nochmals durch den Kopf, als ich in der Aldor-Bank einem Gnomen-Krieger begegnete, der ähnlich leuchtete, wie mein virtueller Zwetschkenkrampus das tut, nur war er halt - richtig, viiiiieeeeeel kleiner.

Ich muß diesem Thema grundsätzlich vorausschicken, dass ich sowohl im Kindergarten als auch in der Volksschule immer der Kleinste war. Das machte mir selber weniger Probleme als meiner Mutter, die immer wieder beinahe mitleidig zu mir herabblickte, meine Wänglein tätschelte und mich mit „Das wird schon noch, wirst sehen...“ aufzumuntern versuchte. Wie gesagt, mir war das prinzipiell sowas von egal, die Größenverhältnisse änderten sich aber dank des Getätschles tatsächlich in den folgenden Jahren. Gut, die Tatsache, dass zwei meiner drei 70er-Charaktere Tauren darstellen, bietet Raum für so manch aufdeckende Psycho-Analyse. Wählte ich die riesenhaften Tauren nur aufgrund ihrer Größe? Quasi, um den möglicherweise in mir haftenden Minderwertigkeitskomplex (oder den meiner Mutter) ein für allemal zu beseitigen? Um vielleicht auch mal groß und mächtig dazustehen und sich erhaben über die anderen „minderwertigen“ Wesen zu präsentieren? Ist also grundsätzlich jeder Taure, der da so herumhirscht, ein Komplexhaufen, ein psychisch angeknackstes Wesen, das seine vermeintliche Minderwertigkeit in der imposanten Erscheinung des Rindes zu verstecken versucht? Kann man zudem davon ausgehen, dass alle Tauren im echten Leben die 1,75 m nicht überschreiten? Fragen über Fragen. Ich für meinen Teil hab die Kühe deswegen zu meinen Lieblings-Charakteren auserkoren, weil sie das wohl „intellektuellste“ Volk darstellen und mich mit ihrer Melancholie, Harmoniesuche und Liebe zur Natur am meisten ansprechen. Nicht wegen der Größe. Glaub ich halt...

Immer wieder stelle ich mir auch die Frage, ob Kleinere anders angesehen oder gar behandelt werden als Große. Wenn ja, warum eigentlich? Niemand kann doch was für sein Äußeres. Ich beispielsweise hab eine relativ große Nase. Ist so. Stört mich auch nicht. Mir fällt dazu übrigens ein, dass die beste Ehefrau von allen vor Jahren einmal in einem Spielzeug-Katalog bei den Stoffies... also, ich meine, den Stofftieren anlangte und plötzlich einen herausgeprusteten Grinser vom Stapel ließ, der in einen wahrlich weiblich-hysterischen Lachkrampf ausartete. Nach meiner Frage, was denn los sei, wollte sie mir zuerst nicht Bescheid sagen, also entriß ich ihr das Schundheftchen und erkannte bald den Grund für ihren Anfall: Neben „Hugo, der Riesenratte“ und „Franz, dem Mondkalb“ war ein Tierchen namens „Günter, der Nasenbär“ postiert... Natürlich, jetzt könnte ich ein anderes sprichwörtliches Vorurteil hernehmen, um meine Position bezüglich meines Riechorgans etwas zu verbessern: „Wie die Nase des Mannes, so sein Johannes“, heißt es ja. Hehehe. Halten wir also fest: Ich bin ein zu klein geratener Kretin mit einer überdimensionalen Nase, aber einem riesenhaften Streitkolben. In der Theorie jedenfalls. Da man aber als Mann oftmals zu Übertreibungen neigt, was Geschlechtsorgan oder Jagdbeute betrifft, bin ich mit solchen Äußerungen mehr als vorsichtig und hülle mich in Schweigen, was das Ausmaß meiner Gliedmaßen allgemein betrifft. Obwohl auch in diesem Fall die Größe keine Rolle spielt. Hiezu fällt mir ebenfalls eine Geschichte ein. Vor Jahren nämlich erkrankte mein Vater an Frühsommer-Meningoenzephalitis, was bedeutet, dass er von einer tollwütigen Zecke gebissen wurde, und musste daraufhin in einem ziemlich überfüllten Krankenhaus wochenlang wilde Behandlungs-Torturen überstehen. In diesem Krankenzimmer entstand - so seine Erzählungen - bald so etwas wie ein Mikrokosmos an erkrankten Männern, deren Objekt des gutartigen Spotts und Hohns ein älterlicher eher kleinwüchsiger Bauer war, dessen bestes Stück offensichtlich ziemlich zusammengeschrumpelt ein recht kärgliches Dasein fristete. Nach einigen Schmähungen konterte das Bäuerlein - mehrfacher Vater - aber mit einem Spruch, der es wahrlich in sich hat. Ich übersetze jetzt mal so aus dem „stoasteirischen“ Dialekt: „Leute, jetzt laßt mich mal in Ruhe. Völlig unwichtig, ob er groß ist oder nicht, aber FLEISSIG muß er sein!“ In diesem Satz steckt wohl viel Wahrheit, wobei ich da jetzt beim besten Willen nicht ins Detail gehen will, aber doch denke, dass die holde Weiblichkeit vom Fleißigen vielleicht hinterher mehr beeindruckt sein könnte als vom offensichtlich Prächtigen, der dann allzu früh sein Pulver verschießt, wenn ich das jetzt mal so formulieren darf...

Ich möchte den Gedanken sogar noch weiterverfolgen und davor warnen, kleine, unförmige oder verunstaltete Lebewesen zu unterschätzen oder gar minder zu behandeln. Am Beispiel der Zecke erkennt man, dass jedes auch noch so kleine Lebewesen seine Waffen hat, selbst kräftige Männer mit einer einzigen Attacke aufs Kreuz zu legen. Ich möchte an dieser Stelle überraschenderweise auch wieder einmal Freund Katze ins Spiel bringen. Erst vor kurzem konnte ich in einer Tiersendung fasziniert eine Wildkatze bewundern, die wahrlich heroisch seine Jungen vor einer ca. 5-mal so großen Hyäne beschützte. Der feige Hund holte sogar noch drei Kumpels, aber selbst das vierköpfige Hyänen-Rudel schaffte es trotz feigster Taktiken nicht, an der aufopfernd kämpfenden Katzenmama vorbeizukommen. Wahrlich heldenhaft verteidigte der Kratzmeister seine Position und das Hundsrudel suchte mit einzogenem Schweif das Weite. Beispiele wie dieses gibt es in der Natur natürlich noch genügend andere.

Liebe Leute, das mit Groß und Klein ist so eine Sache. Wer bestimmt, was groß, klein, dick, dünn, häßlich, übelriechend oder verunstaltet ist? Haben wir nicht alle unsere Makel? Ich für meinen Teil habe - wohl aus persönlichen Gründen - echten Respekt vor allen, die dem Schönheitsideal nicht so entsprechen, wie andere das tun. Auch wenn sie es schwerer haben - sie gehen unbeirrbar ihren Weg. Der Gnomenkrieger ist vielleicht ein besserer Tank als ich, auch wenn er höher springen muß, um dem Boss auf die Rübe zu klopfen. Sicher, ich glänze prächtiger und ich wette sogar, dass mein Tauren-Streitkolben tatsächlich größer ist als seiner. Vielleicht ist der Mini in Wirklichkeit ja auch George Clooney, der zumindest im Spiel klein und schrumpelig wirken will, wer weiß das schon so genau. Wir sollten generell diese kleinen Wesen nicht unterschätzen. Möglicherweise greifen wieder 300 pinkfarbene Gnome Orgrimmar an. Die Stadt wird wohl nicht fallen, aber wahrscheinlich geht der gesamte Server down. Und das will wohl keiner von uns.

lg
Gü