Menschenbalg

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    Re: Menschenbalg

    Anonymous - 11.10.2007, 18:33

    Menschenbalg
    "Auweia."

    Die Bemerkung war an niemand Bestimmten gerichtet- es war auch niemand da, um sie zu hören, sah man einmal von dem giftgrünen Reitraptor ab, seiner Herrin so ähnlich wie im Sprichwort. Klein und drahtig auch er, mit roten Augen die im steten Wechsel von Licht und Schatten unter den Bäumen zu funkeln schienen. Bloß trug das Tier nur einen Sattel, seine Reiterin dagegen Rüstung und Waffen. Ihre Augen schweiften über den Weg, der vor ihnen lag- besser, über die Zerstörung, die sich ihren Augen auf demselben Weg darbot. Sie schlüpfte aus dem Sattel und näherte sich vorsichtig, für den Fall dass wer auch immer dieselbe angerichtet hatte, noch im Gebüsch lauern sollte.

    "Oger." Sie rümpfte die Nase. Die großen Barbaren hatten wirklich keinen Stein auf dem anderen gelassen. Nicht wörtlich natürlich. Die Wagen, deren Trümmer den Weg beinah unpassierbar machten, waren aus Holz und von menschlicher Bauart gewesen. Wenn Zweifel bestanden hätten, welches Volk die Karawane gestellt hatte, brauchte man nur einen Blick auf die Menschenleichen am Boden zu werfen. Der Gestank, der in der Luft hing, verriet die Angreifer. Einmal Oger im Nahkampf zu erleben reichte aus, um diese Nase voll nie wieder zu vergessen.

    Ein schmatzendes, reißendes Geräusch ließ sie herumfahren, Hand am Axtgriff. Ihr Blick fiel auf den Raptor, der sich soeben an einer der Menschenleichen gütlich tat. Ihre Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln. Sie war nervös. Und kein Wunder...
    Sie machte keinen Versuch, ihr Reittier von seiner Mahlzeit zu vertreiben. Totes Fleisch war totes Fleisch, und ihr ersparte es mehrere Silberstücke, die sie sonst für sein Futter hätte ausgeben müssen. Stattdessen drehte sie sich zur Szene der Zerstörung um und überlegte, ob sie die Wagen einfach abfackeln sollte. Da das nicht möglich sein würde, ohne den Wald mit in Brand zu stecken, verwarf sie den Gedanken wieder. Wenn der Weg blockiert war, war es nicht ihr Problem, sie konnte immer einen Umweg durchs Gebüsch machen.

    Da ihr Tier sich immer noch in aller Seelenruhe dem Menschenkadaver widmete und keinerlei Unruhe erkennen ließ, ging sie davon aus, dass es keine Oger in der Nähe witterte, und wagte sich weiter unter die Wagen um nachzusehen ob sie etwas Nützliches unter dem Schutt ausgraben konnte. Wäre sie weniger kampferfahren, hätte sie wohl schreiend kehrtgemacht. Doch das Schreien übernahm schon jemand anders für sie. Ein dünnes Wimmern aus dem Wrack eines der Wagen- das sie bis eben noch für das Winseln eines verwundeten Hundes gehalten hatte- steigerte sich plötzlich zum lauten Gebrüll eines Kindes in Panik.
    Ein Menschenkind?
    Mehr aus Neugierde denn irgendeinem anderen Motiv stieg sie über mehrere umgekippte Kisten und näherte sich einem Wagen, der zur Seite gekippt war und dessen Plane wie ein Leichentuch über mehrere nicht zu verwechselnde Umrisse ausgebreitet lag. Sie hatte noch nie ein Menschenbaby gesehen, welch Wunder, und war nicht schlecht erstaunt als sie nach dem Anheben der Plane nur ein verschnürtes Bündel Stoff sah, aus dem das Gebrüll zu kommen schien. Sie fischte danach und zog es näher heran, dabei verhedderte es sich irgendwo, und als sie einmal fest anzog, um es los zu bekommen, riss der Stoff und etwas Winziges Rosarotes kugelte heraus, holte tief Luft und machte Ernst. Verblüfft sprang sie zurück. Dass etwas so Kleines solche Lungen haben konnte...? Ein ausgewachsener Ork konnte nicht solch einen Lärm erzeugen.

    Jedenfalls hatte sich damit die Frage erledigt, ob es sich lohnte, in den Wagen nach Plünderbarem Ausschau zu halten. Wenn dieses Ding weiter so einen Radau machte wären die Oger bald wieder hier, um nachzusehen ob sie wen vergessen hatten. Das wollte sie nicht erleben, zumindest nicht ohne eine schlagkräftige Truppe an ihrer Seite.
    Sie beäugte das rosa Würmchen auf der Erde. Töten oder liegenlassen? Sterben würde es so oder so, und besser schnell als langsam zu verhungern. Sie war nicht für ihre Weichherzigkeit bekannt, aber auch nicht für sinnlose Grausamkeit.

    Sie zog ihr Gürtelmesser und beugte sich über das kleine Ding. Ihre Hand fasste es an den spärlichen Haaren und zog den Kopf nach hinten, damit die Kehle freilag. Da war auf einmal ein Ende des Geschreis- der Wurm hickste, schniefte, schluckte, sah sie aus wässrigen blauen Augen an und sagte: "Gu"
    Sie starrte.
    Und starrte noch ein bisschen mehr.
    Und erholte sich dann immerhin so weit, dass sie dem Würmchen ihre Hand entziehen konnte, das dieses mit seinen Patschhänden ergriffen und festgehalten hatte, mit einer Vertrauensseligkeit, als wäre sie nicht gerade dabei gewesen, ihm die Kehle durchzuschneiden. Das war das Zeichen für das verschrumpelte Gesichtchen, sich wieder zu verziehen und ein neuerliches Wimmern anzustimmen.
    Sie verdrehte die Augen. "Ach, sei still du." Ihre Hand tastete nach dem Messer und fand dass es auf eine ihr unbekannte Weise wieder zurück in seine Scheide gewandert war. Sie griff danach und zückte es- um dann zu merken dass das blöde Ding immer noch da steckte.
    Sie seufzte und ließ die Hand sinken. "Na schön." Sie stand auf, drehte sich um; Gebrüll.
    "Soll ich dich fressen?"
    Schniefen.
    "Kleiner Wyrmling."
    Glucksen.
    "Wie du schon aussiehst... aus dir wird nie'n Kämpfer."
    Ein Lachen.
    "So'n Brocken Fleisch, reicht nicht mal für' hohlen Zahn..."
    Quietschen.
    Sie griff sich an die Stirn.

    _____________________________


    fragt mich nicht... es kam grad so über mich. *räuspert sich*



    Re: Menschenbalg

    Anonymous - 20.11.2007, 18:09


    Er hatte schon so einiges erlebt- das kam so mit der Postierung an dieser vermaledeiten Kreuzung. Regelmäßige Überfälle von Worgs, Untoten und dem ein oder anderen Defiaskontingent waren längst nichts sonderlich Aufregendes mehr. Man kannte sich, tauschte neben ein paar netten Hieben ein wenig Plausch über die Familie aus und ging seiner Wege.
    Aber jetzt starrte er, als wollten ihm die Augen gleich aus dem Kopf fallen, auf den Raptor, der sich auf dem Weg näherte als hätte er alles Recht dazu. Es war auch nicht das Recht des Raptors, sich auf diesem Weg fortzubewegen, das er anzweifelte, sondern das Recht des Reiters.

    "Halt, Troll, im Namen des Königs von Stormwind!" Seine Stimme donnerte ehrfurchterregend. So sollte ein Warnruf klingen. Das war ein Warnruf auf dem man stolz sein konnte.
    Der Effekt wurde nur dadurch ein wenig zunichte gemacht, dass der Troll dem König von Stormwind keinerlei Ehrfurcht zollte. Und, was schlimmer war, er zollte auch der glänzenden Lanzenspitze, die waagrecht in der Luft lag, keinerlei Ehrfurcht. Bei ihrem König konnte er es ja auch verstehen. Aber ein König der noch ein halbes Dutzend Jahre und ein paar mehr Handspannen brauchte, bis er zu jemand Ehrfurchtgebietendem wurde, und eine Lanzenspitze aus gutem zwergischem Stahl waren zwei verschiedene Paar Schuhe...

    Dessen schien sich wohl jetzt auch der Troll zu besinnen, der seinen Raptor ein Dutzend Schritte von ihm entfernt- und seiner Lanzenspitze, nicht zu vergessen- zum Stehen brachte. Der Reiter- die Reiterin, wie er jetzt sehen konnte- glitt aus dem Sattel und schickte ihr Tier mit einem Klaps auf den Hals davon.
    Er trat zurück und hielt aus den Augenwinkeln nach einem Hinterhalt Ausschau. Nichts zu sehen. Inzwischen näherte sich das Trollweibchen mit selbstsicheren, unbekümmerten Schritten.

    "Halt!" Dieses mal hatte der Ruf den erwünschten Effekt. Sie blieb stehen, und jetzt sah er unter dem Helm das spöttische Grinsen um die zwei spitzen Hauer herum. Dieses barbarische Volk.... Was machte das Biest jetzt? Ihn heranwinken? Was beim Licht...?
    Er lachte auf. "Für wie dumm hältst du mich, Troll?"- und war etwas indigniert als er sie unter dem Helm mit den Augen rollen sah. Sowas, die Geste war ja richtig menschlich. Und ziemlich eindeutig. Er schätzte es nicht, von etwas das kaum besser war als ein Tier für einen Vollidioten gehalten zu werden.
    Sie streckte ihm etwas entgegen, das sie bis jetzt im Arm gehalten hatte. Was wollte dieses Vieh?
    "Was willst du? Mir was verkaufen? Vergiss es... und jetzt troll dich." Er lachte über sein Wortspiel. Das war gut, musste er sich merken.
    Da- da war dieses Augenrollen schon wieder. Langsam ging ihm das Vieh auf den ...
    "Spielen wir hier ein Spielchen?"
    Sie kniete sich hin, und legte das Bündel das sie bis dato gehalten hatte auf dem Boden ab. Und das, als sie aufstand und zurücktrat, ein gar jämmerliches Wimmern anstimmte. Er sah von dem Bündel zu der Trollin, und wieder zu dem Bündel. Als sie weit genug weg war, machte er einen Hechtsprung und schnappte danach. Zum Vorschein kam... ein Baby. Ein Menschenkind.
    Was machte ein Trollweibchen mit...
    einem...
    menschlichen...
    Sein Gesicht erlitt einen schweren Fall von spontaner Verbrennung.

    Einige Meter weit entfernt, außer Lanzenspitzenreichweite aber nicht ausserhalb der Reichweite ihrer Kampfzauber, stieg die Trollin gerade wieder in den Sattel, als sie den Menschen mit dem Welpen im Arm plötzlich so rot wie das Banner der Horde anlaufen sah. Und griff sich an die Stirn.



    Re: Menschenbalg

    Anonymous - 20.11.2007, 18:10


    "Gemach, Gemach!", lachte der junge Soldat mit seiner glänzenden Rüstung, während er gleichzeitig mit dem Dolch zwischen die Stäbe des Käfigs stocherte und den Insassen desselben zu einem neuen Ausbruch wilden, brutalen Zorns anstachelte. Zusammen mit was nur abscheuliche Flüche in seiner widerlichen Sprache sein konnten, flog er gegen die Käfigwand, so heftig, dass der Soldat auf dem Hosenboden landete und schallend zu lachen begann.
    "Schaut euch die an, Jungs. Das nenn ich Temperament! Wird überhaupt nicht müde!" Er klopfte sich auf die Schenkel. Der Gefangene- die Gefangene, wie an dem unter der zerrissenen Lederrüstung bloßen Oberkörper nur zu deutlich wurde, aber sie konnte sich nicht dazu bringen, von diesem... Tier als einer Frau zu denken- zischte etwas, das Worte sein konnten oder auch nicht. Konnten Trolle eigentlich sprechen?

    "Jetzt lass sie schon, Joff...", seufzte einer der älteren Soldaten müde.
    "Ooch, sie tut dir Leid! Wie süß! Willst du nicht da rein gehen und sie trösten? Ich dachte du magst deine Frauen mit ein bisschen Feuer unterm A..."
    "Werd erwachsen. Und lass sie in Ruhe, sonst stell ich dich wegen Quälen einer Gefangenen vors Kriegsgericht." Der alte Soldat stakte davon, der junge hockte sich vor den Käfig und grinste die zähnefletschende Trollin an, traute sich aber anscheinend nicht, mehr zu tun.
    Sie wich ein Stück zurück und zog das Kind mit sich, als der graubärtige Veteran auf sie zu kam, doch er schritt an ihr vorbei.
    "Nun, das wär das. Danke für Eure Hilfe, Schamane. Ohne Euch hätten wir es nicht halb so leicht gehabt, das Biest einzufangen.", wandte er sich an einen großgewachsenen Draenei, der das Spektakel mit einem leicht gezwungenen Lächeln betrachtete. Sie schämte sich für ihre Rassenbrüder. Was musste er von ihnen denken. Das Schauspiel ließ Menschen in einem nicht viel besseren Licht dastehen als das Wesen, das sie in den Käfig gesperrt hatten.
    "Seid Ihr sicher, dass Ihr die Richtige habt?", fragte der Draenei mit einer Stimme die so tief war als käme sie vom Boden eines Brunnens. Sein Akzent zauberte ihr wider Willen ein Lächeln auf die Lippen, und das Kind kicherte, wurde aber mit einer Hand über dem Mund zum Verstummen gebracht.
    "Trollweibchen mit einem abgebrochenen Hauer, was gibt's da zu verwechseln? Und wenn, die Belohnung kriegen wir trotzdem- und Ihr."
    Der Draenei nickte stumm, sah aber nicht überzeugt aus- wobei das bei diesem Gesicht schwer zu sagen war. Sein Blick wanderte zurück zu Joff und der Trollin, die sich inzwischen ein Starrduell lieferten und aussahen wie Katze und Maus. Die Maus, die sich über die Katze im Käfig lustig machte, die nicht wusste wie sie da hineingekommen war.
    "Wann bringt Ihr sie nach Stormwind?", der Dreanei wandte sich wieder an den alten Soldaten.
    "Morgen früh. Heut ist's schon zu spät. Und da fällt mir ein, Ihr werdet ein Dach über dem Kopf brauchen..."

    Sie hörte nicht weiter zu, sondern ging ins Haus zurück und zog das Kind an der Hand hinter sich her. Sie hatte noch Wäsche zu waschen, und das Abendessen vorzubereiten, und die Kleine sollte ihr dabei helfen soweit sie konnte. So beschäftigt war sie dem ganzen Abend, dass ihr nicht auffiel, wie still das Mädchen war...



    Re: Menschenbalg

    Anonymous - 20.11.2007, 18:11


    Ihr klopfte das Herz bis zum Hals. Noch nie hatte sie sich nachts hinausgeschlichen- sie fürchtete sich immer viel zu viel vor den Monstern, die draußen auf die Jagd nach bösen Kindern gingen, wenn es dunkel war. Aber jetzt war sie viel zu neugierig, und wusste dass sie nicht schlafen können würde, bevor sie nicht noch einen Blick auf die Gefangene geworfen hatte. Zur Verteidigung gegen die Monster hatte sie den Schürhaken mitgenommen. Der war beinahe so lang wie sie groß, und schwer, aber sie war sicher dass die Monster sich nicht blicken ließen, weil sie sich davor fürchteten. Die Soldaten überfielen sie ja auch nicht, mit ihren langen Schwertern.
    Atemlos, im Nachthemd, das ihr bis über die Zehen reichte, tappte sie über den Hof. Mamma würde ja sooo schimpfen wenn sie sie erwischte... wahrscheinlich würde sie ihr mit ihrer Lieblingsdrohung kommen: "Wenn du noch länger so garstig bist wirst du noch zu einem Troll! Schau, dir wachsen schon die Stoßzähne!"- worauf sie stets erschrocken quietschte und die Hände vor den Mund hielt. Sie wollte kein Troll werden. Aber einen sehen schon...

    Da war der Käfig. Die Wache war eingeschlafen- sowas! So ein Glück dass sie hier war, wenn jetzt jemand kommen sollte um die Gefangene zu befreien, und die Wache schlief!
    Und was für ein Glück für sie, denn jetzt konnte sie sich ganz nahe an den Käfig heranschleichen. Der Wachmann schnarchte fürchterlich- aber der Troll hörte sie trotzdem, denn er hob plötzlich den Kopf und starrte sie an. Lange... ziemlich lange. Zuerst nur böse, aber dann anders. Von oben bis unten. Sie fürchtete sich erst vor dem Blick, aber dann begann sie den Troll auch von oben bis unten anzusehen. Der Troll war ein Mädchen, soviel konnte sie bald mit Sicherheit sagen. Noch nicht so alt wie Mamma, und alle Frauen, die nicht so alt wie Mamma waren, waren Mädchen. Und hübsch war sie auch. Irgendwie... komisch hübsch, aber trotzdem.
    Und sie lächelte. Ganz genau so wie die Erwachsenen, bevor sie feststellten was für ein süßes Mädel sie doch war. Das mochte sie ganz und gar nicht. Sie verzog das Gesicht und starrte trotzig zurück.
    Das Trollmädchen began zu lachen. Lautlos, aber sie merkte es trotzdem, und verzog das Gesicht noch ein bisschen mehr. Das bewirkte genau das Gegenteil dessen, was es sollte. Sie stampfte mit dem Fuß auf. Mann! Trolle waren genauso blöd wie alle anderen Erwachsenen und lachten über Sachen, die sie nicht verstand, oder noch schlimmer, über sie!
    Das Trollmädchen rettete seine Ehre, indem es bald wieder zu lachen aufhörte, aber es grinste immer noch, lehnte sich gegen die Käfigstäbe und sagte etwas das sie nicht verstand.
    Sie wagte sich näher heran. "Hallo.", flüsterte sie, "Wie heißt du denn?" Ui, jetzt wäre Mamma böse! Aber das Trollmädchen schüttelte nur den Kopf. Es verstand sie auch nicht. Wie schade.
    "Darf ich dich mal anfassen?", fragte sie trotz dessen. Es war ja unhöflich, andere anzugreifen ohne zu fragen, oder?
    Dann streckte sie die Hand aus und griff zwischen den Gitterstäben durch. Das Trollmädchen sah sie verwirrt an, rührte sich aber nicht als sie es an der Schulter berührte. Da wurden ihre Augen rund, und sie kicherte leicht- sie hatte ja ein Fell! Ganz weich und fein, viel feiner als das von ihrem Kaninchen, so wie der Samtrock, auf den Mamma so stolz war. Schuldbewusst blickte sie zu dem Trollmädchen auf, aber das sah nicht böse aus, und mutiger geworden, traute sie sich, den einen Hauer anzutippen, der zwischen seinen Lippen vorstand.
    "Autsch!" Sie zog die Hand zurück. Der war ja wirklich spitz! Die Armen, die konnten sich ja nichtmal küssen! Sie steckte den Finger in den Mund und sah das Trollmädchen wieder zu grinsen anfangen. Es griff aus dem Käfig heraus und tippte ihr gegen den Mundwinkel. Es hatte drei Finger, wie komisch. Aber ihm würde es wohl auch komisch vorkommen, dass sie fünf hatte.
    "Du, sag mal... bist du böse? Meine Eltern sagen immer Trolle sind böse, aber du bist doch ganz lieb.", flüsterte sie. Das war ein Problem, das der Klärung bedurfte... denn wenn das Trollmädchen nicht böse war, dann durften die Soldaten es auch nicht einsperren und nach Stormwind bringen. Aber wenn schon, dann war alles in Ordnung.
    "Du bist doch nicht böse, oder? Weil dann sag ich den Soldaten dass sie dich rauslassen sollen. Das ist nicht nett, wenn sie dich einsperren." Sprach's, und schritt auf den Wachmann zu, der immer noch schnarchte. Aber da hielt eine Hand sie zurück- die Hand des Trollmädchens, die so fest zupackte dass sie vor Schmerz beinah aufgeschrien hätte. Es schüttelte den Kopf. Sie verbiss sich die Tränen, die ihr in die Augen springen wollten. "Aber was soll ich denn sonst machen?"
    Das Trollmädchen gestikulierte mit der Hand nach ihrem Schürhaken. Zögernd reichte sie ihn weiter. Und sah dann staunend zu, wie das Trollmädchen den schweren Eisenhaken durch das Vorhängeschloss des Käfigs fädelte und einmal kräftig herumdrehte. Es knackte, und das Schloss hing offen, und in dem Moment war das Trollmädchen auch schon aus dem Käfig. Jetzt bekam sie doch wieder Angst, und starrte mit großen Augen zu ihm hinauf. Sie war so groß, und sah sich mit einem wilden Blick um, vor dem ihr ganz Angst und Bange wurde. Und wenn sie jetzt doch böse war?
    Das Trollmädchen murmelte irgendwas und wandte sich wieder ihr zu. Sie schrumpfte auf Kaninchengröße- doch es kam nichts Gefährlicheres als ein Streicheln über ihre Haare, auch wenn es sie fast umwarf. Sie hielt sich an der Hand fest und zog daran. Auf Zehenspitzen stehend, während sie das Trollmädchen zu sich herunter zog, drückte sie ihm einen Kuss auf die Wange. Es sah ganz komisch drein da, fuhr ihr noch einmal über den Kopf- warf sie jetzt wirklich um- und verschwand im Schatten zwischen den Bäumen. Verdutzt sah sie ihm nach. So schnell weg. Schade.
    Dann quietschte sie leise und sprang auf und raste, Schürhaken nachschleifend, zurück ins Haus. Wenn sie jetzt die Monster holten!

    Weit weg von der Siedlung sah die Trollin über die Schulter zurück. Hörte sich nicht so an, als ob sie Verfolger hätte, der Menschenfratz hatte wohl dicht gehalten. Einen Kampf hätte sie nicht gewinnen können, es würde noch eine Weile dauern, bis ihre Kräfte zurückkamen. Dieser Draenei, möge Hakkar sein Herz und seine Eier holen, wusste was er tat. Aber dieser Welpe... sie berührte ihre Wange. Was auch immer das hatte werden sollen. Fakt war, sie schuldete diesem kleinen Ding ihr Leben.
    Oder vielleicht... nein, ziemlich sicher... waren sie jetzt quitt.
    "Dann mach's mal gut, kleiner Mensch.", flüsterte sie den nächtlichen Bäumen zu, wandte sich um, und ging.



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    Char-Übersicht (Unfreies Leben) - gepostet von Talok am Donnerstag 04.10.2007



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