Schneeblume

Stigmata-Diaboli
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    Re: Schneeblume

    Luna - 21.11.2005, 01:16

    Schneeblume
    Hab die Geschichte heute geschrieben, sind auch nur die ersten 2 Kapitel bis jetz. Hab sie schon bei Fleurs du mal reingestellt, aber ich will sie euch auch nicht vorenthalten. Also..ich erwarte eure Kommis :wink:

    Schneeblume

    Kapitel 1: As cold as Ice

    Es war kalt, verdammt kalt. Sie saß auf einer Bank mitten in Helsinki. Nunja, „mitten“ kann man es nicht nennen, es war eher ein kleines gemütliches Wohnviertel am Rande Helsinkis.
    Es schneite wie verrückt an diesem Tag, schon bald hatte sich auf ihrer schwarzen Mütze eine weiße Schicht verbreitet. Sie schüttelte ihren Kopf und sah nach links und rechts. Niemand kam die Straße entlang, bei diesem starken Schnee war das auch nicht zu erwarten.
    Sie kauerte sich zusammen, klemmte ihre Knie an sich und vergrub den Kopf darin.
    In dem Haus, was der Bank direkt gegenüberstand, stand eine junge Frau am Fenster und blickte besorgt auf das Mädchen.
    „Jonna, alles ok? Du schaust so besorgt.“ Schon stand ihr Verlobter hinter ihr.
    „Schau doch Ville, dieses Mädchen sitzt nun schon seit 2 Stunden da draußen in der eisigen Kälte, sie holt sich noch den Tod, wenn sie nicht bald ins Warme kommt..“
    „Mach dir nicht so viele Gedanken, das ist bestimmt wieder so ein verrückter Fan, die geht auch wieder, wenn sie merkt, dass es aussichtslos ist.“ Mit diesen Worten küsste er sie sanft im Nacken.
    „Nein, Nein, Nein! Ich kann das nicht länger mitansehen, ich geh jetz raus und hol sie ins Warme!“ Sie wandt sich von Ville los und holte ihren dicken Mantel aus dem Schrank.
    Sie konnte das einfach nicht mitansehen, es schmerzte sie regelrecht das Mädchen so zu sehen. Woran es lag, konnte sie sich selbst nicht so recht beantworten. Vielleicht lag es daran, dass dieses Mädchen sie zu sehr an Ville erinnerte mit ihrer schwarzen Mütze, dem langen, schwarzen Mantel und den fingerlosen Handschuhen, mit denen sie ihre dünnen Beine umklammerte. Das einzige was sie wirklich deutlich von Ville abhob, waren die hüftlangen, leuchtend rotblonden Haare, die ihr über die Arme hingen, in denen andauernd kleine Schneeflocken hängen blieben. Sie mummelte sich in ihren langen, flauschigen Mantel, zog die Winterstiefel an und stapfte nach draußen in den mittlerweile unterschenkelhohen Schnee.
    Hinter der Fensterscheibe stand Ville und schüttelte nur den Kopf über seine (anscheinend zu) fürsorgliche Verlobte.
    Jonna blieb vor dem Hofgitter stehen und blickte auf das Mädchen.
    „Wie zerbrechlich sie doch wirkt, so allein“, dachte sie bei sich und ging noch einen Schritt weiter auf das Mädchen zu.
    „Hey du, wer bist du, kann ich dir irgendwie helfen?“, rief sie zu dem Mädchen, doch es kam keine Reaktion zurück.
    Sie versuchte es noch einmal, diesmal etwas lauter als vorher: „Heeeey Duu, Kann ich dir helfen?!“
    Das Mädchen hob leicht den Kopf an, sodass der angesammelte Schnee langsam von ihrer Mütze rutschte. Sie guckte stumm auf Jonna, anscheinend brauchte sie etwas länger, um zu realisieren, dass doch jemand mit ihr redete, jedoch sagte sie nichts. So blieb Jonna eine Weile lang stehen, doch als es sie begann zu frieren, fasste sie einen Entschluss.
    „Ok, auch wenn du jetz weiter schweigst, du kommst jetz mit rein, ab ins Warme mit dir, du holst dir noch den Tod!“
    Zögernd stand das Mädchen auf. Sofort wurde einem das Ausmaß bekannt, wie lange sie schon da gesessen haben musste: Eine gewaltige Schneemasse fiel von ihr ab, Jonna war sich sicher, dass man draus hätte die unterste Kugel von einem Schneemann hätte formen können.
    Sie legte einen Arm um die Schulter des Mädchen und führte sie behutsam in Richtung Haustür. Als Jonna ihr die Tür aufhielt blieb sie aber erneut stehen. Jonna sah sie fragend an : „Kommst du jetzt? Es wird langsam kalt.“
    Sie blickte einmal stumm zum Himmel, begann zu blinzeln, da der Schnee in ihre Augen fiel, schaute zurück zur Bank und schaute wieder zu Jonna. Erst dann entschied sie sich einzutreten. Sie klopfte ihre Füße ab und ging durch die Tür, die Jonna dann leise hinter ihr ins Schloss fallen ließ.


    Kapitel 2: Little Bastard

    Drinnen kam ihr erstmal eine wohlige Wärmewelle entgegen.
    „Komm, gibt mir deine Sachen, ich lass sie über dem Kamin trocknen.“
    Als Jonna ihr noch die nasse Mütze von Kopf ziehen wollte, hielt sie sie mit aller Kraft, die in ihren unterkühlten Fingern steckte, fest und drehte sich weg.
    „Okok, dann lass das nasse Ding halt auf, ich wisch dir nachher aber nicht die Nase ab, wenn du ne Erkältung bekommst“, seufzte Jonna.
    In der Zwischenzeit hatte sich Ville unbemerkt hinter das Mädchen gestellt. Sobald es die Mütze losließ, ergriff er seine Chance: Er packte die Mütze schnell am Zipfel und zog sie ihr vom Kopf.
    „Ah, genauso eine hab ich die ganze Zeit gesucht!“
    In diesem Moment konnte man etwas beobachten, was keiner für möglich gehalten hätte: Das Mädchen drehte sich blitzschnell um, ihre Augen nahmen ein zorniges Grau an, sodass selbst Ville Angst bekam. Als er jedoch realisierte, dass er da nur ein kleines Mädchen vor sich hatte, hielt die Mütze mit seinem linken Arm so hoch wie er konnte. Dies ließ sie sich natürlich nicht bieten. Sie packte in Windeseile seinen freien rechten Arm, drehte sich kurz und schwupps! lag Ville mit dem Rücken auf dem Boden. Schnell schnappte sie sich ihre Mütze und flüchtete damit ins Kaminzimmer, wo das Feuer schon begierig drauf wartete, dass sie sich an ihm wärmte.
    Jonna stand nun triumphierend vor dem noch immer auf dem Boden liegenden Ville: „Ich habe dir doch gesagt, dass sie kein Fan ist. Hier hast du den Beweis: Welcher Fan würde seinen Star ohne mit der Wimper zu zucken aufs Kreuz legen?“
    „Jaaajaa du hast gewonnen, Schatz!“ Stöhnend richtete er sich auf und rieb sich den Nacken. „Aber ich bitte dich, was ist das denn für ein Kind?! Sitzt verlassen und halb erfroren draußen vor unserer Tür, wird von dir ins Warme geholt und legt dann so mir nichts, dir nichts den Hausherren aufs Kreuz! Und hast du diese Augen gesehen, da bekommst du am Anfang ja regelrecht Schiss wenn du die siehst…mir ist das alles nicht geheuer!“, begann Ville nun zu hyperventilieren. „Ach reg dich doch nicht so künstlich auf, sie ist doch noch ein Kind oder kannst du es nur nicht ertragen, dass du verloren hast?“, knuffte Jonna ihn in die Seite, womit sie ein gespielt empörtes Gesicht zugespielt bekam.
    In der Zwischenzeit hatte das Mädchen sich vom Sofa erhoben und stand am Fenster. Neugierig begutachtete sie die Schneekristalle, die sich am Fensterglas bildeten. Die Schneeflocken in ihrem Haar waren bereits geschmolzen und nun trieften sie leise und in kleinen Tröpfchen zu Boden. Plötzlich wurde es dunkel vor ihren Augen. Jonna hatte ihr ein Handtuch über den Kopf geworfen und zog es nun grinsend wieder zurück.
    „Bevor du noch alles unter Wasser setzt.. Komm ich mach dir mal deine Haare.“ Sie nahm sie an die Hand und zog sie auf die Couch. „Gut, sie ist schon fast wieder aufgetaut, ihre Hände werden wieder wärmer“, seufzte sie still und begann die Haare trocken zu rubbeln. Sie hatte sie nun vor sich zwischen ihren Beinen sitzen und bürstete ihre langen Haare. Ville stand im Türrahmen mit einer warmen Tasse Kaffee und schmunzelte amüsiert. „Wie Mutter und Tochter..“, dachte er sich.
    Manchmal wimmerte sie, wenn Jonna einen Knoten nicht ganz so sanft entfernte. Darüber war Jonna schon froh, das zeigte ihr wenigstens, dass ihre Stimmbänder nicht kaputt waren. Langsam begann sie mit ihr zu reden: „Was warst du denn so lange da draußen, so allein?“ Keine Antwort. „Wie heißt du?“ Keine Antwort. „Wo kommst du denn überhaupt her? Es wird sich bestimmt schon jemand Sorgen um dich machen.“ Keine Antwort. „Und was fällt dir überhaupt ein, Ville einfach so umzulegen?“ fragte sie scherzhaft, aber außer einem Kichern kam auch wieder keine Antwort. Inzwischen hatte Jonna ihr einen französischen Zopf geflochten, der ihr bis zur Taille hing. Jonna ging weg um das Handtuch und die Bürste ins Bad zu bringen. Aufeinmal hörte sie etwas hinter sich.
    „Jessenia.. Ich heiße Jessenia“
    Jonna drehte sich mit großen Augen um und auch Ville wäre fast die
    Zigarette aus dem Mund gefallen vor Schock. „War das jetz echt oder haben wir das nur geträumt?“ fragten sich Ville und Jonna fast gleichzeitig.
    „Ich weiß nicht wo ich herkomme, aber es wird auch keiner auf mich warten, das steht fest. Ich bin 12 Jahre alt und ich habe den da *auf Ville zeig* *böse guck* aufs Kreuz gelegt, weil er mir meine Mütze wegnehmen wollte!“ Weder Ville noch Jonna trauten sich ihren Redeschwall zu unterbrechen, dafür waren sie zu geschockt von diesem ungeahnten Ereignis.
    „Ich brauch neue Kippen!“ stöhnte Ville, schnappte sich seinen Mantel und ging zum nächsten Automaten.
    Der Schnee knirschte unter seinen Schuhen, kein Mensch weit und breit zu sehen. Er genoss die Stille, aber sie verleitete ihn auch zum Nachdenken, etwas was nicht immer gut tat.
    „Woher kommt sie denn? Warum meint sie, dass keiner auf sie wartet? Was hat sie so allein da vor unserer Tür gemacht? Und was zum Teufel hat das alles zu bedeuten?!“ Schnell zog er sich 3 neue Päckchen und wollte sich auf den Rückweg machen, als er plötzlich inne hielt.
    „Jessenia..Jessenia..den Namen hab ich doch schon mal irgendwo gelesen..“ Er verwarf den Gedanken aber schnell wieder, als er merkte, wie seine Zehen langsam taub wurden und er machte sich schnell nach Hause.
    Zu Hause erschlug ihn der Geruch von frischen Plätzchen. Jonna hatte anscheinend ihren vollen Spaß an Jessenia gefunden und hatte sie zum Küchengehilfen engagiert. Die Kleine sprang zwischen dem Tisch und den Schränken hin und her, wobei ihr langer Zopf fröhlich durch die Luft segelte. Behutsam diesem Geschoss ausweichend, kämpfte sich Ville zu Jonna vor um ihr einen Kuss zu geben. Bevor er jedoch dazu kam, hatte ihm dieser fröhliche hin- und hersegelnde Zopf einen Strich durch die Rechnung gemacht. Jessenia ging ihm zwar bis zur Brust, aber das Zopfende landete genau dort, wo es ihn am meisten schmerzte (wer schon mal einen geflochtenen Zopf im Gesicht hatte weiß wie weh das tun kann). Sie grinste ihn so unschuldig wie es nur ging an und erntete dafür einen bösen Blick von Ville. Tränen sammelten sich in ihrem Gesicht und sie drückte ihr Gesicht in Jonnas Schürze. Jonna nahm sie beruhigend in den Arm und guckte nun Ville böse an. „Es war doch keine Absicht von ihr, jetz sei doch nicht immer gleich so böse!!“ fuhr sie ihn an. Jessenia drehte ihr Gesicht ein bisschen zu Ville. Auf ihrem Gesicht machte sich ein breites Grinsen breit und ein gehässiges Funkeln trat in ihre Augen, was aber nur Ville sehen konnte. Rache schwörend schlurfte er aus der Küche und machte den Fernseher an. „Oha..ein kleiner Teufelsbraten, na toll, jetz hab ich noch Jonna gegen mich…na warte du kleines Biest, ich weiß zwar nicht was ich dir getan hab und warum du mich nicht leiden kannst, aber du bekommst noch deine Packung!“ dachte er still bei sich, als er sich durchs Abendprogramm zappte.
    Gegen Abend stellte sich dann auch die Frage, wo Jessenia schlafen sollte. Ville pledierte ganz stark für Sofa, wurde aber mehrheitlich abgewiesen, was zur Folge hatte, dass sie bei Jonna und Ville im Bett schlief. Nun lag sie auch noch zwischen ihm und Jonna! Das ging Ville entschieden zu weit und er versuchte, sich seinen Platz wieder zurückzuerkämpfen. Aber auch dieser Versuch scheiterte, da Jessenia nicht nur wach, sondern auch schlafend anscheinend eine Lebensgefahr für Villes Potenz darstellte. Wutentbrannt startete er noch einen letzten Versuch: Er drehte sich um, wollte Jessenia packen, doch dann geschah etwas für ihn gänzlich unerwartetes: Anstatt zu treten, klammerte sie sich plötzlich an ihn. Ihr Kopf lag nun auf seiner Brust, ihr rechter Arm lag quer über seinem Bauch und es schien ihr auch prächtig zu gefallen. Sie seufzte kurz auf, rieb ihre Backe an seiner Brust und schlummerte wieder ein. Ville sah auf ihr friedliches Gesicht und konnte nun gar nicht mehr böse sein.
    „Wie ein kleines Engelchen…ok du Satansbraten, heute hast du gewonnen, aber morgen sieht die Welt wieder anders aus!“ dachte er bei sich. Er gab ihr einen kleinen Kuss auf die Stirn, dann schlief auch er mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen ein.



    Re: Schneeblume

    Revontulet - 21.11.2005, 20:56


    och wie süss! mal eine andere FF, gefällt mir!! :)



    Re: Schneeblume

    Luna - 21.11.2005, 22:06


    Dankö Dankö..und schon komm ich mit dem dritten Teil hinterher :P

    Kapitel 3: Little Angel

    Sobald die ersten Sonnenstrahlen Jessenias Nasenspitze kitzelten, war der geruhsame Schlaf für Ville und Jonna vorbei. Sie schlug die Augen auf und begann auf der Matraze herumzuspringen. Ville grummelte nur etwas von „Ich steck die gleich in die Kühltruhe, vielleicht wird sie dann ja etwas ruhiger..!“
    Ehe Jessenia sich versah, hatte Ville sie schon unter seinen Arm geklemmt. Wütend fing sie an, hin- und herzustrampeln, jedoch ließ sich Ville diesmal nicht so leicht beeindrucken.
    „So du kleines Biest, ab zum Frühstück!“ Bei dem Wort „Frühstück“ hörte sie auf zu zappeln. Willig ließ sie sich die Treppe runter tragen und auf einen Stuhl setzen.
    Ihre Augen wurden groß, als sie die nahezu riesige Portion Pfannkuchen vor sich auf dem Tisch sah. Jonna konnte über diesen Gesichtsausdruck nur lachen und Ville konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
    „Wenigstens eine, die meine Kochkünste würdigt!“ schielte ihn Jonna von der Seite an, was mit einem empört-traurigen Gesicht quittiert wurde. Beide drehten sich wieder zu Jessenia um, der Stapel Pfannkuchen war verschwunden. Samt Jessenia.
    Jonna rief durch das ganze Haus, aber es kam kein Laut, noch ein kleiner Rotschopf sprintete herbei. Sie war verschwunden.
    Plötzlich bemerkten sie die weit aufstehende Haustür. Ein kleiner Schneeberg hatte sich bereits im Flur ausgebreitet. Draußen sah man nur einen schwarzen Fleck im Schnee. Er war über Nacht so hoch geworden, dass Jessenia fast darin versank, wenn sie nicht aufpasste. Es zeichnete sich bereits eine Schneise durch den Schnee, die ihren genommenen Weg kennzeichnete. Plötzlich war Jessenia aka der schwarze Fleck verschwunden. Auch die Schneise baute sich nicht weiter aus. Ville und Jonna sahen sich erschrocken an.
    Im ganzen Garten rührte sich nichts. Kein Vogel gab einen Laut von sich und auch Ville und Jonna wagten es kaum zu atmen. Mit einem Ruck brach die Schneedecke auf. Jessenia hatte sich regelrecht unter dem Schnee zu einer unberührten Stelle durchgegraben und sprang nun durch die Schneeschicht durch. Die feinen Flocken flogen in den Himmel und regneten wie neuer Schnee zu Boden. Jessenia stand mitten auf der Schneedecke und drehte sich begeistert in dem neugewonnenen Schneesturm. Ihre Haare wirbelten um sie herum und sie streckte ihre Hände gen Himmel. So wie sie da stand, wirkte sie wie ein normales kleines Mädchen, dass sichber den Schnee freute. Keine Spur mehr von dem eisigen Schweigen, keine Spur mehr von ihren gestrigen ernsten Worten. Sie wirkte wie ein schwarzer Engel, ja ein Engel, selbst Ville musste sich das nach dem gestrigen Tag eingestehen. Er nahm Jonna wärmend in die Arme und flüsterte ihr ins Ohr: „Ist sie nicht süß? Ein kleiner Engel, so eine Tochter wünsche ich mir auch!“ Bei diesen Worten verfärbten sich Jonnas Ohren in Richtung rot und ihr Gesicht tat kurz darauf das gleiche. „Ach Ville, auf dich mag sie wie ein Engel wirken, ich sehe in ihre eine zerbrechliche Blume, die dringend beschützt werden muss. Aber so eine Tochter wäre wirklich schön.“ Sie küsste ihn sanft auf die Lippen. Plötzliche fiel Ville ein, wo er diesen Namen schon gehört hatte…



    Re: Schneeblume

    Helix - 30.11.2005, 17:55


    Hey!

    Ich find die Story wirklich super! =) Wann gehts denn weiter? *lieb-schau*



    Re: Schneeblume

    Luna - 30.11.2005, 20:49


    Hach, ich hab ja nur darauf gewartet, dass einer nach mehr verlangt...die bis Kapitel 9 steht alles zu verfügung^^

    Kapitel 4: Shadows on my Soul

    Schnell ging Ville ins Haus zurück und ließ Jonna allein das fröhliche Treiben von Jessenia beobachten. Er durchsuchte das ganze Bücherregal im Wohnzimmer, suchte ein paar diverse Bücher raus und machte sich ins Kaminzimmer, wo weitere Regale auf ihn warteten.
    Nun stand ein Stapel von 15 Büchern aller Art vor ihm. Er hatte ja schon fast etwas Weises und Faszinierendes an sich, wie so das Licht des Feuers auf sein Gesicht und die Bücher schien. Dieser Anblick wurde jedoch von seinem regelrecht verzweifelnden Blick getrübt. Denn er wusste bereits, dass er in all diesen Büchern nicht das finden würde, was er suchte: eine Antwort auf die Frage, die ihn, seit er in Jessenias zornesgrauen Augen blickte, nicht mehr losließ: Wer ist sie?
    Jedoch gab er seine noch so kleine Hoffnung nicht auf und wagte sich an das erste Buch. An das Zweite. Das Dritte. Das Vierte. Nichts. Es kam noch nicht einmal ein Name oder ein Wort vor, das so ähnlich wie „Jessenia“ klang oder geschrieben wurde.
    Draußen war es nun schon dabei dunkel zu werden und Jonna und Villes Anlass zur Beunruhigung kamen wieder ins Haus. Beide hatten Schnee in ihren Haaren hängen und auf Jessenias Mütze befanden sich sogar noch vereinzelte Schneehäufchen. Sie sah aus wie an dem Tag, wo Jonna sie draußen aufgelesen hatte. Aber es gab einen erheblichen Unterschied, der sogar die ganze Atmosphäre zu ändern vermochte. Keine leeren Augen mehr, in denen man in Sehnsucht hätte ertrinken können, keine verschlüsselten Lippen mehr. Nein. Jetzt strahlten aus diesen Augen Wärme und Freude, die Lippen waren zu einem strahlenden Lächeln geworden. Dies zog Ville für einen Moment so in ihren Bann, dass er fast sein eigentliches Vorhaben vergas.
    „Schatz, was machst du denn da mit den ganzen Büchern?“
    „Ach weißt du, mir ist da eben etwas eingefallen, was ich vor längerer Zeit schon nachgucken wollte, aber andauernd hab ich’s vergessen. Jetzt bin ich endlich dazu gekommen, mal nachzu schauen.“
    „Und was ist das?“
    „Wirst du noch früh genug sehen.“ Versuchte Ville sich schnell aus der Affäre zu ziehen. Sie sollte es jetzt noch nicht wissen, erst musste er sich selbst Gewissheit verschaffen. Und vor Jessenia wollte er ihr es erstrecht nicht erklären.
    „Okee, aber wenn es mir zu lange dauert, werde ich dich ausquetschen, Mr. Valo!“ drohte sie ihm mit einem Zwinkern „Komm Süße, ab in trockene Sachen, sonst holen wir uns noch eine Erkältung!“ Jessenia ging zwei Schritte und drehte sich kurz zu Ville um. Ihren Gesichtsausdruck vermochte er aber nicht zu deuten.

    Völlig geschafft saß Ville nun auf der Couch und räkelte sich nach Herzenslust. Es war, wie er es erwartet hatte: 15 Bücher und keines hat ihn weiter gebracht als vorher. Mittlerweile war es nach 12 geworden und die zwei Mädels hatten sich ab ins Bett gemacht. Zähneknirschend musste Ville daran denken, wie Jessenia jetzt grad seinen Platz neben Jonna besetzte.
    Er dachte fieberhaft nach, wo denn noch irgendwelche Information zu finden sein würde.
    Dann traf es ihn wie der Blitz: der Keller! Dort hatte er seit seinem Umzug in dieses Haus massig altes Zeug gelagert, also musste er dort auch bestimmt etwas finden, was ihm weiterhelfen würde. Flink sprang er von der Couch (wobei er fast über seine eigenen Beine gefallen wäre) und öffnete leise die Kellertür, er wollte ja niemanden wecken, und schlich runter ins Dunkle. Leider funktionierte seit geraumer Zeit die Lampe dort unten nicht mehr, so musste er sich mit einer Taschenlampe begnügen. Da waren sie, die alten Bücherkisten.
    Er wühlte zwischen Kochbüchern (ja, so was besitzt er wirklich), alten Kinderbüchern von denen er sich nicht trennen konnte und noch so anderem was gerade da war. Aber auch hier fand er nicht das, was er suchte. Plötzlich hört er etwas hinter sich…
    „Suchst du etwa das hier?“



    Re: Schneeblume

    Helix - 01.12.2005, 15:19


    :D Es geht weiter! *hüpf*

    Also ich finds klasse! *daumen-hoch-halt*

    Würde mich auch über Neues freuen :mrgreen:



    Re: Schneeblume

    Luna - 01.12.2005, 15:47


    Just for you Helix:

    Kapitel 5: You smile as I’m crying

    „Suchst du etwa das hier?“
    Ville drehte sich erschrocken um. In der Dunkelheit konnte er nur einen Umriss erkennen, aber er war sich sicher, dass es Jessenia war. Schnell zog er die Taschenlampe hervor und leuchtete auf sie. Er traute seinen Augen nicht. Es war Jonna!
    „Was suchst du denn so spät noch hier unten? Immernoch am Nachforschen?“ gähnte sie müde. „Komm ins Bett, es ist schon so späääät“
    Er rieb sich noch einmal die Augen, um sicher zu gehen, dass er sich nicht getäuscht hat.
    „Was meintest du eben mit „Suchst du etwa das hier?“?“ fragte Ville misstrauisch.
    „Huh? Das hab ich doch gar nicht gesagt. Ich hab dich lediglich gefragt, was du hier unten noch machst.“ Stellte Jonna verwundert fest.
    Ville war sich sicher, er hatte sich nicht verhört. Jedoch beließ er es vorläufig dabei und ließ sich von Jonna nach oben führen. Er leuchtete, auf der Treppe stehend, noch einmal den Keller aus. Nichts. Nichts was vorher nicht da gewesen wäre.

    Im Schlafzimmer fiel sein Augenmerk sofort auf Jessenia, die sich friedlich schlafend auf dem gesamten Bett breit gemacht hatte. Jonna und Ville mussten um jeden Zentimeter kämpfen. Sorgsam wurde hier der eine Arm weggeschoben, dort das andere Bein. Sie sollte ja nicht aufwachen, mitten in der Nacht ein hyperaktives Kind um sich zu haben ist nicht gerade erholsam. Jetzt könnte Ville das Leiden seiner Eltern früher richtig nachvollziehen. Gott was muss das hart gewesen sein. Nun mussten nur noch ihre Haare „beseitigt“ werden, diese waren nämlich um sie herum verteilt.
    Auch diese Nacht verlief die Betteinteilung für Ville ungünstig: Wieder lag Jessenia zwischen ihnen. Ville gab nur ein Schnaufen von sich. Auch schlief Jessenia ziemlich unruhig. Andauernd wälzte sie sich von einer Seite auf die andere. Sie lag keine 10 Minuten still. Nach 2 Stunden hatte Ville endgültig genug.
    „Dieses Mädchen bringt mich echt um den Schlaf…auf mehrere Weise!“ knurrte er in sich hinein. Seine Lösung für das Problem: Festhalten. Ihr einfach nicht die Gelegenheit geben sich bewegen zu können. Gedacht, getan und schon hielt er beide Arme von ihr fest. Zwecklos. Sie wandte sich einfach aus jedem Griff raus.
    Jonna schien dies nicht weiter zu stören. Seelenruhig schlief sie weiter. Ville war schon kurz davor, sie zu fesseln, aber was sollte Jonna am Morgen denken, wenn Jessenia gefesselt und bewegungsunfähig neben ihr lag? Er beließ es nun einfach dabei, sie mit einem Arm zu fixieren. Schwupps! sie hatte es wieder geschafft. Weggerollt, aber nicht in Richtung Jonna, nein, wieder lag sie nun an ihn gekuschelt. Ville verstand die Welt nicht mehr. Wie kann dieses kleine Mädchen ihn tagsüber so um den Verstand bringen und nachts so zuckersüß neben ihm liegen?
    Obwohl Jessenia jetzt Ruhe gab, konnte er immer noch nicht schlafen. Wieder quälten in seine Gedanken über sie. Es war ja schon beinahe unerträglich für ihn und dann kam da noch die Sache im Keller dazu. Er war sich doch so 100%ig sicher, dass es Jessenia gewesen ist, es war sogar ihre Stimme und dann stand da aber Jonna. Drehte er jetzt völlig am Rad? Bekam er mittlerweile Halluzinationen? Er wusste auch nicht mehr weiter, aber morgen würde er wieder in den Keller gehen und nachschauen.
    Plötzlich spürte er etwas Feuchtes auf seiner Brust.
    „Na Toll, jetzt sabbert die mich auch noch an!“ dachte er sich empört. Er schaute runter zu ihr, aber was er sah, war kein Sabber, nein, es war etwas ganz anderes.
    Es waren Tränen.



    Re: Schneeblume

    Helix - 01.12.2005, 16:14


    Ui! :D *geehert-fühl* Danke! :D

    Auch diesen Teil finde ich wieder sehr schön. =)

    Ich frag mich nur, warum Jessenia weint? Und auch frage ich mich, ob Ville sich im Keller tatsächlich vehört hat? Was ist mit diesem Mädchen? Hm...

    Bin gespannt wies weiter geht :P



    Re: Schneeblume

    Luna - 01.12.2005, 16:16


    Dann schieb ich schnell das nächste hinterher^^

    Kapitel 6: You’ve got my soul

    Tränen.
    „Warum weinst sie denn jetzt? Hab ich ihr grad weh getan?... Aber vielleicht liegt das auch an ihrem anscheinend schlimmen Traum?“ dachte sich Ville besorgt.
    Er zog sie näher an sich ran und strich ihr die Tränen auf dem Gesicht. „Sssschhh! Alles wird wieder gut, wenn du aufwachst.“ Redete er ihr gut zu. Was er aber nicht wusste, war, dass Jessenia wach war. Sie wusste, was er dachte. Nein, es war kein Traum, der sie so beunruhigte, es war etwas, was sie einfach vergessen wollte, was sie am liebsten nie wieder erleben wollte. Sie wollte noch nicht einmal darüber nachdenken. Aber war ihr dies jemals geglückt? Nein. Vergebens. Leise wimmerte sie: „Nein, lass mich nicht gehen! Ich will bei euch bleiben!“
    Ville glaubte, dass sie nur im Schlaf redete, was auch er schon öfters getan hatte und was dann immer zu kleineren Sticheleien am Frühstückstisch geführt hatte. Aber das ist eine andere Geschichte. Jedoch fragte er sich nun umso mehr, was das für ein „Traum“ war, der von ihr solch einen Besitz ergriffen hatte. Er wurde aber von einem weiteren Wimmern aus seinen Gedanken gerissen. „Sssschhh! Ich bin ja da, ich werde auch nicht weggehen, egal was passiert!“ flüsterte er ihr zu. Ein kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht, was aber an Ville vorüber ging. Sie eng in seinen Armen haltend, schliefen sie beide doch endlich ein.

    Am Morgen wachte Ville diesmal nicht durch Jessenias Rumgetobe auf, nein, diesmal wachte er einfach auf. Ausgeschlafen. Wow, dass er das noch mal erleben würde?!
    Er wollte sich aus dem Bett bewegen, doch etwas schien in festzuhalten: Jessenia. Sie hatte ihre kleinen, dünnen Arme um seinen Bauch geschlungen und war noch am Schlafen. Keine Spur war mehr von den Tränen der Nacht übrig, sie sah friedlich aus wie eh und je.
    „Herzlichen Glückwunsch, jetzt hast du mich vollkommen in deinem Bann, kleine Lady!“ seufzte Ville in Gedanken. Ihr leises Atmen und das sanfte Auf- und Abbewegen ihres Körpers dabei hätten ihn fast wieder zurück in den Schlaf geholt, wenn er sich nicht wieder dazu aufraffte, aufzustehen. Er strich ihre eine Haarsträhne aus dem Gesicht und machte sich auf den Weg nach unten.
    Bereits auf der Treppe konnte er das Frühstück rieche. Waffeln, sein Lieblingsfrühstück.
    Am Tisch saß Jonna mit einem Buch, das sie vor sich aufgeschlagen hatte. Als sie Ville bemerkte, strahlte sie ihn an: „Du hast Jessenia mit einem Engel gleichgesetzt, ich mit einer zerbrechlichen Blume… und zu deiner Enttäuschung muss ich sagen: Ich hatte mehr recht!“ Mit diesen Worten hielt sie ihm ein Namenwörterbuch unter die Nase. Aufgeschlagen war es unter „J“. Und da stand es, Schwarz auf Weiß: „Jessenia – arab. Blume“
    Ein Namenwörterbuch, warum war er nicht selbst darauf gekommen? „Weil Jonna es ja immer in ihrem Nachttischschränkchen bunkern muss!“ beantwortete er sich die Frage selbst. „Aha, und warum hast du das nachgeschaut?“ fragte er Jonna.
    „Weil ich mir gedacht hab, dass du auch danach suchst. Ich weiß zwar nicht warum, aber ich hab’s dir angesehen und da fiel mir heute Morgen das Buch regelrecht entgegen.“ zuckte Jonna mit den Schultern. In diesem Moment kam Jessenia die Treppe runter. Schlaftrunken rieb sie sich die Augen. Und was sah sie wieder goldig aus: Ihre Haare waren verwuschelt, ihre Augen noch halb zu und sie trug Villes Rolling Stones-Shirt, was ihr derzeitig als Nachthemd diente. Ville zog sie zu sich auf den Schoß und hielt ihr gleich eine Waffel hin, die sie sich auch gleich dankbar in den Mund schob. Ville schaute nachdenklich aus dem Fenster. Es schneite wieder oder doch eher immer noch? Seit Jessenias Ankunft schien es ununterbrochen zu schneien. Ein Wunder war jedoch, dass der Schnee trotzdem noch auf der gleichen Höhe war wie am Vortag. Im Radio lief gerade der Wetterbericht: „Meine Damen und Herren, auch heute wird es wieder sonnig, trotz dem überraschenden Schneefall von gestern…“ Weiter kam der Sprecher nicht, da Ville das Radio wieder ausschaltete. „Pfff Sonne…ja klar..schaut doch mal raus!“ Er beschloss ab sofort keinem Wetterbericht mehr zu glauben.



    Re: Schneeblume

    Revontulet - 01.12.2005, 19:32


    Ui, spannend!
    Echt geile Gecshichte, Luna!! :D

    Und was ich auch super finde: Nicht so ewig lange Kapitel! Ich lese lieber oft kürzere Abschnitte als lange einzelne Teile, da verliere ich oft die Motivation, alles zu lesen... :wink:
    Also häufig weiterposten, bitte!



    Re: Schneeblume

    Luna - 01.12.2005, 20:18


    Gut, dann kommt das näxte:

    Kapitel 7: Never leave me

    „Was machen wir jetzt eigentlich mit ihr?“ riss Jonna Ville aus seinen Gedanken.
    „Huh?“
    „Was wir mit Jessenia machen, hab’ ich gefragt!“
    „Wie „mit ihr machen“? Sie bleibt hier, ist doch klar.“
    „Mensch Ville, ein 12jähriges Mädchen fällt nicht einfach so vom Himmel! Irgendwo muss sie herkommen und sicherlich wird sie schon längst vermisst. Wenn wir sie noch länger hier behalten, machen wir uns strafbar!“ wurde Jonna lauter.
    „Ihr wollt mich weggeben?“ Jessenia stand plötzlich in der Tür mit Tränen in den Augen. Ville schaute Jonna vorwurfsvoll an: „Toll gemacht!“
    „Ach, jetzt verteidigst du sie, erst konntest du sie nicht schnell genug loswerden!“ stürmte Jonna aus den Zimmer, schnappte sich ihre Jacke und ging raus. Ville stützte seinen Kopf auf den Tisch und seufze nur. Er wusste, wo sie jetzt hingeht. Zur Polizei und Jessenia melden. Als er wieder den Kopf hob, war auch Jessenia verschwunden.

    Es war ihm ja so klar, dass das passieren musste. Jessenia war abgehauen. Und jetzt durfte er quer durch Helsinki laufen, um sie wieder zu finden. Er hatte es sich zu einfach vorgestellt. Er dachte, ein 12jähriges Mädchen kommt nicht so schnell so weit. Er dachte, durch den Schnee würde er ihre Fußspuren verfolgen können. Wie er sich doch geirrt hatte. Sie war nirgends aufzufinden und auch der Schnee vor ihm war gänzlich unberührt oder die Fußstapfen waren zu groß um zu Jessenia zu gehören. Er war schon richtig verzweifelt. Seit einer halben Stunde lief er schon durch die eisige Kälte und er hatte noch nicht einmal einenHauch von rotem Haar gesehen. Sie war unauffindbar. Er musste zurück nach Hause. Er musste Jonna sagen was passiert ist. Doch er überlegte es sich anders. Vielleicht war es sogar besser, dass sie weggelaufen war. Bestimmt war es besser so, als dorthin zurückzukehren, wo sie schon abgehauen war. Aber er konnte sie doch nicht einfach schutzlos durch Helsinki laufen lassen. Nein, sein Beschützerinstinkt war klar dagegen. Also suchte er weiter. –um sich herum merkte Ville, wie die Geschäfte mit Lichterketten und Weihnachtsdekoration geschmückt wurden. „Stimmt, morgen ist ja der 1. Advent.“ dachte er im Stillen bei sich.
    Es wurde langsam dunkel und immer war noch keine Spur von Jessenia zu finden. So weh es ihm auch tat, er musste nach Hause, Jonna machte sich wahrscheinlich auch schon Sorgen.
    Erschöpft und aus der Puste stand der in der Haustür. Jonna kam ihm gleich entgegen: „Bei der Polizei meinten sie- „
    „Was bei der Polizei war, ist grad mal egal! Jessenia ist weggelaufen!“ unterbrach er sie apruppt. Jonnas Augen weiteten sich mit Entsetzen. „Ja dann müssen wir sie dringend suchen, was stehst du hier denn noch so rum?!“ fing Jonna an zu hyperventilieren.
    „Ich hab’ ja versucht sie zu finden, ich bin quer durch Helsinki und wieder zurück und nirgends war nur die geringste Spur von ihr!“ keuchte er immer noch Außeratem.
    „Wo hast du denn überall gesucht? Auch da wo viel Schnee ist, da geht sie doch immer hin.. Warst du auch im Park?“
    Ville traf es wie der Blitz. Warum war das ihm nicht selbst aufgefallen? Er war so beschäftigt, sie zu finden, dass er ganz vergaß, darüber nachzudenken, wo sie am ehesten sein könnte. Schnell machten sie sich auf den Weg zum Stadtpark.

    Unterdessen auf einer Bank im Stadtpark Helsinkis:
    Wieder schlang sie ihre Arme um ihre Beine. Sie schluchzte in ihren dicken Mantel. „Ich weiß, ich hätte nicht herkommen dürfen. Es war zu früh, warum hab ich nicht gehört? Ihr könnte mich wieder holen, ich habe meine Lektion gelernt. Macht mit mir was ihr wollt, ich hab es verdient.“



    Re: Schneeblume

    Revontulet - 01.12.2005, 20:35


    och, diesmal nervt es mich, dass das kapitel nur so kurz ist (mir kann man es nicht recht machen, keine angst! :lol: ), hoffentlich gibt's bald den nächsten teil! geht es nach den 9, die du schon geschrieben hast noch weiter? also heisst das, wir müssen dann länger auf ne fortsetzung warten? *fürcht*



    Re: Schneeblume

    Luna - 01.12.2005, 20:40


    Also bis Kap.9 hab ich alles...10 is noch in Arbeit..hab grad ne kleine Schreibblockade, also kann es sein, dass es dann etwas länger dauert..aber keine Angst, die Geschichte ist noch lang nicht vorbei

    Kapitel 8: Right here in my Arms

    Ville und Jonna liefen so schnell wie sie konnten durch Helsinki. „Warum hast du eigentlich keinen verdammten Führerschein?!“ schimpfte Jonna im Rennen.
    „Wie kommst du denn jetzt da drauf?“ rief Ville zurück.
    „Mit dem Auto würde das hier viel schneller gehen!“
    „Dann nimm dir doch ein Taxi!“
    „Bis ich eins erwische, ist Jessenia schon lange weg!“ fluchte sie weiter. „Bei der Polizei sagten sie übrigens- „
    „Jonna, jetzt nicht, wir müssen sie erstmal finden, bevor wir sie weggeben müssen!“
    „Ja, das will ich dir ja die ganze Zeit sagen, Jessenia ist nirgendwo verzeichnet, nicht im Register von Helsinki, weder von ganz Finnland und weltweit sind sie grad am nachforschen, aber er meinte auch, dass es sehr unwahrscheinlich wäre, sie auch dort zu finden. Jessenia gibt es nicht, zumindest nicht auf bürokratische Weise!“
    Ville konnte immer noch nicht fassen, was er da gerade gehört hatte. Jessenia gibt es nicht? Klar, nur auf bürokratischer Ebene, aber es gibt keine Menschen auf der Welt der nicht verzeichnet ist. Also gibt es sie so gut wie nicht. Er konnte das einfach nicht glauben, das Mädchen, was er noch diese Nacht fest an sich gedrückt hatte, sollte auf einmal (theoretisch) nicht existieren? Aber das war jetzt auch wieder zweitrangig. Erstmal mussten sie sie finden, damit man über ihre weitere Existenz überhaupt sicher sein konnte.
    Ville hatte nicht damit gerechnet, dass der Park so groß sein würde. „Am Besten wir teilen uns auf, sonst finden wir sie ja nie!“ seufzte Jonna vor sich hin. Zu Villes und Jonnas Nachteil hatte der Park keine Laternen. Der Vollmond und die Sterne waren somit die einzigen Wegweiser die ihnen noch übrig blieben. „Pass aber ja auf dich auf, ich hab keine Lust auch noch dich zu verlieren!“ mahnte Ville sie.
    „Das kann ich ja nur zurückgeben, schließlich lasse ich mich ja nicht von einem kleinen Mädchen aufs Kreuz legen!“ Jetzt musste sie schon wieder damit anfangen. Ville grummelte sie böse an: „Dieses auserwählte Exemplar müssen wir erstmal wieder finden, schon vergessen, das ist jetzt weitgehend wichtiger als deine blöden Sticheleien!“ An der nächsten Weggabelung trennten sie sich. Ville bezweifelte, dass der Mond ausreichen würde, um ein in schwarz gekleidetes Mädchen zu finden. Doch der Schnee erhellte die ganze Sache ungemein. Innerlich dankte er den Jahreszeiten, dass es grade Winter war und nicht Sommer, denn dann wäre es im Dunkel schwierig geworden. Parkbank um Parkbank strich vorüber, immer noch keine Spur von ihr. Was ist, wenn sie schon wieder ganz wo anders ist? Was, wenn wir sie nicht mehr wieder finden? Diese Fragen quälten Ville mit jedem Schritt den er tat. Je tiefer er in den Park kam, desto heftiger wurde der Schneesturm. Irgendwie war er auf einmal sehr zuversichtlich, dass er sie doch ziemlich bald finden würde. Plötzlich hörte er etwas. Ein leises Wimmern. Seine Schritte wurden schneller. Und da sah er sie. Zusammengekauert saß sie auf einer Bank. Als sie Ville kommen hörte, sah man, wie ihr Kopf in die Höhe schnellte und vom weinen rote Augen preisgab. Sie sprang von der Bank so schnell sie konnte und wollte wieder fliehen. Doch Ville war schneller. Er packte sie blitzschnell und hielt sie fest. Ihr Widerstand schwand, als sie ein Beben spürte, das durch Villes Körper fuhr. „Noch einmal lass ich dich nicht so einfach gehen.“ gab Ville mit zittriger Stimme von sich. Das war Jessenia endgültig zu viel. Sie konnte viel sehen und ertragen, aber bei dem Gedanken daran, dass Ville sie grad weinend in seinen Armen hielt, riss ihr Herz in Stücke. Sie wollte sich weiter wehren, sie musste weg, sie wollte keinen Streit unter die Zwei bringen und sie wollte auch nicht für Kummer sorgen. Sie versuchte ihn von sich wegzudrücken, aber er hielt sie einfach zu fest, so brach ihr Widerstand nun vollends zusammen. Erschöpft ließ sie sich tiefer in seine Arme fallen und fing auch an zu weinen.

    Am anderen Ende des Parks wartete Jonna schon lange auf ein Zeichen von Ville. Sie machte siech große Sorgen. Warum brauchte er denn so lange? War ihm was unterwegs zugestoßen? Der Gedanke an sich war schon schlimm genug. Auf der anderen Seite sah Jonna auch was Gutes in dem langen Warten: Es war wahrscheinlich das er Jessenia gefunden hatte. Aber dann bräuchte er doch nicht so lange, oder?
    Plötzlich sah sie etwas näher kommen. Sie fuhr erschrocken zusammen. War das Ville? Anscheinend nicht, er ging nicht so in die Breite. Und Jessenias Siluette war auch nicht zu erkennen. Aber wer war das dann? Sie konnte ihren Blick aber auch nicht abwenden, ihre Augen klebten an der Siluette des Fremden. Vielleicht hielt die Hoffung, dass das doch Ville sei, sie gefangen. Die Person verließ den Schatten und Jonna stockte der Atem. Warum war sie sich nicht so ganz sicher, aber das war auch erstmal nebensächlich.
    Aus dem Schatten trat Ville. Mit einer schlafenden Jessenia in seinen Armen.



    Re: Schneeblume

    Revontulet - 01.12.2005, 21:49


    also jetzt schreib ich diesen Beitrag hier und dann kannst du noch den vorerst letzten Teil posten, ok? :wink:

    Und dann wünsch ich deiner Schreibblockade viel Glück, dass sie sich auflöst! :)



    Re: Schneeblume

    Luna - 01.12.2005, 22:44


    Danke, Danke...es wird von Tag zu Tag besser :wink:

    Kapitel 9: From lashes to ashes

    „Warum bist du weggelaufen?“
    Jessenia öffnete die Augen und versuchte auszumachen, woher die Worte kamen. Instinktiv schaute sie nach oben und sah Ville, in dessen Armen sie sich noch immer befand. Sie antwortete mit Schweigen und schaute zum Fenster hinaus. Mittlerweile war es Morgen und durch die Vorhänge viel warmes Licht, dass den Raum in ein weiches Orange tauchte. Ville wusste, dass sie wach war, also fragte er weiter: „Warum bist du abgehauen?“ Zögerlich fing sie an zu sprechen: „Ihr wolltet doch eh, dass ich gehe…“
    „Nein, und das müsstest du auch wissen!“
    Schweigen.
    „Hast du gehört?“
    Die Tatsache, dass Ville auf einmal so mahnend mit ihr sprach, ließ sie zögern. Leise flüsterte sie: „Und jetzt bist du wegen meiner Anwesenheit wieder böse. Das will ich nicht.“ Langsam begriff Ville, worauf sie hinaus wollte. „Aber meine Kleine, so war das doch nicht gemeint.“ wollte er sie beruhigen. Meine Kleine. Allein diese zwei Worte ließen Jessenia einen Schauer über den Rücken laufen. Nie hatte sie jemand „seine Kleine“ genannt. Immer war sie nur „ey du“ oder „die da“ gewesen. Eine weit aufgehende Tür riss beide aus ihren weit abdriftenden Gedanken. Jonna stürmte begeistert hinein: „Guck mal, Jessenia, ich hab noch was gefunden was die passen müsste. Los, sofort anprobieren!“ Jessenia hatte eigentlich keine große Lust, aber sie wagte es sich doch nicht, ihr zu widersprechen. Dieser Enthusiasmus war einfach unberechenbar. So schnappte sie sich das weiße Bündel aus Jonnas Hand und verschwand damit zur Tür heraus.
    „Hast du mittlerweile mal mit ihr geredet?“ brach Jonna die Stille.
    „Versucht ja, aber wirklich viel ist auch nicht dabei herausgekommen. Sie hüllt sich weiterhin in Schweigen.“ seufzte Ville.
    „Versuchs weiter, zu dir gegenüber scheint sie ja richtiges Vertrauen aufgebautzuhaben.“
    „Well, I’ll give my very best, Darling!“ grinste Ville sie breit an.
    In diesem Moment öffnete sich die Tür. Jonna begann vor Freude zu klatschen und gab ein leises Quieken von sich. Villes Kiefer begann sich rhythmisch auf und ab zu bewegen. Jessenia trug nun ein weißes Kleid, ohne Ärmel, dafür aber mit kleinen Rüschen an den Rockenden. „Jonna, willst du ihr jetzt noch Flügel ankleben und sie dann auf den Christbaum stellen?“ fragte Ville nachdem er seine Worte wieder gefunden hatte.
    „Keine schlechte Idee!“ fiel ihm Jonna entgegen. Ville sah sie fassungslos an und auch Jessenia schien sich grad zu überlegen, ob sie nicht doch lieber wieder abhauen sollte bei diesen Aussichten. Ville schien ihre Gedanken lesen zu können und rief gleich „Denk nicht einmal daran!“, was Jessenia wieder zur harten Realität und dem Kleid zurückholte. Flehend schaute sie zu Ville, damit er dem ganzen Terror endlich ein Ende setzen möge, aber dieser blickte genauso hilflos zurück. Ja, Jonna konnte manchmal eine regelrechte Naturgewalt sein.
    „Sag mal Jessenia, wann hast du eigentlich Geburtstag?“ fiel es Jonna grad so ein.
    „Huh? Wie kommst du denn jetzt darauf?“ fragte sie verwirrt.
    „Ist mir grad so eingefallen. Los, spuck’s aus!“
    „Ich weiß es nicht. Man hat mir nur immer gesagt, dass ich mit dem Winter gekommen bin, mehr weiß ich nicht.“
    Ville und Jonna guckten sich ratlos an.
    „Mit dem Winter gekommen…hmmmmm..wann kommt denn der Winter?“ murmelte Ville vor sich hin.
    „Ich hab’s!“ sprang Jonna auf „Winteranfang! Der 22. Dezember!“
    „Kann das sein?“
    „Jupp, gut möglich“ kam es von Jessenia.
    „Ab auf den Weihnachtsmarkt! Geschenke kaufen!!“ platzte es aus Jonna raus.
    „Weißt du, was in die gefahren ist?“ flüstere Jessenia Ville ins Ohr.
    „Keine Ahnung, und ich muss gestehen, ich habe Angst!“ kam es von Ville zurück. Beide fingen an zu lachen.
    „Was ist denn jetzt wieder los?“ drehte sich Jonna um.
    „Nüüüüüüüüüüüx!“ flöteten Ville und Jessenia gleichzeitig.
    „Also gut, ab auf den Weihnachtsmarkt, wie durch Zufall ist ja grad einer in der Stadt!“ Mit diesen Worten schlenderte Jonna zufrieden die Treppe runter.
    Jessenia und Ville warfen sich eine letzten verzweifelten Blick zu und fügten sich ihrem Schicksal.



    Re: Schneeblume

    Aki - 04.12.2005, 22:50


    Riiiiesiges Lob meinerseits, die Story ist sowas von genial!!!!
    Endlich mal keine Ville-Sülz-Schmalz-Romanze...hach ist das süss :D
    Aber zwölf...sooooo kindlich ist das doch eigentlich gar nicht, wenn ich bedenke, dass ich mit 12 anfing HIM zu hören *gg*

    Weiiiiterrr!



    Re: Schneeblume

    Luna - 04.12.2005, 23:00


    Ja...ich habe meine Pause gut genutzt...jetz hab ich alles bis Kapi 12^^

    Kapitel 10: You are my shelter

    Ville stöhnte schon, als er den Weihnachtsmarkt von weitem sah. Es schien, als ob halb Helsinki versammelt wäre. Vorsorglich hatte Ville sich schon einen Edding mitgenommen, da ihm klar war, dass er wieder erkannt werden würde und massig Autogramme schreiben darf. Jonna schien das alles nicht weiter zu stören. Sie war so vom Weihnachts- und Geschenkefieber gepackt worden, dass sie selbst kreischende Fans um ihren Verlobten herum nicht aus der Ruhe hätten bringen können. Nun standen sie da vor dem ersten Stand: Jonna mit purer Begeisterung in ihren Augen, Ville hatte schon zielsicher den Edding in seiner Hand und dazwischen stand Jessenia, die auch nicht so ganz wusste, was sie davon halten sollte. Ville nahm sie bei der Hand und sie begannen durch die Straßen zu schlendern. Diesmal war es ihm egal was die Presse erzählen würde. Sollten sie doch über Jessenia rumspekulieren.
    Es war ein Wunder: Sie liefen jetzt schon seit einer geschlagenen halben Stunde über den Markt und keiner hatte Ville bis jetzt erkannt, auch Jonna blieb unentdeckt. Ab und zu gab es ein paar Leute, die sich in ihre Richtung umdrehten, aber ihre Blicke schienen alle an Jonna und Ville vorbeizugehen, auf jemand anders gerichtet. Auf ein Mädchen mit Haaren bis zur Hüfte: Jessenia. Sie war zum Blickfang geworden. So selten waren rote Haare hier auch nicht, aber irgendwas schien die Blicke der Menschen an Jessenia festzuhalten. Vielleicht war es die Tatsache, dass Jonna sie gezwungen hatte, mal die schwarzen Sachen zu Hause zu lassen und stattdessen den weißen Mantel anzuziehen, den sie vor ein paar Tagen gefunden hatte. Unter dem Mantel blinzelten noch die Rüschen des Kleides hervor. Jessenia war noch zu schwach gewesen um sich zu wehren und dies nutzte Jonna schamlos aus. Jessenia fühlte sich mittlerweile wie eine Anziehpuppe. Sie hatte sich so ihrem Schicksal hingegeben, dass sie vergaß wieder ihre normalen Sachen anzuziehen. Toll. Nun stand sie hier, ihr froren die Beine ab, die Leute gafften regelrecht und von dem Markt war immer noch kein Ende in Sicht.
    Dann machte Ville einen Fehler: er ließ sie los um Jonna bei etwas zu helfen. Kaum das er sich wieder umdrehte, war sie auch schon im Getümmel verschwunden. Ville rollte nur mit den Augen. „Na toll, da passt man einen Moment nicht auf, da ist das Kind wieder ausgebüchst! Jonna *auf die Schulter tipp* ich geh mal schnell Jessenia suchen.“
    „Ist die etwa schon wieder weg?!“
    „Jupp!“ war das einzige was noch von Ville zu hören war, bevor er in der Menge verschwand. Er stürmte durch die Menge wie er es am Abend zuvor in Helsinki getan hatte. Wie sollte er sie bei dieser Menschenmasse nur finden? Plötzlich sah er etwas rot-weißes aufblitzen. Je mehr er auf es zukam, desto weiter war es auf einmal weg. Links abbiegen, noch mal Links, ein paar Leute anrempeln, rechtsrum. Dann sah er Jessenia. Sie saß am Brunnen. Zwischen drei Schwarzgekleideten und sie schien sich sichtlich unwohl zu fühlen. Scheu blickte sie von einem zum anderen, die vehement auf sie einzureden schienen. Ville packte die Wut. „Keiner packt mir meine Jessenia an!“ kochte er innerlich. Er kämpfte sich die letzten paar Meter durch die Menschen durch, bis er direkt vor den „Schwarzen“ stand. „Finger weg von ihr!“ schoss es ihm als erstes hervor.
    „Hey Alter, willst du was?! Die Kleine geht wohin sie will und so wie’s aussieht, bleibt sie bei uns!“ Jessenia schaute ihn hilflos und ängstlich an.
    „Nur über meine Leiche!“ stellte sich Ville ihnen in den Weg.
    „Lässt sich einrichten!“ grinsten die anderen süffisant.
    Es war ein unfairer Kampf. Drei gegen Einen. Ville hielt sich tapfer, aber gegen drei Schläger anzukommen, gelang ihm dann doch nicht. Ein heftiger Faustschlag traf ihn mitten ins Gesicht. Das letzte was er sah, war wie Jessenia auf ihn zustürmte und verzweifelt „Paaaaapaaaa!“ rief, danach wurde alles schwarz.


    Kapitel 11: I’ll fight for you

    Vor ihren Augen ging Ville zu Boden. Sie rief nach ihm. Plötzlich stockte sie. Hatte sie ihn wirklich eben „Papa“ gerufen? „Oh verdammt!“ ohrfeigte sie sich in Gedanken dafür „Was fällt dir ein ihn Papa zu nennen?! Mensch Mädel, du kennst ihn erst seit ein paar Tagen und dann nennst du ihn Papa!! Hast du irgendwelche Komplexe?!“ ging ihr innerlicher Kampf weiter.
    Sie kniete nun neben Ville und strich ihm mit der Hand über seine glühende Backe. Sie hörte die schwarzen Männer hinter ihr lachen. Plötzlich wurde sie von einer Hitzwelle innerlich übermannt. Nein, es war keine Hitzewelle, es war eine Welle aus purem Hass und Wut. Sie stand wie von Blitz getroffen auf, den Rücken zu den Männern, den Blick auf Ville gerichtet und zitternd am ganzen Leib. Einer der Männer packte sie am Handgelenk und wollte sie mit sich ziehen. Jessenias Kopf schnellte zur Seite, ihre Augen funkelten wieder zornesgrau, nur viel heftiger als damals an dem Tag, wo sie Ville zum Ersten mal sah. Ville. Der Ville, der sie an sich gedrückt hatte, als sie weinte, der Ville, der verzweifelt nach ihr gesucht hatte und sie nicht gehen lassen wollte, als sie weggelaufen war, der Ville, der nun bewusstlos am Boden lag, weil er für sie gekämpft hatte. Nun war es ihre Zeit, sich dafür zu revanchieren. Geschickt drehte sie ihr Handgelenk und befreite sich so auf dem Griff des Angreifers. Sie warf sich auf den Boden und schlug ihm mit einem gezielten Tritt die Beine weg, sodass er mit dem Rücken auf dem harten Boden landete. Die anderen beobachteten das alles nur mit weitaufgerissenen Augen. Ja, sie war zu Unglaublichem fähig, wenn sie wütend war. Somit war Nummer 1 erledigt, da er (un)glücklicherweise beim Fall mit dem Kopf auf einer Bordsteinkante aufgeprallt war. Sie drehte sich zu den übrig gebliebenen um und winkte sie mit einem bösen Grinsen zu sich heran. Nun verwandelte sie sich völlig in eine Furie. Nummer 2 wurde von ihr mit einem Ellenbogenschlag in den Magen bedacht. Bevor er zusammensackte, trat sie ihm noch provisorisch in den Bereich, wo es Männern am meisten wehtat. Auch er ging um wie ein nasser Sack. Doch sie war unaufmerksam und drehte dem Dritten den Rücken zu. Dieser packte sie nun von Hinten und versuchte sie zu erwürgen. Jessenia reagierte schnell und trat ihm mit voller Wucht auf dem Fuß. Er schrie kurz auf und lockerte seinen Griff. Diese Chance nutzte sie und Biss ihm mit allen 28 Zähnen in den Arm. Schreiend lief er mit einem blutenden Arm davon. Sie schaute sich um. Drei Menschenkörper lagen im kalten Schnee. Sie packte Ville an seinen Armen und versuchte ihn zum Brunnen zu ziehen, wo kein Schnee lag. Dies war jetzt doch schon anstrengender für sie. Nicht unbedingt, weil sie sich eben verausgabt hatte, sondern eher, weil ihre Wut nun fast verraucht war und somit auch ihre Kräfte. Innerlich schwor sie sich, Ville ab jetzt mehr vom Teller zu klauen, er war zu schwer um ihn zu transportieren. Sie wusste, dass das eigentlich bei Villes Figur nicht berechtigt war, aber in dem Moment war ihr alles zu ziemlich egal. Sie zog und zog. Langsam schien Ville immer näher zum Brunnen zu kommen. Jessenia sah ein, dass das nicht die schnellste und einfachste Methode war, ihm dort hin zu bringen. Nun versuchte sie es anders: Sie drehte Ville um, sodass er mit dem Gesicht im Schnee lag, so „warf“ sie ihn sich über die Schultern, dass seine Beine noch auf dem Boden schleiften, sein Oberkörper aber gegen ihren Rücke gelehnt war. Vorsichtig lehnte sie ihn gegen die Brunnenwand. Sie setzte sich zwischen seine Beine und legte ihren Kopf an seine Brust. Herzklopfen, sehr beruhigend. Sie schloss für einen Moment ihre Augen, sie wollte alles ausblenden, was geschehen war, sich einfach nur auf das beständige Klopfen und die Wärme, die von seinen Körper ausging, konzentrieren.
    Langsam öffnete Ville wieder seine Augen. Stöhnend rieb er sich die angeschlagene Backe und sah sich um, erst dann bemerkte er die kleine Wärmequelle an seiner Brust.
    „Was ist hier passiert?“
    Jessenia schwieg wieder.
    „Warst du das? Komm, antworte mir!“
    „Du hast mich die ganze Zeit über, wo ich hier bin, beschützt. Nun war es an mir, dich zu beschützen.“
    „Wow, ich bin beeindruckt. Als du mich damals aufs Kreuz gelegt hast, hab ich ja schon gedacht, es kommt nicht mehr besser, aber das haut mich ja regelrecht vom Hocker!“
    „Aber ich habe trotzdem immer noch Angst…“
    „Wovor denn, du kommst doch gut allein zurecht?“
    „Ja, jetzt habe ich Angst, dass du mich nicht mehr beschützt..“
    Ville legte seinen Kopf schief, was leichte Kopfschmerzen verursachte und er leicht aufstöhnen musste. Jessenia blickte auf die Körper der Angreifer im Schnee.
    „Wirst du mich trotzdem noch beschützen?“
    Ville musste grinsen (inklusive Backenschmerzen), dieses Mädchen war einfach nur zuckersüß. „Natürlich, solange ich die Gelegenheit dazu habe!“ Mit diesen Worten schlang er seine Arme um sie und schloss seine Augen.


    Kapitel 12: The sacrament is you

    Sie hatten Jonna nicht mehr auf dem Markt gefunden, also beschlossen sie einfach nach Hause zu gehen, irgendwann würde sie ja auch kommen. Doch unerwarteterweise war sie schon da und sobald sie die Haustür öffneten, stand auch schon einen schimpfende und zeternde Jonna vor ihnen.
    „Was fällt euch ein einfach so zu verschwinden und nicht mehr aufzutauchen?! Ich hab mir schon Sorgen gemacht! Ich bin wie eine Bekloppte über den ganzen Markt gehechtet und- … Herrgott, Ville, warum ist deine Backe denn so rot?“
    Jessenia und Ville warfen sich erstmal einen „Was-ist-denn-in-die-gefahren“-Blick zu, bevor Ville versuchte ihr das möglichst schonend beizubringen. Ihre Reaktion war absehbar:
    „WAAAAAAAAAAS?!“ rief sie hysterisch durchs Haus.
    „Schatz, nun beruhige dich erstmal, es ist doch alles ok. 1. Ich lebe noch. 2. Jessenia lebt noch 3. keiner ist lebensbedrohlich verletzt. Also reg dich doch nicht so auf!“
    „Wenigstens konnte ich so in Ruhe eure Geschenke kaufen!“ stapfte sie leicht schmollend davon.
    Jessenia fiel regelrecht aus ihrem Mantel raus und auf die Couch. Ville hörte nur noch einen dumpfen Aufprall und danach ein leises Schnarchen. „Den Schlaf hat sie sich verdient.“ Schmunzelte er vor sich hin. Er lehnte sich über die Couchlehne und blickte auf sie herab. Es war unbegreiflich. Das Mädchen, was da zusammengerollt auf der Couch lag, was so aussah, als ob es kein Wässerchen trüben könnte, dieses Mädchen hatte vor einer Stunde drei Schläger vermöbelt. Er strich mit dem Finger über ihre Backe. Er musste lächeln, als sie leicht als Resonanz auf seine Berührung zuckte. Leise fing er an zu singen:

    I hear you breathe so far from me
    I feel your touch so close and real
    And I know
    My church is not of silver and gold,
    Its glory lies beyond judgement of souls
    The commandments are of consolation and warmth

    You know our sacred dream won't fail
    The sanctuary tender and so frail
    The sacrament of love
    The sacrament of warmth is true
    The sacrament is you

    I hear you weep so far from here
    I taste your tears like you're next to me
    And I know
    My weak prayers are not enough to heal
    The ancient wounds so deep and so dear
    The revelation is our hatred and fear

    You know our sacred dream won't fail
    The sanctuary tender and so frail
    The sacrament of love
    The sacrament of warmth is true
    The sacrament is you

    The sacrament is you
    The sacrament is you
    The sacrament is you
    The sacrament is you

    You know our sacred dream won't fail
    The sanctuary tender and so frail
    The sacrament of love
    The sacrament of warmth is true
    The sacrament is you

    “Hast du schön gesungen.”
    Ville schreckte auf, er hatte gar nicht mitbekommen, dass Jessenia wach geworden war. Bevor er antworten konnte, war sie schon wieder bei einem anderen Thema angelangt.
    „Ich hab Hungaaaaaaa!“ gähnte sie vor sich hin.
    „Manmanman du bist echt eine Klasse für sich!“ lachte Ville. „Jonna ist jetzt in der Badewanne, mal sehen, ob ich dir was mit meinem bescheidenen Kochwissen zaubern kann.“
    Es war ein ungleicher Kampf (mal wieder). Ville verlor kläglich gegen sämtliche Kochgeräte. Am Ende reichte seine Kraft nur noch für eine Tiefkühlpizza.
    „Duuuuu Villeeee?“
    „Hm?“
    „Das nächste Mal guckst du lieber vorher in die Kochbücher im Keller!“
    Ville knallte mit dem Kopf auf die Tischkante und blieb erstmal regungslos liegen. „Danke!“ hörte man es unter der Tischplatter hervor. Aber Moment, woher wusste sie von den Kochbüchern im Keller?



    Re: Schneeblume

    Aki - 05.12.2005, 21:18


    wuhaaa weiter!!! die story ist kewl!!
    Dass sie die leutchens einfach so total k.o. geschlagen hat... :lol: Hammermädel. Ville als Papa, süüss...ich krieg mich gar nicht mehr ein...
    Dein Schreibstil ist echt super! reeeeschpäägt...



    Re: Schneeblume

    Luna - 05.12.2005, 22:27


    Dankööö danköööö *verneig* Es fängt grad wieder Schulstress an, deswegen kann ich nicht genau sagen, wann ich wieder zeit zum Schreiben hab, aber das wird schon :wink:



    Re: Schneeblume

    Revontulet - 06.12.2005, 17:45


    oh wirklkich toll!! ich freu mich schon auf den nächsten teil! :wink:



    Re: Schneeblume

    Luna - 07.12.2005, 18:29


    Ok..jetzt wirds traurig, ich gestehe, ich hab schon beim Schreiben geheult



    Kapitel 13: I love you…and you?

    „Eigentlich müssen wir dich zur Schule schicken.“ überlegte Ville.
    Jessenia blickte ihn entsetzt an, was sich aber sehr bald in ein süffisantes Grinsen veränderte.
    „Der dekadische Logarithmus der vierten Wurzel aus x³/y entspricht ¾ mal den dekadischen Logarithmus aus x minus ¼ mal den dekadischen Logarithmus aus y ; Kants Aussage „Sapere aude!“ war mit der Leitspruch für die literarische Epoche der Aufklärung ; nur beim richtigen Mengenverhältnis von LH und FSH findet die Ovulation statt ; Fluor ist das am leichtesten reagierende Element, da es schon bei bloßer Berührung mit Luft Flammen bildet ; am 21.2.1916 gab der deutsche Kronprinz Wilhelm der 5. Armee seinen Truppen den Schießbefehl und begann somit die Schlacht um Verdun…“
    Ville warf nur die Arme in die Luft. „Ich habe nie etwas gesagt!“ Er drehte sich um und ging kopfschüttelnd in Richtung Wohnzimmer und ließ Jessenia allein in der Küche zurück. Sie nahm sich ihren Stuhl und stellte ihn ans Fenster. Draußen war es schon sehr dunkel geworden und der Vollmond schien am Sternenhimmel zu glühen. Sie kniete sich auf den Stuhl und stützte die Ellenbogen auf der Fensterbank ab. Gedankenverloren sah sie in den Himmel. Leise begann sie zu singen:

    Hey man, here's my plan
    I'm gonna break it
    Hey you, don't be sad
    Here's your chance, so take it

    If you slap my face
    If you don't call
    Honestly, I don't care at all

    Maybe I'm a bit complicated
    All I know is

    I don't cry for pain
    Don't cry from fear - you know that
    I don't cry in the rain
    No, not a tear - you know that
    Before you leave, when you go
    I think you ought to know
    Don't cry for pain
    I only cry for love

    Hey now, dry them tears
    You know we'd never make it
    ’Cause you caught my eye, not my heart
    And play it safe, no I’m not that smart

    I never meant, to be this complicated
    All I know is

    I don't cry for pain
    Don't cry from fear - you know that
    I don't cry in the rain
    No, not a tear - you know that
    Before you leave, when you go
    I think you ought to know
    Don't cry for pain
    I only cry for love

    I need something, making me defenseless
    I don’t want another waste of time
    You can’t hurt me so, I’m sure this can’t be right

    I don't cry for pain
    Don't cry from fear - you know that
    I don't cry in the rain
    No, not a tear - you know that
    Before you leave, when you go
    I think you ought to know

    I don't cry for pain
    Don't cry from fear - you know that
    I don't cry in the rain
    No, not a tear - you know that
    Before you leave, when you go
    I think you ought to know
    Don't cry for pain
    I only cry for love

    Ville war in der Zwischenzeit wieder aus dem Wohnzimmer gekommen. Er hatte den Kamin angezündet, da es auch langsam ihm fröstelte und das sollte schon etwas heißen! Die letzte Hälfte des Liedes hatte er mitbekommen und legte nun als Antwort darauf seine Arme von Hinten um sie. Sie seufzte kurz auf und sah dann mit Tränen in den Augen zu ihm hoch und mitten in die Augen. Dies traf ihn bei weitem mehr, aber vieles, was er bereits erlebt hatte. Dieser Schmerz, der darin verborgen lag, war unertragbar. „Warum musst du mir es immer noch schwerer machen?“ fragte sie nach einem kurzen Schweigen.
    „Was schwerer machen?“
    „Abschied von euch zu nehmen.“
    „Das wirst du sowieso nicht!“ drückt er sie fester an sich.
    „Doch. Ich muss, wenn auch nicht jetzt, später schon.“
    „Der Schmerz wird unertragbar sein…“
    Sie seufzte kurz auf. „Es ist nicht der Schmerz des Abschiedes, der mich verletzt. Es ist die Liebe, die ich spüre, wenn du mich in deinen Armen hältst und das Wissen, dass ich diese Liebe mit Füßen treten werde und dir, euch so Schmerzen zufügen werde.“
    „Aber du musst doch nicht gehen, du musst all dies nicht tun!“ Ville verzweifelte langsam. Jessenia wusste dies, sie spürte es an dem Beben seines Körpers. Sie war so auf Ville „fixiert“, dass sie jede noch so kleine Regung einordnen und interpretieren konnte. Für sie war er wie ein offenes Buch geworden und sie hasste es. Zu starke Bindung, zu viele Schmerzen. Sie sah die Tränen in Villes Augen, obwohl sie ihn nicht ansah, sie wusste, dass sie da waren. Sie wischte ihre eigenen Tränen aus dem Gesicht und bemühte sich das aufsteigende Schluchzen zu unterdrücken und stark zu wirken. Aber diesmal war auch sie zum scheitern verurteilt. Sie stand nun auf dem Stuhl und blickte Ville direkt ins Gesicht. Ihre Hände umfassten sein Gesicht und wischten sachte ein paar Tränen weg. Ville legte als Antwort seinen Kopf an ihre Schulter und umfasste sie mit den Händen am Bauch. Sie schluckte wieder ein paar Schluchzer runter und beugte ihren Kopf leicht nach vorne. Leise flüsterte sie in sein Ohr: „Es ist mein Schicksal.“



    Re: Schneeblume

    Aki - 08.12.2005, 13:49


    *schluck* das ist echt hart. :( aber wer ist sie??!



    Re: Schneeblume

    Revontulet - 08.12.2005, 18:32


    das frage ich mich auch die ganze zeit! es scheint mir manchmal, als hätte sie ne viel grössere vergangenheit als nur 12 jahre, wovon sie einige noch ein baby war... *rätsel* woher kennt sie ville?? fragen über fragen; da hilft nur eines: weiterposten, liebe luna!! :wink:



    Re: Schneeblume

    Luna - 08.12.2005, 19:54


    Revontulet hat folgendes geschrieben: woher kennt sie ville??

    Hö? wie meinst du das? Sie kannte Ville vorher doch noch garnicht



    Re: Schneeblume

    Revontulet - 08.12.2005, 20:58


    Luna hat folgendes geschrieben: Revontulet hat folgendes geschrieben: woher kennt sie ville??

    Hö? wie meinst du das? Sie kannte Ville vorher doch noch garnicht
    ja, aber manchmal hatte ich das gefühl, sie würde ihn schon irgendwie kennen, weiss auch nicht warum... und er hatte ja auch so ein komisches wiedererkennungsgefühl beim namen und auch bei ihr irgendwie. und ich dachte mir, ev. hast du da was eingebaut mit gemeinsamer, vergessener vergangenheit oder so. ich spekuliere eben gerne! :wink:



    Re: Schneeblume

    Luna - 08.12.2005, 22:28


    Das ist ein kapi wo ich selbst nicht so recht weiß, was ich davon halten soll...ich hab mich da in was reinmanöviert..

    Kapitel 14: All these thoughts lead back to you

    „Ich mache mir Sorgen. Große Sorgen. Ich verstehe sie einfach nicht. Ich kann sie einfach nicht verstehen. Ich wusste von Anfang an, dass sie kein normales Mädchen ist. Diese Augen sprachen Bände. Und ihre Kraft. Umwerfend. Ich habe neun Jahre lang Judo gemacht, aber sie knockte mich trotzdem einfach aus. Von einer Sekunde auf die andere. Sie gab mir nicht einfach Zeit zu reagieren. Ja, normal ist weit entfernt von ihr. Aber dennoch verspüre sich so große Zuneigung zu ihr, nein, Zuneigung ist untertrieben. Man kann es schon als Liebe bezeichnen. Außer Frage, nicht diese Liebe, die ich zu Jonna verspüre, es ist etwas anderes, etwas, was ich nicht beschreiben kann, ich kann es auch nicht vergleichen. Wenn sie mich anlächelt, wird mir warm. Wenn sie weint, zerbricht es mir das Herz. Und wenn ich sehe, wie sie sich freut, geht mein Herz auf. Es ist unbeschreiblich.
    Und all dies soll mir wieder genommen werden? Nein, das kann und will ich nicht wahrhaben. Woher sie kam ist nun nebensächlich geworden. Ich weiß nicht, wohin sie gehen wird und dies ist es, was mir Angst macht. Diese Ungewissheit zerdrückt mich innerlich. Es ist eine Qual. Sie selbst ist darüber doch auch nicht glücklich, das sieht man doch. Also warum will sie dann gehen? Wobei das „wollen“ auch nicht klar ist. Es sei ihr Schicksal. Was muss das für ein Schicksal sein, dass sie gegen ihren Willen von uns wegreißen will? Und warum widersetzt sie sich nicht einfach? Kein Schicksal ist unabänderlich. Ganz im Gegenteil. Sie gibt einem so viele Rätsel auf und ich hätte gerne alle möglichen Joker. Ich habe manchmal den Eindruck, dass sie nicht das ist, was sie uns alle glauben lassen will. In einem Moment ist sie so schutzbedürftig wie ein kleines Kind, im anderen redet sie wie eine alte Dame mit sehr viel Lebenserfahrung. Was ist sie nun? Aber all dies wird nebensächlich, wenn ich mich daran erinnere, dass sie weggeht. Ich weiß nicht, wann es soweit sein wird, aber ich werde es versuchen so lange hinauszuzögern wie es geht. Wenn es doch wirklich soweit sein wird, werde ich sie aber auch nicht halten können. Es ist aussichtslos…
    Jessenia, bitte bleib bei mir.“
    Leise öffnete er die Tür und trat ins Zimmer.

    „Es tut mir weh Ville so zu sehen. Wenn sein Schmerz jetzt schon so groß ist, wie wird er denn erst sein, wenn ich weg bin? Ich möchte nicht gehen, ich fühle mich hier wohl, aber ob ich gehe oder nicht, liegt nicht in meiner Hand. Ich wünschte es wäre so. Erst werde ich fortgeschickt und werde dann wieder fortgerissen von dem, was mir etwas bedeutet. Ein ewiger Kreislauf und ich bin machtlos dagegen. Was muss ich tun, um davon loszukommen? Was? Ich habe so viel gesehen. Leid, Freude und Schmerz. Aber hier habe ich das erste Mal Liebe erfahren und das soll mir wieder genommen werden? Ja, die Welt ist grausam. Auch wenn es noch eine Weile dauern wird, bis ich gehe, fühle ich den Schmerz, als müsste ich morgen weg. So wie der Schnee stetig fällt, so werde ich bleiben, aber wie er schmilzt werde ich auch mein Ende finden. Als Ville mich hindern wollte, ging mein Herz auf, aber es zerbrach zugleich. Nun stehe ich barfuss in diesen Scherben und weiß nicht ob ich darüber laufen soll oder bleiben wo ich bin. Und mit jedem Wimpernschlag scheint der Haufen zu wachsen, als ob es kein Entrinnen daraus gäbe. Ville, du allein hältst den Kleber in deinen Händen. Ville…bitte bleib bei mir.“
    Schnell schloss sie ihr Tagebuch, als Ville den Raum betrat.



    Re: Schneeblume

    Aki - 09.12.2005, 00:09


    wow toll geschrieben. aber "Ville, du allein hältst den Kleber in deinen Händen" find ich lustig :lol: Passt so gar nicht rein....aber egal. Bitte weiter!!!!



    Re: Schneeblume

    Luna - 11.12.2005, 16:05


    Nachschuuuub :wink:

    Kapitel 15: To hide my Heart

    Die Zeit schien nun schneller zu vergehen als vorher. Nun waren schon 2 Wochen vergangen, und Ville und Jessenia hatten nicht mehr als das Nötigste miteinander geredet. Es war, als hätte sich eine unsichtbare Mauer zwischen sie gestellt. Sobald einer den Raum betrat, verließ der andere ihn. Jonna verstand die Welt nicht mehr. Sie versuchte ihr bestes um Unterhaltungen zu beginnen, aber beide blockten ab, hauptsächlich aber Jessenia. In den vergangenen Wochen redete sie nicht nur kaum mit Ville, sondern eigentlich überhaupt nicht. Stundenlang saß sie verträumt am Fenster und schaute entweder auf den Schnee oder in den Himmel. Jonna wurde das alles langsam zu bunt. Nun nahm sie die Sache selbst in die Hand und versuchte mit beiden zu reden.
    Zuerst versuchte sie sich bei Jessenia, aber das Gespräch brachte so viel, wie sie es erwartet hatte. Nämlich nichts. Jessenia schwieg eisern und reagierte noch nicht einmal darauf, wenn Jonna sie ansprach. Sie war richtig apathisch geworden.
    Bei Ville schien sie mehr Chancen auf Antworten zu haben.
    „Ville, ich muss mit dir reden!“
    „Du weißt genau, dass mir dieser Satz Angst macht!“
    „Oh, ja, sorry, hab ich ganz vergessen.“
    „Nun gut, was gibt’s? Schieß los!“
    „Was ist denn in letzter Zeit los?“
    „Wie los?“
    „Du weißt genau, wie ich das meine. Mit dir und Jessenia.“
    Ville seufzte auf und schüttelte leicht den Kopf. „Ich weiß es nicht.“
    „Doch! Du weißt es sehr wohl! Du willst es mir nur genauso wenig sagen wie Jessenia. Sie schweigt, du schweigst. Was ist denn bitte mich euch los? Mich macht das alles wahnsinnig!“
    Ville drehte den Kopf weg. Er konnte ihr nicht in die Augen sehen. Er schwieg weiterhin. Jetzt war Jonna endgültig sauer. Sie drehte sich um und wollte gehen. Sie war noch nicht richtig aus der Tür raus, da hörte sie Ville hinter sich singen:

    a moth into a butterfly
    and a lie into the sweetest truth
    I’m so afraid of life
    I try to call your name
    but I’m silenced by the fear of dying in your heart once again

    I see the seasons changing
    and in the heart of this autumn
    I fall with the leaves from the trees

    I play dead to hide my heart
    until the world gone dark fades away

    I cry like god cries the rain
    and I’m just one step away from the end of today

    I see the reasons changing
    and in the warmth of the past I crawl
    scorched by the shame

    I play dead to hide my heart
    until the world gone dark fades away
    I stay dead until you veil my scars
    and say good-bye to fate
    before it’s too late

    Sie drehte sich mit Tränen in den Augen um. Bei diesem Lied hatte sie schon immer weinen müssen. Ville stand auf und nahm sie in die Arme. „Tut mir leid, aber ich kann es dir nicht sagen. Ich muss selbst erstmal wissen, was ich davon halten soll.“ Sanft ließ er sie los und ging aus dem Raum. Jonna ließ sich rücklings auf das Bett fallen und starrte erstmal ein paar Minuten lang die Decke an. „Hoffentlich hat sich das bis Weihnachten wieder beruhigt, sonst verlier ich noch vollends die Nerven.“

    In der Zwischenzeit war Jessenia aus dem Fenster raus- und auf den nächstliegenden Baum hochgeklettert. Nun saß sie dort zwischen den verschneiten Zweigen.
    Als Ville den Flur entlang ging, bemerkte er, dass das Fenster in Jessenias provisorisch eingerichtetem Zimmer offen war. Er wollte es schließen, doch er schaute vorher noch neugierig nach draußen. Er sah Jessenia, wie sie dort hoch oben im Baum saß, an den Stamm angelehnt und die Beine nach vorne ausgestreckt. Ihm wurde selbst kalt, wie er sah, dass sie nur das kleine, weiße Kleid anhatte. Ihre Arme hingen regelrecht leblos hinunter und ihr Blick war trüb in den Himmel gerichtet. Er wollte sie erst zu sich reinrufen, aber er überlegte es sich anders. Es tat ihm weh, sie so zu sehen, aber konnte sich nicht überwinden, also ging er wieder zurück ins Wohnzimmer. Jessenia rührte sich weiterhin nicht.



    Re: Schneeblume

    Aki - 12.12.2005, 10:35


    Du bist echt fies, weisst du das? :)



    Re: Schneeblume

    Luna - 12.12.2005, 21:13


    Aki hat folgendes geschrieben: Du bist echt fies, weisst du das? :)

    Jupp :wink:

    Kapitel 16: Hidden Snowwings

    Jessenia war es leid, sie hielt es nicht mehr aus. Sie lag seelenruhig auf ihrem Bett und ihre Gedanken spielten Zirkus und sie mochte diese Vorstellung überhaupt nicht. „So sollte das nicht enden. Ich will Ville nicht bis zum Abschied anschweigen. Nein nein nein!” Immer wieder schlich sich ein Lied in ihre Gedanken. Sie versuchte es vergeblich auszublenden, aber es gelang ihr nicht. „I don’t wanna feel
    Anything today…Was soll ich nur tun?...Anything at all and just be alone, I just wanna know that you wanna know...Ich muss mit ihm reden...I don’t wanna live through Another day...so kann das nicht weitergehen... I will never be anything again...verdammt, kann dieses Lied nicht endlich aufhören?!... I’m tired to give, I don’t wanna try I’m afraid to live, I’m afraid to die I just wanna fly,Throw it all away, I just wanna fly, Throw it all away, Meaningless to fight for Your sympathy, I just wanna drown in the Heart of misery” Sie schlug ihren Kopf ins Kissen und das Lied fing langsam an zu verblassen.
    In diesem Moment betrat Ville das Zimmer. Jessenia schreckte wie vom Blitz getroffen hoch, das hatte sie jetzt nicht erwartet. „Ich muss mit dir reden!“ kam es beiden gleichzeitig aus dem Mund. „Dann komm her und setz dich zu mir.“ Jessenia deutete auf den Platz auf der Bettkante neben ihr. Ville ging auf das Bett zu, aber er setzte sich auf die andere Seite des Bettes, so dass er mit dem Rücken zu ihr saß. Jessenia wusste zwar nicht was sie davon halten sollte, aber sie entschloss sich, sein Spiel mitzuspielen und blieb auch mit dem Rücken zu ihm sitzen.
    „Muss das denn wirklich sein?“ fing Jessenia an.
    „Was?“
    „Das Rumgeschweige.“
    Ville drehte sich um, er konnte einfach nicht mit ihr reden, wenn er ihr Gesicht nicht sah. Jessenia blieb starr sitzen, wodurch Ville zum ersten Mal etwas auf ihrem Rücken bemerkte. Sie hatte noch das weiße Kleid an, was am oberen Teil des Rückens frei war. Verwundert stelle er fest, dass etwas auf ihren Rücken tattooviert war. Genau an der Wirbelsäule waren 2 mittelgroße Flügel aus Eiskristallen tattooviert. Sie sahen so täuschend echt aus, dass Ville glaubte, sie könnten jeden Moment anfangen zu schlagen. Jessenia schien seinen verwunderten Blick zu bemerken und drehte sich um. „Die Antwort auf meine Frage, bitte!“
    „Huh?“ Ville musste sich erstmal von dem Bild eben losreißen. „Achso..ja..ich dachte, du hast mit dem Schweigen angefangen.“ Kratzte er sich verwirrt am Kopf.
    „Ach ist jetzt auch egal, wer angefangen hat, wichtig ist, dass wir damit aufhören!“ Damit hatte sie den Kern der Unterhaltung auf einen Punkt getroffen. „Eine gründliche Aussprache jetzt und sofort!“ befahl sie.
    „Ok, aber über was bitte?“
    Sie seufzte kurz: „Du fragst mich und ich antworte, von dir brauch ich nichts fragen, da weiß ich schon alles.“
    „Nun gut. Wann gehst du?“
    „Das kann ich dir nicht sagen.“
    „Tolle Aussprache! Wenn du doch eh angeblich die Antwort nicht weißt, warum soll ich dich dann fragen?“
    „Öhm..*mit den Schultern zuck* einfach so?“
    „Du bist mir eine!“ packte er sie von hinten und warf sie aufs Bett. Jessenia konnte sich ihr Kichern nicht verkneifen. „Na warte, das bekommst du zurück!“ Er hielt ihre beiden Hände mit einer Hand fest, mit der anderen begann er sie zu kitzeln. Er konnte ihr einfach nicht böse sein. Aber er hatte falsch gedacht, wenn er glaubte, Jessenia würde das lange mit sich machen lassen. Schnell hatte sie sich aus seinem Griff befreit und schaffte es, Ville umzuwerfen. Triumphierend saß sie nun auf ihm. „Ach komm her, du Feger!“ Er zog sie zu sich runter und strich ihr über die Haare. Jessenia begriff schnell und rollte sich zufrieden auf seinem Bauch ein. „Was ist das eigentlich da auf deinen Rücken?“
    „Was meinst du? Da ist doch gar nichts!“
    Ville drehte Jessenia schnell um und wollte ihr zeigen, was er meinte, aber zu seiner Überraschung war genau das da, was Jessenia sagte: Nichts. Die Flügel waren verschwunden.



    Re: Schneeblume

    Aki - 13.12.2005, 22:15


    Toller Teil, hab ich aber schon im les fleurs du mal gelesen :P
    Lass uns doch nicht immer so zappellln...



    Re: Schneeblume

    Luna - 13.12.2005, 22:20


    Aki hat folgendes geschrieben: Toller Teil, hab ich aber schon im les fleurs du mal gelesen :P
    Lass uns doch nicht immer so zappellln...


    Lass mich doch erstmal meine Arbeiten schreiben...



    Re: Schneeblume

    Aki - 15.12.2005, 20:25


    'tschuldigung....bin schon ruhig...



    Re: Schneeblume

    Dark is the Night - 16.12.2005, 20:49


    Schöne spannende Story. Bitte weiter :D



    Re: Schneeblume

    Luna - 17.12.2005, 00:41


    Sooo...frisch aus Word kopiert :wink:

    Kapitel 17: That you’re here, means more to me than everything

    Es war der Morgen des 22.Dezembers, Jessenias vermeintlichen Geburtstags. Ville und Jonna standen mit einer Torte vor ihrer Tür und klopften leise an. Vor drinnen hörten sie nur ein dumpfes Rufen: „Mir ist es wurstegal, ob ihr jetzt vor meiner Tür mit einer Torte oder so steht, lasst mich einfach schlafen!!“ Jonna und Ville sahen sich mit runterfallenden Unterkiefern an. Hatte sie sie wirklich eben einfach so abgewiesen? An ihrem Geburtstag? Jonna klopfe empört wieder gegen die Tür: „Du hast sie wohl nicht alle?!“ Ville nahm ihren Arm von der Tür weg und schüttelte den Kopf: „Lass sie ruhig, die bekommt noch, was sie verdient:“ grinste er böse. Jonna wandte sich mit einem Achselzucken ab und ging runter in die Küche. Wenn Ville etwas von seinem besten Freund gelernt hatte, dann wie man Leute angemessen aufweckte. Ville wunderte sich selbst darüber, dass er grad eine sehr bam’sche Aktion vorhatte. Er schaut noch einmal kurz prüfend auf die geschlossene Tür, bevor er sie mit einem gewaltigen Tritt eintrat. Er stürmte ins Zimmer und rief so laut er konnte „AAAAAUUUUFSTEEEEEHN!!“ und warf sich neben Jessenia aufs Bett. Diese hatte unterdessen ihren Kopf in ihrem Kissen vergraben und zeigte keine Reaktion. „Huuuuhuuu?!“ piekste Ville ihr in die Seite (oder das, was man unter der dicken Decke als „Seite“ ausmachen konnte). Jessenia hielt dem nicht lange stand und ihren Kopf zu Ville drehte. Erschocken sah er Jessenias rote Augen. „Was ist denn passiert?“ fragte er besorgt.
    „Nichts. Alles ok.“
    „Deine Augen sagen aber was anderes.“
    „Na und?“
    „Komm, sag schon!“
    „Ei nein, es is nichts!“
    „Doch!“
    „Nein!“
    „Doch!“
    „Ich hab immer ein „Nein“ mehr als du!“
    „Püh, dann halt net! Jonna und ich warten auf dich unten, mach dich schnell fertig!“ und schon war er aus dem Zimmer verschwunden. Jessenia atmete laut aus und warf sich rücklings aufs Bett. Still verharrte sie dort und sah die Decke an.

    Langsam ging sie dir Treppe runter, immer mit dem Schlimmsten rechnend. In der Küche angekommen sah sie, wie Jonna und Ville mit einer Torte am Tisch saßen. „HAPPY BIRTHDAY!!“ war das erste was ihr entgegenkam. Sie setzte sich an den letzten freien Stuhl und gab nur ein resigniertes „Jo“ von sich. „Dein Geschenk bekommst du aber erst übermorgen.“ Grinste Jonna „so als Geburtstag und Weihnachten zusammen^^“
    Jessenia stöhnte auf. „Mist und ich hab ja gar keine Geschenke für euch!“
    „Das macht doch nichts, von was solltest du die auch kaufen?“ stelle Jonna fest.
    „Und deine Anwesenheit ist schon Geschenk genug!“ zwinkerte ihr Ville zu.
    Auf Jessenias Backen machte sich leise einerosa Färbung breit, während sie auf das Stück Kuchen vor sich starrte.
    „Ville?“ sagte sie, immer noch auf den Kuchen starrend.
    „Hm?“
    „Halt die Klappe!“
    Ville musste laut auflachen, oh wie er mit dieser Reaktion gerechnet hatte. „Ich freu mich schon richtig auf übermorgen.“ gab er breit grinsend von sich. Jessenia ahnte böses.

    Sie blieb nicht lange in der Gesellschaft ihrer „Ersatzeltern“. Ihr war nicht nach Feiern zu Mute, darum ging sie, sobald sie ihr Stück Kuchen gegessen hatte, wieder zurück ins Bett. Sie warf sich ins Bett und zog so schnell es ging die Decke wieder über ihren Kopf.



    Re: Schneeblume

    Revontulet - 18.12.2005, 01:51


    magst du nicht weiterposten? weil den nächsten teil hab ich eh schon gelesen und ich möchte wissen, wie es weitergeht!! :wink:



    Re: Schneeblume

    Luna - 18.12.2005, 13:06


    Jaja is ja gut, ich habs gestern nur in meiner Hektik vergessen

    Kapitel 18: I see the seasons changing

    Es war dunkel, Ville konnte seine eigene Hand nicht sehen. Plötzlich schien ein Licht am Ende der Dunkelheit aufzutauchen. Er lief so schnell er konnte darauf zu. Je näher er kam, desto blendender und intensiver war das Licht. Er hielt sich die Hände vor die Augen und lief weiter. Als er sie wieder runter nahm, standen vier Jessenias vor ihm. Ville traute seinen Augen nicht. Sie gleichten sich wie ein Ei dem Anderen. Er wollte einen Schritt näher auf sie zugehen, aber plötzlich schlug ihm ein eisiger Wind entgegen, der ihn wegwehen zu drohen schien. Zeitgleich trat eine der Jessenias vor und rief, eine Hand Ville abwehrend entgegen haltend: „Keinen Schritt näher!“
    „Wer seit ihr?“ fragte Ville erstaunt.
    Nun trat eine andere hervor: „Blöde Frage, dass siehst du doch. Wir sind Jessenia!“
    „Nein, es gibt nur eine Jessenia!“
    „Nein, es gibt uns vier, aber welche von uns deine ist, das ist die Frage. Kannst du es herausfinden?“
    „Was, wenn nicht?“ fragte er trotzig zurück.
    „Dann ist ihr Schicksal besiegelt!“
    Unentschlossen blickte er von einer zur anderen, aber er schien nichts zu finden, mit dem er „seine“ Jessenia eindeutig ausmachen könne. Plötzlich bemerkte er etwas. In den Augen jeder lag ein anderer Ausdruck: Ganz links fand er Hoffnung und Zuversicht, als er genauer hinsah, hatte er das Gefühl als ob sich die Erde unter ihm auftun würde und ihn verschlingt. Er schaute auf den Boden, aber da war nichts. Daneben fand er den Ausdruck purer Lebensfreude und er hatte das Gefühl innerlich zu verbrennen. Die nächste hatte etwas trauriges, aber auch Faszinierendes an sich und ihm schlug der heftige Wind von eben ins Gesicht. Nun war die letzte an der Reihe. Bevor er ihr überhaupt in die Augen sah, schien ihn schon eine eisige Kälte den Hals abzuschnüren. Alles was er finden konnte, war Kälte und Abneigung.
    All dies konnte er Jessenia nicht eindeutig zuordnen. Irgendwie gehört alles teilweise zu ihr. Unschlüssig deutete er auf die letzte Jessenia…

    Ville saß strack im Bett und atmete heftig. Was war denn das für ein Traum gewesen? Er schaute auf seinen Wecker. 5: 13 Uhr. Der frühe Morgen des Weihnachtstages. Er versuchte noch mal die Augen zu schließen und zu schlafen, aber es gelang ihm nicht. Immer wieder kam er zu dem Traum zurück und immer wieder machte er wieder die Augen auf, bevor er wusste, ob er richtig gewählt hatte oder nicht. Er gab seine vergeblichen Versuche auf und ging in die Küche. Auch Jessenia konnte anscheinend nicht schlafen, da Ville sie, als er in die Küche kam, vor dem Fenster wieder fand. Sie hatte ihn anscheinend nicht bemerkt so vertieft wie sie in den langsam und stetig fallenden Schnee war. Er legte ihr sanft eine Hand auf die Schulter und merkte wie sie zusammenzuckte. Sie hatte ihn wirklich nicht bemerkt. „Du kannst anscheinend auch nicht schlafen.“ gab sie leise von sich. „Ich hatte einen komischen Traum.“ antwortete Ville dazu. „Ich auch. Ich hab mich irgendwie gespalten gefühlt.“ Ville stutze für einen Moment, sagte aber nichts Weiteres dazu. „Komm, ich mach uns Frühstück. Was hättest du denn gerne?“ fragte er stattdessen.
    „Ville, bist du dir ganz sicher, dass du das machen willst? Du weißt doch wohl wie das bei dir endet.“ meinte sie schlicht.
    „Für ein paar Scheiben Toast und Cornflakes reicht meine Kochkunst noch.“ gab er grummelnd zurück. Jessenia grinste breit, wie sie ihn ahnungslos die Schränke durchwühlen sah und wandte sich wieder den Schneeflocken zu.



    Re: Schneeblume

    Luna - 07.01.2006, 16:49


    Kapitel 19: New Wings are growing tonight

    Sie blickte weiter auf den draußen fallenden Schnee. Dass Jonna schon den ganzen Tag, seit sie aufgestanden war, durchs Haus fusste, störte sie wenig. Ab und zu schaute ihr auch mal Ville über die Schulter, wenn Jonna ihn nicht grad wieder mit einer neuen Aufgabe bedachte. Besorgt stellte er fest, dass der Schneesturm immer heftiger wurde.
    „Hoffentlich geht das mal gut.“ Murmelte er vor sich hin.
    „Mach dich nicht verrückt, Ville. Noch nicht mal ein Orkan hält den ab.“ lachte Jonna aus der Küche.
    „Wirst schon Recht haben.“
    Jessenia starrte nur verwirrt von einem zum anderen. Gab es da etwas, von dem sie keine Ahnung hatte?
    Langsam wurde es dunkel draußen, der Weihnachtsbaum wurde festlich erleuchtet und Jonna begann den Tisch zu decken, als es plötzlich einen lauten Knall gab und die Haustür weit aufflog.
    Jessenia war die erste, die im Flur stand. „Was ist DAS denn?!“ war das erste, was die herausbekam.
    „Wie „was ist das denn?“? Das kann ich nur zurückgeben!“ hörten Jonna und Ville eine wohl bekannte Stimme. Jessenia stellte sich daraufhin direkt vor den Eindringling und funkelte ihn böse an.
    „Sag mal Ville, ist das euer neuer Wachhund?“
    „Nein, Bam, das ist Jessenia.“ Bam zog, bei dem Gedanken an ein Kind in diesem Haus, die Augenbrauen hoch und konnte sich die Frage nicht verkneifen. „Ville…Jonna…kann es sein, dass ich etwas verpasst habe?“
    Plötzlich fing Jessenia an ihn breit anzugrinsen. Verwirrt drehte sich Bam zu Ville: „Warum grinst die mich jetzt auf einmal so an?“ Ville seufzte bei der Frage. „Sie hat beschlossen dich zu mögen. Wie lange hast du eigentlich vor zu bleiben?“
    “Och, ich hab en paar Wochen frei und die verbringe ich doch am liebsten mit meinem Lieblings-Willa-Walo!” gab er voller Begeisterung zurück.
    Nach diesem kleinen Zwischenfall, begann nun die eigentliche „Feier“. Das Essen war schnell verschlungen und man machte es sich um den Weihnachtbaum gemütlich und die Geschenke wurden verteilt. Ville griff nach einem kleinen Kästchen und hielt es Jessenia vor die Nase. „Das ist von uns für dich.“ Sie griff unsicher danach und öffnete es. Drinnen lag eine silberne Kette mit einem Anhänger, der wie ein Schneekristall aussah. Als sie ihn jedoch umdrehte, war es kein Eiskristall mehr, sondern eine Rose. Sie fragte sich, wie sie das wohl geschafft hatten, vermutlich war es eine Extra-Anfertigung. Sofort fand sie heraus, dass es ein Medallion war. Voller Begeisterung verpasste sie erst Ville, dann Jonna, einen Kuss auf die Backe.
    Später saß sie auf Bams Schoß (ja, sie hatte wirklich eine Art, die Menschen um ihren kleinen Finger zu wickeln), das Medallion immer noch in der Hand und begann leise vor sich hin zu summen. „Jetzt hab ich Bam schon erzählt, wie toll du singen kannst, da kannst du ihm grad vortragen, was du wieder vor dich hinsummst!“ grinste sie Ville an. Sie gab keine Reaktion von sich, sah Ville nicht einmal an, aber es begann ihre Gedanken in Worte zu fassen.

    Winter has come for me, can't carry on.
    The chains to my life are strong but soon they'll be gone.
    I'll spread my wings one more time.

    Is it a dream?
    All the ones I have loved calling out my name.
    The sun warms my face.
    All the days of my life, I see them passing me by.

    In my heart I know I can let go.
    In the end I will find some peace inside.
    New wings are growing tonight.

    Is it a dream?
    All the ones I have loved calling out my name.
    The sun warms my face.
    All the days of my life, I see them passing me by.
    Is it a dream?
    All the ones I have loved calling out my name.
    The sun warms my face.
    All the days of my life, I see them passing me by.

    As I am soaring I'm one with the wind.
    I am longing to see you again, it's been so long.
    We will be together again.

    Is it a dream?
    All the ones I have loved calling out my name.
    The sun warms my face.
    All the days of my life, I see them passing me by.
    Is it a dream?
    All the ones I have loved calling out my name.
    The sun warms my face.
    All the days of my life, I see them passing me by.

    Ville sah sie mit einem leichten Schock in seinem Gesicht an. Sollte das etwa bedeuten..? Jessenia schien die stille Frage in seinem Gesicht zu bemerken und antwortete mit einem Kopfschütteln, was bei Ville einen erleichterten Gesichtsausdruck hinterließ.
    „Wow, das war klasse!“ hörte man hinter Jessenia. Ein selbstzufriedenes Grinsen spielte sich über Jessenias Gesicht und sie rutschte langsam von Bams Schoß und ihre Aufmerksamkeit wieder den Schneeflocken zu schenken.


    Kapitel 20: Sometimes I could hate you..but I love you too much

    Die Festtage gingen vorüber, Silvester näherte sich langsam und Bam musste mit traurigem Gesicht seine Koffer packen. Jessenia hatte ihn in dieser Zeit furchtbar ins Herz geschlossen.
    Nun stand sie im Türrahmen zu seinem Gästezimmer und sah mit traurigem Blick auf einen genauso traurigen, kofferpackenden Bam.
    „Kannst du nicht noch länger bleiben?“ war das einzige, was sie herausbrachte, als Bam sich verabschiedete.
    „Da kannst du mal sehen, wie du ihm ähnelst. Ich versuche auch vergeblich dich zum bleiben zu überreden!“ meinte Ville, der protektiv seine Arme um ihre Schultern gelegt hatte. Gegen ihren Willen musste sie darauf lächeln, auch wenn es ein trauriges war.
    Doch wie es kommen sollte, geschah ein Wunder: Bams Flug musste wegen des plötzlich heftigen Schneesturms abgesagt werden und so verbrachte er noch ein paar Tage mehr bei Ville, sehr zu Jessenias Freude.
    Ville fragte sich im Stillen, ob Jessenia bei dem Schneesturm nicht wieder mal ihre Finger im Spiel hatte. Als sie dann wieder einmal nur mit einem Handtuch bekleidet aus der Dusche kam, bemerkte Ville in vorbeigehen wieder die Schneekristallflügel auf ihrem Rücken, doch bevor er einen weiteren Gedanken daran verschwenden konnte, schienen sie auch wieder verschwunden.
    „Ich glaub’ ich wird’ hier noch paranoid!“ murmelte er zu sich.
    ER war sich sicher, dass sie ihm etwas verheimlichte. Blöde Frage! Natürlich verheimlichte sie etwas! Sie sagt nicht, wann sie gehen muss, warum sie gehen muss, wo sie herkommt und hingeht und was es mit dem „Tattoo“ auf sich hat.
    Ville war in Gedanken versunken auf dem Bett eingeschlafen, bis sich plötzlich zwei Körper schreiend auf ihn stürzten.
    „Oh ja..und wie sie sich ähneln..“ seufzte er in Gedanken.
    „Euch beide könnte man in einen Sack stecken und mit einem Holzprügel draufhauen, es würde immer den richtigen treffen!“ Diesmal kam dies aber laut und meinem bösen Blick gespickt heraus. Darauf verzogen Jessenia und Bam das Gesicht zu einem Schmollmund und Dackelblick vom Feinsten.
    Ville rollte nur mit den Augen und ließ sich wieder aufs Bett fallen, aus dem die beiden ihn eben mit größter Begeisterung geworfen hatten.
    „Zwillinge!“ war das letzte, was er sagte, bevor er mit seinem Gesicht im Kissen landete.
    Sofort warfen sich Bam und Jessenia wieder auf dem armen. Ville war sich sicher, das würden noch ein paar harte Tage werden.
    Ville wusste es. Er war felsenfest davon überzeugt. Und die darauf folgenden Tage hatten dies noch bestätigt. Bam und Jessenia waren zusammengewachsen. Und es gefiel ihm überhaupt nicht. Nun musste er sich jedoch die Frage stellen, nahm Jessenia ihm Bam weg oder nahm Bam ihm Jessenia weg? Im Grunde war es ihm egal, er wusste, dass er der Verlierer bei der Sache war.
    Grummelnd saß er bei Jonna am Küchentisch und schaute raus, wie Jessenia und Bam eine gnadenlose Schneeballschlacht veranstalteten. Er konnte es selbst nicht glauben, aber Jessenia seifte Bam regelrecht ein. Als sie einem Schneeball auswich, sah Ville wie Jessenias Medallion an ihrem Hals durch die Luft flog und in der Sonne glitzerte.
    Er hatte es sich anders überlegt. Er hatte niemanden verloren.



    Re: Schneeblume

    Helix - 10.01.2006, 17:48


    Auch wieder ein sehr schöner Teil! :D

    Gibts bald ne Fortsetzung? *endlich-wissen-will-was-Jessenia-zu-verbergen-hat* :wink:



    Re: Schneeblume

    Luna - 10.01.2006, 19:13


    Ok...haltet Taschentücher bereit :wink:

    Kapitel 21: You're irresistable

    Silvester war vorbei, das neue Jahr war bereits ein paar Tage alt und schon schwirrten die Termine für die nächsten Monate für Ville herein.
    Er saß gemütlich auf der Couch im Kaminzimmer und schrieb die Termine in seinen neuen Terminkalender, als Jessenia plötzlich neben seinem Kopf über der Lehne hing und erst den Terminkalender und dann ihn musterte.
    „Warum machst du das? Du wirst ihn doch eh nicht benutzen!“
    Ville schloss resignierend die Augen und lehnte seinen Kopf zurück. Woher wusste sie das schon wieder?
    „Aus Gewohnheit.“ gab er schlichtweg zurück.
    Jessenia zuckte nur mit den Schultern und drehte sich zum Gehen um.
    „Stopp! Wenn du in die Küche gehst, kannst du Jonna grad sagen, dass ich morgen erst zum Abendessen wieder da bin, wir müssen wieder mit der Band proben.“
    Jessenias Augen wurden groß und Ville begann schlimmes zu ahnen.
    „Oh nein, das kommt nicht in Frage!“ gab er scharf zurück.
    Langsam wurden ihre Augen wässrig. Nein, dem konnte er nicht standhalten.
    „Okok, solange wir in Finnland sind, kannst du mitkommen, aber sobald wir nach Amerika flieg-“
    Bei dem Wort „Amerika“ wurden ihre Augen immer größer und wässriger und ihre Lippen verzogen sich zu einem Schmollmund. Ville gab sich eine mentale Ohrfeige. Warum konnte er seine Klappe nicht halten?

    So ergab es sich, dass Jessenia regelrecht zum Maskottchen der Band wurde.
    Schon beim ersten Treffen war sie nicht zu ignorieren. Gas wurde innerhalb von 5 Minuten zu einer Hüpfburg, Migé wurde zu ihrem offiziellen Teddybär umfunktioniert, Burton klaute sie den Cowboyhut, sobald er ihn nur aufsetzte, und sogar Linde bracht sie zum Reden (nachdem sie ihm mehrmals seine Dreads um den Kopf gewickelt hatte). Ville saß hingegen in der Ecke mit seiner Gitarre und spielte einfach drauf los. Zwischendurch konnte er aber auch nicht an sich halten und musste bei dem Anblick von Lindes vollkommen genervten Gesichtsausdrucks laut auflachen, worauf er von diesem ein spöttisches „Papa“ erntete. Ville fragte sich schon, ob Jessenias Charme bei Linde völlig wirkungslos war. Als er dann aber sah, wie sie, von Villes Gitarrenspiel beruhigt, mit dem Kopf auf Lindes Brust eingeschlafen war und auch ein Lächeln auf Lindes Gesicht nicht zu übersehen war, als er noch protektiv einen Arm uns sie legte, war er sich sicher, dieses Mädchen konnte alles.
    Auf dem Heimweg waren dann nur noch Migé und Ville von der Band übrig geblieben, da sich die anderen in die andere Richtung mussten. Jessenia saß gemütlich auf Migés Schultern und hatte immer noch Burtons Cowboyhut auf.
    „Willst du Burton nicht mal den Hut wiedergeben?“ fragte Ville mit hochgezogenen Augenbrauen.
    „Welcher Hut?“ Jessenia schaute ihn verwirrt an.
    „Den, den du grad auf deinem Kopf trägst!“ Jessenia fasste sich an den Kopf und schien anscheinend erst jetzt Burtons Hut zu bemerken.
    „Och..ich glaube er hat mittlerweile aufgegeben.“ gab sie mit einem Schulterzucken und Unschuldsmiene zurück.
    „Ok Mikko, übergib mir mal die kleine Kleptomanin, wir sind da.“
    Mit einer Bewegung hing Jessenia auf einmal in Villes Armen. „Was ein Fliegengewicht. Die kannst ja umpusten!“ stellte Migé fest. Jessenia stand mittlerweile wieder auf eigenen Beinen und musterte ihn eindringlich. „Immerhin besser als kugelförmig zu sein!“
    Ville konnte sich ein grinsen nicht verkneifen, als Migé ärgerlich die Augen zusammenkniff. Er warf Jessenia noch schnell einen Schneeball hinterher, bevor sie sich ins Haus retten konnte.


    Kapitel 22: Have you ever loved and lost somebody?

    So verging Bandprobe um Bandprobe, Tag um Tag und Woche um Woche. Mittlerweile war es Mitte März geworden. Um genauer zu sein der 19. Ville fiel auf, dass Jessenia die letzten Tage lang sehr anhänglich geworden war, doch er schenkte dem keine weitere Aufmerksamkeit. Er hatte mit ihr nicht mehr über ihre „Abreise“ gesprochen und das Thema auch schlichtweg vergessen oder verdrängt.
    „Jessenia! Hör auf dich an meine Füße zu hängen! Das nervt!“ brüllte Ville durchs ganze Haus. Er war genervt. Sehr sogar. Der Tag war einfach schon blöd genug für ihn gelaufen: Heute Morgen hatte er sich den Kopf an der Schranktür angehauen, das Mittagessen ist ihm angebrannt und bei der Probe lief auch nix. Und nun hing Jessenia ihm noch ständig am Rockzipfel. Nein, das passte ihm grad gar nicht. Alles was er wollte, war ein bisschen mehr Ruhe als sonst. Er warf ihr noch einen letzten bösen Blick zu, der ihr bedeutete, dass er es wirklich ernst meinte. Er glaubte kleine Tränen in ihren Augen zu sehen, verwarf den Gedanken aber wieder, da sie sonst immer sehr verständnisvoll reagiert hat und ihm diesmal seine Wut bestimmt einen Streich gespielt hat. Er hatte grad anderes im Sinn, als Jessenias trauriges Gesicht. Schlafzimmer. Gitarre. Jetzt!
    Jessenia hörte noch eine Tür knallen und dann lautes Gitarrenspiel. Leise ging sie die Treppe zum Schlafzimmer hoch und lauschte an der Tür. Diesmal beruhigte sie Villes Gitarrenspiel nicht. Eher im Gegenteil. Sie lehnte sich gegen die Wand neben der Tür und ließ sich langsam zu Boden gleiten, bis ihre Knie in Höhe ihres Gesichtes waren. Sie legte ihre Arme auf die Knie und vergrub ihr Gesicht darin. Warum musste das ausgerechnet jetzt passieren?
    Wie lange sie auch da sitzen blieb, Ville erschien nicht mehr.

    Es war mittlerweile Morgen geworden. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, aber die Vögel waren schon am zwitschern. Sie hatte die ganze Nacht damit verbracht, den Schnee beim Wegschmelzen zu beobachten. Nun stand sie wieder da. Vor der Schlafzimmertür. Sie seufzte einmal leise und öffnete ebenso die Tür. Zu hören war nur das ruhige Atmen von Ville und Jonna. Sie stand nun vor Ville. Langsam ließ sie eine Hand an seiner Backe entlang gleiten. Erschrocken zog sie ihre Hand zurück und hielt sie mit der anderen dort fest, wo ihr Herz nun raste, als Ville bei der Berührung kurz zusammenzuckte, aber doch weiterschlief. Sich wieder beruhigend, schloss sie ihre Augen. Sein Gesicht war warm im Vergleich zu ihrer eiskalten Hand. Bevor sie sich wieder auf den Weg nach unten machte, legte sie einen Finger auf ihre Lippen, den sie gleich drauf auch auf seine legte.
    Nun stand sie unten vor der Garderobe und musterte ihre Kleidung. Sie saß wieder aus, wie an dem Tag, wo Jonna sie aufgelesen hatte und ins Haus geschleppt hatte. Die schwarze Wollmütze, der schwarze Mantel, die schwarzen Stiefel, dieselben Jeans und derselbe leere Blick. Nicht mehr und nicht weniger.
    Es war totenstill im Haus, als sie zur Haustüre rausging und diese hinter sich ins Schloss fallen ließ. Der Schnee war fast vollständig weg und wo noch welcher lag, war es im Grunde nichts mehr als Schneematsch. Der Boden war kalt unter ihren Füßen. Es fröstelte sie ein bisschen. Langsam aber zielsicher setzte sie ihren Weg in Richtung Gartentor fort. Die Sonne begann aufzugehen, das rote Licht tauchte sie in einen Kupferton. In der Mitte des Weges blieb sie stehen und beobachtete die Geburt des neuen Tages. Zum letzten Mal brach sich das Sonnenlicht in einer ihrer Tränen.

    Ville wachte schweißgebadet auf. Irgendwas stimmte nicht, das merkte er sobald er den ersten bewussten Atemzug nahm. Jessenia. Irgendwas stimmt nicht. Er zog sich schnell frische Kleidung an und ging in ihr Zimmer. Nichts. Alles unberührt, als wäre sie nie da gewesen. Ihre Leihkleidung lag sauber gefaltet auf dem gemachten Bett. Das Gefühl wurde schlimmer.
    Im Bad? Keiner. Er durchsuchte das ganze untere Stockwerk. Auch nichts. Keller. Nichts. Dann fiel ihm auf, dass ihre Kleidung an der Garderobe fehlte. Seine Augen wurden großer. Nein.. sie wird doch nicht etwa...?
    Er ging vor die Haustür. Der Schnee war weggeschmolzen. Halt. Da waren Fußspuren auf den Steinen. Fußspuren aus reinem Schnee. Mitten im Schneematsch. Sie führte bis zur Mitte des Weges, dann hörten sie auf. Ville musste tief einatmen, um nicht zusammenzubrechen. Zwischen den letzten Abdrücken lag das Medallion. Jessenias Medallion.
    Vorsichtig hob er es auf, als ob es bei zu hartem Druck versplittern würde. Es war offen. Und was er darin fand, trieb ihm endgültig die Tränen in die Augen:
    Ein Bild von ihm und Bam und auf der anderen Seite einen kleinen Zettel mit „Danke“.


    Epilog

    Fotos. Viele Fotos. Bunte Farben. Lachende Gesichter. Strahlende Augen. Ein Hauch von rotem Haar.
    Silberschimmer. Lichtreflexionen an der Decke. Ein einsames Medallion.
    Der Wind weht. Fotos und Blätter fliegen. Ein Brief.

    „Wenn ich es doch nur gewusst hätte.. Jetzt verstehe ich auch dein trauriges Gesicht, als ich dich an dem Abend angebrüllt habe. Es tut mir so Leid. Du bist fort und das Letzte was ich zu dir gesagt hab, war „Lass mich los! Das nervt!“
    Ich wünschte, ich wäre den Abend noch einmal rausgekommen und hätte mich bei dir entschuldigt. Aber nun ist es zu spät. Weg. Wirst du jemals wiederkommen? Nur damit ich dir sagen kann, dass es mir Leid tut und ich dich wie eine Tochter liebe?
    Du hast ein Loch in unseren Leben hinterlassen. Nicht nur in meinem. Auch in Bams und Jonnas. Sogar Burton weigert sich jetzt seinen Cowboyhut zu tragen, so als ob du immer noch da wärst und ihm ihn geklaut hättest.
    An dem Tag, wo Jonna dich zu uns reingebracht hatte, da konnte ich dich nicht schnell genug loswerden. Aber seit dem Tag, wo du das erste Mal verschwunden bist, wollte ich dich nie mehr loslassen. Ich kann dich immer noch nicht loslassen. Ich kann immer noch nicht akzeptieren, dass du fort bist. Und ich weiß nicht wohin. Ich kann dich nicht zurückholen. Ich werde darauf warten, dass du wieder kommst. Tage, Wochen, Monate, Jahre…es ist mir egal, Hauptsache du bist irgendwann wieder bei mir.
    Ich weiß, warum du mich an dem Morgen nicht geweckt hast. Du magst keine Abschiedszenen. Du wolltest nicht, dass ich dich so sehe. Die Angst und Trauer in deinen Augen. Ich sehe es deutlich vor mir. Wie du gerade vor mir stehst und mir sagst, dass ich nicht traurig sein soll, dass alles wieder gut wird, dass es Schicksal war.
    Ich will und werde das nicht glauben, aber wie du selbst sagtest, „Die Zeit heilt alle Wunder“. Vielleicht wird irgendwann das Wunder unserer Begegnung verschwinden. Und doch werde ich immer deine Augen vor mir sehen, wenn ich die Augen schließe.
    Woher du kamst, weiß ich nicht. Wohin du gingst, weiß ich nicht. Aber was ich weiß, du wirst für immer in meinem Herzen sein.

    “A Ghost of you is all that I have left
    It’s all that I have left from you to hold”

    Du bist mit dem Schnee gekommen, hast dich zwischendurch an meinem Herzen gewärmt und bist mit dem Schnee wieder gegangen…
    Ich werde dich nie vergessen, meine kleine Schneeblume“

    Der Wind bläst. Die Zettel fliegen weiter.



    Re: Schneeblume

    Revontulet - 14.01.2006, 18:35


    och wie traurig!! *sniff* aber es war ja zu ahnen... :cry: toll geschrieben die geschichte!!

    ich freu mich schon auf die fortsetzung! :twisted: :P



    Re: Schneeblume

    Luna - 14.01.2006, 23:50


    Revontulet hat folgendes geschrieben: och wie traurig!! *sniff* aber es war ja zu ahnen... :cry: toll geschrieben die geschichte!!

    ich freu mich schon auf die fortsetzung! :twisted: :P

    AARgh...mist...jetzt muss ich die auch noch hierreinstellen



    Re: Schneeblume

    Revontulet - 15.01.2006, 00:46


    tja, wer a sagt muss auch b sagen, bzw. wer den 1. teil postet muss auch due fortsetzung posten; so einfach ist das!! :lol:



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