Die Geschichte von Anga und Connar (to be continued)

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    Re: Die Geschichte von Anga und Connar (to be continued)

    Gubbelhexe - 30.10.2005, 12:10

    Die Geschichte von Anga und Connar (to be continued)
    So, ich stelle dann Stück für Stück die Kapitel, die schon fertig sind online.


    Erklärende Einleitung

    In Asamandra, wo die Geschichte spielt, ist alles ein wenig anders, als auf der Erde. Hier trägt ein jeder Mensch seine Haare lang (das hat etwas mit dem Glauben der Leute dort zu tun), Frauen tragen generell Kleider oder Röcke mit Blusen, Männer dagegen meist Hosen und Hemden. Es gibt keinerlei moderne Technologien, wie z.B. Handy, Telefon, Flugzeug, Auto. Lastwagen, etc., also schreibt man sich Briefe, bewegt sich zu Fuß oder per Kutsche von einem Ort zum anderen und heizt mit Brennholz.
    Die typische Frauenrolle in Asamandra ist die, der tüchtigen Hausfrau. Die Männer dagegen sind meist von Mondsdag (Montag) bis Freyjasdag (Freitag) außer Haus und verdienen das Geld für die Familie.
    Diese Geschichte beginnt in Firanos, einem kleinen Dorf, in dem hauptsächlich Fischerfamilien wohnen. Neben den Fischern gibt es noch zwei Bauern, einen Müller und Bäcker, einen Fleischer und einen Gemischtwarenhändler.
    Am Rande des Dorfes steht ein kleines Haus, in dem eine neun-köpfige Familie wohnt, die im Besitz von drei Ziegen, einem Ziegenbock, sieben Gänsen, zwei Katzen und einem Hund ist. Es ist das Haus der Familie Garkinnen, ein wirklich reizendes kleine Fachwerkhäuschen mit Reetdach und einem kleinen Stall für die Gänse und die Ziegen mit ihrem Bock. Für gewöhnlich versammelt sich die ganze Familie zu Abend in der Stube, die zugleich als Küche dient, um Algrids gute Kochkünste zu genießen und während (oder nach) dem Essen erzählen die Kinder ihren Eltern, was sie den Tag über erlebt haben. Da jedoch Svartjok meist außer Haus ist und als Steuermann bei den Hochseefischern arbeitet, hört sich Algrid alleine jeden Abend die Erlebnisse ihrer Kinder an. Beginnen dürfen fast immer die 5-jährigen Zwillinge Gerik und Torben, die jüngsten in der Geschwisterschar, dem Alter nach kommt danach die 8-jährige Dilga, dann der 11-jährige Stane dran und dem folgen die 13-jährigen Zwillinge Gissa und Ilke. Als letztes gibt die 16-jährige Anga ihren Bericht ab, die sich um den Gemüsegarten und die Ziegen kümmert. Nach dem gemeinsamen Abendessen erzählt meist Algrid oder Anga eine kleine Geschichte, während Gissa und Ilke ihre Aufgabe erledigen und das Geschirr vom Abendessen abwaschen. Natürlich haben auch die anderen ihre kleinen Aufgaben: Stane und Dilga kümmern sich um die Gänse, Gissa und Ilke sind für gewöhnlich nach jeder gemeinsamen Mahlzeit dafür verantwortlich, dass Esstisch und Geschirr wieder sauber sind und die beiden kleinen Zwillinge Gerik und Torben haben zwar noch keine richtige feste Aufgabe, aber hin und wieder schickt Algrid die beiden um den Komposteimer zu leeren. Anga selbst hilft ihrer Mutter als die älteste Tochter wo immer sie kann, denn sie ist sich der vielen Arbeit, die Algrid mit einem so vielköpfigen Haushalt hat, nur allzu gut bewusst. Mit ihren 16 Jahren ist Anga wesentlich „erwachsener“ und verantwortungsbewusster als die meisten Mädchen bei uns auf der Erde, auch wenn sie in ihrem Aussehen wahrscheinlich kaum von diesen unterscheidet. Sie hat Lange braune Haare, die ihr in Wellen bis auf die Hüfte fallen und schaut man ihr ins Gesicht, so blickt man unweigerlich noch ein zweites mal hin, fasziniert von den mandelförmigen Augen, mit der in sanftem grün leuchtenden Iris. Wie ihre Mutter immer sagt, ist ihre Figur, mit der schmalen Taille und ihrem schlanken Erscheinungsbild, auch nicht zu verachten. Wäre Anga nicht als Fischerstochter sondern als eine junge Adelige aufgewachsen, wäre sie bei Hof gewiss eine der umschwärmteren jungen Damen gewesen.

    Ein anderer Teil dieser Geschichte beginnt in einem anderen bedeutenderen Teil des Herzogtums Oldenport, zu dem Firanos übrigens dazu gehört. Und zwar auf Gut Oldenport, Sitz des Herzogs Jaakon Arthag Hakon Rohal von Oldenport und seiner Gattin Herzögin Feyaria Belimone Odania Ranari von Oldenport, geborene I Ayshal. Die beiden haben zwei Söhne im Alter von 24 und 21 Jahren und eine 17 jährige Tochter. Nach der Tradition der Adeligen haben natürlich auch die „Kinder“ ebenso lange Namen wie ihre Eltern: der Älteste der drei ist Ottan Jaakon Arthag Calomiriel von Oldenport, dem Alter nach kommt dann sein Bruder Connar Jaakon Arthag Calomiriel von Oldenport und dann Sotkia Feyaria Jokja Belimone von Oldenport, die Schwester der beiden. Zum „Haushalt“ des Gutes gehören natürlich auch einige Wachleute und Bedienstete für Haus, Stallungen und Hundezwinger, außerdem sechs Hunde, mehrere Katzen und mindestens zehn Zuchtpferde. Wie es sie Traditionen und Gesetze verlangen, lebten die beiden Brüder eine geraume Zeit im königlichen Palast, wo sie zum Ritter ausgebildet wurden. Ottan kam im Alter von sieben Jahren in den Palast und schon ein Jahr später folgte ihm der damals erst fünfjährige Connar, was sehr ungewöhnlich war, da die adeligen Sprösslinge für gewöhnlich im Alter von acht oder sieben Jahren in den Palast kamen. Connars junges Alter bei Beginn seiner Ausbildung lässt sich damit erklären, dass er bei einem Palastbesuch der Familie einigen Lehrern positiv auffile und diese dann dafür sorgten, dass er im Palast blieb. Wie sich schnell zeigte, war diese Entscheidung gut gewesen, denn Connar lernte außergewöhnlich schnell. So wurde er nach der üblichen 12-jährigen Ausbildung zum Ritter geschlagen und verließ als Sir Connar von Oldenport, der beste Schwertfechter und treffsichterste Bogenschütze unter den Rittern des Königs, den Palast. Das liegt inzwischen schon vier Jahre zurück, Jahre die Connar natürlich nicht ungenutzt verstreichen lies. Da man auf Gut Oldenport, wie schon erwähnt, eine kleine Pferdezucht betreibt, lag für Connar und seinen Abenteuersinn nichts näher, als eine Reise in die Heimat seiner Mutter und damit in eine Gegend, die für ihre Wildpferde berühmt ist. Mit seinen langen schwarzen Haaren, die ihm bis zur Mitte des Rückens reichen, und seinen mandelförmigen Augen, fiel er dort höchstens durch seine blaugrüne Augenfarbe als Fremder auf. Ach seine Körpergröße war dort etwas auffälliger als in Asamandra, denn unter den Calagessi waren kaum welche größer als 1,75m, so fiel Connar mit seinen 1.98m noch mehr aus dem Rahmen als msonst. Nach seinem 1½-jährigen Aufenthalt in Calgessin kehrte er, mit zwei bildschönen rabenschwarzen Pferden für die Oldenporter Zucht und ausgezeichneten Sprachkentnissen im Calages, zurück auf das Gut seines Vaters.



    Re: Die Geschichte von Anga und Connar (to be continued)

    Gubbelhexe - 30.10.2005, 13:27


    Prolog I 20. September. 2405

    Anga kniete gerade neben Belimone im Heu und entlockte dem Euter der Ziege noch den letzten Rest der guten Milch um ihren kleinen Melkeimer zu Ende zu füllen, als sie hörte, dass vor dem Haus anscheinend berittene Gäste eintrafen. Nachdem sie die Milch in der Küche abgestellt und sich die Hände gewaschen hatte, kam Anga gerade noch rechtzeitig zur Haustür, um zu hören, wie eine Männerstimme sagte: „Tut uns leid Frau Garkinnen, aber ein Irrtum ist ausgeschlossen. Es handelte sich bei dem Schiff ohne Zweifel um die Undine, auf der ihr Mann, wie sie uns ja bestätigten, als Steuermann diente.“ Beunruhigt trat sie auf den Hof hinaus und was sie dort sah, verstärkte ihren Verdacht noch: „Die Büttel?! Bei allen guten Göttern... bitte nicht Vati... er darf nicht gesunken sein, bitte nicht...“ dachte sie verzweifelt und mit gespielter Ruhe fragte sie: „Es geht um Vater, nicht wahr? Ist ihm was passiert?“ Mit betretener Miene starrten die Büttel sie an, doch Anga ignorierte sie und wandte sich an Algrid: „Mutter, was ist los?“ Diese blickte sie nun an, mit einem bleichen Gesicht, aus dem jegliches Blut gewichen zu sein schien und antwortete ihr mit einer Stimme, die so monoton und gefühllos klang, dass Anga unwillkürlich zusammenzuckte: „Die Undine ist bei einem Sturm an einem Riff zerschellt. Sie sind alle tot. Man hat Teile vom Wrack gefunden, aber keine Überlebenden. Sie sind alle tot, alle...“ ihre Augen schimmerten verdächtig feucht, als sie Anga mit sich zurück ins Haus zog und die Tür hinter sich schloss. Kaum war diese ins Schloss gefallen, fielen sich Algrid und Anga in die Arme und schluchzten und weinten herzzerreißend und als sie sich wieder einigermaßen beruhigt hatten, bat Algrid ihre Älteste: „Hol bitte deine Geschwister, wir müsse reden.“ Sie entschieden am Abend, dass Anga würde arbeiten gehen müssen, am besten in Skogey, der nächsten großen Stadt, Jetzt wo mit Svartjok nicht nur der Vater verloren war, sondern auch eine „Einnahmequelle“ versiegte, würden sie jede Münze brauchen, die Anga dazu verdienen könnte.



    Re: Die Geschichte von Anga und Connar (to be continued)

    Gubbelhexe - 30.10.2005, 15:15


    Prolog II 20. September 2405

    Connar schwang sich auf den Rücken seines zwei Jahre jungen Pferdes. Es war das erste mal, das Sindar-Schattenpfeil, wie er den jungen Hengst genannt hatte, das Gewicht eines Reiters auf seinem Rücken spürte und Connar war gespannt, wie sein Zögling reagieren würde. Sindar bockte wütend, keilte aus und gebärdete sich, als wäre er irre geworden, doch Connar hilet sich hartnäckig auf dem Rücken des Hengstes und rief dem am Zaun stehenden Stalljungen zu: „Schnell Enuk, öffne das Gatter!“ Kaum hatte der Junge getan wie ihm befohlen, preschte Schattenpfeil mit Connar auf seinem Rücken an ihm vorbei und raste in wildem Galopp über die Wiesen, hin und wieder den Versoch startend, seinen Reiter mit Bocksprüngen loszuwerden. Als sie den Weg überqueren wollten. Der vom Tor zum „Schloß“ führte, hätten sie beinahe einen anderen Reiter überrannt und dere Schreck raubte Connar für wenige Sekunden die nötige Konzentration. So gelang es dem Hengst doch noch ihn abzuwerfen, so dass er in hohem Bogen durch die Luft flog und schmerzhaft vor dem anderen Reiter auf dem Boden aufkam. Stöhnend setzte er sich auf: „Badoc rahrim! Sindar komm her!“ schimpfte er wütend, dann wandte er sich mit einer kurzen Entschuldigung an den königlichen Boten, als den er den fremden Reiter an dessen Uniform identifizierte. Währenddessen war Sindar hinter ihn Getreten und stupste ihn nun mit seinem weichen Maul gegen die Schulter, als wolle er sich entschuldigen. Mit einem Lächeln sprang Connar auf den Rücken des Hengstes und lenkte das überraschte Tir mit gezieltem Schenkeldruck in Richtung der Stallungen. Als er später in das Arbeitszimmer seines Vaters gestüzt kam, stellte man ihn vor vollendete Tatsachen: Er würde die Stelle eines „ausgefallenen“ Agenten für den Bereich Skogey übernehmen und sich möglichst bald auf den weg dorthin machen müssen. Der junge Mann war zwar nicht sonderlich darüber erfreut, dass man einfach über seinen Kopf hinweg seine Zukunft bestimmte, doch fügte er sich in sein Schicksal. Was blieb ihm auch anderes übrig?



    Re: Die Geschichte von Anga und Connar (to be continued)

    Gubbelhexe - 02.11.2005, 22:31


    Kapitel 1 27. September 2405

    „Also die Rüben immer neben die Zwiebeln pflanzen,“ wiederholte Stane und blickte seine große Schwester an: „Aber warum ist es denn so wichtig, dass neben den Rüben immer Zwiebeln wachsen und umgekehrt ebenso?“ Anga seufzte müde, ihr Bruder schien aber auch für alles eine Erklärung zu wünschen: jetzt hatten sie schon späten Nachmittag und sie war seit dem frühen Morgen damit beschäftigt Stane alle wichtigen Regeln für den Garten in den Kopf zu hämmern. „Warum? Nun weil die Fliegen, die ihre Eier auf die Rüben legen keine Zwiebeln mögen und ebenso wenig mögen die Fliegen, die für ihre Eier die Zwiebeln bevorzugen, die Rüben,“ erklärte sie. „Warum mögen die Zwiebelfliegen und die Rübenfliegen die Pflanze der anderen Fliegenart nicht?“ wollte Stane nun wissen.
    „Woher soll ich das denn nun schon wieder wissen?“ stöhnte Anga mit einem entgeisterten Blick auf ihren Bruder und fuhr fort ihm zu erklären, welches Gemüse er im nächsten Jahr wann und wie zu pflanzen hatte. Als sie vorne im Vorgarten angekommen waren und sie ihm erklärt hatte wo er im nächsten Jahr welche Blumen würde aussäen müssen, fiel ihr noch etwas ein: „Achja, Stane, du musst etwa jeden zweiten Tag die kleinen Bäumchen am Gartentor, ich glaube man nennt sie Margariten oder so ähnlich, naja, auf jeden Fall musst du sie nach verwelkten Blüten untersuchen und diese, wenn vorhanden, abschneiden. Das macht man, damit die Bäumchen nicht aufhören zu blühen und wenn der erste richtige Frost kommt, dann holst du sie ins Haus, sonst erfrieren sie.“
    „Du Anga, da steht einer am Zaun und beobachtet uns,“ Stane zupfte nervös am Ärmel seiner großen Schwester.
    „Entschuldigt, kann ich euch weiterhelfen Herr?“ fragte Anga und musterte den jungen Mann, der da an ihrem Zaun stand. Er war zweifelsohne von hoher Geburt, davon zeugten das Langschwert und der lange rote Umhang und auch der schöne Rappe, den er am Zügel hielt, konnte nur einem Edelmann gehören.
    „Ja, vielleicht könnt ihr mir tatsächlich weiterhelfen. Ich suche das Haus des Steuermann Garkinnen, Bin ich hier an der richtigen Adresse?“ Der junge Mann lächelte und zeigte dabei ein Aufblitzen ebener weißer Zähne.
    „Dann seid Ihr hier richtig, Steuermann Garkinnen war mein Vater. Für den Fall, dass Ihr ihn zu sprechen wünscht, muss ich euch jedoch enttäuschen: Mein Vater weilt nicht mehr unter uns das Meer ist nun seine letzte Wiege.“
    „Das tut mir leid. Möge sein Geist den ewigen Frieden finden. – Man sagte mir es gäbe hier ein Zimmer für Reisende, das einzige im Dorf, und ich bitte darum mir für diese Nacht eine Unterkunft zu gewähren.“
    „Ich werde mich um Euer Ross und Euer Gepäck kümmern. – Stane sag Mutter bitte Bescheid, dass wir einen edlen Gast haben und zeig dem Herrn sein Zimmer.“ Anga holte einen der kleinen Äpfel, die sie gerade aufgelesen hatte aus ihrer Schürzentasche und bot ihn dem jungen Hengst an. Das Pferd scheute erst zurück, nahm dann aber mit seinen samtweichen Lippen den Apfel von ihrer Hand. „Sanyasala gis rahrim,“ begrüßte sie das Ross und lächelte als das Tier nun zutraulich und neugierig an ihrer Schürzentasche roch.
    „ihr sprecht Calages?“ Der Fremde klang erstaunt als er sich kurz vor der Haustür wieder umdrehte um ihr, eine Augenbraue leicht hochgezogen, diese Frage zu stellen.
    „Mein Urgroßvater war Calagessi,“ antwortete sie einsilbig und zog den jungen Rappen hinter sich her zum Stall. „Was gehen deinen Herrn denn meine Sprachkenntnisse an?!?“ murmelte sie an das Pferd gewandt, während sie die Stalltür öffnete, Nachdem sie die Lampe angezündet hatte, nahm sie dem Tier Sattel, Zaumzeug und Halfter ab und rieb es mit etwas Stroh und Heu trocken, dann gab sie frisches Heu in die „Forche“, warf sich den Packsack ihres Gastes über die Schulter und löschte das Licht wieder aus.
    Als Anga in die Küche kam konnte sie einen überraschte Ausruf nicht zurückhalten: „Oh bei allen Göttern! – Ich werde dir helfen, Mutter.“ Kaum ausgesprochen widmete sie sich auch schon ihrer Spezialität, dem Dessert. Sie schnitt Äpfel in kleine Stücke und lies diese zu einem Mus zerkochen, während dessen stellte sie Marzipan für die spätere Garnierung her. „Mutter, wo hast du den Honigtopf hingetan? Ach ja, ich brauche nach dir noch mal die Handmühle, ich habe vergessen, den Zucker gleich mit den Nüssen durchzumahlen.“
    „Du bist heute mit servieren an der Reihe Anga. Ach, ehe ich es vergesse: da du ja ohnehin schon so früh raus musst morgen, kannst du morgen früh noch schnell Brötchen beim Bäcker holen, damit unser Gast etwas anständiges zum Frühstück bekommt.“ Anga murmelte ihr Einverständnis und machte sich dann daran, das Apfelmus in kleine Schüsseln zu verteilen und zu garnieren.
    Anga warf einen Blick auf die „Gesellschaft“, die sich am Tisch zusammengefunden hatte. Ihre Geschwister trugen alle ihre beste Kleidung und gaben sich deutlich mühe den bunten Salat, den Anga soeben als Vorspeise serviert hatte, anständig zu essen. Die 16-jährige würde später essen, wenn die anderen fertig waren. Im Moment hielt sie sich bereit nachzuschenken und, wenn man mit der Vorspeise fertig sein würde, den Hauptgang aufzutischen. Es gab paniertes Fischfilet mit Kartoffeln und Buttergemüse. Überrascht bemerkte sie, dass ihr Gast, der sich als Sir Connar von Oldenport vorgestellt hatte, ihr einige aufmerksame Blicke zuwarf. Als er ihr zulächelte zuckte eine seiner Augenbrauen nach oben und etwas verunsichert lächelte sie zurück. „Was um des Himmels willen will dieser Herr von mir?“ dachte sie bei sich und begann kurz darauf die Salatteller einzusammeln und durch die Hauptspeise zu ersetzen. Das Weinglas des jungen Ritters lehrte sich nun schneller und Anga griff eilfertig nach der Karaffe um nachzuschenken, doch als sie ein weiteres Mal nachschenken wollte hielt der junge Mann sie zurück: „Uuma fion vanima tweldam’ar inya, ona amin alu.“ Das Mädchen tat wie ich geheißen und gab den Gast Wasser zu trinken, was ein: „Amin diola ile, vanimle, (Ich danke dir, meine Schöne)“ zur Folge hatte und als Anga ihrer Mutter einen Blick zuwarf bemerkte sie, dass diese missbilligend die Stirn runzelte. Offensichtlich missfiel es ihr, dass ihr Gast mit ihrer Tochter zu flirten versuchte, denn auch wenn sie nicht viel Calages verstand, so hatte sie doch den Unterton in seiner Stimme gehört, der die beiden Sätze begleitet hatte.
    Anga lächelte gedankenverloren, während sie den ihr zugedachten Anteil der Mahlzeit genoss und Gissa und Ilke beim Abwasch zuguckte. Als sie alle drei fertig waren, gingen sie gemeinsam nach oben ins Mädchenzimmer und kamen dabei unweigerlich auch am Gästezimmer vorbei, was bei den Zwillingen zu einem regelrechten Heiterkeitsausbruch führte, Die beiden schienen nur mühsam ein Lachanfall zurückhalten und prusteten tatsächlich los, kaum dass sie das Mädchenzimmer erreicht hatten. Anga musste auch nicht lange auf eine Erklärung für das Verhalten der Zwillinge warten, denn nach kurzer Zeit stieß die etwas vorlautere Gissa ihre Zwillingsschwester an: „Oh ihr Götter,“ quetschte sie mühsam heraus, vom Lachen geschüttelt, „heute abend hat Freya sich wohl einen scherz mit unserem Gast erlaubt.“ „Meinst du?“ entgegnete Ilke: „Er sah fast aus wie ein Calagessi, ich glaube nicht, dass sich Freya auch um die kümmert.“ „Dann war es eben Meladao!“ lachte Gissa.
    „Ach was wisst ihr schon von Meladao und seiner Gattin Meladha?!?“ murmelte Anga: „Ihr habt doch nie richtig zugehört, wenn Vater uns die Legenden und Geschichten des Volkes seines Großvaters erzählt hat!“ Freya war unter anderem die Göttin der Liebe und Meladao und seiner Gattin, Götter der Calagessi, schrieb man das gleiche Gebiet zu. „Ach und wenn schon,“ meinte Gissa grinsend „um zu sehen wie dich dieser Sir den ganzen Abend angeguckt hat, braucht man keine Kenntnisse von Legenden. Dafür genügen zwei Augen, gesunder Menschenverstand und Einfühlungsvermögen. Obwohl ich glaube, Augen allein hätten auch schon gereicht.“
    Anga wandte sich kopfschüttelnd ab und widmete sich ihrem allabendlichen Tagebucheintrag: „Firanos, den 27.Sept.2405 – Heute habe ich Stane die letzten wichtigen Sachen zu Garten erklärt. Es war mal wieder sehr nervenaufreibend, denn er wollte typisch für Stane, immer alles erklärt haben und hat, wie auch gestern, bei jeder Gelegenheit gefragt: „Warum?“. Am Nachmittag haben wir dann einen vornehmen Gast bekommen. Er heißt Sir Connar von Oldenport und ist glaube ich der jüngste Sohn vom Herzog von Oldenport. Mutter hat ein 3Gänge Menu gemacht – 1.Gang: bunter Salat, 2.Gang: paniertes Fischfilet mit Katoffeln und Buttergemüse (Rüben, Erbsen und Schwarzwurzeln), 3.Gang: Apfelmus mit Marzipangarnierung, flambiert – und ich habe serviert. Wenn man den älteren Zwillinmgen glauben kann, hat mich Sir Connar während des Essens die ganze Zeit beobachtet und zwar mit ganz besonderem Interesse, aber die Zwillinge hatten schon immer zu viel Fantasie: Freya habe ihre Hände mit im Spiel, was für ein Blödsinn. Morgen früh soll ich den Gst zur fünften Morgenstunde wecken und vorher noch Brötchen beim Bäcker holen, Ich musste dem Bäckergesellen einen Kuss versprechen, damit er so früh am Morgen schon frische Brötchen bereithält. Wenn Mutter das wüsste. Wäre sie wohl kaum mehr der Meinung, dass man für einen adeligen Gast nun mal Brötchen zum Frühstück brauche. Ich muss schon sagen, dass sie wirklich sehr empfindlich ist, was Männer angeht. Zu, Glück versteht Mutter nicht sonderlich viel Calages und unser Gast ist ein Edlemann, sonst wäre Mutter ihm vermutlich beim Essen an die Gurgel gegangen. Vielleicht haben die Zwillinge ja sogar ein bisschen recht, andererseits soll man bei den Adeligen ja auch zum Zeitvertreib flirten oder um sich für eine Nacht ein Mädchen ins Bett zu holen.
    Ich bin müde. Es ist schon spät und wenn ich alles für das Frühstück fertig haben möchte, bis ich den Gast aufwecke, muss ich spätestens zur vierten Morgenstunde, besser jedoch zur halben Stunde zwischen der dritten und der vierten Morgenstunde, aufstehen. Nun habe ich diesen Abend nur wenig geschrieben, doch ich muss dich wohl schon wieder zuschließen, mein liebes Tagebuch.“
    Anga streute ein wenig Löschsand über die Seite, wartete kurz und schüttelte ihn dann wieder runter. Dann nestelte sie die kleine Kette unter ihrer Bluse raus und schloss mit dem daran hängenden Schlüssel das Schloss an ihrem Buch wieder zu.



    Re: Die Geschichte von Anga und Connar (to be continued)

    Gubbelhexe - 12.01.2006, 18:42


    Kapitel 2 28. September 2405

    Connar drehte sich missmutig im Bett um: Was sollte das? Warum klopfte man so früh an seine Zimmertür? Doch dann fiel es ihm wieder ein: Er war in Firanos und auf dem Weg nach Skogey. Noch ein wenig benommen schwang er die Beine aus dem Bett, als es erneut klopfte: „Entschuldigt, Sir,“ kam es von der anderen Seite der Tür. „Ich bringe Euch das Wasser für die Waschschüssel. Darf ich eintreten, Sir?“ „Ja bitte,“ brummelte der junge Mann und öffnete die Tür. Die älteste Tochter der Gastgeber mit einem Handtuch über einem Arm und jeweils eine Kanne mit Wasser in beiden Händen hatte ihn also geweckt. Sie starrte ihn scheinbar etwas überrascht und erschrocken an, dann senkte sie den Kopf, jedoch nicht schnell genug, um ihr Erröten vor ihm zu verbergen. Mit einer weiteren gemurmelten Entschuldigung stellte sie das Wasser ab, legte das Handtuch daneben und verließ das Zimmer wieder eilig. Etwas verwundert blickte Connar ihr nach, bis ihm plötzlich ein Licht aufging. Er guvkte an sich runter und lachte leise: „Natürlich! Sie ist es nicht gewohnt irgendwelchen Männern gegenüber zu stehen, die nur einen Lendenschurz tragen. Daran habe ich gar nicht gedacht, da ich meine Diener ja so gewohnt bin.“ Mühsam hielt der junge Ritter einen Lachanfall zurück. „Was sie wohl gedacht hat, als ich ihr so die Tür geöffnet habe?“ Grinsend trocknete er sich die Haare ein wenig mit dem Tuch und schlüpfte dann in seine Klamotten und blies sanft die Lampe aus, die sein Zimmer erhellte.
    „Einen wunderschönen guten Morgen, vanimle,“ begrüßte er das Mädchen. Diese zuckte zusammen und warf ihm einen kurzen Blick zu. „Ihr geht so leise wie die Katzen, Sir Connar,“ entschuldigte sie ihr Zusammenzucken. „Oder wie ein Calagessi,“ entgegnete er ihr und lächelte freundlich. Dann setzte er sich um zu frühstücken. „Heißer Kaffee und Brötchen... wunderbar!“ dachte er bei sich und bestrich sich eines der Brötchen mit Butter und Honig. Dann fiel ihm etwas ein: „Sag mal,“ fragte er zwischen zwei Bisen, „wie bist du denn um diese Stunde zu Brötchen gekommen?“ Das Mädchen lachte leise und meinte dann: „Oh das war ganz einfach...“ Skeptisch sah er sie an und bemerkte: „Wirklich? Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass der Bäcker aus reiner Freundlichkeit früher aufsteht und für Steuermann Garkinnens Haus Brötchen backt.“ Sie wirkte etwas verunsichert, als sie nun zu einer Erklärung ansetzte: „Nun ja, ich – ich habe den Bäckergesellen bestochen damit er mir welche backt.“ Sie errötete leicht, als er sie forschend anblickte und fragend eine Augenbraue hob. „Die Götter mögen’s verhüten, nein! Ich hab ihm kein Geld dafür gezahlt oder irgendwas in der Art, das ist schließlich verboten.“ „Aha,“ entgegnete Connar, „Was hast du ihm denn dann gegeben?“ Sie errötete noch tiefer und wandte seinem forschenden Blick langsam den Rücken zu. „Einen Tanz und einen Kuss habe ich ihm versprechen müssen,“ murmelte sie und goss sich Kaffee in ihren Becher. „Nun, das ist tatsächlich nicht verboten und ob du das mit deinem Ehrgefühl vereinbaren kannst, ist deine Sache... – Mankoi? – Mankoi ume ile i‘ glode e’amin gukaime... Meladao...“ Den letzten Satz hatte er jedoch nur in einem leisen Vorwurf in seine Kaffeetasse geflüstert. Der Rest des Frühstücks verlief schweigend, zumindest dann, wenn man die Beredsamkeit von Blicken ignoriert, und nach einer Weile stand Connar auf, um seine Sachen zu packen. Mit seinem Packsack ging er dann in den Stall, hängte die Laterne dort ein und sattelte sein Pferd. Dann führte er Sindar um das Haus und band ihn dort vor dem Tor fest. Wieder drinnen, verriegelte er die Stalltür, nahm die Laterne mit zurück ins Haus und hängte sie an ihren Haken im Flur. Mit einem Grinsen warf er sich seinen Kapuzenumhang über, schlich sich, dieses Mal absichtlich leise, in die Küche wo das Mädchen am Herd stand und das Frühstück für ihre Familie zubereitete: Haferbrei. Dort stand er eine Weile und schaute ihr zu, wie sie Honig zu Süßen unterrührte und begann einige Nüsse zu zerhacken. Er lächelte: „Wäre sie nicht so jung, könnte man sie gut für eine Familienmutter halten,“ dachte er und zuckte zusammen, als ihm etwas feuchtes kaltes gegen die Hand stieß. Es war ein großer zottiger Hund von schlanker Gestalt und Connar, der aus Gewohnheit immer ein paar Hundekuchen einstecken hatte, kniete zu ihm nieder und bot ihm einen kleinen Kauknochen an. Der Hund schnupperte misstrauisch, wedelte dann jedoch mit dem Schwanz und nahm den angebotenen Knochen um damit schnurstracks zu dem Mädchen zu gehen und ihn ihr vor die Füße fallen zu lassen. „Fein Berko. Was hast du mir denn da schönes gebracht?“ sprach das Mädchen leise mit dem Hund. „Einen Kauknochen?!? Wo hast du denn so etwas feines her, Berko? Hat dir das unser gutaussehender Gast gegeben? Das ist ein feiner Herr, was? Und ein gutes Herz hat er auch, dass er dir so etwas gutes schenkt. Wo hast du ihn denn getroffen, Berko?“ Der Hund blickte das Mädchen an und blickte dann zurück zu Connar, was zur Folge hatte, dass sie sich mit einem überraschten „Oh!“ umdrehte und leicht errötete. Connar lächelte sie entwaffnend an und bemerkte: „Wir haben auch Hunde auf dem Gut meiner Eltern und so habe ich aus Gewohnheit immer etwas in der Tasche. Ich liebe Hunde fast ebenso wie Pferde und sie sind ihrem Herrn treuer als jeder Mensch ergeben.“ Er zwinkerte ihr zu: „Außerdem kann man ihnen Dinge erzählen, die man sonst lieber für sich behält,“ meinte er und hielt nur mit Mühe ein Lachen zurück, als sie sich mit hochroten Wangen wieder dem Haferbrei widmete, die Nüsse unterrührte und den Topf dann vom Herdfeuer nahm.
    „Eigentlich kam ich nur herrein, um auf Wiedersehen zu sagen,“ murmelte der junge Mann und legte einen Dukaten auf den Tisch. Dann zog er seine Kapuze über den Kopf und wandte sich zum gehen. Er war jedoch gerade erst wenige Schritte gegangen, als ihn die Stimme des Mädchens aufhielt: „Aber Sir! Ich – Wir – Ich... Wir können unmöglich so viel Geld annehmen!“ Connar grinste, zwinkerte dem Mädchen zu und meinte: „Vielleicht übernachte ich auf dem Rückweg ja noch einmal hier. Sieh es einfach als Vorauszahlung und als Dankeschön für die Mühe, die du dir mit den Brötchen gemacht hast.“ Dann verließ er endgültig das Haus, schwang sich auf seinen Rapphengst und machte sich im Morgennebel auf den Weg nach Skogey. Unterwegs grübelte er über seine nächste Zukunft nach: „Tja, da reite ich nun, auf dem Weg nach Skogey. Ich frage mich ja immernoch, wie mein Vater und der König auf die Idee kommen konnten, ich sei für eine solche Aufgabe wie geschaffen und warum wohl der Agent für diesen Bereich ausgefallen ist. Wer er wohl gewesen ist? Ich weiß nur, dass er Steuermann war und ich darum im Eildurchlauf meinen Steuermannsschein erwerben muss. Ja, ich werde an der freien Hochschule für Nautik zu Skogey studieren. Zum Glück habe ich schon ein paar der Scheine, die ich für meinen Abschluss benötige. Ich werde ohnehin jede freie Minute, in der ich nicht für mein Geld arbeiten muss, für meine Studien brauchen. Zum Glück habe ich noch einiges in Reserve. Paimjo Tsirkevist hat ja schon gesagt, dass ich das kleine Boot, das ich von ihm bekomme, noch mal ordentlich überarbeiten werden muss und in der Zeit werde ich wohl wenig Fisch bis überhaupt kein Fisch fangen. Wie haben die sich das überhaupt vorgestellt? Ich habe zwar als Kind gerne und häufig geangelt und auch sonst gefischt, aber das ist doch ewig lange her. Ob ich jetzt noch was davon beherrsche? Eher unwahrscheinlich! Nun ich werde es ebenso schnell lernen müssen, wie ich mich mit meinen Studien eilen muss. Zum Glück muss ich wirklich nur noch wenig lernen im Vergleich zu den anderen Studenten, denn immerhin hat man uns im Palast selbst in den Künsten der Nautik ein wenig unterrichtet. Die Grundkentnisse, bzw. das Grundstudium habe ich also schon und muss jetzt nur noch so schnell wie irgend möglich die Spezialkentnisse in mich reinfressen. Hoffentlich wird sich Paimjo auch ordentlich um Sindar-Schattenpfeil kümmern. Ich möchte nicht, dass er dick und faul wird, obwohl es von Schattenpfeil nicht zu erwarten ist, dass er jemals faul wird. Um nochmal auf den Agenten zu kommen, der war doch auch Steuermann, sonst müsste ich mich schließlich nicht zu einem solchen ausbilden lassen. Sagte nicht das Mädchen aus Firanos, ihr Vater sei auf See gestorben? Aber Steuermann Garkinnen, ein Agent? Das ist doch Unsinn! Oder etwa doch nicht? Ich werde meinen Namen in Skogey schließlich auch ändern müssen und als „Botenjunge“ durch das Stadttor reiten. Andererseits war Steuermann Garkinnen verheiratet und wäre er ein Agent gewesen, also von hoher adeliger Herkunft, hätte er wohl kaum heiraten können, außer Frau Garkinnen wäre auch adeliger Herkunft und wüsste um die Aufgabe ihres Mannes. Allerdings müsste die Familie von Frau Garkinnen dann auch etwas davon erfahren haben, sonst hätte man es ihr verweigert den Steuermann zu heiraten. Ob der König allerdings so viele Mitwisser gutheißen würde? Alles in allem ist es auf jeden Fall sehr kompliziert und macht es unwahrscheinlich, dass Herr Garkinnen ein Agent gewesen ist. Wie dem auch sei, Sindar leg doch mal einen Zahn zu.“ Er trieb seinen Rapphengst mit einem Schnalzen und einem leichten Stoß in die Flanken zu einer schnelleren Gangart an. Nach einer Weile begannen seine Gedanken jedoch wieder abzuschweifen und was er auch tat, sie kehrten immer wieder zurück zu dem Mädchen aus Firanos. Nervös dachte er: „Oh Freya, musst du dich ausgerechnet jetzt und auf so unpassende Weise in mein Leben einmischen?!? Du musst doch wissen, dass ich so etwas zur Zeit ganz und gar nicht gebrauchen kann. Und auch wenn ein bürgerliches Mädchen meine Maskerade glaubhafter Machen würde, so wäre es doch unverantwortlich gegenüber dem Mädchen, da wir letztendlich doch nicht zusammen bleiben könnten. Vielleicht sollte ich Paimjo darum bitten ein paar Nachforschungen über die Familie Garkinnen zu machen, denn vielleicht findet sich ja doch ein adeliger Ahne. Sagte mein hübsches Mädchen nicht, ihr Urgroßvater sei Calagessi gewesen? Das würde es wahrscheinlicher machen, dass unter ihren Vorfahren „Adelsleute“ anzutreffen sind. Denn weder das eine noch das andere Volk mischt sich gerne mit dem anderen, was darauf hindeutet, dass entweder ihr Urgroßvater oder ihre Urgroßmutter über einen außreichend großen Einfluss verfügte. Freya hilf, ich grüble hier schon über solche Dinge nach und kann mir noch nicht einmal ihres Herzens sicher sein. Was tu ich denn eigentlich? Das ganze bringt mich herzlich wenig weiter, wenn ich ihr Herz noch nicht gewonnen habe, sie das meine jedoch ihr eigen nennen kann.“



    Re: Die Geschichte von Anga und Connar (to be continued)

    Gubbelhexe - 07.10.2006, 01:35


    Kapitel 3 29.-30. September 2405

    Anga schulterte ihre schweren Rucksack, winkte der Familie noch einmal zum Abschied, pfiff Berko herbei und machte sich auf den Weg nach Skogey. Sie würde Arbeit als Dienstmagd oder ähnliches suchen, aber erst einmal hatte sie einen strammen Tagesmarsch Weg vor sich und mit einem lustigen Lied auf den Lippen wanderte sie den schmalen Karrenweg entlang. Gegen Mittag, als die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hatte, kam sie in Tannhausen an und machte dort in der ortseigenen Schenke halt. Sie gönnte sich einen Becher Milch und aß dazu ihr eigenes Brot und den hausgemachten Ziegenkäse von Algrid. Nach der kurzen aber erfrischenden Rast rief sie Berko, der vom Wirt ein paar Reste und einen Napf mit Wasser bekommen hatte, und machte sich wieder auf den Weg.
    „Fuß, Berko!“, rief Anga ihren Hund zur Ordnung und guckte sich aufgeregt um. Sie war bisher nur ein einziges mal in Skogey gewesen und das lag inzwischen Jahre zurück. Die vielen Leute, die abends noch in der Stadt unterwegs waren und auch hin und wieder eine Kutsche vornehmer Herrschaften – Anga fühlte sich ein wenig eingeschüchtert. Fast instinktiv schlug sie die Richtung zum Hafen ein und hielt dann vor einem gemütlich und gepflegt wirkendem Gasthaus an. „Tallistros Anker“ las sie auf dem Schild, das über der Tür hing und trat ein. In der Taverne war es warm, es roch nach Essen, ein wenig nach Schweiß und nach Fisch, die anwesenden Fischer oder Seemänner beachteten sie nicht weiter, was ihr eigentlich auch ganz lieb war und so setzte sie sich alleine an einen etwas kleineren Tisch in einer Ecke des Schankraumes, jedoch nicht ohne sich vorher noch ein Zimmer zu mieten. Dann überlegte sie sich, was sie alles in ihr Tagebuch eintragen sollte und genoss den heißen Eintopf und das dazu gereichte Brot.
    „Skogey, den 29.Sept.2405 – Mein erster Abend in Skogey und ich kann nur sagen: Du meine Güte ist die Stadt groß. Überall Leute und noch mehr Leute und so viele Straßen, dass man sich leicht verirren könnte. Ich habe mit jetzt ein Zimmer in ‚Tallistros Anker’ gemietet und ruhe erst mal meine Füße vom vorherigen Tagesmarsch aus. Ich muss jedoch zugeben, dass die Wanderung hierher ganz schön war, trotz ihrer Länge und der damit verbundenen Anstrengung – vor allem Berko hat es genossen, er ist über die Wiesen und Felder geflitzt, wie man es selten erlebt, Es war wunderschön mit anzusehen , wie er über die kleineren Hecken gesprungen ist... das ist etwas, was er hier sicherlich vermissen wird. Aber der Wirt hier scheint Hunde zu mögen, er hat Berko, als ich mir gerade einen Teller Eintopf bestellt habe, einen Napf mit ein paar kleinen Fleischstücken und einen Knochen kommen lassen. An dem Knochen kaut er gerade, während er zu meinen Füßen unter dem Tisch liegt. So mein liebes Tagebuch, ich weiß ich habe auch heute wieder sehr wenig geschrieben, aber der Tag war lang, ich habe Hunger und bin müde und während ich schreibe, lässt es sich nun mal nur schwer essen.“ Sie holte ihren kleinen Beutel mit Löschsand aus ihrem Rucksack um hässliche Flecken zu vermeiden und schloss kurz darauf das Buch wieder ab.
    Am nächsten Morgen tappte sie leise die Treppe herunter, Berko im Schlepptau und setzte sich im noch fast leeren Schankraum an einen der massiven Tische. Sie bestellte sich eine kleine Schüssel Haferbrei und nahm sich eine der Nachrichten-Rollen um sich Stellenangebote heraus zu schreiben. Zu Angas Enttäuschung gab es nur sehr wenige Anzeigen, die für einen freien Arbeitsplatz warben und so war die Liste, die sie an Adressen abzuarbeiten hatte sehr kurz. Frustriert streute sie Löschsand auf die Seite, als sie ein junger Mann ansprach und wissen wollte, ob er sich wohl zu ihr an den Tisch setzen dürfe. Das Mädchen bejahte und warf den Neuankömmling einen flüchtigen Blick zu, dann widmete sie sich wieder dem Frühstück und den Anzeigen. Es sah nicht besonders rosig aus für ihre Arbeitssuche und so dachte sie sorgenvoll an ihre Familie, die das Geld so dringend brauchte, denn die Lebensmittel, die sie selbst erzeugten, reichten bei weitem nicht aus um damit über die Runden zu kommen. Sie warf dem jungen Mann einen weiteren Blick zu und entschied für sich, dass diesem ihre Probleme eher fremd waren und er sicherlich nicht für seine Geschwister und/oder Eltern das Geld verdienen musste. Seiner Kleidung nach zu urteilen, gehörte er zu den wohlhabenderen Fischern: Er trug eine blaue Hose aus einem Leinenstoff, das für die Gegend typische Fischerhemd mit den blauen Streifen und ein Tuch, das er ähnlich wie ein Stirnband trug um sich die Haare aus dem Gesicht zu halten, aber die Qualität und er Zustand der Kleidung besagten, dass er Geld haben musste. Anga konnte sich nicht helfen, aber die Gesichtszüge des jungen Fischers kamen ihr wage bekannt vor, auch wenn sie sie keinem Namen zuzuordnen wusste. An seinem linken Ohr glänzte ein goldener Ohrring, jedoch ohne die häufig üblichen Initialen des Trägers, die dann von einer Art Doppelring eingefasst wurden. Anga hatte ihren Vater mal gefragt: ‚Sag, Vater, warum tragen die Fischer eigentlich immer einen Ohrring?’ ‚Kannst du dir das nicht denken, Anga?’ hatte Svartjok amüsiert geantwortet. ‚Naja, es gibt eine ganze Menge Geschichten, die allerdings alle recht unglaubwürdig klingen. So heißt es z.B. sie würden vor Unfällen schütze, weil man im dunkeln damit besser sehe könnte, oder sie dienten dazu vor was wie´ich welchem Übel zu schützen. Wie ich schon sagte, Vater, glaube ich nicht daran.’ Ihr Vater hatte gelächelt: ’Es ist in der tat so, dass solche Geschichten selten die Wahrheit wiederspiegeln. Der Brauch mit den Ohrringen lässt sich auf etwas ganz anderes zurück führen: Wenn die Hochseefischer unterwegs sind, treffen sie ja auch immer auf andere Kulturen in fernen Ländern. Da man natürlich nicht überall die gleiche Währung hat wie hier, bekamen sie manchmal Probleme mit dem Zahlen der Ware, die sie kaufen wollten. Die goldenen Ohrringe jedoch boten ein gutes Zahlungsmittel, denn Gold kannte man natürlich auch dort. Inzwischen ist es jedoch schon lange möglich mit Münzen oder Talern zu zahlen und so scheint die ursprüngliche Bedeutung der Fischerohrringe bei den meisten in Vergessenheit geraten zu sein. Du siehst, es gibt eine ganz einfache Erklärung, wie für die meisten anderen Dinge auch.’ In Gedanken bei ihrem damaligen Gespräch bemerkte Anga gar nicht, dass sie währenddessen ununterbrochen den Ohrring des dunkelhäutigen Fischers angestarrt hatte, welcher sie nun leicht irritiert anblickte. „Stimmt irgenwas mit meinem Ohrring nich?“, wollte er wissen und Anga zuckte leicht zusammen. Sie kannte diese Stimme, doch wollte ihr nicht mehr einfallen woher. Hastig entgegnete sie: „Nein, nein, mit eurem Ring ist alles in Ordnung. Ich war nur in Gedanken versunken...“ Zu ihrem Ärger spürte sie, dass ihre Wangen leicht zu glühen begannen. „Habt ihr heute Morgen einen guten Fang gehabt?“, sie erinnerte sich daran, dass die Fischer noch vor dem Morgengrauen raus fuhren und meist erst bei Sonnenaufgang oder kurze Zeit später wieder in den Hafen zurück kehrten. „Nein, mein Boot is’ zur Zeit in der Reparatur, außerdem fisch’ ich zur Zeit eher freizeitmäßig, da ich jetzt die Schule für Nautik besuche...“, er unterbrach sich kurz um dann fortzufahren: „Hab’ ’n Stipendium bekommen, deswegen bin ich nich’ mehr so sehr auf das Geld angewiesen. Aber, naja, ich mein’, es is’ meine Arbeit, is’ es schon immer gewesen, da fischt man eben weiter. Muss es wohl selbst reparieren mit ’n paar Freunden zusamm’n, da zahl’n se mir nämlich nix für, bei dem Stipendium.“ Er grinste sie an und unwillkürlich lächelte sie zurück. Im stillen hatte sie für sich schon beschlossen, dass sie den jungen Fischer mochte und als sie ihn noch einmal unauffällig musterte, fragte sie sich, ob dem jungen Mann wohl bewusst war, wie gut er aussah. Der junge Fischer biss genüsslich in einen saftigen Apfel und schob ihr dann seine vor kurzem bestellte Obstschale rüber: „Auch etwas?“ Anga blinzelte ihn verwirrt an, nahm sich dann jedoch einen kleinen Pfirsich. „Danke... ähm... wie war doch gleich euer Name?“ „Oh. ’tschuldigt, Mädel, wie unhöflich von mir... Ich heiße Igrim. Und wie heißt ihr, meine Hübsche?“ sagte er, lächelte sie an und nahm unwillkürlich eine Haltung ein, die seine breiten Schultern betonte. Das Mädchen lächelte zurück: „Ich heiße Anga und das ist Berko,“ antwortete sie, wobei sie auf den Hund zeigte, der sich unterm Tisch auf den Füßen des jungen Fischers niedergelassen hatte. „Anga... hmm... hübscher Name...“, merkte der junge Mann betont gleichgültig an und biss erneut in seinen Apfel. Dann musterte er sie nachdenklich, mit „Augen blau-grün und so dunkel wie die See an einem stürmischen Tag“, wie Anga unwillkürlich dachte. Nach einer Weile des gegenseitigen Anstarrens begann ihr allmählich die Röte ins Gesicht zu steigen, aber sie schwor sich nicht als erste wegzusehen. Leicht abwesend legte sie den Kern auf den Tisch und leckte sich dann langsam den Saft von den Fingern. Zu ihrer Überraschung errötete der junge Fischer daraufhin zutiefst, schluckte krampfhaft und wandte seinen Blick hastig ab. Verwundert aber triumphierend lächelte die junge Fischerstochter in sich hinein und gratulierte sich zu ihrem Sieg.
    Nach mehrfachem Räuspern setzte Igrim zu einer Frage an: „Ihr seid nicht aus Skogey, oder?“ „Ähm... nein,“ entgegnete Anga. „Ich komme aus Firanos und bin wegen einer Arbeitsstelle hier in der Stadt.“ „Also hatte ich recht... Bin übrigens auch ein Angeschwemmter, komme aus Elvrit, aber da kann man nich’ studieren.“ Er grinste sie an, wieder ganz Herr seiner selbst und blinzelte ihr dann fröhlich zu. Erstaunt starrte Anga ihn an: wenn er sie so an sah, grinsend und ihr vergnügt zublinzelnd, kam er ihr so bekannt vor, als hätte sie ihn schon früher vor nicht allzu langer Zeit mal gesehen. Das seltsamste war, dass er sie an den jungen Ritter vom Gut Oldenport erinnerte. Sie schüttelte den Kopf (das konnte ja gar nicht sein) und starrte ihn erneut an. Eine gewisse Ähnlichkeit war zwar nicht zu leugnen, aber ansonsten lagen Welten zwischen dem jungen Fischer und dem edlen Herrn, den sie im Haus ihrer Eltern bedient hatte. Vermutlich lag es nur daran, dass sie beide Calagessi unter ihren Vorfahren zu haben schienen. Sie lächelte den jungen Mann an und meinte: „Seltsam... Bei eurem Aussehen hätte ich eher vermutet ihr würdet aus dem Süden kommen und nicht aus einer Stadt weiter im Norden. Ihr seht aus wie einer vom Reitervolk oder den Piraten von den Inseln weit im Süden vor der Küste von Calages.“ Sie lachte vergnügt auf: „Ja, ich kann mir lebhaft vorstellen, wie ihr an Bord eines Schiffes steht, Haut und Haare feucht von der Gischt, bereit das fast eingeholte Handelsschiff zu entern.“ Sie grinste und seufzte dann: „Ich weiß... ich habe eine blühende Fantasie. Schrecklich, was?“ Ihr Gesprächspartner starrte sie fasziniert an und lachte dann, nachdem er seine Überraschung überwunden hatte herzlich mit. „Nein. Ich find’s nu gar nich’ schrecklich. Es is’ richtig interessant, was ihr da so zusammenspinnen könnt. Aber sagt... fehlt mir da nicht das Messer zwischen den Zähnen?“ Kaum hatte er das ausgesprochen, klemmte er sich sein Obstmesser zwischen die Zähne und grinste sie, das Gesicht zu einer wilden Grimasse verzogen, in gespielter Angriffslust an. Anga kicherte: „Jetzt fehlt nur noch der Säbel und das Schiff mit der Schwarzen Flagge.“ „Nich’ noch ’ne Augenklappe oder irgendwelche grausigen Tätowierungen?“ lachte Igrim und legte das Messer beiseite. „Ach nein, eine Augenklappe würde euch nicht stehen, glaube ich... aber die eine oder andere Tätowierung wäre vielleicht nicht schlecht. Dann müsstet ihr allerdings ohne Hemd segeln, sonst hätte die Welt ja nichts von euren Tätowierungen,“ meinte Anga und versuchte sich nun ihrerseits darin, ihren Gesprächspartner vergnügt anzublinzeln.
    Die beiden scherzten noch eine Weile miteinander, dann erinnerte Anga sich daran, dass sie noch losgehen und die wenigen Adressen, die sie sich notiert hatte, abklappern musste. Sie verabschiedeten sich herzlich voneinander und Anga machte sich auf den Weg. Zu ihrer Enttäuschung schickte man sie bei den ersten drei Adressen sofort wieder weg. Bei den einen suchte man ausschließlich eine männliche Arbeitskraft und die anderen bemängelten, dass sie noch zu jung sei um Kinder zu hüten. Bei der vierten Adresse schien es erst so, als habe sie mehr Glück, doch nachdem der Sohn des Hauses sich dazu gesellte, änderte Anga ihre Meinung geschwind. In einem Haus in dem sie so offensichtlich gierig angestarrt wurde, würde sie nicht arbeiten. Leicht frustriert suchte sie nun die fünfte (und letzte) Adresse auf ihrer Liste auf, doch dort schickte man sie auch wieder fort mit der Begründung sie sei zu spät dran. Nachdem der Tag für sie nun vorerst gelaufen war, zog sich die junge Fischerstochter in eine Ecke des Schankraumes von Tallistros Anker zurück. Zwar ging sie mit Berko noch einmal außerhalb der Stadt ein wenig spazieren, doch ansonsten blies sie Trübsal.



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