Die Dienstmagd

Luna Argenti
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    Re: Die Dienstmagd

    Salienne - 22.02.2008, 21:28

    Die Dienstmagd
    "Die erste Regel ist Verschwiegenheit."

    Unter den vielen Schichten von Schmutz, verkrustetem Blut und den zerlumpten Überresten eines fein gearbeiteten Leinenkleides war ein recht ansehnliches kleines Persönchen zum Vorschein gekommen, fand Selina, ihres Zeichen freiwillige Helferin im Waisenhaus zu Stormwind (oder dem, was von der Stadt noch übrig war). Das goldblonde Haar fiel dem kleinen Mädchen - es mochte wohl kaum älter als 14 Jahre sein - locker um die Schultern und große, dunkelblaue Augen funkelten die Priesternovizin aus einem fast noch kindlichem Gesicht heraus an.

    Das Mädchen hatte gebadet, hatte sich selbst das kratzige, graue Wollkleid angezogen und gegessen was man ihm vorgesetzt hatte, aber es sprach nicht ein Wort. Dies war nichts Ungewöhnliches, denn viele Waisen mussten den schmerzlichen Verlust ihrer Familien erst einmal akzeptieren lernen und jedes Kind tat dies auf seine eigene Art. Das blonde Mädchen, so viel wusste Selina, stammte aus Lordaeron. Das hatte ihr der Soldat verraten, der das Mädchen in ihre Obhut gegeben hatte. Seiner Vermutung nach musste es dem Kind irgendwie gelungen sein, sich alleine bis nach Menethil durchzuschlagen - ein kleines Wunder wenn man bedachte was für Ungeheuer die sterblichen Völker Azeroths zur Zeit an jeder sprichwörtlichen Ecke bekämpften. Selina wagte nicht sich vorzustellen, was das Mädchen alles gesehen und erlebt haben musste.

    "Na, wie heißt du denn?" fragte sie das Mädchen mit jenem sanften Lächeln auf den Lippen, dem die Kinder so gerne ihr Vertrauen schenkten. "Ich bin Selina, und wer bist du?"

    Blaue Kinderaugen erwiderten stumm und fast erschreckend leer den Blick der Frau. Etwas abschätzendes lag in ihnen, etwas das nicht in Kinderauge gehören mochte.

    "Die erste Regel ist Verschwiegenheit," sagte Keran Whistlesteam und ließ seinen Blick über die versammelten Kinder streifen. "Ihr müsst lernen abzuschätzen, wann es Zeit ist zu sprechen und wann es Zeit ist zu schweigen. Ihr müsst lernen, die richtigen Dinge zu sagen und die wirklich wichtigen Dinge für euch zu behalten. Wenn euch jemand eine Frage stellt, antwortet nicht unbedacht. Überprüft euer Gegenüber. Überprüft die Information die er verlangt und ob sie euch schaden kann. Nur wenn ihr sicher seid, die Situation voll unter Kontrolle zu haben, nur dann könnt ihr es euch erlauben zu antworten."

    Selina seufzte kaum hörbar und nickte dem Mädchen zu, welches ihr Gesicht noch immer stumm zu mustern schien. Etwas enttäuscht wandte sie sich zum Gehen.

    "Mein Name ist Shirleen O'Donovan," ertönte eine leise Mädchenstimme hinter der Priesternovizin und fügte dann fast schüchtern an: "... und ich habe Heimweh."



    Re: Die Dienstmagd

    Salienne - 02.03.2008, 10:31

    Die Dienstmagd
    Der Stein kam aus dem Nichts, so schien es, prallte vom Helm eines Soldaten der Morgenpatrouille in einem flachen Winkel ab - Pling! - und traf die Brustplatte eines Kameraden hinter ihm - Thong! "He!" rief eine kratzige Stimme als der zweite Stein sein Ziel fand und - "AUA!" - die behandschuhte Hand eines Soldaten weiter vorne zu seiner blutigen Nase schoß.

    "Wir werden angegriffen!" erscholl es von irgendwo innerhalb der Truppe woraufhin 15 Männer panisch nach ihren Waffen griffen. "Bleibt zusammen! Conelly - ich hab gesagt zusammenbleiben," brüllte der diensthabende Leutnant Rothbaum, ein Mann von beinahe 6 Fuß der aus seiner Rüstung quoll. Nach einigen hektisch erteilten Befehlen sowie dem einen oder anderen Stoßgebet an das Licht, machte sich die nunmehr gut organisierte Patrouille daran, dass Gestrüpp zu durchsuchen aus dem mit schöner - Pling! - Regelmäßigkeit und erstaunlicher Präzision Kieselsteine geschleudert wurden.

    "Es ist wichtig dass du dein Ziel nie aus den Augen verlierst, meine kleine Leen. Auch dann wenn du es nicht sehen kannst. Verstehst du das?" fragte Keran Whistlesteam und sah das kleine Mädchen mit amüsiert funkelnden dunkelblauen Augen an.

    "Ja," antwortete das Mädchen knapp. Geschickt löste es die schöne rote Schleife aus seinem blonden Haar, hob einen kleinen Kiesel auf und ließ das Band mit Stein geschickt um ihre Hand rotieren. Nach einem kurzen Moment schleuderte es den Stein davon, der irgendwo im Grün des Waldes verschwand. Nur wenige Augenblicke später hörte man das zerbrechen von Porzellan und eine schrille Frauenstimme schrie: "Shirleen O'Donovan! Wenn ich dich in die Finger kriege!"

    Grinsend wandte sich Shirleen zu ihrem Hausherren und Lehrmeister. Keran Whistlesteam erwiderte ihr Lächeln mit väterlichem Stolz.

    "Potzblitz... das ist ja ein kleines Mädchen," entfuhr es Roman Conelly als er den vermeintlichen Angreifer entdeckte.

    "Zwei kleine Mädchen," korrigierte ihn Barin, sein älterer Bruder. "Ihr habt uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt," sagte er grinsend und machte lockende Bewegungen hinauf in die Baumkrone, in der zwei schmutzige Gestalten kauerten. "Kommt herunter. Hier ist es gefährlich. Was macht ihr zwei denn ganz alleine hier?"

    Die zwei Mädchen schienen stumme Zwiesprache zu halten, als wären sie nicht sicher, ob diesen Fremden zu trauen wäre.

    "Was gibt es hier zu gaffen," ertönte donnernd die Stimme des Leutnants. "Wir haben sie gefunden, Leutnant Rothbaum. Sie hocken da oben!" antwortete Roman übereifrig und deutete ins Geäst das Baumes. "Worauf wartet ihr dann noch? Holt sie runter," keifte Rothbaum.

    Barin sah hinauf in den Baum. "Kommt runter," bat er nochmals und eines der Kinder regte sich.

    "Liselle kann nicht klettern," antwortete es. "Kannst du sie auffangen?"

    "Natürlich," antwortete der Soldat ruhig und ignorierte dabei das hektische Gezeter seines Vorgesetzten geflissentlich.

    "Du darfst sie nicht fallen lassen, hörst du?" bat das Mädchen eindringlich. "Liselle ist zwar tot, aber du musst trotzdem vorsichtig mit ihr sein."

    Unter dem Baum wurde es still und mehrere Augen fixierten die erschreckend still liegende Figur in den Armen des Mädchens.

    "Tot?" fragte jemand ungläubig und es klang, wie wenn jemand sich nich darüber bewusst ist, soeben gesprochen zu haben.

    "Ja. Aber ihr müsst keine Angst haben. Ich habe aufgepasst, dass sie auch tot bleibt."

    Shirleen hielt kaum still, als ihre Mutter die Kratzer und Blessuren auf ihren Armen und in ihrem Gesicht reinigte und dort, wo es von Nöten war, verband.

    "Mama, mach schneller! Ich muss doch gucken wie es Liselle geht," nörgelte das kleine Mädchen nun schon zum fünften Mal.

    Edmund O'Donovan schnaubte kaum hörbar. Es war in Momenten wie diesen, in denen er am Liebsten seine Frau und das kleine blonde Mädchen, das nicht seine leibliche Tochter war, eingepacken würde um Lordaeron und das Haus Keran Whistlesteams für immer zu verlassen. Es war schlimm genug, dass sein Herr ihn dazu zwang, eine Frau zu heiraten die ihr Bett nie mit ihm teilen würde, schlimm genug dass man ihm die Vaterschaft für dieses Mädchen untergeschoben hatte. Aber das Mädchen zur alleinigen Beschützerin des jungen Fräuleins zu machen ging zu weit.

    Es war alleine Shirleens Hartnäckigkeit zu verdanken, dass beide Mädchen noch lebten und nach Hause zurückgekehrt waren. Liselle Whistlesteam war mit dem Schrecken davon gekommen, aber Shirleen würde die Folgen der Auseinandersetzung mit den zwei Halbstarken noch tagelang spüren. Es ärgerte Edmund, dass ihr das nichts auszumachen schien.

    "Shirleen, halt still. Dann kann Mama auch schneller arbeiten," brummelte er mahnend.

    "Wie bist du nur auf die Idee gekommen, dich mit diesen Jungen zu prügeln? Warum hast du denn nicht um Hilfe gerufen, Lee?" fragte Rosanna O'Donovan sanft und tupfte etwas Blut von einer Abschürfung auf Shirleens Wange.

    "Aber Mama! Es waren doch nur zwei! Und außerdem muss doch jemand auf Liselle aufpassen. Loyalität ist die dritte Regel," erwiderte Shirleen stolz. Die verwirrten Blicke, die sich Edmund und Rosanna zuwarfen, bemerkte sie nicht.

    Um des Kindes willens, das geduldig am Rande des Massengrabes stand, wurde der Leichensack der kleinen Liselle vorsichtig oben auf gelegt. Das Mädchen hatte sich dagegen gewehrt ihre Freundin zu unterst begraben zu lassen mit der Begründung, dass eine zerquetschte Liselle bestimmt keinen Frieden im Licht finden würde und der Totengräber, selbst Vater von zwei kleinen Jungen, war mit einem überraschenden Einfühlungsvermögen darauf eingegangen. Nachdem alle Leichen in das Grab geschichtet worden waren (abgetrennt von großzügigen Schichten Kalks) und Liselles Leiche unter den wachsamen Augen des kleinen Mädchens mit Blumen bekränzt auf dem Leichenberg ruhte, beugte sich das Mädchen hinab zu den Toten.

    "Keine Angst Liselle... ich komme wieder und bringe dich nach Hause wenn wir wieder nach Lordaeron können. Es dauert bestimmt nicht lange."



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