SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

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    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 18.11.2005, 22:35

    SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN
    Der Islam in der westlichen Diaspora – am Beispiel der türkischen zweiten Generation in Zürich

    Ralf Sonderegger, Zürich, im Mai 2001
    Lizentiatsarbeit eingereicht bei Prof. Dr. Hans-Joachim Hoffmann-Nowotny
    am Soziologischen Institut der Universität Zürich Philosophische Fakultät I



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 18.11.2005, 22:41


    WASSER - EIN KERNPROBLEM DES NAHOST KONFLIKTS

    Maturitätsarbeit von Nadia Elisa, Zürich, 2005
    Realgymnasium Rämibühl, Klasse 6b
    Betreut von U. Käser



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 20.11.2005, 17:35


    EUROPAS AUSGESTRECKTE HAND
    Islamische Einwanderer können auf dem zusammenwachsenden Kontinent ihre Identität bewahren

    Gret HALLER - Vorabdruck Frankfurter Rundschau 9/2005
    Weitere Publikationen



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 20.11.2005, 19:11


    ÜBER DAS WIRTSCHAFTEN

    M.M.HANEL, Linz 1996
    Um das, zur Zeit scheinbar allein als gültig anerkannte System des Wirtschaftens zu verstehen, um seine partiellen Stärken und seine wesentliche Schwäche gleicher weise zu begreifen, müssen wir vor Augen haben, worin denn das Wesen, das Eigentliche des Wirtschaftens überhaupt besteht und wie es denn vor allem entstanden ist.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 13.02.2006, 20:48


    Der ISLAM

    Teil der Abiturarbeit von Bastiaan FRICH Schweiz, Februar 2006



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 22.10.2006, 12:16


    As-Shalat - das rituelle Gebet

    von Reto Abdallah INAUEN, das islam. Gebet im Lichte der 5 islamischen Rechtsschulen mit Erklärungen in indonesischer Lautschrift.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 22.08.2007, 11:38


    Der ARALSEE
    von Ahmed STANICKI


    Ich habe das Thema genommen, weil es interessant ist und man nicht viel darüber weis. Denn wenn man so bedenkt, dass die Folgen der Umweltverschmutzung und der Verlandung des Aralsees vergleichbar sind, mit denen des Reaktorunfalls in Jernobyl, ist es schon fatal, dass man nicht viel davon erfährt.
    In diesem Referat wird darüber berichtet, wie es überhaupt zu dieser Katastrophe kommen konnte und welche Folgen es für die Bevölkerung, ja sogar für die Menschheit nach sich zieht.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 10.11.2008, 13:07


    INTEGRATION aus MUSLIMISCHER SICHT
    Raim Mustafi für VIOZ am 8.11.208
    http://www.islamheute.ch/Integration_Mustafi.pdf

    zum Veranstaltungshinweis: http://www.iphpbb.com/board/ftopic-43715060nx17898-167-30.html#652



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 10.11.2008, 13:12


    „Das Verhältnis von Religion und Staat im Islam“

    Rifa’at Lenzin / 23.01.2008 in der König Faisal-Stiftung, Basel

    Nach Samuel Huntington und seinem „: Clash of Civilisation“ ist Gott und Cäsar als Kirche und Staat = der prägende Dualismus der westlichen Kultur.
    - China / Japan: Cäsar = Gott
    - Islam: Gott = Cäsar
    - Orthodoxie: Gott = Junior Partner von Cäsar
    Huntington wiederholte damit einmal mehr die Vorwürfe, die im Westen stereotyp und pauschal stets repetiert werden und die lauten:
    Keine Aufklärung
    Keine Trennung von Kirche und Staat
    Keine Säkularisierung



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 10.11.2008, 13:19


    IQBAL auf URDU und DEUTSCH

    Muhammad Hanel im Rahmen einer "One-Dish" Party für die pakistanische Gemeinschaft.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 10.11.2008, 13:23


    Türkei und die EU

    Dr. Hasan Taner HATIPOGLU
    am 15.11.07

    Veranstaltungshinweis: http://www.iphpbb.com/board/viewtopic.php?nxu=43715060nx17898&p=534#534



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    Anonymous - 30.03.2009, 22:30


    Heterogenität:
    Integration durch Akzeptanz
    Brüder KITABI

    In der NZZ Ausgabe vom Mittwoch, den 18. März 2009, war ein ganzer Bund zum Thema „Bildung und Erziehung“ veröffent¬licht worden. Dieser beinhaltete unter¬schiedliche Artikel zu aktuellen Themen und Brennpunkten des Schweizer Schul¬wesens. Unter anderem wurden dabei die Heterogenität und Integration – zwei Begriffe die das Schulsystem prägen und herausfordern – behandelt. [/b]

    Von einigen Artikeln inspiriert, möchten wir in diesem Beitrag einzelne Aspekte im Zusammenhang mit der oben genannten Thematik beleuchten, die Personen mit Migrationshintergrund allgemein und Muslime im Speziellen betreffen. Überdies wollen wir einige Ansätze vorschlagen, die von muslimischer Seite beigetragen werden können, um einige Probleme zu lösen, die sowohl das Schulwesen wie auch unsere Gesellschaft generell betreffen, bezüglich der Heterogenität und Integration. Viele der unten genannten Aspekte dieser Thematik verdienten eine ausführlichere Darlegung. Der Rahmen und die Thematik unseres Beitrags erlaubt uns hier aber nur ein Anschneiden dieser Themen.

    Der Artikel „Heterogenität und Integration“ leitet mit den Worten ein, die heterogene Zusammensetzung der Schulklassen stelle grosse Anforderungen an die Institution Schule dar. Besonders heute werde diese Herausforderung stark wahrgenommen, aufgrund von Problemlagen durch erhöhte Migration und entsprechender kultureller Heterogenität. Diesen Feststellungen stimmen wir zu, jedoch muss dabei auch festgehalten werden, dass unabhängig von Migranten, die Gesellschaft aufgrund von anhaltenden Moderinsierungs- und Individualisierungsprozessen sehr heterogen geworden ist. Diese Tatsache unterschiedlicher "Lebenstyles" wider¬spiegelt sich eben auch in den Schulklassen. Erwähnenswert ist dies deshalb: Besonders wenn es in den Medien um Muslime geht, wird diese Tatsache als Ursache Heterogenität völlig ignoriert. Es entsteht der Eindruck, es wäre eine einheitliche, homogene und kollekti¬vistische Gesellschaft vorhanden und die Anwesenheit der Muslime hätte diese Einheitlichkeit aufgelöst, die harmonische Integriertheit in Frage gestellt und alleine zur Unterschiedlichkeit beigetragen. Die heutigen Gesellschaften kommen mit der allgemeinen Entwicklung der Enttraditionalisierung, Globalisierung und der Auflösung von althergebrachten Lebensformen und -arten immer noch nicht ganz zurecht. Migranten im Allgemeinen und Muslime im Speziellen sind dabei nur ein Aspekt des ganzen Phänomens und dürfen deshalb keinesfalls als Verursacher des Verschwindens der „guten alten Zeit“ betrachtet werden. Zudem wird unserer Ansicht nach das ganze zu negativ betrachtet, denn trotz Spannungen schafft die heutige Situation Möglichkeit zur erneuten Wertorientierung für die Bedürfnisse und Herausforderungen der Zukunft.

    Auf die Schule zurückkommend, erwähnt der Artikel in diesem Zusammenhang, dass es die Aufgabe der Schule sei, trotz dieser Heterogenität die Kinder zu fördern. Deshalb gehöre Integration unbedingt zur Heterogenität dazu. Auch diese Aussage erachten wir als völlig richtig, denn es muss ein Gemeinschaftsgefühl, -verständnis geben, wenn wir unseren Alltag reibungslos meistern und ein harmonisches Funktionier¬en der Gesellschaft gewährleisten möchten. Problematisch bleibt nur der ständig gebrauchte aber schwammig definierte Begriff der Integration im Gesellschaftskontext. Jeder fühlt sich integriert und meint aber etwas anderes damit. Hier müsste vorerst bestimmt werden, wie weit wir alle als Mitglieder der Gesellschaft uns integrieren können, wollen, und müssen.

    Besonders in Bezug auf die Schule scheint der Begriff Integration eine Kampfparole darzustellen, wenn es darum geht, dass muslimische Kinder dem Schwimmunter¬richt fernbleiben, an Klassenfahrten nicht teilnehmen oder ein Kopftuch tragen. Die Debatte ist leider längst eine Polemik im Sinne von „alles oder gar nichts“ gewor¬den. Jede Eigenart der Muslime wird heutzutage dramatisiert und von der sachlichen, lösungsorientierten Ebene weggetragen. Wir wollen nicht abstreiten, dass es Problemfelder und Reibungsbereiche gibt, die mit Migranten und Muslimen in enger Verbindung stehen. Aber wir appellieren an alle Beteiligten, die Sache nüchtern und mit heruntergeschraubten Emotionen zu betrachten.

    Deshalb sehen wir muslimischen Studierenden die differenzierte Analyse der Vergangenheit unterschiedlicher Emigran¬ten und der sich daraus ergebenden Problemen für sehr aufschlussreich für das gegenseitige Verständnis und Akzeptanz.
    So scheint es uns beispielsweise lächerlich zu glauben, dass wenn jemand ein bis zwei Stunden pro Woche aus religiösen Gründen vom Schwimmunterricht fernbleibt, seine Integration in Frage gestellt wird. Wir haben bis jetzt noch keinen Aufschrei vernommen, über beispielsweise Frauenbäder, die schon lange, bevor sich Muslime in der Schweiz bemerkbar machten, vorhanden waren. Auch scheinen die Kleider¬stile beispielsweise von Juden nie deren Integrationsfähigkeit in Zweifel gezogen zu haben. Aber, wenn ein muslimisches Mädchen oder eine muslimische Frau ein Kopftuch trägt, dann wird dies gleichzeitig als Zeichen ihres Integrationsunwillens, ihrer Unterdrückung und als politisches Symbol gedeutet. Diese Diskussion scheint oft künstlicher Natur zu sein und ihre wahren Absichten bleiben zu vermuten. Daher erscheinen uns diese Debatten sehr entfremdet, befremdlich und der Zweck der Integration ins falsche Licht gestellt. Besonders heute, wo in vielen Bereichen „Diversity“ begrüsst und hoch geschätzt wird – jede grosse Firma hat eine spezielle Abteilung dafür - , wird sie abgelehnt, wenn sie die Andersartigkeit der Muslime betrifft. Murad Hofmann drückt es schön aus, wenn er schreibt, dass ein Kopftuch bei der Mutter Jesus, Maria, liebliche Betrachtung und Sympathie auslöst, einer Muslimin mit Kopftuch aber Verachtung zukommt; ein Bart bei Che Guevara als progressiv, bei einem Muslim aber als regressiv beurteilt wird.

    Auf der anderen Seite bewerten wir das Argument der Teilnahme an Klassenfahrten und Schullagern für die Integration als richtig und vernünftig. Denn hier findet echte Integration, Kennenlernen und die Erfahrung von gemeinschaftlichem Leben ausserhalb der eigenen vier Wände statt. Das wäre unserer Meinung nach ein Punkt, worauf muslimische Eltern und die Schule im Sinne einer guten Integration aufbauen könnten. Hier muss man muslimischen Eltern entgegentreten, wenn sie meinen ihre Kinder seien ja dann nicht mehr elterlicher Kontrolle unterstellt und könnten „unerlaubte“ Dinge tun. Das

    Einnehmen dieser Haltung selbst bezeugt schon teilweise ein elterliches Versagen in der Erziehung und damit muss man nicht, noch darf man die Kinder bestrafen! Denn, wenn die Kinder eine gute Erziehung genossen haben und ein harmonisches Elternhaus erleben, dann werden sie auch weit weg von zu Hause auf jenem „häuslichen“ Weg bleiben. Zudem war Kontrolle schon immer nicht wirklich effektiv und heutzutage noch weniger, aufgrund der medialen Möglichkeiten. Deshalb ignoriert oder verkennt diese verbreitete naive Haltung, dass die Kinder heute ja selbst in ihrem eigenen Wohnzimmer während der Anwesenheit ihrer Eltern, „diese“ unerlaubten Dinge machen können. Das Internet auf dem Handy lässt grüssen!

    Damit kommen wir zu einem weiteren Punkt, der mit der Herausforderungen des Schulsystems eng zusammenhängt; und zwar zur Bildung und Erziehung der Kinder durch ihre Eltern.
    Es ist eine Tatsache, dass die Eltern immer weniger bei der Erziehung ihrer Kinder eine Rolle spielen. Der Grossteil der Erziehung wird fast schon als die Aufgabe der Schule oder bei vielen Muslimen, als die Aufgabe eines privaten Religionsunterrichts oder Imams angesehen. Es gibt durchaus auch Eltern, die schlicht keine Zeit für die Erziehung ihrer Kinder haben. Wobei hier unter Erziehung bei Muslimen, nicht nur das Beibringen von Verhaltensregeln, sondern, nach dem Vorbild unseres Propheten (saw), auch Entgegenbringen von Liebe und Achtung gegenüber den Kindern, verstanden werden soll. Nur durch eine wirkliche, herzliche Erziehung wird die nächste Generation von Muslimen sich in der Schweiz behaupten können. Für viele Kinder fühlt sich heute niemand verantwortlich, wodurch diese ihrem eigenen Schicksal überlassen sind. Wenn die Kinder zur Erziehung der Schule überlassen werden, führt dies zu einer kompletten Überforderung schulischer Leistungsfähigkeit. Die Erziehung übernimmt dann eben "die Strasse", die Medien usw. Natürlich könnte hier die Schule eine gewisse Rolle spielen. Es muss dann aber die Frage gestellt werden, wie viel Islam die Schule vermitteln kann, wenn sie überhaupt Erziehungsaufgaben übernehmen soll. Es ist aber nicht Aufgabe der Schule, die Kinder von Migraten nach den Wertvor
    stellungen der Eltern zu erziehen. Sie kann allenfalls die Integrität der Schüler untereinander fördern. Die Aufgabe und Verantwortung der primären Erziehung liegt unserer Meinung klar bei den Eltern. Doch diese sind als Migranten meist selbst durch das herausgerissen sein aus ihrer ursprünglichen Umgebung und ihrem Leben in dieser heterogenen Gesellschaft überfordert.

    Hier appellieren wir an die muslimischen Eltern, mit ihrer Haltung aufzuhören, sich als Objekt dieser Problematik darzustellen, sondern als verantwortliche Individuen diese Problematik wahrzunehmen und eigene Beiträge zur Überwindung und Befriedung der Situation liefern. Die Muslime müssen sich fragen: Wie können wir die Erziehung unserer Kinder in dieser modernen Welt mit all ihren Herausforderungen optimal gestalten? Wie könnte die eigene Unterschiedlichkeit als Mehrwert für die Gemeinschaft eingebracht werden? Was können wir von Anderen lernen und was sie wiederum von uns? Wir sehen deshalb sogar die fundierte Ausbildung der Erziehungsberechtigten, in erster Linie also der Eltern, als wichtig an, weil sie zweifelsohne zur optimalen Integration beiträgt. Diesbezüglich wären die muslimischen Eltern in die Schweiz gar nicht so schlecht beraten, von ihren Nachbarn etwas dazuzulernen. In Österreich nämlich gibt es Elternvereine - welche unter anderem von Emigranteneltern besucht werden - wo speziell den überforderten Eltern die Hand geboten wird. Solcher Zusammenhalt unter Eltern und Lehrbeauftragten fördert die Interessen an den gegenseitigen Kulturen und führt zur gemeinsamen Problemlösung anstatt zu Klüften zwischen verschiedenen Weltansichten.

    Positive Erfahrungen mit der Heterogenität hingegen macht das Modell der Schule St. Johann in Basel, womit sich ein weiterer Artikel des NZZ-Bundes beschäftigt. Wie Integration von einheimischen und ausländischen Kindern gelingen kann, zeigt dieses Beispiel. Ein Pfeiler des Konzeptes ist die Einbindung der Kurse für heimatliche Sprache und Kultur. Hier lernen die Schüler denselben Schulstoff der auch im Fach Deutsch Thema ist. „Je mehr man voneinander weiss, desto weniger Problem gibt es“, sagt Peter Kobald, Leiter des Schulhauses St. Johann. So bieten auch viele andere Schulhäuser Sprachkurse für Ausländer in ihrer Muttersprache an. Dazu wieder der Leiter: „Die Anerkennung ihrer Identität und Sprache ist spürbar, für Schüler wie für Lehrer. Dies wirkt sich positiv auf das Selbstbewusstsein der Schüler und ihr Lernverhalten auch in anderen Fächern aus“.

    Unsere eigenen Kindheitserfahrungen und der Austausch mit anderen Muslimen verdeutlichen uns, dass viele muslimische Schüler diese Anerkennung aus ihrer Umgebung vermissen. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass sie sich abwenden, einen Leistungseinbruch erleiden, Desinteresse zeigen oder gar Abneigung gegenüber der Gesellschaft entwickeln. Jene, die sich wirklich gegen Parallelgesellschaften aussprechen – und dies nicht als Scheinargument für ihre antiislamische, Muslimen gegenüber feindlich gesinnte Haltung benutzen – sollten genau hier bei der Anerkennung des Menschen als Individuum ansetzen. Deshalb müssen unserer Meinung nach, zur Förderung des gegenseitigen Verständnisses die kulturell-religiösen Traditionen der Immigranten unbedingt präsent gemacht werden, und zwar in den Schulen, sowie auch in Unternehmen und vor allem in den Medien. Nur so kann auf der einen Seite die Unkenntnis - und die sich daraus ergebende gefährliche Parteilichkeit - und auf der anderen Seite die Kreation einer, nicht minder gefährlichen integrationsunwilligen Parallelgesellschaft aus dem Weg geräumt und verhindert werden. Zudem ist es gerade bei der neu heranwachsenden Generation von Kindern mit Migrations¬hintergrund wichtig, ihnen das Gefühl zu vermitteln, in der Schweiz akzeptiert und willkommen zu sein. Die Frage lautet bloss: wie?
    Diesbezüglich gibt es manche Möglichkeiten, wovon wir eine gerade für die neu heranwachsende muslimische Generation der Schweiz für äusserst bedeutsam erachten: die Implementierung des muslimischen Religionsunterrichts in die Primar- und Mittelstufen. Dies schafft nicht nur die Unkenntnis ab, sondern gibt insbesondere den muslimischen Kindern das Gefühl der Anerkennung ihrer Religion, ihrer religiösen Identität und letztendlich ihrer individuellen Persönlichkeit. Die Schweiz ist ein weltoffenes Land, das eine Vielzahl von Kulturen, Religionen und

    Konfessionen beherbergt. Diese Multikulturalität ist zum Markenzeichen der Schweiz geworden. Hoffen wir, dass Bekleidungsunterschiede verschiedener Sitten der Corporate Identity der Schweiz nichts einbüsst.

    Zum Schluss bleibt uns nur zu sagen, dass die Heterogenität in den Schulklassen, am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft eine Tatsache ist, ob es uns gefällt oder nicht. Es ist sogar zu vermuten, dass sie weiter zunehmen wird. Entscheidend wird also sein, welche neue Lösungen wir gemeinsam erarbeiten können, um einerseits ein friedliches Nebeneinander zu ermöglichen und gleichzeitig jedem seine integrative Selbstverwirklichung ermöglichen können.

    Was vor allem Kinder von Migraten brauchen, sind keine Sanktionen in Hinblick auf ihre kulturell-religiösen Bräuche, sondern ernst gemeinte Anerkennung. Wenn wir SchweizerInnen ihnen aufrichtige Anerkennung zeigen können- und dies von Herzen machen - dann werden wir es verhindern, dass sich die so genannte unerwünschte Parallelgesellschaften neben unserer offenen Gesellschaft bildet. Der Motor für Integration sind nicht starre Vorschriften und Verhaltensnormen, sondern die Anerkennung und Annahme kultureller Vielfalt und deren gemeinsame Weiterentwicklung.

    Fragen, Einwände und Anmerkungen an die Verfasser:
    Brüder Kitabi unter simsalabim66@hotmail.com



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 29.04.2009, 09:49


    Replik zu Elham Maneas «Ich will nicht mehr schweigen. Der Islam, der Westen und die Menschenrechte»
    Brüder KITABI

    In einem am 6. April in der Tageszeitung Die Südostschweiz verfassten Artikel über Elham Manea und ihr kürzlich erschienenes Buch «Ich will nicht mehr schweigen. Der Islam, der Westen und die Menschenrechte» legt die Autorin des Buches ihre Vision eines „humanistischen Islams“ dar. Anlass zu einem Kommentar dazu gaben unzählige unhaltbare Aussagen Maneas aus muslimischer Sicht. Hier soll aber lediglich auf den erheblichsten Irrtum von Manea bezüglich des Wesens des Qur’ans eingegangen werden. Zum Schluss werden wir kurz ihre Haltung gegenüber den Muslimen in der Schweiz kommentieren.

    Das Wesen des Qur’ans
    Manea stellt in diesem Artikel die Behauptung auf: «Es fällt uns [Muslimen] schwer, die göttliche von der menschlichen Dimension des Korans zu unterscheiden.» Diese Aussage lässt den Anschein entstehen, unter den Muslimen wäre eine solche Debatte vorhanden. Tatsächlich gab es aber in der ganzen Geschichte der muslimischen Völker nie einen Zweifel über den göttlichen Ursprung des Qur’ans und dies ist bis heute der Fall. Die im Westen durch starke Medienpräsenz verbreiteten unorthodoxen – um einen christlichen Begriff auszuleihen - Meinung von einzelnen Individuen und Randgruppen, wie diejenige von Manea, ändern an dieser Tatsache nichts.

    Die Muslime geben dem Konzept der Offenbarung eine sehr spezielle Bedeutung, welche eine ganz andere ist als diejenige einer Inspiration (womit beispielsweise die Christen ihr Neues Testament bezeichnen). Gott schickt uns von Seinem Schatz etwas Seiner Weisheit, um die Menschheit zu informieren und zu führen, welche sonst gleichsam blinden Kreaturen auf der Erde herumwandern würden. Die Wörter, in welchen diese Offenbarung ihre Form annimmt, unterliegen nicht menschlicher Wahl, sie sind Gottes Wahl. Selbst die Sprache des Buches ist Teil der Offenbarung und kann nicht von ihr separiert werden. Deshalb ist eine Übersetzung, zwar nützlich und nötig, nicht der Qur’an. Für uns Muslime ist deshalb dieses Buch im wahrsten Sinne des Wortes göttliche Rede. Darin ist jedes Wort exakt was es sein muss und kann niemals durch ein anderes Wort ersetzt werden. Was bedeutet, dass das Unendliche ein Ausdrucksmittel in den Beschränkungen des Endlichen findet. Es heisst, dass jeder Vers – und sogar jedes Wort – eine Varietät von Bedeutungen auf verschiedenen Ebenen des Verstehens hat. Es ist die besondere Natur der arabischen Sprache, welches dies möglich macht.

    Dies führt uns zu einer Frage, welche den Muslimen im Westen oft gestellt wird und aus den Ansichten von Elham Manea herausgelesen werden kann: Warum gibt es keine „historische Kritik“ des Qur’ans, wie es eine der Bibel gibt? Hier scheint uns jedoch ein einfaches Missverständnis vorzuliegen. Die Bibel besteht aus verschiedenen Teilen, welche über mehrere Jahrhunderte zusammengetragen wurden. Es ist möglich Zweifel an einem Teil zu haben, ohne den Rest zu bestreiten. Aber der Qur’an ist eine einzige Offenbarung, die nur durch einen Mann empfangen wurde. Entweder man akzeptiert den Qur’an für was er zu sein behauptet, dann ist man ein Moslem, oder man lehnt seinen Anspruch ab und stellt sich ausserhalb der Gemeinde des Islams.

    Manea fragt sich im Zusammenhang mit der göttlichen Natur des Qur’ans weiter: «Denn wie können Gebote, die im 7. Jahrhundert auf der arabischen Halbinsel entstanden sind, universelle und zeitlose Gültigkeit haben?» Diese Frage wird uns Muslimen ebenfalls oft von den Nicht-Muslimen gestellt. Auch wird gefragt, warum wir denn zögern, den Qur’an den Bedürfnissen der Moderne „anzupassen“, was von Manea energisch gefordert wird. Nun, das Buch selber beantwortet diese Frage: “Unabänderlich sind Gottes Worte“ (Qur’an 10:64). Die Tatsache, dass er im siebten Jahrhundert christlicher Zeitrechnung „herab gesandt wurde“, und nicht im einundzwanzigsten, ist irrelevant. Ein englisches Sprichwort sagt:“ You do not wear down a diamond by constant handling” und das Vergehen der Jahrhunderte kann nicht die Worte Gottes erodieren. Der Akt – die Offenbarung – ist in der Zeit lokalisiert, aber sie selbst ist zeitlos. Die islamische Theologie definierte schon immer die Essenz des Qur’ans als „ungeschaffen“ und deshalb ewig.

    Was die Universalität des Islams betrifft, muss zuerst einmal festgehalten werden, dass der Islam nie behauptet hat eine „neue“ Religion zu sein, in dem Sinne wie die meisten von uns den Ausdruck verstehen würden. Im Gegenteil, er präsentiert sich als eine Restauration und „Wieder-Formulierung“ der „Din-ul-Fitrah“: der beständigen Religion der Menschen, die ewige Wahrheit, die unseren Vorfahren immer und immer wieder in Erinnerung gebracht werden musste. In der Tat, beginnt dieser Prozess der Offenbarung – „Erinnerung oder Mahnung“ -, wo wir begonnen haben. Weiter behauptet der Islam auch nicht einmalig zu sein, er behauptet aber abschliessend zu sein und deshalb die Zusammenfassung von all dem was vor ihm kam. Nach ihm werden keine „Rettungsseile“ mehr zu der "strampelnden" Menschheit heruntergelassen. Deshalb muss diese eine akribisch genau in ihrer makellosen Reinheit bewahrt werden: “ Unabänderlich sind Gottes Worte“.

    Das also bedeutet, dass der Grundstein des Islams, der Qur’an, eine universelle Relevanz haben muss. Er muss geistige Nahrung bieten, sowohl den Weisen und den Törichten, wie auch dem hoch entwickelten Auffassungsver¬mögen und dem einfachen Gemüt. Und das tut er auch, und hat er auch immer getan, wie die Geschichte unseres Glaubens beweist. Es ist die Wirkungskraft dieser Worte – ihre Rettungs- und Transformationskraft – die für die meisten von uns den göttlichen Ursprung des Qur’ans demonstriert. Deshalb soll hier reichen zu sagen, dass wir als Muslime nicht fragen, wie wir das Buch unserem Leben in der heutigen Welt anpassen können – oder mit Manea ausgedrückt den Islam der Moderne anzupassen -, sondern wie wir unser tägliches Leben dem Qur’an anpassen können. Das ist das eigentliche Problem.

    Zu Maneas Unverständnis den Qur’an als das zu begreifen, als was er behauptet zu sein, muss gesagt werden, dass der Qur’an ein Buch ist, welches sich dem voreingenommenen oder wenig reflektierten Leser nicht immer erschliesst. Man muss die einzelnen Zeichen Gottes (die Ayats) in der Gesamtheit der Offenbarung und im Kontext der Offenbarungsumstände betrachten. Deshalb braucht es für das korrekte Verständnis des Korans ohne Zweifel auch die Sunnah unseres Propheten (saw) (Qur’an 3:31 und 33:21). Dieser hat den Qur’an durch den Erzengel Gabriel von Gott offenbart bekommen und kennt dessen Bedeutung am besten. Tendenzen, denen nahezustehen wir auch Manea und die Verfasserin des Zeitungsartikels vermuten, welche den Qur’an von der Sunnah isolieren wollen, sind grundsätzlich abzulehnen, weil dadurch ein wesentlicher Geist der Offenbarung verloren geht und der freien und spekulativen Interpretation der Menschen ungebührlicher, nämlich zu weiter Platz eingeräumt wird. Beispiele hierzu liefern die Geschichte der Theologie der Vorgängerreligionen des Islams, nämlich das Christen- und das Judentum.

    Maneas Haltung gegenüber den Muslimen in der Schweiz
    Elham Manea proklamiert lautstark die Freiheit des Andersdenkens, doch scheinbar gilt dieses Prinzip nur für ihre Meinungen. Denn die Forderungen der hiesigen Muslime verwirft sie kurzerhand und stempelt sie als nicht rechtsstaatlich ab. Dies beweist auch ihre Stellungnahme zur Kopftuchfrage, wo sie die Glaubensweise Abermillionen von muslimischen Frauen in Europa respektlos missachtet und sie auch noch bevormundet, mit der Behauptung, die Kopftücher wären ihnen von „Islamisten“ eingetrichtert worden. Das ist eine nicht nur sehr wirklichkeitsfremde/unglaubhafte, sondern auch anmassende Äusserung im Europa des 21. Jahrhunderts. Weiter begründet sie ein Kopftuchverbot in der Schule damit, dass dies so nicht im Qur’an stünde. Doch hiermit widerspricht sie sich selbst, denn zu Beginn stellte sie noch überhaupt die Authentizität des Qur’ans in Frage, dann aber bezieht sie sich genau auf denselben Qur’an. Was bezweckt nun Manea mit dieser Willkür?

    Um ihre Meinung zu bekräftigen bedient sie sich zudem der allgemein populären Drohung der Entstehung einer Parallelgesellschaft. Die Bedürfnisse von tausenden Muslimen werden somit als gefährliche Sonderwege, ja schlimmer noch, als eine Bedrohung der demokratischen Grundwerte der Schweiz abgestuft. Der Humanismus ist eine Weltanschauung, die sich an den Interessen, den Werten und der Würde des einzelnen Menschen orientiert. Toleranz und Gewissensfreiheit gelten als wichtige humanistische Prinzipien menschlichen Zusammenlebens. Doch Manea, die sich ihrer Meinung nach zu den humanistischen Prinzipien bekennt, tritt die Meinung anderer, seien sie nun richtig oder falsch interpretiert, mit Füssen.

    Die Brüder Kitabi, Kommentare und Anregungen an simsalabim66@hotmail.com
    Die Darlegungen zum Qur’an sind zu einem grossen Teil den Reden von Charles le Gai Eaton entnommen.

    Link zum Artikel: http://www.suedostschweiz.ch/medien/archiv/text/detail.cfm?id=615751&aktuellid=576391

    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Es wäre eine gute Sache, wenn hier die Diskussion über die Beiträge der Gebrüder KITABI eröffnet wird.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 08.05.2009, 20:51


    Arbeiten von 3 Schweizer Maturantinnen

    Diese Arbeiten wurden u.a. von VIOZ und GSIW betreut. (Interviews inklusive.)

    Auch wenn einige kleinere Ungenauigkeiten der Korrektur entgangen sind, stellen diese Arbeiten ein schönes Beispiel für konstruktives Kooperieren von Schweizer Jugendlichen - die mit viel Engagement und Enthusiasmus sich für das Thema rund um den Islam interessierten und jeweils reife Arbeiten abgeliefert haben -mit muslimischen Organisationen dar, deren Motto ist:
    "INTEGRATION durch KOOPERATION".

    Integration des ISLAM in der SCHWEIZ
    Janine KUERNSTEINER

    Kopftuch in der Schweiz - ein Streitpunkt
    Christina FORRER

    Minarettinitiative - eine kontroverse Diskussion
    Claudia KELLER

    Nachzulesen unter: http://www.islamheute.ch/ForrerChristina_Kopftuch_09.pdf



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    Anonymous - 25.05.2009, 18:31


    Die Meinungsfreiheit, der Dialog und die Medien.
    Eine Betrachtung der Vorkommnisse um die Antirassismuskonferenz

    Unsere moderne Welt ist geprägt von vielen wirtschaftlichen und sozialen Problemen. Eines der grössten Probleme ist jedoch das Unverständnis anderen Völkern und Kulturen gegenüber und das fehlende Gemeinschaftsgefühl der Menschheit. Man ist geneigt die Welt in kulturelle Territorien zu unterteilen und dann von „uns“ und den „anderen“ zu reden. Die vorherrschende Meinung auf der Welt ist ja auch die, dass dieser Umstand sich nicht ändern kann, da der Mensch grundsätzlich egozentrisch ausgerichtet ist. Und darum, davon geht man aus, werden sich kuturell verschiedene Entitäten wohl oder übel bekämpfen müssen. Ganz besonders aufgebauscht und von einigen Kreisen offenbar erwünscht ist die Konfrontation der muslimischen mit der christlich- (westlichen) Welt. Die These des „Clashs of Civilizations“ von Samuel Huntington wird häufig als Beleg dazu herangezogen.

    Es gibt aber auch viele Menschen auf der Welt, die statt eines zwingenden Zusammenpralls an einen Dialog und ein friedliches, kooperatives Neben- und Miteinander glauben und sich auch dafür einsetzen. Als ein solches Beispiel könnte die Schweiz genannt werden, hinsichtlich sowohl deren nationale wie auch internationale Politik. Traditionell verhält sich das Land bei internationalen bzw. ausländischen Konflikten neutral. Die Schweiz steht aber nicht einfach passiv daneben, sonder hält an der essentiellen Bedeutung der Aufrechterhaltung des Dialogs fest. In dieser Hinsicht ist in unserer heutigen Zeit besonders ihre Vermittlerrolle in den USA- Iran Beziehungen zu erwähnen. Ist es doch selbstverständlich, will man eine Konfliktlösung finden, dass beide Parteien miteinander kommunizieren müssen.

    Ein ausgezeichnetes Beispiel dafür hat die Schweizer Delegation hinsichtlich der Rede Ahmedinejads bei der Antirassismuskonferenz in Genf gegeben, als sie den Saal bei seiner Rede nicht verliess. Man verwies auf das Recht der freien Meinungsäusserung als Grundvoraussetzung jeglichen Dialogs. Wenn dieses Recht den Menschen gewährt wird, sollte man anderern Meinungen zumindest auch zuhören. Wieso aber fragt man sich, haben die restlichen europäischen Staaten den Saal verlassen? Stehen diese nicht wie die Schweiz hinter der Meinungsäusserungsfreiheit? Wieso haben bedeutende Länder wie Deutschland oder die USA ihre Teilnahme an der Konferenz schon vorzeitig abgesagt? Wieso haben sie Angst zu hören, was der iranische Präsident sagen wird? Unserer Meinung nach konnten die Diplomaten entweder nicht ertragen, die Wahrheit zu hören oder sie standen unter Druck von mächtigen Partikularinteressen einzelner Länder oder Lobbys. Stellt sich die Frage, was denn nun den Eklat gebildet hat: Die Rede Ahmedinejads oder die Haltung der westlichen Diplomaten?

    Die Rede von Mahmud Ahmedinejad war insofern positiv, weil sie bestimmte Missstände auf der Welt anprangerte und dazu auch Lösungsvorschläge anbot. Tatsache ist allerdings auch, dass an der Glaubwürdigkeit des Redners Zweifel angemeldet werden. Viele Staaten kritisieren berechtigterweise ihrerseits die Menschenrechtslage im Iran. Ganz allgemein stellt sich aber die Frage, ob man der Wahrheit lauschen will oder man vorher schaut, von wem sie kommt. Unserer Meinung nach ist das Gesagte wichtig und nicht wer gesprochen hat; eine wahre Tatsache bleibt wahr, egal ob ausgesprochen oder nicht bzw. von wem ausgesprochen.

    Wer die Rede Ahmedinejads gelesen hat, wird feststellen, dass er nirgends antisemitische oder allgemein rassistische Äusserungen macht. Auch den Holocaust leugnet er nicht: „Nach dem Zweiten Weltkrieg haben sie unter der Begründung der Judenopfer und unter Missbrauch des Holocausts, durch Offensive und Feldzug ein Volk vertrieben und einige aus Europa und den USA und anderen Ländern, in deren Territorium gebracht und eine total rassistische Regierung auf dem besetzten Boden Palästinas errichtet“. Er wirft den westlichen Mächten vor, den Holocaust missbraucht zu haben. Dem Zionismus attestiert er rassistische Züge: „Der internationale Zionismus ist Symbol eines reinen Rassismus und hat unter Verfälschung der Religion versucht, die religiösen Gefühle einer Reihe von unwissenden Menschen auszunutzen, um dahinter sein hässliches Gesicht zu verbergen.“ Und bezüglich Israel sagt er: „In Wahrheit haben sie [die westlichen Mächte] unter dem Vorwand des Ausgleiches rassistischen Unheils in Europa an einem anderen Ort, nämlich in Palästina, die brutalsten Rassisten an die Macht gebracht.“ Was daran ist denn nun effektiv falsch? Hat den niemand in Europa auf hoher politischer Ebene den Mut, der Wahrheit ins Gesicht zu schauen, ganz zu schweigen davon, sie auszusprechen? Ist es denn nicht so, dass die arabischen Israelis, also die Araber, die auf israelischem Boden unter den Juden leben, nicht die gleichen Rechte besitzen, wie jüdischen Israelis? Soll man die teilweise Vertreibung der Palästinenser aus ihrem Land aus der Geschichte streichen? Sind die jüngsten Ereignisse in Gaza nicht ein Beweis dafür, dass das israelische Regime den Menschen im Gazastreifen nicht ihre verbürgten Menschenrechte zuerkennt? Wie sonst kann man erklären, dass für die Tötung von einer Handvoll Hamas Aktivisten tausende von Unschuldigen geopfert werden? Baut der israelische Staat nicht Mauern um Dörfer und Städte, um die dort lebenden Menschen zu isolieren und verelenden zu lassen? Seit der Installierung dieses Staates wird den Palästinensern bis zum heutigen Tag Stück um Stück ihr Land und damit ihre Lebensgrundlage genommen und die westliche Welt sieht einfach weg. Ja darf man denn in Betrachtung dieser Fakten nicht zum Schluss kommen, dass das israelische Regime rassistische Züge trägt ist? Liegt das ausserhalb der freien Meinungsäusserung oder ist der Begriff rassistisch per se für Israel und Israelis nicht anwendbar? Wenn Ahmedinejad das zu Wort bringt und bestimmte Staaten seine Rede boykottieren, wie will man dann überhaupt einen Dialog führen?
    Ahmedinejad fordert für die Errichtung einer gerechten Welt, wörtlich: „Der wichtigste Weg zum Kampf mit solchen Erscheinungen [Rassismus] besteht demnach darin, die Allgemeinkenntnis und das Allgemeinverständnis hinsichtlich des menschlichen Daseinssinns und der Wahrheit einer Welt, die den Schwerpunkt beim Menschen setzt, zu verbessern und dies erfordert oder ergibt sogleich die Rückkehr zu den spirituellen und ethnischen Werten und den Tugenden des Menschen und seine Hinwendung zu Gott.“ Als Muslim hat man an dieser These nichts auszusetzen. Aber wenn man auch gegen diese Meinung sein sollte, ist nicht die blosse Anhörung dieser These von ihm unerlässlich für den Dialog? Mit dieser Einstellung erstaunt es auch nicht, dass die ganze Diskussion nicht um den Inhalt der Konferenz und den Lösungsvorschlägen geführt wird, sondern sich die Diskussionen nur um einen Mann drehen. Es kommt unweigerlich der Verdacht auf, dass man gar nicht diskutieren und am vorherrschenden System, der ja nach unserer Meinung erst Rassismus hervorruft, rütteln will, sondern die Aufmerksamkeit möglichst in künstliche Diskussionsbahnen lenken will, um den Lösungsvorschlägen keine Chance zu geben. Es müssten vor allem die Inhalte und Forderungen an solchen Konferenzen diskutiert werden.

    Damit diese Forderungen von den Massen gehört werden können, sind die Medien gefordert. Jedoch ist die Haltung der westlichen Medien wie üblich. Auch damals in einer im März 2008 gehaltenen Rede von Ahmedinejad berichteten alle Medien, der Präsident habe zur Vernichtung Israels und aller Juden aufgerufen. Wie sich jedoch später herausstellte, rief er nicht zur Vernichtung der Juden auf, sondern sagte: „Dieses Besatzungsregime muss von den Seiten der Geschichte (wahlweise: Zeiten) verschwinden“. Er stellte sich also gegen das von ihm als rassistisch bezeichnete Besatzungsregime von Israel und nicht allgemein gegen Juden. Die Medien können oder wollen wohl nicht zwischen Antisemitismus und Antizionismus unterscheiden. Auch im jüngsten Beispiel haben die Medien Falschmeldungen verbreitet. Er soll eine Hassrede gehalten haben. Er sei ja sowieso ein Holocaust Leugner. Er sei ein Verbrecher. Doch nirgends konnten die Zeitungen und das Fernsehen diese Aussagen zitieren. Auch hatte keines der meist gelesenen Blätter die ganze Rede abgedruckt. Hätte es das Internet nicht gegeben, wären auch wir unmöglich zu seiner Rede gekommen. Wäre es nicht Aufgabe der Medien, die Menschen bloss zu informieren und bei der Meinungsbildung unterstützende Arbeit zu leisten? Wieso vorenthält man den Menschen die Quellen und gibt komplett einseitig vorgefertigte Meinungen an das Volk weiter? Behaupten denn die westlichen Medien nicht, sie seien die einzigen freien Medien? Warum aber scheuen sie sich Gegenmeinungen auch Platz einzuräumen? Wieso haben sie Angst auch nur eine bisschen kritischere Haltung gegenüber der „allgemeinen“ öffentlichen Meinung einzunehmen? Und die viel wichtigere Frage ist: Wer bildet diese öffentliche Meinung und diktiert den Medien ihre Inhalte vor?

    Eine Verbesserung in der heutigen politischen Welt ist längst fällig. Um unsere Auseinandersetzungen und Meinungsunterschiede beseitigen und bereinigen zu können, müsste man als erstes den Willen aufbringen, dem Anderen auch zuzuhören. Die Lösung der Probleme ist ohne aufrichtige Dialogführung schlicht unmöglich. Und um einen breiten Basiskonsens bezüglich der Problematik unter den Menschen erzielen zu können sind die Medien als Informationsträger unaverzichtbar.
    Sie haben dabei einen sehr wichtigen Beitrag zu leisten. Ihre Aufgabe wäre es,doch die Gesichtspunkte beider Seiten unverändert an das Volk weiter geben, damit auch die Menschen aufgefordert sind, sich ihre, von einseitigem, negativem medialem Einfluss befreit, individuelle Meinung zu bilden. Die beteiligten Parteien müssen den Willen des Dialogs zeigen. Die „grossen“ Mächte sollten da vielleicht in dieser Hinsicht für ihre Aussenpolitik, etwas von der „kleinen“ Schweiz lernen.

    Quellen:

    Ahmedinejad’s Durban II Rede; Iranischer Rundfunk:
    http://german.irib.ir/index.php?option=com_content&view=article&id=23034:ansprache-des-iranischen-staatspraesidenten-ahmadinedschad-auf-der-antirassismus-konferenz-in-genf&catid=13:kommentare&Itemid=11

    Ahmedinejad’s Rede in Iran; Antizionistische Aussagen:
    http://www.freitag.de/datenbank/freitag/2009/17/uno-konferenz-rassismus-isarel-iran/print

    Abdullah Mahmood



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 29.06.2009, 18:20


    Religion in der Schule

    In ihrer März-Ausgabe, berichtete die Zürcher Studierendenzeitung ZS über evangelikale Freikirchler, welche in die Zürcher pädagogische Hochschule stürmen würden. Man befürchtet, dass diese später in den Schulen missionieren. Davon berichteten diverse Zeitungen, so auch die NZZ. Das Thema betrifft uns Muslime aus zweierlei Gründen: Einerseits schicken die Muslime ihre Kinder hier in die Schule und diese können von missionarisch motivierten Lehrpersonen unterrichtet werden. Anderseits ergreifen auch Muslime den Lehrerberuf und sind oft von vorne herein diesem Verdacht ausgesetzt. Dies umso mehr, wenn man davon ausgeht, dass die Zahl muslimischer Lehrkräfte, absolut betrachtet, in Zukunft steigen wird.

    Es ist in der Tat ein Problem, wenn Lehrer die ihnen anvertrauten Schüler auf verdeckte oder dezidierte Weise zu missionieren versuchen. So berichtet der NZZ-Artikel, dass angehende Lehrer die Absicht geäussert hätten, ihren Schülern das Alphabet nur mit biblischen Wörtern beizubringen oder nur biblische Geschichten zu erzählen. Angehörigen anderer Religionen oder Agnostikern wird dies wahrscheinlich nicht wirklich gefallen. Wir selber haben in der Primarschule viele biblischen Geschichten erzählt bekommen, „christliche“ Lieder gesungen und „religiöse“ Zeichnungen gemacht. Dies alles ausserhalb des freiwilligen christlichen Religionsunterrichts oder der Weihnachtszeit. Dies war möglich, wie der Artikel schreibt, weil die Lehrer relativ viel Spielraum haben ihren Unterricht ausserhalb der Kernfächer zu gestalten. Die muslimischen Eltern hatten bis jetzt diese Situation so hingenommen und nicht kollektiv das Gespräch mit den Schulbehörden gesucht. Die Muslime sollten sich unserer Meinung nach schon längst in die Bildungssystemdebatte einbringen und dort sowohl zu diesem Thema wie auch zu anderen Themen gemeinsam Position beziehen. Falls sie missionarische Aktivitäten im Klassenzimmer vermuten, so sollten sie dies umgehend melden. Religiöse Bildung – und auch deren Fehlen - ist für die Kinder prägend und deshalb sehr wichtig für Muslime. Daher ist es unserer Meinung nach bedenklich, wenn muslimische Primarschüler von extrem christlich motivierten Lehrern in der Schule in der Weihnachtszeit vermittelt überkommen, dass das kleine niedliche Kind in der Krippe Gott oder Gottes Sohn sei. Dieser Punkt stellt den grössten Kontrast zur islamischen Glaubenslehre dar.

    Was zukünftige muslimische Lehrpersonen betrifft, so befürchten wir, dass die gleiche Debatte, welche aktuell über die evangelikalen Freichkirchler geführt wird, auf die Muslime gerichtet wird. Auch wenn Indizien für missionarische Aktivitäten nicht vorhanden sind, reicht die Tatsache, dass sie praktizierende Muslime sind, um eine mediale Kampagne zu lancieren. Eine schon heute hitzig debattierte Frage ist das Kopftuch für Lehrerinnen. Deshalb soll hier auf einige Punkte eingegangen werden. Bei der Kopftuchdebatte sind unserer Meinung nach die Argumente, es sei ein politisches Symbol oder eines für die Unterdrückung der Frau, aus der Luft gegriffene Scheinargumente. Die bekannten Gerichtsfälle in Deutschland diesbezüglich zeigen ein anderes Bild: Selbstbewusste, frei dem Islam beigetretene, emanzipierte Frauen, die gewiss keine politische Agenda führen. Man kann natürlich auch andere Gründe geltend machen wie z.B. die konfessionelle Neutralität der Schulen. Dies müsste dann aber nicht ein Lippenbekenntnis bleiben, sondern auch konsequent für alle Konfessionen gelten. Bezüglich den Befürchtungen versteckten Missionierens ist unseres Erachtens nach eine Person vorzuziehen, welcher man dem Äusseren nach ihre Religionszugehörigkeit ansieht, die sich aber an ihren Lehrauftrag ohne Missionsauftrag hält, als ein scheinbar sich weltanschaulich „neutral“ gebender Missionar.

    Nebst der Tatsache, dass der Islam seinen Anhängern keinen "Missionierungsauftrag" im christlichen Sinne auferlegt, hält sich der Muslim an eines der zentralen qur’anischen Gebote, seine Verträge einzuhalten. Dieses ist auf die Situation einer Lehrperson anwendbar, die ja nichts anderes als ein Vertragsverhältnis darstellt. Auch der Unterricht von Fächern wie, Evolutionstheorie oder Sexualkunde, sollte für Muslime kein Problem darstellen. Auch wenn das vermittelte Wissen nicht mit ihren Vorstellungen übereinstimmen mag, so weiss ein Muslim auch hier, dass er durch den Qur’an strikt aufgefordert ist, seine Verträge zu halten und dies gegenüber jedem, was das Beispiel des Propheten Muhammad (saw) zeigt.

    In einem zweiten Artikel weitete die NZZ am Sonntag diese Debatte auf den Religionsunterricht in der Primarschule aus. Uns Muslimen muss bewusst sein, dass die Spannungen um das Fach Religion keinesfalls neu sind, sondern vor dem Hintergrund der massiven weltanschaulichen Auseinandersetzungen des 19. Jahrhunderts zu verstehen sind, wo es darum ging, “ob die Schule der Kirche Vorhalle oder Stätte der moralischen Festigung republikanischer Staatsgrundsätze sein solle“.
    Heute haben sich die Dinge gewandelt, man hat nicht mehr ganz die gleichen Ansichten wie vor hundert Jahren und auch nicht dieselben Bedürfnisse. Einerseits hat der christliche Religionsunterricht für viele nicht mehr die Bedeutung die er einmal hatte, sondern vielmehr wird er als eine Art Einweisung in die christliche gesellschaftliche-Kultur(geschichte) verstanden. Andererseits sind durch die Emigranten mehrere Minderheiten entstanden, die ihrerseits eigene religiöse Bedürfnisse haben. Die Situation ist somit komplexer geworden. Diese neue Situation muss die Grundlage für die Beurteilung des Faches Religion sein und nicht althergebrachte Vorstellungen der Behörden, die nicht die gesellschaftliche Realität abbilden. Auf jeden Fall ist eine neue Strukturierung schon lange überfällig. Dabei sollte einer der Hauptgedanken unseres Erachtens sein, sich gegenseitig besser kennen zu lernen, denn nur dadurch können Distanzen überbrückt und allfällige Ängste und Vorurteile gegenüber Andersgläubige beseitigt werden. Ungewissen und Unwissen sind ein perfekter Nährboden für populistische Kreise die das ausnutzen, um Ängste für irgendwelche gesellschaftspolitischen Ziele zu schüren. In der heutigen Situation ist es wichtig zu wissen, was für den anderen von Bedeutung ist, bei welchen Themen er sensibel reagiert. Es muss schlussendlich um gegenseitige Akzeptanz gehen. Das ist eine Voraussetzung, dass verschiedene Gemeinschaften nicht aneinander vorbei leben, sondern stattdessen ein gemeinsames Miteinander erreichen.

    Aus diesen Gründen ist für uns das Thema Religionsunterricht in den öffentlichen Schulen so wesentlich. Den Muslimen ist bewusst, dass sie hier in einer von christlichen Traditionen geprägten Gesellschaft leben und daher sollte es für sie annehmbar sein, dass sowohl in den Schulen wie auch in der Gesellschaft gewisse christliche Traditionen gepflegt werden. Doch die Muslime können auch erwarten, dass die nichtmuslimische Mehrheit akzeptiert, dass auch sie ihre islamische Tradition weiter pflegen wollen.

    Der schulische Religionsunterricht für Muslime wird einerseits den Muslimen ihren berechtigten Wunsch in ihren religiösen Lehren unterrichtet zu werden erfüllen, andererseits stellt er eine wichtige und in manchen Fällen sogar die einzige Gelegenheit dar, sich auf so nahe und ehrliche Art kennen zu lernen. Nach der Schule wird man vielleicht diese Möglichkeit nie wieder haben. Als Erwachsene verbleiben dann viele in ihren festgefahrenen Denkweisen gegenüber „dem Anderen“, den man nie hat kennenlernen können oder wollen.
    Die in vielen Schulen eingeführten „Ethik-Fächer“ im Form von „teaching about religion“ statt „teaching in religion“ haben zwar auch das Ziel den Schülern die verschiedenen Religionen vorzustellen, doch wird es in der momentanen Situation für die Muslime, welche keinen eigenen schulischen Religionsunterricht haben, wieder mal bei einem Diskutieren ÜBER die Muslime durch Nicht-Muslime bleiben. Damit, wie in den NZZ-Artikeln gefordert, keine Indoktrination stattfindet – und sei sie auch von atheistisch oder agnostisch ausgerichteten Lehrpersonen, sollte den Schülern die Möglichkeit gegeben werden, wie sie den Christen gegeben wird, in einem muslimischen Religionsunterricht die islamische Sichtweise zu erfahren. Sonst könnte es z.B. vorkommen, dass die nicht-muslimischen Lehrer ihren Schülern weismachen wollen, dass das Fasten im Ramadhan zwar etwas Gutes sei, aber in einer Industriegesellschaft nicht praktizierbar und überdies gesundheitsschädlich wäre – quod non demonstratum est!

    Die Brüder Kitabi
    Fragen und Kommentare an simsalabim66@hotmail.com



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 30.07.2009, 10:06


    Die Unterdrückung der Uiguren und die Reaktion der im Westen lebenden Muslime auf empfundenes Unrecht

    Die Unterdrückung der muslimischen Bevölkerung Chinas, der Uiguren, gibt uns aus dreierlei Gründen Anlass, einen Kommentar zu verfassen. Der erste Grund ist, dass den Muslimen auferlegt ist, gegen Unrecht und Unterdrückung vorzugehen. Dabei spielt es keine Rolle gegen wen dies gerichtet ist, denn „Allah liebt nicht die Ungerechten“ (3:57) und ein Muslim ist aufgefordert das Rechte zu gebieten und Unrecht zu verbieten (3:110). Was die Lage der Uiguren betrifft, so ist es offenkundig, dass die Zentralregierung in China gewillt ist, dieses Volk von seinen Wurzeln zu trennen, ihnen ihre Ideologie aufzuzwingen und sie in ihren sozialen, politischen und religiösen Rechten zu beschneiden. Wie die Tibeter, so sind auch die Uiguren starker Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt. Im Gegensatz zu Tibet aber, macht sich für Xinjiang (auch Ostturkestan genannt, die Heimat der Uiguren) im Westen nicht so eine breite Front stark. Deshalb ist das Schicksal der Uiguren in den westlichen Medien nicht besonders präsent, ausser es kommt zu massiven Ausschreitungen oder extremen Vor-gehen seitens der kommunistischen Zentralregierung, wie die Ereignisse kürzlich zeigten. Zu ihren Ungunsten ist auch, dass sie Muslime sind, sie deshalb bei Vielen nicht die gleiche Sympathie geniessen, wie andere unterdrückte Minderheiten und dass man heutzutage politische Gegner ohne grosse Kritik im Zuge des „war on terrorism“ offenbar eliminieren kann. Als vielleicht unbedeutende Einzelpersonen sind wir machtlos gegen solch Tyrannei. Doch wie hat unser geliebter Prophet weise gesagt? "Wer von euch etwas zu Ver-abscheuendes sieht, soll es mit seiner Hand verändern, und wenn er dies nicht vermag, soll er es mit seiner Zunge verändern, und wenn er (selbst) das nicht vermag, dann mit seinem Herzen, und dies ist das Mindeste an Glauben."

    Der zweite und dritte Grund, über dieses Thema zu schreiben, ist die Reaktion der im Westen lebenden Muslime darauf, bzw. das Ausbleiben einer solchen, sowie die Notwendigkeit einer allgemeinen Reflexion zeitgenössischer Reaktionen der Muslime auf empfundenes Unrecht. Es ist auffällig und erstaunlich, dass die Unterdrückung der Palästinenser durch Israel in der muslimischen Gemeinschaft die stärksten Emotionen hervorruft. Ähnliche Unterdrückung und Ungerechtigkeit jedoch findet sich auch in vielen anderen Teilen der Welt, wie das jüngste Beispiel der Uiguren zeigt. Und oftmals sind sogar Muslime selber die Übeltäter. Eine Liste der betroffenen Orte würde mehrere Zeilen füllen. Als Muslim muss man sich fragen: wenn es uns auferlegt ist, gegen Unrecht vorzugehen, warum bleiben denn in Bezug auf diese Vorkommnisse die Proteste und die Demonstrationen aus? Vor allem, wenn man den aggressiven Atheismus bedenkt, auf dem das „kommunistische“ China fundiert, kann Israel als das kleinere Übel betrachtet werden. 60 Jahre lang hat sich die muslimische Bevölkerung Chinas abgemüht, trotz ständiger Verfolgung ihren Glauben zu erhalten, die Prinzipien und Bräuche des Islam zu bewahren. Während dieser ganzen Zeit haben sie keine Unterstützung von ihrer weltweiten Ummah erhalten, deren Recht sich so zu nennen, von der Pflicht abhängt, jenen ihrer Mitglieder zu helfen, die ihres Glaubens wegen verfolgt werden. Von vielen nicht-muslimischen Medien-schaffenden wird uns ebenfalls vorgeworfen, warum die Proteste aus muslimischer Seite bei anderen Ungerechtigkei-ten ausbleiben. Der Vorwurf ist wohl gerechtfertigt, doch kann auch angeführt werden, dass die meisten, welche ihn erheben (oft den Muslimen feindlich gesinnte), sich des Gleichen schuldig machen. Trotzdem entbindet dies uns Muslime nicht von der Rechenschaft, die wir auch in dieser Sache vor Gott, dem Allmächtigen, ablegen müssen.

    Weil Massenkundgebungen in der aktuellen Situation aus-bleiben, ist zu vermuten, dass die Emotionen in diesem Falle nüchterner sind. Dies gibt uns eine gute Gelegenheit, über eine andere grundlegende Frage nachzudenken. Wird durch Massendemonstrationen und –kundgebungen der oben erwähnte Hadith richtig umgesetzt? Anders formuliert: sind solche Proteste in ihrer aktuellen Form im islamischen Geist bzw. können sie aus der islamischen Tradition abgeleitet werden? Sind sie überhaupt sinnvoll und zielführend? Zeitgenössischen Muslimen scheint es selbstverständlich, Demonstrationen und Massenkundgebungen für „die Sache der Muslime“ einzusetzen. Fast täglich gehen Bilder von aufgebrachten, demonstrierenden Muslimen um die Welt und die Zeitungen titeln mit „Muslim-„ oder „Islam-Proteste“. Selbst das rituelle Gebet wird als Instrument des Protestes uminterpretiert, wie der Protest der Muslime vor dem Bundeshaus in Bern als Reaktion auf die Mohammed-Karikaturen zeigt.

    Historisch kann der Zeitpunkt des Aufkommens von Massenprotesten schwer festgehalten werden, da diese meist aus sozialen Bewegungen entstanden und diese Bewe-gungen (bzw. Elemente davon) eine lange Geschichte haben. Doch Massenkundgebungen in ihrer heutigen Ausprägung sind ein Produkt des 19. und 20. Jahrhunderts: sie sind aus Arbeiterbewegungen entstanden, von kommunistisch-sozialistischen Bewegungen als politische Mittel etabliert und von zahlreichen revolutionären Gruppen für ihre Ziele eingesetzt worden. Anhänger der unterschiedlichsten ideologischen Systeme und politischen Interessen haben auf Demonstrationen und Massenkundgebungen gesetzt: Proletarierbewegungen, Kommunisten, Faschisten, Nationalisten, Jugendbewegung der 60er, Umweltaktivisten, Homosexuellen- sowie Frauenbewegungen usw. Heutzutage zählt wahrscheinlich ausnahmslos jede „aktive“ Gruppe Massenproteste zu ihrem Repertoire. So verschieden diese Gruppen und ihre Ziele auch sind, ihnen ist gemeinsam, dass es sich um Gruppen handelte, die sich gegen eine etablierte Schicht oder Sicht auflehnten und vor allem – und das ist für unsere Abhandlung hier wichtig – ging es immer nur um rein weltliche Anliegen. Nun hat in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert die Massenkundgebung ihren Weg auch in die islamische Welt gefunden und mit der „islamischen“ Revolution im Iran ein weltbekanntes Beispiel gesetzt.

    Wir vermuten, dass der Umstand, dass auch die Muslime diesen Weg des Protestierens gewählt haben, unter ande-rem darin begründet sein könnte, dass sie glauben dieser wäre erfolgreich. Doch weltlicher Erfolg ist ja nur ein Teil der Geschichte - das Jenseits aber ist besser und jedenfalls länger während. Überdies muss man bedenken, dass es in den allermeisten Fällen nicht die emotional aufgebrachten Kundgebungen waren, welche einer bestimmten Gruppe die Durchsetzung ihrer Anliegen und Interessen ermöglichte, sondern die kontinuierliche Arbeit im Hintergrund und kluge Politik. Die Presse mag zwar den Fokus der Berichterstat-tung auf die Proteste der Strasse legen, doch darf dies nicht darüber hinweg täuschen, dass diese meistens nicht mehr als der letzte Tropfen waren, welche das Fass zum Überlaufen brachten.
    Ohne die Anstrengung erfordernde - im Gegensatz zum einfachen auf die Strasse gehen – und langwierige Arbeit vorher haben solche Aktionen keine oder oft gar eine nega-tive Wirkung. Das daran etwas Wahres ist, erkennt man, wenn man einmal den Blick auf eine bestimmte, kleine „Minderheitengruppe“ richtet - und vielleicht von ihr lernt -, welche ihre Interessen und Anliegen weltweit am erfolg-reichsten von all diesen Gruppen durchsetzt. Von Massenkundgebungen und Demonstrationen dieser Gruppe hören wir aber nie etwas.

    Aus islamischer Sicht sind sich solche Kundgebungen fragwürdig, weil sie meist unüberlegte und hastige Aktionen sind, vor denen der Prophet gewarnt hat: „Hast ist vom Teufel“. Die Handlungen sind meistens getrieben durch innere Aufwallung anstatt Weisheit. Ausserdem wird ein Ziel umso weniger erreicht, je mehr emotional aufgeregt jemand an der Sache beteiligt ist, bzw. beschwört solches noch grösseres Übel herauf. Zu erwähnen ist auch die geballte Ladung Wut, Verbitterung, gepaart mit Hass, die solchen Menschenmengen ihre Dynamik gibt. Diese gänzlich persönlichen Gefühle kommen selbstverständlich von unserem nafs. Und wie sollen wir Muslime mit unserem nafs umgehen? Bändigen, zähmen, disziplinieren oder einfach ausleben, heraus lassen (hemmungslos nach dem Motto „einmal so richtig die Sau herauslassen“)? Wo ist hier die Anstrengung (Jihad al akbar), welche von einem Muslim gefordert wird? Gewiss wird jede an solchen Aktio-nen beteiligte Person behaupten, ihre Entrüstung bestehe aufgrund des geschehenen Unrechts, schlussendlich also um Allahs (s.t.) Willen. Selbst wenn ihre Wut verständlich ist, müssen sich solche aufgebrachten Leute fragen, ob sie tatsächlich um Allahs (s.t.) oder um ihres eigenen Willens wegen handeln?

    Selbsttäuschung in Bezug auf seine wahren Motive ist eine menschliche Eigenschaft und fast unvermeidlich. Und genau deshalb verlangt der Iman (verinnerlichter Glaube) von uns eine mächtige Anstrengung (Jihad al akbar), unsere Motive und Absichten zu reinigen. Das könnte zwar manchmal dazu führen, dass wir nicht handeln, wenn es nötig wäre, doch wird es uns von vielen törichten oder gar boshaften Handlungen bewahren. Wir sollten nie unser Selbstinteresse mit noblen, religiösen Motiven überdecken. Ein anderes Mittel, welches uns unser Glaube für solche Situationen gibt, ist Sabr (Geduld). Diese, im Qur´an immer wiederkehrende islamische Tugend scheint für viele „zeitgemäße“ Muslime ein Fremdwort zu sein. Oben erwähnte Bilder aus der islamischen Welt oder von im Westen lebender Muslime geben zum Nachdenken: ein tobender Mob, zornige Gesichter, laut erhobene Stimmen, welche irgendwelche Slogans schreien, ganz zu schweigen von brennenden Gegenständen. Man fragt sich dabei, ob solche Szenen wirklich eine religiöse Manifestation sind bzw. islamische Frömmigkeit darstellen? „Wut verbrennt gute Taten, wie Feuer trockenes Holz verbrennt“ hat unser Prophet einmal gesagt. Ein Muslim ist sich immer vollkommen bewusst über die Kürze dieses Lebens, über das Göttliche Urteil, dem niemand entgehen kann und besonders bewusst der überwältigenden Präsenz Allahs (s.t.). Ob sich solches Empfinden und Bewusstsein auch in diesen aufgeregten Menschenmengen findet?*

    Dieser Artikel beabsichtigt nicht, Massendemonstrationen ihre Legitimität aus islamischer Sicht abzuerkennen. Dafür ist einerseits unser religiöses Wissen zu gering und andererseits haben wir für die Betrachtung und Reflexion dieser Frage zu wenig Zeit aufgewendet, als dass wir abschliessend zu solch einem Urteil gelangen könnten. Es ist gewiss auch kein Plädoyer für eine passive Haltung gegenüber Ungerechtigkeiten in der Welt. Die Absicht war nur, einige Reflexionen anzustellen und die muslimische Gemeinschaft anzuregen, nicht einfach blind irgendwelchen modernen Phänomenen nachzueifern, sondern solche Fragen aus islamischer Perspektive zu beleuchten, ihrer Sinnhaftigkeit zu hinterfragen und ihre Zulässigkeit zu überprüfen.

    Die Brüder Kitabi
    Fragen und Anregungen an simsalabim66@hotmail.com
    *Charles le Gai Eatons „Remembering God. Reflexions on Islam“ gab für diesen Abschnitt einige inspirierende Argumente



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 03.09.2009, 20:52


    Der Hadith: Authentische Überlieferung prophetischer Tradition

    Der Orientalist Tilmann Nagel stellt in seiner NZZ-Rezension (12. August 2009) von Khourys Hadith-Übersetzung „Der Hadith. Urkunde der islamischen Tradition, ausgewählt und übersetzt von Adel Theodor Khoury“ die Glaubwürdigkeit der Quellen, die uns das Leben und die Aussprüche des Propheten offenbaren, in Frage und bestreitet überdies sogar deren Wichtigkeit für die Prophetengefährten.

    Uns Muslime kümmert es nicht im Geringsten, wenn Orientalisten und ihre Nachfolger, die heutigen „Islam-Wissenschaftler“, die Echtheit der Hadithe anzweifeln. Wir können sie getrost sich selbst überlassen, denn wir haben hier mit Leuten zu tun, die nicht einmal die Wahrheit Gottes, seine Offenbarung oder Religion als solche akzeptieren. Oder es sind dem Islam von Grund aus feindlich gesinnte – in früherer Zeit oft christliche Missionare und heute post-christliche Agnostiker. Als problematisch sehen wir jedoch die Entwicklung dann, wenn gewisse moderne und modernistische Muslime, von Orientalisten, Islam-Wissenschaftlern und selbsternannten „Islam-Experten“ inspiriert, glauben, sie könnten sich nicht auf den Aufbau der Hadithe verlassen und die Echtheit der Hadithe und damit die ganze Struktur der Sunnah grundsätzlich leugnen. Deshalb soll in diesem Kommentar die Frage der Authentizität der Hadithe diskutiert werden.

    Man kann sich fragen, ob es irgendeinen wissenschaftlichen Grund oder eine wissenschaftliche Rechtfertigung gibt, die Hadithe als eine verlässliche Quelle des islamischen Rechts zurückzuweisen? Wir möchten hierzu einen wahren Gelehrten sprechen lassen. Muhammad Asad, vermutlich der bedeutendste muslimische Gelehrte im Westen im 20. Jahrhundert, verneint die Frage entschieden: „Trotz aller Bemühungen, die Echtheit der Hadithe anzufechten, waren die modernen Kritiker […] nicht in der Lage, ihre rein launischen Kritiken wissenschaftlich zu untermauern. Es wäre sowieso schwer, das zu schaffen.“ Die Hadithe wurden von den Gefährten des Propheten berichtet, übermittelt und in den ersten Jahrhunderten des Islams kritisch zusammengestellt. Als unseriös erscheint der Artikel Tilman Nagels auch deshalb, weil die ganze Methodik der islamischen Hadith-Wissenschaft verschwiegen wird und bewusst der Eindruck erweckt wird, die Hadith-Sammlungen wären märchenhafte Erzählungen und Legenden. Asad meint dazu: “Die Verfasser der frühen Hadithsammlungen, besonders die Imame al-Bukhari und Muslim haben das Menschenmögliche getan, um die Echtheit jeder Überlieferung zu überprüfen – sie legten dabei einen wesentlich strengeren Massstab als europäische Historiker üblicherweise auf jedes historische Schriftstück an.“

    Völlig aus der Luft gegriffen ist auch Nagels Behauptung die Übermittler der Hadithe stellten eine „oft fiktive Kette der Bürgen“ dar. Diese Behauptung disqualifiziert sich an den offenkundigen und nachprüfbaren Zeugnissen des ganzen Corpus der Hadithe-Wissenschaft, welche nur initiiert wurde, um die Bedeutung, Form und Überlieferungsweg der Aussprüche und Handlungen des Propheten zu überprüfen. Ein historischer Zweig dieser Wissenschaft schuf ausführliche, lückenlose Biografien aller Persönlichkeiten, die jemals als Erzähler der Überlieferung genannt wurden. Charles le Gai Eaton schreibt bezüglich der Übermittlungskette: „ Angenommen, es sei eine Sache von grosser Bedeutung, dann werden wir unsere ganze Aufmerksamkeit auf die Zuverlässigkeit der Kette von Informanten richten [...]. Nichts könnte für einen Muslim von grösserer Bedeutung sein als das, was der Prophet zur Leitung und Lenkung der neuen Gemeinschaft wirklich gesagt hat. Für die Gelehrten […] hing die Authentizität eines Hadith von dem menschlichen Wert jedes namentlich benannten Individuums in der Übermittlungskette ab; ein schwaches Glied – unmoralisch vielleicht und deshalb wahrscheinlich ein Lügner – unterbrach die Kette. In einer so engen Gesellschaft, in der jeder wusste was der andere tat, war es keinesfalls unmöglich, alle beteiligten Charaktere zu beurteilen; und auf dieser Grundlage, wie auch durch den Konsensus der Gelehrten, konnte ein Hadith als „gesund“, „gut“, „weniger sicher“ oder schliesslich „nicht gesund“ klassifiziert oder aber ganz verworfen werden.“ Um aber einem Hadith absolute Authentizität zuzuschreiben, mussten sie von verschiedenen, unabhängigen Erzählerketten bestätigt sein. „Um sahih (gesund) zu sein, muss ein Hadith in jeder Stufe der Überlieferung von mindestens zwei Überlieferern bestätigt worden sein. Dieser Bericht durfte in keiner Stufe von nur einer Person autorisiert werden“, schreibt Asad.

    Asad fordert zu Recht, dass diejenigen welche den Wunsch haben, die Echtheit eines einzelnen Hadiths oder das System als Ganzes zu bestreiten, alleine den Beweis der Ungenauigkeit führen müssen. „Es ist wissenschaftlich nicht gerechtfertigt, die Wahrhaftigkeit einer historischen Quelle zu bestreiten, ohne dass man bereit ist, zu beweisen, dass diese Quelle mangelhaft ist. Wenn kein begründetes – zumindest wissenschaftliches –Argument gegen die Wahrhaftigkeit der Quelle selbst oder gegen einen oder mehrere seiner Übermittler gefunden werden kann und wenn des Weiteren kein anderer widersprechender Bericht über die gleiche Angelegenheit existiert, dann müssen wir akzeptieren, dass die Überlieferung wahr ist.“ Um dies noch besser zu illustrieren führt Asad ein einleuchtendes Beispiel an: „Angenommen, jemand spricht beispielsweise über die indischen Kriege von Mahmud von Ghaznah und ein anderer steht unversehens auf und sagt: “Ich glaube nicht, dass Mahmud jemals nach Indien gekommen ist. Es ist eine Legende ohne historische Grundlage.“ Was würde in einem solchen Fall geschehen? Alsbald würde irgendeine geschichtskundige Person versuchen, den Fehler zu berichtigen; er würde Aufzeichnungen und Historien anführen, die auf Berichten von Zeitgenossen dieses berühmten Sultans basieren, und damit endgültig beweisen, dass Mahmud in Indien war. In diesem Fall müsste man den Beweis akzeptieren –oder man würde als Spinner betrachtet werden, der ohne ersichtlichen Grund solide historische Fakten leugnet. Wenn dies so ist, dann muss man sich selbst fragen: Warum wenden unsere modernen Kritiker nicht die gleiche Logik auf die Frage der Hadithe an?“

    Wenn man die Primärquelle eines Hadiths für falsch hält, so bedeutet dies, dass die Gefährten oder die späteren Überlieferer absichtlich gelogen hätten. Asad aber schliesst diese Möglichkeit a priori aus: “Es erfordert nicht viel psychologische Einsicht, um solche Annahmen auf pure Einbildung zurückzuführen. Der enorme Eindruck, den die Persönlichkeit des Propheten auf diese Männer und Frauen hinterliess, ist eine herausragende Tatsache der menschlichen Geschichte; sie ist durch die Geschichte ausserordentlich gut dokumentiert.“ Asad argumentiert weiter, dass die Überlieferungen, die sich direkt mit bestimmten Individuen oder Gruppen beschäftigten und zu dessen Nutzen sie sein konnten, entschieden von den Hadith-Gelehrten verworfen wurden. So wurde die Möglichkeit, die Hadithe für persönliche Zwecke zu erfinden genau eingeschätzt, zumal es in der Tat für die politischen Ansprüche der verschiedenen Parteien „profitabel“ erscheinen konnte. Aus diesem Grund schlossen die Imame Bukhari und Muslim, rigoros alle parteipolitischen Überlieferungen von ihren Sammlungen aus. Asad erklärt auch den zweiten Grund für untauglich, warum die Echtheit eines Hadiths in Frage gestellt werden könnte. Und zwar, dass der Gefährte oder ein späterer Übermittler die Worte zwar subjektiv wahrheitsgemäss aufzeichnete, aber objektiv wegen einer Gedächtnislücke oder anderer psychologischer Gründe missverstand. Die Erklärung dazu kann in der Referenz nachgelesen werden.

    Bei der Beurteilung der Authentizität der aufgezeichneten Prophetenüberlieferungen spielt jedoch notwendigerweise menschliche Urteilsfähigkeit eine Rolle und die Mutahaddithun (Hadith-Gelehrten) haben die aussichtsreichste Beurteilungsmethode unter den gegebenen Umständen angewandt. Für die Muslime sind die Hadith-Gelehrten nicht einfach „durch den heiligen Geist geleitet“, was Christen für die Authentizität des Neuen Testaments anführen, sondern es waren Männer mit frommem Gewissen und einem scharf kritischen Verständnis. Deshalb schreibt Asad weiter: „Darüber hinaus hat kein Muslim jemals geglaubt, dass die Überlieferungen des Propheten den gleichen Status, gar die unbestreitbare Authentizität des Qur’ans haben könnte. In keiner Zeit wurde die kritische Untersuchung der Hadithe eingestellt. Die Tatsache, dass es zahllose falsche Hadithe gibt, missachteten die Muhaddidhun nicht im Geringsten, wie europäische Kritiker naiv anzunehmen scheinen. Im Gegenteil: Gerade um authentische und falsche Hadithe unterscheiden zu können, wurde eine kritische Wissenschaft initiiert; eben jene Imame Bukhari und Muslim – ganz zu schweigen von den weniger be-deutenden Überlieferern – sind direkte Produkte dieses kritischen Verhaltens. Daher widerlegt die Existenz von falschen Hadithen keineswegs das Hadith-System als Ganzes –so wenig wie eine fantasievolle Geschichte aus Tausendundeiner Nacht als Argument die Authentizität eines historischen Berichts der entsprechenden Zeit in Frage stellen könnte […] Authentische Überlieferungen entweder als Summe oder in Teilen zu verwerfen, ist bislang eine reine Sache der Laune. Sie kann nicht als Ergebnis einer unvoreingenommenen wissenschaftlichen Untersuchung ernst genommen werden.“ So offenbart auch Tilman Nagel in seiner Rezension seine wahre voreingenommene Grundannahme: Die Orientalisten und Islam-Wissenschaftler studieren den Islam von Anfang an als eine fiktive menschliche Erfindung und deshalb schreibt Nagel, dass es ihn stört, dass Khourys Übersetzung die Hadith-Literatur nicht ins „Zwielicht rückt“. Es ist verwunderlich, dass solche Leute beanspruchen „Wissenschaftler“ (und nicht „Spekulatanten“) genannt zu werden.

    Zum Schluss soll auch darauf hingewiesen werden, dass viele scheinbare Widersprüche und Unstimmigkeiten daraus resultieren, dass wir den Kontext der Taten und Handlungen des Propheten nicht richtig oder unterschiedlich verstanden haben. Es verlangt nicht viel Intelligenz um zu begreifen, dass wir z.B. in unserem Leben die gleiche Sache einmal für gut und einmal für schlecht befinden können. Halt je nach dem, was der Kontext in einer entsprechenden Situation war. Ein anderer bekannter Punkt ist auch, dass die Anweisungen des Propheten Muhammad nicht in jedem Fall für alle galten. In den Hadith-Sammlungen finden wir aber natürlich alle Anweisungen in einer bestimmten Sache und die von Glaubenszweifel Geplagten und a priori Voreingenommenen können dann nur einen Widerspruch sehen.

    Die Brüder Kitabi. Fragen und Kommentare an simsalabim66@hotmail.com und hier als postings

    Referenzen:
    Muhammad Asad: Islam am Scheideweg
    Charles le Gai Eaton: Islam und die Bestimmung des Menschen
    Abd al-Hafidh Wentzel: Die Sunna: Texte zum Verständnis der unverzichtbaren Bedeutung der prophetischen Tradition im Islam



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 30.09.2009, 23:29


    Rückblick auf und Einblick in den Monat Ramadan

    Soziale Dimension
    „Wer in diesem Monat einem Fastenden das Fastenbrechen ermöglicht, sei es nur mit einer Dattel oder einem Schluck Wasser, dessen Sünden werden ihm vergeben, und er wird vor der Hölle (Dschahannam) beschützt. Zudem erhält er so viel Belohnung wie der Fastenbrechende, wobei diesem nicht der Lohn geschmälert wird.“ Dieser Hadith des Propheten Muhammad (s.a.w.), von den Muslimen beherzigt, drückt die dem Islam einzigartig innewohnende Spiritualität aus, in der selbst „profan“ erscheinende Handlungen und soziale Angelegenheiten eine Form des Gottesdienstes darstellen. Der Fastenmonat Ramadan gibt hierfür einige gute Beispiele. Jeder Moslem lädt, je nach Möglichkeit, seine Verwandten, Nachbahren und Bekannte zum Fastenbrechen (Iftar) ein und wird wiederum auch eingeladen. Man sucht in diesem Monat mehr denn sonst die Gemeinschaft und übt Geschwisterlichkeit, denn der Prophet Muhammad (s.a.w) sagt: “Esst zusammen und trennt euch nicht voneinander, denn die Baraka (Segen) liegt in der Gemeinschaft.“

    Das Fasten öffnet Türen zu einer sozialeren und rücksichtsvolleren Gemeinschaft. Denn der Ramadan lässt den Menschen an seinem eigenen Körper erfahren, auch wenn nur für einige Stunden, was der Wert der uns von Gott gegebenen Nahrung ist. Mit der Einwanderung in die Schweiz, ist auch diese Institution in die Schweiz immigriert, was einen Profit wie auch eine Bereicherung für dieses Land darstellt. In den meisten Moscheen werden täglich Iftar-Essen gegeben, gespendet von wohlhabenden Muslimen an Bedürftige, Reisende und sonstige Freunde und Bekannte. Die Muslime können damit wesentlich dazu beitragen, dass Fürsorge wieder als Aufgabe des Bürgers verstanden wird und nicht dem Staat überlassen wird. Diese Nächstenliebe die von einigen vielleicht nur als eine Ramadan Tradition gepflegt wird, ist in Wahrheit aber weit mehr als das. Es ist eine grosse Gelegenheit für die Muslime, falls sie im Bewusstsein und in der Absicht hochgehalten wird, Allah (s.w.t) näher zu kommen. Denn ein Hadith vom Propheten (s.a.w) besagt: "Nur wer den Iman (Glauben) hat, kommt in das Paradies und den aufrichtigen Iman hat man nur dann, wenn man seinen Glaubensbruder liebt.“

    In diesem Monat sind die Gläubigen viel gütiger und grosszügiger im Geben. Sie versuchen jede Gelegenheit zu nutzen, um wohltätige und uneigennützige Taten zu vollbringen. Es ist die Pflicht jedes gläubigen Muslims, ob reich oder nicht, einmal im Jahr, nämlich im Monat Ramadan, eine Spende, Sadaka-i Fitr genannt, zu geben. Diese kleine Spende gibt man armen Muslimen, so dass sie sich einen Tag davon ernähren können. Die Pflicht des wohlhabenden Muslims ist es, zusätzlich zu Sadaka-i Fitr, den vierzigsten Teil seines Vermögens an bedürftige Muslime abzugeben, diese nennt man Zakat (Armensteuer). Für diese Gabe ist keine genaue Zeit bestimmt, jedoch bemühen sich die meisten, es im Monat Ramadan zu geben, weil in diesem Zeitfenster Allah (s.w.t) alle Wohltaten siebzigfach belohnt. Auch diese Institution des Islam ist ein grosser Gewinn für die Schweiz, denn sowohl die Zakat an Bedürftige in der Schweiz, wie auch ins Ausland, stehen voll und ganz in der humanitären Tradition der Schweiz. Der Islam will mit dieser Armensteuer gegen die Spaltung der Gesellschaft vorgehen und lässt die Reichen in der Fastenzeit einen Einblick in die Probleme der Armen nehmen. Wirtschaftliche Unterschiede zwischen den Menschen verlieren somit an Bedeutung. Es ist, nebst dem Glaubensbekenntnis an das Schicksal, diesen religiösen Institutionen zu verdanken, dass so etwas wie der Klassenkampf nicht in den islamischen Ländern entstanden ist.

    Das Ende des Ramadan stellt das Ramadanfest (Eid-ul-Fitr) dar, das an den letzten Fastentag anschliesst. Dieses Fest ist einerseits ein Ausdruck der Freude, den Ramadan erlebt zu haben, und andererseits ein Höhepunkt der gemeinschaftlichen Verbundenheit. Nach dem Festtagsgebet am Morgen des ersten Tages beginnt eine Zeit der Warmherzigkeit, in der sich alle Familienmitglieder und Freunde gratulieren, einander besuchen und sich jeder zum Ziel setzt, aus Feinden und Zerstrittenen wieder Freunde zu machen. Nach dem Ramadan sollen alle Unstimmigkeiten ausgeräumt und Frieden und Freundschaft eingekehrt sein. Eine zusätzliche Institution der „Friedens- und Harmonieförderung“, schadet zweifelsohne keiner Gesellschaft.

    Innere Dimension
    „Was, ihr dürft auch nicht trinken?“ Das ist die überraschte Reaktion auf die Frage an uns Muslime, wie der Ramadan funktioniere. Der Ramadan wird im öffentlichen Raum und in den Medien meist nur in diesem Rahmen diskutiert: Nichts essen, nichts trinken, nichts rauchen und keine Befriedigung sexueller Bedürfnisse während des Tages. Dies ist verständlich, da aus einer, nur das oberflächliche Äussere berührenden Sicht – nicht negativ gemeint sondern im wahren Sinne des Wortes – nur materiell fassbare und sichtbare Aspekte einer Sache erkundet werden können. Dieser Abschnitt versucht deshalb die innere und damit die eigentliche Bedeutung des Fastenmonats Ramadans aufzuzeigen.

    Die Religion ist eine Lebensweise, dessen Regeln man aus Überzeugung einhält. Diese Regeln jedoch, sind nicht zu einem Selbstzweck da, sondern haben eine spirituelle Dimension und sind die logische Konsequenz eines erkannten Sinnes. Diese Seite des Glaubens wird einem nicht durch Fragen oder Lesen offenbar, sondern man muss sie (die Seite) erleben. Auch der Ramadan hat eine äussere, „geregelte“ Seite und eine innere „gefühlte“ – man könnte sogar sagen "gefüllte" – Seite. Die Grundregeln sind lediglich ein Einstieg in ein anderes Bewusstsein und eine Empfindung, wie sie nur dem fastenden Muslim zuteil werden. Ein gläubiger Muslim ist immer in Kampf mit dem negativen Ich, dem Nafs. Vielfach wird dieser Begriff als Ego übersetzt. Dieses Ego ist es, welches die Menschen hindert, Geistiges zu fühlen – nicht sentimentales Empfinden, sondern in einer gewissen Weise zu erleben. Dieses Fühlen, ist dem modernen Menschen fast gänzlich abhanden gekommen. Der Muslim weiss aber, dass er eine solche geistige Ebene erreichen vermag, wo die Liebe zu Allah zuoberst steht. Und weil alles die Schöpfung Allahs ist und "Sein Antlitz" für den Sehenden widerspiegelt, wird auch die Schöpfung bedingungslos akzeptiert, respektiert und geliebt. „Wir lieben das Erschaffene, des Erschaffers wegen“ sagte einmal Yunus Emre, ein türkischer Dichter und Mystiker. Um eine solche Wahrnehmungsebene erreichen zu können, stellt der Ramadan das effektivste Mittel dar. Der Fastende ist sich bewusst, dass das Fasten an sich erfüllt ist, wenn er die oben genannten Enthaltsamkeiten einhält. Imam Ghazali sagt aber: „Der Geist und das Geheimnis des Fastens ist die Schwächung jener Kräfte, die Schaitans (Teufel) Mittel sind, um zurück zum Üblen zu führen.“ Der Fastende also, der somit sein Ego kontrollieren und nicht nur einfach fasten will, wird Sünden aus dem Weg gehen. Der Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, sagte hierzu: „Das Fasten ist ein Schild. Wer fastet, sollte keine üble oder dumme Rede führen. Wenn er angegriffen oder beleidigt wird, soll er antworten: ‘Ich faste, ich faste!’ Sind einmal Schaitans Kräfte geschwächt und hat man einmal die Oberhand im Kampf mit seinem Nafs, so öffnet sich erst jetzt der Weg der Erkenntnis. Anders ausgedrückt, man hat die Möglichkeit, um auf höhere Dimensionen der Wahrnehmung zu gelangen. Dass der Anfang dieses Weges der Kampf ist, bestätigen alle, die den Weg gegangen sind (z.B. siehe hierzu Imam Ghazalis "Elixier der Glückseligkeit"). Dieser Kampf aber sollte im Alltag geführt werden, denn nach dem Ramadan bleiben dies die Herausforderungen, denen sich der Gläubige stellt. Irgendwann wird dem Gläubigen in seinem Streben, wenn er denn auch ehrlich die Liebe Allahs erlangen will, diese Liebe Inshallah zuteil. Dies wiederum wird er spüren. Er wird merken, dass sein Inneres wächst. Ist der Ramadan vorbei, wird er dieses Gefühl so sehr vermissen, dass er den nächsten Ramadan sich sehnlichst herbeiwünscht. Es gibt Menschen, die dieses Gefühl aber nicht verlieren und auf den Ramadan warten, um nach noch unbekannteren Dimensionen vorzustossen.
    Der Fastenmonat Ramadan ist jedoch nicht nur eine Sache für eine geistige Elite. Auch Menschen, welche die Gebote der Religion sonst kaum einhalten, fasten im Monat Ramadan. Auch sie spüren die reinigende Kraft, die der Fastenmonat auf sie ausübt. Alkoholiker hören sogar für einen Monat auf zu trinken, damit auch ihnen ein Teil dieser göttlichen Liebe zuteil wird. Für einen Aussenstehenden mag der Gedanke auf das Essen für einen Tag zu verzichten vielleicht annehmbar zu sein, der Verzicht auf Wasser setzt ihn vielleicht in Erstaunen, aber die Tatsache, dass selbst Süchtige ihre Sucht aufgeben können, sollte den Aussenstehenden überzeugen, dass der Ramadan mehr ist, als was uns die Medien weis machen wollen.

    Der Fastenmonat Ramadan erreicht seinen Höhepunkt in den letzten zehn Tagen. Denn irgendwo hier ist die Qadr Nacht zu erleben. „Siehe, wir haben ihn [den Qur’an] in der Nacht al-Qadr hinabgesandt. Und was lässt dich wissen, was die Nacht al-Qadr ist? Die Nacht al-Qadr ist besser als tausend Monde. Hinab steigen die Engel und der Geist (Gabriel) in ihr mit ihres Herrn Erlaubnis zu jeglichem Geheiß. Frieden ist sie bis zum Aufgang der Morgenröte.“ (Surat al-Qadr, 97) Man weiss nicht genau wann diese Nacht ist. Sie wird im letzten Drittel und hier in der 27. Nacht des Ramadans vermutet. So genau kann das niemand sagen. Das korrekte Datum ist ein Geheimnis, bei Allah verborgen. Die Sura wurde hinabgesandt, als der Prophet seiner Gemeinde die Geschichte von Samsun erzählte, der Allah 2000 Monate gedient hatte. Die Gemeinde war traurig, denn so lange konnte keiner mehr am Leben zu bleiben. Also konnte auch keiner Allah so lange dienen. Doch mit dieser Nacht bekamen die Gläubigen die Gelegenheit, ihre Gebete zu intensivieren. Denn diese Nacht war besser als 1000 Monate. Als eine Sunnah des Propheten wird auch das Ittikaf-Gebet vollzogen. Dies bedeutet, dass der Fastende sich gegen den Schluss des Monats Ramadan (in eine Moschee) zurückzieht und alle weltlichen Dinge auf das Nötigste reduziert. So ist er nun allein mit seinem Nafs, das (Ego) er zähmt. Auch nutzt er die Gelegenheit, um sich Allah näher zu bringen. Dieser Gläubige „sucht“ die Nacht der Qadr.

    Diese Erfahrungen des Ramadans sind überall auf der Welt die gleichen. Auch in der Schweiz gibt es eine grosse Zahl der Muslime die fasten. Obwohl das Ittikaf-Gebet hierzulande recht selten ist, füllen sich die Moscheen zur Qadr Nacht.
    Viele Muslime würden ähnliches bezüglich geistiger Erfahrungen während des Fastens berichten. Jedoch ist das Interesse gross, den Ramadan in eingangs erwähnten äusseren Rahmen zu zwängen. Es ist auch kein Wunder, dass auf diese Weise Nicht-Muslime den Muslim nie verstehen werden. Wieso sonst sollte der Tages Anzeiger in dem Interview mit dem jungen Muslim, den Aspekt der Seele öfter als nur einmal im Text und zum Schluss noch in einem einzigen Satz erwähnen?

    http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/gemeinde/Der-Fastenmonat-bringt-ihn-naeher-zum-Paradies/story/29449617

    Die Brüder Kitabi.
    Fragen und Anregungen an info@freitagsclub.org



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    Anonymous - 31.10.2009, 22:57


    Die schleichende "Hetze" der „Weltwoche“ - Journalisten gegen Muslime in der Schweiz

    „Der Islam ist nicht toleranzwillig“ und „Toleranz ist nur gegenüber Bewegungen möglich, die ihrerseits die Toleranz erwidern“ schreibt Roger Köppel in der „Weltwoche“ Nr. 42/09. http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2009-42/artikel-2009-42-editorial-islam.html Was die eigentliche Botschaft solcher Äusserungen ist, und was Roger Köppel und Konsorten von klischeehaften Extremisten unterscheidet, möchten wir in diesem Beitrag ergründen.
    In inzwischen gewohnter Manier stellen Roger Köppel und die selbsternannten Verteidiger des Westens und der „Freiheitlichen Gesellschaft“ Muslime als Gefahr und Bedrohung für die Schweiz dar. Selbstverständlich in professioneller und journalistisch geübter Rhetorik, sprechen sie stets vom Abstraktum „Islam“ als Bedrohung, um so ihre Feindseligkeit gegenüber seinen Anhängern, den Muslimen, zu verhüllen. Auf den Punkt gebracht, ist ihre Argumentation nach folgendem, paradoxem Muster gestrickt: „Wir haben etwas gegen den Islam - aber haben nichts gegen die Muslime“. Osama bin Laden würde wohl ähnlich argumentieren - und Wert auf die Feststellung legen, dass er nichts gegen westliche Menschen hat, sondern nur gegen den Westen (oder die Ideologie des Westens). Die Stimmung gegen Muslime ist inzwischen soweit, dass den Muslimen feindlich gesinnte Politiker, Medienschaffende oder gewöhnliche Bürger ihre wahre Absicht - dass sie es auf die Gesamtheit der Muslime abgesehen haben - nicht einmal mehr verstecken müssen. Diffamierende Äusserungen gegen den Islam sind salonfähig geworden und werden als „Islamkritik“ und Form der Meinungsfreiheit sogar gewürdigt. Solche Personen müssen heute nur ihre Worte so wählen, dass sie rechtlich, z.B. wegen Volksverhetzung nicht belangt werden können, obwohl dies offensichtlich ihr Ziel ist. Wie die meisten islamfeindlichen Artikel ist das erwähnte Editorial von Roger Köppel nach folgendem Muster aufgebaut: nachdem er sich mit Pauken und Trompeten über den Einzug einer allgemeinen, von Muslimen ausgehenden, extremistischen Gefahr für die Freiheit der Schweizer Bürger echauffiert, räumt er in einem Nebensatz ein, dass es auch gemässigte Strömungen gebe. Rhetorisch abgesichert ist man damit, und die subtile, schleichende Hetze kann ihren Lauf nehmen. Auf dieselbe Weise ist es auch möglich, dass der „Weltwoche“-Chefredaktor im gleichen Editorial behauptet, der Kern der muslimischen Gemeinschaft sei auf Zerstörung angelegt [unmissverständlich erkennbar gemeint sind damit letztlich die Muslime in der Schweiz].

    Diese Leute verdienten den Namen „Hassprediger“, und sie sind bei weitem gefährlicher als ganz offenkundig hasspredigende Extremisten, weil hier der gleiche, hasserfüllte Inhalt lediglich auf subtile, unterschwellig spürbare Weise transportiert wird und man deshalb greifbare Straftatbestände nur schwer fest machen kann. Ist Roger Köppel intelligenter oder feiger als der iranische Präsident Ahmadinejad – laut westlichen Medien der Chef-Hassprediger? Viele werden jetzt einwenden, dass man hier nicht vergleichen könne - dass Köppel nicht die Vernichtung der Muslime gefordert hätte, Ahmadinejad jedoch keinen Hehl aus seinem Wunsche mache, dass das staatliche Gebilde Israel doch aus den Karten verschwinden möge. Wir möchten hier aber daran erinnern, dass uns die Geschichte des Abendlandes lehrt, dass Menschen, die sich stets entsprechend den Regeln der „political correctness“ verhalten und sich in zivilisierter und offenbar kultivierter Manier geäussert haben, zu den schrecklichsten Gräueltaten fähig waren. Damit möchten wir sagen, dass es naiv ist zu glauben, an explizit geäusserten Worten lasse sich abschätzen, ob jemand ein "Monster" wäre oder nicht. Die im Westen lebenden muslimischen Extremisten werden längerfristig von Köppels Rhetorik lernen und zu Anzug und Krawatte wechseln. Sind sie damit weniger gefährlich?

    Die islamfeindlichen Texte und Äusserungen aus den Medien sollten einmal so ausformuliert werden, dass in einfachen Worten nur die Hauptbotschaft ersichtlich wird – ohne rhetorische „Absicherungsformulierungen“ und Scheinneutralität des Autors, welcher sich gerne als unbeteiligt und objektiv-werturteilsfrei darstellen möchte. Oder, um Köppels Worte auszuleihen, so dass man den „militanten, auf Verdrängung und Zerstörung angelegten, glühenden Kern“ http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2009-42/artikel-2009-42-editorial-islam.html dieser Botschaften erkennt. Es ist nämlich die nackte Form der Botschaft, die wir wahrnehmen und die bestimmte Folgen nach sich zieht. Die Verhüllung dient diesen Unheilstiftern nur als Tarnung. Ihre Botschaft ist unmissverständlich: Nicht der „Islamismus“ ist das Problem, sondern der Islam (Huntington spricht es explizit aus), die Muslime stellen eine Bedrohung für alle Nicht-Muslime dar, sie möchten uns unserer Freiheit berauben und werden uns letztendlich bekämpfen und auslöschen. Deshalb: misstraut den Muslimen, wehrt euch, ergreift Massnahmen gegen diese Bedrohung und fangt auch an über „radikalere“ Mittel nachzudenken.

    Malen wir hier den Teufel an die Wand? Es fehlt uns schlicht der Glaube daran, dass die aktuellen, medialen Hetzkampagnen irgendeinem anderen Zweck dienen sollen. Wenn ich jemanden davon überzeuge, eine bestimmte Person sei eine existenzielle, schleichende Bedrohung für ihn und werde früher oder später über ihn herfallen, dann wird er vernünftigerweise in einem ersten Schritt Selbstverteidigungsmassnahmen treffen, die vermeintliche Gefahr meiden bzw. sich gegen sie abgrenzen. Einen „hinterlistigen“ und „schleichenden“ Angriff befürchtend, ist er vielleicht gut beraten, sogar einen „Präventivschlag“ in Erwägung zu ziehen. Wenn Köppel in seinem Artikel schreibt, Muslime hielten sich nicht an das Schweizer Gesetz, so suggeriert er damit, alle Muslime in der Schweiz seien kriminell. Die Implikation für den ordentlichen Bürger ist natürlich, dass er diese zu bekämpfen habe, wenn er friedlich weiterleben möchte, bzw., dass er sie durch den Staatsapparat bekämpfen lassen muss. Und in der Zwischenzeit wird der Ruf schon laut, nach Versagen des Staatsapparates "das Heft selbst in die Hand nehmen zu müssen" und Vorbereitungen zur "Revolution" werden getroffen. http://www.blick.ch/news/schweiz/das-gesicht-der-schweiz-131546

    Dieser Kommentar richtet sich nicht an die „Weltwoche“, denn Diskussion mit Extremisten, egal ob aus West oder Ost, ist zwecklos. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die abendländische Variante in Business-Look auftritt und rhetorisch geübt ist. Die Geschichte lehrt uns, dass Schreibtischtäter eben andere Mittel benutzen.

    Wäre dieser Text über den Islam und die Muslime als Gefahr geschrieben, so würde er Nicht-Muslimen kaum besonders auffallen. In dieser vorliegenden Form aber scheint er ihnen womöglich übertrieben. Es soll hier jedoch darauf hingewiesen werden, wie die Sorgen der jüdischen Gemeinde gegenüber antisemitischen Äusserungen zu Recht ernst genommen werden.
    Uns fehlt der Glaube an einen menschlichen Fortschritt und daran, dass Ereignisse wie der Holocaust ein für allemal der Geschichte angehören und wir uns in Francis Fukuyamas „End of History“ befinden. Die Folgen dieser Hetze aus West wie auch Ost (!) werden nicht spurlos an uns vorüber gehen. Wenn wir nicht bald als engagierte Menschen und Bürger etwas dagegen unternehmen, wird dies die bittersten Konsequenzen für uns alle haben.

    Die Brüder Kitabi.
    Fragen und Anregungen an info@freitagsclub.org



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 12.12.2009, 00:06

    Der heilige NIKOLAUS - eine Integrationsfigur?

    Neulich nach der Nikolaus-Integration

    Einfach zum Nachdenken.
    von Josef Muhammad Lanzl


    Am Montag nach Nikolaus (der. 6. Dezember fiel dieses Jahr auf einen
    Sonntag) kam ich ins Büro und fand im Flur einige dieser Schokoladenmännchen
    in rot-weißem Glitzerpaper eingepackt, die zu Ostern auch als Hasen verteilt
    werden. Als ich mittags in die Mensa ging, um mein vegetarisches Essen zu
    holen, gab es noch einen Glitzerschokomann als Geschenk. Alle Schenkenden
    waren wirklich guten Herzens und wollten die Tradition aufrechterhalten,
    aber kaum jemand wusste, worum es bei jener Tradition eigentlich ging.

    Muslime sollen - wie bekannt - in die Gesellschaft "integriert" werden.
    Gerade einen Tag nach Nikolaus habe ich mich das mehr denn je gefragt, was
    damit gemeint ist. Ja, wir hatten tags zuvor einige Süßigkeiten, falls ein
    Kind an der Tür geklingelt hätte. Aber es werden immer weniger Kinder, die
    das tun. Und ein Gedicht können die auch nicht mehr aufsagen. Bestenfalls
    sagen sie: "Süßes oder Saures!" Aber das hat bekanntlich wenig mit dem
    Nikolaus zu tun. Es ist viel mehr die Integration eines kapitalistischen
    Feiertages in die angeblich christlich geprägte Gesellschaft. Wie viele
    ältere Bürger haben wohl an jenem Sonntag sehnsüchtig darauf gewartet, dass
    doch irgend ein kleiner Bub oder Mädel an der Tür klingelt und ein
    Weihnachtsgedicht aufsagt, um sie dann zu beschenken? Stattdessen gab es
    Schokolade in Bürogebäuden und in der Mensa von den jeweiligen Verwaltungen
    an die Erwachsenen. Aber kaum ein Mensch weiß, was es eigentlich mit jenem
    Nikolaus auf sich hat. Wie sollen Muslime in eine Gesellschaft integriert
    werden, wenn es christliche Feier- und Gedenktage gibt, deren Bedeutung kaum
    jemand den Muslimen erklären kann?

    Eine historische Person namens Nikolaus, auf den der 6. Dezember
    zurückzuführen sei, hat es schließlich einstmals gegeben, den Heiligen
    Nikolaus von Myra. Zwar sind die meisten Geschichten über ihn Legende, aber
    er hat im 3. Jahrhundert nach Christi tatsächlich gelebt. Er war bereits mit
    19 Jahren Priester und hat am eigenen Leib als Opfer der Christenverfolgung
    einiges Leid miterlebt. Als Sohn reicher Eltern soll er sein ererbtes
    Vermögen unter den Armen verteilt haben, was der Hauptgrund für seine Ehrung
    ist. Wäre das nicht ein integrativer Ansatz für Muslime? Die Reichen sollen
    ihr Vermögen den Armen zur Verfügung stellen, damit mehr soziale
    Gerechtigkeit in der Gesellschaft herrscht. Ist es da nicht fast schon
    Blasphemie oder zumindest Heiligenverachtung, wenn auch in den Banken
    Nikolausschokolade verteilt wird? Aber wen sollte das stören, wenn niemand
    weiß, wessen gedacht wird?

    Ein bedeutsames Ereignis im Leben des Nikolaus dürfte seine Teilnahme am
    Konzil von Nizäa gewesen sein. Aber wer weiß heute schon noch in der
    christlich-jüdisch geprägten Gesellschaft, was das Konzil von Nizäa war? Die
    Bild- und Kronen-Zeitung berichten nicht darüber. Und bei dem Konzil hat
    jener Nikolaus - äußerst unchristlich - einen anderen Geistlichen namens
    Arius geohrfeigt!

    Arius vertrat eine Lehre, die ein Muslim sehr gut verstehen könnte. Er
    behauptete, dass der Sohn und der Vater nicht wesensgleich seien, sondern
    der Sohn ein Geschöpf des Vaters sei, so dass es eine Zeit gegeben habe, als
    der Sohn nicht existierte. Arius vertrat die Lehre, dass es nur einen wahren
    Gott gebe und dass Jesus, der Sohn der Heiligen Maria, ein besonders
    ausgezeichnetes Geschöpf sei. Wäre das nicht ein wunderbarer Ansatz, um
    Muslime in die christlich-jüdische Gesellschaft zu integrieren? Welcher
    Muslim könnte Arius Aussage widersprechen, eine immerhin im zweiten
    Jahrhundert der Christenheit durchaus verbreitete Ansicht unter Christen,
    aber es gab auch die Gegenansicht. Jener Streit unter den Christen führte
    nahezu zur Spaltung der Christenheit und daher berief Kaiser Konstantin das
    erste Konzil von Nicäa 325 ein, wo die Lehre des Arius von der Mehrheit der
    Bischöfe als häretisch verurteilt wurde. Vielmehr stellten sie fest, dass
    Vater und Sohn gleichen Wesens seien. Arius selbst wurde verbannt und später
    vergiftet.

    Nun hatte ausgerechnet der Heilige Nikolaus jenen Arius beim Konzil von
    Nizäa geohrfeigt! Wer jetzt aber denkt, dass der Disput zwischen Nikolaus
    und Arius aufgrund der Wesensgleichheitstheorie gewesen wäre, der irrt sich.
    Neben Arius hat auch Nikolaus das Schlussdokument des Konzils von Nizäa
    nicht unterschrieben! Heutige Chronisten "retten" das Ansehen von Nikolaus
    damit, dass sie behaupten, die Unterschriftenliste sei nicht vollständig
    überliefert. Es liegt aber nahe, dass Nikolaus jene Erklärung tatsächlich
    nicht unterschrieben hat (einmal abgesehen davon, dass überzeugte Christen
    sich nicht von einem weltlichen Gewaltherrscher zusammentrommeln lassen).
    Denn Nikolaus vertrat die Thesen von Marcellus von Ancyra, der ebenfalls bei
    jenem Konzil anwesend war. Marcellus von Ancyra wurde 336 wegen seiner
    Thesen als Ketzer verdammt. Zweifelsohne stand auch er der
    Dreifaltigkeitstheorie kritisch gegenüber!

    Am 6. Dezember gedenken wir in Deutschland und Österreich also einer Person,
    die beim Konzil von Nizäa, in der erstmalig die Dreieinigkeitsdoktrin unter
    Schirmherrschaft der weltlichen Gewaltherrscher festgelegt wurde, eine
    Gegenposition vertreten hat und zudem dafür bekannt ist, dass er seinen
    Reichtum an Arme verschenkt hat. Wäre das nicht ein sensationeller Ansatz
    zur "Integration" von Muslimen in die Gesellschaft? Müsste man nicht den
    Nikolaustag zum Tag der Verbrüderung von Christen und Muslimen erklären?

    Jedoch hätte das zur Voraussetzung, dass Christen wissen, um was es am
    Nikolaustag geht. Ist das aber überhaupt erwünscht? Wollen die
    kapitalistischen Machthaber, die im Wachstumswahn sämtliche christlichen
    Werte mit Füßen treten, überhaupt, dass die christlich-jüdische geprägte
    Gesellschaft weiß, was für Feiertage sie begeht? Ist es erwünscht, dass
    Christen zu Weihnachten daran denken, wer da geboren ist, und wie er geboren
    ist, und wo er geboren ist? Jemand könnte auf die "dumme" Idee kommen
    nachzufragen, wie es seinem Geburtsort heute geht? Und sollen Christen z.B.
    wirklich am Aschermittwoch darüber nachdenken, dass nicht die Ehebruchsaison
    beendet, sondern die Fastenzeit der Christen eingeläutet wird? Überhaupt,
    wer weiß denn noch, dass die Fastenzeit kein Monopol der Muslime ist. Laden
    Christen ihre muslimischen Mitbürger in der Fastenzeit zum gemeinsamen
    Fastenabendbrot ein? Wäre das nicht ein schöner Ansatz zur Integration?
    Stellt sich nur die Frage, wer da wen in was integriert? Ist es nicht eher
    so, dass Muslime in Deutschland eine Chance für Christen sind, sich in ihre
    eigene Religion zu integrieren.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 31.12.2009, 21:25


    Wohin steuert die Schweiz? Gedanken zum Minarettverbot

    Die Schweiz ist ein Land, in welchem die Menschenrechte und Demokratie grossgeschrieben werden. Im Ausland hört man oft, dass die Schweiz eine Wiege der Demokratie sei. Fast einzigartig ist, dass vier verschiedene Sprachen und Kulturen, ihr Land gleichermassen gestalten und friedlich an politischen Prozessen teilhaben. Das war das Ideal und unter diesen Gegebenheiten wurde die Schweiz damals gegründet.

    Doch wie steht es heute damit? Zu den Menschenrechten gehört auch das Recht auf freie Religionsausübung. Es gab eine Zeit in unserem Land, wo dies uneingeschränkt gewährleistet war. Wie die anderen Glaubensgemeinschaften begannen auch die Muslime, ihre Gebetshäuser zu errichten. Zuerst wurden diese in den Hinterhöfen und weit weg von den Augen der Öffentlichkeit eingerichtet. Die Jahre vergingen und es wuchs eine neue Generation von Muslimen heran, welche die Schweiz ihr Heimatland nennen. Für diese Generation ist es völlig selbstverständlich, dass ihre Moscheen nicht im Untergrund sein sollen, sondern sichtbar präsent im öffentlichen Raum, wie dies ja auch der Fall für die Gebetshäuser anderer Glaubensgemeinschaften ist. Sie wollen auf die Gesellschaft zugehen und Akzeptanz gewinnen, um ihren Platz in der Gesellschaft einzunehmen. So begannen die Schweizer Muslime sichtbare Moscheen zu errichten. Das sichtbarste Element einer Moschee ist das Minarett. Und für viele dieser Schweizer Muslime gehört einfach das Minarett zur Moschee, wie der Kirchturm zur Kirche. Man kann durchaus sagen, die Minarette sind ein Symbol für den Islam und die Muslime allgemein. Sie sind aber gewiss kein nach aussen zu präsentierendes Glaubensbekenntnis wie z.B. das Kreuz. Und dass sich nun die Minarette in das Landschaftsbild einfügen sollten, war ein Symbol der Akzeptanz in ihren Augen. Somit, so dachten sie, sollten sie in der Schweizer Gesellschaft angekommen sein. Sie wollten nun auch ihren Anteil zur lebendigen Mitgestaltung dieser Gesellschaft leisten.

    Dann gab es erste Reaktionen aus der Bevölkerung. In einigen Dörfern wollte man das Minarett nicht. Ausländer verursachten eben Probleme. Das Minarett war in den Augen vieler Schweizer Einheimischer in erster Linie ein ausländisches Symbol. Es erschien ihnen als Fremdkörper. Schon deshalb löste es Unbehagen bei vielen aus. Aufgeschreckt durch populistische Propaganda glaubten die Menschen aber, sie könnten all die Probleme der Ausländer dem Minarett aufladen. Aus dem Symbol des Islams wurde in den Augen vieler Einheimischer ein Symbol für Frauenunterdrückung, Ausländerkriminalität oder Integrationsunwillen. So haben die Menschen argumentiert, die mit muslimischen Ausländern, im negativen Sinne zu tun hatten. In den Augen jener Menschen jedoch, die kaum Muslime in der Nachbarschaft hatten, wurde das Symbol Minarett auch zu etwas anderem. Dem Minarett wurde nun symbolhaft auch die allgemeine Identitätskrise der Schweiz aufgeladen. Die Angst, die fremde Kultur würde nun die Schweizer Kultur überrennen. Die eigene Identität und Kultur könne nicht mehr gewahrt werden. Alle Organisationen und Parteien haben all dies als Humbug abgetan. Und haben nicht bemerkt, dass sich genau dieses Argument in der Bevölkerung hielt. Den populistischen Kampagnen, die dieses Argument nährten, standen keine griffigen Argumente gegenüber. Denn tatsächlich haben wir in der Schweiz so etwas wie eine „Identitätskrise“, welche aber gewiss nicht von Muslimen verursacht wurde, sondern die Ursachen sind in viel tiefer greifenden Prozessen zu finden.
    Dies Ursachen schienen aber offenbar unerheblich und somit kam es bei der Abstimmung um Minarette so, wie es viele nicht erwartet, aber einige befürchtet hatten: Die Initiative wurde mit deutlicher Mehrheit angenommen. Heute zählt die Schweiz zu all jenen Ländern, welche einige Symbole anderer Religionsgemeinschaften verbieten; dies noch in einer diskriminierenden Weise auf eine einzige Religion beschränkt. Im arabischen Raum sind in einigen Ländern Kirchtürme verboten. Aus purer Angst, die Schweiz werde „saudiarabisiert“, hat sich die Schweiz in dieser Hinsicht diesen Ländern angeschlossen. Heute spüren wir keine grosse Veränderung in der Schweiz. Nicht einmal die Muslime sind gegen diesen Entscheid auf die Strasse gegangen, abgesehen von einigen Jugendlichen. Sie haben den Entscheid – obwohl rechtsstaatlich fraglich und diskriminierend, aber trotzdem demokratisch legitim –akzeptiert.

    Wenn sich das Verbot jedoch hält, werden sich die Probleme erst morgen bemerkbar machen. Durch den Entscheid werden keine Probleme gelöst, sondern nur neue geschaffen. Die muslimischen Mitbürger fühlen sich ausgeschlossen. Es wird ihnen schwieriger fallen, sich als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft zu sehen. Auch die Glaubwürdigkeit der Schweiz im Ausland wird leiden. Jedes Mal wenn die Schweiz zu Recht aufmerksam macht auf die Menschenrechtssituation in gewissen Ländern, werden diese der Schweiz nur eine Antwort geben: „Schaut zuerst selber, dass bei euch alles im Sinne der Menschenrechte läuft.“ Das Image des Wirtschaftstandorts Schweiz könnte schlussendlich auch darunter leiden.

    Es wäre ratsam, würde sich die Schweizer Bevölkerung wieder auf ihre alten Werte zurückbesinnen. Der Eidgenosse sollte verstehen, dass in seinem Land nun über die bestehenden Kulturen hinaus zusätzliche beheimatet sind und dass dies eine Bereicherung sein kann und soll. Alle in der Schweiz beheimateten Kulturen, natürlich auch die islamisch geprägte, suchen sich ihren Platz in der Gesellschaft. Die Gesellschaft sollte ihnen ihren Platz zugestehen. Jedoch wird dies wohl nicht von alleine geschehen. Auch die Schweizer Muslime sollten versuchen, sich mehr einzubringen. Gerade jetzt sollte der Dialog einen nie da gewesenen Stand erreichen. Wollen wir als Schweizer eine langfristige Krise abwenden, so müssen wir alle lernen miteinander zu leben. Gerade deshalb müssen alle Institutionen mithelfen, gegenseitige Vorurteile abzubauen. Erst dann werden sich die Muslime hier wieder willkommen fühlen und den Willen zeigen sich in der Gesellschaft zu integrieren. Auch die Mehrheit ihrerseits wird durch diesen Abbau von Vorurteilen die Minderheit akzeptieren. Das Minarettverbot wird dann von alleine verschwinden. Und falls Europa dann immer noch Probleme mit seinen Muslimen hat, wird sich die Schweiz wie einst als Vorbild anbieten.

    Die Brüder Kitabi.
    Fragen und Anregungen an info@freitagsclub.org



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 31.01.2010, 13:54


    Grundlagen gesellschaftlichen Engagements der Muslime in einer mehrheitlich nicht-muslimischen Gesellschaft

    Gesellschaftliches Engagement i.w.S. ist ein unbestreitbar wichtiges Gebot für Muslime. Gleichzeitig, unserer Meinung nach, ein stark vernachlässigtes in der Schweiz. Mit gesellschaftlichem Engagement meinen wir in diesem Beitrag alle freiwilligen und ehrenamtlichen Aktivitäten und Handlungen, die zum Wohle der Gesellschaft beitragen, menschliche Interaktion und Zusammenhalt in der Zivilgesellschaft fördern und den Wohltätigkeitsbereich. Politisches Engagement, zwar auch ein gesellschaftliches Engagement, wird hier nicht im speziellen erläutert. Unsere Darlegungen aber lassen sich auch auf die politische Sphäre übertragen. In dieser Abhandlung möchten wir die islamischen Grundlagen sozialen und anderen gesellschaftlich Engagements darlegen.

    Aktivitäten in Moscheen oder muslimischen Vereinen, dessen Nutzen (nur) seinen Mitgliedern oder einem Kreis von Muslimen zu Gute kommt ist eine gute Sache. Doch ehrenamtliche Arbeiten der Muslime in der Schweiz dürfen sich nicht nur auf die muslimisch-herkunftsabhängigen Gemeinschaften beschränken. Der Qur’an spricht ja auch von einer sozialen Gerechtigkeit, die alle ethnischen, elterlichen, Stammes- und Sprachgrenzen überschreitet. Der berühmte Ayat, „Ihr seid fürwahr die beste Gemeinschaft, die jemals für (das Wohl der) Menschheit hervorgebracht worden ist. Ihr gebietet das Tun dessen, was recht ist, und verbietet das Tun dessen, was unrecht ist“ (3:110) stellt als allgemeine Aufforderung ein unbedingtes Gebot dar, setzt die Teilnahme in einem menschlichen Kollektiv voraus – sei es die Familie, ein Freundeskreis, eine Vereinigung oder die Gesellschaft als solches – und spricht vom Wohle der Menschheit und nicht nur der Muslime.
    Dies durchzieht den ganzen Qur’an und die Gläubigen werden immer wieder aufgefordert, gerecht zu sein in ihrem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umgang mit anderen Menschen.

    Was wohltätige Handlungen betrifft, betont der Qur’an wiederholt die Rolle des Gebens an diejenigen, die nicht das Glück haben, sich selbst versorgen zu können, sei es wegen den Umständen oder wegen irgendwelchen Behinderungen. An zahlreichen Gelegenheiten fordert der Qur‘an zum Spenden auf. „Sie werden dich [Muhammad] fragen was sie für andere ausgeben sollen. Sag: „Was immer von eurem Reichtum ihr ausgebt, soll (zuerst) für eure Eltern sein und für nahen Verwandten und die Waisen und die Bedürftigen und den Reisen-den; und was immer Gutes ihr tut, wahrlich, Gott hat volles Wissen davon“ (2:215).

    Aus islamischer Perspektive ist es nicht möglich Frömmigkeit zu erreichen, ohne zu geben. “(Aber was euch angeht, o Gläubige) niemals werdet ihr wahre Frömmigkeit erlangen, ausser ihr gebt für andere aus, was ihr selbst wertschätzt; und was immer ihr ausgebt – wahrlich, Gott hat volles Wissen davon "(3:92).
    Muhammad Asad kommentiert hierzu, dass der Qur’an die Gläubigen daran erinnert, dass ihr Glaube an Gott nicht als vollständig erachtet werden kann, solange er ihnen nicht die materiellen Bedürfnisse ihrer Mitmenschen bewusst macht. Nur schon aus diesen Ausführungen sollte deutlich werden, dass „gutes tun“ von Allah (st.) auch als Spende (Sadaka) angesehen wird.

    Wenn wir von gesellschaftlichem Engagement sprechen, dann verdient eine „Sadaka“ besondere Erwähnung: Die Sadaka Dscharija, eine „Spende“ welche einer Gemeinschaft über den Zeitpunkt der Spende hinaus weiterhin von Nutzen ist, – im Sinne einer „nachhaltigen Tätigkeit“ – wird sogar als frommer angesehen als eine einfache Spende. Wichtig ist auch die Tatsache, dass Sadaka nicht nur auf Geldspenden begrenzt und auch nicht nur für Menschen vorgesehen ist: Es wird auch auf das Sprechen freundlicher Worte und die Sorge für Vögel und Tiere ausgeweitet. Allgemein kann gesagt werden, dass jede Tätigkeit, welche Menschen und anderen Lebewesen zu Gute kommt, als gute Tat betrachtet wird (Syed et al., 2005). Die Taten und Aussprüche des Propheten bieten hierfür reichlich Beispiele. Wohltätiges Engagement in der Gesellschaft ist somit fest im islamischen Glauben verankert. Darü-ber hinaus macht die Institution des Wakf, - eine wohltätige Stiftung, welche auf prophetischer Tradition gründet – deutlich, dass dies nicht nur auf der Ebene einer Einzelperson, sondern auch in kollektiver Form gemacht werden soll. Dies kann somit als Grundlage organisiertem und institutionalisiertem gesellschaftlichen Engagement im Wohltätigkeitsbereich dienen.

    Was in diesem Zusammenhang das Verhältnis zu Nichtmuslimen betrifft, weisen Syed et al. (2005) darauf hin, dass es absolut keine Einschränkung von Spenden an Nichtmuslime gibt. In der Tat hebt der Islam die Rolle der Muslime, der ganzen Menscheit zu dienen, hervor. Es gab in der Geschichte der muslimischen Völker zahlreiche Gelegenheit, in denen philanthropische Einrichtungen für alle Mitglieder der Gesellschaft gegründet wurden. Das Ergebnis ist, dass muslimische Philanthropie nicht nur allen Menschen zugute kam, sondern, dass in vielen Fällen auch philanthropische Einrichtungen der Juden, Christen, Hindus und Sikhs gefördert wurden. Mit Ausnahme der Einrichtungen, die speziell zur Unterstützung von Moscheen gegründet worden waren, standen diese Einrichtungen auch allen anderen offen.

    Dass mit „Gesellschaft“ und „Gemeinschaf“ in den textlichen Grundlagen des Islam auch eine mehrheitlich nichtmuslimische Gesellschaft gemeint sein kann, ist Forschungsgegenstand des Gelehrten Tariq Ramdan, welcher dies nach Untersuchung der islamischen Quellen deutlich bejaht. Wenn man die gegenwärtige Weltlage betrachtet, so wird schnell ersichtlich, dass die mittelalterlichen muslimischen Konzepte der Klassifizierung von Gesellschaften und Ländern (z.B.Dar al-harb und Dar al-Islam) völlig unanwendbar sind, denn die Welt stellt keine abtrennbaren Häuser (Dar) mehr dar, sondern ist eine offene Welt geworden. Ramadans Ansicht nach lässt sich die Welt mit den Begriffen Zentrum (der Westen und seine Hauptstadt-Bastionen im Süden und Osten) und der Peripherie (der Rest des Planeten) realistischer beschreiben als eine bipolare, sich im Gleichgewicht befindliche Welt. Die im Westen lebenden Muslime leben im Zentrum, im Kopf des Systems. Und in diesem spezifischen Raum, im Zentrum, müssen die Muslime in viel anspruchsvollerenweise als in der Peripherie Zeugnis ablegen, Zeugnis sein für das was sie sind, und für ihre Werte.

    Hier haben wir die direkte Verbindung zur Schahada, welche die Grundlage unserer Identität darstellt. Die Schahada erinnert an unsere stete Beziehung zu Gott und an die Pflicht des Moslems, unter den Menschen zu leben und seinen Glauben zu bezeugen, gleichermassen durch Handlungen wie mit Worten. Deshalb spricht Ramadan vom Westen als „dar asch schahada“, „Raum der Bezeugung“. Wenn Muslime wirklich mit Gott sind, dann muss ihr Leben das Zeugnis eines steten Engagements und einer unendlichen Hingabe seiner selbst für die soziale Gerechtigkeit, das Wohlergehen der Menschen, die Ökologie und die Solidarität in all ihren Formen zum Ausdruck bringen.

    Alles andere dient als Ausrede, ängstlich und versteckt zu bleiben oder seine faule Gleichgültigkeit und Untätigkeit zu legitimieren.

    Gemäss Ramadan gestatten die islamischen Quellen Muslimen in einer nicht-islamischen Umgebung zu leben – nach Massgabe der Absicht der Gläubigen und auf der Grundlage dreier Prinzipien: über die Freiheit der Religionsausübung zu verfügen, die Botschaft bezeugen zu können und für die Muslime und die Gesellschaft insgesamt nützlich zu sein. Der Qur’an – z.B. Geschichte des Propheten Yusuf (Josef) (12:54/55) – und das Leben des Propheten – z.B. Leben und Aufenthalt im nicht-islamischen Mekkah, Medina und Abessinien – liefern hierfür Grundlagen. Der Islam als Glaube mit (umfangreichen) Konsequenzen ver-langt, wie schon oben erwähnt, dass sich der Glaube auch in Handlungen niederschlägt. Deshalb bedeutet Muslimsein „in jedweder Umgebung in Übereinstimmung mit den Lehren des Islam zu handeln“ schreibt Ramadan und fügt hinzu, dass es im Islam nichts gibt, dass die Muslime dazu anhalten würde, sich von der Gesellschaft fernzuhalten, um Gott näher zu sein. Das Gegenteil ist der Fall, denn im Qur’an wird der Glaube geradezu wesenhaft mit gutem Verhalten und guten Taten verbunden. Dies ist völlig unabhängig davon ob wir es mit einer mehrheitlich muslimischen oder nicht-muslimschen Gesellschaft zu tun haben: „mit Gott sein heisst, mit anderen Menschen sein, nicht nur mit den Muslimen, sondern wie der Prophet gesagt hat, mit „den Leuten“ der ganzen Menschheit“ schlussfolgert Ramadan und führt folgenden Hadith an: „Der beste von euch ist, wer am besten zu den Leuten ist“(von Ibn al Bayhaqi überliefert).

    Die Brüder Kitabi. Fragen, Kommentare und Anregungen an info@freitagsclub.org richten

    Referenzen:
    Heine, P. & Syed, A. (2005) Muslimische Philanthropie und Bürgerschaftliches Engagement. Berlin: Maecenata Verlag
    Ramadan, T. (2001) Muslimsein in Europa. Untersuchung der islamischen Quelle im europäischen Kontext. Köln: MSV Verlag
    Asad, M. (2009) Die Botschaft des Koran. Übersetzung und Kommentar. Düsseldorf: Patmos Verlag



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 01.02.2010, 12:26


    Minarettverbot – wie weiter?

    „Das Volk hat gesprochen, die Sache ist erledigt.“ Wer noch etwas zu sagen hat, gilt als schlechter Verlierer. Ich habe noch drei Dinge zu sagen und tue dies als Staatsbürger eines demokratischen Rechtsstaates, der seit Jahrzehnten mit der Situation verschiedenster sprachlicher, kultureller, religiöser, ethnischer Minderheiten in der Schweiz vertraut ist.

    Das Erste: Es ist der Rechtsstaat, welcher die Demokratie, und damit gleiches Recht für alle schafft und garantiert. Ich bin davon ausgegangen, dass dieser Grundwert schweizerischer und europäischer Wertordnung für die Mehrheit in unserem Lande auch in bewegten Zeiten feststehe. Darin habe ich mich getäuscht. Die Abstimmung hat gezeigt: Im Zweifelsfall ist eine satte Mehrheit bereit, ein Menschen- und Verfassungsrecht über Bord zu kippen, wenn es um eine „ungeliebte“ Minderheit geht. Ein Rechtsstaat wie die Schweiz kann nicht über die Verletzung dieser Grundwerte hinweggehen. Schiller schrieb: „Das ist der Fluch der bösen Tat, dass sie fortzeugend Böses muss gebären.“ Natürlich höre ich sogleich den Aufschrei: „Schlechter Demokrat! Das war der Entscheid des Volkes und keine böse Tat!“ Nur eine Diskriminierung. Nur das Ritzen eines Menschenrechts. Ich bleibe dabei: Diese Tat wird „fortzeugend“ weiter Diskriminierung und Menschenrechtsverletzungen aus sich heraussetzen. Konkret: weitere Volksinitiativen gegen Rechte ausgewählter Minderheiten – und wer möchte leugnen, dass die entsprechenden Schiffe schon von Stapel gelaufen sind? Zum Fortzeugen gehört auch das Verspotten, Lächerlichmachen und Diffamieren von Andersdenkenden, das in der Schweiz heute Urständ feiert, das Klima vergiftet und am klaren Nachdenken und Entscheiden hindert. Es stärkt weder den Rechtsstaat Schweiz noch die Gewaltentrennung, wenn man Richter und Staatsrechtsprofessoren diffamiert und ihnen unterstellt, sie wollen immer mehr politische Macht an sich reissen. Das Gegenteil ist der Fall: Politiker, Chefredaktoren und Leserbriefschreiber, welche sich für schrankenloses Entscheidungsrecht des Volkes stark machen, zerstören die Grundlage des Rechtsstaates.

    Also: Wie weiter? Die rechtsstaatliche – und das heisst in diesem Falle eine an Menschen- und Verfassungsrecht gemessene - Überprüfung von Volksinitiativen ist in jedem Falle vorzunehmen, am besten vor dem Sammeln von Unterschriften.

    Das Zweite: Vor und nach der Abstimmung sagten Verfechter der Initiative, es gehe gar nicht um das Minarettverbot. Es gehe um ein Halt! gegen die Gewalt des Islamismus, gegen mangelnde Integration von Muslimen, die sich in Zwangsheiraten, Klitorisbeschneidungen, Unterdrückung der Frau und insgesamt in einer schleichenden Islamisierung und Einführung der Scharia zeige. Es wurde von diffusen Ängsten gesprochen, die sich noch mit andern Ängsten - Arbeitslosigkeit, Einwanderung, Finanzkrise etc. - verbunden hätten. Nicht diffus war für mich der Herr im Haus-Standpunkt mancher SchweizerInnen, die es den andern einmal zeigen wollten. Wenn die Fremden einmal da sind, sollen sie sich anpassen, nicht auffallen und keine Extrawürste wie Minarette wollen. Immer wieder wurde betont, es sei keine Spur von Fremdenfeindlichkeit vorhanden, und doch war alles geprägt von der Haltung: Am besten wäre es, wenn möglichst viele nicht hier wären, weil sie anders sind, auffallen und stören. Keine Spur von Fremdenfeindlichkeit? Was ist es denn?
    Sigi Feigel, in solchen Zusammenhängen ein unverdächtiger Zeuge, pflegte zu sagen: Wo es um Fremdenfeindlichkeit geht, sind immer die Juden die ersten Sündenböcke. Aber dann kommen alle andern Minderheiten dran. Ich habe den Eindruck: Heute kommen zuerst die Muslime dran, dann die andern. Prompt hat sich das beim ominösen Ausspruch von Herrn Darbelley gezeigt: Keine muslimischen, aber auch keine neuen jüdischen Friedhöfe. Keine Spur von Fremdenfeindlichkeit?
    Für alle Einwanderer, die sich hier integrieren und als Teil unseres Landes fühlen sollen, ist fundamental, dass sie sich hier „zugehörig“ fühlen können. Das ist die lebensmässige Basis der Integration. Muslimische EinwanderInnen machen aber häufig Erfahrungen, die ihnen zeigen: So wie ihr seid, seid ihr nicht recht. Das, was ihr möchtet, kommt nicht in Frage. Ein Kopftuch tragen? Bekenntnis zur Unterdrückung der Frau, zum Islamismus. Ein Minarett? Machtsymbol und nicht akzeptabel im Ortsbild. Aus- oder Weiterbildung von Imamen in der Schweiz? Förderung von Extremisten mit unsern Steuergeldern. Grabfelder für Muslime? Tot ist tot. Keine Exrawurst. Solche Erfahrungen sind kein Beitrag zur Förderung des Zusammenlebens in einer pluralistischen Gesellschaft, die wir nun einmal sind. Verhängnisvoll sind sie vor allem für Angehörige der zweiten und dritten Generation. Frankreich und England bieten hier genügend Anschaungsunterricht.

    Also: Was tun? Erfahrungen ermöglichen, die Muslimen zeigen: Wir sind angekommen, wir gehören dazu. Das heisst für mich z.B.:
    Aufnehmen des Wunsches nach Grabfeldern für Muslime. Ich habe aus der Nähe erlebt, wie solche Verhandlungen für Muslime und Behörden Vertrauen und Verständnis schaffen. Auch Muslime und Musliminnen unter uns werden ja einmal sterben. Viele, nicht alle, möchten nach dem Ritus ihrer Religion bestattet werden. Was stört uns, wenn die Gräber nach Osten ausgerichtet sind? Ich unterstütze auch den Wunsch nach Aus- und Weiterbildung der Imame in der Schweiz. MuslimInnen wünschen sich von ihren Imamen Unterstützung auf dem schwierigen Weg der Integration in der Schweiz. Aber wie soll diese möglich sein, wenn der Imam nur für drei Jahre hier ist, die Landessprache nicht spricht und selber keine Gelegenheit zur Inkulturation, zum Vertrautwerden mit unseren Verhältnissen hatte?

    Das Dritte: Da gibt es noch die Themen, die im Abstimmungskampf die Hauptrolle spielten: Zwangsheirat, Ehrenmorde, Klitorisbeschneidung, Ghettobildung, Unterdrückung der Frau, Hasspredigten in der Moschee, Dispensation in der Schule etc. So wie ich die Verhältnisse kenne, kommen diese Dinge in der Schweiz zwar vor, allerdings lediglich bei einer äusserst kleinen Minderheit. Die Schlagworte des Abstimmungskampfes haben gezeigt, dass hier ein Informationsnotstand herrscht.

    Also: Was ist zu tun? Bei der Diskusson, die in den letzten Wochen immer wieder angemahnt wurde, kann es nicht um Schuldbekenntnisse und Sippenhaftung der Muslime gehen. Wichtig ist, dass Fakten zu jedem Thema auf den Tisch kommen gemäss der Linie: Reale Situation in der Schweiz – kultureller Hintergrund – Rechtslage – Wer ist zum Handeln verpflichtet? Da braucht es Zusammenarbeit von Organisationen der Muslime, Amtsstellen, zivilgesellschaftlichen Gruppierungen und Medien. Wenn so Klarheit geschaffen wird, können Realität und Feindbilder unterschieden werden.

    Das Volk hat gesprochen, die Sache ist nicht erledigt.

    Werner Kramer, Zürich

    Informationen zu Prof. Dr. Dr.h.c Kramer: http://www.gms-minderheiten.ch/attachments/070_Kramer_Werner_Prof_Lebenslauf.pdf



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 01.02.2010, 12:30


    Offener Brief von Prof. Kramer an Pfarrer Stückelberger


    Werner Kramer
    Huttenstrasse 60
    8006 Zürich

    Zürich, 1. Februar 2010
    Herrn
    Pfr. Hansjürg Stückelberger
    Zelglistrasse 62
    8122 Binz/Maur



    Ihr Inserat „Für Demokratie und Freiheit“ in der NZZ und im Blick

    Sehr geehrter Herr Stückelberger

    Da Sie Ihr umfangreiches Inserat “Für Demokratie und Freiheit“ in der NZZ und im Blick mit „Pfr. Hansjürg Stückelberger, Präsident“ unterzeichnet haben, und da Sie in diesem Inserat im Gestus des Verteidigers der christlichen Werte auftreten, erlaube ich mir, Sie sozusagen bei Ihrer Intention zu behaften und Ihre Worte im Spiegel der Grundaussagen und Grundlinien der Bibel Alten und Neuen Testamentes zu prüfen.

    Mein allgemeiner Eindruck:
    Sie haben mit Ihrem Inserat die Kampagne der Befürworter der Minarettverbots-Initiative sozusagen weiter geführt, die bekannten Stichworte und Verknüpfungen wieder ins Feld geführt und versuchen, die geweckten Emotionen wach zu halten und damit Sympathisantinnen und Mitglieder für Ihren Verein „Zukunft CH“ zu gewinnen. All dies ist natürlich in einem Lande, in dem Meinungsfreiheit verfassungsmässig garantiert ist, erlaubt. Ob es mit den Werten des Evangeliums, auf das Sie sich berufen, vereinbar ist, scheint mir fraglich zu sein, (auch wenn ich das „Richtet nicht, auf dass Ihr nicht gerichtet werdet“ auch für mich gültig und wegleitend anerkenne).

    Vor diesem Hintergrund und unter diesem Vorbehalt erlaube ich mir, Ihre acht Fragen zu beantworten und Ihnen dazu kritisch Gegenfragen zu stellen.

    Zu Ihrer Einleitung:
    In den Diskussionen zur Minarettinitiative ist für Sie deutlich geworden, dass es sich beim Islam um ein „religiös begründetes politisches System“ handelt, in dem die Scharia alles regelt. Für mich ist deutlich geworden, dass die Befürworter statt zur Frage der Verfassungsgemässheit eines Minarettverbotes zu sprechen die scheinbar hinter allen Muslimen in der Schweiz drohende Scharia als Totschlagargument gebraucht haben. Das tun Sie in Ihrem Inserat erneut, ohne dass Sie aus Ihrer Kenntnis von Muslimen in der Schweiz dafür den leisesten Anhaltspunkt aufzeigen.

    Zusätzlich nehmen Sie einen „noch nie dagewesenen Angriff auf unsere direkte Demokratie und demzufolge auf das Schweizer Volk“ wahr. Sie berufen sich normativ auf „die allgemeine Stimmung im Volk“. Das finde ich irritierend, weil ich in der Bibel, für deren Werte Sie vorgeben, sich stark zu machen, die „ allgemeine Stimmung im Volk“ nirgens als Kriterium für Wahrheit und Gerechtigkeit erkennen kann. Weder in der Thora noch bei den Propheten noch im Neuen Testament.

    Nun zu Ihren acht Fragen:

    1. Sie fragen: „Welches Demokratieverständnis gehört zur Identität der Schweiz?“ Es ist die Demokratie, welche auf Grund der Menschenrechte und im Rahmen des Rechtsstaates besteht. Aus Staatskundeunterricht, aus dem Studium der Geschichte sowie der Kirchengeschichte kennen Sie die Greuel, zu denen die absolute Volksherrschaft z. B. der Jakobiner oder im Sinne der volonté générale Rousseaus bis in die Gegenwart geführt haben – und dies alles im Namen der absoluten, nicht durch den Rechtsstaat bestimmten Volksherrschaft. Sie kennen den für diesen Zusammenhang wohl grundlegenden Spruch aus der Bibel, der sich nicht von ungefähr in manchen reformierten Landkirchen als Wandspruch findet: „Gerechtigkeit erhöht ein Volk“ (Spr. 14,34).

    2. Ja, wir Schweizer, als Bürger eines demokratischen Rechtstaates, sind verpflichtet, Religionsfreiheit allen Einwohnern und Gruppen zu gewähren, da wir anders das Grundprinzip eines demokratischen Rechtsstaates – gleiches Recht für alle – zerstören und die Menschenrechte beschneiden. Wer die Religionsfreiheit - oder eine andere Freiheit - missbraucht, wird im Rechtsstaat Kraft des Rechts zur Rechenschaft gezogen.

    3. Sie suggerieren, dass Muslime als an die Scharia Gebundene demokratische Werte weder verinnerlichen noch akzeptieren können. Und Sie haben den Eindruck, dass die Muslime in der Schweiz Parallelgesellschaften aufbauen und sich nicht integrieren wollen. Ich würde Sie gerne fragen, wie Sie diesen Eindruck konkret durch das Verhalten von muslimischen Männern, Frauen und Kindern in Ihrer Umgebung belegen. Ich mache völlig andere Erfahrungen in meinen Kontakten mit Muslimen. Ihr Wunsch z.B. nach Aus- oder Weiterbildung für Imame in der Schweiz hat seine Wurzel gerade darin, dass Imame, die mit der Schweiz vertraut sind, den Gliedern ihrer Gemeinschaft beim schwierigen Weg der Integration Hilfe sein könnten. Denn auch eingewanderte Muslime möchten sich integrieren.
    Sie sprechen ja von Muslimen in der Schweiz und nicht von Vertretern eines islamistischen Landes, dessen Rechtssystem das der Scharia ist. Muslime, die ich kenne, fühlen sich an die schweizerische Verfassung und unser Rechtssystem gebunden und nicht – wie Sie pauschalisierend vorgeben - an die Scharia. Öffentliche Stellungnahmen, z.B. anlässlich der Terrorattentate in London, sowie die Grundsatzerklärung der VIOZ (Vereinigung der Islamischen Organisationen in Zürich) zeigen dies in aller Eindeutigkeit. Ich denke, dass Sie sich vehement dagegen wehren würden, wenn ich Ihnen unterschieben würde, dass Sie als bibelgläubiger Mensch eigentlich immer im Schilde führen, EhebrecherInnen, Homosexuelle, Fremde auszurotten, weil dies in Ihrer Heiligen Schrift etwa im Buch Leviticus gefordert ist (zB Lev. 17,20; 20,10.18 etc.). Auch als bibelgläubiger Christ fühlen sie sich wohl an Dutzende von Geboten, die sich in der Bibel finden, nicht gebunden, wohl aber an die Bestimmungen unserer Verfasssung und Gesetzgebung.
    Weshalb gestehen Sie den Muslimen unter uns die gleiche Haltung im Blick auf Schariagebote und Bundesverfassung nicht zu? Wie vereinbaren Sie dies z. B. mit der Goldenen Regel (Mt. 7,12)?

    4. Sie belegen Ihre Sicht, dass die Gewalttätigkeit des Islamismus dem Islam anhafte, mit der Sure 47,4 aus dem Koran: “Und wenn ihr die Ungläubigen trefft, dann herunter mit dem Haupt, bis ihr ein Gemetzel angerichtet habt.“ In meiner (wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden) Ausgabe des Koran lautet die entsprechende Stelle: “Wenn ihr (auf einem Feldzug) mit den Ungläubigen zusammentrefft, dann haut (ihnen mit dem Schwert) auf den Nacken! Wenn ihr sie vollständig niedergekämpft habt, dann legt (sie) in Fesseln, (um sie) später entweder auf dem Gnadenweg oder gegen Lösegeld (freizugeben).“ Hätten Sie nicht mindestens auch den zweiten Satz mit zitieren müssen?
    Und auch hier: Wie reagieren sie wenn Sie mit entsprechend gewalttätigen Handlungsanweisungen aus der Bibel identifiziert werden, z.B.: „Schlage Amalek und vollstrecke den Bann an ihm und allem, was es hat; schone seiner nicht, sondern töte Männer und Frauen, Kinder und Säuglinge, Rinder und Schafe, Kamele und Esel.“(1. Sam. 15,3). Oder: „Samaria wird es büssen, dass es sich aufgelehnt hat gegen seinen Gott: sie fallen durch das Schwert, ihre Säuglinge werden zerschmettert und ihre Schwangeren aufgeschlitzt.“ (Hos. 13,16). Auf Grund ihrer Bibelkenntnisse wissen Sie ohne Zweifel, dass diese Stellen ohne Weiteres vermehrt werden könnten.
    Auch hier wieder die Bergpredigt: „Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge, des Balkens jedoch in deinem Auge wirst du nicht gewahr?“ (Mt. 7,2). Und meine abgewandelte Aufforderung aus Ihrem Inserat: „Erklären Sie bitte, welche Teile“ der Bibel unchristlich „und nicht verbindlich sind?“

    5. Die Verfolgung von Christen und Menschen anderen Glaubens in islamistischen, nicht demokratischen und nicht rechtsstaatlichen Ländern ist eine grauenhafte und nicht akzeptierbare Tatsache. Nein, Europa hat nicht „dann Frieden, wenn es sich der Scharia unterworfen hat.“ Auch nicht dann, wenn die seit langem ansässigen Europäer den Herr im Haus-Standpunkt praktizieren und das Recht der Migrationsbevölkerung in unserem Lande durch Sondergesetze beschneiden. Damit wird Rechtsstaat, Demokratie und Freiheit zerstört. Eigentlich sollte uns dieser Zusammenhang bekannt sein durch die Situation der protestantischen Bevölkerung in ehemals katholischen Ländern und Kantonen ebenso wie der katholischen Bevölkerung in ehemals protestantischen Ländern und Kantonen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein, von der Rechtlosigkeit der jüdischen Bevölkerung ganz zu schweigen. Auch dafür gab es Begründungen, die sich auf die „allgemeine Stimmung im Volk“ stützten. Und dennoch nicht rechtsstaatlich und nicht demokratisch waren. Denn „Gerechtigkeit erhöht ein Volk“.

    6. Sie stellen die „Lehre der Taqiya“ als Grund dar, dass zu Muslimen bei uns kein Vertrauensverhältnis entstehen könne. Für Sie heisst Taqiya, „der Muslim darf lügen, wenn es der Ausbreitung des Islams dient“. Bestimmt wissen Sie, dass der Begriff im 10. Jahrhundert in innerislamischen Verfolgungen aufkam und die Erlaubnis gab, in Extremsituationen der Gefahr an Leib und Leben zu verleugnen, dass man schiitischer Muslim sei. Also eine Erlaubnis, sein Leben zu retten, das Märtyrertum zu vermeiden.
    Bestimmt wissen Sie auch, dass es in islamfeindlichen Publikationen unserer Tage Mode geworden ist, Taqiya umzubiegen und sie als böswillige Verschleierungstaktik der Muslime darzustellen, durch die sie konspirativ im Geheimen auf Umsturz und Machterringung hinarbeiten. Mit welchem Interesse kolportieren Sie diese umgebogene Bedeutung, der ich noch bei keinem der mir bekannten Muslime in der Schweiz begegnet bin? Bewegen Sie sich hier nicht auf glitschigem Terrain, das wir nach dem 9. Gebot meiden sollten: Du sollst kein falsches Zeugnis reden wider deinen Nächsten?

    7. Sie mahnen bei den Kirchenvertretern „klare Informationen über das Wesen und die Zielsetzungen des Islam“ an. Ist es nicht eine Binsenwahrheit, dass sich die Religionen lehrmässig unterscheiden? Zwei solche Unterschiede nennen Sie zu Recht. Die Liste liesse sich vermehren. Das ist unbestritten. „Wie sollen Christen darüber denken?“ Ohne Zweifel bestehen lehrmässige, vorstellungsmässige Unterschiede wie zwischen der christlichen und andern Religionen auch. Nur kann dies wohl kein Grund sein, die andere Religion, deren Lehren und Anschauungen man nicht teilt, zu perhorreszieren und schon gar nicht, deren Anhänger unter uns zu diffamieren. Natürlich gibt es auch eine Vielzahl von Berührungspunkten zwischen Koran und Bibel: Personen, Geschichten, Vorstellungen. Aber ebenso natürlich in unterschiedlicher Deutung, Beleuchtung, Einordnung – so wie es in Religionen ist, die ihre Ursprünge in der gleichen geographischen und kulturellen Region haben, aber nach Ursprung und Geschichte eben doch unterschiedliche Religionen sind.
    Also: “Wie sollen Christen darüber denken?“ Ich denke: Differenziert, der Wahrheit verpflichtet, klar, respektvoll.

    8. Den politisch Verantwortlichen stellen Sie vor Augen, dass die Muslime bis zur Jahrhundertwende in ganz Europa die Mehrheit erlangen werden. Dann werden sie „auf demokratischem Weg die Demokratie und die Religionsfreiheit abschaffen.“ Und unsere Enkel und Urenkel werden auswandern. Wohin? In islamfreie Kontinente und Länder? Aber gibt es sie nach Ihrer Prognose dann noch?
    Ich muss gestehen, dass ich der Prognose Ihrer Experten misstraue. Die gleiche Prognose wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts für die endgültige „Überfremdung“ der Schweiz bereits auf die Siebziger Jahre gestellt. Und Dr. Ulrich Schlüer hat vor sechs Jahren in seiner Balkenstatistik die Mehrheit der Muslime in der Schweiz auch schon auf einen viel früheren Zeitpunkt „errechnet“ als Ihre Experten.
    Sie fragen: „Was unternehmen Sie, um die akute Gefährdung von Demokratie und Freiheit zu verhindern?“ Für mich ist klar: Demokratie und Freiheit sind auf eindeutig rechtsstaatliche Verhältnisse, welche Menschenrechte und Bürgerrechte schützen, angewiesen. Diese können auch durch Mehrheiten in Volksabstimmungen nicht ausser Kraft gesetzt und durch Sondergesetze einer bestimmten Gruppe nicht entzogen werden. Von Zwingli stammt der Satz: Die Villi macht nit die Wahrheit. (Die Vielzahl, die Mehrheit, macht nicht die Wahrheit).

    Sehr geehrter Herr Pfarrer,

    es wird Sie nicht erstaunen, wenn ich sage: In Ihrem umfangreichen Inserat sind es nicht biblisch-christliche Werte, die „Wert“ schaffen. Ihr Inserat lebt davon, dass Sie für die Leser und Leserinnen ein Zerrbild der Muslime in der Schweiz schaffen, das der Realität nicht entspricht. Sie malen dieses Bild mit negativ gefärbten Schlagworten wie Scharia, Taqiya, Attentate durch Märtyrer des Glaubens, Zwangsheiraten, Ehrenmorde, Massaker an Christen, Parallelgesellschaften etc. Sie machen sich zum Anwalt von „Demokratie und Freiheit“, indem Sie erklären, dass die Muslime in der Schweiz wie in der Welt die Feinde von Demokratie und Freiheit sind. Die Werte, die sie ins Spiel bringen lauten etwa „was unsere Vorfahren geleistet haben“, „das traditionelle Ehe- und Familienmodell“, „unsere Identität und Kultur“. Was heisst das präzis? Handlungsleitend ist für Sie „die allgemeine Stimmung im Volk“. Die von Ihnen beanspruchte christliche Fundierung Ihrer Stellungnahmen und Urteile kann ich leider nicht entdecken. Dass Sie das Ganze mit ihrem Pfarrertitel firmieren, irritiert mich in diesem Zusammenhang. Dankbar wäre ich gewesen, Sie hätten die vielen tausend Franken für Inserate ausgegeben, in denen die aufgeworfenen Fragen im Licht des Evangeliums bedacht worden wären.

    Ich versuche, mich an Zwingli zu halten. Er hat zu seiner Zeit die Christen aufgefordert, in schwierigen Konfliktsituationen „in den Riss zu treten“, das heisst, zwischen die Konfliktparteien zu treten, den Frieden zu suchen, sich um den Dienst der Versöhnung (2. Kor. 5,18) zu bemühen. Leider finde ich in Ihrem Inserat davon keine Spur. Was ich darin finde,. ist im Gegenteil ein Anheizen, das mich an die Kampagne der Befürworter der Minarettverbotsinitiative erinnert, aus welcher Sie offenbar auch im Nachhinein Kapital schlagen wollen.

    Das kann ich auf keine Art gut heissen, sondern als Mit-Theologe nur tief bedauern.

    Aus diesem Bedauern grüsse ich Sie


    Werner Kramer

    PS: Ich erlaube mir, eine Kopie dieses Briefes einigen Bekannten weiter zu geben, die mich auf Ihr Inserat angesprochen haben.
    W.K.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 14.02.2010, 01:39


    ISLAM & direkte DEMOKRATIE
    von Schwester S.M.

    Bismillahi Rahmani Rahim

    Möge Allah taala uns rechtleiten und alle unsere Worte und Handlungen in Seinen Dienst stellen lassen!

    Seit der Abstimmung über die „Minarettinitiative“ ist die Diskussion über die schweizerische direkte Demokratie in aller Munde. Über ihre Vor – und Nachteile, das heisst, auch über mögliche Konflikte zwischen der Volkssouveränität einerseits und den Menschenrechten andererseits. Ist die Mehrheit wirklich imstande, allen Menschen ihre Rechte zuzugestehen unter Einhaltung der Menschenrechtskonventionen? Oder kann eine Gemeinschaft von Stimmbürgern leicht zu einer „Meute“, werden die die Rechte von Minderheiten mit Füssen tritt? DARF sie dies womöglich gar? Schliesslich heisst Demokratie „Herrschaft des Volks“… Wie ist dies zu verstehen? Wer gehört überhaupt dazu, zum „Volk“, zum stimmberechtigten und wer ist als fremd und/oder zum Mitbestimmen ungeeignet auszugrenzen?
    Schon in der Wiege der europäischen Demokratie (im Griechenland des 5. Jahrhunderts v. Chr.), wurden ihre Inhalte und Konditionen heftig und kontrovers diskutiert. Wer soll in demokratische Entscheidungs – und Regierungsprozesse mit einbezogen werden und wie soll der Mensch überhaupt befähigt werden, ausgereifter und kompetenter Regent und Sachwalter zu sein? Immer wieder beschäftigte der Konflikt zwischen menschlicher Schwäche, Gier, Bequemlichkeit, Skrupellosigkeit und Verantwortungslosigkeit einerseits sowie der Notwendigkeit eines Miteinanders und dem Streben nach dem Guten und dem Glück, gelebt in und gewidmet der (notwendigen!) Menschengemeinschaft andererseits die Gemüter grosser Denker. Viel ist dazu gedacht, geschrieben, experimentiert und aus Erfahrungen gelernt worden.

    Dass die Freiheit des einen dort aufhört, wo die des anderen beginnt, ist ein vielzitiertes Wort. Aber wie dies dann konkret jeweils zu handhaben ist - ein nicht immer leichtes Unterfangen! Manche Denker der Neuzeit haben angenommen, dass sich die Grenzen zwischen den Menschen quasi auf natürliche Art regulieren, dass Besitz und Eigentum von selbst zu moralischem Handeln verpflichtet, und so quasi „automatisch“ regulierend wirkt. Andere (früherer Zeiten) gingen eher davon aus, dass der Staat (in welcher Form auch immer) vorwiegend die Rechte und die Freiheit der Menschen zu schützen beauftragt ist und eine Funktion des Wachens über die Bürger in allen Belangen des Lebens übernehmen soll. Manche neoliberalen Denker stellen sich vor, dass der Mensch von Natur aus frei sei in seinem Handeln sowie in seinem Umgang mit Besitz und Gütern, staatliche Institution und Besteuerung gar nicht notwendig seien. „Der „Freiheitsanspruch der Individuen findet seine Begrenzung notwendig im Prinzip der gleichen Freiheit aller Individuen“ (J. Habermaas). Allerdings werde diese Freiheit erst erlangt, wenn man sich auch politisch aktiv einbringt.

    Die meisten der Vordenker der Demokratie oder ihr ähnlicher Staatsformen waren (primär) Philosophen, die sich also auch mit der moralisch – ethischen Seite des Menschen und seiner Rolle in der Gemeinschaft oder im Universum überhaupt auseinandersetzten. Die Frage war/ist also auch: wie muss die (innere) HALTUNG eines Menschen sein, der sein Leben für sich sowie für die Gemeinschaft zu optimalen Bedingungen gestalten soll. Ist eine solche intakte Gemeinschaft überhaupt dauerhaft möglich oder unterliegt die Menschheit unweigerlich dem Kreislauf von Erstarken, Aufblühen und Vergehen, als Einzelner und im physischen Bereich sowie als Gruppe und ausgehend von einer unsichtbaren geistigen Gesetzmässigkeit? Der arabische Geschichtsschreiber und tiefgründige Beobachter Ibn Khaldun hat solche Gesetzmässigkeiten prägnant und auf solche Weise beschrieben. Auch Aristoteles und andere beschreiben signifikante Zyklen in der Entwicklung menschlicher Zusammenschlüsse (Staaten und ihrer Formen) und beobachten ähnliche Vorgänge.

    Für uns Menschen des 21. Jahrhunderts die wir uns der ökologischen und ökonomischen Katastrophe nähern, die wir auch nicht behaupten können, dem Ideal des glücklichen Menschen und der ausgewogen funktionierenden Gesellschaft näher gekommen zu sein als dies vor 2500 Jahren der Fall war, stellt sich nun unter anderem und vielleicht vor allem andern die Herausforderung, unsere derzeitige menschliche Haltung und Einstellung sowie unsere Handlungsweise genauer unter die Lupe zu nehmen. Es gilt wohl, noch BEVOR man mit dem Ausgrenzen von „Sündenböcken“ beginnt, alles nur Denkbare zu hinterfragen um unseren „Standpunkt in der Welt“, unsere Koordinaten sowohl geschichtlich gesehen als auch im Kontext der (zeitlosen) Schöpfung betrachtet, beleuchten zu können. Sind wir in der Lage, zu bestimmen, was recht und was unrecht ist? Ist unsere individualistisch ausgerichtete Entscheidungsfreiheit gesund für uns selbst und andere Mitbürger? Gibt es die Möglichkeit einer Entwicklung und Erziehung unserer Selbst wie unserer Kinder hin in eine Richtung, die uns zu weisen, klug handelnden Menschen macht, die uns lehrt und auch anwenden lässt, was nützt und nicht etwa schadet? Oder findet im Gegenteil eine Beeinflussung und Steuerung der Massen in eine Richtung statt, die schadet, unempfindlich macht für hehre menschliche Ziele, uns mehr „verdummt“ als bereichert, trotz der grossen Informationsflut, der der moderne Mensch ausgesetzt ist und der wir uns weitgehend unreflektiert überlassen? Leben und entscheiden wir WIRKLICH aus uns selbst und unseren eigenen (gut hinterfragten) Überlegungen heraus oder werden viele von uns nicht immer mehr zu Spielbällen von Mächten, die vielleicht wenig Gutes für uns im Sinn haben – ganz einfach, weil es zu „anstrengend“ ist, für sich das Richtige aus dem Meer der Möglichkeiten heraus zu dividieren? Und sind wir so nicht auch in Gefahr, anderen Menschen (- gruppen) nicht mehr gerecht zu werden?

    Im Baghdad der Abbasidenkhalifen kam das Amt der Hisba auf. Der Muhtasib war Wächter über öffentliche Moral und Vergehen im Gemeinschaftsleben. (Inklusive Sauberkeit, Bauordnung, Marktordnung.) Dieses Amt hat sich über Jahrhunderte gehalten und wurde mit der Zeit (im 11. Jahrhundert von Imam Al Ghazali genau definiert) zur „Pflicht jedes Gläubigen“. Der Amr bil Maruf und Nahi ala al Munkari (Gebieten des Erwünschten, Anerkannten und Einhalt gebieten dem Unerwünschten) war vorrangiges Prinzip in den muslimischen Gemeinden und war JEDEM (gläubigen)Mitglied auszuüben anbefohlen, „Mann oder Frau, Freier oder Sklave, Aufrechter oder Sünder“. Eine grosse Verantwortung für jeden Einzelnen! Wohl wäre es in einer pluralistischen Gesellschaft schwer vorstellbar, so eine Hisba zu errichten. Woran sollte sie sich ausrichten und wer würde sich ihr (freiwillig) unterordnen? Aber es ist interessant, sich diese Vorstellung zu vergegenwärtigen im Sinne einer möglichen Übernahme von umfassender Verantwortung.

    Der zeitgenössische Philosoph Peter Sloterdijk, der letzthin ein Referat in Zürich gehalten hat, weist darauf hin, dass dem Menschen der Sinn für die „Vertikalspannung“ abhanden gekommen sei (Nietzsche). Wir hätten es auch verlernt, uns auf ein „Müssen“ einzulassen, was aber u.a. zu einem Mehr an (Selbst-)Erfahrung führen könnte. Die – abrahamitische bis mittelalterliche Verankerung in Gott und dem Jenseits will Sloterdijk dem modernen Menschen hierzu nicht auferlegen. Seine Empfehlung für die heutige Zeit ist hingegen, für „diese ökologisch- kosmopolitische Verkehrsgemeinschaft, die sich Menschheit nennt, einen gemeinsamen Modus Vivendi zu entwickeln“.

    Als Muslime können wir die „Vertikalachse“ nicht aus dem Spiel lassen, auch nicht die Idee einer „oberen Verankerung zu Gott“ und der „Brücke zum Jenseits“. Alle unsere Überlegungen zu gesellschaftlichen Belangen implizieren diese Dimension der „vertikalen“ Ausrichtung zu Gott! Auf jeden Fall aber wäre es für uns alle im Sinne Sloterdijks angesagt, sich soweit selbst zu „trainieren“, dass man „neben der Wahrnehmung eines Immer – schon - am- Leben – Seins zugleich spürt, dass am Leben sein immer auch bedeutet, etwas, was ganz zu einem selbst gehört, noch nicht erfahren zu haben“. Und: an der „Entwicklung eines moralischen Kodex“ zu arbeiten, der „geeignet ist, eine planetarisch- effektive Lebensstruktur für die Menschheit zu sein.“

    Wenn man im Rahmen einer solchen Lebenseinstellung und Arbeit an uns selbst an demokratischen Prozessen teilnimmt, dann kann die direkte Demokratie zum Segen werden!

    Wa Allahu alam – Alllah taala weiss es am Besten!



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 14.02.2010, 02:11


    Die ZEIT NACH dem TOD
    Vertiefungsarbeit von Fatheya MOHAMED (Gott sei ihrer Seele gnädig und erfreue sich Gottes Wohlgefallen)

    htpp://www.islamheute.ch/Vertiefungsarbeit_Fathy.pdf



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 27.02.2010, 19:08


    Dschihad

    Link zur formatierten Druckversion:
    http://groups.google.ch/group/islam-in-ch/web/Dschihad_Vortrag_Senguen.doc?hl=de

    Da das zentrale weltpolitische Problem unserer Gegenwart der Terrorkrieg islamistischer Gruppen gegen den Westen ist, dachte ich, dass es von Vorteil sein könnte, sich ein wenig über dieses Thema zu erkundigen und diesen Glauben ein wenig zu entschärfen.

    Begriffserklärung

    Das Wort "Dschihad" wird fälschlicherweise oft von Nichtmuslimen mit dem Begriff "Heiliger Krieg" übersetzt, obwohl es im Islam keine Grundlage gibt, die diese Übersetzung rechtfertigen würde. Muslime benutzen das Wort "Dschihad" mit völlig anderer Bedeutung:

    Der Begriff »Dschihad« stammt von der arabischen Wurzel »Jahd« ab, was soviel wie Mühe, Mühsal oder Anstrengung bedeutet. Im Islam wird mit Dschihad: «die permanente Auseinandersetzung des Gläubigen mit dem Bösen in der Welt« ausgedrückt. Die Bedeutung von Dschihad kann jedoch solange nicht begriffen werden, ehe ein anderes islamisches Prinzip behandelt wird, das in mit Dschihad in enger Verbindung steht: nämlich »Salam« - Frieden.
    Frieden ist eine der höchsten Pflichten im Islam, was schon am Namen der Religion zu erkennen ist: die Begriffe Islam und Salam entspringen derselben arabischen Sprachwurzel. Darüber aber machen sich die meisten Nichtmuslime keine Gedanken und genau auf dieser Unkenntnis der Bedeutung des Wortes Islam, beruht wohl der größte Teil der Missverständnisse, die dem Islam entgegengebracht werden.
    Unsere Religion führt die Menschen zum Frieden und im Islam gibt es das Prinzip des Dschihads, weil genau diese Auseinandersetzung die Menschen zum Frieden anleitet und nicht wie uns vorgeworfen wird zur Verbreitung unserer Religion durch Gewalt. Und Dschihad, als Wort aus dem Koran, hat weder die Bedeutung "heilig" noch "Krieg" und sollte nicht so einfach übersetzt werden.
    So ist eigentlich alles, was ein Muslim macht: Dschihad. Sein Eintreten für Frieden und Gerechtigkeit wären ohne Dschihad, d.h. ohne ganzen Einsatz oder Mühe, nur halbherzig und unaufrichtig. Der Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm) hat gesagt: "Der beste Dschihad ist, das Wort der Wahrheit (und des Rechtes) vor einem ungerechten Herrscher zu sprechen." Man sieht an dieser Aufforderung, welche Art von "ganzem Einsatz" hier gemeint ist, nämlich die persönliche Überwindung von Angst und Eigeninteresse. So wird auch dem Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm) der Ausspruch zugeschrieben, als er einmal mit seinen Gefährten von einem Feldzug zurückkehrte: "Wir kehren zurück vom kleinen Dschihad zum großen Dschihad." Den Kampf mit der Waffe bezeichnete er also im Vergleich mit dem Kampf gegen das Ich (Ego) als den kleineren Einsatz.
    Dies sollte man alles im Hinterkopf behalten, wenn man über Krieg und Frieden im Islam spricht.

    Dschihad wird grob in zwei Bereiche eingeteilt

    • In den Kampf des Menschen gegen sich selbst , gegen sein Ego (arabisch »Jihadun- Nafs«) und
    • in die verschiedenen Formen des Widerstandes gegen Faktoren, die Wahrheit, Frieden und Gerechtigkeit verhindern.

    Nur aus diesem Grund ist im Rahmen von Dschihad auch der Kampf gegen jene Menschen erlaubt, die den Frieden unter den Menschen stören, Unheil stiften und die Menschen ihrer Freiheit berauben. Der Begriff des Dschihads wird heutzutage jedoch auch für die Terroranschläge und für Kriegserklärungen gegen westliche Länder verwendet. In diesem Vortrag wird mit Dschihad jedoch immer ein Verteidigungskampf gemeint, falls der Begriff Dschihad in Verbindung mit Kampf gebracht wird, ist zu beachten, dass der Begriff in diesem Vortrag immer als ein Verteidigungskampf angesehen wird und nicht als Angriffskrieg.

    Wenn man den Koran liest, kann man feststellen, dass für Krieg ein anderer arabischer Begriff Verwendung findet statt Dschihad, nämlich »Harb« und für Kampf »Qital«. Damit sollte eigentlich klar sein, dass ein Unterschied zwischen Krieg und »Dschihad« besteht. Der heilige Krieg als Begriff kommt im Koran nicht vor. Ursprünglich stammt er wohl aus dem Mittelalter, zur Zeit der Kreuzzüge, als das christliche Abendland zu einer Kriegsfahrt in den Orient aufrief. Das nannte man einen "Heiligen Krieg". Aber der Begriff des "heiligen Krieges" hat sich erhalten und wird nun dem Islam und den Muslimen aufgestülpt, gegen die er sich in Wirklichkeit ja ursprünglich zuallererst gerichtet hatte.

    Der Islam vertritt keinen blinden Pazifismus, d.h. er verlangt von seinen Anhängern nicht, das eigene Leben oder die Menschen, für die man verantwortlich ist, dem Prinzip einer Gewaltfreiheit zu opfern. Der Koran sagt: "Euch ist der Kampf vorgeschrieben, und er ist euch zuwider, und es ist möglich, dass euch etwas zuwider ist, das gut für euch ist, und es ist möglich, dass euch etwas lieb ist, was schlecht für euch ist, und Allah weiß, aber ihr wisst nicht." (2:216) Damit erkennt der Koran wohl an, dass die gewalttätige Auseinandersetzung in der Regel unerwünscht ist, aber er untersagt sie auch nicht völlig, sondern stellt klare Grundsätze für Gewaltanwendung und Gewaltverzicht auf.

    Ebenso unmissverständlich wie der Koran den Kampf gegen Glaubenszwang und Unterdrückung befiehlt, verbietet er auch jeden Krieg, der aus anderen Gründen geführt wird, sei dies politische Macht, wirtschaftlicher Einfluss, Bodenschätze, und was auch immer vorstellbar ist. All dies bezeichnet der Koran mit dem Sammelbegriff der "Güter dieser Welt" und erinnert an das Leben nach dem Tod, wonach sich das Verhalten eines Moslems auch ausrichtet.

    Zur Friedenssicherung und somit Kriegsverhinderung nennt der Koran mindestens drei Vorschläge:

    1. Der Koran vertritt das Prinzip "Kein Zwang im Glauben"
    2. Der Koran stellt den Krieg unter die härteste Bestrafung und ruft die schlimmen Folgen davon ins Bewusstsein der Menschen.
    3. Der Koran erwähnt an verschiedenen Stellen das Abschliessen von Verträgen, die dazu führen, dass keine Kriege geführt werden. Ein solcher Vertrag gilt nur dann nicht mehr, wenn der Vertragspartner ihn gebrochen hat. Der Koranvers dazu: "Und wenn sie ihre Eide nach ihrem Vertrag gebrochen haben und euch wegen eurer Religion schmähen, dann kämpft gegen die Anführer des Unglaubens - für sie gibt es keine Eide, vielleicht lassen sie (dann) ab." (9:12)

    Neben Verhandlungen gibt es noch ein anderes Prinzip um den Krieg auszuweichen und zwar ist es die „Auswanderung“, die Hijra, was seit Anbeginn der islamischen Geschichte eine grosse Rolle spielt.
    Auch hier wird noch einmal deutlich, dass im Mittelpunkt der islamischen Lehre von Krieg und Frieden der Schutz der Freiheit des Bekenntnisses zu Gott steht.

    Bedingungen für den Dschihad im Krieg und Notwehr

    Ein Moslem hat natürlich das Recht auf Selbstverteidigung wie jedes Individuum. Aber er hat ebenso die Pflicht den Kampf zu beenden, wenn der Feind ihn einstellt. Die Haltung des Moslems, was den Krieg betrifft, ist also immer eine Erwiderung auf das, was ihm geschieht:
    "Und bekämpft diejenigen auf Allahs Pfad, die euch bekämpfen und übertretet nicht (Allahs Grenzen). Allah liebt die Übertreter nicht. Und tötet sie, wo ihr sie antrefft und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben... und wenn sie aufhören - Allah ist verzeihend und barmherzig, und bekämpft sie, bis es keine Zwietracht mehr gibt und die Religion Allahs ist. Und wenn sie aufgehört haben, dann (gibt es) keine Feindschaft, außer gegen die Ungerechten." (2:190-193)

    Wenn Land und Leben also bedroht werden, sind die Muslime verpflichtet, sich zur Wehr zu setzen. Die Wehrpficht im Verteidungskampf ist beschränkt auf junge Männer mit guter Gesundheit, unter der Voraussetzung, dass sie die Erlaubnis der Eltern haben in den Krieg zu ziehen und in der Lage sind, den Unterhalt der Familie während ihrer Abwesenheit zu gewährleisten. Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Feind bereits die Grenzen des muslimischen Landes überschritten hat, dann ist der Dschihad bedingungslose Pflicht für jeden fähigen Mann.
    Für einen Dschihad (im Sinne von Kampf) sind folgende Gründe zu nennen: Selbstverteidigung gegen Angriff, Vertreibung, Tyrannei und Freiheit des Bekenntnisses zu Gott, d.h. "bis die Religion Allahs ist." Noch eindeutiger heisst es im Koran: "Es ist denen erlaubt, die kämpfen, weil ihnen Unrecht geschah, und Allah ist ihnen zu helfen schon imstande. Diejenigen, die herausgetrieben wurden aus ihren Häusern, ohne Recht, nur weil sie sagten: ‘Unser Herr ist Allah‘ - und wenn es nicht Allahs Abwehren der Menschen untereinander gäbe, wären bestimmt die Einsiedeleien zerstört und die Kirchen und Gebetsstätten und Moscheen, in denen Allahs Namens viel gedacht wird..."(22:39-40)

    Hier ist der Dschihad also immer ein Verteidigungskampf, denn im Islam darf niemals ein Angriffskrieg geführt werden. Es ist aber auch wichtig, dass sich der Abwehrkampf nicht selbst zu aggressivem Verhalten entwickelt, wodurch Ausschreitungen gemacht werden, die der Koran verbietet. Um Ausschreitungen zu verhindern wird zum Beispiel gefordert, dass am Kampf nicht beteiligte Personen keinen Schaden nehmen, dass Kriegsgefangene menschlich behandelt werden sollen, Tiere nicht getötet, Felder nicht vernichtet und Städte nicht verwüstet werden dürfen. Somit ist der islamische Verteidigungskampf nur dann gerechtfertigt, wenn dadurch eine Aggression verhindert und Gewalt vermieden werden kann.

    Der Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm) richtete an seine Kämpfer folgende Worte: »Kämpft im Namen Allahs und auf Seinem Weg; tötet jene Ungläubige, die euch bekämpfen, doch überschreitet das Maß nicht und brecht nicht eure Abmachungen, schändet keine Gefangenen und tötet keine Kinder!«

    Wer all dies berücksichtigt, kann sich nun selbst eine Meinung bilden, wann für die Muslime Widerstand gegen einen Angriff auf Freiheit und religiöses Bekenntnis erlaubt und gefordert ist, und wann die religiösen Gefühle der Menschen zu ganz anderen Zwecken missbraucht werden.
    Krieg als letzter Ausweg.
    Wir finden, dass der Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm) nicht einen einzigen Krieg angezettelt hatte, sondern Krieg vielmehr nur aus Gründen der Verteidigung führte. Und selbst den Verteidigungskrieg wählte er erst als letzten Ausweg nach dem Fehlschlagen mehrerer Alternativen. Alle Kriege des Propheten waren dieser Natur. Zum Beispiel der erste Zusammenstoss der Muslime mit den Qureish-Stämmen geschah als Erwiderung auf die ständigen Aggressionen der Polytheisten gegen den Propheten und seine Gefährten und was die übrigen Feldzüge, Kriege und Angriffe des Propheten betrifft, wurden sie geführt, weil Verträge gebrochen wurden oder weil der Feind in der Schlacht von Uhud zum Beispiel, zurückgeschlagen werden musste.

    Es wurde nun kurz behandelt, wie der Dschihad in Verbindung mit Krieg und Frieden gebracht werden kann. Auf den Dschihad, als Kamp gegen das Ego wird hier nicht näher eingegangen. Es kann jedoch kurz erwähnt werden, dass bei diesem Bestreben die negativen Eigenschaften des Menschen (Egoismus, Geiz, Angst…) ausgelöscht werden, um die Nähe Gottes zu erfahren, die uns ja eigentlich sowieso umgibt und Vollkommenheit zu erlangen.

    Zum Schluss des Vortrages soll noch gesagt werden, der Islam nicht die Religion der Gewalt ist. Es ist jedoch auch Tatsache, dass es heutzutage Gruppierungen unter den Moslems gibt, für die der Dschihad zu einem Begriff des Klassenkampfes abgeändert wurde und wo der Islam leider zu nichts mehr als zu einer sozialen Ideologie reduziert wird. Solche Aktionen schaden neben Andersgläubigen vor allem Muslimen, die ihre Religion, wie verlangt, friedlich ausleben.

    F. Sengün

    Quellenangabe
    http://www.mmnetz.de/onlinebuecher/jihad.htm
    http://www.mmnetz.de/onlinebuecher/jihad.htm
    http://www.enfal.de/krieg.htm
    http://www.islamheute.ch/Krieg.htm
    http://www.abc.se/~m9783/n/j_d.html



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 28.02.2010, 18:39


    Warum sich Schweizer Muslime stärker in die Gesellschaft einbringen sollen

    Nach der unerwartet hohen Zustimmung an das Minarettverbot bei der letzten Abstimmung im November, suchen sowohl Muslime wie auch Nichtmuslime nach den Ursachen. Betrachtet man die Expertenanalysen, so stellt man fest, dass es nicht grassierende Missstände und weitverbreitete unlösbare Probleme mit den Muslimen in der Schweizer waren, die zu diesen Ergebnis geführt haben, sondern Ängste und mediale Bilder über tatsächliche Missstände unter den Muslimen ausserhalb der Schweiz und gezielte Diffamierung durch das Initiativkomitee und seine antiislamischen Helfer. „Also können wir gar nichts dafür“, könnten wir Muslime daraus schliessen. Solch ein Schluss wäre jedoch nicht ganz korrekt, denn es gibt tatsächlich vorhandene Integrationsprobleme – auch wenn der Abstimmungsgegenstand in keiner Weise kausal mit diesen zusammenhängt. Eine wesentliche Ursache für die gegenwärtige Situation ist mangelndes Vertrauen der Mehrheitsgesellschaft in ihre muslimische Minderheit, zu einem wesentlichen Teil aus mangelnder Kenntnis seiner Muslime – nicht (nur) des Islams – und fehlenden Berührungspunkten mit diesen. Dazu beigetragen haben auch die in der Schweiz lebenden Muslime und ihre Organisationen, weil viele von ihnen unter sich blieben bzw. sich zu wenig geöffnet haben. Sie haben es leider nicht geschafft, eine schweizerische muslimische Identität zu entwickeln oder zu solch einer beizutragen. Überdies müssen die Muslime nicht nur ihre religiöse Identität in den Vordergrund stellen, sondern auch ihre bürgerliche und damit ihre gesellschaftspolitische Kompetenz an den Tag treten lassen.
    Von gewissen, (neu in der Öffentlichkeit auftretenden) muslimischen Kreisen beabsichtigte „Informationsoffensive“, welche sich um theologische Themen dreht, scheint uns nicht ein fruchtbarer Weg zu sein. Für unsere gesellschaftliche Situation ist nicht die theologische Debatte entscheidend „was der Islam wirklich ist“ (was nicht heissen soll, dass jeder Gläubige in seinem Herzen nicht diese Wahrheit erfahren will), sondern wie wir Schweizer Muslime den Islam verstehen, leben und umsetzen wollen. Und auch hier helfen Worte nicht viel, wie uns die etlichen Stellungnahmen, Diskussionen und Interviews der Muslime im Vorfeld der Abstimmung gezeigt haben. Wie wir Schweizer Muslime den Islam verstehen, leben und umsetzen wollen, sind erfahrbare, sichtbare und effektive Handlungen (und keine Worte), an welchen sich erkennen lässt, ob die Worte auch so gemeint sind. Nur eine ehrliche und nachhaltige Interaktion mit der Mehrheitsgesellschaft kann längerfristig Vertrauen schaffen und dazu beitragen, Ängste abzubauen. Dieser Weg scheint uns der erfolgreichste Weg zu sein, um unsere Minderheitenrechte zu wahren und als (gleichberechtigter) Teil der Gesellschaft wahrgenommen zu werden.
    Daher sollen hier realistische Ziele gesetzt werden und die Untersuchung derer im bescheidenen Rahmen geschehen, um den Nutzen dieser Ziele nicht zu verpassen.
    Das allgemein erklärte Ziel ist es, dass sich die Muslime in die Schweizer Gesellschaft integrieren sollen. Die Frage nach der Definition der Integration ist eine schwierige und schon seit längerem diskutierte Angelegenheit. Für uns stellt Integration die Teilnahme der Individuen an der Gesamtgesellschaft dar, ohne die muslimische Identität aufzugeben. Nur durch diese Integration werden Muslime einen Mehrwert für die Gesellschaft bilden. Eine solche Integration kann aber nicht als Kollektiv durchgeführt werden. Integration beginnt bei jedem Einzelnen. Der kleinste Schritt der persönlichen Integration ist es, sich im Quartierleben einzubringen. Gutes zu tun für die Gesellschaft heisst nicht immer der Moscheegemeinde zu spenden oder für die Moscheegemeinde zu arbeiten. Allah möge auch dies reichlich belohnen. Jedoch haben wir Muslime auch die Pflicht, uns für unsere Nachbarn einzusetzen. Gutes zu tun für den Nachbarn heisst, sich mit den Nachbarn auszutauschen und sowohl an seiner Freude wie auch seinen Sorgen teilzuhaben. Viele Muslime werden dann erkennen, dass sich die Hoffnungen, Sorgen und Ziele der Nichtmuslime sich nicht so sehr von den ihrigen unterscheiden. Der vom Abfall übersäte und vom Unkraut bewachsene Spielplatz der gemeinsamen Wohnsiedlung wird wohl für Eltern, gleich welcher Religion, ein zu änderndes Bild darstellen. Dies kann auch auf die Gemeindeebene ausgeweitet werden. Hierzu kann man sich in Vereine eintragen, die sich z.B. der Verschönerung des Stadtbildes als Ziel gesetzt haben. Viele Muslime werden sich wohl auch am Abfallproblem der letzten Zeit stören. Auch hier bieten sich viele Vereine und Interessengemeinschaften an. Nur dort kann man dazu beitragen, die Ortschaft zu verschönern. Und falls doch keine existieren, hindert uns nichts daran eine neue zu gründen. Dies sind nur einfache Beispiele. Die Muslime müssen über alle Fragen der Schweiz sich eine Meinung bilden, Position dazu beziehen und sich auch dementsprechend einbringen. Auch die Ausübung verschiedener, in Vereinen oder Gruppen organisierter Freizeitaktivitäten könnten, je nach Interesse, die Muslime aus der Isolation herausholen. Man sollte nicht vergessen, dass z.B. Sport gesund für den Menschen ist und seine Ausübung in den Rahmenbedingungen des Islams durchaus neue Impulse auch in diesem Gebiet geben könnte.

    Durch ihre Lebensweise und ihre Haltung werden die Muslime den anderen Menschen in diesem Umfeld zuerst fremd vorkommen. Mit der Zeit jedoch wird sich ein grosser Teil der Schweizer Gesellschaft sich an die Muslime gewöhnen. Vielleicht werden hierdurch auch einige Herzen warm für den Islam. Viele der praktizierenden Muslime fehlen in der Öffentlichkeit. So wird das Bild des Muslims von falschen Personen vermittelt. Eine solche Integration wäre ein doppelter Gewinn für die Muslime. Einerseits würden sie viele gute Taten, im Sinne des Tabligh durch Vorleben, vollbringen, was das Selbstvertrauen stärkt und eine gute Vorbereitung für das Jenseits ist und andererseits würden sie dem Bild der Muslime in der Schweiz positives zutragen. Nur so werden Muslime in der Zukunft einen Mehrwert für die Gesellschaft darstellen und auch so empfunden. Vielleicht werden sie Werte wiederaufleben lassen, die man schon für tot erklärt hat. Als einen späteren Schritt führt dies dazu, dass sich eine schweizerische muslimische Identität herausbildet. Heute fehlt diese Identität weitgehend. Falls aber die Muslime sich auch in der Schweizer Gesellschaft etablieren können und sich eine solche Identität festsetzt, werden diese Menschen anfangen, für ihre Heimat, der Schweiz zu arbeiten. Heute fühlen sich viele Muslime ausgegrenzt. Darum leben sie innerlich immer noch in ihrer alten Heimat. Somit vermag vielleicht die ältere Generation, die noch Erinnerungen an das Heimatland beherbergt, einen realistischen Vergleich zu Schweiz herzustellen. Die Generation aber, die hier geboren wurde, lebt unausweichlich in einer „Traumwelt“, weil sie das Heimatland nur vage kennt. Die Hoffnung sich irgendwann einmal in diese heile „Traumwelt“ zurückzubegeben, hindert die junge Generation sich in die Gesellschaft einzubringen, in der sie in der Realität leben. Eine Identität aber als Schweizer Muslim wird helfen, dass viele Menschen aus dieser „Traumwelt“ ausbrechen und sich hoffentlich an der Wohlfahrt der Gesellschaft beteiligen.

    Eine solche Beteiligung wäre für die meisten praktizierenden Muslime Neuland. Es würde heissen, dass sie aus ihrem gewohnten Umfeld ausbrechen und als Vertreter des Islams in vielleicht für sie völlig unbekannte Territorien eintreten. Dies ist nicht ganz ohne Gefahren. Zumal viele Muslime sich nicht herauswagen, weil sie befürchten „Draussen“ ihrem Nafs zu erliegen. Sie fürchten auch ihre emotionale Bindung zu der Gemeinschaft der Muslime zu verlieren. Es muss hier aber angebracht werden, dass viele, vor allem junge Muslime diese Problematik schon kennen und täglich sich aufs Neue der Herausforderung eines Lebens in einem meist agnostischen Umfeld stellen. Für viele Muslime der oben genannten zweiten Generation oder der Konvertiten gibt es auch keine andere Realität. Somit sieht man, dass es viele Muslime gibt, die das Leben in der Mehrheitsgesellschaft verbringen. Jedoch werden die oben genannten Ängste für den Gläubigen früher oder später wahr werden, falls er die Bindung zu seiner Gemeinschaft gänzlich aufgibt. Islam ist eine Gemeinschaftsreligion und die Menschen brauchen einander in dieser Gemeinschaft. Hier kann der Gläubige immer wieder Kraft tanken und sein spirituelles Wissen verbreitern. Daher sollte wohl jeder Schweizer Muslim nicht vergessen, dass er ein Muslim ist und sich einer Muslimischen Gemeinde anschliessen und den Kontakt mit der Gemeinde pflegen. Daneben sollte er aber auch seine Pflichten seiner nichtmuslimischen Mitbürger gegenüber nicht vergessen.

    Fragen, Kommentare und Anregungen an: info@freitagsclub.org



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 11.03.2010, 17:48


    Jüdische Referenzen zur institutionellen Integration muslimischer Religionsgemeinschaften in Zürich - oder - wie eine moderne Stadt zugewanderte Religionen integrieren kann

    Maturitätsarbeit von Timrah SCHMUTZ (2010)
    http://islamheute.ch/Integration_Judentum_Schmutz_2010.pdf



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    Anonymous - 13.03.2010, 20:12


    Bismillahi Rahmani Rahim

    „Islam heisst Friede“.

    Immer und immer wieder hört und liest man diese Versicherung seitens der Muslime an die Adresse derjenigen, die dem Islam Aggressivität und Gewalttätigkeit zuschreiben wollen. Es klingt leider meist ein wenig nach beflissener Beschwichtigung, nach angestrengter Erklärung aus der Ecke der Defensive. Wir wollen uns und unsere Religion verteidigen, wollen sie gerne so darstellen, dass wir als Muslime möglichst gut abschneiden im Kontext des vorherrschenden Meinungsbildes. Auch möchten wir signalisieren, dass wir ja nichts Böses im Sinn haben und somit möglichst bitte einfach als Muslime „in Ruhe gelassen werden“, akzeptiert werden. Ein sehr verständlicher Standpunkt im Hinblick auf all die Unterstellungen und Drangsalisierungen, denen wir uns derzeit ausgesetzt sehen.
    „Friede“ ist ja – gerade im Hinblick auf die wirklich grossen Gefahren, die unsere moderne Zeit in sich birgt – sowohl im „äusseren“ Sinn als auch in Bezug auf die im Menschen schlummernden Kräften wie Wut, die aus einem unbefriedigend gelebten Menschsein, Mangel an echten Lebensinhalten, Bedrohung der Existenzgrundlagen etc. entstehen – auch eine durchaus legitime Zielsetzung. Nur müssen wir etwas genauer differenzieren zwischen „Waffenstillstand“, („Zurückhalten von Aggression“) und „Friede“ im ganzheitlicheren Sinn. Es ist natürlich nicht zu leugnen, dass das Bedürfnis nach Friede ein sehr tiefes Bedürfnis im Menschen ist, von Grund auf in ihm angelegt und natürlich auch in diesem Sinn tatsächlich in der Wortbedeutung von „Islam“ enthalten.

    Wenden wir uns der Wortbedeutung von „Islam“ aber ein bisschen genauer zu. Wir finden z. B. im Buch „Al-Aqida“ von Amir Zaidan folgende Definition:

    „Al Islam“ bezeichnet in der arabischen Linguistik:

    1. Al-Inqiyad: die Gefügigkeit, Unterwerfung, Willfährigkeit
    2. As- Silm : die Versöhnung, das Frieden – Schliessen, den Frieden
    3. Al-Istislam: das Sich – Fügen, Sich – Ergeben, die Hingabe

    Nun sehen wir deutlich auf den ersten Blick, dass diese Sichtweise einen dynamischen Prozess beschreibt. Es ist hier nicht ein „Friede“ gemeint, der quasi statisch, unbeweglich ist. Nicht der „Friede“, der dem Häschen vor der Schlange (oder der Schlange in dem Moment) eigen ist, auch nicht der (vorübergehende) „Friede“ zweier gleichwertiger Kräfte, die übereingekommen sind, diese Kräfte derweil ruhen zu lassen. Es ist hier nicht „Friede“ im Gegensatz zu Krieg, Aggression oder Unruhe“ gemeint! Ganz im Gegenteil, viel eher das Frieden – Finden MIT und DURCH all die grossen Kräfte und Konflikte, die sowohl im Menschen als auch in dessen Beziehungen zu anderen Menschen und der Schöpfung insgesamt liegen – in der Unterwerfung unter Gottes Wille!

    Um die Thematik noch von einem anderen Winkel des Islam her zu beleuchten: es gibt auch im islamischen Finanzwesen den Begriff „Salam (oder „Salaf“)– Vertrag , deutsch „Pränumerationsvertrag“ und hier bedeutet „Salam“ linguistisch „etwas im Voraus zahlen“. Es geht dabei also um eine Leistung, die im Voraus zu entrichten ist, wobei der Käufer hier eine Schuldverpflichtung gegenüber dem Verkäufer eingeht – dieser „Käufer“ („Gläubiger“!) ist hier der „Muslim“!! Er „erkauft“ sich also etwas, das ihm versprochen wird, indem er etwas anderes übergibt.
    So besehen bekommt der Begriff „Islam“ eine konkretere und auch etwas andere Bedeutung als die, die aktuell vorherrschend mit dem Begriff „Friede“ assoziiert ist!

    Der Muslim gibt also etwas, um im Gegenzug etwas zu bekommen. Was ist dieser „Preis“, der zu zahlen ist, für den Frieden in Form von Gottes Wohlgefallen? Wir sollen unser Wollen dem Willen Allahs taala in allen Belangen des Lebens unterordnen. Unser Hoffen, Wünschen und Lieben sowie auch unsere Aggression, unseren Zorn und alle unsere Kräfte und Fähigkeiten in Allahs Weg, FÜR IHN einsetzen, gemäss der Anleitung in Qur’an und Sunna. Wir sollen dies mit GANZEM EINSATZ tun, nicht etwa irgendetwas zurückhalten, sondern alles in die richtige Bahn leiten!

    Nichts hat der Friede, den wir auf diese Weise Stück für Stück erreichen mit dem ‚Friede – Freude - Eierkuchen‘ – „Frieden“ zu tun, der Ähnlichkeiten aufweist mit manchem heute zirkulierenden Fehlverständnis des Begriffs „Liebe“. Weder Friede noch Liebe sind in ihrem wahren Gehalt „Schiffchen“ mit denen man die Widrigkeiten des Lebens gewandt umschiffen kann oder soll - sondern ganz im Gegenteil! Beides fordert uns im Kern unserer Essenz heraus. Lässt nichts aus, lässt uns keine Möglichkeit zum Rückzug. Es ist also der „grosse Djihad“, der „Djihad gegen das Nafs“, der hier gefordert ist, neben der Anbetung Allahs taala das Kernstück des Islam, im Austausch gegen das Wohlgefallen Allahs subhanahu wa taala. Dieser „Djihad“ hört auch nicht etwa bei unserem Nafs auch wieder auf, er erstreckt sich auf unsere nähere und weitere Umgebung auf alles Geschaffene, auf das wir Einfluss nehmen können. Dass die Gemeinschaft der Muslime wie ein Körper ist, der fiebert, wenn auch nur ein kleiner Teil davon krank ist, wissen wir. Dass wir die Pflicht haben, alles Schlechte zu beseitigen und das Gute zu etablieren ist auch klar, dass wir in diesem Sinn auch die Verpflichtung zum Erwerb von Wissen sowie zur Da’wah haben und die Umwelt und die Umma mit aller Kraft zu schützen, ergibt sich von selbst. Es bleibt also eigentlich nicht so viel Zeit und Raum für „Friede“ im Sinne von „Ruhen“! Dieser Friede kann nicht gemeint sein!

    „Meinen die Menschen, sie würden in Ruhe gelassen werden, wenn sie bloß sagen: «Wir glauben», und sie würden nicht auf die Probe gestellt? Wir stellten doch die auf die Probe, die vor ihnen waren. Also wird Allah gewiß die bezeichnen, die wahrhaftig sind, und gewiß wird Er die Lügner bezeichnen." (Bubenheim Sure 29, 2-3)

    "Oder habt ihr etwa gedacht, dass ihr in Ruhe gelassen würdet, ohne dass ALLAH diejenigen unter euch kenntlich macht, die Dschihad geleistet und außer ALLAH, Seinem Gesandten und den Mumin keine Vertraute genommen haben?! Und ALLAH ist dessen allkundig, was ihr tut." - Sure 9, 16 (Zaidan)

    Solange wir leben beinhaltet Islam, Frieden, viel an Mut und Demut (=Dien-Mut!), bedeutet die aktive Rückkehr zu unserem Ursprung, ALLAH taala.

    „Ya ayatuhal Nafsul Mutmainna rji'i ila Rabikki radiatan mardia…. (Oh du beruhigte Seele! (27) Kehre zurück zu deinem Herrn wohlzufrieden und mit (Allahs) Wohlwollen. (28 ) So schließ` dich dem Kreis Meiner Diener an. (29) Und tritt ein in Mein Paradies. (30)
    (Sure 89, 27 - 30)

    As Salamu aleikum wa Rahmatullahi wa Barakatuhu



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 31.03.2010, 11:16


    Teilnahme an lokalen Anlässen

    Ein wichtiger Schritt in Richtung gesellschaftliches Engagement sind Teilnahmen an lokalen Anlässen (Dorf, Stadt, Gemeinde). Zu diesen gehören Messen, Stadtfeiern und andere lokale Feste. Dieses Vorhaben setzt aber auch voraus, dass wir als Muslime uns darüber informieren, welche lokalen Veranstaltungen während eines Jahres stattfinden. Um auf dem neusten Stand der Dinge zu sein, ist wiederum ein erstmaliger Besuch eines solchen Anlasses eine gute Annäherung. Nach einigen passiven Besuchen kann auch aktive Hilfe bei manchen Anlässen angeboten werden.

    Allerdings muss beim ersten Kontakt mit den Nichtmuslimen an solchen Veranstaltungen beachtet werden, dass der Grund der Teilnahme nicht als eine missionarische Aufgabe gedacht ist oder als solche aufgefasst wird. Deshalb soll man sich einfach wie jedes andere Gemeindemitglied bzw. Stadt-/Dorfbewohner verhalten und nur aufkommende Fragen in Bezug zum Islam beantworten. Das Ziel dieses Engagements ist es nämlich nicht in erster Linie Teblig zu betreiben, sondern, sich als Muslim zuerst einmal in sein nächstes Umfeld zu integrieren und womöglich auch zum Wohle der Gesellschaft etwas Nützliches beizutragen. Man soll demnach in erster Linie Menschlichkeit walten lassen und als offene und ehrliche Persönlichkeit auftreten. Denn primäres Ziel dieses Engagements ist es, Kontakt zu den Nichtmuslimen in der Umgebung aufzunehmen und ihnen im Gegensatz zum klischeehaften Bild eines Muslims, das in den Medien propagiert wird, einen friedfertigen, hilfsbereiten und der Gesellschaft nützlichen Muslim vorzustellen, sowie es auch Allah (st.) im Koran von uns fordert.

    Zu diesen lokalen Anlässen kann man entweder alleine hin oder als eine Gruppe von interessierten Muslimen, jedoch sollte hierbei wieder beachtet werden, dass man nicht als eine Gruppe von „Missionaren“ verstanden wird.

    Man soll auch Anlässe aussuchen, die einen interessieren, denn nur dann kann man auch wirklich ehrlich sein und in erster Linie als ein Teil des Volkes auftreten und in Diskussionen, zum Beispiel, in verschiedenen Themenbereichen und zu verschiedenen lokalen Problemen konstruktive Meinungen und Lösungsvorschläge liefern.

    Falls bei solchen Anlässen von Seiten der Nichtmuslime Diskussionen mit provokanten Fragen in Bezug auf den Islam begonnen werden, und das wird wohl in den meisten Fällen vorkommen, sollte man immer die Sache langsam und verständnisvoll angehen. Nur so kann man zeigen, dass der Islam eine friedfertige Religion ist und von allen Muslimen verlangt, dass sie der gesamten Gesellschaft, inklusive aller Nichtmuslime, behilflich und nützlich sind.

    Ehrenamtliche Arbeit

    Es ist eine Tatsache, dass wir Muslime uns zu wenig um unsere Freunde, Bekannten und um unser nächstes Umfeld kümmern. Dies kann angefangen bei Krankenbesuchen von auch nichtmuslimischen Freunden, bis hin zu wohltätigen Anlässen, wie gratis Essen im Ramadan, Waldaufräumen und Blutspendeaktionen sein.

    Diese Wohltätigkeitsveranstaltungen können solche sein, die von Nichtmuslimen organisiert wurden und bei denen wir Muslime mitmachen oder sie könnten auch von Muslimen für die allgemeine Gesellschaft organisiert werden. Letzteres wäre für uns einen grösseren Aufwand darstellen und dabei liefe auch noch die Gefahr, dass die Wohltätigkeiten nur in Kreisen von Muslimen und für Muslime gemacht werden. Wogegen Veranstaltungen, welche von bereits gebildeten nichtmuslimischen Wohltätigkeitsvereinen erstens kleineren Aufwand brauchen und zweitens die Zusammenarbeit mit Nichtmuslimen für Nichtmuslime fördern.

    Durch solche Aktionen erscheint der Islam nicht mehr fälschlicherweise als eine egoistische Religion, deren Mitglieder nur Gutes für die Anhänger ihrer eigenen Religion tun, sondern durch genau solche Aktionen, die dem Wohle aller dienen, werden dann endlich auch die Tugenden des Islams wie Nächstenliebe und Gerechtigkeit ersichtlich. Denn der Prophet Muhammed (s.a.w.) sagte in einem Hadith: „ Der beste von euch ist der, der der Gesellschaft am nützlichsten ist.“ Hier wird kein Unterschied zwischen Muslim und Nichtmuslim gemacht, sondern es ist von einer allgemeinen „Gesellschaft“ die Rede.

    Man kann sich in Moscheen versammeln und zu Wohltätigkeitsveranstaltungen wie Blutspenden gehen. Das verlangt aber auch Kontakte mit Wohltätigkeitsvereinen, die in solchen Angelegenheiten langjährige Erfahrung und nötige Mittel haben und auch öfter solche Veranstaltungen organisieren. Somit hätten wir mit wenig Aufwand Grosses erreicht und ausnahmsweise einmal für eine gute Schlagzeile über Muslime gesorgt. Umgekehrt wäre auch zum Beispiel ein Besuch in einem Altersheim, von Muslimen organisiert, naheliegend. Dann könnten wir als Unterstützung verschiedene Wohltätigkeitsvereine zur Hilfe bitten. Somit hätten wir nicht nur Gutes getan und bedürftigen Menschen geholfen, sondern hätten auch etwas Gutes für die allgemeine Schweizer Bevölkerung getan und einen wichtigen Schritt in Richtung Integration und friedliches Zusammenleben gemacht.

    Mitgliedschaft in lokalen politischen Parteien

    Durch eine aktive Mitgliedschaft in lokalen politischen Parteien, wären wir hinsichtlich politischer Ereignisse nicht nur auf dem neuesten Stand, sondern hätten auch anstatt uns dauernd über die Entwicklung dieser politischen Zustände zu beschweren auch einmal die Chance, direkt an der Front Ideen und Lösungsvorschläge einzubringen.

    Die Wahl, in welcher Partei einer mitmachen möchte, sollte jedem selbst überlassen sein. Denn Politik ist nicht Islam und Islam ist nicht Politik. Deswegen sollte jede Partei in Frage kommen, je nachdem, welche den politischen Überzeugungen eines jeden entspricht. Denn nur wer aus Überzeugung spricht und seine Überzeugungen mit den Überzeugungen der Gruppe vereinen kann, kann auch produktive Ideen liefern.

    Tatsache ist auch, dass die wahren Interessen der Muslime kaum in der Schweizer Politik noch in den Medien vertreten werden und somit nur „Interessantes“, islamisch Unkorrektes, Grausames über Muslime, wie die Verbindung des Islam mit dem Terrorismus, präsent ist. Deswegen sollten wir uns statt faul zu sein und uns nur über Entscheidungen zu beschweren, auch einmal in das politische Geschehen, zumindest im lokalen Raum, einmischen. Denn wenn keiner dabei ist, um die wahren Interessen des Islam zu vertreten, kann von „muslimischer“ und nichtmuslimischer Seite der Islam für Machtzwecke missbraucht werden. Das Resultat sind dann Missverständnisse und daraus folgende Vorurteile, die wiederum zum Beispiel zu fatalen Fehlurteilen, die vom Grossteil der Schweizer Bevölkerung gefällt werden (Minarettinitiative!) führen.

    Schon nur die Präsenz der Muslime in den lokalen politischen Parteien würde zeigen, dass Muslime ihre Anliegen auf zivilisierte Art ausdrücken können. Anstrebenswert wäre hierbei eine Plattform, in der friedfertige Diskussionen geführt, Spannungen auf eine professionelle Art abgebaut und auch die friedfertigen Absichten der Muslime auf eine verständliche Art der Öffentlichkeit präsentiert werden.

    Brüder Kitabi



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 21.04.2010, 23:59


    Integration heisst Verständigung!

    Leserkommentar von Pfarrer Georg VISCHER, Islambeauftragter der Evangelisch- reformierten Kirche BS und Kopräsident des Interreligiösen Forums zur Muslimdebatte in der BAZ, am 19.4.2010

    http://www.iphpbb.com/board/ftopic-43715060nx17898-208-15.html#1125



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 25.04.2010, 20:13


    Vom Kulturkampf zur Religionsfreiheit im Zeitalter der Ökumene, der religiösen Pluralisierung und der Wiederkehr der Religion.
    Mariano Delgado,
    In: Reinhold Bernhardt / Thomas K. Kuhn (Hg.), Religionsfreiheit. Schweizerische Perspektiven (Beiträge zu einer Theologie der Religionen, Bd. 3), Zürich 2007, 37-68.


    Vom Kulturkampf zur Religionsfreiheit im Zeitalter der Ökumene, der religiösen Pluralisierung und der Wiederkehr der Religion
    Mariano Delgado

    Dieser Beitrag will den Paradigmenwechsel nachzeichnen, der sich in Sachen «Religionsfreiheit» in der Schweiz im 20. Jahrhundert vollzogen hat. Dieser besteht in einem langsamen Abschied vom Kulturkampfgeist, der die Bun-desverfassung von 1874 prägte, sowie im Ringen um eine Religionsfreiheit, die dem ökumenischen Geist, der religiösen Pluralisierung und schließlich auch der Wiederentdeckung der staatlichen wie gesellschaftlichen Relevanz des religiösen Faktors Rechnung trägt. Doch zunächst sollen einige einlei-tende Überlegungen über die Religionsfreiheit im Allgemeinen vorausge-schickt werden.

    1. Religionsfreiheit als Ergebnis westlicher Staats- und Gesellschaftsentwicklung

    Die Religionsfreiheit als einklagbares Menschenrecht ist Ergebnis westlicher Staats- und Gesellschaftsentwicklung, wenn auch auf dem «zweiten mühsa-men Weg» (Ernst-Wolfgang Böckenförde), d.h. nach der Überwindung der Verschmelzung von Staat und Christentum. Diese bestand in Europa gene-rell bis zur Französischen Revolution und hatte zur Folge, dass der Staat sich um das Seelenheil seiner Untertanen im Sinne der jeweils herrschenden Konfession zu kümmern hatte, während andere christliche Bekenntnisse (oder andere Religionen wie das Judentum) bestenfalls geduldet wurden. Aber bereits unter den Bedingungen des Ancien Régime sind Entwicklun-gen festzustellen, die den Weg für die heutige Anerkennung der Religions-freiheit als Menschenrecht vorbereitet haben:

    (1) Spätestens seit dem 11. Jahrhundert gibt es im westlichen Christen-tum eine Tendenz zur deutlichen Unterscheidung der Kompetenzen zwi-schen der politischen und der geistlichen Gewalt. Katholischerseits ist in diesem Zusammenhang an die Lehre der zwei Gewalten und an die damit gegebene prinzipielle Unterscheidung von Staat und Kirche zu erinnern, wobei sich beide als societas perfecta verstanden, die mit den Merkmalen einer sich selbst genügenden Gesellschaft ausgestattet und auf das Seelenheil der Menschen zugeordnet sind. Die Kirche war bemüht, den Vorrang des Geistlichen sowie zumindest ein indirektes Einmischungsrecht in die zeitli-chen Angelegenheiten zu verteidigen. Der katholische Staat versuchte, nicht nur die Einmischungstendenzen der Kirche abzuwehren, sondern auch diese zu kontrollieren und sich sogar in ihre inneren Belange einzumischen. Investiturstreit im Mittelalter sowie Gallikanismus, Regalismus und Josephinismus in der frühen Neuzeit stehen paradigmatisch für diese Kompetenzstreitigkeiten.

    Evangelischerseits ist an die Zwei-Reiche-Lehre und an die damit verbundene grössere Verschmelzung mit dem Staat zu erinnern. Besonders der lutherische Protestantismus verzichtete weitgehend auf die klassische katholische Unterscheidung von Kirche und Staat und übertrug diesem als weltlichem Regiment die cura religionis, die die Abwehr falscher öffentlicher Lehre umgreift und «bis zur Aufrichtung rechter Gottesdienst und Lehre› reichen» kann.

    (2) Im Schatten der Konfessionalisierung des 16. Jh. entsteht – zunächst gerade in der Schweiz – eine lebhafte Toleranzdebatte, die zur Anerkennung der Gewissensfreiheit und Ablehnung des Ketzerrechtes führen wird. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Worte, die der Spanier Michael Servet und der Savoyarde Sebastian Castellio einwarfen. Am 22. August 1553 schrieb Servet in einem Rekurs an die Genfer Staatsräte: «Ich sage demütig, dass die Verfolgung aufgrund der Meinungen über die Heilige Schrift oder der Dinge, die mit ihr zusammenhängen, eine neue Erfindung ist, die die Apostel und Jünger der alten Kirche nicht kannten. [...] Aus diesem Grund und der Lehre der alten Kirche folgend, in der nur die geistliche Bestrafung erlaubt war, ersuche ich hiermit, dass dieser Kriminalprozess für null und nichtig erklärt wird.» Und Ende 1553 – nach der infamen Hinrichtung Servets – schrieb Castellio an die Adresse Calvins jenen denkwürdigen Satz, der in die Geschichte der Toleranz einge-gangen ist: «Einen Menschen töten heißt nicht, eine Lehre verteidigen, sondern einen Menschen töten.»

    (3) Seit der Renaissance gewinnt die philosophisch-theologische Debatte über die «Würde des Menschen» an Bedeutung. So verschärfen Philosophen wie B. Spinoza, J. Locke und P. Bayle die Toleranzforderung durch die Annahme eines individuellen Naturrechts auf Religions- und Gewissensfreiheit, das im Falle Bayles z.B. auch die Freiheit für die Atheisten einschließt. Dies führt dann zum Toleranzdiskurs der Aufklärung, wonach die Religionsfreiheit ein «geheiligtes Gut» ist, das jedem Bürger zusteht, das man mit keiner Amtsgewalt aufheben darf und das auch die Freiheit von der Religion beinhaltet.

    (4) Seit dem epochalen Ereignis, das als die «Französische Revolution» in die Geschichte eingegangen ist, sind in der westlichen Welt die Voraussetzungen, auf denen das Christentum als Polis-Religion verstanden werden konnte, nach und nach gefallen – und dies nicht zuletzt auch als Folge der Religionskriege und der damit verbundenen europäischen Erfahrung, dass die Religion als das «Wesen des Unterschieds» (Karl Marx) keine tragfähige Grundlage zur Regelung des friedlichen Zusammenlebens in einem politischen Gemeinwesen darstellt. Die Kirchen dürfen nicht vergessen, dass die Entwicklung zur religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates und zur säkular-pluralistischen Gesellschaft aus einer historischen Zwangslage der westlichen Welt entstand, «die gerade von den Kirchen – als den damaligen Religionsparteien – herbeigeführt worden ist» . Die damalige Unfähigkeit der Religionsparteien, die öffentlich-verbindliche Existenzform der Religion mit dem Recht der Person auf Glaubens- und Gewissensfreiheit in Einklang zu bringen, zwang den Staat, die Verschmelzung mit der jeweils herrschenden Religion tendenziell zu beenden: als Bedingung dafür, «dass das Freiheitsrecht der Person sich verwirklichen konnte» .
    Wie Ernst-Wolfgang Böckenförde betont hat, erfolgte der Abschied des modernen Staates von der alten Polis-Auffassung in zwei Schritten: zunächst in der Form, dass der Staat neben dem eigenen christlichen Bekenntnis «andere Bekenntnisse und Religionen zulässt (Glaubensfreiheit und Toleranz)»; dann aber auch in der Form, «dass er sich gegenüber Religionen und Weltanschauungen grundsätzlich für neutral erklärt (religiös-weltanschauliche Neutralität)» . So entsteht der staatsrechtliche Begriff der Religionsfreiheit, zu dem Folgendes gehört:


    (1) Individuelle Religionsfreiheit: positiv bedeutet dies die Freiheit des Individuums, einen religiösen Glauben zu haben, zu bekennen und in sonstiger Weise auszuüben, sowie die Lebensführung an religiösen Geboten auszurichten; aber auch die Freiheit des Individuums, die Religion zu wechseln. Negativ bedeutet dies die Freiheit von staatlichem Zwang zu glauben und Glaubensbetätigung verschont zu bleiben, sowie die Freiheit, keine Religion zu haben.

    (2) Kollektive/korporative Religionsfreiheit: Sie beinhaltet die Freiheit der Religionsgemeinschaften zu eigenständiger Ordnung ihrer Angelegenheiten nach dem jeweiligen Selbstverständnis und die Freiheit ihres Wirkens in Staat und Gesellschaft (dies kommt einer staatlichen Anerkennung der Libertas ecclesiae unter den Bedingungen der modernen Trennung von Staat und Kirche gleich).

    (3) Weltanschauungsfreiheit/Neutralität des Staates: Demnach darf sich der Staat nicht der Durchsetzung irdischer Heilslehren und Ideologien ver-schreiben, d.h. der Staat darf nicht zur «Kirche» werden. Die daraus folgende religiöse und weltanschauliche Neutralität des Staates bildet daher das notwendige Korrelat der Religionsfreiheit.
    Man kann sagen, dass die Religionsfreiheit Schranken seitens der Indivi-duen, Religionen und Weltanschauungen wie auch seitens der Staaten impliziert. Zu den ersten gehören die Würde des Menschen, die rechtlichen-kulturellen Standards (z.B. im Verständnis der Grundrechte) und die öffentliche Ordnung, wie sie in den jeweiligen Verfassungen geregelt ist. Zu den zweiten sind das neutrale Prinzip der Gleicbehandlung von religiösen und nichtreligiösen Weltanschauungen, das libertäre Prinzip der religiösen Freiheit aller Individuen (Toleranz: in dubio für die Religionsfreiheit) sowie das egalitäre Prinzip der Gleichheit der Religionen und Konfessionen (Parität) zu zählen.
    Die hier skizzierte Sicht der Religionsfreiheit als Ergebnis westlicher Staats- und Gesellschaftsentwicklung dürfte in der Forschung auf Konsens stossen. Die Geister scheiden sich nur, wenn es darum geht, die Rolle der Religion in der Öffentlichkeit angesichts der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates zu definieren. Besonders diskussionswürdig sind in diesem Zusammenhang die Positionen von Ernst-Wolfgang Böckenförde und Jürgen Habermas.

    Der Staatsrechtler und Katholik Böckenförde geht davon aus, dass gerade unter den Bedingungen der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates und der damit zusammenhängenden Religionsfreiheit, welche die kirchliche Wirksamkeit nicht auf den Bereich des Privaten zurückdrängt, sondern erst recht «ihre Entfaltung in der Öffentlichkeit» ermöglicht, die Kirche sich öffentlich einmischen sollte, besonders wenn es um ethische Fragen und normative Voraussetzungen geht, für die der säkulare Staat als solcher nicht zuständig ist. Böckenförde hat dies Mitte der 1960er Jahre auf die prägnante, seitdem vielfach zitierte Formel gebracht, dass der freiheitliche, säkularisierte Staat von normativen Voraussetzungen lebt, «die er selbst nicht garantieren kann» .

    Der sich als im Weberschen Sinne religiös unmusikalisch bezeichnende Philosoph Jürgen Habermas ist gegenüber den normativen Ressourcen des säkularen Staats nicht so skeptisch wie Böckenförde. Im Münchner Ge-spräch mit dem damaligen Kardinal Joseph Ratzinger schlägt er vor, die Frage, ob sich eine ambivalente Moderne allein aus säkularen Kräften einer kommunikativen Vernunft stabilisieren wird, «undramatisch als eine offene empirische Frage zu behandeln» . Zugleich tritt er für einen schonenden Umgang des Staates mit allen kulturellen Quellen ein, «aus denen sich das Normbewusstsein und die Solidarität von Bürgern speist» . Zu diesen Quellen zählt er neuerdings auch die sich als säkularisierungsresistent erwiesene Religion. Man hat in den letzten Jahren den Eindruck, dass Habermas – zum Wohle des liberalen Staats – sowohl eine Lernbereitschaft der Vernunft gegenüber der Religion als auch eine in der Religionsfreiheit begründete genuine Einmischung dieser in die politische Öffentlichkeit fordert, statt sich mit der kognitiv anspruchslosen Anpassung des religiösen Ethos an die von der säkularen Gesellschaft auferlegten Gesetze zufrieden zu geben. Es sei ein längeres Zitat erlaubt:
    Zitat: «Diese normative Erwartung, mit der der liberale Staat die religiösen Gemeinden konfrontiert, trifft sich mit deren eigenen Interessen insofern, als sich diesen damit die Möglichkeit eröffnet, über die politische Öffentlichkeit einen eigenen Einfluss auf die Gesellschaft im ganzen auszuüben. Zwar sind die Folgelasten der Toleranz, wie die mehr oder weniger liberalen Abtreibungsregelungen zeigen, nicht symmetrisch auf Gläubige und Ungläubige verteilt; aber auch das säkulare Bewusstsein kommt nicht kostenlos in den Genuss der negativen Religionsfreiheit. Von ihm wird die Einübung in einen selbstreflexiven Umgang mit den Grenzen der Aufklärung erwartet. [...] Die weltanschauliche Neutralität der Staatsgewalt, die gleiche ethische Freiheiten für jeden Bürger garantiert, ist unvereinbar mit der politischen Verallgemeinerung einer säkularisierten Weltsicht. Säkularisierte Bürger dürfen, soweit sie in ihrer Rolle als Staatsbürger auftreten, weder religiösen Weltbildern grundsätzlich ein Wahrheitspotential absprechen, noch den gläubigen Mitbürgern das Recht bestreiten, in religiöser Sprache Beiträge zu öffentlichen Diskussionen zu machen. Eine liberale politische Kultur kann sogar von den säkularisierten Bürgern erwarten, dass sie sich an Anstrengungen beteiligen, relevante Beiträge aus der religiösen in eine öffentlich zugängliche Sprache zu übersetzen.»
    Aus dem Gesagten lassen sich diese zwei Schlüsse ziehen:

    1. Zum einen, dass der «Meilenschritt» von der Toleranz als gnaden-hafter Gabe religiös-politischer Obrigkeit zum einklagbaren Menschenrecht auf individuelle und kollektive Religionsfreiheit historisch ein Ergebnis der westlichen Staats- und Gesellschaftsentwicklung ist – wenn auch auf dem «zweiten, mühsamen Weg» und zunächst gegen den Widerstand der christli-chen Konfessionen.

    2. Zum anderen – und damit zusammenhängend –, dass die Religionsfreiheit in ihrer Entstehung nicht den Kirchen, nicht den Theologen und auch nicht dem christlichen Naturrecht verdankt wird, «sondern dem modernen Staat, den Juristen und dem weltlichen rationalen Recht» . Die Religionsfreiheit ist also nicht ontologischen Wahrheitsdiskussionen oder den Offenbarungsquellen einer bestimmten Religion entsprungen, sondern der Not, das praktische Zusammenleben zwischen den Menschen im Zeitalter des religiösen und weltanschaulichen Pluralismus zu regeln.
    Dazu kommt aber ein Drittes, das in der heutigen globalen und plurireligiösen Welt nicht ausser Acht gelassen werden sollte, nämlich dass die westlichen Christentümer sich unterdessen zu diesem Verständnis von Religionsfreiheit weitgehend bekannt haben, wenn auch mit eigenen Akzenten: die Religionsfreiheit wurzelt z.B. für das Zweite Vatikanische Konzil in der schöpfungstheologischen Würde des Menschen und dem Naturrecht.

    2. Der langsame Abschied vom kulturkämpferischen Geist des 19. Jahrhunderts
    Die neue Bundesverfassung (= BV) trat bekanntlich am 1. Januar 2000 in Kraft. In der Pressemitteilung des Bundesrates vom 27. Dezember 1999 heisst es, die BV sei nötig, damit die Schweiz «an der Schwelle des neuen Jahrhunderts wieder über ein zeitgemässes und zukunftsfähiges Grundge-setz» verfügen kann. Sich der Vorläufigkeit von Verfassungsprozessen bewusst, wird darin zugleich betont, dass das Inkrafttreten keine Endstation bedeutet, sondern eher einen Neuanfang: «Auf dem neuen Fundament sollen Schritt für Schritt weitere Reformen verwirklicht werden.»
    Die BV hat eine lange Vorgeschichte, die bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts zurückreicht: 1967–1973: Vorarbeiten der Arbeitsgruppe Wahlen; 1974–1977: Expertenkommission Furgler; 1978–1980: Breites Vernehmlassungsverfahren; 1985: Bericht des Bundesrates; 3. Juni 1987: Beschluss der Bundesversammlung, die Bundesverfassung total zu revidieren, und Auftrag an den Bundesrat, den Entwurf einer neuen Bundesverfassung vorzulegen, der das Verfassungsrecht nachführt, verständlich darstellt und systematisch ordnet. Reformen soll er separat vorschlagen; Erneute Vernehmlassung; 1996: Botschaft des Bundesrats an die Bundesversammlung (Vorschlag, Reformen in den Bereichen Volksrechte und Justiz durchzuführen); 18. Dezember: Verabschiedung der Verfassungsreform durch die Bundesversammlung; 18. April 1999: Volk und Stände stimmen der BV zu. Bei dieser Vorgeschichte spielte die Diskussion um den Abschied von der kulturkämpferischen Stoßrichtung der Religionsfreiheit in der Bundesverfassung von 1874 (= aBV) eine wichtige Rolle.
    Peter Karlen hat darauf aufmerksam gemacht, dass in der aBV recht verschiedenartige Artikel, die direkt oder indirekt mit der Religionsfreiheit zu tun haben, etwas unvermittelt nebeneinander stehen. In der Lehre werden sie auf vier Hauptkategorien zurückgeführt:

    «1. Garantie der Glaubens- und Gewissensfreiheit in Art. 49;
    2. Garantie der Kultusfreiheit in Art. 50 Abs. 1;
    3. Säkularisierungsbestimmungen in Art. 49 Abs. 4 (Unabhängigkeit des staatli-chen Rechts von religiösen Vorschriften), Art. 27 Abs. 2 und 3 (Schule), Art. 53 Abs. 1 (Zivilstand), Art. 53 Abs. 2 (Begräbniswesen), Art. 54 Abs. 1 (Ehe), und Art. 58 Abs. 2 (Abschaffung der geistlichen Gerichtsbarkeit);
    4. Bestimmungen zur Sicherung des Religionsfriedens in Art. 50 Abs. 2 (Allgemeine Maßnahmen), Art. 5 Abs. 3 (Anstände bei Bildung und Trennung von Religionsgemeinschaften), Art. 50 Abs. 4 (Genehmigung bei Bistumserrichtungen) und Art. 75 (Unvereinbarkeit für Personen geistlichen Standes).»

    Karlen bezeichnet die aBV «als Paradebeispiel eines gemischten Typus», da man auf die Festlegung eines bestimmten religionsrechtlichen Modells verzichtet habe. Die aBV enthalte so Elemente aus verschiedenen staatskirchenrechtlichen Epochen: aus den Strukturen des religiös-paritätischen Staatstypus und aus der Reformation; aus den staatskirchenrechtlichen Prinzipien der Aufklärung, verbunden mit Anschauungen des Liberalismus und des Kulturprotestantismus sowie des Kulturkampfes und der demokratischen Bewegung – für Karlen der wohl mächtigste Einfluss.

    Die aBV proklamiert also einerseits die Unverletzlichkeit der Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie die Freiheit von Zwang im öffentlichen Voll-zug religiöser Handlungen, während sie andererseits «Schranken» festhält, die Bund und Kantone einer solchen Freiheit auferlegen. Nicht die Schran-ken sind das Problem, die in jeder Verfassung dazu gehören, sondern dass einige davon eindeutig kulturkämpferische Züge tragen, den Geist der protestantischen «Leitkultur» des frühen Bundesstaates widerspiegeln und daher in einigen «Konfessionsartikeln» die Beschneidung der Religionsfreiheit von Katholiken festschreiben: So unterliegt die Errichtung von Bistümern auf schweizerischem Gebiete «der Genehmigung des Bundes» (Art. 50 Abs. 4 aBV); Art. 51 aBV enthält das Verbot der Niederlassung im ganzen Bundesgebiet sowie der Wirksamkeit in Kirche und Schule für den Orden der Jesuiten (sic, statt ‹Gesellschaft Jesu›, wie der Orden kanonisch heisst) und die ihm affillierten Gesellschaften sowie den Vorbehalt des Bundes, dieses Verbot auch auf andere geistliche Orden (= der römisch-katholischen Kirche) auszudehnen, «deren Wirksamkeit staatsgefährlich ist oder den Frieden der Konfessionen stört» (Art. 51 Abs. 2 aBV); in Art. 52 Abs. 1 aBV wird die Unzulässigkeit der Errichtung neuer und der Wiederherstellung aufgehobener Klöster oder religiöser Orden betont; und Art. 75 aBV spricht schließlich indirekt von der Unvereinbarkeit eines politischen Amtes für Personen geistlichen Standes.

    Die eindeutig kulturkämpferischen konfessionellen Ausnahmeartikel 51 und 52 aBV wurden durch Volksabstimmung vom 20. Mai 1973 aufgehoben – nicht zuletzt weil sie, wie die Schweizer Bischofskonferenz in der Stellungnahme vom 20. Dezember 1968 betonte, den Beitritt der Schweiz zur europäischen Menschenrechtskonvention störten, denn ein solcher Beitritt wäre dann «nur unter Vorbehalt dieser Bestimmung möglich». Für die Bischofskonferenz waren diese Artikel nicht nur «ein Schönheitsfehler», sondern Bestimmungen, «die nach wie vor die Beziehungen zwischen dem Bund und der katholischen Kirche empfindlich belasten». Die Unvereinbarkeit von geistlichen Ämtern und der Wählbarkeit in den Nationalrat (Bundesrat und Bundesgericht) wurde ohne große Kontroversen im Zuge der Totalrevision von 1999 gestrichen. Obwohl die Bischöfe in der zitierten Stellungnahme genauso wie in der Vernehmlassung vom 15. Juni 1970 an das Eidgenössische Departement des Innern betreffend die Aufhebung des Jesuiten- und Klosterartikels auch eine Streichung des Bistumsartikels forderten, blieb dieser in der BV zunächst bestehen (als Art. 72, Abs. 3). Bei der Totalrevision der aBV plädierten viele Juristen, Politiker und Kirchenvertreter mit durchaus plausiblen Argumenten für die Streichung. Er konnte aber erst durch Volksabstimmung vom 10. Juni 2001 aufgehoben werden – wie wir gleich sehen werden nach einer kontroversen Diskussion, die zuweilen mehr emotional als sachlich geführt wurde und noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts einige Kulturkampfreflexe zeigte.

    3. Ökumenischer Dissens: die Streichung des Bistumsartikels
    Am Anfang stand die Parlamentarische Initiative des Christdemokraten und Aargauer Ständerates Hans Jörg Huber vom 13. Dezember 1994 für die ersatzlose Aufhebung von Art. 50 Abs. 4 aBV. Dringlichkeit gewann das Anliegen aber durch den Vorentwurf für die Streichung des Bistumsartikels, den die Staatspolitische Kommission des Ständerates am 16. November 1998 vorlegte. Darin wurde der Bistumsartikel als «ein Relikt aus dem letzten Jahrhundert» bezeichnet: «Sachliche Gründe für die Beibehaltung der religiösen Sonderbestimmung lassen sich keine finden. [...] Im übrigen kann es auch nicht Aufgabe der Bundesverfassung sein, Probleme innerhalb der römisch-katholischen Kirche zu lösen». Die politischen Vertreter werden mit großer Mehrheit zu dieser Sicht neigen. Uns interessiert hier aber vor allem die Haltung der Kirchen und der Juristen.

    (1) Die römisch-katholische Kirche bietet zunächst ein pluralistisches Bild dar: der von der Bischofskonferenz und deren Publikationsorganen reprä-sentierte Mainstream trat für eine ersatzlose Streichung des Bistumsartikels ein; die Römisch-Katholische Zentralkonferenz (= RKZ) vertrat eine nuan-ciertere Position; und «liberale» Katholiken wie Hans Küng plädierten für eine Beibehaltung, bis bestimmte Garantien für eine demokratische Kultur in der Kirche gegeben sind.

    In ihrer Stellungnahme zum Verfassungsentwurf 1995 vom 6. März 1996 begründete die Bischofskonferenz die ersatzlose Streichung des so genannten Bistumsartikels mit diesen klaren Worten: «Unter dem Gesichtspunkt der Religionsfreiheit ist dieser Artikel unbegründetes und daher unhaltbares Ausnahmerecht, zumal er nach geltender Praxis einseitig die römisch-katholische Kirche betrifft.» Bischof Kurt Koch hat sowohl in seinem Statement an der Pressekonferenz der Schweizer Bischofskonferenz in Bern am 30. April 2001 als auch in einigen Buch-beiträgen den Bistumsartikel als «unbegründet und verfassungsunwürdig» bezeichnet. Er führt dazu eine Reihe von Argumenten ein: der Bistumsartikel ist ein «Kind seiner Zeit» und daher «historisch bedingt»; er ist die letzte der konfessionellen Ausnahmebestimmungen in der Bundesverfassung und enthält eine «massive Diskriminierung der römisch-katholischen Kirche»; er bedeutet «eine Verletzung des Grundsatzes der Kirchenfreiheit und damit des Grundrechtes der korporativen Religionsfreiheit»; er ist daher als «völkerrechtswidrig» zu beurteilen; angesichts der emotional geführten Diskussion, bei der massive antirömische und anti-episkopale Vorurteile wegleitend waren, «die zumeist mit überzogenen Hoffnungen an die Aufrechterhaltung des Bistumsartikels verknüpft sind», ist dieser Artikel «als ein typisch helvetischer Mythos zu charakterisieren, wenn nicht gar als eine ‹Stopfgans›, in die jeder seine Ängste und Hoffnungen die römisch-katholische Kirche betreffend hineinstopfen kann». Dem modernen Verständnis des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat, «das auf einer einvernehmlichen Kooperation beruht», entspreche nur «der konkodatäre und damit bilaterale Weg». Der Bistumsartikel sei nicht Ausdruck eines helvetischen «Sonderfalls», sondern eines «religionsrechtlichen Ernstfalls». Diese Argumentation findet sich sowohl in der Stellungnahme der Bischofskonferenz zur Volksabstimmung vom 10. Juni 2001 als auch in den Redaktionsbeiträgen der «Schweizerischen Kirchenzeitung» – und sie entspricht weitgehend auch den Gründen, mit denen die Staatspolitischen Kommissionen des Nationalrates (mit überwältigender Mehrheit von 170 zu 17 Stimmen) und des Ständerates (mit 38 zu 0 Stimmen sogar einstimmig) die Streichung des Bistumsartikels befürworteten, und die sich der Bundesrat in seiner Stellungnahme auch zu Eigen machte.

    Nachdem in einigen Publikationen die Position der RKZ überzeichnet wurde, sah sich Alois Odermatt, Geschäftsführer der RKZ, 2001 genötigt, in einem mit dem Präsidenten der RKZ, Peter Plattner, abgestimmten Beitrag die Position derselben klarzustellen. In der Tat scheint die RKZ zwischen 1996 und 2001 einen schwierigen Meinungsbildungsprozess durch gemacht zu haben, der einen gemeinsamen Nenner aufweist: Die RKZ ist zunächst gegen die «ersatzlose» Streichung des Bistumsartikels und für die Stärkung der Kompetenzen der Kantone zur Regelung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche. In der Stellungnahme vom 29. Februar 1996 zum Verfassungsentwurf schlägt die RKZ vor, beim Wegfall des Bistumsartikels folgende Bestimmung in Art. 12 aufzunehmen: «Die Zuständigkeit der Kantone zur Regelung des Verhältnisses zwischen Staat und Religionsgemeinschaften und zum Abschluss von Konkordaten, insbesondere über die Errichtung und Gebietsumschreibung von Bistümern, bleibt gewahrt.» Ähnlich auch der Beschluss der RKZ vom 15. März 1997 über das Verhältnis zwischen Bund und Kantonen in religionsrechtlichen Fragen: «Für die Regelung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat sind die Kantone zuständig. Bund und Kantone können im Rahmen ihrer Zuständigkeiten Maßnahmen treffen zur Wahrung des öffentlichen Friedens zwischen den Angehörigen der verschiedenen Religionsgemeinschaften.» In der Stellungnahme vom 31. März 1999 werden Schritte empfohlen, «die zur Aufhebung des Bistumsartikels führen, insbesondere mittels Konkordatspolitik» sowie für die Volksabstimmung jenen Zeitpunkt zu wählen, «der einen positiven Ausgang verspricht». In der Stellungnahme vom 24. März 2001 zur Volksabstimmung über den «Bistumsartikel» werden schließlich folgende Beschlüsse mitgeteilt: die Unterstützung der Aufhebung des Bistumsartikels, die Forderung einer aktiven Konkordatspolitik, die Unterstützung des Begehrens, einen neuen Religionsartikel zu erarbeiten, «der das Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften gestaltet». Somit versucht die RKZ eine Balance nach allen Seiten zu erreichen: Anders als die Bischofskonferenz, die stets betont, der Bistumsartikel müsse bedingungs- und ersatzlos aufgehoben werden, tritt die RKZ dafür ein, dass die Aufhebung des Bistumsartikels durch eine aktive Konkordatspolitik gefördert werden solle. Und anders als der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (= SEK), der, wie wir noch sehen werden, für die Ablösung des Bistumsartikels durch einen Religionsartikel votiert, schlägt die RKZ lediglich eine Erweiterung des Religionsartikels der Bundesverfassung vor (Art. 72), so dass die Bedeu-tung der Kirchen und Religionsgemeinschaften für Gesellschaft und Staat zum Tragen kommen.
    In einem offenen Brief an die Nationalrätinnen und Nationalräte schlu-gen einige Katholiken, darunter prominente Theologen wie Hans Küng, Herbert Haag und Dietrich Wiederkehr, vor, eine Volksabstimmung über die Streichung des Bistumsartikels erst dann ins Auge zu fassen, «wenn deren Ausgang – nach Aktivierung und erfolgreichem Abschluss von Konkordatsverhandlungen – als gesichert positiv erscheint», d.h. wenn Garantien bestehen, dass der Religionsfriede nicht gefährdet und die römisch-katholische Kirche an die demokratische und ortskirchliche Kultur gebunden wird, etwa bei der Bischofswahl. Aus diesem Brief spricht das Misstrauen einiger Katholiken gegen die eigene Kirche und die Betrachtung des Staats als «Garant» für Religionsfreiheit «in der Kirche». Scharf hat Bischof Koch erwidert, es zeuge nicht von einem Staatsverständnis auf neuzeitlichem Niveau, «wenn kirchliche Kreise den Staat gleichsam als ‹Schutzmantel› gebrauchen oder wohl eher missbrauchen wollen, um ihre kirchenpolitischen Ziele erreichen zu können. Ein solches Vorgehen ist gewiss auch nicht mit einem neuzeitlichen ‹Weltethos› kompatibel.»

    (2) Auch die christkatholische Kirche war gegen eine ersatzlose Streichung des Bistumsartikels «zum jetzigen Zeitpunkt», wie es in der Stellungnahme des Bischofs und des Synodalrates vom 12. Februar 1999 heisst; denn eine ersatzlose Streichung würde bedeuten, «dass ein ausländisches Staatsoberhaupt (und somit ein Subjekt des Völkerrechts) Entscheide treffen kann, die für unser Land und seinen konfessionellen Frieden von großer Bedeutung sein können, auf die aber die Eidgenossenschaft keinen Einfluss mehr zu nehmen vermag.» Vorgeschlagen wird hingegen der konkordatäre Weg sowie ein Artikel in der Bundesverfassung, «der die Beziehung zwischen Bund und Kirchen umschreibt». Zugleich bestritt die Stellungnahme der christkatholischen Kirche, wenn auch m.E. mit sehr schwachen Argumenten, dass der Bistumsartikel von 1874 eine Sonderregelung für die römisch-katholische Kirche sei.

    (3) In seiner Stellungnahme zum Verfassungsentwurf 1995 unterschied der SEK zwischen der Haltung des Vorstands und der SEK-Mitgliedkirchen. Unter diesen war eine Mehrheit für die Beibehaltung – mit folgenden Argumenten: Der völkerrechtliche Status der römisch-katholischen Kirche lege eine verfassungsrechtliche Absicherung nahe, die nichts verbietet, «aber den eidgenössisch-demokratischen Respekt garantiert»; der Bistumsartikel sei ein «Wahrzeichen» des religiösen Friedens; schließlich wird die Solidarität mit den Anliegen römisch-katholischer Bevölkerungsteile genannt, d.h. mit denjenigen Katholiken, die entgegen der Meinung der Bischöfe gegen die ersatzlose Streichung des Bistumsartikels waren – was einen kuriosen Fall von ökumenischem Verständnis darstellt. Der SEK betonte freilich, «dass die Kirchen, die für die Beibehaltung votieren, nicht anti-ökumenische Absichten verfolgen» – aber vielleicht doch «anti-episkopale»? Der Vorstand selbst gibt zu, dass die Problematik «gar nicht so sehr auf einer sachlich-juristischen, sondern viel mehr auf einer symbolisch-politischen Ebene liegt»; statt einer ersatzlosen Streichung des Bistumsartikels schlägt er eine umfassendere Bearbeitung desselben vor, die Aussagen zu folgenden Aspekten enthalten sollte: «Eine Anerkennung der Bedeutung von Religion für die Gesellschaft. [...] Eine generelle Aussage über das Verhältnis des Staates zu den religiösen Gruppierungen und Institutionen. [...] Die Anerkennung des Rechtes der religiösen Organisationen, ihre inneren Angelegenheiten selbständig regeln zu können unter der Voraussetzung, dass sie sich an die rechtsstaatlichen Rahmenbedingungen halten, für Toleranz eintreten und im Blick auf die Finanzen und Organisationsstruktur Transparenz gewährleisten» – also dass sie sich organisatorisch der landesüblichen demokratischen Kultur anpassen. Aus diesem Vorschlag wird allmählich das Postulat nach einem «Religionsartikel» des Bistumsartikels wachsen. In einem Pressecom-muniqué vom 10. April 2001 hält der SEK daher seine Position im Vorfeld der Volksabstimmung folgendermaßen fest: «Wichtiger als die Streichung oder Beibehaltung des Bistumsartikels scheint dem Rat des SEK aber die Schaffung eines Religionsartikels zu sein. In einem solchen Artikel sollen die Beziehungen zwischen Kirchen, Religionsgemeinschaften und dem Bund auf zeitgemässe Weise geregelt werden. Kirchen und Religionsgemeinschaften tragen mit ihren religiösen und sozialen Werten wesentlich zum Zusammenhalt und zur Entwicklung von Gesellschaft und Staat bei. Dies soll in der Bundesverfassung positiv gewürdigt werden. Zudem sollen auch das Selbstbestimmungsrecht und die Gleichbehandlung der Kirchen darin festgehalten sein.»

    (4) Auch die Juristen bieten ein uneinheitliches Bild dar. Einige befür-worten die ersatzlose Streichung des Bistumsartikels. Andere, vor allem die der so genannten Freiburger Schule, haben viel rechtswissenschaftliche Akribie walten lassen, um die Vereinbarkeit des Bistumsartikels mit einem Religionsrecht im Geiste der heutigen Religionsfreiheit und Ökumene nachzuweisen. So meint Christoph Winzeler, Bischofskonferenz und Nationalrat lesen den Bistumsartikel, «wie er im Kulturkampf des 19. Jahrhunderts gemeint war, aber im Rechtsstaat von heute nicht mehr gemeint sein kann und darf: als Knebelung der katholischen Kirche». Nach dem Wandel im Verständnis der Religionsfreiheit, «damals in erster Linie Gewährleistung des Religionsfriedens», zum Grund- und Menschenrecht, könne der Bistumsartikel nur mehr als «die Einholung einer Genehmigung, die ohne polizeilichen Grund nicht verweigert werden darf», verstanden werden, wenn etwa eine Teilkirche, wie ein katholisches Bistum seine gebietsmässige Zuständigkeit verändern möchte. Da seit 1874 die Schaffung eines Bistums nie verhindert oder auch nur verzögert wurde, verletze der Bistumsartikel «weder die Bundesverfassung [...] noch das Völkerrecht». Ähnlich, wenn auch viel akribischer im Durchgang, ist das Gutachten von Christian R. Tappenbeck und René Pahud de Mortanges ausgefallen. Dieses kommt zum Schluss, dass der Bistumsartikel «nicht per se völkerrechtswidrig» sei, da er weder das Interventionsverbot gegenüber dem Heiligen Stuhl noch die zwischen einigen Kantonen bzw. dem Bund und dem Heiligen Stuhl abgeschlossenen Konkordate noch die Menschen-rechte, insbesondere die der Religionsfreiheit und Religionsgleichheit, verletze. Der Bistumsartikel sei vielmehr als «religionspolizeiliche Norm» zu verstehen, damit der Bund «frühzeitig» Maßnahmen «zur Wahrung des religiösen Friedens oder der öffentlichen Ordnung» ergreifen kann: «Wird die öffentliche Ordnung oder der religiöse Friede nicht erheblich gefährdet, darf der Bund aus völkerrechtlichen Gründen die Errichtung oder Veränderung von Bistümern nicht verhindern». Bischof Koch hat darauf hingewiesen, dass dieses Gutachten von drei gravierenden Missverständnissen geprägt ist: Warum muss eine polizeiliche Norm dieser Art in der Verfassung explizit festgeschrieben werden? Sie sei zudem über-flüssig, da die neue Bundesverfassung genügend Bestimmungen über die innere Sicherheit des Staates, «beispielsweise in den Artikeln 36, 57, 173 und 185», enthalte. Und schließlich könne man in einer solchen religions-polizeilichen Norm «nur eine Diskriminierung und letztlich friedenstörende Kränkung der römisch-katholischen Bevölkerung in der Schweiz sehen». Denn sie wäre Ausdruck eines latenten Misstrauens gegen die episkopal verfasste römisch-katholische Kirche als potentielles Risiko für die öffentli-che Ordnung oder den Religionsfrieden. Aber die grösste Schwäche des Freiburger Gutachtens besteht m.E. in der mangelhaften religionsrechtli-chen wie religionstheologischen Auseinandersetzung mit dem Wandel im Verständnis der Beziehungen zwischen Staat und Kirche, den die römisch-katholische Kirche mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil, etwa mit Gaudi-um et spes Nr. 76, vollzogen hat. Bei aller rechtswissenschaftlichen Akribie vermag nicht zu überzeugen, warum gerade gegenüber der nachkonziliaren römisch-katholischen Kirche, die nicht mehr die ultramontane des 19. Jahr-hunderts ist, ein Bistumsartikel nötig sein soll.
    Bei den Hearings der Parlamentarischen Kommission am 24. August 1999 im Seehotel Meierhof in Horgen, die als «Schisma» von Horgen in die eidgenössische Verfassungsgeschichte eingegangen sind, wurde die Unei-nigkeit der religiösen Institutionen des Landes (SEK, Evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich, RKZ, SBK) in Sachen «Bis-tumsartikel» deutlich: «Vorbehaltlos für eine ersatzlose Streichung sprachen sich nur Bischof Amédée Grab und Roland B. Trauffer von der Bischofs-konferenz aus. Sämtliche anderen Hearingsteilnehmer befürworteten die Ersetzung des Bistumsartikels durch einen allgemeinen Religionsartikel, der die Beziehungen zwischen den Religionsgemeinschaften einerseits und ihr Verhältnis zum Staat andererseits verfassungsrechtlich verankern würde.» Angesichts dieser Situation – und da der Meinungsstreit quer durch die römisch-katholischen Institutionen hindurch ging – musste dieses «Relikt aus dem Kulturkampf» vorerst in der neuen Verfassung unverändert blei-ben. Bundesrätin Ruth Metzler rechnete mit einem Zeithorizont von 4–6 Jahren für eine erfolgreiche Volksabstimmung zur Streichung des Bistumsartikels. Sie sollte sich täuschen: diese fand bereits am 10. Juni 2001 statt, und darin wurde die Aufhebung mit großer Mehrheit (knapp zwei Drittel) gut geheissen. Der Bundesrat befürwortete die Streichung des Bistumsartikels unabhängig von der Frage nach einem evtl. «Religionsartikel», über dessen Beschaffenheit es noch keinen Konsens gäbe. Auch die Neue Zürcher Zeitung empfahl die Streichung des Bistumsartikels unabhängig von der Frage, ob ein erweiterter Religions-artikel in der Bundesverfassung als Rahmen hilfreich wäre. Und in einem Editorial hielt die angesehene Zeitung deutlich fest: «Ein Ja zur Vorlage befreit die liberale Verfassung von einer historischen Spur Intoleranz.»

    4. Ökumenischer Konsens: die Suche nach einem Religionsartikel
    Wir sahen, wie beim «Schisma von Horgen» die meisten religiösen Institutonen, der ursprünglichen Anregung des SEK folgend, die Ersetzung des Bistumsartikels durch einen allgemeinen Religionsartikel, «der die Beziehun-gen zwischen den Religionsgemeinschaften einerseits und ihr Verhältnis zum Staat andererseits verfassungsrechtlich verankern würde», befürworteten. Aber erst nach der Streichung des Bistumsartikels kam die kirchliche wie religions- und verfassungsrechtliche Diskussion hierüber wirklich in Gang.

    (1) Der Bundesrat bezweifelte zunächst die Zweckmässigkeit eines Religi-onsartikels, da der Bund damit massiv in die Zuständigkeit der Kantone für die Regelung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat (Art. 72 BV) und in die Organisationsautonomie der Kirchen- und Glaubensgemeinschaften eingreifen würde. Die Präsidentin der Staats-politischen Kommission des Nationalrates, Vreni Hubmann, gab zudem zu verstehen, dass in einem Religionsartikel alle Religions- und Glaubens-gemeinschaften berücksichtigt sein müssten, was nicht unproblematisch wäre: «Sollen auch vereinnahmende Bewegungen, Psychoorganisationen, Sekten und neue religiöse Bewegungen einbezogen sein? Sollen Schranken der Sittlichkeit und der öffentlichen Ordnung für Glaubensgemeinschaften umschrieben werden? Sollen Streitigkeiten bei der Bildung oder Trennung von Glaubensgemeinschaften geregelt werden? Haben die Angehörigen aller Glaubensgemeinschaften Anspruch auf eine Bestattung nach ihren religiösen Vorschriften? Sollen die Gemeinden gezwungen werden, Sonder-friedhöfe für gewisse Religionsgemeinschaften vorzusehen? Wie weit dürfen religiöse Symbole öffentlich angebracht (Kruzifixe) oder getragen (Kopftücher) werden?» Auch müsste geklärt werden, wie sich ein solcher Religionsartikel zum bestehenden Artikel 15 BV über Glaubens- und Gewissensfreiheit verhalte.

    (2) Nach der Abschaffung des Bistumsartikels unterstützen nun alle Kir-chen das Begehren des SEK zur Erarbeitung eines Religionsartikels und äussern folgende inhaltliche Desiderate: die zeitgemässe Umschreibung der Beziehung zwischen Bund und den Kirchen in der Bundesverfassung wäre angesichts der christlichen Prägung der schweizerischen Gesellschaft sinn-voll und begrüssenswert (so die christkatholische Kirche); der wesentliche Beitrag der Kirchen und Religionsgemeinschaften zum Zusammenhalt und zur Entwicklung von Gesellschaft und Staat solle darin gewürdigt sowie das Selbstbestimmungsrecht und die Gleichbehandlung der Kirchen festgehal-ten werden (so der SEK); für die Minderheitskirchen und die anderen Reli-gionsgemeinschaften, die es sich nicht leisten können, die kirchliche Rechts-persönlichkeit in allen Kantonen zu konstituieren, wäre es gut, eine Anlauf-stelle auf Bundesebene zu haben, um eine Gleichbehandlung sicher zu stellen (so die Evangelisch-methodistische Kirche); die SBK signalisiert in der Sache «Religionsartikel» Gesprächsbereitschaft; die RKZ erklärt sich bereit, zusammen mit der SBK eine gemeinsame Position zum Vorschlag eines Religionsartikels zu erarbeiten, ist aber vor allem bestrebt als gleichberechtigter Partner in die Gespräche mit anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie mit politischen Gremien einbezogen zu werden; sie betont das Selbstbestimmungsrecht sowie dass ein Religionsartikel die Zuständigkeit der Kantone für die Regelung des Verhältnisses von Kirche und Staat (Art. 72 BV) in keiner Weise einschränken darf.

    (3) Unterdessen ist eine ansehnliche religionsrechtliche und religions-wissenschaftliche Literatur zum Begehren «Religionsartikel» erschienen. Die vom Rat des SEK im September 2000 eingesetzte Expertengruppe «Religi-onsartikel», bestehend aus Prof. Dr. Roland J. Campiche, Dr. Ueli Friedrich (Vorsitz), Prof. Dr. René Pahud de Mortanges und PD Dr. Christoph Winzeler sowie Pfr. Markus Sahli als Sekretär attestierte der BV 2002, mit den religionsrechtlichen Regelungen in den Art. 15 und 72 und trotz der Eliminierung von Relikten aus der Kulturkampfzeit 1999, «nach wie vor den Geist des 19. Jahrhunderts» zu atmen: «Der Bund wird für die Regelung des Verhältnisses zwischen Kirchen und Staat als nicht zuständig erklärt. Für ihn steht das Recht des Individuums auf Religionsfreiheit im Vordergrund. Soweit die BV, unter dem Randtitel ‹Kirche und Staat›, in Art. 72 Abs. 2 die Religionsgemeinschaften im Zusammenhang mit Bundeszuständigkeiten erwähnt, geschieht dies negativ, im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Wahrung des konfessionellen Friedens». Nach dieser Ouvertüre schlägt die Expertengruppe die Schaffung eines Religionsartikels mit folgenden drei Stossrichtungen vor: Da Religion nicht nur Privatsache des einzelnen Menschen ist, sondern auch einen Gemeinschaftsbezug und Öffentlichkeitsanspruch hat, solle die in Art 15 BV geregelte individuelle Glaubens- und Gewissensfreiheit durch die körperschaftliche Religionsfreiheit der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften ergänzt werden; die Schaffung einer übergeordneten Rechtsgrundlage auf Bundesebene für die Beziehungen zwischen den Bundesorganen und den Religionsgemeinschaften wäre wünschenswert; und schließlich solle dabei die kantonale Souveränität im Bereiche des Staatskirchenrechts gesichert werden. Auf dieser – z.T. sehr juristisch argumentierenden – Grundlage hat die Expertengruppe konkrete Formulierungsvorschläge für Art. 15 BV (1 Vorschlag) und Art. 72 BV (3 Varianten) erarbeitet. Sieht man von der impliziten Andeutung in der Variante 2 für Art. 72, Abs. 3 (Der Bund «trägt bei seinem Handeln den Anliegen der Religionsgemeinschaften Rechnung; er kann unter Wahrung der religiösen Neutralität ihr gesellschaftliches Wirken unterstützen»), vermisst man dabei ein m.E. wesentliches Anliegen der Kirchen und Religionsgemeinschaften bei der Befürwortung des Nachdenkens über einen Religionsartikel: die positive Würdigung des wichtigen Beitrags der Kirchen und Reli-gionsgemeinschaften zum Zusammenhalt und zur Entwicklung von Staat und Gesellschaft.

    Ähnlich lautet auch der Vorschlag von Christoph Winzeler für eine Neuformulierung der Art. 15 und 72 BV im Sinne des Anliegens eines Religionsartikels – mit dem Unterschied, dass Winzeler Begriffe wie «Glaube» und «Glaubensgemeinschaften» statt «Religion» und «Religionsgemeinschaften» bevorzugt. Nachdem Winzeler mit Jacob Burckhardt zuvor die Religion als eine der drei «Potenzen» der Weltgeschichte neben Kultur und Staat bezeichnet hat, hätte man erwartet, dass er eine Würdigung des oben erwähnten positiven Beitrags der Kirchen und Religionsgemeinschaften in seinen Vorschlag aufnimmt.
    Auch Heinrich Koller befürwortet für den Religionsartikel die «Sach-überschrift Glaubensgemeinschaften». Er macht keinen konkreten Vor-schlag, sondern beschränkt sich darauf, die «Elemente» zu nennen, die ein Religionsartikel umfassen könnte. Auch hier spielt die Würdigung des posi-tiven Beitrags der Kirchen und Religionsgemeinschaften keine Rolle, es geht lediglich um reine religionsrechtliche Postulate: «die Gewährleistung der korporativen Religionsfreiheit mit Hinweis auf Selbstverwaltungsrecht und Organisationsautonomie (nach dem jeweiligen Selbstverständnis); Zuständigkeit der Kantone zur Regelung des Verhältnisses zu den Glaubensgemeinschaften (nach Maßgabe der bundesrechtlichen Vorschriften); Möglichkeit und Voraussetzungen der öffentlich-rechtlichen Anerkennung von Glaubensgemeinschaften durch die Kantone (insbesondere Gleichbehandlung); Möglichkeit und Grenzen vertraglicher Vereinbarung zwischen den Glaubensgemeinschaften und dem Staat (Bund und/oder Kantone); Zuständigkeit für Maßnahmen zur Einhaltung des religiösen Friedens.»

    Wie man sieht, ist die Diskussion um einen Religionsartikel noch nicht ausgereift. Sie ist Ausdruck dafür, dass Systematik und Inhalt der für die Religionsfreiheit zentralen Art. 15 und 72 BV (auch nach der Streichung des Bistumsartikels) Fragen aufwerfen. Aber die Diskussion leidet m.E. daran, dass sie bisher vor allem von Juristen geführt wurde, die ohne rhetorisches Beiwerk religionsrechtliche internationale Standards in der BV verankern wollen, weniger von Theologen, Philosophen und Religionswissenschaftlern, die eher den Wunsch danach hätten, nach der Wiederkehr von Religion den positiven Beitrag der Kirchen und Religionsgemeinschaften für Staat und Gesellschaft in der Verfassung festzuhalten. Das Projekt «Religionsartikel» wird erst reif sein, wenn auch die zuletzt genannten Experten sich an der Diskussion beteiligen, gemeinsam mit den Juristen über die Rolle von Religion in der Öffentlichkeit sowie in der Verfassung nachdenken und dabei auch die oben zitierten Überlegungen von Denkern wie Böckenförde und Habermas u.a. über Religion als ethischer Orientierungsrahmen von Staat und Gesellschaft ernsthaft bedenken. Ein «Religionsartikel», der lediglich die religionsrechtliche Problematik zum Ausdruck brächte, wäre jedenfalls nicht ganz im Sinne des ursprünglichen Begehrens des SEK. Wenn schon die Botschaft des Bundesrates über die neue Bundesverfassung vom 20. November 1996 festhielt, dass der Grundsatz der konfessionellen Neutrali-tät des Staates vom Staat nicht fordert, «eine Haltung einzunehmen, die frei von jeglichen religiösen oder philosophischen Aspekten ist. Der Staat darf also, innerhalb gewisser Grenzen, Religionsgemeinschaften bevorzugen (z.B. durch Anerkennung von Landeskirchen), ohne die Religionsfreiheit zu verletzen.» – wäre es nicht angebracht, im Rahmen eines Religionsartikels jene Kirchen und Religionsgemeinschaften zu würdigen, die Staat und Gesellschaft bisher besonders geprägt haben?
    5. Das Religionsrecht und die Religionsfreiheit der Bundesverfassung
    Mit der neuen BV hat die Schweiz beachtliche Anstrengungen unter-nommen, um Religionsrecht und Religionsfreiheit auf dem Boden der zeit-genössischen Rechtsentwicklung neu zu bestimmen. Anders als 1874 haben Fragen der Religionsfreiheit und des Religionsfriedens, von der Frage des Bistumsartikels einmal abgesehen, in der Verfassungsrevision kaum hohe Wellen geschlagen – und dies trotz der religiösen Pluralisierung der Gesell-schaft, die neue Fragen im Zusammenhang mit der Religionsfreiheit auf-wirft. Es scheint, dass sich diese Pluralisierung noch kaum auf die neue Verfassung ausgewirkt hat.

    Wir können von einigen Faktoren sprechen, die das Verständnis von Religionsfreiheit in der BV geprägt haben: zum einen der Wandel von einem institutionellen zu einem individualistischen Verständnis der Religionsfreiheit. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts gewann, nicht zuletzt unter dem Eindruck des Liberalismus und der Erfahrungen mit dem Dritten Reich, der individualrechtliche Gehalt der Grundrechte in den Menschenrechtserklärungen und der höchstrichterlichen Rechtsprechung ganz allgemein an Bedeutung. Zum anderen ließen die konfessionellen Spannungen ganz erheblich nach. Dies spiegelt sich in der BV wider, etwa in der Gewährleistung der Glaubens- und Gewissensfreiheit im Katalog der Grundrechte (Art. 15 BV), in den Bestimmungen über das Verhältnis von Kirche und Staat (Art. 72 BV), im Verbot der Diskriminierung wegen der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung in Zusammenhang mit der Gewährleistung der Rechtsgleichheit (Art. 8 BV) und im Abschied vom kulturkämpferischen Geist der aBV.

    Neben diesen allgemeinen Unterschieden zur aBV gäbe es auch konkrete: so werden in Art 15, Abs. 2 und 3 BV Aspekte positiver Religionsfreiheit deutlicher als bisher herausgehoben; die negative Religionsfreiheit findet in Art 15, Abs. 4 BV ausdrückliche Erwähnung; andere, in Art 49, Abs. 3, Abs. 4 und Abs. 5 aBV, bisher ausdrücklich geregelte Aspekte der Religionsfreiheit finden sich in der neuen BV nicht mehr. Auch verzichtet die neue BV auf ein «Säkularitätsprogramm» im Zusammenhang mit den öffentlichen Schulen, dem Zivilstandswesen, dem Eherecht oder dem Begräbniswesen; ebenso wird auf im Einzelnen nicht unproblematische Schrankenregelungen verzichtet. Vielmehr enthalten die Art. 35 und 36 BV allgemeine Bestimmungen über die Verwirklichung und die Einschränkung von Grundrechten, «welche zusammen mit den am Anfang des Grundrechtskatalogs festgeschriebenen Grundsätzen der Menschenwürde (Art. 7 BV), der Rechtsgleichheit (Art. 8 BV) und von Treu und Glauben (Art. 9 BV) eine gute Grundlage für eine kohärente Grundrechtsprechung bilden». Ein Grundrechtsprogramm tritt also anstelle einzelner problematischer Regelungen und Schranken.
    In materieller Hinsicht wird gegenüber der aBV die Hervorhebung der positiven Religionsfreiheit vielfach begrüsst. Aber gerade hier scheint mir die BV nicht so weit zu gehen wie die meisten internationalen Erklärungen über die Menschenrechte, denn anders als diese hält sie das Recht, seine Religion oder Weltanschauung zu wechseln, nicht ausdrücklich fest. Das wäre in Zeiten religiöser Pluralisierung der Gesellschaft, in denen sich in Europa Religionen ausbreiten, die ein solches Recht nicht für selbstverständlich halten, sehr wichtig gewesen. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948 betont es, genauso wie die für die Rechtsprechung des Bundesgerichtes so wichtige Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vom 4. November 1950 und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 18. Dezember 2000 – nicht jedoch der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1976, der auf Druck islamischer Länder auf diesen Passus verzichten musste.

    Von den Kirchen und Religionsgemeinschaften wird einhellig begrüsst, dass die Glaubens- und Gewissensfreiheit nun im Katalog der Grundrechte auftaucht. Wie die Diskussion um den Religionsartikel gezeigt hat, werden zugleich Desiderate im Hinblick auf die korporative Religionsfreiheit bzw. das Selbstbestimmungsrecht geäussert.

    6. Umstrittene Religionsfreiheit im Schatten religiöser Pluralisierung
    Im Allgemeinen kann gesagt werden, dass der Staat bemüht ist, die eigenen Schranken (Neutralität, Toleranz, Parität) zu respektieren sowie für die Einhaltung der Schranken der Individuen, Religionen und Weltanschauungen (die Würde des Menschen, die rechtlichen-kulturellen Standards, die öffentliche Ordnung, wie sie in den jeweiligen Verfassungen geregelt ist) zu sorgen. Der International Religious Freedom Report 2005 bestätigt den allgemeinen Eindruck, dass der Staat um die Respektierung der Religionsfreiheit sehr bemüht ist. Hervorgehoben werden die Maßnahmen gegen muslimische Prediger, die nicht im Einklang mit der schweizerischen Rechtsordnung stehen (konkret: Maßnahmen gegen «the extremist views» des Führers des Islamischen Zentrums in Genf, Hani Ramadan). Ebenso wird die Regelung des rituellen Schächtens gelobt. Aus Gründen der Religionsfreiheit ist niemand im Gefängnis, es gibt keine Zwangsbekehrungen und keinen religiös motivierten Terrorismus. Die allgemeine freundliche Haltung der Gesellschaft gegenüber den Religionen trägt zur Verwirklichung der Religionsfreiheit bei. Gleichwohl werden einige anti-islamische und anti-semitische Akte angeprangert, die aber von der Justiz oder den Behörden geahndet werden. So ist z.B. die Rede davon, dass eine «konservative Partei» im November 2004 eine Volksinitiative unterstützt habe, um Frauen mit Kopftuch aus dem öffentlichen Arbeitssektor zu verbannen. Bundesrat Moritz Leuenberger war aber dagegen und hat davor gewarnt, die Integration der Musliminnen in die schweizerische Gesellschaft damit zu erschweren.

    Allerdings kann dieser allgemeine Befund nicht darüber hinweg täuschen, dass sich im Schatten religiöser Pluralisierung einige Fragen und Aufgaben im Hinblick auf die Religionsfreiheit stellen. Diese sollen nun zumindest skizziert werden.

    6.1 Die Konkretisierung der Religionsfreiheit allein den BGE überlassen?
    Wie Peter Karlen angemerkt hat, steht die Tragweite der Religionsfreiheit ebenso wenig wie diejenige anderer Grundrechte unabänderlich fest: «Sie ist vielmehr mit Blick auf die zu beurteilenden Fragen immer wieder von neuem zu bestimmen. Die erforderliche Konkretisierung wird jedoch von einem – sich zunehmend auch auf europäischer Ebene herausbildenden – festen Bestand von Richtpunkten geleitet.» Im Hinblick auf die BGE, die aufgrund von Beschwerden von Angehörigen nichtchristlicher Religionen oder wegen der Verwendung religiöser Symbole wie das Tragen bestimmter Kleider oder das Anbringen eines Kruzifix in der Schule zunehmend das Mittel für die Wahrung der Religionsfreiheit in umstrittenen Fällen geworden sind, hat Karlen zugleich kritisch hinzugefügt: «Bei der erforderlichen Abwägung verrät die jüngste Rechtsprechung nicht so sehr die ihr oft unterstellte laizistische Tendenz, sondern viel eher einen problematischen Hang zur Abstrahierung von den Gegebenheiten des Einzelfalls und – damit verbunden – oft zu einer Überordnung der Individualinteressen über die Gemeinschaftsbezüge der Schule.» Zu beobachten ist in den BGE auch «eine Tendenz zum Vorrang der negativen (Freiheit von religiösem Zwang) vor der positiven Religionsfreiheit (Freiheit, die eigene Überzeugung zu leben und zum Ausdruck zu bringen)».

    Nun, gerade weil die Konkretisierung der Religionsfreiheit hohe Anfor-derungen stellt und ein waches Bewusstsein für die sensiblen Zonen des menschlichen Zusammenlebens voraussetzt, darf sie nicht allein den BGE überlassen werden, d.h. Theologen, Philosophen und Religionswissenschaft-ler müssten sich zumindest an der Definition dessen beteiligen, was als legitime «Religion» bzw. «Weltanschauung» anzusehen ist und somit unter den Schutz der Religions- und Gewissensfreiheit fällt. Denn die Definition von Religion in den BGE ist nicht unproblematisch, weil allzu formell und wertneutral.
    So wird in BGE 119 Ia 178 E4b von 1993, der die Befreiung vom Schwimmunterricht aus religiösen Gründen betrifft, unter Religion folgen-des verstanden: «alle Arten von Vorstellungen über die Beziehungen des Menschen zum Göttlichen beziehungsweise zum Transzendenten. Das Glaubensbekenntnis muss allerdings eine gewisse grundsätzliche, weltan-schauliche Bedeutung erlangen, somit einer Gesamtsicht der Welt entspre-chen; das heisst, dass mit dem Glaubensbekenntnis eine religiös fundierte, zusammenhängende Sicht grundlegender Probleme zum Ausdruck zu gelangen hat, ansonsten die Religionsfreiheit sich zu einer schwer fassbaren Allgemein- und Handlungsfreiheit erweitern würde.» Auf diese Definition bezieht sich wiederum BGE 125 I 369, Eb von 1999, der die Scientology-Anwerbung auf öffentlichem Grund betrifft: «Der Staat ist aufgrund der Religionsfreiheit zur Unparteilichkeit gegenüber den in einer pluralistischen Gesellschaft auftretenden religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen verpflichtet [...]. Eine Gruppierung kann sich jedoch nur auf dieses Grund-recht berufen, wenn sie eine genügend grundsätzliche, gesamtheitliche Sicht der Welt zum Ausdruck bringt (BGE 119 Ia 178 E4b, S. 183).»

    Kann nun Religion wertneutral als eine «genügend grundsätzliche, ge-samtheitliche Sicht der Welt» definiert werden, ohne Beachtung der Kon-formität dieser Sicht mit den Menschenrechten, d.h. mit der Würde der Person, oder der Haltung der jeweiligen weltanschaulichen Gruppe oder Religionsgemeinschaft zur pluralistischen Gesellschaft bzw. zur Werteord-nung unserer Kultur? Gewiss, in der religionsrechtlichen Literatur heisst es wiederholt, dass die religiös-weltanschauliche Neutralität es dem Staat ver-bietet, «das Wesen der Religion normativ festzulegen». Aber dies hindert Juristen, Theologen, Philosophen und Religionswissenschaftler nicht daran, über das Wesen einer guten, d.h. menschenwürdigen Religion nachzuden-ken, damit die Gerichte sich bei der Schrankenregelung leichter tun können. Es kann nicht der Wahrheit letzter Schluss sein, dass sogar «das Zusammenrühren psychologischer Taktiken und Erkenntnisse mit ostasiatischen Erkenntnissen» für die Anerkennung als Religion genügt.

    6.2 Können sich (destruktive) Sekten auf die Religionsfreiheit berufen?
    Dies führt uns nicht zuletzt zum Problem der Berufung von «destruktiven» Sekten auf die Religionsfreiheit, das in der jüngsten Zeit intensiv diskutiert wird. Darf im religiösen Bereich operierenden destruktiven Organisationen der Schutz der Religionsfreiheit abgesprochen werden?
    René Pahud de Mortanges hat festgestellt, dass der Religions- bez. Welt-anschauungsbegriff, von dem das Bundesgericht ausgeht, sehr weit gefasst ist: «Mit dieser Definition kann den allermeisten Sekten die Berufung auf die Religionsfreiheit nicht verwehrt werden – darin ist sich die deutsche Lehre einig.» Unter Religionsrechtlern besteht Konsens darüber, dass der Idee der Religionsfreiheit gerade entspricht, «dass die Anhänger von Lehren, welche eine Mehrheit der Bevölkerung für absonderlich oder gar abstrus hält, diese leben und bezeugen können.»
    Was in Frage steht, ist allerdings nicht das Recht auf religiöses Dissiden-tentum, heterodoxe Bewegungen oder Minderheitsreligionen, die von den Religionen der Mehrheit der Bevölkerung abweichen, sondern ob die Idee der Religionsfreiheit unabhängig von deren Bindung an die Menschenwürde und unsere Werteordnung formaljuristisch interpretiert werden darf.

    Auch bei der Ablehnung des Rechtes von reinen «Psycho-Organisationen» zur Berufung auf die Religionsfreiheit, spielt die Konformität mit der Menschenwürde keine Rolle; es geht lediglich darum, dass jene dem juristischen Religionsbegriff entsprechen oder nicht: «Es geht nicht um die Vermittlung von Vorstellungen über die Beziehungen des Menschen zur Transzendenz und auch nicht um eine religiöse Gesamtinterpretation der Welt, so wie dies in der Definition des Bundesgerichts von ‹Religion› bzw. ‹Weltanschauung› verlangt wird. [...] Organisationen, deren Lehre zur Hauptsache aus einer Anleitung zum Geistestraining besteht, erfüllen die Voraussetzungen zur Berufung auf die Religionsfreiheit nicht».
    Diese Beispiele dürften gezeigt haben, dass der juristische Religionsbeg-riff nicht unproblematisch ist. Daher ist Pahud de Mortanges zuzustimmen, wenn er «eine Eingrenzung des bisher als fast uferlos verstandenen verfassungsrechtlichen Religionsbegriffes» für nötig hält. Doch nicht nur die «Psycho-Organisationen» zwingen zu einer vertieften Reflexion auf das, was im Rahmen der «Religionsfreiheit» als «Religion» oder «Weltanschauung» zu betrachten ist, sondern das Phänomen religiöser Pluralisierung als solches, das unser Rechtssystem mit der Frage der Berufung bisher «fremder Religi-onen» auf die Religionsfreiheit konfrontiert. Christoph Winzeler hat m.E. Recht, wenn er schreibt, die wohl schwierigste Frage gilt «dem Begriff der Religion als Schutzgut [...]. Von ihrer Beantwortung hängt ein Stück weit die Tragweite der Religionsfreiheit als Grundrecht ab. Was ist Religion im Sinne der bisherigen Handhabung von Art. 49-50 BV (historische Auslegung), was ist auch noch Religion im Kontext der multikulturellen Gesellschaft (theologische Auslegung) und was ist keine Religion mehr, liegt also jenseits des Schutzbereichs der Religionsfreiheit?»

    6.3 Öffentlich-rechtliche Anerkennung
    Es gehört zu den Forschungstopoi von der «Vielgestaltigkeit der in der Schweiz vorfindlichen Zuordnungsmuster von Staat und Kirche» zu spre-chen. Während das Bundesrecht die Religionsfreiheit regelt, sind die Ver-hältnisse zwischen Staat und Kirche Kompetenz des kantonalen Rechtes (Art. 72, Abs. 1 BV). Wenn wir hier die Nuancen (Trennungskantone usw.) beiseite lassen, so können wir sagen, dass in den Kantonen die beiden Mehrheitskonfessionen sowie teilweise zwei weitere Religionsgemeinschaf-ten (die christkatholische und die jüdische Gemeinschaft) zu öffentlich-rechtlichem Rechtssubjekt anerkannt sind. Diese Anerkennung hat ver-schiedene Wirkungen für die Religionsgemeinschaften. Sie betreffen die Steuern, die finanzielle Unterstützung, die Seelsorge, den Religionsunterricht und die Meldung ihrer Mitglieder durch die Einwohnergemeinde. Zugleich ist die öffentlich-rechtliche Anerkennung in den meisten Kantonen mit einer begrenzten staatlichen Oberaufsicht über die Tätigkeit der Religionsgemeinschaften und einer staatlichen Einsicht in ihre Finanzen verbunden; und mancherorts sind die Religionsgemeinschaften verpflichtet, «sich demokratische Entscheidungs-strukturen zu geben und ihre Mitglieder bei der Wahl ihrer Amtsträger mitwirken zu lassen». Die öffentlichrechtliche Anerkennung besteht also «aus einem Bündel von Rechten und Pflichten».
    Die Frage, die sich im Zusammenhang mit Religionsfreiheit und religiö-ser Pluralisierung stellt, ist die nach der Öffnung des Anerkennungs-systems, denn eine explizite Beschränkung auf christliche Kirchen und Religionsgemeinschaften bzw. auf die jüdische Gemeinschaft «dürfte gegen den Grundsatz der religiösen Neutralität verstossen». Auch wenn kein Recht auf Anerkennung besteht und die Kantone dabei einen «Ermessensspielraum» haben, so entspricht der Religionsfreiheit und dem Nicht-Diskriminierungsprinzip in Art. 15 BV, dass die Verleihungs-voraussetzungen grundsätzlich religionsneutral gefasst und gehandhabt werden. Dies hindert die Kantone nicht daran etwa in Analogie zu der bisherigen Praxis gewisse Voraussetzungen zu verlangen bzw. Bedingungen aufzustellen (wie z.B.: Dauerhaftigkeit, Kirchengemeinde ähnliche Struktur, Nähe zu Leben und Kultur der Gesellschaft, Art des Bekenntnisses der Religionsgemeinschaft, Verpflichtung auf den ordre public usw.).

    René Pahud de Mortanges stellt fest, dass das System der Anerkennung auf die christlichen Großkirchen zugeschnitten ist, und plädiert für die Unterscheidung zwischen einer großen und einer kleinen Anerkennung, da nicht von allen Religionsgemeinschaften das ganze Bündel «an Rechten und Pflichten» gewünscht wird (die dabei aufgestellten Anforderungen zur Be-achtung demokratischer Prinzipien oder zur öffentlichen Rechnungslegung machen die Erlangung des staatskirchenrechtlichen Körperschaftsstatus für manche Kirchen und Religionsgemeinschaften von vornherein uninteres-sant). Daher sehen einzelne Kantone vor, «dass die Religionsgemeinschaft ihren privatrechtlichen Status behält, aber einzelne Rechte verliehen be-kommt». Im Bewusstsein dessen, dass das kantonale Anerkennungs-system den Wandel zur religiösen Pluralität der Schweiz unzureichend widerspiegelt, plädiert Pahud de Mortanges auch für die öffentliche Anerkennung von Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften auf Bundesebene, etwa auf der Grundlage eines «Religionsartikels»: «Entscheidend ist aber, dass eine solche Bundesanerkennung das kantonale Anerkennungsrecht nicht ersetzt, sondern ergänzt», etwa mit ideellen, administrativen und gegebenenfalls auch finanziellen Konsequenzen «auf der Bundesebene».
    Die Situation im Hinblick auf die öffentlich-rechtliche Anerkennung weiterer Kirchen- und Religionsgemeinschaften tendiert zu einer grösseren Offenheit und Flexibilität bei der Verleihung des staatskirchenrechtlichen Körperschaftsstatus. Wichtig wäre darüber hinaus die Entkoppelung von Rechtsstatus und Statusrechten, damit der Körperschaftsstatus nicht wegen gewisser damit verbundenen Rechtspositionen angestrebt zu werden braucht. Aus theologischer Sicht ist bedenklich, dass es nicht aussichts-reich sein dürfte, die öffentlich-rechtliche Anerkennung auf bestimmte, religiös determinierte Voraussetzungen wie etwa den «Religionsbegriff» festlegen zu wollen.

    7. Ausblick
    Einerseits muss die religiöse Pluralisierung der Gesellschaft unter Wahrung der Religionsfreiheit mitgestaltet werden, andererseits ist diese Pluralisierung selbst nicht ohne Folgen für die Ausgestaltung der Religionsfreiheit. Die BV, die sich die Schweiz an der Schwelle zum dritten Jahrtausend gegeben hat, stellt zwar einen längst fälligen Abschied vom kulturkämpferischen Geist des 19. Jahrhunderts dar, aber sie spiegelt noch nicht die religiöse Pluralisierung der Gesellschaft wider. Dazu wird ein «Religionsartikel» nötig sein, aber auch die behutsame Öffnung des öffentlich-rechtlichen Anerkennungssystems für die bisher «fremden» Religionen – mit großer Flexibilität, aber auch mit deutlichen Auflagen. Dazu gehört aber auch das Ringen um einen «Religionsbegriff», der den Schutz der Religionsfreiheit an die Achtung der Menschenwürde und der hiesigen Werteordnung deutlicher bindet. Nicht zuletzt



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 28.04.2010, 22:17


    Muslime in Bedrängnis – fehlende Abgrenzung?
    Verfasser: S. Mohamed

    Es wird, was Islam und Muslime betrifft derzeit sehr viel diskutiert. Alle möglichen Themenbereiche werden angesprochen und analysiert. Dabei werden wir Muslime vor allem von Nichtmuslimen oft ziemlich in Bedrängnis gebracht, es werden nicht bloss profunde Kenntnisse des Islam, des Fiqh und der Scharia verlangt, auch ein grosses Mass an Diplomatie, menschlicher Reife und Fähigkeit zur „empathischen“ Kommunikation sind vonnöten. Diskutiert werden u.a. bauliche Fragen von Moscheen, Beschaffenheit von muslimischen Friedhöfen, das Verhältnis der Muslime zum Sport, Schwimmen vor allem, in welchen Kleidern, welcher Umgebung? Bekleidungsfragen: u.a. die ewig wiederkehrenden Fragen um das Kopftuch herum, das Verhältnis des Islam und der Muslime zu Gewalt: schlagen Muslime – vom Qur’an autorisiert – ihre Frauen? Zwingen sie ihre Kinder zur Ehe? Steinigen sie? Töten sie Glaubensabtrünnige, Homosexuelle, Ehebrecher? Familien – und Erbrecht: warum Polygynie, nicht aber Polyandrie, warum erben Frauen nur die Hälfte des Anteils, welcher den Männern zusteht? Ist der Islam/die Scharia mit den Menschenrechten vereinbar? Sind Muslime gewalttätig und beschränkt? Schreibt ihnen der Qur’an den Krieg gegen die „Ungläubigen“ vor? Und warum überhaupt wollen diese Muslime sich partout an einem 1400 Jahre alten Buch orientieren, nach „mittelalterlicher Manier“ anstatt sich angemessen zu integrieren, zu assimilieren in/an unsere moderne Welt des Jahres 2010?
    Die herablassende und besserwisserische Haltung, die Berufung auf mit Unwahrheiten gespicktem Halbwissen, das Klassifizieren jeglicher muslimischen Aussage/ Handlungsweise im Lichte vorgefasster Fehlurteile – alles das macht es uns Muslimen denkbar schwer bis unmöglich ein gutes Bild unserer Selbst und unseres Din, unserer Religion abzugeben! Nur schon die Tatsache, dass man an einem Tisch mit sogenannt „fortschrittlichen Muslimen“ sitzt, welche allem Anschein nach nur die Absicht haben, den Islam von innen her zu sabotieren und mit ihrem Unwissen, ihrer Lieblosigkeit, ihrem Desinteresse daran zu beschmutzen, ist eine Zumutung, zeugt von der traurigen Position von uns Muslimen inmitten einer Gesellschaft, die von Religion im Sinne einer Lebensweise nichts wissen will.

    Viele Muslime sind von diesen Verhältnissen dermassen überfordert, dass sie sich entweder ganz von dieser „Front“ zurückziehen und ihr Muslimsein nur noch im Privaten leben, säkular, als Einzelne, als Angelegenheit zwischen ihnen und Allah. Oder depressiv werden. Oder sich gar nicht mehr um gewisse Inhalte des Din kümmern und sich mit der Zufriedenstellung ihren unmittelbaren menschlichen Bedürfnisse „wie alle anderen Menschen auch“ zufrieden geben.

    Bei der öffentlichen Diskussion muslimischer Belange fällt auf, dass ein Bereich des Din sehr selten bis nie zur Sprache kommt, weder von Muslimen noch von Nichtmuslimen öffentlich angesprochen wird. Es ist dies der Bereich der Ökonomie. Dabei ist gerade dies der Sektor, in dem sogar Nichtmuslime bereits einen Rettungsanker entdeckt haben. Im Fiqh ist in der Tat ein sehr weises und ausgewogenes Wirtschaftskonzept enthalten. Eines, das auf Erhaltung des natürlichen Gleichgewichtes zielt, eines das die Zinsproblematik – Quelle grössten Übels - von der Wurzel her unterbindet.

    Im heiligen Qur’an heisst es zur Zinswirtschaft u.a.:
    "Diejenigen, die Riba einnehmen, stehen nicht auf, außer wie derjenige aufsteht, auf den der Satan schlägt - vor Bessenheit (oder „mit Wahnsinn“). Dies weil sie sagten: "Das Verkaufen ist doch nur genauso wie Riba". Doch Allah erklärte das Verkaufen für Halal (Erlaubt) und Riba für Haram (Verboten). Also wem eine Ermahnung von seinem Herrn zukam und er es dann unterließ, dem gehört, was er bereits am Riba nahm, und seine Angelegenheit unterliegt Allah. Und wer es wiederholt, diese sind die Weggenossen des Feuers. Darin werden sie ewig sein. Allah lässt Riba schwinden und die Sadaqa (freiwillige Spende) anwachsen. Und Allah liebt nicht jeden äusserst verfehlenden Glaubensverweigerer." (Sure 2, Ayat 275)
    "Ihr, die ihr glaubt, fürchtet Allah und lasst, was vom Zins übriggeblieben ist, wenn ihr Gläubige seid. Und wenn ihr das nicht tut, so vernehmt Krieg von Allah und Seinem Gesandten und wenn ihr reuig umkehrt, so gilt, euch gehören eure Ausgangskapitalien. Ihr begeht kein Unrecht und euch wird kein Unrecht getan." (Sure 2: 278-279)
    "Was ihr mit Zinsen verleiht, damit es sich durch die Vermögenswerte der Menschen vermehrt, dies vermehrt sich bei Allah nicht. Doch was ihr an Zakat entrichtet, mit der ihr Allahs Wohlgefallen anstrebt, diese sind die wirklichen Vervielfachenden." (30:39)
    Und der Prophet (Friede sei mit ihm und der Segen Allahs) hat dazu u.a. gesagt: Riba ist bei Allah siebzig Mal schlimmer, als wenn jemand bei der Kaaba Zina begehen würde.

    Alleine diese Anhaltspunkte sollten genügen, um uns den Schweregrad des Vergehens gegen das Zinsverbot deutlich von Augen zu führen. Jeder praktizierender Muslim hat wohl das Verbot, Zina („Unzucht“) zu begehen ziemlich tief verinnerlicht. Nicht leicht ist diese Schranke zu durchbrechen. Zina bei der Kaaba… unvorstellbar?! Hingegen ist das Zinsnehmen /- geben zu unserem selbstverständlichen Alltag geworden: mit jedem Gebrauch des in Umlauf befindlichen Geldes auf der ganzen Welt überschreiten wir dieses Verbot des Umgangs mit Zins. Es ist uns in Fleisch und Blut übergegangen, alle unsere Geschäfte mit (hoch) verzinsten Scheinen zu tätigen, denen keinerlei Wert zugrunde liegt ausser dem Wert, der ihnen durch unseren GLAUBEN daran und unsere Bestätigung ihres „Wertes“ durch ihre aktive Verwendung zukommt.
    Schon im Reich der Sumerer, 4000 Jahre vor der christlichen Zeitrechnung hat es („Natural“-) Zins gegeben, schon Aristoteles hat sich dagegen ausgesprochen, Thomas von Aquin hat dieses Verbot kanonisch im christlichen Raum festgelegt. Dennoch hat sich das Zinswesen hier wie überall wieder durchgesetzt und treibt heute nie dagewesene „Blüten“, Muslime mischen eifrig mit. Jede Transaktion ist eine Zinstransaktion, wir können nichts kaufen, mieten, nicht einmal Papiergeld berühren, ohne dass uns der „Dunst des Zinses“ erreicht. Immer noch glauben manche Muslime, dass man mit einem zinsfreien Postkonto „aus dem Schneider“ wäre oder dass man, wenn man keinen verzinsten Kredit aufnimmt, schon auf der „safe side“ wäre. Dem ist aber nicht so. Jeder Dollar, jeder Franken, Euro was es auch immer an Währungen den Zentralbanken entspringt ist vom ersten Moment an verzinst. Ca. im 15. Jahrhundert fing man damit an, Wechsel für deponiertes Gold auszustellen. Diese Wechsel wurden, nachdem sie oft nicht zurückgefordert, sondern direkt als Zahlungsmittel verwendet wurden, pro deponierter Goldeinheit mehrfach ausgestellt. (Siehe auch von M. Hanel http://www.islamheute.ch/ISLNATOEKO.htm ). Mit der Zeit bildeten sich Zentralbanken, die Geld nach Bedarf drucken und Geschäftsbanken, die dieses verleihen und zwar auch hier das Vielfache des eingelagerten Papiergeldbetrags, nämlich (in der Regel derzeit) das zehnfache davon. Verzinst, versteht sich! Dazu kommt, dass Zentralbanken wie die europäische oder die Federal Reservebank (seit 1913 in einer Nacht- und Nebelaktion auf Jekyll Island) vom Staate unabhängige Organe sind, von denen selbst die Staaten verzinstes Geld borgen müssen. Die Schulden, die sich auf diese Weise angehäuft haben, (beileibe nicht nur in der „dritten Welt”!) sind mittlerweile weltweit nicht mehr rückzahlbar, auch nicht über Generationen. Das Geld, das wir in Händen halten, sowie natürlich noch weniger das, welches nur auf unseren Kreditkarten abgebucht wird, hat absolut gar nichts mehr mit einem ausgewogenen Zahlungsmittel zu tun. Eher schon mit dem „Besen“ den der „Zauberlehrling“ bei Goethe, der nicht mehr zu bremsen ist. Ausstieg aus dem Wachstumszwang ist fast nicht mehr möglich. Wir müssten uns auf eine komplette Umstrukturierung unseres gesamten Lebens einstellen und in diese einwilligen… zumindest WIR MUSLIME!

    Die nach aussen sichtbaren Auswirkungen sind viele, Greenpeace kann ein langes – hässliches- Lied davon singen. Das Ungleichgewicht ist gross! Vor einiger Zeit noch hiess es, 20% der Menschen brauchen 80% der Ressourcen weltweit (die „Schere“ wird immer grösser). Hunger, Krieg, Armut, ökologische Katastrophen sind überall evident. Sämtliche verfügbaren Ressourcen werden geplündert, in Flora, Fauna, in den Elementen, im Menschen. Krankheiten (teils nie dagewesene) greifen um sich, es ist eine Schwächung jedes grösseren und kleineren Organismus wahrnehmbar. Der Mensch muss immer mehr, immer schneller arbeiten um das Nötigste zum Leben zu bekommen, immer rücksichtsloser werden gegenüber der gesamten Schöpfung.

    Keine Frage, dass die Art und Weise unseres Umgangs mit dem Austausch von Waren und Werten auch im inneren der Schöpfung, vor allem des Menschen, Wirkung tut. Wie man aus dem Hadith unseres verehrten Propheten schliessen kann - und es gibt noch einen ganz ähnlichen, Zinsen seien 70 (?) mal schlimmer als die Zina eines Mannes mit seiner Mutter – ist das Medium, mit dem wir für Waren oder Leistungen bezahlen auch mit Energie gleichzusetzen. Und zwar mit einer ungleich stärkeren als der gewaltigen sexuellen Energie! Die, fehlgeleitet, schon zu einem sehr grossen Mass an Ungleichgewicht und Krankheit führt, der Zins also folgerichtig zu einem NOCH (viel) grösseren Ungleichgewicht, zu NOCH – viel- mehr an Krankheit!

    Und: Es vermehrt sich das BEI ALLAH nicht, was da mehr zu werden scheint bei Einsatz des Zinses (Qur’an 30:39) sondern derjenige der ihn benutzt, wird auferweckt wie ein vom Wahnsinn Geschlagener!(2:275) Das heisst, wie einer, der sich von sich selbst und von jeglichem von Allah bestimmten Gleichgewicht abgespalten hat, „ausser sich“ ist! (Wohingegen sich das Ausgeben von Sadaqa und Zakat lohnt, dieses vervielfältigt sich bei Allah – das heisst, in Wirklichkeit!)

    Ist es nicht bereits offen sichtbar, worin dieser „Wahnsinn“ besteht, sowie auch der „Krieg von Allah und seinem Gesandten" (2:279) wie er sich bereits jetzt, in dieser Welt auswirkt? Was er auch an grosser psychischer Krankheit hervorbringt - neben den Krankheiten und dem Schaden, den alleine der immer grösser werdende Druck durch die immer ansteigende Geldmenge, die es zu begleichen gilt, verursacht!? Ist es ein Wunder, dass sich das Abnehmen der Wertbeimessung auch im Inneren des Menschen bemerkbar macht, dass der Umgang miteinander immer unverbindlicher, die Handhabung alles Wertvollen immer lausiger wird? Es fehlt an Kraft, Affirmation, Wertschätzung auf der ganzen Linie. Unsere inneren Werte verlieren an Substanz, genau wie die Stoffe im Kleiderladen. Und das, was wir unterschlagen, macht sich in diffusen Formen als „Depressionen“, Aggressionen, Perversionen bemerkbar.

    Man könnte die Sichtweise auch umdrehen und sagen: jedes Missgeschick, das den Muslim trifft, beginnt mit einem Zuwenig an Liebe zu Allah taala und Seinem Gesandten. Allah subhanahu wa taala hat alles in einem Gleichgewicht geschaffen, uns, um IHM zu dienen. Seine Gebote sind dabei eine Richtlinie, eine Ni'ama, eine Wohltat, wenn wir sie einhalten, sind wir „gerettet“, dürfen in Seiner Liebe „wohnen“. Und wenn wir dies nicht tun, haben wir „Krieg von Allah und Seinem Gesandten“ zu erwarten. Im Falle der Zinswirtschaft bedeutet dies, dass anstelle der Liebe zu Allah und der Hingabe zu Ihm, welche einen liebevollen und massvollen Umgang mit der Schöpfung implizieren, uns die Gier erfasst. Gier wird Sucht, Sucht führt zur Zerstörung. Das „Loch“, welches durch das Fehlen der Liebe entsteht, ist durch gar nichts zu ersetzen und muss durch immer mehr Falsches, Nichtiges gefüllt werden. So scheint es einem, so redet es einem Schaitan – audhu billahi minhu – dann auch fleissig ein. Dies führt zu einem diametralen Anstieg jeglicher Kraft, die wir an der Liebe Stelle setzen ins Unermessliche und geradewegs in die pure Zerstörung. Ja, in die völlige Zerstörung und Vernichtung unserer von Gott gegebenen Umwelt und damit unser aller Lebensgrundlagen – und daher letztlich unserer selbst. DIES ist der "Krieg von Allah" - der somit darin besteht, dass der Khalifa auf Erden - also der Mensch - Krieg gegen den Menschen, gegen sich selbst zu führen hat. Die dem zugrunde liegende Energie (sozusagen „Munition“) dabei sind Habsucht, Gier und Egoismus in allen Ausformungen, genährt und ermöglicht durch die „Waffe“ des Zins und Zinseszins!

    Es sieht also so aus, als ob Zins (Riba) genau das Mittel wäre, durch das sich unsere Lieblosigkeit und Undankbarkeit gegenüber unserem Schöpfer „materialisieren“ kann! Und was für ein Schrecken dabei herauskommt!!!

    Es wäre also allerhöchste Zeit, dass wir von beiden „Enden“ her an der Restauration unserer selbst und unseres Din arbeiten: auf der einen Seite daran, unsere Liebe zu Allah und Seinem Gesandten zu stärken. Auf der anderen Seite daran, dieses Element unseres Glaubens, die Wirtschaft, wieder in Bahnen zu lenken, wie sie uns vorgeschrieben sind von Allah taala. Uns wie gesagt abzugrenzen in Wort und Tat. (Dazu brauchen wir erst mal GAR KEINE Waffen ausser unseren Mut und unsere aufrichtige Hingabe!) Dann erst machen wir einen Schritt in die Richtung, mehr als bloss „Schaum auf einer Wasserflut“ zu sein - und ein ernst zu nehmendes Gegenüber….!

    Möge Allah subhanahu wa taala uns die Kraft und den Mut geben, der nötig ist, um an Substanz zu gewinnen! Möge Er taala uns rechtleiten und zum Frieden führen!


    As Salamu aleikum wa Rahmatullahi


    http://nationaleschulden.eu/buch/die-geldschopfer-zentralbanken-banken-und-staaten-beim-gelddrucken/)

    http://de.wikipedia.org/wiki/Staatsverschuldung

    Ein kleiner Trickfilm zum Thema: http://video.google.com/videoplay?docid=-2537804408218048195#docid=8862164735311239449



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 28.04.2010, 23:21


    Teilnahme an lokalen Anlässen
    von den Brüdern KITABI

    Ein wichtiger Schritt in Richtung gesellschaftliches Engagement sind Teilnahmen an lokalen Anlässen (Dorf, Stadt, Gemeinde). Zu diesen gehören Messen, Stadtfeiern und andere lokale Feste. Dieses Vorhaben setzt aber auch voraus, dass wir als Muslime uns darüber informieren, welche lokalen Veranstaltungen während eines Jahres stattfinden. Um auf dem neusten Stand der Dinge zu sein, ist wiederum ein erstmaliger Besuch eines solchen Anlasses eine gute Annäherung. Nach einigen passiven Besuchen kann auch aktive Hilfe bei manchen Anlässen angeboten werden.

    Allerdings muss beim ersten Kontakt mit den Nichtmuslimen an solchen Veranstaltungen beachtet werden, dass der Grund der Teilnahme nicht als eine missionarische Aufgabe gedacht ist oder als solche aufgefasst wird. Deshalb soll man sich einfach wie jedes andere Gemeindemitglied bzw. Stadt-/Dorfbewohner verhalten und nur aufkommende Fragen in Bezug zum Islam beantworten. Das Ziel dieses Engagements ist es nämlich nicht in erster Linie Teblig zu betreiben, sondern, sich als Muslim zuerst einmal in sein nächstes Umfeld zu integrieren und womöglich auch zum Wohle der Gesellschaft etwas Nützliches beizutragen. Man soll demnach in erster Linie Menschlichkeit walten lassen und als offene und ehrliche Persönlichkeit auftreten. Denn primäres Ziel dieses Engagements ist es, Kontakt zu den Nichtmuslimen in der Umgebung aufzunehmen und ihnen im Gegensatz zum klischeehaften Bild eines Muslims, das in den Medien propagiert wird, einen friedfertigen, hilfsbereiten und der Gesellschaft nützlichen Muslim vorzustellen, sowie es auch Allah (st.) im Koran von uns fordert.

    Zu diesen lokalen Anlässen kann man entweder alleine hin oder als eine Gruppe von interessierten Muslimen, jedoch sollte hierbei wieder beachtet werden, dass man nicht als eine Gruppe von „Missionaren“ verstanden wird.

    Man soll auch Anlässe aussuchen, die einen interessieren, denn nur dann kann man auch wirklich ehrlich sein und in erster Linie als ein Teil des Volkes auftreten und in Diskussionen, zum Beispiel, in verschiedenen Themenbereichen und zu verschiedenen lokalen Problemen konstruktive Meinungen und Lösungsvorschläge liefern.

    Falls bei solchen Anlässen von Seiten der Nichtmuslime Diskussionen mit provokanten Fragen in Bezug auf den Islam begonnen werden, und das wird wohl in den meisten Fällen vorkommen, sollte man immer die Sache langsam und verständnisvoll angehen. Nur so kann man zeigen, dass der Islam eine friedfertige Religion ist und von allen Muslimen verlangt, dass sie der gesamten Gesellschaft, inklusive aller Nichtmuslime, behilflich und nützlich sind.

    Ehrenamtliche Arbeit

    Es ist eine Tatsache, dass wir Muslime uns zu wenig um unsere Freunde, Bekannten und um unser nächstes Umfeld kümmern. Dies kann angefangen bei Krankenbesuchen von auch nichtmuslimischen Freunden, bis hin zu wohltätigen Anlässen, wie gratis Essen im Ramadan, Waldaufräumen und Blutspendeaktionen sein.

    Diese Wohltätigkeitsveranstaltungen können solche sein, die von Nichtmuslimen organisiert wurden und bei denen wir Muslime mitmachen oder sie könnten auch von Muslimen für die allgemeine Gesellschaft organisiert werden. Letzteres wäre für uns einen grösseren Aufwand darstellen und dabei liefe auch noch die Gefahr, dass die Wohltätigkeiten nur in Kreisen von Muslimen und für Muslime gemacht werden. Wogegen Veranstaltungen, welche von bereits gebildeten nichtmuslimischen Wohltätigkeitsvereinen erstens kleineren Aufwand brauchen und zweitens die Zusammenarbeit mit Nichtmuslimen für Nichtmuslime fördern.

    Durch solche Aktionen erscheint der Islam nicht mehr fälschlicherweise als eine egoistische Religion, deren Mitglieder nur Gutes für die Anhänger ihrer eigenen Religion tun, sondern durch genau solche Aktionen, die dem Wohle aller dienen, werden dann endlich auch die Tugenden des Islams wie Nächstenliebe und Gerechtigkeit ersichtlich. Denn der Prophet Muhammed (s.a.w.) sagte in einem Hadith: „ Der beste von euch ist der, der der Gesellschaft am nützlichsten ist.“ Hier wird kein Unterschied zwischen Muslim und Nichtmuslim gemacht, sondern es ist von einer allgemeinen „Gesellschaft“ die Rede.

    Man kann sich in Moscheen versammeln und zu Wohltätigkeitsveranstaltungen wie Blutspenden gehen. Das verlangt aber auch Kontakte mit Wohltätigkeitsvereinen, die in solchen Angelegenheiten langjährige Erfahrung und nötige Mittel haben und auch öfter solche Veranstaltungen organisieren. Somit hätten wir mit wenig Aufwand Grosses erreicht und ausnahmsweise einmal für eine gute Schlagzeile über Muslime gesorgt. Umgekehrt wäre auch zum Beispiel ein Besuch in einem Altersheim, von Muslimen organisiert, naheliegend. Dann könnten wir als Unterstützung verschiedene Wohltätigkeitsvereine zur Hilfe bitten. Somit hätten wir nicht nur Gutes getan und bedürftigen Menschen geholfen, sondern hätten auch etwas Gutes für die allgemeine Schweizer Bevölkerung getan und einen wichtigen Schritt in Richtung Integration und friedliches Zusammenleben gemacht.

    Mitgliedschaft in lokalen politischen Parteien

    Durch eine aktive Mitgliedschaft in lokalen politischen Parteien, wären wir hinsichtlich politischer Ereignisse nicht nur auf dem neuesten Stand, sondern hätten auch anstatt uns dauernd über die Entwicklung dieser politischen Zustände zu beschweren auch einmal die Chance, direkt an der Front Ideen und Lösungsvorschläge einzubringen.

    Die Wahl, in welcher Partei einer mitmachen möchte, sollte jedem selbst überlassen sein. Denn Politik ist nicht Islam und Islam ist nicht Politik. Deswegen sollte jede Partei in Frage kommen, je nachdem, welche den politischen Überzeugungen eines jeden entspricht. Denn nur wer aus Überzeugung spricht und seine Überzeugungen mit den Überzeugungen der Gruppe vereinen kann, kann auch produktive Ideen liefern.

    Tatsache ist auch, dass die wahren Interessen der Muslime kaum in der Schweizer Politik noch in den Medien vertreten werden und somit nur „Interessantes“, islamisch Unkorrektes, Grausames über Muslime, wie die Verbindung des Islam mit dem Terrorismus, präsent ist. Deswegen sollten wir uns statt faul zu sein und uns nur über Entscheidungen zu beschweren, auch einmal in das politische Geschehen, zumindest im lokalen Raum, einmischen. Denn wenn keiner dabei ist, um die wahren Interessen des Islam zu vertreten, kann von „muslimischer“ und nichtmuslimischer Seite der Islam für Machtzwecke missbraucht werden. Das Resultat sind dann Missverständnisse und daraus folgende Vorurteile, die wiederum zum Beispiel zu fatalen Fehlurteilen, die vom Grossteil der Schweizer Bevölkerung gefällt werden (Minarettinitiative!) führen.

    Schon nur die Präsenz der Muslime in den lokalen politischen Parteien würde zeigen, dass Muslime ihre Anliegen auf zivilisierte Art ausdrücken können. Anstrebenswert wäre hierbei eine Plattform, in der friedfertige Diskussionen geführt, Spannungen auf eine professionelle Art abgebaut und auch die friedfertigen Absichten der Muslime auf eine verständliche Art der Öffentlichkeit präsentiert werden.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 30.05.2010, 09:38


    Bismillahi Rahmani Rahim

    Gemeinschaft

    Gemäss dem heiligen Qur’an wurde alles im Universum im Zusammenklang sowie in Gemeinschaften erschaffen. Planeten treten in Haufen, in (mehr oder weniger) geschlossenen Systemen auf, Pflanzen auf der Erde treten gehäuft auf, Tiere in Herden, Vögel in Schwärmen.

    Es gibt kein Tier auf Erden, noch ein Wesen, das auf seinen Flügeln fliegt, das nicht Gemeinschaften bildet wie ihr. (Qur'an 6:38 )

    Und alle diese Gruppen sind wiederum untereinander auf subtile, diffizile Art vernetzt. Sogar Lernprozesse, die einzelne Vertreter z. B. einer Tiergruppe durchmachen, übertragen sich auf andere Vertreter dieser Gruppe an entfernten Orten, wahrscheinlich ist „Bewusstsein“ ein Allgemeingut, das eigentlich jedem dafür Offenen überall zugänglich ist. Alles im Universum ist verbunden, ist vernetzt auf eine Art und Weise, die nur ALLAH subhanahu wa taala mit Seinem Wissen umfasst. Es gibt kein einziges Teilchen, das für sich selbst existiert, ohne mit dem gesamten Rest verbunden zu sein. Nichts ist sozusagen „frei und unabhängig“. Entweder es fügt sich ein in den harmonischen Zusammenklang des Ganzen oder dann wird/macht es krank und stirbt ab. Auch Krankhaftes ist Teil dieses Ganzen aber mit im Vergleich zum Ganzen viel begrenzterem/r Lebensraum und - dauer!

    Der Mensch hat nun die Möglichkeit, für sich den Weg des Sich- Einfügens in diese Ganzheit zu wählen in Harmonie. Oder er kann sich dagegen entscheiden und damit Leid und Krankheit über sich selbst und in die Schöpfung bringen. Er kann auf diese Weise „Erfahrung sammeln“ und Lernprozesse durchschreiten. Auf jeden Fall aber hat Gott uns für diesen Weg ausgerüstet, er hat uns Seine Propheten gesandt um dem Menschen Seine Rechtleitung zu überbringen. Und ER subhanahu wa taala hat diese Rechtleitung und Ermahnung auch explizit an menschliche Gemeinschaften gerichtet.

    Im Qur’an, Surat al A‘raf kann man dazu folgendes nachlesen:

    Auch von Musas Leuten gibt es eine Umma (Gemeinschaft), die mit der Wahrheit rechtleiten und danach Gerechtigkeit üben. (7:159)

    Und Wir zerteilten sie auf der Erde in Gemeinschaften. Unter ihnen gab es Rechtschaffene und solche, die dies nicht waren. Und Wir prüften sie mit Gutem und Bösem, auf daß sie umkehren mögen. (7:168)

    Und unter denjenigen, die Wir erschaffen haben, gibt es eine Gemeinschaft, die mit der Wahrheit rechtleitet und nach ihr gerecht handelt. (7:181)

    Surat al Waqia erwähnt in Ayat 7 die drei „Azwag“ (Zaidan: „Zweiheiten), die als Weggenossen in die der Rechten, der Linken und der „Muqarrabun“ (Zaidan: „am nächsten Stehenden“) eingeteilt werden.(Ayat 8 bis 10).

    Die Gemeinschaft ist also ein Teil des menschlichen Lebens, der in allen ihr eigenen Aspekten im Qur’an behandelt wird und auch in der Sunna, in den Aussprüchen und der Praxis unseres Propheten Muhammad wird die Gemeinschaft der Muslime hochgehalten und ihre Konditionen werden definiert.

    Der Prophet Muhammed (Friede und Segen Allahs sei auf ihm!) hat gesagt:

    „Wer sich eine Handbreit von der Gemeinschaft trennt und so stirbt, stirbt den Tode der Dschahiliyya.“ (Hadith Buchari)

    Ibn `Umar (ra) berichtete, dass der Gesandte Allahs (sas) sagte:
    „Allah lässt die Gemeinde Muhammads nicht irren. Allahs Hand ist mit der Gemeinschaft. Und wer (von ihr) fernbleibt, der wird im Höllenfeuer verbannt sein." (Tirmîdhî)

    "Ich befehle euch fünf Dinge:
    1) ständig in der Gemeinschaft zu bleiben,
    2) Gehorsam und 3) Folgsamkeit gegenüber dem Führer,
    4) die Auswanderung und
    5) die Anstrengung auf dem Wege Allahs.
    Denn wahrlich, wer sich auch nur eine Handspanne von der Gemeinschaft der Muslime entfernt, der hat sich vom Bund des Islam losgelöst, es sei denn, er kehrt wieder in die Gemeinschaft zurück. Und derjenige, der die Muslime dazu auffordert, einem (dem Islam widerrechtlichen) Brauch der Unwissenheit zu folgen, der wird ins Höllenfeuer eingehen, auch wenn er gefastet und gebetet hat, und behauptet, dass er ein Muslim sei." (Tirmîdhî und Ahmad Ibn Hanbal)

    Wir Menschen können uns also der Tatsache nicht entziehen, dass wir im Diesseits wie im Jenseits Gemeinschaften, Gruppen bilden. Schliessen wir uns nicht bewusst einer Gemeinschaft an, ordnen wir uns „automatisch“ einer anderen zu. Dies gilt ebenso für Teilbereiche des Lebens. In jedem der Teilbereiche wie dem Erwerb des Lebensunterhalts, in der Handhabe unserer Differenzen untereinander, in der Regelung unserer Familienangelegenheiten, unseres Bildungs – und Sozialsystems unterliegen wir gemeinschaftlichen Vereinbarungen. Wir können vieles mit den Vorstellungen der Nichtmuslime vereinbaren, sicher aber nicht alles; sicher auch nicht die Vorstellung eines („säkularen“) Staates, in dem die Rechtleitung Allahs in vielen gemeinschaftlichen Angelegenheiten keinen Platz hat. Auf diese Weise entfernen wir uns von der Praxis und damit vom Segen und Potential einer muslimischen Gemeinschaft.

    Din al Islam (die Religion des Islam), unsere Rechtleitung, behandelt all die Komponenten, der verschiedenen Lebensbereiche des Menschen in ausgewogener Weise und auf der Basis des gegenseitigen Respekts, der Würde des Menschen, der Barmherzigkeit und der Wahrung sinnvoller Grenzen. Wir besitzen eine ganzheitliche Anleitung zur harmonischen Einfügung in die Schöpfung in allen Bereichen des Daseins. Eine Anleitung zur optimalen Entfaltung des Potentials jedes Einzelnen im Angesicht Gottes sowie in der Gemeinschaft – mit eben dieser Ausrichtung. Im Islam ist das Konzept der menschlichen „Selbstverwirklichung“ explizit nur innerhalb der Gemeinschaft vorstellbar. Fremd ist dem Muslim die Idee der „Verwirklichung“ eines Individuums, das sich als losgelöste Einheit nach einer imaginierten Vorgabe entwickeln und entfalten kann. Nicht, weil man ihm dies nicht „gönnen mag“, sondern weil man weiss, dass es nicht zum Ziel führt, ins Leere läuft. Für den Muslim ist es selbstverständlich klar, dass die Vorgaben, die uns der Din al Islam (Qur’an und Sunna) gibt, die heilbringendsten, förderlichsten für den Menschen sind. Sie sind – wie die Geschichte sowie eigene Erfahrung lehrt - am Besten dazu geeignet, den Menschen und die menschliche Gemeinschaft – zu maximaler Entfaltung jeglichen Potentials sowie zur maximalen Zufriedenheit und Ausgewogenheit anzuleiten, da sie zum Einklingen in die Harmonie der Schöpfung führen.

    Wir befinden uns immer, ununterbrochen im Austausch. Die eigenen Gedanken sind Selbstreflexion (Austausch mit „uns selbst“), ein Spaziergang in der Natur ist „Austausch“ mit der Schöpfung, ein Aufenthalt in der Grossstadt bringt uns in Austausch mit den flimmernden, flirrenden, diffusen Energien dieses Stadtlebens. Vor dem Fernseher befinden wir uns in einem Austausch sowie beim Lesen eines Buches.
    Wenn wir uns mit Menschen austauschen, tun wir dies auf bestimmte Weise und im Rahmen bestimmter allgemein akzeptierter Muster. Arbeiten wir, haben wir vereinbarte Bedingungen dafür. Heiraten wir, lassen wir uns scheiden, erziehen wir, streiten wir, versöhnen wir uns, kochen wir, sprechen wir, kleiden wir uns, fordern wir unsere Rechte ein, erledigen wir unsere Pflichten, gründen wir eine Vereinigung…. tun wir dies alles nach Regeln und innerhalb eines vereinbarten oder sich notwendig ergebenden Rahmens, meistens eben eines gesellschaftlichen, gemeinschaftlichen Rahmens.

    So sind wir also gut beraten, wenn wir unserer muslimischen Gemeinschaft und unseren Vorgaben darin einen hohen Wert beimessen. Wenn wir sie nach bestem Vermögen hegen und pflegen. Wenn wir nach Möglichkeit keinen Bereich des menschlichen Austauschs dem „Zufall“ oder der menschlichen Willkür überlassen sondern uns für die Rechtleitung unseres Din in allen Angelegenheiten entscheiden. Wenn wir unseren Austausch auf allen Ebenen gezielt auswählen, Qualität hochhalten, auch hier uns an unsere Richtlinien halten. Und die Gemeinschaft suchen und pflegen; die Gemeinschaft der „besten der Menschen“. Und uns so der Gemeinschaft aller Menschen auf die beste Weise stellen und uns in sie einbringen in scha Allah!

    [3:110] Ihr seid die beste Gemeinde, die für die Menschen entstand. Ihr gebietet das, was Rechtens ist, und ihr verbietet das Unrecht, und ihr glaubt an Allah. Und wenn die Leute der Schrift geglaubt hätten, wahrlich, es wäre gut für sie gewesen! Unter ihnen sind Gläubige, aber die Mehrzahl von ihnen sind Frevler.

    Al Hamdu Lillahi, Der uns als Teil dieser Gemeinschaft erschaffen hat und mögen wir unserer Aufgabe gerecht werden!

    As Salamu aleikum wa Rahmatullahi

    A.S.M.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 31.05.2010, 15:45


    Burka-Verbot: Motivation und Konsequenzen

    Am 5. April 2010 hat sich das Aargauer Kantonsparlament dafür ausgesprochen, eine Standesinitiative für ein nationales Burka-Verbot zu lancieren. Ähnliche Vorstösse werden in Kürze auch in den Parlamenten der Kantone Bern und Solothurn diskutiert. Es hat allen Anschein, dass neben dem Minarettverbot, eine zweite Freiheitseinschränkung für die Muslime ihren Platz in der Schweizer Verfassung findet. Doch aus welchen Gründen kommt man auf die Idee, die Freiheit dieser wenigen Schweizer Musliminnen verfassungsrechtlich einzuschränken? Welche Gedankengänge stecken dahinter? Hat dieses Verbot vielleicht noch einen anderen Zweck? Und noch wichtiger ist wohl die Frage, ob die Schweiz mit ihrem angeschlagenen Image noch ein weiteres Debakel ertragen will

    Wie schon auch bei der Minarettinitiative begegnet man im Zusammenhang mit dem Burka-Verbot unnachvollziehbaren Gedankengängen und widersprüchlichen Argumentationen. Schon damals hatte man gesagt, dass der Bau von Minaretten nur zu neuen Ansprüchen von Seiten der Muslime führen würde – wie zum Beispiel dem fünfmaligen öffentlichen Gebetsruf, dem Azan. Dabei ist es jedem halbwegs vernünftigen Menschen bewusst, dass ein solches Anliegen wiederum die Zustimmung des Parlaments und des Volkes bräuchte, wofür nicht ein Hauch einer Chance bestände. Oder das berühmteste Beispiel einer Rechtfertigung bei dieser Religionsfreiheitseinschränkung war wohl der Vergleich mit den von der Schweiz als äusserst konservativ und undemokratisch bezeichneten Ländern wie Iran und Afghanistan.
    Anstatt auf Kirchtürme in der Türkei, in Bahrain, in Syrien, Libanon, Ägypten und sogar Iran zu verweisen, nannte man zusammenhanglose Beispiele wie zum Beispiel, das Fehlen von Kirchen in Saudi Arabien – was in etwa vergleichbar mit einem Minarett im Vatikan wäre.
    Wenn es um die Verankerung von Verboten gegen Muslime in der Verfassung geht, vergleichen sich gewisse Schweizer Kreise gerne mit Iran, Afghanistan und Saudi Arabien, in allen anderen Diskussionen aber, sehen sie die Schweiz als eines der europäischen Länder mit den meisten Freiheiten und der grössten Toleranz – als eine „Multi-Kulti-Nation“.

    Man sollte sich also nicht wundern, wenn nun im Zusammenhang mit der Debatte um das Burka-Verbot auf einmal von Kleidervorschriften in Iran und Saudi Arabien die Rede ist. Ausserdem ist die Schweiz neben Belgien, welches vor Kurzem schon ein Gesetz gegen das Tragen von Burkas verabschiedet hat und Frankreich, das auch ein solches Vorgehen plant, das einzige Land Europas, welches eine solche Einschränkung der Religionsfreiheit in Betracht zieht. Auch mit dem Minarettverbot hat die Schweiz mit dem Einschränken von Religionsfreiheit eine Pionierrolle in der EU eingenommen.

    Gegen die Burka hat man ja oft damit argumentiert, dass die Familien die Betroffenen meistens zum Tragen einer Burka zwängen und dass man mit einem Verbot nur Freiheit für die Betroffenen erreichen möchte. Ist es denn wirklich so, dass diese Frauen dazu gezwungen werden? Ist es denn so schwer zu glauben, dass man so etwas aus religiöser Überzeugung tut? Schliesslich hat die Schweiz eine christliche Kultur. Eine Kultur in der man den Brauch hatte – oder sogar immer noch hat – sein Leben in einem Kloster zu verbringen, enthaltsam zu leben und nie eine Familie zu haben; sich für seine Religion hinzugeben. Ist denn die Hingabe einer Nonne denn besser zu verstehen als die Hingabe einer Frau, die nicht auf Familie verzichtet, aber sich für ihr Glauben in der Öffentlichkeit verhüllt? Wie viele Burkaträgerinnen hat man denn befragt, dass man so genau weiss, dass alle diese Frauen zu dieser Bekleidungsweise gezwungen werden? Und auch wenn es solche Frauen gibt, die unter Zwang eine Burka tragen, hätte man denn mit einem nationalen Burka-Verbot nicht allen anderen, freiwillig Burka tragenden Musliminnen ihre Religionsfreiheit geraubt? Wäre ein nationales Verbot wirklich eine vernünftige Lösung?

    Wenn man bedenkt, dass man gegen Nacktwanderer (bei denen es sich nebenbei gesagt um fast mehr Personen handelt als bei Burkaträgerinnen) auf kantonaler Ebene vorgeht, jedoch die religionsbedingte Verhüllung des Körpers auf nationaler Ebene verbieten möchte, dann tauchen Fragen auf. Ist denn die Verhüllung denn schlimmer als das Nacktsein? Oder möchten sich gewisse Kreise einen Vorteil verschaffen, indem sie den Fremdkörper in der Schweiz, den Islam, immer wieder in den Mittelpunkt stellen und dieser noch ziemlich unbekannten und angeblich altmodischen und gefährlichen Religion immer mehr die Bewegungsfreiheit entziehen? Dass man eine Religion oder eine Kultur für politische Zwecke missbraucht hat, kam ja in der Geschichte unzählige Male schon vor und wäre keine Neuheit.

    Dass ein weiteres Verbot für die Muslime eine grosse Enttäuschung ist, ist ja wohl klar, aber was würde die Verankerung eines nächsten freiheitseinschränkenden Artikels in der Verfassung für die bereits angespannten Beziehungen der Schweiz mit dem Ausland bedeuten? Vor allem die Reaktion der muslimisch geprägten Länder wäre für die Schweizer Diplomatie wohl von Nachteil. Es ist nicht zu vergessen, dass in einem dieser muslimisch geprägten Länder immer noch ein Schweizer festsitzt. Eine klare Konsequenz wäre, dass die Schweiz ihr Ansehen als ein "ach so toleranter Staat" nun endgültig verloren hätte.

    Auch wenn man als Schweizer Muslim oder Muslimin einen gewissen Ärger über solche Angriffe auf die Religionsfreiheit verspürt, spürt man immer noch ein gewisses Vertrauen zum Schweizer Stimmvolk und erhofft sich im Endeffekt wie jeder Schweizer, dass die Zukunft Gutes für die Schweiz bringt.


    Gebrüder Kitabi
    Freitagsclub



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 29.06.2010, 11:02


    Bismillahi Rahmani Rahim

    Nafs

    Dieser arabische Terminus findet sich sowohl im heiligen Qur’an als auch in der Sunna und wird auch im alltäglichen Sprachgebrauch immer noch rege benutzt. Die gebräuchlichste Bedeutung von „Nafs“ ist die des „Selbst“, Selbst im Sinne von „Ego“. Nafs ist verwandt mit dem Atem, mit dem Ein- und Ausatmen, dem Zusammenziehen und Loslassen. Der Begriff „Nafsiyya“ bezeichnet einerseits die einem Menschen eigene Haltung, seinen Charakter, auch seine Art zu Handeln. „Nafas“ hat andererseits mit Befreiung zu tun, „Nifas“ bedeutet die Entbindung (Kindsgeburt). „Nafasa“ (Nafisa) ist „wertvoll“. Und schliesslich ist „Ilm al Nafs“ die arabische Bezeichnung für „Psychologie“.

    Nun unterscheidet sich die muslimische Herangehensweise an die menschliche Psyche doch ziemlich grundlegend von dem, was wir als „moderne westliche Psychologie“ bezeichnen, geht weit darüber hinaus. Besonders über den – ohnehin recht veralteten - Ansatz S. Freuds, der den Menschen vor allem auf der Basis seiner Triebseele zu definieren versuchte - und das noch recht einseitig – sie unterscheidet sich aber auch von mehr ins Geistige greifenden Sichtweisen u.a. durch ihre klare Einteilung des Menschen in die Bestandteile, Körper (al Dschassad) Ego (al Nafs) und Geist (al Ruh).

    Vor allem kommt dem Herzen (al Qalb) eine sehr zentrale Rolle in der islamischen Betrachtung des Menschen zu. Das Herz hat einerseits den körperlichen Aspekt, seine Funktion auf diesem Gebiet ist das Pumpen des Blutes durch den Körper durch Zusammenziehen und Loslassen. Das (immaterielle, ätherische) Herz ist nach muslimischer Ansicht aber andererseits der Sitz des Geistes (Ruh). Es beinhaltet auch das „Gewissen“ (al Widschdan), nach dem wir (moralisch) „richtig“ von „falsch“ unterscheiden können. Auf die Existenz dieses „immateriellen Herzens“ weist der Hadith unseres Propheten Muhammad (s.s.) hin „ wahrlich es gibt im menschlichen Körper ein kleines Stück Fleisch – wenn dieses gut ist, ist der ganze Mensch gut, ist es aber verdorben, so ist der ganze Mensch verdorben. Wahrlich, dies ist das Herz.“

    Auch ist das Herz Sitz eines Verstehens auf tiefe und subtile Weise:

    “Sind sie denn nicht im Lande umhergereist, so dass sie Herzen haben können, um zu begreifen, oder Ohren, um zu hören? Denn wahrlich, es sind ja nicht die Augen, die blind sind, sondern blind sind die Herzen in der Brust.” (Quran 22:46)

    Das arabische Wort für Herz, „Qalb“ hat die Bedeutung von „sich drehen und wenden“, das heisst, das Herz ist einerseits Ausgangsort der Weisheit, der Sehnsucht nach Allah, nach der Wahrheit und nach dem Aufgehen in "IHM", ist andererseits aber auch sehr fragil und kann schnell von einem Zustand in einen nächsten überwechseln. Es braucht daher die Ratio (arabisch, al Aql) als Hilfe zu seiner Orientierung. Es ist jedoch auch das Zentrum unseres Selbst und die Zentrale für die Ordnung im Menschen.
    Ist das Herz in tiefem Frieden, herrscht Einklang im ganzen Menschen.

    Die Nafs nun wurde (wie das Herz auch) – vor allem in der Wissenschaft des Tasawwuf (Sufitum) genauer unter die Lupe genommen aber auch von Ibn Sina (Avicenna), der aufbauend auf die griechischen Denker wie Aristoteles und Plato das Selbst in verschiedene Teile, Stufen einteilte.
    Dessen höchste Stufe ist dasjenige Selbst oder Nafs, welches die Fähigkeit zur Unterscheidung (arabisch, al Furqan) besitzt und diese ist dem Menschen als einzigem Geschöpf – ausser den Jinn – zueigen. Der Mensch hat also die Möglichkeit, sich entweder in die göttliche Gnade und Harmonie bewusst einzuordnen, gehorsam zu sein, oder seine Entscheidungen derart zu treffen, dass sie zu Disharmonie, Qual und Schmerz führen. Das „Nafs“ nun ist in seiner Gesamtheit in aller Regel nicht reif genug, um solche Entscheidungen aus sich selbst heraus auf „richtige“ und weise Art zu treffen. Es lässt sich sehr leicht von seinen animalischen Anteilen zu verschiedenen Fehlentscheiden verführen, die auf den ersten Blick attraktiv erscheinen, eine schnelle Erfüllung von Bedürfnissen versprechen, letztendlich aber der grossen Harmonie in die alles eingebunden ist nicht förderlich sind.
    Um derart falsche Entscheidungen möglichst zu vermeiden, braucht der Mensch eine Rechtleitung (al Huda) sowie auch die Beratung mit anderen Menschen seiner Umgebung. Es ist, neben dem BEGREIFEN des Herzens das HÖREN der Ohren auf Richtlinien, die unser Wohl fördern, welches ausgebildet werden muss, um möglichst glimpflich und im Einklang mit der göttlichen Harmonie durchs Leben zu gehen.

    Erfahrungen, die wir machen, ermöglichen mit der Zeit auch eine immer sicherere Reflexion nach innen, die uns aus uns selbst heraus weise Entscheidungen ermöglicht. Aber kein Mensch kann ohne Orientierung an Faktoren ausserhalb seiner selbst sinnvoll agieren.
    Das „Nafs“ ist oft sehr unvernünftig. Es liebt es, seiner eigenen „Eingebung“, im Sinne von „al Hawa“ zu folgen – was soviel bedeutet wie „Wind“, „Luft“ einer Art „Seelenwind“ also. Einfach aus purem„Spass“ und Freude am Experimentieren folgt es spontanen Ideen, die gerade im Moment attraktiv aussehen mögen, sich aber als folgenschwer herausstellen können. Auch der Einflüsterung des Schaitan, des Teufels, möge Allah der Erhabene uns davor bewahren, erliegt dieses Nafs, wenn es sich nicht davor zu schützen weiss. Es kann seinem Hochmut und Stolz, seiner Gier, seinem Neid, seinen Rachegelüsten erliegen und so grossen Schaden verursachen. Es ist gerne faul, nimmt sich selbst zu wichtig, ergibt sich negativen Gedankenkreisen, orientiert sich im Urteilen und Handeln an VORSTELLUNGEN.
    Sich selbst überlassen ist das menschliche Nafs (Ego) ein unberechenbares „Wesen“, das grosse Gefahr in sich trägt, es kann sich unendlich aufplustern und wird zum „Krebsgeschwür“, zum (Zer-) Störer.

    Der Tasawwuf (Sufismus), die „islamische Mystik“, oder der innere Weg im Islam, der sich mit der Verfeinerung des menschlichen Wesens befasst, ist in letzter Zeit von mancher Seite her diskreditiert worden. Dies mag ein Stück weit verständlich sein insofern, als damit sicher einiges Schindluder getrieben wurde. Ernsthafte Sufis, Mystiker, haben selbst immer wieder vor den Gefahren dem Nafs in jeglichem Stadium der „Selbstreinigung“ gewarnt. Immer wieder ist die Gefahr gegeben, das Erworbene zum „eigenen Nutzen“ bezw. zum vermeintlichen Nutzen der menschlichen Triebseele verkommen zu lassen und dies ist gewiss in grossem Ausmass geschehen. Allerdings darf man daraus nicht den Schluss ziehen, diese grosse Wissenschaft deshalb beiseite zu lassen. Meister wie Abu Hamid al Ghazzali oder Abd al Qadir al Jilani (möge Gott ihnen wohlgefällig sein) haben uns grossartige Anleitungen aus ihrer Seelenschau hinterlassen. Anleitungen, die, wie sie selbst immer betonten, nicht anders als unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Vorgaben und Richtlinien des Islam wirksam werden. Umgekehrt aber ist die Einhaltung von Richtlinien ohne die richtige Herzenshaltung mangelhaft bis leer oder kann sich sogar ins Gegenteil des Beabsichtigten wenden.

    Wir haben nun heutzutage – auch durch die Schöpfung von Geld und daher Möglichkeiten aus dem „Nichts“ heraus – einen immens grossen Spielraum für unser „Nafs“ geschaffen (zumindest für einen Teil der Menschen)- Diese Herausforderung als Muslim zu meistern ist eine Aufgabe, die uns an unsere äussersten menschlichen Grenzen bringt, nehmen wir sie ernst!
    Erkennen wir allerdings ihre Dringlichkeit nicht, werden wir gewiss unseren Untergang nicht aufzuhalten vermögen. Es mag sein, dass wir noch eine Weile uns erfreuen an all dem, was uns über die grossen Missstände vorübergehend hinwegtröstet, es kann sein, dass Allah es uns noch eine Zeitlang gewähren mag, unsere Augen und Ohren zu verschliessen. Aber das Erwachen kommt bestimmt. Und es wird uns kein Weg an uns selbst, an unserem eigenen Kern, unserem Herzen und unserer Nafs vorbeiführen bei der Bereinigung unserer Angelegenheit!

    Wohl kann die Erfahrung mit sich selbst, die Erfahrung auch, in all die „Fettnäpfchen des Nafs“ zu treten durchaus lehrreich sein. Kann die Fähigkeit zur tiefen inneren Reflexion in uns schärfen, unser Bewusstsein verfeinern. Und es verleiht uns menschliche Grösse, unsere eigene Fehlerhaftigkeit und deren Konsequenzen zu tragen. Wir sind aber andererseits auch bald an der Grenze dessen angelangt, was ein Mensch überhaupt noch verwerten und ertragen kann, ohne das innere Auge davor zu verschliessen – oder haben diese Grenze vielleicht sogar schon überschritten. Es wird Zeit, Konsequenzen im Handeln zu ziehen. Zeit, unsere Seelen und die unserer Nachkommen zu retten – anstatt uns weiterhin den Abirrungen, ohne daraus Schlüsse zu ziehen, auszuliefern.

    Sowohl das Herz als auch das Nafs bedürfen eines Rahmens, innerhalb dessen sie zur Ruhe kommen können und ihr Potential auf beste Weise entfalten können. Im Islam, in Qur’an und Sunna wird dieser Rahmen auf vollkommene Weise gegeben, wenn man genau HINHÖRT!
    Mögen wir uns endlich wieder dessen in grösserem Umfang bedienen, was wir an Weisheit und Heilung in unserem Din finden und dem schönen Vorbild unseres Propheten sowie seiner rechtgeleiteten Nachfolger folgen!
    Mögen wir diesen Wissensschatz nicht verloren gehen lassen, sondern ihm die gebührende Wertschätzung und die Einbindung in unser alltägliches Leben gewähren – sodass er auch unseren Nachkommen erhalten bleibt!

    Allahumma salli ala Saidina Muhammadin wa ala Alihi wa Sahbihi adjma’in.

    As Salamu aleikum wa Rahmatullahi wa Barakatuhu


    Quellen: u.a. „das Menschen- und Seelenbild im Islam“ von Dr Samir Suleiman und Dipl. Psychologin Chawla Muhammad

    A.S.M



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 29.06.2010, 20:19


    Das islamische Bankwesen als Alternative

    Wer sein Geld mit wenig Risiko und nach islamischen Prinzipien investieren möchte, tut gut daran, sich nach islamischen Banken oder Finanzangeboten umzuschauen. Das islamische Bankwesen (Islamic Banking) als Teilbereich des islamischen Finanzwesens (Islamic Finance) versucht Bankgeschäfte in Übereinstimmung mit dem Koran und der Scharia zu gestalten. Die zentralen Elemente des islamischen Bankwesens sind das Zinsverbot, die Teilung von Profit und Risiko und das Verbot von reinen Finanzgeschäften. Das bedeutet Geld darf nicht Geld schaffen und jedem Geschäft müssen reale Werte zugrunde liegen. Ausserdem ist es verboten in Dinge zu investieren, die der Koran untersagt wie Alkohol, Glücksspiele, unzüchtige Medien, etc.

    Die Re-Islamisierung in den 70er Jahren sorgte dafür, dass islamische Theologen und Rechtsgelehrte theoretische Grundlagen für ein zinsfreies Bank- und Finanzwesen entwickelten. Die Erdölkrise, welche für explodierende Erdöleinnahmen sorgte, führte schliesslich dazu, dass in der Golfregion die ersten islamischen Banken entstanden. Die 1975 gegründete Dubai Islamic Bank war die erste islamische Bank in moderner Form. Zur weiteren Ausbreitung islamischer Banken verhalf die im selben Jahr gegründete Islamic Development Bank (IDB). Die IDB als Unterorganisation der Organisation of Islamic Countries, berät Mitgliedsstaaten beim Aufbau islamischer Finanzinstitute und finanziert selbst Importe für ärmere Mitgliedsstaaten auf der Grundlage islamischer Normen. Mittlerweile koexistieren in fast allen islamischen Staaten konventionelle und islamische Banken.

    Der Durchbruch für islamische Banken kam im Jahr 2007 mit der Finanzkrise. Anders als konventionelle Banken, blieben islamische Finanzinstitute von der Krise weitgehend verschont. Dies liegt in erster Linie daran, dass der Handel mit Schuldpapieren verboten ist. Somit haben islamische Banken zum Beispiel nicht in wertlose amerikanische Immobilien investiert. Auch das Aufteilen von Risiko und Profit zwischen Bank und Anleger sorgte dafür, dass islamische Banken nicht wie andere Banken in risikoreichen Geschäften investierten. Diese Krisenresistenz führte daher dazu, dass zahlreiche Kunden aus Risikoüberlegungen zu islamischen Banken gewechselt haben.

    Der Aufschwung islamischer Banken begann jedoch schon bereits vor der Wirtschaftskrise. Laut einer Studie der Universität Zürich sind die Gründe hierfür einerseits, dass die Accounting and Auditing Organization for Islamic Financial Institutions (AAOIFI) den Weg für kommerzielle Banken geebnet haben um islamische Finanzprodukte anzubieten. Die AAOIFI ist der Dachverband, welcher Standards des Islamic Banking erstellt. Anderseits ist seit dem 11. September die Nachfrage bei islamischen Banken enorm gestiegen, weil sich viele Moslems zunehmend diskriminiert fühlten und daher ihr Geld lieber in islamische Anlagen investierten.

    Laut Zaid el-Mogaddedi vom Institute for Islamic Banking and Finance in Frankfurt umfasst der Markt Schätzungen zufolge 800 Milliarden bis eine Billion Dollar. Die Wachstumsrate beträgt jährlich 15-20 %. Diese Erfolgsaussichten des islamischen Bankwesens führten schliesslich dazu, dass auch westliche Banken wie die amerikanische Citibank und die Deutsche Bank den islamisch regulierten Markt für sich entdeckten.
    Auch in der Schweiz gibt es die Möglichkeit in islamische Finanzprodukte zu investieren. Seit 2006 handelt die Faisal Privat Bank als einzige Bank in der Schweiz vollständig nach den Regeln der Scharia. Daneben bieten auch die Privatbank Sarasin, die UBS und die Credit Suisse islamkonforme Angebote an. Die Rendite bei islamischen Bankgeschäften liegt meistens etwas tiefer als bei herkömmlichen Anlagen, jedoch sprechen religiöse und ethische Überlegungen als auch die Sicherheit für die Investition in eine islamische Bank.

    Gebrüder Kitabi
    Freitagsclub



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    Anonymous - 22.07.2010, 16:47


    Bundesrätin
    Micheline Calmy-Rey
    (EDA)
    Bundeshaus West
    CH-3003 Bern




    Zürich, 14. Juni 2010



    Betreff: Israelischer Terror gegen zivile Bevölkerung und humanitäre Helfer


    Sehr geehrte Frau Bundesrätin

    Zu allererst möchten wir uns für all Ihre Bemühungen um die Freilassung von Herrn Max Göldi aus libyscher Gefangenschaft recht herzlich bedanken und Ihnen unsere diesbezügliche Hochachtung zum Ausdruck bringen. Diese widerrechtliche und launische Antwort auf die Vorfälle in Genf lässt jeden Bezug des libyschen Machthabers zu einer für uns alle verträgliche Realität vermissen. Wir haben seinen ursprünglichen Aufruf zum Dschihad nur als jähzornigen Ruf eines geistig verwirrten Menschen empfunden. Sie können sicher sein, dass die Schweizer Muslime diesen Mann nicht ernst nehmen.

    Wir Schweizer Muslime vom Muslimischen Studenten- und Akademikerverein „Freitags-club“ loben Ihre mutigen Initiativen, Ihre Bemühungen hinsichtlich des Friedens und der Humanität und Ihre klare Haltung zum Völkerrecht. Auch Ihre deutlichen Aussagen auf internationaler Ebene zählen zu den Stärken Ihrer Aussenpolitik.

    Jegliche Handlung Israels scheint aber ein Tabuthema für die ganze Welt einschliesslich der Schweiz zu sein. Dies folgern wir aus der Medienmitteilung des EDA, in der nur „Be-sorgnis“ und „Bedauern“ ausgedrückt und lediglich eine „Untersuchung der Umstände“ verlangt wird. Auf diese Weise schwebt in der Medienmitteilung eine Art grundsätzliches Verständnis für das israelische Vorgehen mit.

    Einmal mehr hat Israel gezeigt, dass jedes Mittel Recht ist, um die palästinensische Be-völkerung von allen Lebensgrundlagen abzuschneiden und im "Freiluftkäfig Gaza“ zu halten. Die Zeit spielt deren Politik in die Hände, wenn den Palästinensern die Lieferung wichtiger Lebensgrundlagen immer länger verwehrt wird. Sobald es nicht mehr auszuhal-ten ist und Palästinenser sich gegen die Besatzung, die Vertreibung und den Landraub wehren, dann legitimiert die Besatzungsmacht Israel ihre Gewalt erst recht damit. Fast scheint es so, dass die Palästinenser sich nicht verteidigen dürfen und nur Israel „legitime Sicherheitsbedürfnisse“ anführen darf. Im Gazastreifen leiden die Menschen infolge der israelischen Besatzung und des Staatsterrors unter unbeschreibbarer humanitärer Not. Es mangelt an allem, was für die Grundversorgung von Nöten ist.

    Israels Vorwand zur Legitimierung des Staatsterrors ist der Antisemitismus. Das Unglück der Juden aber – die Pogrome und der Holocaust selbst – können sicherlich nicht den Palästinensern angelastet werden. Europas Schuldgefühle sind eine Angelegenheit Euro-pas selber und die Palästinenser sehen nicht ein weshalb sie darunter leiden sollen.

    Wir fragen uns, warum die Schweiz mit ihrer humanitären Tradition nicht den Mut hat, diesen barbarischen Akt aufs Schärfste zu verurteilen, wie sie es bei vergleichbaren Ver-gehen anderer Staaten und Akteuren vorbildlich macht. Falls dieser Staatsterror mit der Tötung von neun humanitären Helfern von einem anderen Staat verübt würde, hätte es die Völkergemeinschaft kaum in dieser Art hingenommen. Unser moralischer Anspruch zwingt uns, auch diese mit Menschenrechten unvereinbaren, unmenschlichen und brutalen Aktionen gegenüber der zivilen Bevölkerung zu verurteilen und für Gerechtigkeit ein-zustehen. Wir sind zutiefst bestürzt über den israelischen Staatsterror.

    Als Schweizer Muslime vom Freitagsclub wünschen wir von unserem Land, dass alle zur Verfügung stehenden Mittel eingesetzt werden, um diese Not zu lindern. Des Weiteren bitten wir – gemeinsam mit der SIG Jugendabteilung, der Muslimischen Jugend Schweiz (Ummah) und des Mevlana Kulturvereins Dübendorf – die Bundesregierung diesem per-manenten Unrecht entgegenzutreten und das israelische Vorgehen mit klarer Sprache zu verurteilen. Will die Schweiz ihre Glaubwürdigkeit hinsichtlich der Haltung zu den Men-schenrechten in der Welt nicht verlieren, muss die Vorgehensweise gegenüber Israel und den Palästinensern geändert werden. Folgerichtig müssten militärische, wirtschaftliche und wissenschaftliche Beziehungen zu Israel umgehend sistiert werden, bis Israel das Völkerrecht einhält, uneingeschränkt humanitäre Hilfe in den Gazastreifen einlässt und den Siedlungsbau bzw. den Landraub, die Enteignung und Vertreibung der Bevölkerung ein-stellt.

    Vielen Dank für Ihren unermüdlichen Einsatz und Ihre Bemühungen im Voraus.

    Mit freundlichen Grüssen


    FREITAGSCLUB - Muslimische Studenten- und Akademikerverein



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 26.07.2010, 21:28


    Bismillahi Rahmani Rahim

    Integration
    von Sumaya M.

    Im Zusammenhang mit den Muslimen taucht das Thema Integration in der Öffentlichkeit und in den Medien immer wieder auf. Muslime sollen sich in die hiesige Gesellschaft und Kultur integrieren heisst es – sollen sich anpassen, ist meist gemeint. Von muslimischer Seite her kommt dann oft der Verweis auf den Unterschied zwischen Integration und Assimilation wir integrieren uns gerne, wollen uns aber nicht bloss „assimilieren“ - sowie der Hinweis darauf, dass eine Integration nur bei Offenheit der Mehrheitsgesellschaft für die zu integrierenden Minderheiten mit vielen ihrer Eigenheiten stattfinden kann.

    Das Wort „Integration“ stammt gemäss Wikipedia von lateinisch integrare = wiederherstellen und bedeutet zu Deutsch „Herstellung eines Ganzen“. Hingegen kommt das Wort „Assimilation“ von „similis“, was „ähnlich“ bedeutet und somit soziologisch gesehen die „ Angleichung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen aneinander“ meint.

    Wir sollen und wollen uns also integrieren, nicht aber plump assimilieren.

    Betrachten wir uns einmal das Gebilde einer „Gesellschaft“ als solcher. Kann man eine menschliche Gesellschaft ein statisches, unbewegliches Gebilde sehen, in das „Neues“ sich einfügen muss (das wäre wohl eher „Assimilation“) oder ist eine „Gesellschaft“ als Ganzes nicht per se die Zusammensetzung ihrer Einzelteile? Und: ist eine Gesellschaft etwas statisches, unbewegliches oder ist sie im Gegenteil von ihrer Natur her dynamisch, das heisst, lebendig und ein in steter Bewegung und Veränderung und befindlicher „Körper“? Kann eine Gesellschaft überhaupt gewisse Bestandteile quasi „draussen“ lassen oder können Teile davon sich selbst ausschliessen? Ist dies nicht aus sich heraus unmöglich?

    Unter welchen Voraussetzungen ist man Teil der Körperschaft einer „Gesellschaft“? Allem voran steht – ob seiner Dringlichkeit in der Skala der menschlichen Überlebensnotwendigkeit - wohl der wirtschaftliche Austausch das heisst, die Integration der eigenen Arbeitskraft in das System einer menschlichen Gemeinschaft. Ein Geben und Nehmen erst mal auf wirtschaftlicher Ebene. Man bringt seine Fähigkeiten und seine Arbeitskraft ein, bekommt dafür eine Entlohnung und zahlt an die Gemeinschaft Steuern. Man kauft (mietet) - verkauft (vermietet) eventuell – von anderen Mitgliedern der Gesellschaft die Waren, die für den eigenen Lebensunterhalt nötig sind. Auf sozialer und rechtlicher Ebene ist man ebenfalls auf den grösseren gesellschaftlichen Rahmen angewiesen; in Rechtsfragen sowie in gesellschaftlichen Bereichen wie Eheschliessungen, Scheidungen, Geburten, Krankheit, Tod, bei der Ausbildung der Kinder sowie eigener Weiterbildung – immer ist man als Teil des Ganzen auf andere Teile davon angewiesen. Im besten Falle nicht überwiegend als Empfänger von Leistungen sondern mindestens in gleichem Masse auch als „Geber“ . Teilbereiche dieses Austauschs können auf kleinere Gruppen (bis hin zum innerfamiliären Austausch) reduziert sein – je grösser der Umfang dieser Teilbereiche wird, desto eher wird man von einer „Parallelgesellschaft“ innerhalb der Gesellschaft sprechen.

    Auch bezieht dieser Austausch natürlicherweise immer den seelischen Bereich mit ein. Sobald ich mit Menschen in einen Austausch trete, ist das Seelische von selbst inbegriffen in der Interaktion. Gefühlslagen und Stimmungen, Wertvorstellungen, innere Werte, all dies fliesst mit in jeder Begegnung von Mensch zu Mensch. Und Austausch bedeutet auch aus sich heraus, aktiv und in Bewegung zu sein. Also kann und soll mit „Integration“ auf keinen Fall eine Art maskenhaftes, starres und lebloses sich – Angleichen gemeint sein, ein entleertes Stillhalten oder sich Zurücknehmen, Schweigen, um nicht aufzufallen, um „angepasst“ zu erscheinen, ein äusseres wie inneres Sich - Einfügen ohne zu hinterfragen, als „Klotz“ in ein „Gebilde von Klötzen“. Das nicht.

    Oft taucht das Wort „Kultur“ auf in den Diskussionen über die sogenannte „Integration“: man müsse sich der „Kultur anpassen“, in der man lebt. Abgesehen davon, dass einer der obersten Leitsätze der Demokratie die Akzeptanz und Repräsentanz einer pluralistischen Gesellschaft mit verschiedensten in ihr enthaltenen Elementen ist, in der jeder seine Ansichten und Überzeugungen (seine „Kultur“) vertreten kann, solange er damit niemandem schadet, müssten wir uns überlegen, was denn unter „Kultur“ so verstanden wird. Man kann Kultur als Tradition auffassen, oder aber auch als vorübergehende „Gepflogenheit“. Was heutzutage im Westen gelebt wird, hat wohl mehr mit einer Auflösung jeglicher Traditionen und somit von „Kultur“ in jedem anderen Sinne als in dem der „üblichen Gepflogenheit“ oder dem des „Meinungskonsenses“ zu tun. Oder auch im Sinne von sich „von selbst“ ergebenden Notwendigkeiten im Rahmen eines vorwiegend auf Konsum hin orientierten Systems. Genau hier nun müssen wir Muslime - jeglicher Herkunft – passen. Wir sind Muslime, weil wir unser Menschsein in dieser Welt ernstnehmen und erkennen im Islam ein gottgegebenes Muster, das den Einzelnen wie die Gemeinschaft der Menschen zur seelisch/geistig/körperlichen Entfaltung und zum Heil führt. Wir sind gewahr, dass die Erfüllung vorübergehender – weltlicher – Bedürfnisse nicht unbedingt im Verhältnis 1:1 übertragbar auch dem seelischen Heil förderlich ist. Wir glauben, dass der Weg der menschlichen Seele von ihrem Ursprung und zu ihrer höchsten Bestimmung einer der Läuterung, des Kampfes mit seinen niedrigeren Gelüsten, der Reinigung und des Wachstums ist. Wir fühlen uns beseelt vom Wunsch, uns Gott hinzugeben, ewigwährenden Frieden und Geborgenheit in Seiner erhabenen Nähe und in Seinem Wohlgefallen zu finden. Wir anerkennen das „Gebäude“ des Islam mit seinen vielschichtigen Inhalten als gnadenvolle Rechtleitung und Orientierung um dieses Ziel – mit Hilfe von Gottes Gnade und Barmherzigkeit - zu erreichen – unter aktivem Einsatz unserer Kräfte und Fähigkeiten. Wir können und wollen dieses Ziel nicht um den Preis vorübergehender Bequemlichkeit, Annehmlichkeit und auf Druck von „Notwendigkeiten“ dubiosen Ursprungs aus den Augen verlieren, denn wir erfahren es durch persönliche Praxis immer wieder, dass unsere Religion, unser „Din“ der umfassende Segen für den Menschen als Ganzheit bedeutet.

    Entgegen der Ansicht einiger zeitgenössischer Denker und Meinungsmacher ist Islam (Religion) nicht ein „soziokulturelles System“, entstanden aus dem Bedürfnis des Menschen, seinem Ego Nahrung zu geben und seinen Platz in der Welt zu behaupten. Islam ist im Gegenteil ein göttliches Urmuster für die Seele sowie auch für den Körper, die den Menschen zu seiner besten und höchsten Bestimmung führt. Islam ist wie das Flussbett, in dem der „Fluss Mensch“ und „menschliche Gesellschaft“ fliessen kann. Was als „KULTUR“ an seinen Ufern entsteht – das kann wohl sehr verschieden und vielfältig sein! Das kann und muss sich Zeiten und Landschaften anpassen, ist „flexibel“! Aber der Muslim will/kann weder seinen (seelischen) Ursprung noch seine endgültige Bestimmung aus den Augen verlieren – und das Schöpfen aus seinem Glauben verleiht seinem Leben Farben, Konturen und Kraft.

    Muslim sein kann nicht heissen, passiv, konsumorientiert, gedankenlos zu leben. Muslim sein muss heissen, zu sich als Muslim und somit zu Allah und Seinem Gesandten zu stehen. Muslim sein soll heissen, alle zugänglichen inneren und auch äusseren Ressourcen auf beste und ausgewogenste Weise verfügbar zu machen und zum Wohle der menschlichen Gemeinschaft einzusetzen. Muslim sein muss heissen, dass man sich um das eigene Wohl wie das der anderen Menschen und der Schöpfung insgesamt kümmert und schlaflos ist, wenn man dieses Wohl und Heil in Gefahr sieht. Muslim sein muss heissen, aktiv sein, nicht zu ruhen, solange nicht alles im Gleichgewicht und in einer gesunden Ordnung ist, Verantwortung übernehmen, seine Angelegenheiten in die Hand zu nehmen, nicht einfach geschehen zu lassen.
    Wir wollen und müssen uns also integrieren im Sinne von uns Einbringen auf die beste uns mögliche Weise. Wir müssen und wollen gerne alles zugänglich machen, was wir an Werten in unserem Glauben vorfinden und was wir als Menschen so Gott will, verinnerlicht haben. Gerne wollen wir dies alles pflegen und weitergeben, uns darüber mit Euch austauschen. (Wir wollen dabei weder missionieren noch aber in grossem Umfang in die Schattenexistenz der „Parallelgesellschaft“ abdriften.)

    Wir praktizierende Muslime sind nicht hier auf der Welt um zu schmarotzen und zu belasten, nicht um zur Unordnung beizutragen. Und um es nicht unter den Tisch fallen zu lassen: unsere Scharia (welche wir im privaten Bereich praktizieren, wenn wir z. B. beten), beinhaltet auch die Prämisse, dass wir uns als Minderheit in rechtlichen Fragen der Mehrheitsgesellschaft unterwerfen. Wir sollen zum Beispiel die Verträge, die wir mit den Menschen abschliessen, einhalten! Ihr könnt uns also getrost SEIN sowie auch uns einbringen, uns integrieren lassen! Könnt euch somit EUREM Teil der Integration eurer Anliegen in Ruhe zuwenden…

    Wir freuen uns also darauf, das Projekt der (Re-) INTEGRATION menschlicher Werte und Anliegen gemeinsam und interaktiv zu gestalten!



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 19.08.2010, 13:34


    Lasst die Kinder Kinder sein – Eine Replik
    von Rifa’at Lenzin, Muslimische Co-Leiterin des Zürcher Lehrhauses Judentum-Christentum-Islam

    In ihrem Artikel im Tagesanzeiger, resp. Bernerzeitung vom 16. August plädiert Saida.Keller-Messahli dafür, dass ein Kind Kind sein darf. Dagegen ist nichts einzuwenden. Aber Kinder wachsen nicht im Reagenzglas auf, sondern sind eingebettet in ein familiäres und soziales Umfeld. Dieses kann in religiöser Hinsicht liberal, konservativ, strenggläubig oder – wie in den meisten Fällen – religiös desinteressiert sein.

    Eine sich an religiösen Werten und Traditionen orientierende Erziehung pauschal als „religiöse Programmierung“ zu verunglimpfen geht an der Tatsache vorbei, dass jede Erziehung zu einer Programmierung ausarten kann. Eine säkulare Programmierung, wie sie bei Keller-Messahli aufscheint, ist ebenso wenig hilfreich wie eine religiöse.
    Der Wunsch der Eltern, Kinder gemäss den eigenen Wertvorstellungen und Traditionen zu erziehen ist legitim und wird vom Gesetzgeber grundsätzlich geschützt. Gemäss Schweizerischem Zivilgesetzbuch ist die Erziehung der Kinder Sache der Eltern. Sie bestimmen bis zum 16. Altersjahr auch über deren religiöse Erziehung. Danach entscheidet das Kind selbständig über sein religiöses Bekenntnis. Dass Kinder aus eigenem Antrieb die Wertvorstellungen und Traditionen der Eltern übernehmen und weiterführen ist nicht zwingend, aber auch nicht ausgeschlossen. Der immer wieder unterstellte Zwang zum Kopftuchtragen und die kategorische Aussage von Keller-Messahli, kein Kind würde freiwillig ein Kopftuch tragen, kann ich aus meiner Erfahrung nicht bestätigen.

    Macht das Kopftuch ein Kind zum Sexualobjekt?
    Die Behauptung, dass ein Kopftuch ein Mädchen (wir sprechen hier von Mädchen ab der Pubertät) zu einem Sexualobjekt mache, wirkt angesichts der herrschenden, sexuell aufreizenden Kleidermode und Spielzeuge für die Kinder gelinde gesagt irritierend. Dass die Sexualisierung auch vor Mädchen nicht haltmacht, zeigt ein Blick auf all die kleinen Lolitas auf hiesigen Strassen nur zu deutlich. Dass das Tragen eines Kopftuchs Heiratsbereitschaft signalisieren soll, scheint mir unter heutigen Umständen doch ziemlich weit hergeholt und wird von den Betroffenen wohl kaum geteilt. Solche Zuschreibungen sind problematisch, weil sie das Recht der Betroffenen – Eltern wie Kinder – auf Selbstdefinition negieren.

    Was ist die Aufgabe der Schule?
    Die Schule ist ein Abbild unserer Gesellschaft. Und so multikulturell und vielfältig in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht wie diese ist auch die Schule. Aufgabe der Schule muss deshalb u.a. sein, das Zusammenleben in dieser Vielfalt einzuüben und aufgrund gemeinsamer Werte zu gestalten. Und zu dieser Vielfalt gehört heute halt auch ein Kopftuch. In Art. 2 des Volksschulgesetzes des Kantons Zürich ist dieses Ziel folgendermassen formuliert: „Die Volksschule erzieht zu einem Verhalten, das sich an christlichen, humanistischen und demokratischen Wertvorstellungen orientiert. Dabei wahrt sie die Glaubens- und Gewissensfreiheit und nimmt auf Minderheiten Rücksicht.“ Der Respekt gegenüber den verschiedenen Kulturen, Sprachen und Religionen sowie die Gleichstellung der Geschlechter sind Werte, die vermittelt und gelebt werden sollen. Gelingen kann dies aber nur, wenn alle Schülerinnen und Schüler sich respektiert und akzeptiert fühlen, also auch muslimische Mädchen mit Kopftuch oder jüdische Knaben mit Kippa.
    Die Volksschule des Kantons Zürich kennt keine Vorschriften zur Bekleidung der Kinder. Diese liegt in der Verantwortung der Eltern. Mit dieser Regelung ist der Kanton Zürich bisher gut gefahren; man sollte es dabei bewenden lassen.

    Koraninterpretation
    Saida Keller-Messahlis persönliche Interpretation der relevanten Koranstellen, nämlich dass ein Kopftuch nicht vorgeschrieben sei, wird von Kopftuchträgerinnen offensichtlich nicht geteilt, geschweige denn von Rechtsgelehrten und berufenen Koranexegeten. Über die Aussage, der Koran sei die einzig verbindliche Quelle für Muslime, liesse sich zumindest streiten. Jedenfalls ist es eine Aussenseitermeinung. Zu den unbestrittenen Quellen des Islams gehört ausser dem Koran zumindest auch die Prophetenüberlieferung, wenn man von den daraus abgeleiteten sekundären Quellen einmal absieht.
    Ein „fortschrittlicher Islam“, der sich in den Dienst von Repression und Diskriminierung von Andersdenkenden stellt, auch wenn diese „konservativ“ sein sollten, ist für mich weder ein Fortschritt noch ein Schritt in die richtige Richtung.

    Zürich, 18.08.2010
    Rifa’at Lenzin
    Muslimische Co-Leiterin des Zürcher Lehrhauses Judentum-Christentum-Islam

    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Einen Leserbrief in der Bernerzeitung (siehe Link oben), welcher auf Rifa'at Lenzins Replik hinwies, wurde nicht veröffentlicht (es sollte der Leserbrief 82 sein).

    Zum Thema siehe die Beiträge auch
    HIER: http://www.iphpbb.com/board/ftopic-43715060nx17898-218-30.html#1222 (u. A. die Antwort Hisham Maizars auf die Frage, wie denn dieser Satz (Zum Beispiel: Im Unterricht ist das Kopftuch verboten, auf dem Pausenplatz erlaubt.") mit dem Anspruch der FIDS harmoniere, die Interessen der Muslime zu vertreten.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    Anonymous - 22.08.2010, 11:59


    Sonntag / MLZ; 2010-08-15
    Gleiche Rechte für alle – auch für Muslime
    Gastbeitrag von yahya hassan bajwa *

    Die Nachricht: Der Erziehungsrat des Kantons St. Gallen hat den Gemeinden empfohlen, das Kopftuch an Schulen zu verbieten.

    Der Kommentar: Rechtspopulisten beklagen, dass unser Rechtsstaat immer mehr ausgehöhlt wird. Der Islam habe sich breitgemacht. Das stimmt. Überall finden sich heute Kebab-Läden und Muslime haben sich integriert. Sie arbeiten als Handwerker, in Fabriken, in Büros und auch in der Verwaltung. Wir haben muslimische Nachbarn. Überall stehen Moscheen, die heute nur wegen der Anti-Minarett-Initiative von aussen nicht erkannt werden. Das Schweizervolk hat entschieden: keine Minarette. Dies soll nun automatisch bedeuten, dass es keine Zwangsheirat, keine Gewalt an Frauen, keine Zwangsbeschneidung von Frauen mehr gibt – übrigens wird all dies auch von den meisten Muslimen abgelehnt und bekämpft. Nun, da diese Probleme in den Augen der Minarett-Gegner offenbar gelöst sind, wenden sie sich neuen Aufgabenfeldern zu. Erst entdeckten sie die Burka, die es zu verbieten galt. Nun soll es dem Kopftuch an Schulen an den Kragen gehen.
    Im Koran steht, dass muslimische Frauen ihr Haupt und den Busen bedecken sollen, damit man sie als Muslime erkennt und sie in Ruhe gelassen werden – ähnlich wie dieOrdenstracht der Nonnen. Wie dies zu geschehen hat, entscheidet oft die Tradition in einem Land.

    Kopftuchtragen ist bei muslimischen Mädchen erst ab der Pubertät Pflicht, also in der Oberstufe. Dann sind die Mädchen alt genug, um selbst zu entscheiden, ob sie sich verschleiern wollen oder nicht. Diese Wahlfreiheit muss die Schweiz ihnen lassen.

    Ich weiss: Wir Eidgenossen mussten immer gegen einen Feind ankämpfen und die schweizerische Gesellschaft verteidigen. Doch schiessen wir in diesem Fall nicht mit Kanonen auf Spatzen? In ganz St. Gallen gab es zwei Fälle! Auch ich hatte als Lehrer in all den Jahren nie Probleme mit jungen Frauen, die ein Kopftuch trugen. Interessant, ich hatte bis jetzt nur eine einzige Lernende, die ein Kopftuch trug. Niemand hat sichdaran gestört. Weder die anderen Schulbesucher noch die anderen Lehrkräfte. Es war nicht einmal ein Diskussionsthema! Die Schülerin wurde als eine aufgeweckte und am Unterricht interessierte Person wahrgenommen. Das Kopftuch schien sie in keiner Weise zu behindern.

    Wer das Kopftuch verbietet, muss konsequenterweise auch alle anderen Kopfbedeckungen verbieten: Kopftuch der Muslima, Kippa der Juden, Turban der Sikhs, das Hip-Hop-Käppi und auch das Kopftuch als Modeaccessoire. Wenn man es ernst nimmt, lenkt alles vom Unterricht ab und schlussendlich ist nichts weltanschaulich neutral. Persönlich würde ich problemlos meine Kinder zu einer Muslima mit Kopftuch, einer Nonne in Ordenstracht oder einem Lehrer mit Punkfrisur schicken.

    Ein Kopftuchverbot bedeutete eben nicht Chancengleichheit, Nichtdiskriminierung sowie gesellschaftliche Integration, wie es die Befürworter immer wieder behaupten. Gerade das Gegenteil ist der Fall! Chancen-gleichheit bedeutet, dass auch Minderheiten anerkannt werden. Nichtdiskriminierung heisst, dass man auch miteinem Kopftuch oder einer Kippa respektiert wird. Gesellschaftliche Integration meint eben nicht, dass alle Menschen gleich gestylt sein müssen – wie langweilig würde dabei unser Leben!

    Das Verbot des Kopftuchs an Schulen wäre ein weiterer Meilenstein gegen den Rechtsstaat. Es hat ebenfalls die Chance, durch einen Volksentscheid legitimiert zu werden. Dies trotz dem bereits bestehenden Vermummungsgesetz. Welches Problem wird damit gelöst? Als Schweizer Politiker, der Muslim ist, setze ich mich für unseren Rechtsstaat ein. Einmal mehr muss gefragt werden, ob wir es als überzeugte Demokraten zulassen, dass vor dem Gesetz ein Unterschied zwischen den Menschen gemacht wird. Rechtsgleichheit soll nur noch für eine bestimmte Gruppe gelten. So lösen wir die wahren Probleme nicht – der Umgang miteinander muss geübt werden. Alle sind gleich vor dem Recht, aber einige sind offenbar gleicher als andere. Tragen wir Sorge um die Rechtsgleichheit, die ein Pfeiler unserer Gesellschaft ist. Die Rechtsgleichheit dürfen wir nicht aufs Spiel setzen.

    *Der Autor ist Hochschuldozent und Lehrer, tätig als Einwohnerrat in Baden und Aargauer Grossrat (Grüne). Er leitet die Schweizer Hilfsorganisation Living Education in Pakistan.
    Die externen Kolumnisten und Kommentatoren des «Sonntags» äussern in ihren Beiträgen ihre persönliche Meinung.
    «Das Verbot des Kopftuchs wäre ein Meilenstein gegen den Rechtsstaat.»



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 29.08.2010, 16:13


    Bismillahi Rahmani Rahim

    Haltung zur Verantwortung

    Eine seltsame Bewusstseinsspaltung hat unsere moderne Gesellschaft erfasst. Wenn es um Verantwortung und Schuldigkeit geht, findet man einerseits weitgehend eine befremdliche Gleichgültigkeit in der Haltung dazu. Andererseits wird, im Falle der Abzeichnung von Folgen auch unseres (Nicht- ) Handelns fieberhaft nach „Schuldigen“ gesucht. Schuldigen sogar an grossen Katastrophen, die der Mensch Zeit seines Daseins auf der Erde – zumindest auch - höheren Mächten zugeschrieben hat.
    Es ist gewiss so, dass wir Menschen immer eine Mitschuld an allem tragen, was auf der Erde passiert, sowieso in dieser heutigen Zeit, in der die Mechanismen der Ursache und Wirkung sehr komplex und auf vielschichtige Weise ineinander verwoben sind - und insofern ist dieses Ausschauhalten nach den Verantwortlichen wohl bis zu einem gewissen Grade legitim und richtig. Dennoch ist die Art des Umgangs mit unserer Verantwortung weitgehend schizophren.

    Während im Alltag der gedankenlose Konsum, der sorglose und fahrlässige Umgang mit Ressourcen aller Art, mit über Jahrhunderte überliefertem Wissen und Erkenntnis, mit menschlichen Werten und Möglichkeiten, mit allem, was Gott in jedem Moment an Schönem, Wertvollen, Inhaltsreichen an uns heranträgt, überhandnimmt, möchte man im Falle des Eintritts von Konsequenzen dennoch unbedingt einige wenige spezifisch Schuldige finden und bestrafen. Dies in einer Zeit, in der Korruption in der Politik, Nonchalance in der Erziehung, Verschwendung bei jeglichem Konsum, Achtlosigkeit im Umgang mit sämtlichen Werten Gang und Gäbe sind. Einer Zeit in der der Schuldenberg z. B. aller EU – Länder in die Milliarden geht, Gelder veruntreut werden, zur Kreditrückzahlung nur immer neue Kredite aufgenommen werden. In der auch im privaten Bereich ein höchst verschwenderischer Umgang mit Geld und allen inneren und äusseren Werten vorherrscht, die Haltung dazu achtlos ist.

    Wie sollen z. B. junge Menschen, die in solch einem Umfeld aufgewachsen sind und denen möglicherweise nie beigebracht, nie vorgelebt worden ist, wie und warum man auf seine Handlungen, auf seine Worte, auf seine Haltung achtgeben soll, die selbst oft ein grosses Defizit an liebevoller und achtsamer Zuwendung haben, Verantwortung übernehmen können – die Verantwortung über unseren Planeten Erde mit allem was darauf und darin enthalten ist? Menschen, die nie gelernt haben, ihre Haltung, ihre Sprache, ihren Umgang mit der Natur, mit anderen Menschen und mit dem anderen Geschlecht zu kultivieren? Die nicht gewohnt sind, in Kategorien über den unmittelbaren Moment hinaus zu denken – geschweige denn in ihre Überlegungen ein Leben nach diesem auf der Erde mit einzubeziehen? Wie wollen diese Menschen in Positionen der (politischen) Verantwortung mit dem ihnen Anvertrauten sorgfältig umgehen, wenn das Mass aller Dinge bloss momentane Leistungs- und Profitmaximierung ist?

    Gewiss ist es eine unausweichliche Notwendigkeit, dass Übertretungen des Rechts, Verletzungen der menschlichen Integrität verfolgt werden, dass Vergehen unglaublicher Brutalität, wie sie in der Jugendgewaltszene oder auch in der Welt der sexuellen Entartungen zu finden sind, hart und konsequent bestraft werden. Dass auch Politiker, die ihre Ämter nachweislich verantwortungslos und korrupt ausüben, zur Rechenschaft gezogen werden. Dass Menschen in jeglichen Positionen der Verantwortung und an Schaltstellen für grobe und folgenreiche Nachlässigkeit Rechenschaft ablegen müssen. Unausdenkbar, wenn wir auch dies unterlassen wollten. Aber wir müssen uns wohl davor hüten, Einzelne an den Pranger zu stellen, während wir nicht gleichzeitig auch unseren eigenen, ganz subtilen aber doch oft vorhandenen „Mitanteil“ zu eruieren versuchen. Wirken nicht wir ALLE mit an einem System der groben Fahrlässigkeit auf allen Ebenen? Solange wir nicht mit vollem Einsatz an einer Alternative dazu arbeiten, unterstützen wir es nolens volens. Und wir wären alle wohl gut beraten damit, uns zu besinnen, bevor die ganz schlimmen Dinge passieren.

    Es hat in der Geschichte immer wieder schreckliche Beispiele gegeben für die Kanalisation von „Schuld“ auf eine bestimmte Bevölkerungsgruppe in – oder ausserhalb der eigenen Gesellschaft. Man erinnere sich in unseren Breitengraden an die Hexenverbrennung oder an die diversen Kriege Beispiel Kreuzzüge, Beispiel Judenverfolgung im „dritten Reich“. Immer ging es um das Festmachen eines „Sündenbocks“.

    Mich persönlich schaudert es natürlich, wie wohl die meisten Menschen, wenn ich über die Gräueltaten z. B. jugendlicher Schläger höre. Aber noch schauderlicher ist wohl die Tatsache, dass millionen Menschen ihre Zeit mit Unsinn verbringen, trügerischen Hoffnungen, wahllosem Konsum aller nur möglicher materieller und geistiger Inhalte. Denken wir nur z. B. an die Welt des Internets, des Fernsehens, und an das viele so unglaublich LEERE, inhaltslose, womit man dort beschäftigt wird. Während die reale Welt um uns zugrunde geht.

    Wir haben wohl ein tiefes Wissen mitbekommen über Sinn und Unsinn unseres Tun und Handelns. Auch ein Bedürfnis nach Sinngabe in unser Leben und nach Herstellung eines umfassenden Gleichgewichts. Ebenso das Wissen darum, dass wir Geschöpfe sind in einem gottgeschaffenen Universum. Zum Dienen erschaffen und rechenschaftsschuldig. Wenn wir uns öffnen für diese innere Wahrnehmung, ist der erste Schritt in die richtige Richtung getan.

    Alles im Din (Glaubenssystem) des Islam ist darauf angelegt, den Menschen für seine Aufgabe als Verantwortlicher auf Erden im Blick auf Gott als seinen Herrn zu sensibilisieren und zu formen, soll ihn dazu befähigen, seine menschlichen Fähigkeiten und Neigungen dahingehend zu kanalisieren. Das Glaubensbekenntnis, das Gebet, die Zakat, das Fasten, die Pilgerfahrt nach Mekka und alle detaillierten Weisungen der Scharia sind nichts anderes als Instrumente, um unser tiefes inneres Wissen um die göttliche Ordnung und unsere Position darin freizulegen. Sie haben tiefen spirituellen Wert, sollen uns ganz werden lassen innerhalb des grossen göttlichen Ganzen. Innerhalb des Kontexts, der uns erst befähigt, Verantwortung zu tragen, Schuld und ihre Wiedergutmachung ausgewogen zu handhaben. Der unsere verschiedenen (Ab-) Spaltungen aufhebt, wieder integriert und uns zu Menschen mit seelischem Gewicht macht. Menschen, die sich und anderen weitgehend gerecht werden können, so Gott will.

    Wer es fassen kann, der fasse es….!

    SAM



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 30.08.2010, 23:20


    Der Erziehungsrat
    www.videoportal.sf.tv/video?id=17012ac4-07fb-45c5-9484-338eede30c79

    „Bim Erziehigsrat betontmer dass sichs Verbot nöd gäg Muslim richti, es söllet aber all im Schuelzimmer gliich behandlet werde.“
    Gleiche Behandlung für alle! Keine Ausnahme für die Muslime! Die sollen doch dorthin zurück, wo sie herstammen! Wir sind hier schliesslich in der Schweiz!

    Ja wir sind hier in der Schweiz. Sechs Millionen Schweizer mit anderthalb Millionen Ausländer leben hier auf 41.285 km² zusammen. Aber sind denn die ersteren sechs Millionenalle gleich, dass sie alle die gleiche Behandlung erdulden müssen? Denken die „Erzieher“ denn so? Wen meinen diese „Erzieher“ wohl mit „den“ Schweizern, anhand deren Eigenschaften man Behandlungen auf alle anwenden will? Meint man damit Schwingerkönig, Kilian Wenger, oder doch eher den Lifestyle-Junkie in der Grossstadt? Redet „der“ Schweizer nun Deutsch oder Französisch oder gar Italienisch? Was ist mit den Albanern, die hier auf die Welt gekommen sind, die Schweizer Papiere besitzen, deren Muttersprache zwar Albanisch ist aber keine andere Realität als die Schweizer kennen? Ist vielleicht Albanisch dann die typisch schweizerische Sprache? Falls man in der Agglomeration Zürich wohnt, ist der typische „Agglo-Mensch“ ein Ausländer zweiter Generation und redet zu Hause Albanisch, Türkisch, Serbo-Kroatisch usw. Für jemanden, der hier sein Leben verbringt, sind diese Menschen die typischen, in der Schweiz wohnhaften Menschen. Also müssen wohl die Secondos „die“ Schweizer sein. Zurück zu der Sprachthematik. Die Secondos in der Agglomeration reden einen Dialekt, der als Albanerdeutsch verhöhnt wird. Was aus den Augen gelassen wird ist die Tatsache, dass es diesen Dialekt nur hier gibt. Kann man nun die Aussage wagen, dass dieser Dialekt wohl typisch Schweizerisch ist? Für die Menschen in Bristen im Maderanertal im Schatten des Bristenstocks ist der typische „Schweizer“ ein Bergbauer oder jemand der weiter unten im Tal arbeitet, die Natur liebt, Urner Dialekt spricht und, ganz wichtig, stolz auf den Kanton Uri ist. Vielleicht sind die Zürcher „därt obä“ höchsten halbe Schweizer. Wenn überhaupt.

    Es existieren noch sehr viele andere Welten in der Schweiz. Meist wissen diese nicht um die Existenz anderer, hängen aber im Gesamtsystem zusammen und sind voneinander abhängig. Dies gilt auch für die Welt, in der die lieben „Erzieher“ leben. Die heile frohe St.Galler Welt, die wohl das typischste, urschweizerischste überhaupt ist. Diese muss durch „Gleichbehandlung“ für alle armen, in fremdartigen Welten verlorenen Schüler aufgezwungen werden. Oder so ungefähr denken sie, so hat es den Anschein.

    Ich könnte hier noch sehr viele Worte über die Gefährlichkeit des Versuchs der Vereinheitlichung des gesellschaftlichen Lebens (Stichwort „Gleichschaltung“) verlieren.. Es soll hier aber nur den Menschen, vor allem den „Erziehern“, wieder klar werden, dass die Vielfalt der koexistierenden Welten eine Bereicherung ist und der Versuch diese zu Vereinheitlichen immer mit Zwang verbunden ist. Und dieser kollektive Zwang kann alles zerstören, wofür die Schweiz bis heute gestanden ist. Es müssten sich die hohen Verantwortlichen nun langsam die Frage stellen, ob sie alle Individuen in diesen verschiedenen Welten in eine einzige Vorzugswelt zwangsassimilieren wollen oder doch eher alle Welten und deren Individuen um universelle Werte integrieren möchten.
    Abdullah Mahmood



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 23.09.2010, 23:08


    Bismillahir-Rahmanir-Rahim


    Weltfrieden und Religion aus der Sicht des Islam
    (10-minütige Gastrede des Vertreters der Muslime, Bruder Markus KLINKNER)


    Sehr verehrte Gäste,


    zuerst möchte ich mich bei den Veranstaltern bedanken, dass wir Muslime diesen Sonntagmorgen mit Ihnen verbringen dürfen und bedanke mich für Ihre Einladung - auch im Namen der ‚Vereinigung der islamischen Organisationen des Kanton Zürich’ von ganzem Herzen.

    Es gibt wohl kaum ein umfassenderes Thema als den Weltfrieden oder eben, den Frieden auf der Welt. Lassen sie mich also als Muslim den Islam in Bezug auf den Weltfrieden etwas durchleuchten:

    Der Name ‚Islam’, leitet sich direkt aus dem Stamm des Wortes ‚salam’ ab, was ‚Frieden’ bedeutet und Muslime grüssen sich weltweit mit ‚assalamu’alaikum’ was bedeutet ‚der Friede sei auf Dir’ und, freuen sich auf die Antwort ‚wa alaikum salam’ – also ‚und (auch) auf Dir sei der Friede’. Ein Grussform, die übrigens auch die arabischen Christen untereinander verwenden. Und im selben Sinne kennen Sie sicher auch das häbräische ‚shalom’.

    Daher wünsche ich Ihnen gerne ‚assalamu’alaikum’.

    ‚Islam’, der Name meiner Religion, bedeutet vom Wortstamm her aber noch mehr, nämlich nebst ‚Frieden’ auch ‚Hingabe’. Daher verstehen wir ‚Islam’ als ‚die Religion und Lebensweise der Hingabe zum Frieden’ und ‚Friedensstiftens’.

    In den islamischen Botschaften und Schriften – unserem ‚Kanon’ – dem ‚Koran’ (das Wort Gottes) und der ‚Sunnah’ (dies sind die persönlichen Aussprüche und Lebenshandlungen) des Propheten Muhammad (saw) werden die verschiedenen Bereiche der Friedensstiftung einzeln und sehr detailliert erklärt und zwar in all jenen Bereichen, die für den Menschen relevant sind.
    Daher soll der Mensch mit sich selbst und Gott im Reinen sein. Dies ist die Basis um mit der Welt, die ihn umgibt im Frieden zu leben.
    Dann, soll der Mensch Frieden mit seiner Familie und seinen Mitmenschen schliessen. Und schliesslich, im Frieden mit Gottes Schöpfung und der Umwelt leben.

    Und, ein Mensch, der versucht Frieden zu verwirklichen heisst arabisch ‚Muslima’ bzw. ‚Muslim’.

    Leider, ist der Mensch oft unwissend oder er vergisst als fehlbarer Mensch zu häufig, wozu er erschaffen wurde und wie er sich benehmen soll. Terror und anderes Unrecht können und dürfen nicht einer Religion angelastet werden.

    Terror hat keine Religion.

    Für die Friedenssicherung legt der Koran in aller Klarheit die selbstständige und freie Willensbildung des Menschen als Grundlage für Freiheit an und verbietet dadurch jeden „Zwang gegenüber der eigenen Überzeugung“.
    Gottesdienstliche Handlung, die nicht durch eigenen freien Willen vollzogen werden - also durch Zwang entstehen - werden von Gott nicht angenommen.

    Damit verbietet der Islam beispielsweise; Glaubenszwang, Repression oder Tyrannei und deren Ableitungen wie Rassismus oder Unterdrückung des jeweils anderen Geschlechts. Ein Beispiel das ich hier ad expressia nennen möchte ist, dass der Islam die Zwangsehe seit über 1400 Jahren klar verbietet und gerade – wie im Koran und der Sunna geboten - Gleichwertigkeit zwischen Mann und Frau, die Rechtspersönlichkeit von Mann und Frau und die wirtschaftliche Vollmündigkeit von Mann und Frau bis hin zum Scheidungsrecht gebietet.

    Neben solchen friedenssichernden, persönlichen Geboten sind gesellschaftliche Gebote wie das Spenden an die Armen, der Schutz der Weisen, die Witwenfürsorge, oder die Verhältnismässigkeit in der Notwehr und vieles mehr - wie z.B. der erwähnte Frieden mit der Umwelt – einer jeden Muslima und jedem Muslim Pflicht; ebenso wie das friedliche Miteinander, auch zwischen den Religionen.

    Damit ist der Frieden nicht nur im Sinne ‚keine Gewalt’, sondern auch der Frieden mit den Namen ‚Soziale Gerechtigkeit’, ‚Rechtsstaatlichkeit’ oder ‚Umweltschutz’ seit je her inhärentes Elemente der muslimischen Friedenspflicht.

    So heisst es im Koran: ...denn Versöhnung ist das Beste. (4:128)

    Und, da wir in einem mehrheitlich von Christen bewohnten Land sind, möchte ich im Speziellen folgendes aus dem Koran erwähnen:

    Und streitet nicht mit Angehörigen der Schrift (gem. Christen und Juden); es sei denn am wohlgefälligsten (gem. mit Respekt und durch gute Argumente), außer mit diejenigen, die ungerecht sind. Und sprecht: Wir sind überzeugt von dem, was zu uns herabgesandt wurde und was zu euch herabgesandt wurde; und unser Gott und euer Gott ist Einer; und Ihm sind wir ergeben. (29:46)

    Unser Prophet Muhammad (saw) hat gesagt:
    Soll ich euch mitteilen, was noch besser ist als Fasten, Gebet und Almosen?
    Es ist: Aussöhnung schaffen. (Sunna - Abu Dawud, Tirmidhi)

    Daher wundert es kaum, dass bei der Erarbeitung moderner Verfassungen, wie etwa diejenige der Vereinigten Staaten, die Verfassung von Medina herangezogen wurde.

    Oder, ein schönes Beispiel einer friedlichen Welt, war das Licht der Freiheit, des Respekts und der Wissenschaft im muslimischen Spanien zwischen dem 8. und 15 Jhdt. Dies war nicht nur die Blüte der Philosophie und der respektvollen interreligiösen Harmonie, sondern brachte Europa die Renaissance, vermittelte die Grundlagen der Aufklärung und es entstanden die ersten wissenschaftlichen Universitäten. So entstand die erste Universität, wie wir sie heute kennen im 9 Jhdt. in Marokko, gegründet von einer Muslima – Prinzessin Fatima.

    Zu den zahlreichen Belegen der Friedensstiftung durch die Religionen heutzutage zählen – um nur zwei konkrete Beispiele zu nennen – die Vermittlung der Katholiken (Sant Egidio Laienbewegung) zwischen Bürgerkriegsparteien in Mosambik. Nur diese Vermittlung führte zu einem Friedensvertrag. Oder, die Rolle der ruandischen Muslime, die dem Völkermord - mit Berufung auf den Koran - entsagten und christlichen Tutsi stattdessen Unterschlupf in ihren Moscheen gewährten.
    Religion kann also eine aktive friedensfördernde Wirkung haben und dieses ‚Aussöhnung schaffen’, wie es der Prophet (saw) nannte, müssen WIR dem angelasteten Image der Religionen als Konfliktauslöser – Stichwort ‚Glaubenskriege’ – durch Wissen und Ermahnung entgegengehalten.

    Der deutschsprachige ‚Rapper’ Amar 114 formulierte es etwas kürzer: „wir Muslime lieben den Frieden und wollen in Frieden leben“.
    Damit bin ich ‚schon’ fast am Schluss angelangt und bitte Sie, lassen sie uns gemeinsam diese ‚aktive friedensfördernde Wirkung’ der Religionen zusammen und für den Weltfrieden – im Namen Gottes - entfalten.

    Da, leider nur zu oft – ohne uns Muslime - über den Islam gesprochen wird, nehme ich die heutige Gelegenheit wahr Sie persönlich einzuladen ihre Fragen an uns zu stellen sowie mit uns Muslimen zu sprechen und besuchen Sie uns in unseren Moscheen, z.B. am 6. November am ‚Tag der offenen Moschee’.

    Sie erreichen mich und die Vertreter der Zürcher Muslime ganz einfach über www.vioz.ch.

    Herzlichen Dank
    Assalamu’alaikum



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 24.09.2010, 09:17


    Von der „Verjudung“ zur „Islamistenpartei“GASTKOMMENTAR VON FARID HAFEZ (Die Presse)
    Die antisemitischen Strategien um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert ähneln den Strategien der zeitgenössischen Islamophobie der FPÖ.

    Sie werden feststellen, dass im Wien-Wahlkampf die Linie eine andere sein wird als vor einigen Jahren. ,Daham statt Islam‘ wird es nicht mehr geben.“ Das waren die Worte des FPÖ-Vize-Parteiobmanns Norbert Hofer am 20. Mai 2010 in einem „Standard“-Interview. Mit dem Wiener Blut wurde die Ansage auch schon wieder großflächig gebrochen. Das verwundert niemanden. Versprechen haben generell ein schnelles Ablaufdatum bei den Rechten.

    Mit der gekonnt geplanten Provokation des Wiener Blutes ist es ihm ganz in rechter Manier gelungen, Grenzen zu überschreiten, Tabus zu brechen und damit die Schmerzgrenzen für den politischen Geschmack weiter auszudehnen. Dass hier mit einer Zweideutigkeit per se „rassische“ Kategorien wieder aufgenommen wurden, erscheint nicht nur wie eine Rückbesinnung auf den alten Rassismus, der den verkleideten Rassismus (manche sprechen auch von einer Wende hin zu einem Kulturrassismus oder Kulturfundamentalismus) bereits abzudanken geschienen hat.

    Nachdem der „Wohlfühlwahlkampf“ à la „Mehr Sicherheit, mehr Respekt, mehr Gerechtigkeit“ etc. vorbei ist, scheint sich hier vor allem ein historischer Vergleich aufzudrängen: der von Antisemitismus und Islamophobie. Konkret: die antisemitischen Kampagnen quer durch eine Anzahl deutsch-nationaler Parteien im Laufe der Geschichte mit den islamophoben Attacken der heutigen FPÖ.

    Forderung nach Kontrolle der Synagogen
    Dass es in den rhetorischen Strategien führender FP-VertreterInnen sowie in deren politischen Forderungen bereits eine Unzahl von Parallelen zu den Hetzen gegen die Juden um die Jahrhundertwende gibt, ist kein Geheimnis. Die Forderung nach Kontrolle von Predigten in Synagogen und Moscheen, deren architektonische und bauliche Beschränkungen, die Assimilationsforderungen gegenüber scheinbar unintegrierten und unintegrierbaren muslimischen und jüdischen BürgerInnen. Auch die berühmte Schächtthematik wird heutzutage immer wieder in Flugblättern thematisiert. Ganz, wie damals gegen die jüdischen Tiermörder gehetzt wurde.

    So wie damals von der „Zersetzung“ des deutschen Volkes gesprochen wurde, so wird heute von der „Islamisierung“ Europas und Österreichs und dem damit zusammenhängenden Verlust der christlich-europäischen Identität des Abendlandes gesprochen. Zwar wird hier meist nicht mehr rassisch argumentiert, was aber aufgrund des Konzepts des Ethnopluralismus nur oberflächlich der Fall ist. Denn, so die Rassismusforscherin Karin Priester, Kultur und Blut werden von der Neuen Rechten in einem Konglomerat konzipiert.

    „Islamistenpartei“ SPÖ
    Eine neue Dimension der Parallelität hat sich in den letzten Monaten genau in diesem Punkt verstärkt vorgetan. Ein antisemitischer Topos um die Jahrhundertwende war der der „Verjudung“ der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Da außer den Kommunisten und der SDAP die restlichen Parteien kaum mehr für Juden wählbar waren und in der Führungsebene prominente Persönlichkeiten einen kulturell jüdischen Hintergrund aufwiesen, musste die Sozialdemokratie schon öfters als Synonym für das Jüdische herhalten. Während das Kautsky-Programm von 1882 die Aufhebung aller Vorrechte des Standes, der Herkunft und der Konfession forderte, versuchten die restlichen Parteien am Status quo festzuhalten.

    Heute wird nicht der Status quo verteidigt, sondern werden demokratische Errungenschaften bedroht. So lässt der FP-Obmann mit ähnlichen Vorwürfen von sich hören. Eine oftmals antisemitisch agierende FPÖ wirft in diesem Kontext sogar ihre völkisch argumentierte pro-palästinensische und anti-israelische Haltung über Bord, um im Wiener Gemeinderat eine islamistische Verschwörung zu orten. Die SPÖ, das sei eine Islamistenpartei (Heinz-Christian Strache erstmals am 19. August). Der Beweis: Die Gemeinderatsliste der SP-Wien stelle 36 Kandidaten, „die der muslimischen Glaubensgemeinschaft angehören und die in Vereinen tätig sind oder mit ihnen Kontakt haben, die in Deutschland auf der Terrorliste stehen“.

    Verschwörungstheorien
    Zudem stehe die SPÖ doch „für den Kopftuchzwang und fördert die Unterdrückung der Frau“. So auch das neue großflächige Plakat der Wiener FPÖ. Darin positioniert sie sich als Schützerin der Frauen und unterstellt der SPÖ, sie stehe für einen Kopftuchzwang ein. Lassen wir die inhaltliche Irrsinnigkeit beiseite. Interessant ist die Strategie: Wie damals die Verschwörungen des internationalen Judentums auf nationale Ebene heruntergebrochen wurden und der politische Feind als jüdisch markiert wurde, so werden heute der internationale Terrorismus und das Sinnbild des Islams für die Unterdrückung der Frau zur Markierung der sozialdemokratischen Partei als Islamistenpartei verwendet.

    ("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2010)
    http://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/596432/index.do



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 30.09.2010, 19:02


    Bismillahi Rahmani Rahim

    INTELLIGENT?
    Vor allem angeregt durch ein bestimmtes Buch – wurde das Thema Intelligenz in jüngster Zeit in den Medien verschiedentlich beleuchtet. Es wurden dabei Untersuchungen herangezogen und vergangene Erfahrungen mit der Wertung und Einordnung von Intelligenz neu aufgerollt. Wie weit ist Intelligenz vererbbar, welche Rollt spielt der Einfluss von Hormonen, des Wohnorts, der des sozialen Stands, von seelischem Druck und Stress…? Sind dunkelhäutige Menschen weniger intelligent als weisse, Frauen als Männer? Und was überhaupt kann man als „Intelligenz“ bezeichnen? Ist sie in IQ – Tests messbar oder wohl doch etwas weiter gefasst zu verstehen?

    Es existieren wohl sehr viele, vielschichtige und differenzierte Überlegungen zu dieser Frage. Gehen wir mal zu Wikipedia, wo der Begriff sprachlich erklärt wird als „(wählen)zwischen“ (=inter) und „lesen“ (=legere). Also eigentlich die Fähigkeit, zu unterscheiden zwischen verschiedenen Möglichkeiten die erst mal zu „lesen“, d.h. zu erkennen sind.

    Es fragt sich nun, ob diese Fähigkeit als eine rein geistige Angelegenheit verstanden werden kann, deren Grad gemessen werden kann am Ausmass des Erfolgs z. B. in der Schule oder am Aufstieg im beruflichen Leben. Ob Intelligenz vorwiegend abhängig ist von Schulbildung oder ob andere Faktoren auch eine Rolle spielen - der Rahmen der Intelligenz letztlich anders gesteckt werden darf und soll.
    Auch dazu gibt es mannigfaltige Betrachtungsweisen, verschiedenste Begriffe wurden geprägt wie die z. B. der mathematischen, sprachlichen, emotionalen, sozialen, der „Körperintelligenz“ oder der multiplen Intelligenz. Es zeichnet sich durchaus ein differenzierteres Verständnis des Begriffs „Intelligenz“ ab – wohl aufgrund der offensichtlichen Notwendigkeit, diese in einem weiteren Kontext zu beachten. Ein breiteres Spektrum als das der Intelligenz im rein intellektuellen Sinn bietet zum Beispiel das der (Herzens -)Klugheit oder der (spirituell gefärbten) Weisheit (griechisch „Sophia“) – Basis auch jedes „vernünftigen“ Handelns. Diese könnte als der Rahmen bezeichnet werden, innerhalb dessen jede der verschiedenen „Intelligenzen“ überhaupt ihren Wert entfalten könnten, in Interaktion untereinander – denn ihre verschiedenen Teilbereiche sind voneinander durchaus abhängig.
    Auf den Menschen bezogen gibt es Menschen mit „sozialer Intelligenz“, die den Wert der Gemeinschaft aufrecht zu erhalten und auf beste Weise zu pflegen wissen. Mütter und Väter, die ihre Familien auf kluge, sorgsame Weise zu hüten und zu führen verstehen. Menschen mit „gesundem Menschenverstand“ . Menschen, die mit Gottes verschiedensten Gaben wie der Fauna oder Flora begnadet umzugehen wissen – oder die Fertigkeiten beweisen, welche der Menschheit/der Schöpfung auf verschiedenste Weise dienen können. Alles zusammen bildet hier das vielfältige Gewebe „menschliche Gesellschaft“ und sollte dann eben einer weisen Ordnung unterliegen. An eine „übergeordnete Intelligenz“ angeschlossen sein sozusagen. Denn letztendlich kann man beobachten, dass alles im Universum sich „intelligent“ verhält. Es muss ein aller Schöpfung innewohnendes „Grundwissen“ geben, eine tiefe Weisheit, die sich nach der einzigen Wahrheit ausrichtet und die bewirkt, dass das universelle Gleichgewicht erhalten bleibt. Fast der einzige Faktor, welcher dieses Gleichgewicht - in seinem Umfeld jedenfalls - massiv stören kann ist wohl der Mensch - durch seine „Intelligenz“!
    Blickt man in der Geschichte zurück, wird klar, dass das was die Welt bewegt hat, immer etwas Grösseres war, als die menschliche (Kopf-) Intelligenz. Es gibt zwar mannigfache spannende Exkursionen des Geistes durch alle uns zugänglichen Bereiche des Seins und den Erkenntnisse dieses Geistes muss man eine grosse Faszination zugestehen. Allerdings ist es nie diese menschliche Geisteskraft für sich alleine, die die Welt bewegt – und sehr oft versagen ihre Prämissen auch in der Praxis. Wohl spielt der Verstand im weiteren Sinne eine grosse Rolle beim Erfassen, Ausformen, Gestalten und Ordnen aller menschlicher Angelegenheiten, dieser ist jedoch um einiges differenzierter und subtiler angelegt, als manche (vor allem in einseitigen Kategorien des kurzfristigen Erfolgs denkende) Zeitgenossen glauben machen wollen. Aber auch dieser (menschliche) Verstand hat klar Grenzen in seiner Funktion als Hüter des menschlichen Glücks, Wohlbefindens und Seelenheils. Dieses kann man wohl nicht anders finden als durch Rückanbindung an die grosse alles durchdringende und lenkende „Urintelligenz“.

    Man wird auch finden, dass Menschen auf die Dauer nur erfolgreich und zufrieden sind, wenn sie das richtige Mass einhalten (die Berücksichtigung möglichst vieler Optionen einerseits und deren Einschränkung am richtigen Ort andererseits) sowie sich innerlich mit einem Ziel identifizieren können. Ohne das richtige Mass gerät alles aus dem Gleichgewicht und kann sich nicht halten. Ohne ein Ziel, mit dem sich der Kern Menschen zutiefst identifizieren kann, fehlt bald einmal die Motivation sowie die Fähigkeit zur Wertschätzung und richtigen Einschätzung aller sich bietender Möglichkeiten.

    Diese Ziel und die Mitte in allen menschlichen Belangen zu finden ist der Sinn göttlicher Offenbarungen - deren letzte und einzige in ihrer Urform bis heute erhaltene der Islam ist. Ausgehend vom Ursprung und Ziel aller Existenz, von Gott, Allah, dem Schöpfer, bekommen wir hier umfassende Rechtleitung auf der Basis DER „Intelligenz“ überhaupt. (Dass dies so ist, kann nur durch Praxis erfahren werden.) Wohl ist es letztlich unmöglich, zu unserem Potential auf allen Ebenen vorzudringen ohne diese Anbindung an und Ausrichtung auf unseren Ursprung, unsere letzte Bestimmung. Erst in aufrichtiger Anbindung an die Inhalte und Praxis dieser göttlicher Anleitung werden wir in die Lage versetzt, zu verstehen einerseits und richtig zu wählen, uns richtig zu entscheiden andererseits. Wirklich und umfassend intelligent zu sein! Ausserhalb dieser göttlichen Weisheit müssen wir damit rechnen, dass unsere Art zu wählen, uns immer mehr aus dem Gleichgewicht kippt – bis in den Untergang – und es ist eben gerade die menschliche Intelligenz, die uns solches einbrocken könnte.

    Auf jeden Fall ist es angesagt, eine gesunde, weit gefasste Basis zu finden, bevor kategorisiert, spezifiziert, selektiert und ausgesondert wird. Umfassend zu verstehen und erkennen suchen bevor man die Auswahl trifft! Hierbei darf man natürlich nicht die Augen vor Tatsachen verschliessen und nicht den Mund hindern, Wahres auszusprechen. Aber es muss möglichst die ganze Realität erfasst werden, soweit sie uns zugänglich ist. Das wäre intelligent – und weise!

    Brüder Kitabi



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 30.10.2010, 15:13


    Sinn und Unsinn der Angst
    von Schwester S.A.M.

    Die deutsche Wochenzeitschrift „der Spiegel“ titelte in einer ihrer jüngsten Ausgaben „Macht der Angst – wie ein Urgefühl den Menschen lähmt und beflügelt“. Interessant zu lesen, dass ein Gefühl wie Angst auch „beflügeln“ soll. Bemerkenswert auch, dass ein Magazin, das überwiegend politisch orientiert ist und für seine durchaus pragmatische, schnörkellose Sichtweise bekannt, sich diesem Thema auf der Titelseite widmet und es ausführlich behandelt.

    Andere Magazine und Tageszeitungen thematisieren die Angst oft im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Flaute oder mit dem „Ausländerproblem“. Die Angst quasi als Reaktion auf eine (willkürlich herausgehobene) Gegebenheit.

    Der „Spiegel“- Artikel beginnt mit der Beschreibung zweier Knaben namens Steven und Bill, beide schüchtern, „schutzbedürftig“, von anderen verspottet und verprügelt. Keine „echten Jungs“, in ihrer Ängstlichkeit einigen Mädchen näher. Die Eltern schickten Steven zum Psychologen.
    Dennoch wurde Bill Gates zum reichsten Mann der Welt, Steven Spielberg zu einem der erfolgreichsten Regisseure. Und sie sind in „guter“- oder jedenfalls erfolgreicher – Gesellschaft: viele, auch publikumsgewohnte Menschen wurden von Ängsten, Phobien, Panikattacken gequält.
    Es ist erhebend und erleichternd, zu lesen, dass Angst „eine der mächtigsten Triebfedern des Lebens“ sein soll, dass man gar „ängstlich sein muss, um Grosses zu vollbringen“ (B. Bandelow, Psychiater). Es versieht die Angst, die man ja in der Regel als etwas durchaus lästiges bis höchst unangenehmes empfindet, mit einem Wertetikett, welches ihren „Besitzer“ berechtigt, ein wenig stolz und froh zu sein, etwas so wertvolles sein Eigen nennen zu dürfen.

    Die Disposition zu einer ängstlichen oder angstanfälligen Grundhaltung, so belegen verschiedene langjährige Studien, ist angeboren und bleibt ein Leben lang bestehen. Man kann sie nicht „eliminieren“, kann sie sich nicht „abgewöhnen“. Einzig lernen, damit umzugehen ist möglich und hierbei ist die übrige eigene Veranlagung einerseits und andererseits die Beschaffenheit und das Verhalten der Umgebung ausschlaggebend. Ein verständnisvolles und vertraueneinflössendes Umfeld ist ebenso vor grossem Vorteil wie z. B. Charaktereigenschaften wie Neugier und Lebenslust. Es ist ja auch durchaus vorstellbar, dass sich z. B. Mut und Entschlossenheit neben die Angst stellt und dass man so befähigt wird, dem, was Angst macht, die „Stirn“ zu bieten. (Vielleicht haben die tapfersten Krieger im Grunde ganz viel Angst?!) Auch dies übrigens belegen jene Studien!

    Um dem Verständnis der Angst auf tiefer, metaphysischer Ebene näher zu kommen, wenden wir uns kurz den Überlegungen S. Kierkegaards in seiner Schrift „der Begriff Angst“ zu. Der Philosoph und Theologe Sören Kierkegaard sieht die existenzielle Angst quasi als ersten Schritt aus der „Unschuld“ und „Unwissenheit“ des Menschen hin in Richtung Unterscheidungsfähigkeit, Wahrnehmung der Wahrheit. Die Angst, im Unterschied zur Furcht (vor etwas Bestimmtem, „Greifbarem“) sei „die Wirklichkeit der Freiheit als Möglichkeit vor den Möglichkeiten“! Der menschliche Geist – welcher den Mensch überhaupt erst zum Menschen mache, das Bindeglied zwischen Körper und Seele darstelle - hat Angst „vor sich selbst“ da er „sich selbst nicht loswerden kann“ – aber auch (noch) nicht fähig ist, „sich selbst zu ergreifen“. In diesem („Zwischen“-) Zustand sei das Wissen um Gut und Böse noch verdeckt (denn der Geist neigt dazu, sich als „träumender Geist“ zu verhalten!) und „die ganze Wirklichkeit des Wissens projiziert sich in der Angst als das ungeheure Nichts der Unwissenheit“! *

    Es ist nötig diese tiefe Betrachtungsweise eines gewiss „seelenkundigen“ Menschen kurz zu streifen, auch wenn wir uns im Alltag zumeist mit Ängsten und Befürchtungen reduzierten Ausmasses konfrontiert sehen. Zwar nehmen die grossen, ernsthaften Angststörungen und Panikattacken in unseren Breitengraden offenbar in erschreckendem Mass zu, dennoch sind es wohl die „kleineren“ Ängste, die die überwiegenden Stolpersteine in unseren Leben darstellen. Menschen haben Angst vor (Konfrontation mit) anderen Menschen, vor Krankheit, vor Dunkelheit, vor bestimmten Tieren, vor unerwarteten Ereignissen, die wir als bedrohlich für unser Selbst- und Weltbild einordnen, vor dem Tod, vor dem Leben. Wir haben Angst vor Kontrollverlust, vor Blosstellung, vor dem Versagen, vor dem Vereinsamen, der Sinnlosigkeit. Es gibt zudem verschiedensten „Phobien“ (spezifische Angststörungen), die sich auf – für die Mehrheit der Menschen jeweils – absurde „Angstobjekte“ beziehen können – die am meisten verbreiteten davon vielleicht die Höhenangst, die Angst (in Menschenmengen oder z. B. Liften) eingeschlossen zu sein, Angst, vor Publikum zu sprechen, die soziale Phobie (von Menschen bewertet zu werden), Angst vor dem (allem?) Fremden. Die Angst vor dem Zahnarzt, vor dem Autofahren, Fliegen, (weit hinaus) Schwimmen, Angst vor Schlangen, Spinnen, Zecken, Injektionen…. etc etc. (Man kann die verschiedenen Phobien in Wikipedia nachlesen und darüber - teilweise - staunen!)

    Angst ist grundsätzlich mit dem Gefühl verbunden, dass eine Sache einem „eine Nummer zu gross“ ist, dass man sie nicht versteht, nicht „im Griff“ hat, dass sie einem (noch) fremd ist. Sie gibt einem das Gefühl der Enge, der Bedrohung, der Verstand nimmt wahr oder mutmasst, dass man den eigenen Körper oder die eigene Seele (oder die anderer Menschen, z.B. Kinder) nicht mehr in ausreichender Weise schützen könne. Insofern hat Furcht und Angst natürlich die überaus wichtige Funktion der Sensibilisierung des Menschen (oder des Tiers) zur Erkennung einer Gefahr sowie zur Mobilisierung von Kräften, um dieser Gefahr entgegenzutreten, sie zu „bekämpfen“ – oder ihr auf andere Weise beizukommen bezw. das Objekt der Angst zu meiden. Angst kann – vor allem als diffus empfundene Emotion, ohne festzumachendes „Objekt“, das sie auslöst - aber auch überaus quälend sein, kann Menschenleben massiv beeinträchtigen bis zerstören – vor allem dann, wenn man einen (möglicherweise bloss inneren) „sinnlosen Kampf“ ficht, gegen Bedrohungen, die entweder keine sind, nicht zu orten sind oder denen man mit Abwehr nicht beikommen kann.

    In einer Zeit, in der Angststörungen, Panikattacken beim Einzelnen sowie (natürlich auch von Medien hochgeschaukelte) Massenängste massiv zunehmen, sind wir wohl aufgefordert, darüber nachzudenken, was es mit all dem auf sich hat und wie man die verschiedenen Ängste, Befürchtungen und Phobien (auch Neurosen, Psychosen) handhaben soll, wie man ihnen auf möglichst sinnvolle Weise begegnen kann. Denn der Emotion „Angst“ an sich kann man sich nicht so leicht entziehen. Man ist gezwungen, sich mit ihr auseinanderzusetzen (wie mit allen anderen Emotionen auch) und ihr einen Sinn abzuringen.

    Solange wir also etwas tun können, um Ängsten und Befürchtungen (oder ihren Auslösern bezw. – vermeintlichen - praktischen Konsequenzen) quasi vorzubeugen, werden wir das also tun. Wir können uns und unsere Kinder vor den Gefahren des Lebens allgemein sowie denen des heutigen im Speziellen schützen, indem wir uns selbst wie dem Nachwuchs die bestmögliche Erziehung zukommen lassen. Wir können uns disziplinieren, den „Karren“ nicht einfach laufen lassen, ohne ihn gross zu steuern, der Bequemlichkeit folgend, sondern den eigenen Verstand einsetzen. Wir können uns über alle Lebensbereiche informieren und diese Informationen (massvoll!) anwenden. Können (so Gott will) aus gemachten Erfahrungen lernen und praktische Konsequenzen ziehen. Wir können auch Yoga, Tai – Chi, Kampfsportarten, Sport allgemein machen, uns an der frischen Luft aufhalten, uns sorgsam ernähren, um unseren Körper gesund und im Gleichgewicht zu halten. Bei alldem aber bleibt immer noch ein weites Feld an Gegebenheiten übrig, das ganz einfach nicht unserer Kontrolle unterliegt, dem wir hilflos gegenüber stehen – das also Angst machen kann!

    Die Schwierigkeit ist hier, wie so oft im Leben, dort einen „Punkt“ zu machen, wo wir uns überfordern würden, aus dem Gleichgewicht kommen würden oder Gewalt einsetzen müssten (was grundsätzlich wohl ein Resultat der Überforderung ist) – und das was nun übrig bleibt an Faktoren, die uns bedrohen, einfach stehen zu lassen, zwar wahrzunehmen aber nur auszuhalten. Hier setzen die eher „passiven Strategien“ zur Angstbewältigung ein, die jedoch oft einen genauso grossen Kraftaufwand beanspruchen! (Wie viel Kraft kostet z. B. eine durchwachte Nacht mit Angst und Sorgen um eine/n nicht zur vereinbarten Zeit zu Hause eintreffenden Jugendliche/n – auf dem Handy ist der „Teilnehmer nicht erreichbar“…..!!)

    Die meisten angstbesetzten Situationen allerdings bestehen aus einer Kombination von Aushalten und Agieren. Man kann sich zwingen, jemandem gründlich die Meinung zu sagen, trotz Angst. Man kann sich einfach auf den Sessellift setzen, auch wenn man unter Höhenangst, leidet. Man kann es sogar lernen, (auch sehr grosse) Spinnen (in einem Glas z. B. mit Karton darüber) aus der Wohnung zu entfernen. Und man wird erfahren, dass solche mutigen Aktionen sehr zufriedenstellend sein können, ja, dass grosse Angst eventuell mit der Zeit einem ebenso grossen Gefühl der Freiheit dahinter Platz macht! Auf einmal ist Sesselliftfahren wunderschön, man hat nämlich einen tollen Ausblick, schwebt „über den Dingen“. Im Flugzeug noch mehr, ist doch eigentlich ein tolles Gefühl, zu fliegen! Man kann sich sogar die Vorstellung, im Lift stecken zu bleiben, „schönreden“, denn sie hätte ja den grossen Vorteil, dass man endlich mal Ruhe vom Stress des Alltags hat! (Dieser Aspekt ist sogar realitätsnäher als jeglicher angstbesetzte, denn dass man irgendwann wieder freikommt ist mehr als wahrscheinlich!) ….Na ja, Spinnen entfernen hat mir persönlich noch nie Glücksgefühle beschert – aber zumindest ein Gefühl der Befriedigung – sie sind dann weg!

    Wir können also froh und dankbar sein, wenn wir die Gelegenheit bekommen, uns mit Angstobjekten in der Realität konfrontieren zu dürfen – denn sie dienen als Meilen- (oder doch Zentimeter -) Steinchen auf unserem Weg in die (grosse) Freiheit! Lassen uns dieser Wirklichkeit der Freiheit als Möglichkeit vor den Möglichkeiten näher kommen, die uns „zum Menschen macht“, die uns als geistbeseelten (und bitte nicht bloss träumenden!) Wesen unsere eigene Realität mehr und mehr zu eigen werden lässt!

    Schützen sollten wir uns - in der heutigen Zeit sowieso! - vor allem vor dem, was uns in unserer Traumwelt gefangen hält, unsere Lebendigkeit, Kreativität, unsere Lust an allen Aspekten, allen Herausforderungen des Lebens zerstört, unser Potential als Menschen versickern und erlöschen lässt, uns letztendlich zu Marionetten irgendwelcher verantwortungsloser, für alles Wertvolle gefährlichen Machtstrukturen verkommen lässt und unsere Seelen „verlorengehen“ (weil sich abspalten) lässt! Und somit vor dem Unwissen, vor dem Nichtigen - in der Sprache des Qur‘an al Batil – im Gegensatz zu al Haqq, dem Wahren. (Dass dies übrigens nicht die Muslime und noch weniger der Islam sein kann, muss wohl hier nicht extra erwähnt werden….Und: wir wären nicht Muslime, ginge es uns nicht genau um diese Unterscheidung!)

    Sowieso ist wohl der Grund aller Angst dieser – die Furcht vor dem Abgleiten ins NICHTS. Vor der Auflösung oder Zerstörung alles dessen, dem wir Wert beimessen. Wir können dem nur entgegensetzen, was WAHR und was EWIG ist. Dies ist Gott, ALLAH, unser und allen Lebens Schöpfer und Erhalter.
    Nur indem wir lernen auf IHN zu vertrauen, können wir lernen, uns der Angst in all ihren Ausprägungen zu stellen, sie zu „übergeben“ – auf dass sie sich wandle! Nur in der permanenten Ausrichtung auf IHN in unserem Denken und Handeln sind wir sicher, aufgehoben, als ganze Menschen, nur unter Seinem Schutz ist unsere Entfaltung auf optimale Weise gewährt.

    Bevor wir also, wie z. B. „Steve“ den Psychiater aufsuchen (oder doch zumindest gleichzeitig) sollten wir es damit versuchen, unsere Angst im ganz grossen Sinnzusammenhang zu erfahren – über die Quelle jeder umfassenden Heilung. Denn ER hat uns im Qur‘ an versprochen:

    5:69 Diejenigen, die glauben, und diejenigen, die Juden sind, und die Sabier und die Christen, alle die, die an Gott und den Jüngsten Tag glauben und Gutes tun, haben nichts zu befürchten, und sie werden nicht traurig sein.

    18:29 Und sprich: Es ist die Wahrheit von eurem Herrn….

    *Sören Kierkegaard „Der Begriff Angst/Die Krankheit zum Tode“ marix Verlag, Seite 52



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 30.11.2010, 00:26


    Das Problem mit der Führung
    Von unserer Schwester S.A.M.

    Ganz offensichtlich besteht wo immer man hinschaut – zumindest von den Ausnahmefällen abgesehen, die die Regel bestätigen – ein wahrscheinlich weltweites Problem mit Führung. Führung eines Betriebs, einer Familie, eines Staates, vieler Vereine, Vereinigungen und Gruppierungen.

    Schon mit dem Begriff „Führung“ an sich sind problematische Vorstellungen und Assoziationen verbunden – spätestens mit dem Wort „Führer“ assoziiert jedes einigermassen mit der jüngsten Geschichte vertraute Hirn zumindest auch einen gewissen „Führer“ des „dritten Reiches“ namens Adolf Hitler, der sich aus guten Gründen einen Namen als „Führers“ ins Desaster gemacht hat. Auch hat die 68er- Bewegung und (damit verbundene oder ihr vorausgegangene) verwandte Denkströmungen aus dieser Zeit das Konzept der Führung und Autorität schlechthin – teilweise sicher ebenfalls aus guten Gründen – aufs Korn genommen und kein gutes Haar an ihr gelassen. Anarchie war das Schlagwort, „antiautoritäre Kindererziehung“ der letzte Modeschrei. In Psychotherapien sollte man lernen, sich den Respekt vor Eltern und anderen Autoritätspersonen möglichst abzugewöhnen, der „Machtposition“ von Eltern gegenüber ihren Kindern wurde die Schuld an allen nur möglichen menschlichen (seelischen) Verirrungen und Krankheiten zugeschrieben. (Siehe z. B. Alice Miller „am Anfang war Erziehung“.)

    Bestimmt nicht verursacht von diesen psychologischen Konzepten mit Sicherheit aber durch sie unterstützt stehen wir heute vor den Ergebnissen eines führungs - erziehungs- und autoritätsfeindlichen Experimentes. Viele Menschen haben zumindest ein sehr ambivalentes Verhältnis zum „Konzept Autorität“ und bemühen sich, möglichst partnerschaftlich aufzutreten, auch als Vorgesetzte. Andere setzen immer noch auf Autorität, finden sich aber sehr oft in der „Sandwichposition“ zwischen dem Führen – Müssen (und – Wollen) und dem gleichzeitigen Gehorchen – Müssen gegenüber einer „höheren Instanz“. Dass diese Instanz sich letztendlich verliert im undurchschaubaren Dickicht von schriftlich formulierten und präzisierten, immer wieder neu überarbeiteten Anweisungen und in menschlicher Form nicht mehr zu eruieren ist, ist wohl eines der grossen Defizite unserer Führungsstrukturen. „Da wird Führung an Papiertiger delegiert“ – äusserte sich im Tages Anzeiger letzthin Anton Strittmacher vom Lehrerdachverband. Diese Aussage kann man so 1:1 auf andere Grossbetriebe – mit Sicherheit z. B. kantonale oder städtische Spitäler und Pflegeheime – übertragen. Es fehlt an mit Entscheidungskompetenz sowie konkreter Eigenverantwortung ausgestatteten Menschen!

    Die eine Komponente der „Führungsschwächung“ könnte also der „Papiertiger“ sein, der es dem Einzelnen eigentlich unmöglich macht, seiner Überzeugung konsequent nachzugehen. Die andere die Art und Weise, wie Autorität – in der jüngsten Vergangenheit und noch bis heute überwiegend - beleuchtet wurde - als unsympathisch, potentiell gefährlich. Keine Frage, dass Autorität missbraucht werden kann und tausend- ja millionenfach missbraucht wurde. Auf vielfältigste Weise. Keine Frage auch, dass man sich von jeglicher Gewalt und Unterdrückung zu distanzieren suchen soll. Dass man hier um andere, sensiblere Wege bemüht sein soll. Keine Frage aber auch, dass die grosse Verunsicherung, was das Akzeptieren von menschlicher Autorität und Führung betrifft, einen unermesslich grossen Schaden anrichtet – möglicherweise einen grösseren, als den Schaden, der durch Machtmissbrauch einzelner Menschen in die Welt kam. Denn die Ironie der Sache ist ja die, dass die (menschliche!) Macht irgendwo sehr wohl „hockt“ , sehr wohl auch dirigiert: ganz weit hinter dem Papiertiger der Verordnungen, dem Papiertiger der „gescheiten Bücher“ und nicht zuletzt dem (auch elektronischen) Papiertiger der Massenmedien, welche sämtliche „Autoritätspersonen“ sowie vorfabrizierte und – präparierte „Idole“ auf möglichst lächerliche, korrupte, verantwortungslose Art – bei den „Jugendidolen“ schon früh auch als durchaus satanisch präsentiert. - Was der Realität sicher entspricht, auf diese Weise aber als „gesellschaftsfähig“ und „normal“ gestempelt werden soll! Alles „Papiertiger“, die von irgendwoher finanziert werden (kein Wunder, sind die allermeisten Länder der Welt in Dollarmilliardenhöhe verschuldet….) – und Geld und Macht waren ja bekanntlich immer schon ein unzertrennliches Paar…!
    Wir überlassen die Führung letztendlich also diesen Instanzen. Vielleicht sollten wir uns gut überlegen, ob wir ihnen vertrauen wollen?!

    Die Ironie der Sache ist ebenfalls, dass die Macht, die der Einzelne nur noch so beschränkt hat – und somit auch der latent immer vorhandene Machtmissbrauch – sich auf andere Ebenen verlegt, zum Beispiel auf diejenige, die öffentlich als „legales Hauptventil“ für jegliche Frustration angepriesen wird, wo suggeriert wird, dass man sich hier unbedingt nach Belieben ausleben soll, die der Sexualität. Man hört und liest immer wieder, dass auch gerade jene, die wortreich für „Selbstentfaltung“ und eine „befreite Sexualität“ - meist kombiniert mit dem Anspruch an eine „friedliche Gesellschaft!“ - eingestanden sind und einstehen, gleichzeitig als Vergewaltiger und Kindesmissbraucher in Erscheinung treten. Auch die brutale Gewalt, die sowohl bei Jugendgangs als auch in Kriegssituationen zu Tage tritt, spricht Bände über einen Mangel an Führung und Richtlinie, die es verstehen würde, grosse menschliche Kräfte in sinnvolle Bahnen zu lenken. Die Abwesenheit oder Ferne von verantwortungsvollen Einschränkungen begünstigt sichtlich die abstrusesten Auswüchse menschlicher Abirrung und Grausamkeit.

    Der Mensch neigt dazu, alles, was nicht unmittelbar und physisch sicht- und greifbar ist, als „nicht existent“ einzuordnen. So sind Verordnungen auf dem Papier schnell wieder vergessen oder werden gar nicht gelesen. Werden sie einem zudem nicht von einer menschlichen Person vorgelebt, werden sie gar nicht ernstgenommen. Mensch lernt am meisten über und von Mensch. Nicht von Papier. Vor allem junge Menschen, die in der Phase der stärksten Entwicklung und Ausbildung sämtlicher menschlicher Qualitäten und Kräfte stehen, bedürfen unbedingt eines Vorbilds aus Fleisch und Blut. Haben sie dieses nicht in glaubwürdiger Form in den sie umgebenden Erwachsenen, suchen sie es sich anderswo, nicht immer dort, wo es ihrem guten Gedeihen förderlich ist! Getrauen wir uns als Erwachsene nicht, oder liegt es uns nicht, eine Rolle einzunehmen, die unmissverständlich unsere Führungsposition zum Ausdruck bringt, (was den Mut zum Fehler, der bestimmt begangen wird mit einschliesst!) – wird unser Nachwuchs uns dies langfristig nicht danken. Sicher ist es nicht angebracht, unsensibel und tyrannisch über die Köpfe anderer (auch Kinder) hinweg zu entscheiden. Jedoch sollte man gerade Kindern nur sehr beschränkt (wenn überhaupt) das „Kommando“ überlassen, darf sich ihnen nicht als „Dienstleistungsunternehmen“ anbieten! (Es gibt zu diesem Thema ein lesenswertes Buch von Michael Winterhoff: „warum unsere Kinder zu Tyrannen werden“.) Die Menschen, die so heranwachsen, werden ansonsten in noch stärkerem Masse verunsichert sein, als wir es waren… Führung ist bestimmt immer eine sensibel zu handhabende Angelegenheit. Ideal wäre wohl, wenn eine Führungsperson – oder ein Führungsgremium – es schafft, die Spannweite zwischen sensiblem Abwägen und sich Einfühlen bis hin zum entschiedenen Durchgreifen „im Griff“ zu haben.

    Was wir im Mindesten zu führen haben, sind wir selbst. Auch hier braucht es („Lebens“-) Führung, auch hier müssen wir es verstehen, sinnvolle Grenzen zu setzen und diese konsequent einzuhalten. Haben wir dies als Einzelne gelernt (und man kommt in unserer Gesellschaft oft gar nicht mehr umhin, es zuerst mal alleine oder im kleinsten Kreis zu lernen), wird sich automatisch das Bedürfnis nach grösseren Gemeinschaften einstellen, in denen sinnvolles Miteinander möglich ist. Der Mensch ist darauf angelegt, sich in Gruppen zu formieren und sich dort zu entfalten. Ohne verantwortungsvolle Führung kann dies nicht sein.

    Versuchen wir – als Muslime - daran mitzuarbeiten, dass das Wort „Führung“ wieder in einem besseren Licht dastehen kann. Dass man imstande ist, auch den Missstand der speziell unter uns Muslime verbreiteten despotischen, sektiererischen oder vollkommen chaotischen „Führung“ zu widerlegen! Versuchen wir, unter sorgfältigster Berücksichtigung unserer Schriften verantwortungsvolle Führung wieder ins lebendige Hier und Jetzt zu transformieren. Dies wird nicht möglich sein ohne erstens eine gründliche Wissensaneigung auf mannigfaltigem Gebiet. Zweitens nicht ohne grosse Ehrlichkeit jedes Einzelnen mit sich selbst und den festen Willen, (auch innere, persönliche) Missstände ernsthaft anzugehen, einander dabei auch zu helfen und sich helfen zu lassen. Es wird nicht gehen, ohne „Ilm“ einerseits (Wissen, Weisheit) und ohne andererseits unseren Charakter zu verbessern im Sinne von „Ihsan“, den unser Prophet Muhammad uns vorgelebt hat. Unser Prophet (Friede sei mit ihm), der auch die Führung einer Gemeinschaft auf die beste nur mögliche Weise vorgelebt hat. Und der uns sehr nahegelegt hat, uns nicht von der Gemeinschaft zu entfernen! Vielleicht kann es uns dann mit Gottes Hilfe gelingen, inmitten einer verunsicherten, schlingernden, um Führung immer wieder aufs Neue ringenden Welt unseren Standpunkt zu festigen, in scha Allah sogar selbst Vorbild zu sein….. Delegieren auch wir die Führung nicht allein ans Papier – seien es auch heilige oder mit dem Heiligen befasste Schriften – übernehmen wir konkret Verantwortung!

    SAM



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 20.12.2010, 18:32


    Bismillahi Rahmani Rahim

    Warum gibt es Leid in der Welt?
    Von Schwester S.A.M.

    Wäre mir diese Frage nicht von „aussen“ gestellt worden, würde ich mich wohl nicht an dieses Thema wagen.

    In allen menschlichen Gesellschaften und (religiösen) Anschauungssystemen hat Mensch sich diese Frage gestellt und verschiedentlich beantwortet. Der Mensch hadert sichtlich mit dem Leid – im Gegensatz zu dessen Antipol, der Freude. Freude und Glück sind willkommen, Leid und Schmerz würde man lieber umgehen, überwinden, eliminiert sehen. Ein „Lebensmodell ohne Leid“ erscheint in der Vorstellung erst mal attraktiver.

    Nun hat der Mensch, was in den drei abrahamitischen Religionen klar gesagt wird, von Gott die Willensfreiheit, die Entscheidungsfreiheit und als ihre Grundlage die Fähigkeit zur Differenzierung bekommen. Gott hat Adam „die Namen aller Dinge“ gelehrt – was nicht bloss heisst, dass wir Dinge wie Häuser, Türen, Bäume, Erde, Himmel oder weiterer im Materiellen sichtbarer Gegenstände benennen können, sondern dass wir die Fähigkeit erhalten haben, zwischen all den Gegensätzen unserer polaren Welt zu differenzieren – wie licht - dunkel, gut - böse, freudvoll – leidvoll, nützlich – schädlich und diese ebenso differenziert zu benennen imstande sind. Wie könnten wir diese Fähigkeit nutzen, wären wir nicht eben in einer polaren Welt, einer Welt der Gegensätze?

    Gott hat Adam die Möglichkeit und Fähigkeit zur freien Wahl innerhalb dieser Gegebenheiten verliehen und hat aufgrund dieser Stellung des Menschen sogar den Engeln befohlen, sich vor dem Menschen niederzuwerfen! (Sie taten es alle, ausser dem Satan, dem Widersacher, dem Verfluchten.) Es wird daraus ersichtlich, welch hohe Position der Mensch vor Gott hat, aufgrund seiner Fähigkeit. Und er hat diese trotz – oder gerade wegen?! - dem „Sündenfall“, durch den jeder einzelne Mensch immer wieder von Neuem dazu aufgefordert ist, die Balance in seinem Leben herzustellen, sich „richtig“ zu entscheiden und den Weg der Mitte und des rechten Masses, den Weg der zu Gott führt, einzuschlagen. Im Islam wird die „Schuld“, die mit diesem Sündenfall verbunden ist, auch nicht als etwas grundsätzlich Schlechtes betrachtet - das durch Opfer und ein künstlich hergestelltes Mehr an Leid permanent „gesühnt“ werden muss – sondern es wird im Gegenteil die Schuldfähigkeit des Menschen als ein wertvolles Gut anerkannt, die ihm seine Würde, sein „Format“, seine Stellung bei Gott verleihen kann!

    Im Islam wird Leid also weder als etwas durch menschliche Schuld in die Welt gekommenes und deshalb abzulehnendes betrachtet, noch ist es explizit Ziel, das Leiden zu überwinden. Als Muslime sind wir angehalten, dem Leiden den Status einer Prüfung Gottes – in gleichem Masse wie der Freude auch – zuzuerkennen. Wir sind angehalten, durch Leid und Freude hindurchzugehen, uns auf beide nicht zu fixieren, beiden zwar ihren gebührenden Platz zu lassen, jedoch unsere primäre Aufmerksamkeit immer auf Gott, Allah auszurichten. Genau dazu ist Seine Rechtleitung im Qur’an und im Vorbild unseres Propheten uns geschenkt worden, um ein gesundes Mass im Umgang mit allen weltlichen Gegebenheiten zu finden, das uns im Gleichgewicht hält, unsere Ausrichtung auf das Göttliche, Ewige, das Einzigartige, anfangs – und endlos Beständige, Absolute und vom Menschlichen völlig Verschiedene, immer wieder von Neuem ermöglicht. Wir sind angehalten, in den Momenten des „Qabd“, des Zusammenziehens und der Enge (des Leidens) uns Gott zuzuwenden sowie auch in den Momenten des „Bast“, der Ausdehnung, (Freude) wo man sich weit und verbunden fühlt – erinnert ein wenig an den Geburtsvorgang an dessen Ende die Geburt von etwas Neuem steht … ! Also Leid - wie ebenso auch die Freude – als „Geburtshelfer“? Keines von beiden kann jedenfalls ohne seinen Gegenpart einen Sinn erfüllen.
    Was sich hier auf einem Blatt Papier so leicht dahinsagen lässt, ist in der praktischen Umsetzung natürlich die grösste Herausforderung, die ein Mensch annehmen kann. Viele grosse Männer und Frauen haben sich ein Leben lang primär damit beschäftigt und waren am Ende wohl grossartige Menschen, Menschen voller göttlichem Licht - aber eben immer noch Menschen. Menschen wohl, die sich ihrer Kleinheit und Schwäche vor Gott sehr wohl bewusst waren- bewusster sicher, als wir „Durchschnittsbürger“.

    Es ist auf jeden Fall eine Lebensaufgabe, das Fliessen von einem Zustand in den nächsten zulassen zu lernen – in Ausrichtung auf Gott. Die Leiden der Entbehrung, der Verletzungen, des Schmerzes, der Verluste, Rückschläge, Ängste und unserer grosser menschlicher Unzulänglichkeiten immer wieder zwar wahrzunehmen aber ihnen doch nicht allzuviel Wichtigkeit im Gesamtkontext zuzuschreiben. Für Heiterkeit, Freude und Glück immer offen zu sein – sie aber nicht festhalten zu wollen. (Sowohl das „Grübeln“ im Leid als auch das künstliche Herstellen oder Halten – Wollen der Freude ist wohl das, was man als „Sucht“ bezeichnet – und das einen gezwungenermassen auf Abwege führt.)

    Der Qur’an ist in sich eine „Huda“ (Rechtleitung) und „Rahma“ (grosse Barmherzigkeit) für den Menschen, der den einzelnen Menschen sowie die Menschheit insgesamt in eben diesem Fluss halten soll, im Gleichgewicht und auf dem („geraden“) Weg, welcher die beiden Pole des Nützlichen und Schädlichen immer wieder aufs Neue, in allen auf der Erde möglichen Ausprägungen anspricht und in ihren Feinheiten definiert, den Menschen so aus jeder „Ecke“ des Lebens aufzufangen und „abzuholen“ vermag. Den Menschen selbst auch in seiner Gesamtheit anspricht, ohne Auslassung irgendeiner menschlichen Anlage oder Regung! Wir sollen gemäss Gottes Willen das Leben geniessen und unser Leiden auf ein Minimum reduzieren. Wie dies möglich ist - auch dauerhaft möglich ist, unter Berücksichtigung des Lebens nach dem Tod (wo „Leid“ und „Freude“ in viel intensiverem Ausmass erfahrbar sein wird, je nach „Vorarbeit“ gewichtet) – dafür gibt der Qur’an Richtlinie. Die „Scharia“ (der Weg) ist insofern viel mehr als ein gesellschaftliches Modell – sondern ist bei näherem Hinsehen eine in allen Feinheiten ausgewogene Halterung für das diffizile Gebilde der menschlichen Seele. Ihre Bedeutung ist „der Weg zur Tränke“ … !

    Würden wir als Muslime dies nicht immer wieder erfahren, hätten wir wohl nicht die Kraft, auf diesem Weg zu bleiben. Aber es ist der Weg in die Freiheit, in die Freiheit, über das Gefangensein in der Welt des Polaren, hinaus - der Weg, auf dem wir zu unserem wahren Selbst und zu Gott finden können. Wie könnten wir diesen aufgeben, wie modifizieren?! Er ist ein Weg, der uns immer wieder (fast) alles abverlangt – immer wieder aber auch mit Betroffenheit und Glück das immense Licht erkennen lässt, welches sich auf diesem Pfad offenbart. Wir wären unter den grössten Verlierern, würden wir ihn verraten.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 01.02.2011, 12:47


    Bismillahi Rahmani Rahim
    Gedanken zur „Aufhebung des Inzestverbots"

    Der Bundesrat trägt sich mit dem Gedanken, das Inzestverbot aufzuheben. So ließen es uns die Medien kürzlich wissen. Dieser Vorstoß entstand quasi aus heiterem Himmel und „ohne Not“. Begründet wird die mögliche Aufhebung damit, dass „gemäß dem Bundesamt für Statistik pro Jahr (bloss) durchschnittlich drei bis vier Urteile wegen Inzest gefällt“ wurden, das Gesetz daher von nur „marginaler Bedeutung“ sei. Das Verbot schränke die individuelle und sexuelle Freiheit der Erwachsenen (und nur um diese geht es bis anhin) ein, so wird von Befürwortern der Aufhebung argumentiert. Zudem sei der eugenische Aspekt (der des gesunden Erbguts) nur bedingt relevant und nicht belegt. David Gibor, Strafrechtsspezialist, sieht zudem im Verbot des Inzests das „verfassungsmäßige Individualrecht auf Familie verletzt“. „Solcherlei staatlich betriebene Eugenik“ müsste sich konsequent zuende gedacht auch auf nicht Verwandte ausweiten lassen und stelle sodann einen „Angriff auf die reproduktive Freiheit aller“ dar, Menschen mit minderwertigen (defekten) Erbanlagen würden dann diskriminiert. Die Menschen hätten „Vorurteile“ gegenüber dem Inzest, „überkommene Wertvorstellungen“ seien die Basis für solche Verbote. Dennoch – und dann das oben genannten „Individualrecht auf Familie“ doch wieder in Abrede stellend - bedeute die „Aufhebung der Inzeststrafnorm keineswegs Enttabuisierung der Verwandtenehe, sondern einzig, dass keine Strafwürdigkeit sexueller Beziehungen zwischen erwachsenen Blutsverwandten besteht“. Das heisst also, das, was die Menschheit über Jahrtausende auch in unseren christlichen Breitengraden als verwerflich eingestuft hat, nämlich die aussereheliche geschlechtliche Beziehung, wäre dann zwischen Verwandten erlaubt, der (Gross-) Vater darf seine (Enkel-) Tochter, die Schwester den Bruder aber weiterhin nicht vertraglich ehelichen…. wäre wohl rechtlich von zu grossen Komplikationen begleitet. Es geht alleine um die vielgerühmte und - bemühte „individuelle und sexuelle Freiheit“ (die arme, sie ächzt und stöhnt schon unter der Last, die man ihr ungebührlich auflastet….)

    Übrigens sind SVP, CVP und EVP natürlich gegen diese neue Regelung, FDP dafür und SP eher indifferent – man darf, muss sich als Muslim wohl in diesem Fall (nicht zum ersten Mal) hundertprozentig hinter die Meinung der SVP stellen….bleibt uns gar nichts anderes übrig!

    Kein Normalbürger kann jedenfalls wirklich durchschauen, was die Beweggründe für diesen Vorstoss (zum jetzigen Zeitpunkt und überhaupt) sind. Bei einer eh schon schwelenden oder immer wieder aufflammenden Debatte über (auch innerfamiliären) Kindsmissbrauch sowieso - einfach unverständlich!

    Lagen denn alle Generationen vor uns so grundlegend falsch, wenn sie die „individuelle und sexuelle Freiheit“ sehr wohl einschränkten? Geht es wirklich nur um die Vererbung von Genen, wenn man hier Schranken setzen will, haben diejenigen, die hier „traditionelle“ Wertvorstellungen vertreten, etwa falsche Vorstellungen und „Vorurteile“ – oder gibt es so etwas wie ein Gewissen, einen inneren Instinkt, der sehr wohl sinnvoll richtungsweisend sein kann? So formulierte zum Beispiel die NZZ am 04. 01.2011: Die Vorstellung, dass ein Eltern- oder Großelternteil gleichzeitig Sexualpartner des erwachsenen Kindes oder Enkels ist oder dass Geschwister zu Liebespaaren werden, hat etwas Verstörendes an sich und widerspricht grundlegenden Instinkten und tief verwurzelten Werten. Wenn sich die sozialen Strukturen und festen Rollen im Familienverband derart auflösen, wird die Familie als Institution prinzipiell in Frage gestellt. Deshalb kann man mit Fug die Ansicht vertreten, dass Inzest weiterhin pönalisiert werden soll – als eine der letzten Schranken in unserer weitgehend tabulosen Gesellschaft.

    Na, Gott sei Dank – und Dank an Katharina Fontana, die Autorin dieses differenzierten Artikels. Immer noch gibt es also Menschen, welche den Mut aufbringen, ihrem Empfinden für sinnvolle Schranken und Tabus Raum zu geben – in einer Zeit, in der nichts mehr belächelt, disqualifiziert und verunglimpft wird als dies.

    Man hat ja in der letzten Jahrhunderten und Jahrzehnten mehr als je zuvor sämtliche althergebrachte Ordnungen und Wertvorstellungen in Frage gestellt – sicher nicht ohne auch im positiven Sinn befreiende Ergebnisse. Es ist gewiss nicht grundsätzlich schlecht, mit altem Ballast aufzuräumen, der sich überlebt und teils ad absurdum geführt hat. Dennoch muss man grundsätzlich hinterfragen, nach welchen Prinzipien und Richtlinien hier „aufgeräumt“ wird und welche Wertordnung (denn irgendeine solche liegt wohl immer allem zugrunde) hier anstelle gesetzt wird.

    Es ist eigentlich davon auszugehen, dass auch Politiker, Bundesräte, wie andere Menschen auch, diese „grundlegenden Instinkte“ in sich tragen, von denen K. Fontana hier spricht. Den „Instinkt“ oder vielleicht auch das „Gewissen“ (und im Wort Gewissen steckt „Wissen“!), der/das uns meldet, wo Grenzen überschritten werden, deren Überschreitung man ganz einfach als Übel wahrnimmt und die – zumindest solange sie noch nicht überschritten sind! - (große) innere Widerstände auf den Plan ruft. Als Schranke, die man in aller Regel (und die Ausnahmen bestätigen diese ja, wie man sagt) nicht überschreiten möchte, die man als „Tabubereich“ empfindet. Sind also unsere Bundesräte gewissenlos und vollkommen enthemmt? Allem Anschein nach sind sie das nicht, sondern „normale Menschen“ wie du und ich. Nach welchen Prämissen aber werden also Vorstöße wie dieser lanciert? Man hat oft den Eindruck, dass sehr vieles, was in der Politik besprochen und entschieden wird, rein kopfgesteuert, ideologisch und/oder an wirtschaftliche Richtlinien angepasst ausgerichtet ist – so auch in diesem Fall. „Individuelle Freiheit“ kann nämlich, auf den lebendigen Menschen angewandt, so wie dieser Terminus gängig benutzt wird, im eigentlichen Sinne oft nur als Willkür oder Anarchie (chaotische Ordnung) bezeichnet werden. Nimmt man die innere menschliche Beschaffenheit, sein gesamtes „Wesen“ – und dieses geht über das, was wir unter „menschlicher Psychologie“ verstehen wohl hinaus, umfasst die Seele bis in ihre Äste und Zweige hinaus – als Parameter, dann kommt man oft zu völlig anderen Schlüssen als die Vertreter der verschiedenen „Ideologien“.

    Wahrscheinlich ist sowohl Inzest als auch verschiedenste andere Sexualpraktiken für die Mehrheit der Menschheit in ihrem Empfinden fürs Gesunde, Ausgewogene etwas, das uns zutiefst „gegen den Strich geht“. (Wie gesagt, Ausnahmen mögen diese Regel bestätigen.) Der Mensch strebt danach, sich aus seinem Dasein in der Polarität dem „Du“ zuzuwenden, mit dem es wachsen kann, sich möglichst umfassend weiten, ergänzen und entfalten kann. Wird dieses Bedürfnis voreilig und auf dazu wenig geeigneter Ebene befriedigt, kommt die Seele nicht genügend zum Zug, verkümmert. Wird der Kreis eng, innerhalb dessen der Mensch seine auch seelischen Möglichkeiten umsetzen will, kann es umso schneller zum „Kurzschluss“, zum Zusammenbruch innerhalb des (persönlichen und gesellschaftlichen) Systems kommen.

    Jedes Geben und Nehmen unterliegt einer eigenen Ordnung, ist geregelt. Ausserhalb dieser (gesunden) Regelung fehlt auf spiritueller Ebene der Segen jener Transaktion. Nur innerhalb dieser Ordnung wird unser menschliches Potential durch jeglichen Austausch in Wirklichkeit bereichert. Erst durch ihren Rahmen, ihren Schutz bekommt unser Essen, unsere Kleidung, unserer Wohnung und unsere Sexualität den Segen – im Sinne von Einbezug des Seelischen und der Anbindung an das Göttliche - die diesem allem zugedacht wäre. Erst dann wachsen wir aus dem Zustand des Säuglings in den eines auch seelisch erwachsenen Menschen hinein, der eines verantwortungsvollen Austauschs fähig ist. (Ist dieser Austausch auf solcherart „gesegnete“ Weise nicht möglich, müsste Enthaltsamkeit geübt werden. In der Enthaltsamkeit bekommt die Seele die Gelegenheit, in ihrem Streben und ihrer Sehnsucht zu wachsen, sich Wurzeln im Geistigen zu suchen - um das Körperliche dann wieder damit zu er- füllen. Der muslimische Fastenmonat Ramadan ist ein Paradebeispiel für diese Enthaltsamkeit. Es geht hier beileibe nicht nur um eine Reinigung des Körpers sondern vorwiegend um diesen Einbezug des zeitlos Geistigen in unser körperlich-weltliches Leben.)

    Die segensreiche Ordnung eines Ehepaars, die von Sexualpartnern, ist eine, die der Familie insgesamt eine andere, vielschichtigere. Bringt man diese „Ordnungen“ kreuz und quer durcheinander, kommt jeder daran – auch nicht direkt – beteiligte Mensch zu Schaden – ganz abgesehen von „organisatorischen“ wie z. B. erbrechtlichen Faktoren! (Der zwar nicht unumstrittene aber doch von weiten Kreisen ernstgenommene Theologe und Psychoanalytiker Bert Hellinger hat dies in seiner „Familien-Stellen“ genannten Therapiemethode anschaulich verdeutlichen können. )

    Fatal ist außerdem die weit verbreitete „Unsitte“ Sexualität eins zu eins mit Liebe gleichzusetzen. Keine Frage, dass Liebe zwischen Menschen allgemein und engen Familienangehörigen im Besonderen eine entscheidende tragende Kraft ist und sein soll. Dass sie bestärkend, glücksfördernd, und insofern auch seelisch bereichernd wirkt, in Beziehungen aller Art einen unentbehrlichen Faktor für den Zusammenhalt darstellt. Das undifferenzierte Nebeneinanderstellen von Liebe und Sexualität erweist sich hingegen zunehmend als Unordnung und stiftend, Chaos und Zerstörung fördernd, die Liebe letztendlich empfindlich schwächend und verletzend! Man kann Sexualität einfach weder ausschliesslich als „Teilelement der Liebe“ noch Liebe als unhinterfragte Legitimation für gelebte Sexualität betrachten. Solcherlei Vermischung führt zur Verletzung der klar geordneten Seelenstruktur, des inneren Wissens des Menschen und somit letztendlich zu mehr Unordnung und Leid sowie weniger Liebe im einzelnen Menschen sowie den menschlichen Gemeinschaften. Im Gegensatz zur Liebe, die gibt ohne jede Berechnung, geht es in der Sexualität auch um Geben und Nehmen – nicht zuletzt in ihrer Funktion als „menschlicher Reproduktionsfaktor“ von menschlichem LEBEN! Sie muss daher – in ihrem Gesamtzusammenhang bestimmt als eines der wertvollsten, vielschichtigsten „Güter“ überhaupt - sehr wohl einer überaus verantwortungsvollen und feinfühligen Ordnung unterworfen sein!

    Seit Menschengedenken wurde der Bereich der Sexualität deshalb als eine der grössten und für das menschliche Leben elementar wichtige Kraft überall als Heiligtum gehütet, einer weisen Ordnung unterstellt. Nun soll sie auf einmal – genau wie alle anderen Güter auf dem „freien Markt“ - als leichtgewichtige „Ware“ gehandhabt werden, möglichst keinen Beschränkungen mehr unterworfen noch durch angemessene Verantwortung getragen werden. In ihrer Schrankenlosigkeit legitimiert durch ein „ideologisches Konzept“ welches wie gesagt dem Menschen einfach nicht gerecht werden kann.

    Wir sollten unbedingt wieder den Mut fassen, zu uns als ganzen Menschen, als Wesen mit Körper und Seele und mit einem Bedürfnis nach Sinngebung in unser Dasein und all unsere Handlungen zu stehen, sollten dies angehen, bevor es endgültig zu spät ist. Die gesetzliche Legitimierung von Inzest wäre ein Schritt in die diesem entgegengesetzte Richtung!

    S.A.M.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    Anonymous - 10.02.2011, 21:35


    Schlecht für Israel?
    Die Angst vor der arabischen DemokratieVon Werner Pirker
    http://www.jungewelt.de/2011/02-11/035.php


    Die Begeisterung der westlichen Meinungsmache über die ägyptische
    Demokratiebewegung ist keineswegs ungebrochen. Zwar mangelt es nicht an
    Versuchen, die Ereignisse der eigenen Deutungshoheit zu unterwerfen, sie
    als demokratischen Aufbruch in die westliche Moderne zu interpretieren.
    Doch mutet diese Erzählung eher wie eine Beschwörungsformel an, darauf
    gerichtet, die arabische Straße gnädig zu stimmen. Denn bei allen
    Sympathiebekundungen für die Demokratie- und Freiheitsbestrebungen des
    ägyptischen Volkes fehlt es nicht an Warnungen der demokratischen
    Wertegemeinschaft vor demokratischen Fehlentwicklungen.

    Am deutlichsten wird diese Skepsis, ja abgrundtiefe Abneigung gegenüber
    der Demokratie auf den arabischen Plätzen und Straßen in Israel zum
    Ausdruck gebracht. Hier versucht man erst gar nicht, sich bei den
    demonstrierenden Millionenmassen einzuschleimen. Hier herrscht schlicht
    die Meinung vor, daß die arabische Demokratie schlecht für Israel sei.
    »Ein demokratischer Prozeß im Nahen Osten wird Diktaturen schaffen und
    aus der Region eine Hölle machen«, bemühte der Direktor im israelischen
    Verteidigungsministerium, Amos Gilead, eine eigenartige Dialektik. Als
    gäbe es noch keine Diktaturen in Nahost, ortet der israelische Militär
    die Gefahr künftiger Diktaturen im demokratischen Prozeß. In Israel,
    der, wie es heißt, einzigen Demokratie im Nahen Osten, herrscht offenbar
    ein äußerst seltsames Demokratieverständnis. Ein
    Herrenvolk-Demokratieverständnis. Demzufolge sei die Demokratie eine nur
    für besser gestellte Völker geeignete Staatsform, während die
    subalternen Nationen unter despotischen Verhältnissen besser aufgehoben
    seien. Das ist das Janusköpfige an der israelischen Demokratie. Ihre
    Kehrseite sind die über die arabischen Volksmassen verhängten
    Diktaturen. Das bestimmte seit Bestehen Israels die Machtverhältnisse in
    Nahost. Aus dieser zutiefst kolonialistischen Logik befürchten
    israelische Politiker im Ergebnis des arabischen Demokratieprozesses die
    Hölle auf Erden.

    Die medialen Eiertänze entlang der Frage »Wieviel Demokratie verträgt
    die arabische Welt?« machen die Inkonsistenz des bürgerlichen
    Demokratieverständnisses deutlich. Dem sich im Monopolbesitz der
    Demokratie wähnenden imperialistischen Westen wird die Demokratie zur
    tödlichen Bedrohung, wenn sie auf die Abschaffung der
    Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Zentrum und Peripherien gerichtet
    ist. Die Entscheidung für die diktatorischen Regime war aus Sicht des
    Hegemonialkartells ja keine Fehl-, sondern eine durchaus folgerichtige
    Entscheidung. Für die arabische Reaktion, gegen die Volksmassen. Weil
    eine auf die Sicherung der westlichen Vorherrschaft in der arabischen
    Welt gerichtete Politik nur mit den Mitteln der Diktatur durchsetzbar
    ist. Nun drohen diese Diktaturen unterzugehen. Für einen westlichen
    Strategiewechsel aber ist es hoffentlich zu spät.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    Anonymous - 28.02.2011, 14:47


    Bismillahi Rahmani Rahim

    Selbstbestimmter Austausch

    Würde man alles Wissen, das den Menschen eigen ist und je eigen war, Ideen und Erfahrungen, Einfälle und Konzepte, die besprochen und in schriftlicher Form beschrieben wurden, zu unserem Besten umsetzen, könnte man unsere heutige Welt in politischer, ökologischer, ökonomischer, spirituell – religiöser Hinsicht – inklusive aller der menschlichen körperlich – seelischen Gesundheit dienlicher Aspekte - bestimmt mehrfach zu einem (viel) angenehmeren, gesünderen, weniger gefährlichen und gefährdeten Lebensraum gestalten. Wenn man sich allerdings frägt, wo Wissen umgesetzt wird, wo gute – manchmal absolut lebensnotwendige - Ideen Niederschlag im Praktischen finden, wird man nur sehr vereinzelt und marginal fündig werden. Im Gegenteil, es scheint, dass sehr viele, auch beste menschliche Ansätze und Anstrengungen im Sand verlaufen, wie von magischer Hand in ihr Gegenteil verdreht werden oder von einem gigantischen „schwarzen Loch“ absorbiert werden – wenige hören davon, fast niemand nimmt davon Notiz. Uraltes Wissen, uralte Weisheit ist auf einmal verschwunden, ist nicht mehr „modern“, wird nicht mehr „gebraucht“ – sinnvolle Impulse, Änderungen oder Neuerungen werden- wie „verhext“ - wirkungsneutral gemacht.

    Man darf oder muss sich wohl fragen, was die Ursache dafür ist und wie man mit dieser Tatsache umgehen kann – um eventuell die Strategie zu wechseln und die Elemente des uns Wertvollen doch in unsere gelebte Gegenwart zu retten.

    Eigentlich sollte man meinen – und dies wird ja überall unablässig betont - dass wir, hier im „Westen“ der Welt jedenfalls, in einer Demokratie leben, wo jeder Mensch (und somit auch jede Idee) die grösstmögliche Freiheit und die umfassendste Möglichkeit zur Entfaltung hat. Noch nie in der Geschichte der Menschheit, so wird suggeriert, war der „homo erectus“ auf so einem hohen Niveau, „frei“, „fortschrittlich“ und „entwickelt“. Folgerichtig sollte doch eigentlich jede hehre Anstrengung der Menschen, jede Bemühung, die in Richtung eines („noch mehr“ ) verbesserten oder bereicherten Menschseins geht, jede gute Idee, die unser Leben lebenswerter machen könnte, Leid und Missständen entgegenwirken könnte, auf fruchtbaren Boden fallen, oder doch zumindest Resonanz zeigen. Es sollte dasjenige zur Kenntnis genommen werden, das im Laufe der menschlichen Geschichte erarbeitet wurde und nützlich wäre zur Gestaltung einer „besseren Welt“ – gerade in Zeiten, in denen der Bedarf danach besteht wie nie zuvor. Dass auch in der „besten“ der Gesellschaften (wie auch immer jeder einzelne sich diese vorstellen mag) solange es Menschen gibt, Fehler und Mängel auftreten, kann nach einer so langen Erfahrung der Menschheitsgeschichte nicht mehr bezweifelt werden – und muss also ein Stück weit hingenommen, „entschuldigt“ werden. Dass jedoch so vieles, das verbessernd, heilsam wirken und eingreifen könnte, gar nicht wahrgenommen wird, wenig zum Ausdruck und fast nicht zur Wirkung gelangt, kann man sicher nicht einfach klaglos hinnehmen. Dass zudem Menschen ihr zutiefst Eigenes, Individuelles, sogar zunehmend elementar Menschliches in immer geringerem Mass zu leben und entwickeln in der Lage sind, wie es in der heutigen Welt der Fall ist, kann wohl auch nicht als „Höhepunkt der menschlichen Entwicklung“ gesehen werden.
    Während wir hier in unseren Breitengraden eher als in manchen anderen Ländern die Möglichkeit haben, unsere Regenten zu wählen, unserem Unmut über gesellschaftliche und politische Missstände an der Wahlurne, an Demonstrationen Ausdruck zu verleihen, sind in weniger „entwickelten“ Staaten meist Despoten an der Macht, die – nicht ohne enge Zusammenarbeit mit den Mächtigen der Welt – ihre Völker unterdrücken und ausbeuten. Sehen wir allerding genauer hin, kommen wir nicht umhin zu bemerken, dass unsere Freiheit zwar auf den ersten Blick weiter gefasst ist, als die der Bevölkerung anderer Länder, dass jedoch auch unser Leben im Grunde genommen in ziemlich eingeschränkten Bahnen verläuft. Neue „Tabus“ haben alte ersetzt, die „Freiheit“ hat sich genau betrachtet als zweischneidiges Schwert herausgestellt, das sich in zunehmendem Mass als gegen unser menschliches Wohl gerichtet entpuppt. Auch sind wir so frei gar nicht, wie wir es uns gerne einreden möchten – wenn auch die Beschränkungen weniger von (despotischen) Familien- und Staatsoberhäuptern ausgehen, werden wir doch einerseits immer drängender mit den Folgen unserer „Verantwortungsfreiheit“ konfrontiert und schnüren sich andererseits die Bande der Vorschriften und Regelungen in allen Details des Alltags immer enger, aufdringlicher und vereinheitlichender um uns.
    „Demokratie“ bedeutet „Volksherrschaft“. Es gibt verschiedene Formen der Demokratie – denn da es ja einer zentralen Führungsstelle doch überall bedarf, kann man nicht alles allen überlassen, das bedeutete Chaos. Schon seit Plato und Aristoteles werden die möglichen Ausformungen der „Demokratie“ daher auf sehr verschiedene Weisen beschrieben. Es gibt heutzutage z. B. die Begriffe der direkten Demokratie, der repräsentativen, der republikanischen oder der liberalen Demokratie und aus diesen wiederum viele Mischformen. Die liberale Demokratieform zum Beispiel sollte diejenige sein, welche dem einzelnen Bürger die maximale Selbstbestimmung zuteilt– auf der Basis des „Konkurrenzprinzips“ – man sieht hier also sofort eine Parallele zur „liberalen Marktwirtschaft“. Der Bürger soll hier anders als in der republikanischen Demokratie, welche eher von der „Bündelung“ der Menschen in Gemeinden und somit von einem eher repräsentativen System ausgeht, wo Vertreter gewählt werden - selbst „sein Herr“ sein und auf diese Weise die „Machthaber kontrollieren“ können. Da jedoch die Menschen nicht umhinkommen, sich in allen Lebensbereichen in Gemeinschaften zu formieren und zu organisieren, kann dieses Prinzip doch sehr wohl problematisch werden, kann zu Chaos und Willkür führen und ruft unwillkürlich auch ein wenig das Bild der „Katze, die sich in den Schwanz beisst“ hervor. Wenn wir uns denn mit unseren Machthabern nicht einig sind, nicht hinter ihnen zu stehen vermögen – wie organisieren wir uns dann anderweitig? Denn wie gesagt, gemeinschaftlicher Konsens, gemeinschaftliches Erleben und Vorgehen sind aus jeder menschlichen Lebensform nicht wegzudenken.

    Werfen wir einen Blick auf die Situation der Menschen in unserer „modernen Welt“, sehen wir hier sofort eine Art „Globalisierung“ sämtlicher Lebensbereiche oder anders gesagt eine tiefgreifende Umwandlung mit daneben hergehender Gleichschaltung all dessen, was früher als die verschiedenen „Kulturen“ bezeichnet wurde. Noch nie zuvor war alles dermassen vernetzt, noch nie war „Kultur“ – vor allem die „Jugendkultur“ in so hohem Mass kongruent auf der ganzen Welt. Wir können fast überall auf der Welt ähnliche Dinge konsumieren (jedenfalls sind die ganz grossen Konzerne überall präsent) - haben gleiche Filme und Fernsehprogramme, die Jugend auf der ganzen Welt teilt gleiche Internetinhalte, Musik, dieselben Kleidermarken, Automarken, elektronische Produkte…. lesen dieselben „Zeitungen“ - d.h. beziehen Informationen immer mehr aus einer Quelle. Es ist der MARKT, der sich weltweit gleicht und der die neue „Kultur“ prägt. Hier finden wir unser gemeinschaftliches Erleben. Hier werden Bedürfnisse neu geschaffen, geformt und zufriedengestellt. Für fast jeden Lebensbereich und für fast jedes menschliche Bedürfnis finden wir auf diesem globalen Markt Entsprechung. Der Markt gibt die Richtung unseres Denkens und Handelns, auch Fühlens an – zumindest versucht er es. Er bestimmt den Inhalt des Bildungssystems entscheidend mit, gibt Richtlinien im Gesundheits – und Sozialsystem an, dirigiert die Entscheidungen der Politiker aus dem Hintergrund. Der Markt hat die Herrschaft der Herrschenden ersetzt und beherrscht diese - gestützt durch Kartelle und Lobbys, gespeist durch ein globales Währungssystem, welches den Markt aufbläht, „reguliert“. Durch Zins und Zinseszins und Spekulationen an der Börse, die alles mit einschliessen, was dem Menschen ehemals heilig war, ist dem Wachstum keine Grenze gesetzt – im Gegenteil, es ist nicht mehr möglich Einhalt zu gebieten, wollen wir nicht den totalen Zusammenbruch und Neuanfang in Kauf nehmen. Wir sind gefangen in der Dynamik eines Systems, das der gesunden menschlichen Natur zuwiderläuft – eines Systems, das sich unter dem Vorwand der „Volksherrschaft“ des Menschen unverantwortliche, schwächende zerstörende Eigenschaften zunutze macht. Wohl „herrscht“ da das Volk – beherrscht und angetrieben von seinem eigenen „niedrigen Selbst“.
    Eine Konsequenz der globalen Vernetzung ist merkwürdigerweise auch die Vereinsamung einzelner Menschen. Es findet immer weniger direkter Austausch zwischen Menschen statt, (Dorf – Familien- und Lebens - )Gemeinschaften fallen auseinander, der Einzelne sieht sich in immer grösserem Umfang sich selbst überlassen. Wir kommunizieren zu einem grossen Teil miteinander über bestimmte Hilfsmittel, übers Telefon, Handy, Internet. Unser gesamter Austausch findet überwiegend über Umwege statt – örtlich und zeitlich verschoben – zumindest sind (sehr mächtige) „Zwischenschaltstellen“ involviert, die die Bedingungen des Austauschs mitbestimmen. So natürlich auch im Waren- und Dienstleistungsaustausch, einer der grundlegenden „Verbindungselemente“ der Menschen untereinander.
    Wollen wir uns also wieder zunehmend authentisch austauschen, unsere Menschlichkeit in ihrer Vielfalt nach eigenem Gutdünken leben und entwickeln, müssen wir wohl hier ansetzen! Müssen unseren menschlichen Austausch in viel grösserem Ausmass auf kleinere, persönlichere aber wirkungsintensivere Kreise konzentrieren. Wir kommen da nicht umhin, ein Stückweit „auszusteigen“, „Parallelgesellschaften“ aufzubauen – so schlecht der Ruf dieser sein mag. Aber es soll ja nicht darum gehen, eine „Parzelle“ zu bilden, die andere Menschen ausschliesst, geschweigenden bekämpfen will – im Gegenteil. Im Zentrum jedes Gedankens zu Verbesserung der Lebensumstände steht der MENSCH – jeder Mensch! Es sollten Möglichkeiten geschaffen werden, für Menschen, die ihr Menschsein anders verstehen, als die grosse Masse es heute versteht – oder auch einfach nur hinnimmt. Nichts ist so wertvoll, so schöpferisch, so bereichernd und heilsam wie ein möglichst umfassendens menschliches Miteinander. Nichts anderes auch wird uns wieder zur Ruhe bringen in dieser Welt des Aufruhrs. Weder im „Westen“ noch im „Osten“ noch irgendwo auf der Welt können wir Frieden, Ausgleich und Gerechtigkeit finden ohne eine Besinnung auf ganz andere, „befreite“ Formen des menschlichen Miteinanders.

    Wohl haben wir – wie auf der „Titanic“ - verschiedene Möglichkeiten, mit unserer Situation umzugehen, sind darin „frei“! Wir können uns zum Orchester gesellen, das sich entschlossen hat, einfach weiterzuspielen. Können uns dem Genuss und Hedonismus anheimgeben, der Liebe vielleicht, können unsere Fehden weiter austragen. Wir können aber auch versuchen, in aller Ruhe die vorhandenen Rettungsboote zu benutzen – wenn wir früh genug damit beginnen, vielleicht auch ein ganz neues, nach unserem Geschmack bauen ...

    Schwester S.A.M.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    Anonymous - 03.04.2011, 19:55


    Bismillah

    Der Menschen Hoffnung

    Was wäre der Mensch ohne die Hoffnung. So, wie der Hunger sich seine Nahrung sucht, sucht sich Hoffnung die ihre. Wir hoffen auf einen Tag mit Sonnenschein, auf einen angenehmen Arbeitstag, auf körperlich – seelische Intaktheit, materiellen Gewinn, hoffen auf erfolgsgekrönte Ergebnisse all unserer Anstrengungen. Wir hoffen auch darauf, über unsere Anstrengung hinaus einfach beschenkt zu werden, hoffen somit auf Erfüllung und Glück.

    Keinesfalls hoffen wir auf Schwierigkeiten und Probleme, auf Krankheit, Verluste, Unordnung und Chaos. Alles, was damit zusammenhängt und was wir als dorthin führend einordnen, versuchen wir zu vermeiden und abzuwehren – und wir wenden oft einiges an Kraft und Anstrengung dafür auf, uns dieses Unerwünschte, das der Erfüllung unserer Hoffnungen wie wir meinen im Weg steht, „vom Leibe zu halten“. Letztendlich verknüpfen wir unsere Sehnsucht nach Glück über die Erfüllung unserer elementaren Bedürfnisse hinaus mit der Realisation unserer Wünsche, Hoffnungen und (tiefliegenden) Möglichkeiten.

    Nun ist der Mensch als durchaus bedürftiges und schwaches Wesen erschaffen. Er erkennt sich selbst wohl – wenn er ganz ehrlich ist – als sehr unvollkommen, zerbrechlich und auf „Nahrung“ aller Art sowie Ergänzung seiner Person angewiesen. Dies in allen Bereichen seines Wesens – des Körpers, der Seele und des Geistes. (Vielleicht gleicht er darin grundsätzlich allem sich in der materiellen Welt Manifestierenden.) Wie jedes andere Geschöpf in dieser Welt auch, hängt er in allen diesen Bereichen an einer Art „Nabelschnur“, die er nicht ungestraft kappen kann. Jede dieser Ebenen braucht ihre spezifische „Nahrung“ ohne die nicht einmal mehr die elementarsten Bedürfnisse zum Zug kommen - das Wesen als Ganzes krank wird und stirbt.

    Dem Menschen ist es nun in seine Natur eingegeben, dass er nicht sterben will, sondern dass er, wie gesagt nach seiner Vervollkommnung und Ganzwerdung strebt – worauf er wiederum die Hoffnung richtet. Nicht immer allerdings weiss das Wesen Mensch oder nicht immer ist es sich dessen bewusst, was seiner umfassenden Gesundheit förderlich ist – und auch, was ihm noch fehlt. Wohl ist dies die grösste „Falle“ in die Mensch tappen kann: dass er die Erfüllung seiner Bedürfnisse auf falsche Weise betreibt. Dass er sein „Streben nach Mehr“ einseitig betreibt, auf die einfachste, naheliegendste sich ihm bietende Art und Weise, auf die Weise, die seinem Charakter, seinen persönlichen Anlagen entspricht, ohne Berücksichtigung des "Grossen Ganzen" und vielleicht ohne seine (im Einzelnen immer vorhandene) eigene Fehlgewichtung wahrzunehmen. Hierbei spielt es absolut keine Rolle, ob das Ungleichgewicht nach aussen sichtbar in Richtung „Egoismus“ oder „Altruismus“ tendiert, ob der Mensch anderen als „sympathisch“ oder „unsympathisch“ erscheint – das falsche Mass, die falsche Ausrichtung, die falsche Gewichtung ist und bleibt falsch – und treibt den Menschen sowie alles ihn Umgebende unter Umständen in den Ruin. Sie impliziert nämlich die Leugnung von Wesensanteilen, welche ebenso nach ihrer Realisation dürsten, wie die bis anhin Wahrgenommenen, Gelebten – und die, ernstgenommen und berücksichtigt, den anderen („bevorzugten“) ein gesundes Mass verleihen würden.

    Dem Menschen wurde genau dafür aus derselben Quelle, die alles – in einem wunderbaren Gleichgewicht – erschaffen hat, (göttliche) Anleitung und Rechtleitung zuteil. Leider hat der Mensch diese immer wieder durch Manipulationen und Ignorieren ausser Acht gelassen und seinen „eigenen“ Weg eingeschlagen. Also sehen wir uns jetzt weltweit „uns selbst ausgeliefert“. Unsere materielle Grundlage, das wirtschaftliche Austauschsystem, ist in Parametern erdacht und worden, die kurzfristiges lineares Wachstum in absolut unnatürlicher Weise bedingen. Es wird so die materielle Komponente der menschlichen Bedürfnisse hervorgehoben und ihr wird bis zum Exzess ein Übergewicht verliehen – zum Nachteil der seelischen und geistigen Aspekte. Durch diese Fehlgewichtung „vergisst“ Mensch vorübergehend seine Bedürfnisse anderer Art – z. B. das Bedürfnis nach angemessenem menschlichem Austausch, menschlicher Nähe, Aufgehoben sein in tragfähigen menschlichen Gemeinschaften mit ebenso tragfähigen moralisch – ethischen Verhaltensnormen. Oder seine geistige Komponente – die Verbindung mit dem göttlichen Ursprung und ihre Pflege und Einbindung in den Alltag. Mit gravierenden Folgen: überall, wo der Wohlstand die Armut zu überwinden sucht oder sie bereits „besiegt“ hat, fallen Familienverbände auseinander, mehren sich die psychischen Krankheiten und Verbrechen. Der Mensch „kennt“ sich nicht mehr in seiner hehren Natur, wird zum Opfer von krankhaft veränderten („übergewichteten“)Einzelaspekten. Oder er erschöpft sich – „brennt aus“- ringt nach Halt in einer „Wirklichkeit“, die ihn zu verlassen scheint. Auch wenn die Ausrichtung eines Menschen auch auf andere Objekte als materielle zielt, ist es eine grosse Kunst, in vielen Fällen fast eine Unmöglichkeit, sich innerhalb des Sogs dieses unseres materiellen „Basissystems“, welches uns oft bis zum Äussersten fordert, eine tragfähige „Oase“ zu schaffen, in der die Bedürfnisse auf ganzheitlichere Weise Erfüllung finden.
    Noch nie in der menschlichen Geschichte hat es wohl so viel an Möglichkeiten gegeben, die menschliche Hoffnung, des Menschen Wünschen und sein Sehnen auf Nutzloses, Einseitiges, Illusionäres zu richten. Abgesehen von einer überladenen Konsumwelt denke man an die „virtuelle Welt“ in der sich mittlerweile ein (Gross-) teil des(Er-) Lebens vieler Erdenbürger abspielt – auch die des Fernsehers, der Soap - Operas und Castingshows, die uns über die weltumspannenden realen menschlichen Katastrophen „hinwegtrösten“, uns von der Wirklichkeit, deren Teil wir sind, ablenken und uns eine Welt der Leichtigkeit, der Bedeutungslosigkeit, der Irrelevanz vortäuschen. Wir lassen uns diese vormachen. Lassen uns pausenlos ablenken, lassen uns mit Unsinn beschäftigen, verschwenden Energien in unsinnigen Disputen, bewegen uns immer weiter von der Basisrealität weg – in „luftige Höhen“. Richten unsere Hoffnung auf Glück und „Erfolg“ in selbsterdachten, kürzestlebigen „Welten“ – man denke auch an die Videogames, wo vor allem Jugendliche in absoluter Fiktion zu „siegreichen Helden“ werden, denke an die periodischen Drogen - Sauf – und „Abtanz“ – Events der Jungen, nicht zu vergessen auch die Welt der virtuellen sowie realen Pornografie….

    Es ist nicht verwunderlich, wenn Menschen aus solcher Abgehobenheit, aus solchem Rauscherleben auf einmal in nie vermutete Tiefen stürzen: entweder „ausbrennen“, seelisch krank werden, als weitgehend „passives Opfer der Systems“ (wobei „passiv“ niemals „unschuldig“ bedeutet!), das nur das „Nötigste“ getan hat, um sich „durchzubringen“. - Oder sich aber als Opfer der unwillkürlichen aber eigentlich ganz „normalen“ menschlichen Reaktion auf die aktive, wahnwitzige Exkursion ins Irreale, in den künstlich forciert ekstatisch angereicherten, komprimierten Moment auf einmal mit dem realen eigenen Selbst konfrontiert sehen, welches nach Umsetzung in einer greifbaren Wirklichkeit dürstet – und sodann, wahrscheinlich völlig ausser bewusster Kontrolle geraten, das virtuell und rauschhaft Erdachte in die (schreckliche) Tat umsetzt.

    Es gibt keinen Weg mehr an einer radikalen Umkehr vorbei. Zu viel an Energie, an Einsatz, an Hoffnung ist bereits in die Richtung der Zerstörung der Ganzheit investiert worden. Schwierig ist es nun und unheimlich schmerzhaft, auf sich selbst und die eigene Wahrheit und Wirklichkeit zu blicken – und Konsequenzen zu ziehen – unmöglich, ohne sich mit der Quelle alles Seins zu verbinden, sich in aufrichtiger Reue und mit inbrünstiger Hoffnung dem EINEN zuzuwenden. Dem Ziel aller Hoffnung, der einzigen Wahrheit, des einzig WIRKLICHEN! ALLAH, dem Schöpfer aller Dinge, dem Lebendigen, Ewigen, der aller Dinge mächtig ist und in jedem Moment den Neuanfang möglich macht….!

    Subhana Rabbika Rabbil-Izzati amma jasifun … (Hoch gelobt sei der Herr der Erhabenheit über das, was sie Ihm beigesellen ...)

    M.M.H. hat folgendes geschrieben: Ma sha Allah - klare Worte, welche der Not-wendung hoffnungsvoll rufend entgegen schreiben



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 04.04.2011, 12:44


    Philosophischer Dialog der Religionen
    statt
    Zusammenprall der Kulturen im Prozess der Globalisierung:
    Versuch einer Synthese aus islamischer Sicht
    von ENES KARIĆ

    Ein wunderbar differenzierter Artikel, welcher die Denkungsart europäisch geprägter Muslime nachvollziehen lässt.

    Hier der Link dazu:
    www.gsiw.ch/Philosophischer_Dialog_der_Religionen_KARIC.pdf



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 30.04.2011, 23:17


    Schwester S.A.M. reflektiert
    über Muhammad ASAD's "Islamic Constitution Making"
    (Übersetzung: Muhammad Hanel) und über einen im GSIW NL zitierten Artikel zu Necla KELEKs, "Die fremde Braut"

    Weitere Kommentare von unseren Lesern sind an dieser Stelle AUSDRÜCKLICH erwünscht!

    As Salamu aleikum Bruder Muhammad

    Ich kann es nicht lassen, Dir auf einige Aspekte gewisser Themenbereiche, die Du bearbeitet hast, zu antworten. Nicht dass ich denke, dass ich Dir in Bezug auf Detailwissen, Schärfe der Analyse und dem Entgegnen auf fehlerhafte Ausführungen und Verdrehungen auch nur das Wasser reichen könnte. Dennoch möchte ich es mir herausnehmen, hier gewisse Reflexionen zur „Ansicht“ darzulegen.

    Es geht mir dabei um das "constitution making" von Muhammad Asad, sowie die Kritik der „fremden Braut“ v. N. Kelek. Erstens Dank wieder einmal dafür, dass Du diese Arbeiten für uns machst und der Allgemeinheit zugänglich machst! Bei Kelek ist am Schluss vermerkt: „Für Hinweise und Korrekturen zur gesamten Thematik, einschließlich meiner Abschlussthese, bin ich sehr dankbar“- auch dies hat mich bewogen, trotz meines gewiss lückenhaften Wissen- und Kenntnisstands einigen Überlegungen zu beiden Arbeiten Ausdruck zu verleihen (nachdem es mich beim constitution making schon gleich nach der Lektüre „gejuckt“ hat, darauf was zu sagen.)

    Bemerken möchte ich auch, dass ich mich Muhammad Asad als europäischem Muslim durchaus sehr („seelen“-) verwandt fühle, gerade sein wunderbares, in sprachlichem, gedanklichem und erzählerischem Ausdruck brillantes Buch (zum zweiten Mal nach Langem) lese und davon – erneut – fasziniert bin. Dennoch kann ich nicht umhin, zum Inhalt des „constitution making“ ganz brennende Einwände vorzubringen, die ich hier darlegen möchte:

    Bei diesem Werk Muhammad Asads stossen mir vor allem folgende Punkte auf:

    Eine, wie ich es empfinde, wahrscheinlich in Anlehnung an die saudische Sichtweise anknüpfende Geringschätzung der Gelehrten der vergangenen Jahrhunderte. Kombiniert mit dem modernen (ursprünglich rein westlichen, aufklärerischen wahrscheinlich) Glaubenssatz an „Fortschritt“ im Sinne einer möglichen Entwicklung des Menschen hin zu einem „klügeren“ Wesen, das aufgrund besseren Verständnisses und einem Mehr an Erfahrung einen gewandteren Umgang mit allen Problemen des menschlichen Daseins zu entwickeln vermag.
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Ich hätte es gerne von der "anderen Seite" her verstanden:
    Es ist m.E. weniger eine Geringschätzung der Gelehrten alter Zeiten, deren Wissen Muhammad Asad doch stets willkommen war, und welches er auch - allerdings ganz frei, nach seinem Verständnis und seinen Präferenzen - doch stets zur Anwendung und eindringlich zu Gehör bringt. Vielmehr scheint mir Muhammad Asads Abneigung gegen die Verabsolutierung der Auffassung bestimmter Gelehrter gerichtet zu sein (im Laufe der politischen und historischen Entwicklung in der muslimisches Welt, wurden eben NUR ganz bestimmte Auffassungen präferiert und andere "verdrängt").

    Bevor ich auf Deinen zweiten Einwand eingehe, Schwester, möchte ich feststellen, dass meine Entgegnungen nicht ausgelegt sind, um Deine Feststellungen als nichtig zu klassifizieren - denn durchaus ist an diesen etwas "d'ran"! Nein, es ist mir nur daran gelegen, einen argumentativen Ausgleich zu schaffen, der es uns leichter machen soll, etwas aus beiden Seiten in unserem Denken zu berücksichtigen und unsere jeweiligen persönlichen Auffassungen gegenüber anderen wieder ein wenig zu relativieren.

    Der Europäer hat ganz grundsätzlich das Bedürfnis, "die Welt zu verbessern". Wobei wir als Muslime aber schon zu differenzieren haben, ob wir nun die "Welt" ganz grundsätzlich nach der Art, besserwisserischer und Gott leugnender Kuffar verbessern möchten, oder das wieder in der Welt gerade biegen möchten, was wir bislang verhackt haben oder das ENDLICH hinzukriegen versuchen, woran wir bislang aufgrund unsere geschöpflichen Schwäche gescheitert sind!
    Diese beiden Anstrengungen können einander mitunter schon sehr ähnlich sehen ... :oops:
    Die zu geringe Betonung der Wichtigkeit des ökonomischen Teils der Reform und die Nichtbeachtung der Folgen, die diese vollkommen unnatürliche und unislamische Basis für sämtliche (seelisch/geistig/gesellschaftlichen) Strukturen mit sich bringt.
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Also hier sprichst Du mir völlig aus der Seele.
    Dieser Aspekt ist mir einer der wichtigsten bei der Reform unseres gesellschaftspolitischen Weltsystems.
    Hatte vor nicht allzulanger Zeit ein (zu kurzes) Gespräch mit Chefrabbiner Lord Jonathan SACKS zu seinem Buch "HOW TO AVOID THE CLASH OF CIVILISATIONS". Und wies mit aller Vehemenz auf den entsprechenden göttlichen Hinweis in Qur'an 2:279 hin (aber auch in der Torah und im Neuen Testament, also der Bibel sind ähnliche Hinweise zu finden - und Juden, Christen und Muslimen ist gleichermaßen das ZINSVERBOT auferlegt) traf aber nicht nur bei dem guten Lord SACKS, sondern auch bei den anwesenden Zuhörern eher auf Unwilligkeit bis Unfähigkeit, ernsthaft sich mit göttlichen Geboten auseinanderzusetzenc- sprich, sich für deren Umsetzung einzusetzen. :evil:
    In diesem Zusammenhang wurde mir die Wahrheit des Qur'anverses 9:31 in aller Wirklichkeit vor Augen geführt! Wie beschämend! :cry:

    Muhammad ASAD hat diesen Aspekt bestimmt auch zu wenig berücksichtigt - war damals noch nicht so weit ... und wenn man bedenkt (vor Jahren habe ich das mal wo gelesen) hat sich Prophet MUHAMMAD (a.s.s.) auch nur verwundert darüber geäussert, wie wundersam doch GOTT die Geldangelegenheiten der Menschen regle :!:
    Auch hier sollte man die Unbedarftheit von Rasulullah in dieser Hinsicht nicht ABSOLUT setzen. Wir Menschen haben bis zum Jüngsten Tag noch reichlich Zeit und Feld, uns betreffende Angelegenheiten gemäß unserer Intelligenz und Frömmigkeit zu bearbeiten :)

    Schliesslich finde ich, scheint M. Asad in dieser Schrift immer wieder zu vergessen, dass es nicht an erster Stelle um ein irdisches Ziel einer Gesellschaftsreform gehen kann, sondern darum gehen muss, das am besten geeignete „System“ zur Annäherung und Anbindung an ALLAH taala zu etablieren – und dass in diesem Kontext nicht die „Eliminierung des Fehlers“ (und die Etablierung des „Reich Gottes auf Erden“) im Vordergrund stehen kann und soll, sondern der richtige Umgang mit unserer Fehlerhaftigkeit – im Angesicht Allahs taala! (Es ist oft nur eine Nuance, um die die Korrektur nötig wäre, vor allem da es ja sicher auch um eine VERRINGERUNG von Fehlern und Missständen geht, aber wenn man das Augenmerk auch nur für einen Moment vom wahren Ziel abwendet, schiesst man u.U. weit daran vorbei!)
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Auch diese, Deine Ansicht gefällt mir ungemein (ich verweise in diesem Zusammenhang auf meine Arbeit "ISLAM & STRATEGIE").
    Wie schön hast Du dies ausgedrückt ... "[b]knapp vorbei, ist AUCH vorbei"[/b].
    Ich bin ohnehin nicht der Meinung, dass wir Menschen aufgerufen sind "das Reich Gottes auf Erden" zu verwirklichen ... (manche Muslime meinen, wenn sie das KHALIFAT nach ihren Vorstellungen etablierten, hätten sie dies verrichtet :shock: ) ... vielmehr IST das Reich Gottes auf Erden vom Anbeginn der Schöpfung etabliert - wir Menschen, haben nur unseren Platz als ERGEBENE DIENER Gottes ordentlich darin zu finden ... vielen Menschen, nicht nur Muslimen gefällt es allerdings VIEL besser, sich als Stellvertreter Gottes aufzuspielen ... und sich selbst auf den Thron zu setzen :roll: . Ja, so ist er, der/die/das Mensch :wink:
    DIESE Aufmerksamkeit von der Du sprichst, NIEMALS zu vergessen, dass es um die SACHE GOTTES (um Seine Sache) geht und nicht um die Sache des MENSCHENS (also nicht um seine Sache) haben wohl wohl erst noch die Wenigsten entwickelt ...

    Ich erachte es als grundsätzlich je länger desto schwieriger, die Ausformung der muslimischen Haltung in ihrer gesellschaftlichen Ganzheit zu imaginieren, da wir in einer Welt leben, in der sich auch die Muslime in ihren „innersten Angelegenheiten“ mittlerweile weit vom Islam entfernt haben.
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Hat nicht auch genau deshalb Bruder ASAD die schicksalshafte Möglichkeit, diese Ausformung nicht nur zu imaginieren, sondern ganz real über die Gründung Pakistans umzusetzen, mit solcher Begeisterung aufgenommen?
    Ist es dabei aber ein "Wunder", wenn, so allein gelassen wie er blieb, so unvollkommen er, wie wir als Menschen sind ... KRITIKWÜRDIGES von sich geben? Erst im Zusammenhalt, im Lernen aus (nicht im Kritisieren der) Schächen der Anderen, wird es möglich sein, ein gottgefälliges Sozialsystem zu ETABLIEREN. Muhammad ASAD jedenfalls hat es trefflich verstanden zu zeigen, dass es, um dahin zu gelangen, durchaue VERSCHIEDENE mögliche, legitime Ansätze gibt :!:
    Seit mehr als einem Jahrhundert mindestens dauert nun schon der Prozess der ganz grundsätzlichen Entfremdung der muslimischen Umma von dem, was – bei aller Fehlerhaftigkeit, die dem Menschen von Natur her einfach innewohnt und die sich immer wieder auf ähnliche Weise Raum verschafft – als ein in den Grundzügen vom Islam nicht abweichendes muslimisches Staatsgefüge bezeichnet werden kann. Ich meine damit, dass, seit die Muslime begonnen haben, in grundlegenden Belangen der Ökonomie sowie der (mit dieser in enger Interaktion stehende) Oberherrschaft über alle muslimischen Anliegen die Kuffar und ihre Systeme (auch ihre „Schutzarmeen“) wie selbstverständlich mit einzubeziehen, die krankhafte Veränderung der Umma das „normale Mass“ weit überschritten hat und somit auch nicht mehr wirklich vorstellbar ist, wie sich die Dinge entwickeln würden, wenn man dieses Element korrigiert.
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: KLAR! KEIN WIDERPRUCH
    Zuerst müsste man Grundlegendes richtigstellen, DANN kann man weitersehen - und dabei auch auf alles zuvor von Muslimen oder auch anderen Weisen er- und überdachte mit einbeziehen.
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: KLAR! KEIN WIDERPRUCH
    Diese Notwendigkeit ist wohl heutzutage viel klarer sichtbar als noch zur Zeit, in der Muhammad Asad das „constitution making“ geschrieben hat. Vielleicht also wäre er auch offen dafür, gewisse Aspekte davon zu überdenken?
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Davon bin ich ÜBERZEUGT - aber wie ich schon sagte, man hat ihn ja ALLEIN gelassen ... mit uns beiden, wäre er nun schon DREI :wink:
    Das soll ja jedenfalls nicht verboten sein – und ich nehme es also mal ganz „unverfroren“ in Angriff.

    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: „unverfroren“ = HOT ! 8)
    Habe hier zur Veranschaulichung einiges herauskopiert und kommentiert:
    "Ihre Herzen waren mit solcher Demut gesegnet, welche in ihrem Geist nicht überboten werden kann; und keiner von ihnen überhob sich jemals und schrieb sich selbst den Rang eines "sekundären Gesetzgebers" zu. Doch genau dieser Rang wurde ihnen von den späteren Generationen zugschrieben: von Leuten, die aufgehört haben, für sich selbst zu denken und sich angewöhnt haben, die Last des Denkens den Schultern ihrer Vorfahren aufzuladen; von Leuten, die in ihrer frommen – und bestimmt auch entschuldbaren Bewunderung dieser hervorragenden Freunde des Propheten, dem Element der Unvollkommenheit welches in der Natur des Menschen als solches enthalten ist, gegenüber blind geworden sind. In dieser Blindheit begehen sie den Fehler, in jedem Detail des ijtihads der Gefährten in politischen Angelegenheiten, so etwas in der Art wie "gesetzliche Präzedenzfälle" zu sehen, welche für alle Zeiten für die Gemeinschaft verbindlich wären – eine Ansicht, die weder durch die shar'ia, noch durch den gesunden Menschenverstand zu rechtfertigen ist.

    Anmerkung S.A.M.:
    Wohl muss man sich das „Element der Unvollkommenheit“ auch bei den 4 rg Khalifen immer als Möglichkeit vor Augen halten. Dennoch wäre es meiner Ansicht nach fahrlässig, ihre Haltung zu bestimmten Problemkreisen und ihre Entscheide einfach völlig ausser Acht zu lassen! Warum sollen wir denn ihren Ijtihat NICHT als Präzedenzfälle ansehen und WORAN sollen wir uns sonst orientieren??
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Klar! Wir lassen, wollen sie ja gar nicht ausser acht lassen! Aber ich glaube, Muhammad ASAD wollte damit nur sagen:
    Präzedenzfälle gab es VIELE (und manche waren in ihrem Gehalt das Gegenteil des anderen) unterschiedliche ... ein Hinweis auf die BANDBREITE und FREIHEIT menschlicher (gottgegebener und erwünschter) KREATIVITÄT - die wohl durch das Beispiel der rg Khalifen NICHT erschöpft ist :idea: (sondern nur endlich in die richtige Richtung (hin, zu Gottes Wohlgefallen, um Seinetwillen) ANGESTOSSEN wurde.
    Und er wollte damit sagen, dass das ABSOLUTSETZEN eines Präzedenzfalles gegen einen anderen UNZULÄSSIG ist.
    Und UNREFLEKTierTES, UNREFLEKTierENDEs Nachahmen, in den STILLSTAND (in den Niedergang MENSCHlicher Entwicklung führen MUSS :idea: ) BEWARE :!:
    Gewiss waren sie unter den „besten der Menschen“, ihre Gemeinschaft die „beste der Gemeinschaften“, wie unser Prophet s.s. sie klar bezeichnete – und die Gelehrten der darauffolgenden Jahrhunderte lagen wohl in ihrer auf „frommer Bewunderung“ ihnen gegenüber gründendem Bemühen um die richtige Orientierung gewiss nicht falsch – waren sicher auch nicht bloss sozusagen „DENKFAUL“! Dies mag auf eine grosse Masse immer zutreffen, gewiss aber nicht auf eine Mehrzahl der herausragenden muslimischen Gelehrten! Und vergessen wir nicht die Aussage unseres Propheten s.s., dass sich die muslimische Gemeinschaft in ihrer MEHRHEIT NICHT IRREN wird!
    [quote=M.M.Hanel]Ist das SO?
    Ist es nicht so, dass die UMMA - in ihrer EINSTIMMIGKEIT , nicht irrt? :!: [/quote]
    "……..Wenn wir diesen Auftrag nicht erfüllen – wie so viele Generationen, die vor uns dabei
    versagten – und uns hinter faulen, undurchdachten Betrachtungen über den Ruhm unserer Vergangenheit verschanzen – und von uns nicht mehr fordern, als eine blinde Imitation dieses vergangenen Experimentes – werden wir nicht mehr demonstrieren, einmal mehr, als dass die Welt noch nicht reif für den Islam ist …"

    S.A.M.
    Warum denn haben die Generationen vor uns nur „versagt“? Sie haben auch durchaus Grosses geleistet – wahrscheinlich Grösseres, als wir es zu leisten vermögen?!
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Na ja, das ist natürlich so - doch jetzt käme genau DAS zur Anwendung, was Du oben so schön dargestellt hast (knapp daneben ...) WOFÜR, für WEN wurde das geleistet (warum wurden die zweitgeborenen Kalifen Brüder ermordet? Warum bezeichnete der Prophet diese EPOCHE (bei all ihrem Glanz und Ruhm) als das Zeitalter der DESPOTEN ??
    (Ausnahmen BESTÄTIGEN die Regel. Ausnahmen sind NICHT die Regel ... auch wenn man dies GERNE so sähe!

    Und - WARUM bitte, WÄREN WIR NICHT in der Lage, GRÖSSERES (was vielleicht "KLEINERES" wäre, zu vollbringen? Kein Vertrauen in UNSERE Fähigkeiten - warum das HEIL in der Vergangenheit suchen, anstatt im GÖTTLICH INSPIRIERTEN MOMENT - welcher den WAHREN Dienern Gottes desöfteren als Geschenk Gottes - unabhängig von ZEITALTER, RANG ALTER, o.ä. zuteil wird?
    Ich glaube, die „faulen undurchdachten Betrachtungen“ haben in dem Moment begonnen, wo die Muslime den Islam definitiv verlassen hatten,
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Dazu kann ich nur sagen, dass WIR STÄNDIG dieser Gefahr ausgeliefert sind, wieder völlig unabhängig von äusseren Zuständen ... allerdings ist es so - dass je MEHR Menschen dieser Gefahr erliegen, dieser Zustand sich wie eine EPEDEMIE ausbreitet ... und deshalb dann der ganzgesellschaftliche Niedergang. andere in grundlegenden Dingen der muslimischen Herrschaft leichthin mitmischen liessen -und nicht wussten, wie ihnen geschehen ist – deshalb einfach in der Vergangenheit zu schwelgen begannen! („Reif für den Islam“? Allah weiss schon, was ER uns zumutet – Islam IST unsere Aufgabe, jeden Tag neu, „reif“ werden wir wohl nie – dann bräuchten wir ihn nimmer…wir müssen einfach (immer) wieder von Grund auf damit ANFANGEN.)

    "Ohne auch nur im Geringsten unsere Hochachtung für die Gefährten mindern zu wollen, können wir sicher eingestehen, dass alle Ergebnisse, welche über ijtihad erzielt wurden, wie großartig die betreffende Person auch sein mag, unvermeidlich vom Umfeld und dem Wissensstand dieser Person abhängig ist; und Wissen, besonders in sozialen Angelegenheiten, hängt nicht so sehr von der Erhabenheit des menschlichen Charakters, sondern von der, ihm zu Verfügung stehenden geschichtlichen Erfahrung ab. Nun kann es keinerlei Zweifel darüber geben, dass das Leben dreizehn Jahrhunderte nach den Gefährten, ohne dass wir etwas dazu beigetragen hätten, uns weit mehr historische Erfahrung zu Verfügung stellt, als diese ihnen zu Verfügung stand. Wir müssen zum Beispiel nur an die enorme Entwicklung psychologischer und soziologischer Vorstellungen innerhalb der letzten Jahrhunderte denken, um zu erkennen, dass wir in mancher Hinsicht besser gerüstet sind, um die innere Vorgabe der einen oder anderen sozio-ökonomischen Behauptung des Islams zu begreifen, als möglicherweise die Gefährten es jemals waren: einfach deshalb, weil wir unser Schlüsse aus den historischen und intellektuellen Erfahrungen dieser dreizehn Jahrhunderte ziehen, welche für die Gefährten noch hinter dem undurchdringlichen Nebel der Zukunft lagen."

    S.A.M.
    Wohl können wir heutzutage auf ein vielfaches Mehr an Erfahrung zurückgreifen – wobei ich nicht glaube, dass sich dieses Mehr auf die ART der Erfahrungen bezieht – wir können einfach besser erkennen, WARUM….Menschen machen doch seit Urzeiten immer wieder dieselben Erfahrungen. Ähnlich einem Hologramm, das sich beliebig vervielfältigen kann – oder zwei Spiegeln, die, einander gegenüber gehalten das gespiegelte Bild x-fach wiederspiegeln können. Wir haben einfach die möglichen Verhaltensmuster x-fach durchlebt und in die Realität transformiert - in verschiedensten Ausprägungen und Varianten.
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: In dieser Sache stimme ich letztlich Muhammad ASAD zu.
    Wir Menschen (auch als Menschheit) lernen doch NUR über Wiederholung (ich könnte Dir da einiges aus meinem Leben erzählen) - über BEWUSST wahrgenommene und REFLEKTIERTE Widerholung.
    Und dies ist uns erst JETZT im nötigen Umfang, in der Moderne gegeben (Kommunikation, Geschichtswissenschaft, wie verlogen sie teilweise auch sein mag, etc.). Erst jetzt, erst der "moderne" Mensch erkennt, dass er seit mind. 4000 Jahren stets die gleichen Fehler in der Entwicklung z.B. seiner NATIONALÖKONOMIE machte ... welches zum zyklischen Untergang JEDER Zivilisation führen MUSS(te). Es braucht eben seine ZEIT, bis der Mensch erkennt und die Probleme beim RICHTIGEN Namen nennt!
    Und - die Menschheit lernt deshalb so langsam und schwerfällig, weil es letztlich doch die sie ausmachenden Individuen, mit ihrer rel. kurzen Lebensspanne sind, welche im KOLLEKTIV die Lernerfahrung gemeinsam umzusetzen haben ...
    Anschaulicher geworden sind unsere möglichen Verhaltensmuster also, um einiges deutlicher erkennbar – was den Menschen leider aber nicht zu „gescheiteren Schlüssen“ zu bringen scheint, ganz im Gegenteil! Ich wage daher sehr zu bezweifeln, dass wir imstande wären, ein BESSERES „System“ hinzukriegen als die 4 rg Khalifen – möge Allah Wohlgefallen an ihnen haben – und auch, dass wir mehr wissen! Auch denke ich so gesehen sehr wohl, dass Wissen (alles Wissen, auch soziales) von der “Erhabenheit des menschlichen Charakters“ stark abhängig ist und dass daher auf eine ganz grundlegende (vielleicht eher intuitive) Art und Weise alles Wissenswerte auch schon von den Sahaba gewusst wurde, dass sie ausserdem in ihrem Wissen um die grundlegenden Wahrheiten um einiges fester verwurzelt waren als wir es heute sind und sein können – vielleicht gerade weil dieses dem Herzen mehr entsprang als dem Kopf?! Erinnern wir uns auch hier wieder an die Aussage unseres Propheten ss: IHR (die Sahaba!) seid die besten meiner Umma….
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Dagegen ist ja gar nichts einzuwenden und ich denke Muhammad ASAD spräche nicht dagegen. Die Sahaba haben uns ein Modell vorgegeben - aber eben ein noch sehr rohes ... die nachfolgenden Generationen haben dann daraus etwas gemacht, was eben DEREN beschränkteren Vorstellungen (und weniger den EINFACHEREN und ERHABENEN Vorstellungen des Propheten und SEINER SAHABA) entsprach. Darin liegt EINFACH das Problem und zur kollektiven Lernerfahrung siehe oben.
    M.A. sprach nicht abwertend über die rg K. sondern wies einfach auf das "beschränkte" ALLGEMEINE Verständnis der ihnen Nachfolgenden hin, die Anlagen der khalifatischen ERHABENEN Konzepte - entsprechend ERHABEN - umzusetzen, umsetzen zu können oder auch nicht mit jenem unnachgibigen Willen umsetzen zu WOLLEN ... und er hatte jedenfalls WENIGER Zweifel wie Du, liebe Schwester, dass WIR heute, diese Anlagen besser zu begreifen vermöchten ... (aufgrund unserer erweiterten, leidvollen Geschichtserfahrung) ob wir allerdings in der Lage sind, sie - nachdem wir begriffen haben, sie auch UMZUSETZEN - das zu beweisen, sind wir einander allerderdings noch allesamt schuldig geblieben :oops: !
    Auch mich überkommen diese Zweifel viel zu oft - doch dankbar bin ich immer, wenn mir dann einiges widerfährt, welches doch wieder guten Grund zur Hoffnung gibt.
    "Mit gesellschaftlichen Gegebenheiten konfrontiert, welche den unseren ähnlich sind, hätten die rechtgeleiteten Kalifen gewiss nicht gezögert, ihre eigene Ratsversammlung durch eine Volksabstimmung zu bekommen: mit anderen Worten gesagt, hätte sie ihr ijtihad in dieser Angelegenheit zu einem weit anderen Entschluss geführt, als zu jenem, welchen sie vor dreizehnhundert Jahren getroffen hatten."
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Klar - dieses Prinzip ist es, welches M.A. uns und anderen Muslimen klar zu machen versucht - und dass es eben nicht unbedingt immer so ablaufen muss, wie es damals ablief.

    Anmerkung S.A.M.:
    dies allerdings ist nicht zu bezweifeln. Allerdings wird in diesem Zusammenhang meines Erachtens erstens die spezielle Situation unserer heutigen (u.a. durch Jahrhundertelange Zinswirtschaft zersplitterte und aus ihrer Fitra herausgefallene) Gesellschaft viel zu wenig berücksichtigt und es wird wieder angenommen, wir würden es heute wohl aufgrund „höherer Entwicklung“ „besser machen“.
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Darüber, das die ZINSFITNA zuwenig berücksichtigt wurde (auch von M.A.) haben wir schon gesprochen und sind uns EINig.
    Obwohl die fehlende Stammesorganisation (die unter anderen, „natürlicheren“ ökonomischen Bedingungen sehr wahrscheinlich wieder auf ähnliche Weise zustande kommen würde – und dann die Weise der Abstimmung vielleicht auch wieder modifiziert würde?!)
    Auf der anderen Seite weist die muslimische Gesellschaft unserer Tage keine wirksame Stammesorganisation auf (etwas, für das wir, nebenbei gesagt, Gott dankbar sein sollten).
    nach meiner Ansicht Vor – wie Nachteile hat – dürften die Nachteile letztendlich (ein hehres menschliches Bewusstsein und ein Nijat für ALLAH vorausgesetzt) für die grosse Masse der Menschen bei weitem überwiegen.
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: JA
    "Keine Nation, keine Gemeinschaft vermag zur Glückseligkeit gelangen, solange und bis sie nicht wirklich von innen her geeint ist: und keine Nation oder Gemeinschaft kann wirklich aus ihrem Inneren heraus geeint sein, solange sie nicht ein hohes Maß an Übereinstimmung darüber erzielt hat, was im Leben der Menschen richtig und falsch ist: und keine Übereinstimmung kann erzielt werden, solange die Nation oder Gemeinschaft nicht Einmütigkeit über eine sittliche Verpflichtung erlangt, welche aus einem durchgängigen, absoluten, moralischen Gesetz erwächst."

    S.A.M.
    Ich glaube, die innere Einung entsteht und besteht aus der Liebe zu Allah taala, nichts anderem. Über „richtig“ und „falsch“ werden sich Menschen immer streiten können bis zum Geht – Nicht – Mehr, moralisch wollen sie/wir eh nicht sein – es ist NUR die Liebe zu Allah taala und Seinem Gesandten, die (auch innerhalb des- oft fruchtbaren- Streits) das Element des Zusammenhalts stellt. Und übrigens ist doch auch diese das Element, das uns mit der Umma der vergangenen Jahrhunderte eint und uns den Ijtihad ihrer Gelehrten zumindest sehr wertschätzen und in unsere Entscheidungen mit einbeziehen lassen sollte?!
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Nun - was soll ich dazu sagen - um Dich mit M.A. zu ver(ein)söhn(en).
    Denke, dass nur die LIEBE zu Allah taala uns zur UMSETZUNG der angesprochenen Sittlichkeit führt - da anderenfalls die LIEBE zur Welt uns diese Sittlichkeit "vergessen" lässt ...
    Wir streiten dann nicht mehr über richtig oder falsch - und schon gar nicht mehr bis zur Erschöpfung - wir GEHORCHEN - dann einfach ...
    Und: Ist es denn ein realistisches – uns von Allah auferlegtes?- Ziel des Muslims „Glückseligkeit“ explizit anzustreben - in DIESER WELT? Als Gemeinschaft sogar?? Oder können wir einfach nur hoffen, damit beschenkt zu werden, eventuell, nachdem wir unser Streben auf Allah alleine gerichtet haben….?!
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Allesamt gute Fragen!
    Auch hier bedarf es m.E. auch nur einer "kleinen" Korrektur!
    Nicht die Glückseligkeit, nicht das Paradies auf Erden soll der Mensch anstreben - sondern das WOHLGEFALLEN - DARAUS ergibt sich als Geschenk und Gnade Gottes eine ANNÄHERUNG an die GS und das PaE so GOTT WILL.
    Und ich denke, ich bin mit Dir, Schwester, wenn ich sage, die "Abkürzung" - also die Glückseligkeit, die perfekte Gesellschaft, "die" islamische Staatsform, das Paradies auf Erden - als Priorität (selbst(ver)herrlich(end)) verwirklichen zu wollen, anstatt sich den unerforschlichen Wegen Gottes anzuvertrauen - HIN ZUM WOHLGEFALLEN GOTTES - dies ist der Grund, warum wir uns immer weiter vom Ziel entfernen ...
    "Denn die vergleichsweise Einfachheit der Probleme, sowohl der administrativen, wie auch der legislativen, mit welchen die rechtgeleiteten Kalifen in den ersten Jahrzehnten des Islams konfrontiert waren, ließ sie das Prinzip amruhum shura baynuhum in einem etwas anderem Licht wahrnehmen, als wir dies heutzutage tun müssen."

    Anmerkung S.A.M.:
    Gewiss wäre es heute sehr angeraten, einen grösseren Ausschuss von kompetenten Menschen zur Beratung zu konsultieren. … Aber natürlich werden durch ein grösseres Mitspracherecht der Majlis die Dinge auch nicht einfacher - unter Umständen kann dadurch genau das Richtige verhindert werden….was ja M. Asad (als Gegenargument) an folgender Stelle auch erwähnt:

    "Die nackte Tatsache, so argumentieren sie, dass eine gesetzgebende Maßnahme durch eine Mehrheit unterstützt wird, impliziert nicht notwendigerweise, dass dies eine "richtige" Maßnahme ist: denn es ist immer möglich, dass die Mehrheit, wie groß und wohlmeinend sie auch sein mag, manchmal irrt, wohingegen die Minderheit – trotz ihrer Minorität – richtig liegt. Der objektiven Wahrheit dieses Einwands kann nicht widersprochen werden. Der menschliche Geist ist extrem fehlbar; darüber hinaus folgen die Menschen nicht immer dem Gebot des Rechts und der Gerechtigkeit; und die Geschichte der Welt ist voll von Beispielen falscher Entscheidungen, die von
    einer dummen Mehrheit gefällt wurden, obgleich es an entsprechenden Warnungen oder dem Widerstand einer weiseren Minderheit nicht fehlte. Dennoch möchte ich meine Kritiker fragen, welcher Alternative sie der oben vorgeschlagenen Methode der Mehrheitsentscheidung den Vorzug geben wollten. Wer ist es, der von Fall zu Fall bestimmt, ob die Mehrheit oder die Minderheit der Majlis ash-Shura im Recht ist? Welche Meinung soll letztlich die Oberhand behalten? Man kann natürlich sagen, dass das letzte Wort beim Amir liegen sollte, doch – einmal ganz davon abgesehen, von der Behauptung, dass die Erteilung solch absoluter Macht an irgendeine Person, gegen das Prinzip amruhum shura baynuhum gerichtet ist, auf welches das Gesetz des Islams so stark besteht – ist es nicht genauso möglich, dass der Amir falsch entscheidet, im Falle, dass die Ansicht der Mehrheit die richtige ist? Gibt es denn irgendeine göttliche Garantie, welche mit den Ansichten des Amirs einhergeht?"
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Nun - es geht einfach darum - andere LÖSUNGEN WIRKLICH ZU GEHÖR BRINGEN ZU DÜRFEN - und WIRKLICH ÜBER DIESE in AUSTAUSCH zu treten! (Siehe Nicola TESLA z.B. Silvio GESELL oder auch meinen EINWAND hier: http://www.facebook.com/event.php?eid=181578361892775&ref=notif&notif_t=event_invite ... wir dürfen heute was sagen - aber es wird weder gefördert, noch ernst genommen, sondern, verunglimpft und unterdrückt! Ja - das ist das DILEMMA! Weil eben die einzelnen Mitglieder unserer Gemeinschaft NICHT wirklich mitdenken, nicht wirklich VORgedachtes NACHdenken und deshalb es dann unterstützen oder ablehnen ... sondern lieber NACHreden, was ihnen andere EINgeredet haben und schön verpackt, schmackhaft gemacht haben ... :cry:

    S.A.M.
    Eben. Dies scheint ein unlösbares Dilemma zu sein – wiederum mit der einzigen „Lösung“ dass man Fehlentscheide, Rückschläge ein Stück weit hinnimmt – wohl mit der Hoffnung und der festen Absicht, daraus das Beste zu machen, immer wieder. Aber nicht, indem man „das Kind mit dem Bad ausschüttet“ und die Vorgehensweise der Weisen vor uns von Grund auf in Frage stellt. Nebenbei (oder hauptsächlich?!) sollen ja Fehler dazu dienen, unsere SEELEN FREIZULEGEN und unser NAFS ZU FORMEN, weich und demütig zu machen, damit wir unseren Blick nur auf ALLAH alleine richten!
    Wahrscheinlich ist es „ghupft wie gsprungen“ ob nun ein Amir alleine bestimmt oder ein Wahlkomitee - und diese Möglichkeit bleibt nach meinem Verständnis im Qur’an auch offen- das Prinzip amruhum shura baynahum kann genauso wie andere Gebote auch einfach als Befehl bestehen, ohne in einem Gesetzeskodex konkrete Ausprägung zu finden. Wie wollte man z. B. „institutionalisieren“ dass man nicht lügen darf oder die Witwen und Waisen, die Frauen gut behandelt … M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Indem man die Zuwiderhandlung sanktioniert, oder? man kann die Umsetzung auch davon nie gänzlich garantieren… Es wird uns wohl nie erspart bleiben, immer wieder in alle möglichen verfügbaren „Fettnäpfchen“ zu treten…!

    "Wie wir es auch wenden, die Fehlbarkeit menschlichen Denkens macht das Begehen von Fehlern zu einem unvermeidbaren Faktor im menschlichen Leben – und wir haben keine Wahl, als durch Versuch und Irrtum, und anschließende Korrektur zu lernen. Das, wahrlich, ist die Bedeutung von Fortschritt."

    S.A.M.
    Ich glaube nicht wirklich an „Fortschritt“ in diesem Sinne – sondern eher nur in der Form der Annäherung an Allah taala.
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: JA - GENAU! Unter Umständen nämlich wäre eine „galantere Fehlervermeidung“ sogar kontraproduktiv im Hinblick auf unsere Auseinandersetzung mit unserem Nafs im Lichte unseres Herrn und zum Zwecke der Stärkung des Iman! (Der Mensch braucht Widerstände – sagt auch der „Fitnesskönig“ Kieser – das gilt für die seelische ebenso wie für die körperliche Kraft!)

    "Sie (die rg Khalifen) waren Pioniere und Pfadfinder: und wenn wir wirklich wünschen, ihnen nachzueifern, müssen wir ihr nicht fertig gestelltes Werk, welches so hervorragend von ihnen begonnen worden war, wieder aufnehmen und weiterführen, bis hin zum Königreich Gottesauf Erden."

    S.A.M.
    Auch hier wieder diese Suggestion eines „linearen Fortschritts“ – sogar bis hin zum „Königreich Gottes auf Erden“!(Diese Vorstellung kenne ich so benannt nur von gewissen christlichen Sekten – nicht aus muslimischen Quellen!?!) Ich denke, dass dies wirklich eine grosse Falle ist, in die wir nicht hineintappen sollten. Es ist uns bestimmt, Fehler zu machen – was auch M. Asad immer wieder einräumt – und wahrscheinlich ist es wie gesagt sogar so, dass je schwächer der Iman wird, desto mehr Fehler gemacht werden MÜSSEN, damit wir unsere Entfernung spüren und Allah taala wieder anflehen, alle Kräfte mobilisieren….Im Fehlermachen liegt doch also ein Segen weil ein Knackpunkt jeder Auseinandersetzung mit Allah taala – der Annäherung an IHN!!! Und: Es IST das „Reich Gottes“, was wir hier haben, was denn sonst? ER bestimmt die Konditionen, nicht wir (auch nicht der Teufel)! Ein „Reich Gottes“ im Sinne einer „perfektionierten Welt“ werden wir eh nie hinbringen – das anzustreben ist pure Selbstüberschätzung und ein (vielleicht subtiles aber doch eindeutiges) Fehlverständnis unserer Aufgabe hier, würde ich meinen. Obwohl wir natürlich im Zuge unseres Strebens nach Allahs Wohlgefallen sehr wohl „automatisch“ fürs beste Gleichgewicht sorgen – wenn wir denn Seiner Anleitung dazu nach bestem Vermögen nachkommen! - DANN kann wird auch alles Zusammenleben eine bessere Qualität bekommen!
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Hier stimme ich wirklich mit Dir völlig überein, was sich, glaube ich, auch aus dem oben schon von mir Gesagten ableiten lässt.
    Auch M.A. ist ja nicht perfekt und hat sich vielleicht wirklich hier von "Paradiesischen Weltkonzepten" ein wenig verführen lassen ... ja - und nun ?
    Nun haben wir erkannt und dargestellt, worin sich unseres Erachtens M.A. täuschte - und folgen dem Prinzip, das "GUTE nehmen wir, das SCHLECHTE lassen wir" und er hat soviel dazu beigetragen, unser Denken zu schärfen, unser inneres Auge auf die uns natürlich umgebende Schönheit auszurichten ...
    Übrigens- heute gelesen im Tagi – Magazin, ausgesagt von Didier Sornette: Natürliche Systeme sind in der Regel eben nicht im Gleichgewicht. Das zeigen lebende Organismen am besten. Sie kennen nur EINEN Gleichgewichtszustand: den TOD. Solange sie leben, sind sie im Ungleichgewicht!
    [quote="M.M.Hanel]na was ... vielmehr sehe ich: "Natürliche Systeme [i]schwingen STETS um ein/das ihnen eingeschriebene Gleichgewicht.
    Nicht im Tod finden sie das "letzte Gleichgewicht" - sondern "GEBURT - LEBEN - TOD" sind der Hinweis auf das "überirdische", von Gott institutionalisierte Gleichgewicht in der Schöpfung, welches NIE (ausser am YOUM ul QIAMA) seine Vollendung findet ..."[/i][/quote]
    "Aber sie wussten auch, dass das politische Bewusstsein im normalen Volk immer noch in den Kinderschuhen steckte, und deshalb immer die Gefahr bestand, dass der angebotene Rat durch die Berücksichtigung stammesbezogener Interessen gefärbt sein könnte; und deshalb behielten sie es sich von Fall zu Fall in Weisheit vor, den Rat ihrer Ratgeber anzunehmen oder abzulehnen. Höchstwahrscheinlich war dies der einzige Weg, welcher ihnen in damaliger Zeit offenstand. Dennoch ist es recht gut möglich, dass diese unbegrenzte Entscheidungsfreiheit auf Seiten des Staatsoberhauptes einer der Faktoren für den raschen Untergang des Kalifates war: denn, während es im Falle einer außerordentlich starken und weitsichtigen Persönlichkeit wie 'Umar zu bewundernswerten Resultaten kam, brachte es die ganze Institution des Kalifates in Diskredit, wenn ein schwächerer Herrscher einen schwerwiegenden Fehler in einer Beurteilung beging. Wäre es nicht möglich, dass die ganze Geschichte der Muslime einen anderen Verlauf genommen hätte, wenn 'Uthman zum Beispiel, sich in jedem Fall an die Entscheidungen einer ordentlich eingerichteten Majlis ash-Shura gebunden (im rechtlichen Sinne des Wortes) gefühlt hätte?"

    Anmerkung S.A.M.:
    Gewiss nicht hätte die Geschichte der Menschheit einen anderen Verlauf genommen! (Und überhaupt, wenn man schon so hypothetisch fragt, muss man die Frage konsequenterweise auch auf Umars r Regentschaft anwenden und fragen: hätte wohl bei einer Begrenzung seiner Entscheidungsfreiheit das muslimische Reich DIESE Ausbreitung erfahren können??!) Menschen sind, wie sie sind, jeder einzelne und wie der Prophet Sallalahu aleihi wa Sallam gesagt hat und in den Sand gezeichnet hat: des Menschen Schicksal ist niedergeschrieben und wenn ihn „dies“ nicht trifft, dann trifft ihn „das“. Er kann nicht „ENTKOMMEN“ – in ein „einfacheres“ oder „besseres Leben“ – denn die äusseren Ereignisse stehen in einem Wechselspiel mit unserer inneren Verfassung und sind dadurch – wie diese - schon seit Beginn der Schöpfung genau so vorhanden, sind ein „Spiegel“ unseres inneren Wesens – (bezw. unseres Nafs?!) M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Bis dahin sind wir uns einig. Der Manifestation im Äusseren können wir nur durch „Auflösung“, eben wohl nur durch den auch physischen Tod, manchmal vielleicht auch durch das sufische „Stirb bevor du stirbst“ „Einhalt gebieten“ – M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Hier wende ich ein, dass es eben auch noch einen anderen, viel weniger "mystischen" Weg gibt: siehe: z.B. 8:53 & 13:11 auch letzteres wiederum erlaubt aber nicht, dass wir irgendetwas „umschiffen“, M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: DOCH ! Dem Noah und den "SEINEN" ist möglich, seinem Sohn nicht! was die Interaktion unserer inneren Anteile mit der äusseren Welt betrifft – ist ja darum wohl auch schwer genug zu erreichen!
    Hier möchte ich auch gerne M. Asad sich selbst widerlegen lassen und zwar mit einem Auszug aus dem Buch „der Weg nach Mekka“ was ich „zu – fällig“ aufgeschlagen habe, als ich in dem Buch stöberte
    " S.197: Diese Ergebung des Muslims ins Unabänderliche – die Erkenntnis, dass, was auch immer geschehen ist, nur auf diese und keine andere Weise geschehen konnte – wird im Abendland oft mit „Fatalismus“ verwechselt. Irrtümlich: denn die islamische Ergebung bezieht sich auf die Vergangenheit, nicht auf die Zukunft; sie spricht dem Menschen nicht das Recht ab, zu handeln, zu hoffen und zu streben – sie lehrt ihn lediglich, in der Wirklichkeit des Vergangenen nie etwas anderes zu sehen als den Willen Gottes."
    Und, S. 103, M.Asad ist unterwegs nach Jerusalem und sieht auf dem Schiff dem Spiel der Farben im Wasser zu, tauscht sich mit Pater Felix darüber aus (welcher behauptet, der Mensch verlange in der Religion immer danach, „seines Schicksals ledig zu werden“!) „……..ich träume von einer Lebensform………….in welcher es dem Menschen möglich würde, zu vollem Einklang mit sich selbst und mit dem Sinn seines Schicksals zu gelangen, so dass er am Mittag seines Lebens sagen könnte: ich bin mein Schicksal.“
    !!(Das ist doch wunderbar gesagt!)
    Und noch einige andere Stellen…..

    "….angesprochene Prinzip amruhum shura baynuhum, war so revolutionär, so völlig außerhalb dessen, was die Menschen dieser Zeit jemals zuvor über die Art des Regierens erfahren hatten, dass nicht einmal der Genius des al-khilafat ar-rashidah dieses Prinzip sofort vollumfänglich in eindeutig ausformulierten, verfassungsmäßigen Anordnungen umsetzen konnte. Gleichermaßen war die Einführung einer begrenzten shura in diesen Tagen von ihrer Natur her eher ein erstes Experiment, als eine bereits ausgereifte Errungenschaft. Wäre die innere Entwicklung des Gemeinwesens den, von den rechtgeleiteten Kalifen vorgezeichneten Richtlinien gefolgt, wäre das anfängliche Experiment bald zur glorreichen Errungenschaft erblüht. Doch dies sollte nicht geschehen. Alle ursprünglichen Ziele der islamischen Politik wurden ganz plötzlich durch das Erstehen eines autokratischen, dynastischen Staates unter Mu'awiyah und seinen Nachfolgern entwertet und uns blieb nichts, außer ein abgebrochenes Experiment."

    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Also ich glaube nicht, dass damit ASAD durch ASAD widerlegt wurde, sondern, dass ASAD durch ASAD belegt hat, dass das Geheimnis in Bezug auf Schicksal und Bestimmung (auf die Wechselwirkung zwischen EIGENBESTIMMUNG und GOTTES VORGABE eben nicht EINFACH, linear dargestellt werden KANN - aber nichts desto weniger BEIDES in aller Konsequenz zutrifft.
    DER MENSCH ist SEINES eigenen SCHICKSALs SCHMIED und
    GOTT ist der HERR aller BESTIMMUNG
    Anmerkung S.A.M:
    Erstens: ist es wirklich realistisch, anzunehmen, dass die gegenseitige Beratung etwas vollkommen Neues, Revolutionäres war? Liegt es nicht als Bedürfnis tief im Menschen drinnen, sich zu beraten – auch wenn alle guten Herrscher sehr wohl ihre Exekutivmacht nicht anzweifelten und wohl auch nicht anzweifeln DÜRFEN – das wäre im wahrsten Sinn des Wortes VERHEEREND!
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Nein, ich denke nicht - aber vielleicht die Vorstellung, dass nur die Mehrheit den Amir zu überstimmen vermag ? Zweitens die Herrschaft Muawiyas: es ist bekannt, dass der Prophet ss die „Fitna , die grossen Kämpfe zwischen den Muslimen (sogar die Teilnahme einer seiner Frauen daran) vorausgesehen hat (wie vieles andere auch!). Es ist bekannt, dass sich damals auch Gefährten, denen explizit das Paradies vorausgesagt wurde, gegenseitig bekämpft haben! Ebenso, dass Muawiyah ein von unserem Propheten und den Sahaba sehr wertgeschätzter Mann war, der sich auch noch während der schwelenden Spannungen mit Ali(r) über gewisse Vorfälle im muslimischen Reich ausgetauscht und beraten hat, sich bestimmt grösste Mühe gegeben hat, nach bestem islamischen Wissen zu handeln! Er war „rechte Hand des Propheten“, hatte dessen Vertrauen, war Schreiber des Qur’an. Er hat die Familie des Propheten ss immer in Ehren gehalten, bis zu seinem Lebensende – und sie ihn auch. Von Ibn Abbas r (der eigentlich Ali unterstützt hat) wurde er als „Faqih“ bezeichnet. Er hat immer versucht, die Sunna des Propheten ss zu befolgen, als er zum Sterben kam, bat er darum, mit einem Gewand bekleidet zu werden, das ihm der Prophet ss geschenkt hatte. Bestimmt kann man ihn und seine Herrschaft nicht einfach als (im Gegensatz zu den 4 vorhergehenden Khalifen? (Inwiefern denn?) „autokratisch“ abtun – da macht man es sich doch ungebührlich leicht!)
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Nun, das mag man so sehen - aber andere haben auch genügend Gründe dies ganz KONTRÄR zu sehen ... bin nicht in der Position, darüber urteilen zu wollen! Sondern weiss nur eines, die Morde an den Enkeln des Propheten, weiss ich durch 1000 Ausreden nicht zu rechtfertigen ... und dass DESPOTEN ohnehin IMMER glauben, sie wären auf dem rechten Weg und den "ihrer Meinung nach guten ZWECK" die Mittel heiligen lassen! Gerade die Ereignisse jener Zeit zeigen uns doch auf drastische und tief bewegende Art, wie unausweichlich die „schlimmen Ereignisse“ , die „Fehler“ einfach sind, wie sehr wir Menschen – auch wenn wir sie nach bestem Wissen und Gewissen zu umgehen suchen – dazu verdonnert werden, in sie verwickelt zu werden – und einfach nur darauf hoffen dürfen, in unserem Bemühen um Allahs Wohlgefallen und in tiefer Tauba SEINE Nähe – gerade auch auf DIESEM Weg – zu erlangen?! Macht nicht DAS einen guten Teil unserer menschlichen WÜRDE aus, dass wir auch unsere Fehler, unsere Schuld – im Angesicht Allahs - zu tragen fähig sind?
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: ? Meinst Du? Macht es unsere Würde aus, unsere Schuld im Angesicht Allahs zu tragen? Oder macht es unsere Würde aus, unsere Schuld über Einsicht, Umkehr und Reue abzulegen und dadurch wieder GERADE und würdevoll und in noch tieferer Demut zu stehen?
    "Wenn wir diesen weiterschreitenden Niedergang beenden möchten, müssen wir ganz klar damit aufhören, die fiqi Erkenntnisse der großen Gelehrten unserer Vergangenheit als etwas Endgültiges anzusehen, und müssen den ijtihad wieder in seine rechtmäßige Position zurückversetzen."

    Anmerkung S.A.M.:
    ganz sicher, aber nur unter der Voraussetzung, dass erstens unsere Situation von Grund auf „islamisch bereinigt“ ist, zweitens die Erkenntnisse der grossen Gelehrten der Vergangenheit dennoch in unsere Überlegungen mit einbezogen werden, der ganze Corpus ihres grossen Werks sehr wohl respektiert und auf ihm mit aufgebaut wird –
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Einspruch: mit einbezogen ja, darauf aufgebaut, nein , sondarn DAMIT gebaut - manchmal sind diese Fundament, so fest sie auch gebaut waren und immer noch sein mögen, doch von der FLUT der ZEIT überspült - und der Bauplatz daher anderswo NEU zu wählen ... will man nicht - wenn auch auf stabilem Fundament, so doch im Wasser bauen ...DAS IST eine ALTERNATIVE! wie gesagt, worauf denn sonst wollen wir aufbauen – nur auf unserem eigenen „Mist“ und dem unserer nächsten Vergangenheit??
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Nicht "NUR" auf unserem eigenen Mist, sondern vorallem "MIT" unserem eigenen MIST, auf stabilem Grund Diesem Unterfangen würde ich persönlich VIEL zu wenig trauen!
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Eh klar ... wenn "nur" ... ich traute ihm nicht nur viel zu wenig, sondern eher gar nicht 8)
    "die Verflochtenheit von zeit – und umfeldabhängigem Ijtihad und der Scharia nach nass – Norm) ………das ist, kurz gesagt, der Hauptgrund für die Abneigung so vieler „moderner“ Muslime, die islamischen Prinzipien auf die Probleme praktischer ÖKONOMIE und Politik hin anzuwenden. Wenn der Islam weiterhin ein praktikables Angebot bleiben soll, müssen unsere Vorstellungen über dessen Gesetz von allen Beschränkungen befreit werden, welche ihnen über Jahrhunderte durch zeitgebundenen fiqh auferlegt wurden. Anders gesagt: wir müssen das Konzept der schariah in jener Klarheit und Prägnanz in jener Reinheit wiederherstellen, das es zur Zeit seiner Verkündigung durch den geheiligten Propheten (s.s.) besass; denn es ist ziemlich zwecklos, von den „ewigen“ Werten der Shariah …zu sprechen und sie gleichzeitig mit den Ergebnissen menschlichen Ijtihads zu vermengen"

    S.A.M.
    „WENN Islam ein praktikables Angebot bleiben soll….“ ??? Natürlich ist ISLAM unsere EINZIGE wahre Möglichkeit und wird das gewiss immer bleiben!
    – Es geht ja nicht darum, alles unhinterfragt als „Scharia“ zu deklarieren, aber gewiss haben die Ulama der Vergangenheit Grosses geleistet im Verfolgen der „Verästelung“ der Scharia unter auf immer diffizilere Weise sich ausformenden Umständen! (Und es wäre doch blöd, das alles nochmals von vorne zu beginnen – unter noch schwierigeren Verhältnissen?! Natürlich sollen wir es überdenken!)

    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Nun - einerseits ja - und anderseits NEIN und nochmals NEIN (nicht überdenken sondern ...).
    Es ist unsere Pflcht, ALLES nochmals "durch/nachzurechnen", ALLES nochmals "NACH-zudenken" - wenn es doch offensichtlich so ist, dass das ERGEBNIS NICHT STIMMT! Hat nicht der Prophet s.s. gesagt, die MEHRHEIT der Umma wird sich niemals irren?
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Also ich meine, dass der Prophet a.s.s. vielmehr gesagt hat, dass die Muslime in einer falschen Angelegenheit NIE EINIG sein werden ... ist schon ein anderer Ansatz! Also können sich viele dieser Gelehrten nicht geirrt haben, da ihnen die Mehrheit gefolgt ist – und wir sollten ihr Werk wohl keinesfalls leichtfertig beiseitelassen, M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: NICHT beiseite lassen, NUR NICHT ABSOLUT SETZEN und SACROSANCT als UNFEHLBAR erachten :!: nur weil die Umma nun seit einiger Zeit auf wirklich schwerwiegende Weise korrumpiert worden ist und der Din al Islam nun nicht mehr so leicht „herauszudividieren“ ist! Wir würden dann genau denen in die Hand spielen, die diese Korruption vorangetrieben haben – den Wahhabis, welche es ja sind, die ihre Machtposition (und Irrlehre) genau damit rechtfertigen, dass die Umma über tausend Jahre „falsch lag“!
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Die Umma lag ja falsch - da gibt es nichts daran zu rütteln - und zwar deswegen, weil sie sich nicht als Gemeinschaft von eigenständigen, unabhängigen (nur von Gott abhängigen) INDIVIDUEN sah, deren EINZIGER irdischer Zusammenhalt das FREIWILLIG eingegangene Bündnis mit ihrem Schöpfer ist - kein Stamm, keine Sprache, keine Nationalität, kein Rang, kein Gelüst ... einfach NIX ausser ... ALLAH.

    "Die shari'ah schreibt kein bestimmtes Modell vor, nach welchem der Staat ausgerichtet
    sein sollte, noch hat sie im Detail eine Verfassungstheorie ausgearbeitet, sondern erlaubt, ganz im
    Gegenteil dazu, einen großen Spielraum in der Methodik des Regierens und Verwaltens. Das im Kontext von Qur'an und Sunnah niedergelegte politische Gesetz ist dennoch keine Einbildung…..Wenn wir auch zweifellos die Freiheit haben, das unberührbare Göttliche Gesetz durch ein eigenes temporäres, veränderbares Gesetz zu erweitern, so haben wir genauso zweifellos nicht die Freiheit, irgendeine der bestehenden shar'i Regelungen aus dem Kontext irgendeines temporären Rechts auszusparen. Wie bereits erwähnt, gibt es eine Menge Verwirrung unter den Muslimen darüber, worauf wirklich die shar'ia sich bezieht."

    S.A.M.:
    Dies ist natürlich sicher möglich, dass die Muslime die Orientierung verloren haben (sowieso, nachdem ihnen ja der Boden unter den Füssen weggezogen wurde) und dass man hier wieder neu ansetzen muss - und in diesem Sinne stellen diese - und andere - Überlegungen- M. Asads bestimmt auch wertvolle Elemente dar. Mögen wir ihm also einen Gefallen damit tun, sein Gesamtwerk in Ehren zu halten und uns auch kritische Gedanken darüber zu machen….

    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: JA :D

    Zum Schluss möchte ich – auch GSIW entnommen – Enes Karic zu Wort kommen lassen, um ihn das Thema auf eine stimmige Weise abrunden zu lassen:

    "Denn was ist Religion, wenn nicht zuhöchst und zuerst der tiefste, innigste und subtilste Dialog, ja Begegnung, zwischen Gott an sich und dem Menschen an sich.
    Gott ist des Menschen erster und wichtigster Gesprächspartner, und eigentlich ist Gott als Schöpfer des Menschen der einzig wahre Gesprächspartner des Menschen. Dieser Dialog des Menschen mit Gott ist Grundlage jeder tragfähigen Beziehung und jedes Dialogs zwischen Mensch und Mensch, Mensch und Natur, Mensch und Geschichte etc. Die großen Weltreligionen haben die Menschheit immer in erster Linie ein
    en solchen Dialog mit Gott gelehrt, gefolgt vom Dialog mit der Welt der Natur und der Welt der Geschichte. Der Islam nimmt für sich in Anspruch, dass er auf der Weltbühne aufgetreten ist als der eine große fundamentale Aufruf, der den Menschen an Gott erinnert, als der eine große Aufruf zum Dialog mit Gott, unserem Schöpfer.

    Wie gesagt, schafft der Dialog Gottes und des Menschen die tragfähige Grundlage und den unumgänglichen Kontext für jeden anderen menschlichen Dialog, einschließlich, wenn man so will, des Dialogs zwischen dem Menschen und dem kleinsten, zartesten Pflänzchen. Der Mensch, der nicht im Dialog mit Gott steht, läuft Gefahr zu denken, er sei, wenn nicht gerade der tatsachliche Schöpfer, so doch wenigstens der Herr dieses zarten Pflänzchens.

    ENES KARIĆ"
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: WUNDERBAR!

    Bei der Kritik an Kelek muss ich vorausschicken, dass ich Dir im Namen der Frauen natürlich danken möchte, für Deine Klarstellungen und für die Hervorhebung der Tatsache der gegenseitigen Rechte und Verpflichtungen. M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: (Danke nicht mir, sondern dem Autor!) Das heisst, in dem Fall vor allem der Rechte der Frauen in einer Ehe! Und es ist mir nicht entgangen, dass es Dir natürlich um die Richtigstellung ihrer Fehlzitate ging – was dringend nötig war und wie gesagt wohl professionell durchgeführt wurde – ma sha Allah. Nur auf das „Detail“ der „patriarchalischen Dominanz“ (vergangener Zeiten) allgemein möchte ich hier etwas näher eingehen. Auch da muss man einräumen, dass es gewiss nicht leicht ist, aus unserem aktuellen „Welt – und Lebensempfinden“ heraus auf andere Zeiten, auch andere „Welten“ (Okzident) zu schliessen und dass wir immer in der Gefahr sind, mit unserer Einschätzung falsch zu liegen. Dennoch möchte ich meine Sichtweise, von der ich hoffe, dass ich damit nicht ganz daneben tippe, darstellen.

    Auch hier ein Zitat von Enes Karic zur Einleitung:
    Enes K.:
    " Die moderne Naturwissenschaft mit ihrer szientistischen Weltsicht ist selbst ein entsetzlicher Monolog, ein Monolog der Diktatur, der sich selbst in einen furchtbaren Aufschrei und Aufstand gegen den Himmel und Gott verwandelt."

    E.K. nennt das, was heute zu diesem grossen Ungleichgewicht führt – und was wohl auch dieses ungesunde Überlappen des (vorwiegend männlichen?!) analytischen Anteils beinhaltet „szientistische Weltsicht“. Man muss also davon ausgehen, dass wir all unsere Betrachtungen aus dieser Situation heraus anstellen und unser Verständnis, unsere Einschätzung (evt. auch der Vergangenheit) von ihr (mit-) geprägt sind. Die „szientistische Weltsicht“ ist wie ein „gesellschaftlicher Konsens“ – getragen von Männern wie ebenso auch von Frauen und es ist, in sämtlichen Lebensbereichen, nicht so leicht vorstellbar, wie unser Empfinden, Fühlen und Denken ohne ihre mächtigen Paradigmen aussehen würde.….

    Ich denke, dass zu Zeiten, zu denen alles noch in einem besseren Gleichgewicht war, dieses Patriarchalische sich viel weniger negativ ausgewirkt hat, als es dies heute tut – und so auch in die Sicht der Vergangenheit projiziert wird. Dass dieses „tyrannische Patriarchalische“ ausserdem, so wie es heute gezeichnet wird, bis zu einem bestimmten Grad auch ein „Phantom“ ist, um gewisse Interessen durchzusetzen und unheimlich viel Schaden anrichtet, weil es die beiden menschlichen Gegenpole voneinander entfremdet und ein kraftvolles dynamisches Miteinander eben gerade VERHINDERT. Es wird so auch suggeriert, dass in der gesamten - vor allem religiös geprägten - Vergangenheit der Menschheitsgeschichte alles Erarbeitete aufgrund von zugrundeliegenden „patriarchalischen Strukturen“ rundweg zu verwerfen ist und hierbei wird die muslimische Welt wie selbstverständlich in einen Topf mit der christlichen geworfen (höchst unwissenschaftlich)! Witzig zu beobachten ist auch, dass allen voran viele Frauen auf die Klassifizierung einsteigen, sich an das Männliche anzugleichen, mit ihm zu konkurrieren suchen, viele ihrer wertvollen weiblichen Anteile als minderwertig unter den Tisch fallen lassen.

    Wahrscheinlich haben die menschlichen Gemeinschaften, ganz grob eingeteilt, die Wahl zwischen einer überwiegend (eher männlichen) bewusstseinsorientierten Ausrichtung einerseits oder einer vorwiegend (eher weiblichen) tendenziell mystischen, intuitiven, vielleicht okkulten oder eher metaphysischen Orientierung.
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Oder eben aus dem Bewusstsein, dieser dual geprägten Wahlgmöglichkeit - als dritte Alternative, stets nach dem AUSGLEICH, dem "radikalen MITTELWEG" zwischen diesen beiden offensichtlichen Extremen, zu suchen. Bei allen Klassifizierungen unserer „modernen“, „aufgeklärten“ Welt wird wie von selbst vorausgesetzt, dass das in diesem Sinne hier als „männliche“ (wissenschaftliche) bezeichnete nicht nur mehr „wert“ ist sondern im Vergleich zum Mystischen, Intuitiviten eigentlich als einzig gültiger Massstab gilt. Eine Denk- und Empfindungsweise, die sicher den (frühen) Muslimen schon mal fremd war. Allerdings gibt die muslimische Ordnung sehr wohl dem (männlichen) Bewusstseinsorientierten, dem was „al Furqan“ genannt wird den Vorrang – als „Schutzmacht“ dessen, was weniger fassbar, weniger definier- und analysierbar ist – und tut damit wohl der Menschheit einen sehr guten Dienst! Im Taoismus wird dieses Männliche, wie wir wissen als Yang umschrieben, auch als geistiger Gegenpart zum Yin, dem Weiblichen, irdischen, materiellen. Nur durch das harmonische Zusammenspiel der beiden Kräfte ist Leben auf der Erde überhaupt möglich – und eben, Yang ist der „Geist“ – der sich natürlich auch in den Frauen wiederfindet, Gott sei Dank! Aber könnte es nicht sein, dass Männer den männlichen „Part“ generell besser repräsentieren können als Frauen? Natürlich vorausgesetzt, sie haben (sich)die richtigen Grenzen gesteckt und das richtige Ziel im Blick – ansonsten wird ihre Kraft (sowieso bei zu wenig Einbezug des Weiblichen) diffus und zerstörerisch…. Männer lassen sich nach meiner Beobachtung und Einschätzung auch unter belastenden Umständen nicht so leicht aus dem Konzept bringen, bleiben länger konzentriert und fokussiert als Frauen (Ausnahmen setzen diese Regel zumindest nicht ausser Kraft!) und können/sollen so das Weibliche – natürlich auch im Mann enthaltene- schützen und dem Göttlichen (sicherer als auf anderem Weg) entgegenführen. Der „moderne Mann“ ist von diesem Ideal natürlich - wohl überall auf der Welt – weitaus abgewichen, ist in der Regel selbst hilflos geworden, Sklave seiner selbst und „fremder Mächte“. In einem System, das auf Lug und Trug aufgebaut ist, verstrickt er sich selbst und alle seine Lieben immer mehr in (geistige) Wirren. Frauen sind wohl nicht viel besser dran, haben aber in der Regel mehr von dem, was man „gesunden Menschenverstand“ nennt, der sie in ihrer unmittelbaren (weltlichen) Realität besser festmacht – und nutzen diese Position auch oft genug zu ihrem Vorteil aus.
    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: WIRKLICH SCHÖN HERAUSGEARBEITET, liebe SCHWESTER - IMHO Wenn wir uns die Berichte aus dem muslimischen Reich der früheren Zeiten ansehen, finden wir dort zwar die Frauen (wie es überall auf der Welt war) in ihrem eigenen „Handlungsfeld“ agieren. Können aber klar erspüren, dass sie doch durchaus selbstbewusst und im gleichen Mass im Einklang mit sich selbst wie die Männer waren! Gerade Muhammad Asad hat dies auch im „Weg nach Mekka“ an mehreren Stellen wunderbar anschaulich beschrieben! Natürlich wurden sie z.B. – eventuell auch als elfjährige Mädchen und u. U. auch gegen ihren Willen - verheiratet, hier wurde bestimmt, sowieso falls solches ohne das Einverständnis der Frau/des Mädchens geschah – gegen eine Verordnung des Qur’an und der Sunna verstossen! Solche Grenzüberschreitungen sollten auf jeden Fall geahndet werden können! Aber ich bin dennoch im Laufe meines Lebens sehr vorsichtig geworden mit der Idee, „Gerechtigkeit“ auf der Erde haben zu wollen – die gibt es einfach nicht, nicht so, wie wir Menschen uns das vorstellen würden. Und dass dem Menschen generell kein grosser Dienst getan wird, wenn er allzu grosse Freiheiten hat, ist offensichtlich. Es wird ihm die Rechnung für seine Fehlentscheide auf jeden Fall präsentiert – wenn nicht im Dunya, dann im Achira (audhu bi Llah!) Darum kann es unter Umständen viel besser sein, Unrecht von „aussen“ erleiden zu müssen, als es sich selbst zuzufügen M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: WOW :idea: – und sich eventuell als Folge der eigenen Freiheiten in einem schwer entwirrbaren „Gestrüpp“ von Fehlern/Fehlhaltungen zu verheddern. Aus diesem Grund wäre ich auch vorsichtig mit der Verurteilung vergangener Gesellschaftssysteme aus dem Grund heraus, dass sie das Gleichheitsgebot zwischen den Menschen nicht 1:1 oder aus unserer derzeitigen Sichtweise heraus nicht optimal verwirklicht haben, sie im Negativsinn als „patriarchalisch“, „autokratisch“ etc. zu beurteilen. Dass auch ein so feinfühliger, kritischer und wacher Mensch wie Muhammad Asad die „patriarchalische Dominanz“ noch vor bald hundert Jahren im alltäglichen Leben dieser Gesellschaften nicht als störend empfunden hat, – sondern er im Gegenteil, den/die Araber als Menschen beschreibt, der es „verstanden hat, sich seine Seele unversehrt zu wahren“ (S. 134) oder (in Syrien) als „Menschen, die ihr Dasein ungebrochen in sich selbst zu tragen schienen, immer unverloren in den eigenen Spuren gingen“….usw. (S160) und auch die Frauen immer wieder als in ihr Dasein wunderbar eingebettete und durchaus selbstbewusste Wesen beschreibt, bestätigt mir meine Ahnung, dass generell die muslimischen Gesellschaften im Grunde ziemlich gesund waren – und aus diesem gesunden Grund heraus die Frauen sich auch in allen Lebensbereichen einbringen konnten, soweit sie das wollten. Sowohl im wissenschaftlichen Bereich, als auch im Bereich des kulturellen und wirtschaftlichen Lebens – jedenfalls viel besser als hier im „Abendland“, wie wir ja wissen. Sie waren ja z.B. auch die Stifterinnen und Betreiberinnen einer grossen Anzahl von Auqaf (z. B. in Istanbul), haben als Gelehrte unterrichtet und auch Männer haben , sowieso in den Anfängen des Islam wie z. B. Imam Schafi, aber auch später noch – von ihnen gelernt. Auch wenn Männer oft die „Repräsentanten nach aussen“ waren. Auch wenn sie in allen „äusseren Angelegenheiten“ in der Mehrzahl waren – letztendlich entstehen ALLE „Produkte“ einer Gesellschaft durch ein Zusammenspiel des Weiblichen mit dem Männlichen, des Yin mit dem Yang.

    Hier Weiterlesen:
    http://www.iphpbb.com/board/ftopic-43715060nx17898-51-60.html#1456

    Das Forum erlaubt nur eine bestimmte Länge des posts ... :oops:



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    Anonymous - 04.05.2011, 11:39


    Vielen Dank lieber Bruder nochmals an dieser Stelle für das so stimmige und gekonnte Abrunden meiner Ausführungen! Möchte aber zu ein,zwei Aspekten doch auch hier noch etwas sagen. Erstens zur "Unbedarftheit" von Rasulullah s.s. in Wirtschaftsfragen. Dies scheint mir - für manchen nicht so belesenen Muslim doch etwas irreführend zu sein weshalb ich die Ahadith diesbezüglich hier nochmals hineinkopiere. Neben den qur'anischen Geboten wurden uns nämlich sehr wohl auch durch unseren Propheten in Wirtschaftsfragen genaue Grenzen gesetzt. Dies wird aus folgenden Ahadith klar:

    Ibnu Abbas (r) berichtete, dass der Gesandte Allahs ss sagte: "Wer Lebensmittel kaufte, soll sie nicht weiterverkaufen, bis er darüber volle Verfügung hat" (I.A. sagte dazu Ich denke, dass diese Regelung auch für alle anderen Handelswaren gilt")

    Abdullah B. Umar r berichtete "Der Prophet ss verbot an Nadschasch". ERläuterung: N. bedeutet, dass ein Pseudokäufer für eine Ware einen unrealistisch hohen Preis anbietet, ohne die Absicht zu hegen, diese zu kaufen!

    Abu Hureira (r) sagte: der Gesandte Allahs s.s. verbot, auf die Karawanen ausserhalb der Stadt zu warten, um sie aufzukaufen und dass ein Ortsansässiger für einen Beduinen dessen Handelswaren veräussert bezw. einkauft.

    Der Gesandte Allahs verbot "al Munabadha" d.h. dass der Verkäufer dem Käufer sein für den Verkauf best. Kleidungsstück zuwirft, ohne dass der Käufer das Kleid prüft oder es sich genau anschaut. Und er verbot auch al Mulamasa, d.h., dass der Käufer das Kleidungsstück durch Berührung kauft ohne es vorher zu prüfen.

    Der Gesandte Allahs s.s. verbot, dass zwei Geschäfte in einem getätigt werden.

    Ibnu Umar (r) berichtet, dass der Prophet sallalahu aleihi wa sallam den VERKAUF EINES SCHULDVERHÄLTNISSES MITTELS EINES ANDEREN SCHULDVERHÄLTNISSES VERBOT!

    (Es gibt gemäss Qur'an und Sunna die Riba al Fadl (unerlaubter Überschuss) und Riba an Nasia (zeitverzögerter Verkauf von Gütern), die gleichermassen verboten sind. Ausserdem noch die "Riba - Güter", die speziell behandelt werden. )Aus Qur'an in Kombination mit obengenannten Ahadith wird klar, dass wohl sämtliche Praktiken der kapitalistischen Wirtschaft und Börse - sowieso die Geldschöpfung aus dem "Nichts", rein aufgrund eines von Beginn an mit Zinsen hoch belasteten Schuldversprechens - von Grund auf HARAM sind. (Wie dieser Missstand genau zu beheben ist, darüber möge man sich austauschen!)

    Und noch zum "Alleingelassenwerden" von M. Asad: Ich denke, dass der Bruder Asad zu diesem "Alleingang" prädestiniert war, ihn sehr wohl über weite Strecken auch genossen und sich mit dieser Rolle - teilweise jedenfalls - identifizieren konnte. Er hat wie einen "langen Faden" gezogen aus seiner - jüdisch- europäischen - Herkunft durch die islamisch - arabische Welt der damaligen Zeit - und wieder zurück nach Europa - dort, wo der Islam noch am längsten lebendig gewesen war - und hat somit Pionierarbeit geleistet. Wahrscheinlich war die Zeit im Moment seines Ablebens - möge Allah mit ihm barmherzig sein - noch nicht reif für einen Zusammenschluss der verschiedenen Kräfte im Islam. Wir hoffen aber, dass die Zeit JETZT langsam dafür reif ist und all die "Einzelbemühungen" und "- fäden"mal zusammenlaufen dürfen. Wenn nicht jetzt, wann dann??

    (Und noch zum Abschluss des Beitrags: er hört etwas konfus und nach einem Satzanfang auf - kann man das noch ändern?)



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 04.05.2011, 23:39


    Liebe Schwester
    wa alaikum Salam wa Rahmatullahi wa Barakatuh

    Nochmals bedanke ich mich für Deinen wirklich bemerkenswerten Beitrag.

    Mit "Unbedarftheit" des Propheten (saws) in Bezug auf GELD (nicht Wirtschaftsangelegenheit) habe ich mich ws. - sorry - zu undifferenziert ausgedrückt.

    Für mich - um es möglichst EINDEUTIG und UNMISSVERSTÄNDLICH auszudrücken - gibt es ISLAMISCHE Regeln, welche den HANDEL (also das Kaufen und Verkaufen) betreffen.

    Was es meiner Meinung bislang NICHT gibt, ist ein (geschlossenes) islamisches WIRTSCHAFTSSYSTEM.
    Für ein solches gilt es vor allem anderen (oder in unserem Fall sogar, "nach" allem anderen) die GELDSCHÖPFUNG und den GELDUMLAUF zu kontrollieren - womit gemeint ist, KONTROLLIERT (nachvollziehbar und Regeln folgend) HANDZUHABEN!

    Wir dürfen, mögen ja nicht vergessen, verdrängen oder nicht berücksichtigen, dass HEUTE, wie zu ALLEN Zeiten - Geld ausschließlich über einen bewussten MENSCHLICHEN WILLENSAKT (einzelner oder mehrerer Machthaber) in UMLAUF gebracht wurde - und nicht, wie LUFT oder alle anderen LEBENSGESCHENKE Gottes einfach vorhanden war :!:
    Also nix "GÖTTLICHES" (= absolutes, sakrosanctes, unveränderbares, heiliges, ...) ist daran, ausser, WIE man damit umgeht!

    Dass man in weiten Teilen dieser Welt bewogen war/ist, GELD mit GOLD aufzuwägen, ist bloß EINE Variante, eine SPIEL(un)art von VIELEN gewesen (die Chinesen z.B. haben schon vor VORLANGER Zeit Papiergeld in Umlauf gebracht - und die Deckung der Währung war (im Vorhandensein, unerschöpfliches) SALZ - worauf der Kaiser allerdings ausschließliches MONOPOL hatte.
    Aus meiner Sicht, eine WEITAUS intelligentere Form, bewusstes Wirtschaftswachstum und (z.B. durch äussere Katastrophen, nicht vom Menschen beeinflussbare) Wirtschaftseinbrüche durch BEWUSSTE Geldschöpfung und Umlaufgeschwindigkeitssteuernde Massnahmen den möglichst ungestörten (Rund)Gang der Wirtschaft zu kontrollieren.)

    Dass in der Antike, im Orient eben Gold gebraucht worden war, waren eben die Umstände, mit welchen der Prophet (asws) konfrontiert war. Und sein großer Verdienst war, dass er - als flankierende Massnahmen zum grundsätzlichen göttlich verordneten Zinsverbot - entsprechende VERKEHRSREGELN (jene Regeln, welche die in Verkehrbringung von Waren reglementieren) diesem Gold und Silbergebrauch gottgefällig und -gemäß angepasst hat. Al Hamdulillah!

    Doch die Zeit und die Welt bleibt und dreht sich immer von Anfang bis zum Schluss und bleibt nicht stehen und der Mensch braucht eben Jahrhunderte (wenn nicht Jahrtausende), um eine "menschliche", kollektive Menschheits-Erfahrung zu machen, eine historische Erfahrung zu "verinnerlichen" - und jetzt ist es Zeit - so Gott will - den nächsten Schritt nach "vorne" (oder eben nach "hinten", zum Ursprung, zur QUELLE - auch zur GELDQUELLE) zu machen und das SCHICKSAL in die eigene Hand zu nehmen (ohne natürlich zu vergessen, dass unser Schicksal letztlich NATÜRLICH und SO-WIE-SO in GOTTE "HAND" liegt!

    Hoffe mit meinen erneuten Worten gezeigt zu haben, dass diese eben NICHT einseitig so verstanden werden DÜRFEN, als sprächen sie unserem Propheten (asws) irgendwelche Verdienste ab ... sondern, dass es ganz klar ist, dass er nicht ALLES in seiner Lebensspanne erledigen konnte - wahrlich hatte er genug zu tun ... und zur GELDSCHÖPFUNG hat er sich - meines bescheidenen Wissens - gar nicht geäussert - weil es eben (ganz nach der Denkart Muhammad ASADs) an jeder GENERATION selbst liegt, liegen darf, WIE sie dies zu tun wünscht - solange sie sich an die prophetischen "Verkehrsregeln" hält - GELD ist ein MITTEL, ein Mittler - sozusagen ein TRANSPORTMITTEL - und ob wir beschließen, nur mit organischen Wesen unsere Waren (ganz nach amischer Art) zu transportieren oder mit Stahlrossen oder mit Cyborgs ... ist doch völlig einerlei, solange wir dies, auf die Umstände hinbezogen, VERNÜNFTIG und GOTTGEFÄLLIG tun (denn ich glaube nicht, dass das eine wirklich ohne das andere sich wohlfühlt ... und das WOHLGEFALLEN - GOTTES - sollte mit dem des Menschen wohl einhergehen dürfen und ist ganz allgemein erstrebenswert.

    Mögen meine Worte ein Anstoß zum Verständnis werden.

    PS: Fehler im eigenen Text ändern kann man - WENN man sich eingeloggt ans Schreiben macht ... sonst kann das nur mehr der arme Administrator, der das eigentlich nicht machen will - denn was solls, nobodx perfect :wink:

    Hier geht es weiter:
    http://www.iphpbb.com/board/viewtopic.php?nxu=43715060nx17898&p=1449#1449

    .



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 29.05.2011, 19:04


    Weshalb lässt Gott, der Allmächtige, Leid auf der Erde zu?

    (Erinnere daran), als dein HERR zu den Engeln sagte: „ICH setze auf der Erde ein Geschöpf ein, das sich einander nachfolgt! “ Sie fragten: „Setzt DU darauf etwas ein, das auf der Erde Verderben anrichtetet und Blut vergiesst, während wir DICH mit deinem Lob rühmen und DICH als den reinen Heiligen verehren? ER sagte, ich weiss, was ihr nicht wisst!“ Koran 2:30 (Autor A.Zaidan, 2009)

    Der Mensch ist gemäss islamischer Lehre Gottes ehrwürdigstes Geschöpf. Denn Gott erschuf den Menschen in bester Form, hat ihn mit Vernunft ausgestattet und teilte ihm individuelle Fähigkeiten zu, womit er die Erde erkunden und sie zu seiner Wohnstätte machen sollte. Ferner besitzt der Mensch, im Gegensatz zu Engeln, Tieren und anderen Lebewesen, Willensfreiheit, Fähigkeit zur Differenzierung und zur Abwägung der Tatsachen und Entscheidungsfreiheit.

    Gott hat dem Menschen Gnade erwiesen und überliess ihn nicht sich selbst. Er schickte ihnen Propheten, die den Menschen Richtlinien in Form von Geboten und Verboten offerierten, um ein solides Leben führen zu können. Aufgrund jener Lebensweisheiten und Prinzipien sollte eine Existenz in Einklang mit Gott, mit der Umwelt und mit den Mitmenschen möglich sein. Nichtsdestotrotz waren jene Überlieferungen der Propheten nicht dafür gedacht, dass der Mensch ausschliesslich die Rolle des Nachrichtenempfängers innehat, keine Eigeninitiative entwickeln darf und aus eigener Kraft nicht zu agieren braucht. Der Mensch ist der Nutzniesser des Universums, jedoch nicht sein Eigentümer. Das Universum wurde dem Menschen nur anvertraut. Wie er damit umzugehen hat, kann den Vorgaben aus dem Koran entnommen werden. Beispielsweise gibt es klare Vorschriften und Verhaltensregeln, welche die Beziehungen des Menschen zum Schöpfer, zum Diesseits, zum Jenseits und zu seinen Mitmenschen regeln. Der Mensch wird aufgefordert, sich an diese Verhaltensmaximen zu halten und hat somit Entscheidungs-und Handlungsfreiheit. Hingegen darf daraus nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass der Islam eine absolute Willensfreiheit vorsieht. In concreto sind folgende Kategorien zu beachten:

    1. Angelegenheiten, die ausschliesslich von Gott bestimmt werden: Tod, Krankheit, Fehlgeburt usw.
    2. Angelegenheiten, die dem Menschen absolute Handlungsfreiheit einräumen: Ausbildung, Heirat, Wohnort usw.
    3. Angelegenheiten, die sich aus der Vorbestimmung Gottes mit partieller Handlungsfreiheit des Menschen innerhalb des vorgegebenen Rahmens zusammensetze:
    in welchem Umfeld wir aufwachsen, mit welchem Körper wir geboren werden, usw.

    In all jenen Domänen, in welchen der Mensch absolute Handlungsfreiheit geniesst, ist Gott derjenige, der dem Menschen erlaubt, seine Absichten auszuführen. Dabei ist es irrelevant, ob diese Handlungen in religiöser Hinsicht vertretbar sind oder nicht. Beispielsweise fasse ich die Absicht, jemanden zu töten. Gott erlaubt mir diese Tat, obwohl ich dafür sowohl im Diesseits wie auch im Jenseits zu Rechenschaft gezogen werde. Die Einwilligung Gottes in eine verbotene Tat lässt sich wie folgt erklären: Gott hat dem Menschen Vernunft gegeben. Die Vernunft ist somit ein Geschenk Gottes, dessen sich der Mensch bedienen muss. Dieser Appell an den Gebrauch des gesunden Menschenverstands ist deswegen von höchster Bedeutung, da mittels dieser Komponente und Aufrichtigkeit die Offenbarungstexte verstanden werden können. Dadurch kann der Mensch die Wahrheit erkennen und sein Leben danach ausrichten. Das Leben auf der Erde wird nach islamischer Lehre als eine Art Prüfungswelt verstanden. Obwohl Gott der Allwissende a priori unsere Reaktion, die sich aus der Summe unserer Entscheidungen und Lebensführung ergibt, auf die Prüfungsaufgaben kennt, prüft er uns. Diese Prüfungen werden mit dem Menschen deswegen durchgeführt, damit er Gott nach dem Tod nicht der Ungerechtigkeit bezichtigt. Wenn nun aber einem praktizierenden Muslim ein Unheil widerfährt, ist das denn keine Ungerechtigkeit? Denn immerhin war er bemüht, in allen Lebensbereichen und in jeder Situation nach den Massstäben der Offenbarungsschriften zu handeln. Hieran muss der Terminus „Unheil“ definiert werden: Unheil wird in der Regel mit Pech, Verderben und Unglück übersetzt. Diese Übersetzung entspricht aber nicht der islamischen Lehre. Der Mensch ist nicht in der Lage, ein Geschehnis in Unheil oder Heil einteilen zu können, da er nicht allwissend ist. Ein „Unheil“ nämlich, kann etwas Positives präsupponieren. Gott offenbart den Menschen im Koran, wie sie sich in heiklen Situationen zu verhalten haben. In solchen schwierigen Lebenssituationen liegt die Kunst darin, ob der Mensch trotz Leid und Kummer, Gott vertrauen, ihn um Hilfe bitten und sich in Geduld üben kann. Euer Herr sagte: „Richtet an MICH Bittgebet, erhöre ICH euch! Diejenigen, die sich in Arroganz über MEINE Anbetung erheben, werden in die Hölle in Erniedrigung eintreten.“ (40:60) Somit ist der Appell Gottes an die Menschen, ihn um Hilfe zu bitten und ihm zu vertrauen unmissverständlich. Gemäss islamischer Perspektive gilt eine Prüfung erst dann als bestanden, wenn ein Mensch unermüdlich Geduldig war, Gott um Rat und Hilfe gebeten hat und alles in seiner Macht stehende unternommen hat.

    Eine „bestandene“ Prüfung wird als eine gute Tat angerechnet. Die guten Taten sind für das jenseitige Leben von ausschlaggebender Bedeutung. Denn damit im Jenseits Erfolg registriert werden kann, müssen im Diesseits gewisse Regeln eingehalten werden, um Gottes Wohlgefallen zu erhaschen. Dieses Leitprinzip des Islam sollte den Menschen dazu bewegen, unaufgefordert und ohne Kontrolle eines Dritten, Gutes zu tun und Schlechtes zu vermeiden: „Wer das Gewicht eines Stäubchens Gutes tut, der wird es sehen. Und wer das Gewicht eines Stäubchens Böses tut, der wird es sehen.“ ( 99:8 )

    Glossar:

    Gott: Definition, die im Koran statuiert ist: Es gibt nichts Seinesgleichen (42:11); Sag: ER ist Gott, einzig! Gott, ER ist der absolut Selbständige, Der niemanden bedarf, alles und jeder bedarf SEINER. Nie zeugte ER und nie wurde ER gezeugt, und nie ist IHM
    jemand ebenbürtig! (112:1-4);

    Prophet: Die Propheten waren von Gott auserwählte Menschen, ohne übernatürliche oder göttliche Attribute. Zu jeder Gemeinschaft wurden Propheten mit der Rechtleitung Gottes entsandt. Sie verkündeten und bestätigten den Monotheismus. Sie vollbrachten mit der Erlaubnis Gottes Wunder, zur Bestätigung ihrer Prophetengabe.
    Engel: Aus Licht erschaffene geschlechtlose Geschöpfe, deren Körper mit den menschlichen Sinnen nicht wahrnehmbar ist. Engel leben in einer anderen Dimension und stehen im Dienste des Schöpfers.
    Koran: Gesamtheit der Offenbarungen des Propheten Mohammed (a.s.s).

    Autor: Medienteam FREITAGSCLUB



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    Anonymous - 30.06.2011, 21:37


    Ich denke, dass wir Frauen - hier im "Westen" besonders, aber auch überall sonst auf der Welt - sehr aufpassen müssen, dass wir nicht Machtstrukturen (uns gegenüber) in ihren unterdrückerischen und ausbeuterischen Formen, so wie sie über die Jahrhunderte vor allem von Männern aufrechterhalten und ausgeübt wurden, nun einerseits selbst übernehmen - uns in ihnen unsere (minderwertige, "seelisch, beschnittene" und in jeder Hinsicht ausgebeutete) Stellung selbst zuordnen! Andererseits, dass wir muslimischen Frauen uns nicht den "schwarzer Peter" der "unterdrückten Frau" in der Form, wie es sie eigentlich nur hierzulande, im Westen, gab, zuschieben lassen! Die Frau im Orient hat eine ganz andere Vergangenheit, nie wurde ihr ihr Wert in dem Masse abgesprochen wie hier, nie wurde sie in ihrem Wesen dort so gering geschätzt! Wir (muslimischen) Frauen haben heutzutage die einmalige Chance aber auch die Aufgabe, dem nachzuspüren, wie Frausein sich ohne all diese "Altlasten" anfühlen würde. Weder wollen wir dies wiederum von Männern diktiert bekommen, noch sollten wir allzu viel auf die früheren (männlichen) Sichtweisen dazu Bezug nehmen und (nur) von diesen ausgehend denken und handeln! Machen wir uns also möglichst unabhängig, authentisch und lebendig daran - und wir danken allen Männern, die an unserer "Rehabilitierung" interessiert sind, sie zulassen wollen! Abnehmen können sie's uns dennoch nic



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 05.07.2011, 14:03


    Wo und bei wem liegt der Islam-Irrtum?
    Rupert Neudeck bespricht das Buch von Michael Thumann
    Kardinalfehler des Westens gegenüber der islamischen Welt - Von Scheingefechten und fehlender Fairness und Aufrichtigkeit im Umgang mit den Muslimen
    http://islam.de/18422.php

    Worin liegt der Irrtum? Wir fast alle radikalen auch kriegerischen Phänomene der jüngsten drei Jahrzehnten werden auf die Religion zurückgeführt. Die Wirklichkeit: die Mehrzahl der vernünftigen Akteure in den betroffenen Ländern beharrt darauf, dass da eher wenig Religion in der Flasche ist. Viele der Bewegungen sind zwar religiös ausgerichtet, haben einen solchen Namen, sind aber eher nationalpolitische Agenturen.
    Thumann ist ein gründlicher Reporter, der mit seiner bescheidenden Art besser durch einige Türen kommt, denn andere, die mit ihrer europäischen Arroganz das versuchen.

    Selbst in Saudi Arabien gelingt es ihm, zu einer Redakteurin der großen Tageszeitung durchgelassen zu werden. Das Kapitel „Frauen: Mit dem Teufel auf dem Diwan“ beginnt natürlich in Saudi Arabien. In diesem Land sei selbst der einfachste Weg kompliziert: „Wo wollen Sie hin?“ fragt ihn der Pförtner in der Redaktion von Al Watan: „In die Frauensektion?“ Nein, meint er, das hat es noch nie gegeben. Aber der freundliche Reporter beharrt. Da wird der Chef angerufen und der hat es erlaubt. „Hinter der Trennwand der Geschlechteröffnete sich jene fremde nahe Welt, die für Männeraugen nicht bestimmt ist. Für einen Moment fühlte ich mich fast privilegiert, dass ich hier einen Eintritt bekam. In dem weißgetünchten Raum…saßen nun ganz unter sich ein Mann und eine Frau – weder verwandt noch verheiratet. Das kommt in Saudi Arabien einem Ausnahmezustand gleich.“ Er trifft Imam al-Khtani. Er hat sie nicht richtig gesehen, nur die schwarzen Augen, die hellblaue Brille, eine Ahnung von Stirn und die mit der Pinzette gezähmten feinen Brauen.
    Es verändert sich in dem versteinerten Land des Nahen Ostens eben doch einiges. Ein Universitätsdozent unterrichtet Studentinnen. In dem Land, das Kinos verboten hat, wird die Vorlesung über den Fernseher in den Hörsaal eingespeist. Besonders raffiniert sei eine Glaswand, durch die die Studentinnen sehen können, die aber für den Dozenten verspiegelt sei. Die junge 22jährige Redakteurin sagt Thumann: „Glauben Sie bloß nicht, dass der Koran das alles vorschreibt. Wir leben hinter hohen Felsmauern der Tradition. Die Bräuche, nicht der Islam, schränken unsere Freiheit ein“.

    Das leuchtet dem kundigen Autor sofort ein, der den unverhüllten Kopf einer sunnitischen Libanesin mit dem leichten Tuch der Marokkanerin und dem schwarzen Ganzkörpergewand saudischer Frauen vergleicht. Es gehe hier nicht um fromme oder unfromme Frauen, sondern um Regeln, die einmal liberaler, das andere Mal konservativer sind. „Wer beschränkt in Saudi Arabien die Frauen - die Männer?“ Sagt die Kollegin: „Die von Patriarchen in Stahl gegossene Regeln. Die von Ihnen missbrauchte Religion. Der allen Frauen aufgezwungene Schutz vor Blicken“.
    Er spricht mit der cleveren Geschäftsfrau Dschauhara al-Otaischan, die ihm sogar die Hand gibt. Sie schimpft: „Ihr im Westen stellt immer den Islam unter Generalverdacht – damit hat das nichts zu tun“. Der Islam gebe den Frauen alle Rechte. Die 46 jährige sagt: „Westliche Frauen, die partout wie Männer sein wollen, verlieren die Freiheit, eine Frau zu sein. Freiheit heißt auch, die Rechte des eigenen Geschlechts zu genießen ohne schlechtes Gewissen Kinder aufzuziehen, nicht ständig darauf im Wettbewerb zu stehen“. Ob die Freiheit Amerikas für sie Vorbild sei als Geschäftsfrau? Nein, nicht nach Abu Ghraib und Guantanamo.
    Die Kollegin sagt ihm am Schluß: der alte Sozialvertrag in Saudi Arabien zerbricht: Wohlfahrt des Staates gegen Wohlverhalten der Bürger. Die Arbeitslosigkeit sei auf 14 bis 20 Prozent hochgegangen. Irgendwann werden sich viele Familien die Chauffeure für die Frauen nicht mehr leisten können. „In einigen Dörfern sitzen die Frauen schon am Steuer“. Saudische Bräuche geraten in Gefahr. Die Kreditkarte für die Gattin als Kompensation für ein Leben hinter Mauern werden sich viele nicht mehr leisten können. Wer kein Geld hat, bekommt keine Frau. Über 50 Prozent der Männer im heiratsfähigen Alter sind ledig, weil sie keine Arbeit haben. Für die Gleichberechtigung sei die Jobfrage von zentraler Bedeutung. 15 Prozent der saudischen Angestellten sind schon Frauen. Wie lernt ein Mann in Saudi-Arabien eine Frau mit gutem Job kennen?
    Thumann beobachtet einen Trick auf der König Fahd Strasse in Riad. Vor einer Ampel stehen vier Reihen im Stau, Ein junger Mann läuft auf die Straße und hält einen Zettel an die Seitenscheibe einer Limousine. Auf dem Zettel steht eine Tel. Nummer. Gefällt der Mann der jungen Frau, ruft sie vielleicht an.

    Das ist nur eine der wunderbar geschriebenen Reportagen, so ähnlich beschreibt der Autor die ganz eigene Politik-und Lebensrealität in Bahrain, im Iran, in Syrien, in Dubai, in Qatar,, in Abu Dhabi.

    Der erste Teil behandelt die „westöstlichen Irrtümer“. Das zweite Kapitel gilt dem grandiosen Wandel in dem Land, in dem der Reporter lebt: Glauben, Geld und Macht in der Türkei.

    „Obristen: Warum Bürger auf Soldaten hoffen“ ist das Kapitel überschrieben, das der Islamisierung von oben gilt. Damit einher geht die Bändigung der Religion, wie sie 1923 in der Türkei, wie später in Algerien, Marokko, Irak und Kuwait beschlossen wurde. Die Obristen förderten überall den Nationalismus, manchmal auch den islamischen Extremismus. Der von Mubarak ernannte Scheich der Al-Azhar Universität fordert während des Ramadan 2007, regierungskritische Journalisten auspeitschen zu lassen.
    Revolutionäre auf dem Thahrir Platz. Thumann gibt uns die erste Beschreibung einer wirklichen Revolution, die das Recht hat, als Nachfolge der großen Französischen zu gelten.

    Ein weiteres Kapitel beschreibt die neu geweckten Hoffnungen der verspäteten Nation, der Kurden. Der Kurden dürfen sich nur in der autonomen Provinz im Norden des Irak als Kurden frei bewegen.

    Im nächsten Kapitel besucht Thumann die Höhle des Löwen, die Quartiere und Führer der Hisbollah und der Hamas. Dabei wird der deutsche Reporter sehr unkonventionell. Hisbollah und Hamas sind gewachsen in der radikalen Ablehnung der Israel Politik. Der Soziologieprofessor Atrissi sagt ihm in Beirut, die syrisch-iranische Allianz hätte nie entstehen können, hätten die Palästinenser nach Oslo 1993 ihren Staat bekommen. Israel tue der Hisbollah – die er differenziert beschreibt – den großen Gefallen, „der Partei gegenüber ausschließlich in militärischen Kategorien zu denken“. Israel nenne Hisbollah und Hamas verfälschend Terroristen und tritt die politische Behandlung an Armee und Geheimdienste ab. Und noch deutlicher: „Viele westliche Staaten haben sich Israels Sichtweise angeschlossen“. Sie führen die Nationalislamisten in derselben Gattung wie Selbstmordattentäter und afghanische Höhlenbomber. Offen sei, „wie lange Israel und der Westen diese monumentale Unterschätzung von Hisbollah noch wird sich leisten können“.
    Der Palästina Konflikt ist mehr als ein regionales Knäuel, das ist ein Weltkonflikt. Der Nahostkonflikt kann jederzeit in Gewalt umschlagen und zu neuen Zerwürfnissen zwischen dem Westen und der muslimischen Welt führen.

    Das zentrale Kapitel: „Kulturkampf - Von Karikaturen und Kopftuchverboten“. Thumann beharrt darauf: Wir haben im Westen viel irrationale Angst im Westen.
    Der dritte Teil gilt dem Aufbruch im Osten. Kapitel über die Frauen und die Männer, die Probleme mit ihrer Homosexualität haben und sie verdrängen müssen.
    Mit dem MdB Ruprecht Polenz ist der Autor der klaren Ansicht, dass man die Türkei als Mitgliedsland der EU verlieren wird, wenn man so weitermacht. „Der historische Versuch, ein mehrheitlich muslimisches Land in die Europäische Union zu bringen, droht am Ende daran zu scheitern, dass es muslimisch ist“. Er beklagt die opportunistische Politik der Bundeskanzlerin, die einmal Hü und das nächste Mal Hott sagt. In den meisten Ländern Afrikas, Lateinamerikas und Asiens weiss man, dass Europa ein Problem mit dem Islam habe. „Nur dass man dort im Unterschied zu Europa den Schuldigen nicht allein im Islam sieht“.

    Sehr dramatisch das Kapitel über Bahrain und das „Laboratorium der arabischen Demokratie“, das dort schon entstanden war. Die schiitische Islam-Partei Al Wifaq konnte bei den Wahlen 2010 die Zahl ihrer Sitze noch mal erhöhen, von 17 auf 18 bei einer Zahl von insgesamt 40 Abgeordneten. Da der Autor diese Menschen und Gruppen immer selbst erlebt, kann er sich ein Urteil abseits unserer Vorurteilsschablonen erlauben: „Die westliche Annahme, mögliche Wahlsiege von Islamisten seien durchweg das Problem der arabischen Regime, ist falsch“. Das mochte in Ägypten und in Jordanien so sein. In Bahrain, dem „Laboratorium demokratischer Experimente“, zeigte sich die sunnitische Herrscherfamilie von der starken Präsenz islamistischer Parteien im Parlament ganz unirritiert. Die wachsende Sorge galt der schiitischen Mehrheit im Lande.

    Er versteht sich mit denen, die für Gelassenheit plädieren. Es verändert sich schon so viel, und die Völker sind nicht so dumm, wie wir aus Ägypten und Tunesien in diesem Jahr erfahren. Ein säkularer Abgeordneter in Bahrain, Abdulabi Salman sagt: „Lasst die Islamisten ruhig Gesetze machen, lasst sie über Kleidungsfragen und Lebensart reden.“ Sie haben von Wirtschaft und Finanzen keine Ahnung. „Das merken die Leute sehr schnell und wählen sie das nächste Mal nicht wieder.“

    Thumann behandelt zum Schluß noch systematisch, welche Kardinalfehler sich westliche, also auch deutsche Politik in der arabischen Welt immer wieder leistet: Einmal die Diktatorenfreundschaft, die im Falle von Hosni Mubarak und Ben Ali heftig blamiert wurde. Der zweite Fehler: Der Etikettenschwindel. Die Diktaturen in Ägypten und Saudi Arabien galten als moderat. Doch genauer betrachtet sahen Ägypten und Saudi Arabien nicht viel anders aus denn der Iran oder Syrien. Der dritte schwere Irrtum: Die Isolationsdiplomatie. Ein Problem durch Tabuisierung wegschweigen. Man überließ „Israel Deutung, Blockade und Bekämpfung der palästinensischen Islamisten“. Daraus entwickelt sich keine Politik, sondern – Krieg. Der vierte Fehler waren die Antiterrorkriege, Afghanistan wie der Irak galten als Kriege gegen den militanten Islam. Doch beide Kriege enden als „Krieg gegen einen Teil der Bevölkerung“. Der fünfte Kapitalfehler: Die Dämonisierung der Religion der Muslime.

    Sechster Fehler: Die Festungsmentalität: Während wir alle freien Zugang haben zu der arabischen und asiatischen Welt, müssen Muslime Prozeduren bei dem Visaantrag über sich ergehen lassen, die man nur als erniedrigend verstehen kann. Das führt dazu, dass muslimische Geschäftsleute lieber unsere Länder meiden, sie ziehen weiter nach Lateinamerika. Der siebte Kardinalfehler ist die Erweiterungsangst. Europa hat sehr schnell 27 kleine, kleinste, oft widerwillige Länder aufgenommen. Die Türkei Verhandlungen waren ein Scheingefecht. Sie waren mit zahlreichen Ausstiegsklauseln versehen. Was verloren ging, war die Fairness im Umgang mit der Türkei und das türkische Vertrauen in die Aufrichtigkeit der Europäer.“

    Ins Schwärmen kommt er, wenn er beschreibt, was für ein Weltimperium der Staat Qatar aufgebaut hat mit al-Dschasira. Das funktioniert nach der Devise: „Reden lassen und zusehen, was dabei wächst“. Die stürmischen Diskussionen auf dem Satellitenkanal haben mit die höchsten Einschaltquoten in der arabischen Welt. Die Zuschauer wissen: „Bei al_Dschasira wissen sie, was die arabischen Staatskanäle ihnen vorenthalten“. Der Sender durchbreche die Wälle der Diktatur. Das Internet könne man verlangsamen, Twitter und Email blockieren, wie kurzfristig in Ägypten und dauerhaft im Iran. „Satellitenfernsehen gibt es so lang, wie Satelliten die Erde umfliegen“. Der Chef des englischen Dienstes von al-Dschasira, Tony Burman, sagt zum Autor: „Andere haben Nuklearwaffen, wir haben unsere Diskussionen“.
    Ein wichtiges Buch. Nicht auszudenken, das würden auch mal Politiker in unserer Regierung, in unserem Bundestag und in unseren Parteien lesen??

    Michael Thumann: Der Islam-Irrtum. Europas Angst vor der muslimischen Welt.Eichborn Verlag Frankfurt 2011 322 Seiten



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 24.07.2011, 22:00


    Muslimischer EXTREMISMUS islamisch betrachtet

    Ein Aufsatz von Muhammad Hanel zu Eurer geschätzten Begutachtung.
    Gerne hört/liest er Eure Kommentare.

    "Ein kurzer Aufsatz zum Thema, den mir zu schreiben schon lange ein Bedürfnis war. Dies ganz einfach deshalb, weil die mediale Berichterstattung über den Islam sich fast ausschließlich mit den Ergüssen eben jener muslimischen "links liberalen" oder "rechts konservativer" Extremisten beschäftigt und deshalb unter anderem auch die ganze Islamdiskussion in der nichtmuslimischen Bevölkerung diese islamophobe Ausrichtung nehmen konnte. Nichts desto trotz ist dieser Aufsatz auch ganz besonders unseren JUNGEN MUSLIMEN gewidmet, welche in unserer Zeit sich (aus nachvollziehbaren Gründen) leicht zu einer der beiden oben angesprochen "Parteien" hingezogen fühlen. Möge Allah der Erhabene unseren Verstand schärfen und uns SEINER Weisheit hingeneigt machen und uns die Selbstgerechtigkeit als das erkennen lassen, was sie ist ... sie ist ein Weg in Irre und in den Untergang ... und uns davor bewahren!"

    http://www.islamheute.ch/EXTREMISMUS.pdf
    Von: Michael Muhammad Hanel



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 11.08.2011, 14:49


    Bundesrat muss palästinensischen Staat anerkennen!


    Die Frage der Anerkennung eines palästinensischen Staates hat bereits einigen Staub aufgewirbelt. Vor zwei Wochen warnte der israelische Botschafter gar öffentlich vor den schweren Folgen einer Anerkennung für die Schweiz. Das erscheint doch als eher ungewöhnlich, dass ein Botschafter öffentlich zu einer innenpolitischen Frage Stellung nimmt, auch wenn es das eigene Land betrifft. Der Bundesrat wird nun demnächst über die Anerkennung und seine Haltung zur Aufnahme des Staates in die UNO befinden müssen.

    Folgt der Bundesrat der bisherigen Linie der Schweiz, müsste er zweimal Ja sagen, entspräche dies doch der gewohnten aussenpolitischen Linie, wie sie die Schweiz bestimmt seit den neunziger Jahren im fraglichen Konflikt verfolgt. Der Antrag der PLO an die UNO verlangt die Anerkennung eines palästinensischen Staates in den Grenzen vor Juni 1967, mithin der Waffenstillstandslinie, die vor dem Juni Krieg seit 1949 galt. Damit beruht der palästinensische Staat auf den Grenzen der UNO Resolutionen 242 und 338, welche den Rückzug Israels aus den jenseits dieser Linie besetzten Gebiete verlangen. Der Staat umfasst demnach die Westbank, den Gazastreifen sowie Ostjerusalem als Hauptstadt.

    Die Schweiz hat auch nach dem Juni Krieg 1967 Israel nur in den alten Grenzen anerkannt und entsprechend auch die beiden UNO Resolutionen unterstützt. Folgerichtig hat die Schweiz zudem auch deshalb den Bau der Mauer stark kritisiert, weil sie nicht dieser Grenzlinie folgt, sondern in weiten Teilen innerhalb palästinensischen Gebietes verläuft. Ebenso hat sich die Schweiz seit längerer Zeit für einen eigenen unabhängigen palästinensischen Staat ausgesprochen.

    Auch Israel spricht zwar davon, für eine Zweistaatenlösung einzutreten. Dabei wird vor allem auf die demographische Notwendigkeit verwiesen. Handkehrum weigert sich aber Israel standhaft, die völkerrechtliche Grenze als eigene Staatsgrenze anzuerkennen. Natürlich hat das wesentlich mit dem forcierten fraglos illegalen Siedlungsbau zu tun, der längst zum internationalen Skandal geworden ist und den inzwischen sogar die USA nicht mehr akzeptieren – allerdings ohne Konsequenzen. In der Westbank und vor allem im Gürtel um Ostjerusalem schafft Israel weiterhin ungestört täglich neue faits accomplis, die nicht nur das Leben der palästinensischen Bevölkerung massiv behindern, sondern auch den Friedensprozess torpedieren.

    Dass die Palästinenser zum jetzigen Zeitpunkt des Stillstands in den Friedensverhandlungen den Antrag auf Aufnahme als unabhängigen Staat in die UNO stellen, hat seinen guten Grund. Wird der palästinensische Staat durch die UNO nämlich anerkannt, stehen die Grenzen sowohl Israels als auch Palästinas fest. Auch wenn die Anerkennungsgegner das Gegenteil monieren: damit verbessern sich die Voraussetzungen für Verhandlungen schlagartig, weil das Staatsgebiet grundsätzlich nicht mehr in Frage steht. Gleichzeitig hat ja die PLO signalisiert, durchaus über Verhandlungen bezüglich Gebietsaustausch bereit zu sein. Nur ist es etwas anderes, sie vor dem Hintergrund zu führen, dass klar ist, wer über welches Gebiet dabei verfügt. Mit der Anerkennung erhält der palästinensische Staat aber auch die Möglichkeit, sich direkt an den Sicherheitsrat zu wenden, um das Ende der Besatzung durchzusetzen. Ebenso wächst der Druck auf Israel, den Siedlungsbau endgültig zu stoppen. Es ist offensichtlich, dass all dies von den Anerkennungsgegnern als unerwünscht erscheint. Die vorgebrachten Argumente, es brauche keine weiteren Kleinstaaten oder die Staatsvoraussetzungen seien nicht erfüllt, bilden demgegenüber ein reines Ablenkungsmanöver.

    Ohnehin ist es an der UNO, die Staatsvoraussetzungen für einen Staat, der aufgenommen werden soll, zu definieren. Ich wüsste nicht, welche der drei klassischen Bedingungen, Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsmacht Palästina nicht erfüllte. Geradezu absurd ist, wenn ihm von Israel letzteres abgesprochen wird, das es gerade an deren vollständigen Ausübung hindert. Seit Oslo verfügt Palästina aber auch über Institutionen, die im Hinblick auf eine Staatsgründung geschaffen wurden. Nur nebenbei sei erwähnt, dass über schlechte Karte verfügt, wer den Kosovo anerkennt und das gleich Palästina gegenüber mangels Erfüllung der Staatsvoraussetzungen ablehnt.

    Persönlich bin ich immer noch zuversichtlich, der Bundesrat lasse sich nicht beirren und folge seiner bisherigen Aussenpolitik. Mit der Anerkennung verhilft er einem völkerrechtlichen Anspruch Palästinas zum Durchbruch. Gleichzeitig könnte die Schweiz damit wesentlich dazu beitragen, die Chancen für die Fortsetzung des Friedensprozesses zu verbessern.

    Daniel Vischer

    Palästina anerkennen

    Demnächst wird sich der Bundesrat mit der Frage der Anerkennung des Staates Palästina und dessen Aufnahme in die UNO befassen. Inzwischen hat darüber bereits eine rege Debatte begonnen, der israelische Botschafter fühlte sich sogar bemüssigt, die Schweiz öffentlich vor den schweren Folgen einer Anerkennung zu warnen. Dabei läge es im Gegenteil auf der bisherigen Linie der vom Bundesrat seit den 90iger Jahren verfolgten aussenpolitischen Linie der Schweiz, dem palästinensischen Ansinnen zuzustimmen. Die Schweiz hat wie die meisten Staaten Israel auch nach 1967 nur in den Grenzen vor Juni 1967 anerkannt, mithin der Waffenstillstandslinie, die von 1949 bis vor dem Juni Krieg 1967 galt entsprechend den UNO Resolutionen 242 und 338. Entsprechend hat sie den Bau der Mauer auch deshalb deutlich kritisiert, weil sie nicht dieser Grenzlinie folgt. Ebenso hat sie sich immer für einen eigenen palästinensischen Staat ausgesprochen. Der Antrag der PLO an die UNO verlangt nun die Anerkennung eines palästinensischen Staates in genau diesen völkerrechtlich geltenden Grenzen mit Ostjerusalem als Hauptstadt.

    Israel spricht zwar davon. für eine Zweistaatenlösung einzutreten, weigert sich aber seinerseits standhaft, diese völkerrechtlichen Grenzen anzuerkennen. Gleichzeitig wird der illegale Siedlungsbau trotz Protest der Weltgemeinschaft, neuerdings sogar der USA, forciert. In der Westbank und vor allem im Gürtel um Ostjerusalem werden täglich neue faits acomplis geschaffen, die nicht nur das Leben der palästinensischen Bevölkerung massiv behindern, sondern den Friedensprozess torpedieren.

    Mithin haben die Palästinenser guten Grund, gerade im jetzigen Zeitpunkt des Stillstands den Antrag auf Aufnahme in die UNO als unabhängiger Staat zu stellen. Wird der palästinensische Staat von der UNO anerkannt, stehen die Grenzen beider Staaten fest. Die Voraussetzungen generell für Verhandlungen, nicht zuletzt über den Austausch von Gebieten, wozu sich die PLO ja bereit erklärt hat, verbessern sich dadurch, weil klar ist, wer über welches Gebiet verfügt. Mit der Anerkennung kann sich aber der palästinensische Staat auch direkt an den UNO Sicherheitsrat wenden, um das Ende der Besatzung durchzusetzen. Ebenso wächst der Druck auf Israel, den Siedlungsbau endgültig zu stoppen. Wer gegen die Anerkennung votiert, will all dies letztlich verhindern. Absurd ist der Vorwurf, Palästina erfülle die Anforderungen an einen Staat nicht. Es ist an der UNO, hierfür die nötigen Voraussetzungen zu formulieren. Immerhin haben bisher weit über 100 Staaten die Anerkennung vollzogen. Seit Oslo verfügt Palästina zudem über Institutionen, die im Hinblick auf eine Staatsgründung geschaffen wurden. Wer für die Anerkennung des Kosovo eintrat, hat im übrigen ohnehin schlechte Karten, so zu argumentieren. Ich bin noch immer zuversichtlich, dass sich der Bundesrat nicht beirren lässt und dazu beiträgt, dem völkerrechtlichen Anspruch Palästinas zum Durchbruch zu verhelfen als neue Chance für Frieden in Nahost.

    Daniel Vischer



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 16.08.2011, 22:04


    Polygamy – can it be practiced in the West?
    by Rafiq A. Tschannen


    In an earlier article, Mr. Qasim Rashid has suggested that it was about time that polygamy should be legalized in America. Please refer to:

    http://www.themuslimtimes.org/2011/08/law/op-ed-american-polygamy-why-isnt-it-legal-yet%E2%80%8F

    for the full article.

    On the one hand I would like to second Mr. Qasim Rashid’s request that it is about time that polygamy is legalized in Western countries. On the other hand however I would like to point out that now-a-days the majority of couples in the West live together without an official marriage licence. Consequently we do not need to wait for polygamy to be legalized. We can live together without a government marriage licence. Our ‘Nikah’ can be verbal and not-registered.

    It is ‘hypocritical’ to permit couples to live together without a marriage license and at the same time complain if a Muslim seeks Allah’s blessings in the form of a (second or subsequent) Nikah.

    Therefore, in the meantime, until polygamy IS legalized, my personal opinion is that there is a way out for Muslim couples. According to Islamic law a Nikah (marriage contract) needs witnesses, but it does not need a ‘state registration’. Allah is our witness (in addition to the human witnesses required).

    Consequently Muslims in non-Muslim countries can have more than one wife. In the West they are called ‘partners’ these days. There is no law limiting ‘partners’ to one only.In most countries children of ‘partners’ can now be legally recognized. They can get your name. They can inherit from you. They can get your citizenship. But please check your local laws. It is not the same in all the countries.

    In a way family laws have already come closer to recognizing polygamy. As mentioned, children’s rights are mostly guaranteed. Rights of ‘partners’ are often considered. (It is strange but in fact some inheritance laws are considering the rights of additional partners. They are giving them more rights in death than in life).

    Of course as Muslims we would need to ensure that we treat our wives equally. This means that if the state does not take care of the inheritance and pension rights of a second wife we need to make our own alternative arrangements. This we must emphasize greatly, do not cheat the wives. If you are marrying a wife from ‘back home’ explain to her the ‘not-so-perfect’ legal situation. If you marry a second wife locally of course also explain to her the situation. Do not mislead her.

    Remember: If you cannot be just then it is better you marry only one.
    (I do not consider this as a law that you should not marry more than one, rather as a constant reminder to try and be equal).

    May Allah be our guide at all times!

    About the author
    Rafiq A. Tschannen

    Haji Mohammad Rafiq Ahmad TSCHANNEN, a Swiss national, converted to Islam at the age of 15 after reading Sura Fateha and the last ten Suras of the Holy Quran. By profession Rafiq first had a long international career as Director of Finance & Administrator in private industry and later as Chief Executive for an International Governmental Organization.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 01.09.2011, 10:32


    Bismillahi Rahmani Rahim

    ISLAM in aller Munde


    Der Islam und die Muslime sind hierzulande in aller Munde. Täglich kann man eine grosse Zahl von Artikeln finden, in jeder Tages – und Wochenzeitung, die man aufschlägt, wird man fündig. Fast kein Bürger der europäischen, nicht – muslimischen Gesellschaft, der nicht über diese Religion zumindest einiges zu wissen glaubt, der sich nicht bemüssigt fühlt, ein Urteil darüber abzugeben. Ja, manch ein „Christ“ mit wenig Ahnung über die Inhalte des Christentums, glaubt, sich aufgrund von Wissen aus dubiosen Quellen ein treffsicheres Urteil über Inhalte des Islam und Gebräuche der Muslime erlauben zu können. Auf der anderen Seite geht es der Masse der Muslime nicht besser. Wissen allgemein ist vorwiegend in qualitativ minderwertiger Form im Umlauf und auch was ihren Glauben betrifft, fallen die Muslime immer mehr der Unwissenheit und der Ver(w)irrung anheim. Es entsteht der Eindruck, dass je weniger Substanz unsere Lebensinhalte aufweisen, desto mehr darüber geredet wird. Der auf diese Weise vorbelastete unqualifizierte Diskurs wird zudem journalistisch und politisch instrumentalisiert und es wird nur allzu oft klar, dass hier ein „böses Spielchen“ läuft, das nicht der Wahrheitsfindung dient, sondern in dem im Gegenteil alles Wahrhaftige eher gezielt in ein schlechtes Licht gerückt wird und der Mangel an Wahrhaftigkeit insofern ausgenutzt wird, als er einem hintergründigen Machtanspruch Vorschub leistet, der nichts Gutes mit der Menschheit im Sinne hat.

    Man kann im Internet unter „Dialektik“ folgendes finden:

    Schon Arthur Schopenhauer hat - in einer zu Lebzeiten nicht veröffentlichen „eristische Dialektik“ genannten Schrift - festgehalten, es gehe es beim „Disput“ (Redestreit) nicht um den „Wahrheitsgehalt einer Aussage“. Diese könne „mit den Werkzeugen der Logik und Argumentationskette gedreht und gebogen werden“. Es gehe „am Ende darum, zu gewinnen“, „Recht zu behalten“.
    Hierfür erstellte er ein Gerüst von Regeln, die helfen, dieses Ziel zu erreichen – als rein taktischen Kampf der Worte – ohne Rücksicht auf die Wahrheit dahinter.
    Schopenhauer findet sich hier im Widerstreit zu Aristoteles, dem diese Möglichkeit des „rein strategischen Wortstreits“ durchaus auch bekannt war, dem es aber sehr wohl noch um die Wahrheitsfindung ging und der daher (im letzten Kapitel der „Topica“) riet: nicht mit dem Ersten dem Besten zu disputieren; sondern allein mit solchen, die man kennt und von denen man weiß, dass sie Verstand genug besitzen, nicht gar zu Absurdes vorzubringen und dadurch beschämt werden zu müssen; und um mit Gründen zu disputieren und nicht mit Machtsprüchen, und um auf Gründe zu hören und darauf einzugehen, und endlich, dass sie die Wahrheit schätzen, gute Gründe gern hören, auch aus dem Munde des Gegners, und Billigkeit genug haben, um es ertragen zu können Unrecht zu behalten, wenn die Wahrheit auf der anderen Seite liegt.
    Daraus folgt, dass unter Hundert kaum Einer ist, der es wert ist, dass man mit ihm disputiert.“
    (Das war vor mehr als 2000 Jahren schon so – dieses Zahlenverhältnis dürfte mittlerweile noch schwer zu Ungunsten der Wahrheitsliebenden verschoben sein….!)

    Es existieren also Techniken“, die wie Kampfstrategien im verbalen Bereich angewendet werden können – schlicht um zu siegen, nicht um damit der Wahrheitsfindung näher zu kommen! Und was liegt näher, in unserer heutigen Zeit der vielen Worte und der Beeinflussung und Steuerung der Massen durch Worte und Bilder als die Einsicht, dass hier eine Art „öffentlicher Krieg der Worte“ geführt wird, ein strategisch ausgeklügeltes „ verbales Gefecht“, das den Menschen „vorpräpariert“ und „jongliert“ um gewisse Machtansprüche leichter und müheloser durchzusetzen als es ohne diese „Vorarbeit“ je möglich wäre. Ein Gefecht, das seine Nahrung aus der parallel laufenden „Substanzverminderung“ der menschlichen Seele und der Entleerung und Verwässerung der menschlichen Taten bezieht.

    Wie unser Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm) es beschrieben hat, besteht unser Leben aus einer Wechselwirkung zwischen Absicht des Herzens, Wort und Tat. Die „Entfernung eines Übels“ hat er uns so nahegelegt: „Wenn jemand von euch ein Übel sieht, so soll er es mit seiner Hand entfernen“ (also etwas dagegen tun) „wenn das nicht geht, mit dem Wort (Argument) und wenn das auch nicht geht mit dem Wunsch des Herzens dagegen halten. Und dies (letzteres) ist das Schwächste von den Dreien“.
    Die Handlung wird hier also als das „stärkste Glied in der Kette“ beschrieben, in anderen Überlieferungen aber werden wir ausdrücklich auf die Wichtigkeit der Absicht und Ausrichtung des Herzens hingewiesen. Wir müssen uns also anhand der weltweit miserablen Zustände vor allem auch in der muslimischen Gemeinschaft wohl fragen, wo es denn ganz grundsätzlich hapert in der Umsetzung unseres von Allah aufs Beste vervollkommneten und von Seinem Gesandten Muhammad so wunderbar vorgelebten Glaubens, wo dieser „Fehler im System“ hockt, der unsere Religion ihrer Substanz für unsere gelebte Praxis beraubt, ihre Wirkung auf uns selbst wie auf unsere Umgebung minimiert und langsam zunichte macht. Sollten uns fragen, was wir tun können, um die Verhältnisse zu „reparieren“, um wieder in die Lage versetzt zu werden, „das Gute zu gebieten und das Schlechte zu verwehren“, wie es uns im Qur’an auferlegt wird – als „beste der Gemeinschaften“! (Sure 3:110)

    Nie in der Geschichte des Islam wurde das Element der Gottesliebe und die Modalitäten der menschlichen Annäherung an IHN so sehr vernachlässigt, wie das heute der Fall ist. Die muslimische Gemeinschaft hat sich von Beginn an auf akribische Art und Weise mit der „Aqida“, der Art und Weise des Verständnisses von Gott und Seiner Glaubensartikel beschäftigt. Hat sich mit den im Umlauf befindlichen Denkweisen (Philosophien) der Nichtmuslime befasst, mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen der jeweiligen Zeit und hat diese im Licht des muslimischen Glaubens – nicht bloss in Anbetracht ihrer Nützlichkeit für unser physisches Wohl – zu analysieren und beleuchten gesucht. Die Wissenschaft des Tassawwuf (des Sufismus, d.h. der inneren Herangehensweise an das Göttliche) hat sich gründlich mit des Menschen Seele und deren Ausrichtung auf Gott beschäftigt und war in ihren reinsten Formen auch über die längste Zeit der muslimischen Geschichte selbstverständlicher Teil der muslimischen Gelehrsamkeit. Über Jahrhunderte haben die Muslime den Islam in seiner Ganzheit gepflegt und gehütet „wie ihren Augapfel“ und haben sich darin unterstützt, seine Essenz immer wieder zu reinigen und zu erhalten, keine wesensfremden Elemente überhandnehmen zu lassen und keinen Schaden, keine „Neuerung“ an der eigentlichen Substanz der Religion zuzulassen. Anfangs des letzten Jahrhunderts dann war die muslimische Gemeinschaft insgesamt an dem Punkt angelangt, wo sie dennoch, von Geldschulden, sowie anderen Ursachen inneren Zerfalls zermürbt und von innen wie von aussen bedrängt, ihre Souveränität aufgegeben hat indem sie sich wirtschaftlichen Belangen mit Haut und Haaren dem Banken- und Zinssystem unterworfen hat. Es ist im „Äusseren“ eigentlich auf den ersten Blick offensichtlich, wo das grosse „Leck“ der muslimischen Gemeinschaft zu orten ist: Wir Muslime haben – wie alle Nichtmuslime ebenso - unseren Grund und Boden, unser Eigentum und somit unsere souveräne Herrschaft über uns selbst preisgegeben, verkauft. Haben eingewilligt, unter islamisch unkorrekten (haramen) Bedingungen zu wirtschaften, haben uns, wie alle anderen (nichtmuslimischen) Länder auch, der Weltbank als Schuldner unterworfen – zu zutiefst unislamischen (übrigens auch unchristlichen/nicht thorakonformen) Konditionen.
    („Die geringste Form von Zins ist wie Unzucht mit der eigenen Mutter“ hat Muhammad s.s. gesagt – und keine „islamische Bank“ kann diesen ganz grundlegenden Zins, dem jeder sich im Umlauf befindende Papierschein unterliegt, „eliminieren“!) Nach anfänglichen Widerständen in der muslimischen Gemeinschaft gegen dieses System – unter anderem von Sultan Ab del Hamid, dem letzten osmanischen Sultan – und vielen klarsichtigen muslimischen Gelehrten - ist heute ein veränderter Islam Gang und Gäbe, ein Islam, der seine wirtschaftlichen Vorgaben verraten, „vergessen“ hat. Die Gruppierung von Muslimen, die seither gestützt durch Petrodollars ihren Einfluss geltend machen wollen, liebt es, sich auf verschiedenste Weise in Szene zu setzen, alles nur denkbare als „Neuerung“ zu bezeichnen, sich im Gegensatz zu allen anderen Muslimen der Vergangenheit und Gegenwart als die „besseren“, „reineren“ zu präsentieren - der Missstand, die Neuerung, das immense Vergehen des Zinssystems bleibt dabei aber unangetastet – ist sogar ihr wichtigstes tragendes Element.

    Dennoch kann man den äusseren Umständen nicht alle „Schuld zuschieben“. Da der Islam keinesfalls als politisches System betrachtet werden und auch nicht an irgendeinem seiner Einzelelemente festgemacht werden kann, muss - auch in unserer gegenwärtigen verfahrenen Situation - zuallererst der Blick auf unser Innerstes erfolgen. Wir müssen unsere Absicht, unsere Ausrichtung prüfen, die Stärke unserer Hingabe, unseres Vertrauens, unserer Liebe zu Allah unter die Lupe nehmen und bereit sein, daran zu arbeiten, dort anzusetzen. Es geht kein Weg an der Überwindung unserer inneren Hindernisse vorbei, wollen wir die im Äusseren angehen und „in den Griff bekommen“. Das eine ist eine Reflektion des anderen, steht damit in Wechselwirkung, ist vom jeweils anderen abhängig. Nie kann auf einen der beiden Aspekte alleine nachhaltig Einfluss genommen werden.

    Wissen kann in diesem Sinne für den verständigen Menschen nicht bloss als Angelegenheit der Hirnwindungen begriffen werden. Wissen hat sehr viel mit dem, was im Arabischen als „Iman“ bezeichnet wird, als „sicherer Glaube“ oder „Gewissheit“ zu tun und ist somit im Herzen verankert sowie in diesem Wechselspiel des Glaubens des Herzens mit den Handlungen unserer Glieder. Erfahrung spielt wohl eine grössere Rolle für das Wissen als Gedanken – deshalb sollten wir Menschen von Verstand wohl mehr Augenmerk auf die Substanz unseres Inneren sowie die unserer Taten legen – um unserer ganzen Existenz und somit auch unseren Worten wieder mehr Substanz, Würde und Glaubwürdigkeit zu verleihen.

    Nur über die aufrichtige, ergebene Hinwendung an unseren Schöpfer in allen Seinen Eigenschaften sowie aus der Auseinandersetzung mit der Realität in uns wie um uns herum können wir die Kraft erlangen, die nötig ist, um eine Wende zur zu bewirken. Nur so kann eine Transformation geschehen, die einem Gleichgewicht in Haltung, Wort und Tat entspringt. Möge der vergangene Fastenmonat dazu beigetragen haben und möge uns die Motivation erhalten bleiben, unsere Angelegenheiten zu einem guten Ende zu führen.

    Salam aleikum wa Rahmatullahi wa Barakatuhu

    S.A.M.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 01.09.2011, 21:57


    Eid ul-Fitr Hotba in Dietikon am 30.8.2011

    Im Namen Gottes des Allerbarmers, des Allbarmherzigen
    Alles Lob gebührt Allah, dem Herrn der Welten und Allahs Segen und Friede sei auf den Propheten Muhammad und seiner Familie und seinen Gefährten.

    Geliebte Geschwister des Glaubens - dieser Tag ist der Tag der Belohnung von Allah. An diesem Tag sendet Allah Barmherzigkeit und Segen herab. An diesem Tag wird Allah gegenüber seinen Dienern Wohlgefallen empfinden. Allah fragt die Engel: „Was ist der Lohn eines Arbeiters, wenn er seine Arbeit gut verrichtet?" Die Engel antworten: „Er soll seinen vollständigen Lohn bekommen." Darauf sagt Allah: „Oh meine Engel, bezeugt, dass ich das Fasten der Gläubigen und ihr nächtliches Gebet mit Tilgung ihrer Sünden und Errettung vom Höllenfeuer belohne."
    Ibn Abbas überliefert, dass der Prophet Allahs gesagt hat: „ Wenn der erste Festtag anbricht, gehen die Engel auf den Wegen umher und rufen: „Kommt zur Verzeihung und Zufriedenheit (Ridwan) Allahs!" Wenn dann die Betenden bei der Gebetsstätte ankommen, empfindet Allah Stolz gegenüber seinen Engeln. Er fragt die Engel: „Was ist der Lohn eines Arbeiters, wenn er seine Arbeit gut verrichtet?" Die Engel antworten: „Er soll seinen vollständigen Lohn bekommen." Darauf sagt Allah: „Oh meine Engel, bezeugt, dass ich das Fasten der Gläubigen und ihr nächtliches Gebet mit Tilgung ihrer Sünden und Errettung vom Höllenfeuer belohne."

    Der Prophet hat fünf Eigenschaften aufgezählt, die für diese Ummah gelten. Keine andere Gemeinschaft hat vor den Muslimen diese Eigenschaften bekommen. Die letzte Eigenschaft dieser fünf ist, dass Allah in der letzten Nacht des Monats Ramadan den Muslimen vergibt. Es wurde der Prophet gefragt: „Ist das Lailat ul-Qadr?" Der Prophet antwortete: „Nein, sie ist eine Nacht, in der der Gläubige die volle Belohnung bekommt, wenn er seinen Gottesdienst vollendet."

    Dies bedeutet, dass wenn die Muslime ihr Fasten und ihre nächtlichen Gebete in der letzten Nacht beendigen, erhalten sie ihren gänzlichen Lohn, an diesem freudigen, heutigen Tag. Die Gewinner und die Glücklichen sind, diejenigen die ihrem Herren gehorcht haben, indem sie in Hoffnung und Vertrauen auf Belohnung gefastet und die Nächte gebetet haben. Derjenige, der dies getan empfängt den Lohn von Allah. Derjenige, der dies nicht getan hat, der hat wahrlich einen grossen Verlust erlitten.

    Geliebte Brüder und Schwestern, das Fasten ein wahrlich gesegneter Gottesdienst, hört nicht am Ende des Monats Ramadan auf, sondern es gibt Tage, an denen das Fasten empfohlen wird. Wie zum Beispiel die sechs Tage des Monats Shawwal-, der Montag und Donnerstag in der Woche, die weissen Tage, der neunte und zehnte Tag des Monats Muharram und Arafa, der neunte Tag des Monats Thul Hijja. Somit bleiben die Muslime in Verbindung mit diesem bedeutenden Gottesdienst und es wird Ramadan jederzeit und an jedem Ort gedacht.
    Geliebte Geschwister, bereitet euch für den kommenden Ramadan mit andauerndem Fasten und Gebeten vor. Damit wir einsatzbereit für den bevorstehenden Ramadan sind. Ramadan ist der Monat der Geduld, des Sieges, des Andacht, des Quranlesens, des Gedenkens an Allah und des Qurans.

    Und vergesst nicht, liebe Geschwister, dass dieser Tag, der Tag der Vergebung und Verbrüderung ist. So liebt euch und versöhnt euch - seid, oh ihr Diener Allahs, Brüder. In einem Hadith kommt es vor, dass der Prophet bei seinen Gefährten sass und lachte. Die Gefährten fragten: Weshalb lachst du, oh Prophet Allahs?" Darauf antwortete der Prophet: „Zwei Männer meiner Gemeinschaft knieten vor Allah. Einer von ihnen hatte den andern ermordet. Der Getötete sagte: „Oh Allah vergelte mir seine Tat." Da sagte Allah zum Mörder: „Gib deinem Bruder sein Recht." Dieser antwortete: „Meine guten Taten sind aufgebraucht." danach sagte Allah zum Getöteten: „Was machst du mit deinem Bruder, dessen guten Taten aufgebraucht wurden." Dieser erwiderte: „Oh Allah, gib ihm von meinen Süden." (An dieser Stelle des Hadith weinte unser Prophet und beschrieb den jüngsten Tag als unerträglich, an jenem jeder Mensch seine Sünden jemanden weitergeben will.) Allah sagte zum Getöteten: „Erhebe dein Haupt und erkenne, was du siehst." Dann erhob dieser seinen Kopf und sah die Häuser und Paläste des Paradieses. Von draussen sah er in das Innere der Räume. Darauf sagt er: „Oh Allah, für welchen Prophet, Wahrhaftigen oder Wali sind diese Plätze im Paradies?" Allah antwortete: „Dies ist für denjenigen, dem der Preis gehört." Der Getötete fragte daraufhin: „Wer besitzt den Preis?" Allah antwortete darauf: „Du besitzt den Preis!" Dieser erwiderte: „Womit besitze ich den Preis?" Dann sagt Allah: „ Mit der Vergebung deines Bruders." Der Ermordete sagt daraufhin: „Oh Allah, ich vergebe ihm!" Allah sagt dann: „Nimm die Hand deines Bruders und tretet ins Paradies ein." Dann lachte der Prophet und sagte: „Vergebt und versöhnt euch, denn Allah wird am jüngsten Tag zwischen euch Versöhnung bringen."

    Meine geliebte Geschwister, dies ist der Tag der Vergebung, Versöhnung, Zuneigung und der Weg zum Wohlgefallen Allahs und zum Paradies. Der Prophet sagte: „ In dessen Hand die Seele Muhammads liegt, ihr tretet nicht ins Paradies ein, bevor ihr glaubt. Und ihr glaubt nicht, bis ihr Zuneigung für einander empfindet. Soll ich euch nicht von einem Hinweis erzählen, wenn ihr ihm folgt, werdet ihr Zuneigung zueinander empfinden: Verbreitet Friedensgruss untereinander."

    Und der Prophet sagte: „Wenn zwei Muslime sich treffen, einander Hand geben und sich umarmen, dann fallen ihre Sünden, wie der Baum seine Blätter verliert, herunter."

    Der Propheten (r) sagte:"Wer den Ramadan fastet und ihm dann sechs (weitere Tage) des Monats Schawwal folgen lässt, für denjenigen ist es wie das Fasten des ganzen Jahres."



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 02.09.2011, 12:22


    Wort zum Bayram


    In allen Kulturen dieser Welt gibt es sie – die Feiertage. Es sind die Tage, an denen schon seit jeher die Mitglieder einer Gemeinschaft die aus ihrer Tradition geerbten und gehüteten Werte zum Ausdruck bringen. Dabei wird die Arbeit meist zurückgestellt um sich voll auf die Vorbereitungen des Festes konzentrieren zu können.

    Der liebe Gott, der den Menschen erschuf, kennt seine Sehnsüchte, seine Seele, seine Stärken und Schwächen am besten. So hat Er ihm für seine Lebensweise neben Ritualen, Gebeboten und Pflichten auch die Zeit des Festes bestimmt. So feiern die Muslime innerhalb eines Jahres des islamischen Lunarkalenders, neben anderen, zwei grosse Feste; Das „Ramadanfest“ und das Opferfest (Eid al-Adha). Das Ramadanfest (Eid al-Fitr) kennzeichnet das Ende des Fastenmonats Ramadan und dauert drei Tage. Man nennt es auch das „Zuckerfest“ (Şekerbayram Türk.) oder „grosses Fastenfest“ (Hari Raya Puasa in Südostasien) Nachdem man den ganzen Monat lang tagsüber auf das verzichtet hat, wonach sich Seele und Körper sehnen, kommt der Tag, an dem man all dies zu sich nehmen darf. Die Freude darüber, das Gebot Gottes befolgt zu haben, möchte man am liebsten zuerst mit der Familie, danach mit den engsten Verwandten und Freunden und später auch in der Gemeinschaft teilen. Erlaubten es die Umstände, würde man diese Freude auch mit der Gesellschaft teilen.

    Bayram, religiöse Riten und Brauchtum

    Die Bräuche im Islam sollten sich an der reinen und gediegenen Tradition unseren Propheten Muhammad (Gottes Friede sei über ihn) orientieren.
    So ist es üblich, dass die Muslime schon einige Tage vor dem Fest mit dem Saubermachen der Wohnung und des Hofes beginnen wobei sie ganz dem Verständnis der islamischen Prinzipien folgen, wonach die Reinheit die Hälfte des Glaubens bedeutet.

    Am Tag zum Bayram besuchen die Muslime die Gräber der Verstorbenen, lesen dort den Koran und sprechen Bittgebete. Diese sind Geschenke für die Verstorbenen. Damit überschreitet Bayram die Grenze zwischen Leben und Tod und wird zum universalen Fest, dessen Segen nicht nur die Lebenden erreicht, sondern auch unsere guten Vorfahren.

    Es ist der guten Zusammenarbeit der Stadt Zürich und der VIOZ zu verdanken, dass die in Zürich lebenden Muslime nicht tausende von Kilometer reisen müssen, um die Gräber ihrer Nächsten und Vorfahren zu besuchen, sondern dies in Zürich-Witikon tun können. Hierbei muss man auch das gute Beispiel der Stadt Winterthur erwähnen, die mit ihrem neuen Gräberfeld dies auch ihrer Bevölkerung ermöglicht.

    Am ersten Bayram-Tag geht man in die Moschee zum gemeinsamen Festgebet. Dazu werden die schönsten Kleider angezogen. Unumgänglich sind die Geschenke, die besonders die Kinderherzen erfreuen. Je nach Ort und Brauch, gehen die Kinder zu ihren Eltern, küssen deren Hände und begrüssen sie mit den Worten:

    „Bayram Sherif mubarek olsun“
    oder
    „Kullun `ām wa antum bi khair“

    In den Tagen des Festes empfinden die Muslime besondere Freude und Glücksgefühle, die sie nicht nur mit ihren Verwandten, Freunden und Nachbarn, sondern mit der ganzen Welt teilen möchten so, dass auch die Muslime des Kantons Zürich diese Gefühle gerne mit ihren Mitbürgern teilen möchten.

    Möge der liebe Gott die im Monat Ramadan verrichteten Gottesdienste annehmen. Möge Er unsere Bittgebete, dass alle Menschen unabhängig ihrer Herkunft oder Religion miteinander im Frieden Leben, erhören.

    Muris Begovic
    VIOZ-Sekretär



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 05.09.2011, 20:31


    Die Perlen des Ramadan
    „Fiqh, im Lichter der Reflexion“
    (Autor: Medienteam Freitagsclub) .


    Bei Heraklit lesen wir: „Für die Wachenden gibt es eine und allen gemeinsame Welt, im Schlaf aber wendet sich jeder zu seiner eigenen Welt ab.“ Am hellen Tag teilen die Menschen eine gemeinsame Welt. In der Nacht aber, wenn man nicht sieht und nicht gesehen wird, sind wir mit uns allein. Die Nacht wirft uns, im Guten wie im Bösen, auf uns selbst zurück. Befreit „von des Lichtes Fesseln“ tauche der Mensch in jene dunkle, schöpferisch verheissungsvolle Welt ein.

    Der Fastenmonat Ramadan gleicht der geheimnisvollen uns mit unserer Seele allein lassenden Nacht. Vom Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang sich jeglicher Nahrung im weitesten Sinne entbehrend ist der Fastende auf sich selbst gestellt. Da der Fastende aber am Arbeitsplatz einwandfrei funktionieren muss und auch nicht die zwischenmenschlichen Beziehungen vernachlässigen darf, entwickelt er eine intrinsische Energiequelle indem er sich der Geisteswelt zuwendet. Um den Geist vital zu halten, findet eine rege Auseinandersetzung mit der Seelenlage statt, was auch unabhängig vom Ramadan als eine zentrale Verpflichtung im Islam gilt. Der Perser Abu Hamid ibn Muhammad al-Ghasali at-Tusi asch- Schafi pointiert in seinem Buch „Das Elixier der Glückseligkeit“: „Der Mensch ist nicht zum Scherz und für nichts erschaffen, sondern hoch ist sein Wert und gross seine Würde, Wohl ist er nicht von Ewigkeit her, aber für die Ewigkeit ist er bestimmt; wohl ist sein Leib irdisch und von der niederen Welt, doch sein Geist ist aus der oberen Welt und göttlich; die Substanz seines Wesens ist wohl anfangs getrübt und vermischt mit den Eigenschaften des Viehs, der Raubtiere und der Teufel; doch in dem Tiegel des heiligen Kampfes wird sie frei von aller Trübung und Unreinigkeit und würdig des Wohnens in der Nähe der Gottheit.“
    Der Quran ist es, der mit seiner Vollkommenheit und Weisheit den Menschen von den Eigenschaften des Viehs befreit und die Würde des Menschen mit edlen Charaktereigenschaften ziert. Indem man sich Gott zuwendet, schmückt man sich mit den Eigenschaften der Engel. Ferner erreicht man durch das Gedenken Gottes, durch die Hingabe an Gott den Zustand der Glückseligkeit: „(…) Ja! Beim Gedenken ALLAHs finden die Herzen Ruhe. Diejenigen, die den Iimaan verinnerlichten und Gutes taten, für sie gibt es Glückseligkeit und schöne Rückkehr.„*

    Demzufolge ist es die Gotteserkenntnis, die dem Menschen innere Ausgewogenheit, Zufriedenheit, Freude oder Emotionen gleicher Natur offeriert.
    Al Ghasali erörtert in seinem Buch „Das Elixier der Glückseligkeit“ was denn die einzelnen Etappen sind, die zur Quelle ewiger Ruhe, zur Quelle des ewig fliessenden Süsswassers, zur Quelle der Liebe, summa summarum, zur Erkenntnis und somit in die Nähe Gottes führen. Dabei schreibt er, dass die Selbsterkenntnis der Schlüssel zur Gotteserkenntnis sei. Die Definition der Selbsterkenntnis sei aber von doppelter Natur. Einerseits gebe es eine Kenntnis des Menschen über seine äussere Gestalt. Anderseits existiere ein Wissen über die Innenwelt. Hingegen würden die Menschen ihre Seele nur dann wahrnehmen, wenn sich diese „explizit zu Wort melde“. Veranschaulicht kann dieses abstrakte Konzept mit einem Zitat von Al Ghasali: „Auch die Tiere kennen so viel von sich selbst wie du von dir. Dies äu- ssere Haupt und dies Gesicht, diese Hand und diesen Fuss, dies Fleisch und diese Haut, die kennst du, sonst nichts; von deinem Inneren aber weisst du gerade so viel, dass du issest, wenn du hungrig bist, die Menschen angreifst, wenn du zornig wirst, und nach Begattung strebst, wenn die Begierde über dich kommt. Darin sind dir aber alle Tiere gleich.“** Die Emotionen sind somit nur ein Teil und nicht das gesamte Bild der Seele, des Innern also des Herzens. Da unsere Seele stets auf der Suche nach Ruhe, innerer fortwährender Ausgewogenheit, Zufriedenheit, Glück, der Quelle der Freude und dem für alle Zeiten gültigen Sinn des Lebens ist, begreifen wir, dass das Innere, das Herz also nach dem Jenseits dürstet. Der Geist kann nicht auf der Suche nach dem Diesseitigen sein, da die externe Welt nicht von Beständigkeit zeugt: Finanzkrise, Arbeitslosigkeit, Inflation, Krieg, Armut, Tod. Das Ableben markiert die Vergänglichkeit des diesseitigen Lebens. Auf der Erde gibt es also so etwas wie eine für jedes Individuum bestimmte Zeit. Weswegen aber ist das Leben temporell fixiert und nicht von Ewigkeit? Eine Ge-genfrage dazu: Was erhält man für das Erledigen von Aufgaben am Arbeitsplatz? Zeit. Aufgrund dessen sehen Muslime das Leben als eine Art Aufgabe, um deren Erfüllung sie stets bestrebt sind. Deswegen eifert man stets danach das Innere, die Seele, also das Herz mit dem „Guten“ dem „Richtigen“ zu nähren. Der Leib ist für das Diesseits und die Seele für das Jenseits. Die Nahrung des Körpers ist beispielsweise Brot und Wasser und was jene der Seele?

    Um diese Frage zu beantworten, ziehe ich die linguistische Bedeutung des Fastenmonats Ramadan heran.
    Ramid ist Arabisch und bedeutet „etwas mit übermässiger Hitze verbrennen“ oder „ von der Sonne versengt werden“. ***
    Ramada bedeutet „eine Klinge mit einem Stein wetzen“ oder „etwas erhitzen“ respektive „etwas verbrennen“. ****
    Der Fastende feilt während dem ganzen Monat Ramadan an seinem in der Nacht zu unedlen Handlungen neigenden Charakter. Der Begriff „Nacht“ bedeutet in diesem Kontext „von Zeit zu Zeit“ oder „dann, wenn die schlechten Charaktereigenschaften Überhand gewinnen“. Beispielsweise versucht der Fastende, wenn er Hunger oder Durst verspürt, die Gier nach Nahrung zu zügeln und so genügsam zu handeln.

    Ein anderes Exempel entnehme ich meinen Beobachtungen. Manch einen habe ich gesehen, der Wut verspürt hat, wenn er nichts zu essen bekam. Da der Fastende den ganzen Tag auf Nahrung verzichten muss und sich nicht in einem Zustand dauernden Zorns befinden kann, da er alltägliche Aufgaben erledigen können soll, tauscht er diese schlechte Eigenschaft gegen Geduld, Ausdauer ein.

    Schliesslich noch ein drittes Beispiel: Wenn der Ramadan die Nacht darstellt, dann gehen wir also auch davon aus, dass sich der Fastende manchmal in Situationen befindet, in der er von niemandem gese¬hen wird und so heimlich das Fasten brechen könnte. Die Rede ist also von der Verführung zum Schlechten, welche omnipräsent ist. Mittels Recherche, Aneignung von Wissen und Kenntnis weiss der Fastende, weswegen er der Verführung nicht nachgeben soll. Verführung zur Falschheit wird also durch Klugheit und Weisheit ersetzt.

    Der Ramadan darf dieser Abhandlung zufolge tatsächlich mit der Nacht verglichen werden, da der Fa-stende einen ganzen Monat lang auf sich selbst gestellt ist. Hingegen kann dem Fastenmonat nicht das Attribut der ungezügelten, von Begierden beherrschten Nacht zugeordnet werden. Denn „fasten“ bedeutet den Verstand mittels Aneignung von Wissen zu schärfen, die Neigung zum Bösen mittels Geduld zum Guten zu lenken und so die Triebe, alle Emotionen, aber auch den Körper zum Sklaven der Seele zu machen. Der Geist, das Herz gewinnt so die Herrschaft in seinem vergänglichen Palast. Er wird ein Fels in der Brandung und der hellste Stern in der tiefdunklen Nacht.


    * Der
Quraan‐Text
 und 
seine 
Transkription 
und
 Übersetzung
, 
Amir
M.A.Zaidan,
 Sure 
13:
28‐29

    ** Das Elixier der Glückseligkeit, Al Ghasali, S.35
    *** http://www.finalcall.com/artman/publish/Columns_4/harlem_8101.shtml
    **** http://www.finalcall.com/artman/publish/Columns_4/harlem_8101.shtml

    Zitat: Welch ein schöner Artikel, liebe Schwester! Endlich mal eine Beschreibung des Fastens auf tiefer Ebene nicht bloss als "Solidarität mit den Hungernden".....
    (Schade nur, dass man ihn nur findet, wenn man ("zufällig") zurückblättert - spätestens im nächsten Ramadan sollte er nochmals hervorgehoben werden!)
    Gruss Sumaya M.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 05.09.2011, 20:41


    Sind Islam und Demokratie vereinbar?
    „Fiqh, im Lichter der Reflexion“
    (Autor: Medienteam Freitagsclub) .

    Die Aufstände in den arabischen Ländern und die damit einhergehende Forderung nach Demokratie wirft die Frage auf, ob denn die Araber nach langer Zeit der Tyrannei überhaupt bereit für demokratische Strukturen und Prinzipien sind. Werden die Araber nun tatsächlich diktatorischen Systemen den Rücken zukehren und sich dem Geiste der Demokratie widmen? Eine solche Reflexion ist berechtigt, denn wenn man die Geschichtschreibung betrachtet, scheint es, als ob die arabische Kultur die Demokratie nicht kenne. Denn die Araber haben einerseits die Demokratie so gut wie gar nie erlebt und anderseits sind sie gegenüber demokratischen Strukturen negativ eingestellt. Letzteres rührt daher, weil die Einführung der Demokratie zum Teil mit der Kolonialisierung assoziiert wird. Nichtsdestotrotz fordern die maghrebinischen Revolutionäre Demokratie. Unter diesem Begriff verstehen sie das, was die diktatorischen Systeme verbieten, nämlich beispielsweise: Menschenwürde, Rechtsgleichheit, Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben. Nebst diesen Wünschen darf aber nicht in Vergessenheit geraten, dass Demokratie in einem Land nur dann eine gewisse Stabilität verzeichnen und auf positive Resonanz stossen kann, wenn sie in der betreffenden Kultur nicht als Fremdkörper existiert.
    Dementsprechend ist der punctum saliens, dass demokratische Prinzipien das Resultat eines organischen Wachstums sein müssen. Demokratische Denkweisen, Handlungen und Praktiken dürfen nicht contre coeur der betreffenden Kultur sein. Ein zentrales Element der arabischen Kultur ist der Islam. Um ein Beispiel zu nennen, kann hieran Saudi Arabien als Geburtsstätte des Islam angeführt werden oder die Verbreitung der arabischen Sprache mittels des Islam. Das Arabische entwickelte sich im 7./8. Jahrhundert von der Sprache der Theologie zu jener der Literatur, der Wissenschaft und Bildung und fand dadurch Eingang in die Kultur und Lebenswelt der Araber.

    Auffällig an der Politik der arabischen Länder ist, dass die Regierungssysteme nicht auf demokratischen Prinzipien aufgebaut sind. Worin liegt aber der wahre Grund für die Ablehnung der Demokratie.
    Ist es eventuell die Kultur und damit auch die Religion, also der Islam, der demokratische Denkströmungen verbietet?
    E contrario stellt sich die Frage, ob der Islam optimalen Nährboden für Diktatur und Tyrannei bietet? Die Kompatibilität des Islam mit Demokratie wird im Folgenden anhand des Korans und der Sunna untersucht. Bei den Letzteren geht es um die Gesamtheit der zu befolgenden und wegweisenden Handlungen des Propheten Mohammed (saw). Diese Taten dienen als eine Art Richtlinie für das religiöse, aber auch für das profane Leben.

    Das demokratische Grundprinzip lässt sich gemäss dem „Schweizerischen Bundesstaatsrecht“ wie folgt definieren: „Demokratie und Volkssouveränität bedeuten, dass alle staatliche Macht auf dem Willen des
    Volkes gründet. Das Volk soll die wichtigsten staatlichen Entscheide treffen. Ausdruck des demokratischen Gedankens sind die Mitwirkungsrechte der Bürgerinnen und Bürger im Staat. Die Mitwirkung kann sich auf die Wahl der höchsten Staatsorgane, insbesondere des Parlaments beschränken (reprä¬sentative Demokratie) oder auch die direkte Entscheidung über Sachfragen umfassen (direkte Demokratie)“ *. In den islamisch geprägten Ländern herrschten noch bis vor kurzem diktatorische oder aristo¬kratische Staatsstrukturen. Als Beispiel dafür kann die Herrschaft von Ben Ali und seiner Familie, das Regime Mubaraks in Ägypten oder die absolute Monarchie in Saudi Arabien angeführt werden. Wenn man die politischen Strukturen der genannten Länder betrachtet und bedenkt, dass es sich dabei um islamische Länder handelt, ergibt sich die Frage, ob der Islam eventuell zu solchen Staatsformen ten¬diert. Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, wird im Folgenden eine Zeitreise zur Urgemeinde der Muslime gemacht und die damalige islamisch geprägte Politik unter der Lupe betrachtet: Das Ableben des Propheten Mohammed (saw) um das Jahr 632 in Medina markierte das Ende des Prophetentums. Denn in Sure 33, Vers 40 heisst es wie folgt: Muhammed (saw) war nie der Vater eines eurer Männer, sondern er ist ALLAHs Gesandter und der abschliessende aller Propheten(...).** Der Tod des Propheten stellte die damalige muslimische Gemeinde vor die Frage, wie denn nun das Gemeinwesen strukturiert und organisiert werden sollte. Wie sollte die Führung der Gemeinde gestaltet werden? Die damaligen Muslime waren sich einerseits einig darüber, dass die Wahl eines Oberhaupts unabdingbar sei und anderseits dass nicht alle Muslime als Elektoren fungieren dürfen. Nur jenen war die Teilnahme an einem Gremium zur Bestimmung eines Nachfolgers des Propheten Mohammed (saw) erlaubt, die ein enormes Wissen bezüglich des Islam besassen und vom Propheten, zu Lebzeiten, geschätzt wurden. Das Wahlgremium wählte aus der Mitte des Volkes Kandidaten für das Amt des Gemeindeoberhaupts. Derjenige Kandidat, der von der Mehrheit der Mitglieder des Gremiums angenommen wurde, kleidete das Amt des Gemeindeoberhaupts. Die Wahl musste aber auch vom Volk gutgeheissen werden. Dann wurde der Neugewählte offiziell zum neuen Statthalter gekrönt. Das islamische Wahlsystem baut demzufolge auf dem Fundament der Beratung und Beschlussfassung. Der Prophet Mohammed (saw) hatte vor seinem Tod bestimmt, dass Abu-bakr (radial-lahu’anh) der Vorbeter in der Moschee Medinas sein sollte. Das Amt des Vorbeters beinhaltete unter anderem die Gemeindeleitung und beinhaltet diesen Anspruch gemäss islamischer Staatstheorie noch heute. Aufgrund dessen hatte Abu-bakr (radial-lahu’anh) nach der Meinung des Wahlgremiums ein höheres Anrecht, Gemeindeoberhaupt zu werden als sein Konkurrent Ali (radial-lahu’anh). Nach der Wahl Abu-bakrs (radial-lahu’anh) soll, gemäss der Überlieferung der Quellen, Ali (radial-lahu’anh) den Gefolgschaftseid (Bai’ah) mehrere Wochen verweigert haben. Denn es habe einen Streit zwischen Abu-bakr (radial-lahu‘anh) und der Prophetentochter Fatima (radial-lahu‘anha), der Ehefrau Alis, gegeben:“Fatima (radial-lahu‘anha) beanspruchte Erbrechte aus der Nachlassenschaft ihres Vaters, des Propheten(saw), doch Abu-bakr (radial-lahu‘anh) verweigerte dies mit dem Beleg, er habe den Propheten (saw) sagen hören: „Wir Propheten erben nicht und vererben nicht.“ Da Fatima (radial-lahu’anha) diesen Hadith aber nicht kannte, akzeptierte sie diese Aussage nicht und verweigerte aus Zorn darüber den Eid. Ali (radial-lahu‘anh) scheint den Eid ebenfalls aus Rücksicht zu Fatima (radial-lahu ‘anha) zurückgehalten zu haben; als Bestätigung dieser Hypothese dient, dass Ali (radial-lahu’anh) unmittelbar nach dem Versterben Fatimas (radial-lahu’anha) dem Abu-bakr (radial-lahu’anh) als Kahlifah Bai’ah leistete.“ *** Aus dieser kurzen, aber elementaren Erzählung lassen sich folgende Schlussfolgerungen gewinnen: Der Sure 33, Vers 40 ist zu entnehmen, dass das Prophetentum nun abgeschlossen ist. Daraus lässt sich deduzieren, dass mit dem Tod des Propheten Mohammed (saw) ein Zeitalter beendet war, in dem das Volk von einer Person geführt wurde, dessen Herrschaftslegitimation im Willen Gottes lag. Diese Sure verkündet damit, dass die Theokratie nach dem Tod des Propheten aus dem Leben der Menschen weichen soll. Die Macht, ein Volk zu regieren ist gemäss dem Koran ein rechtsstaatliches Gut. Die Herrschaft wird nur jenem übertragen, der aufgrund seines Wissens für dieses Amt würdig erscheint und sich in den Wahlen als den Geeignetsten aus-zeichnet. Ferner fordert die Sure 33, Vers 40 von den Herrschenden sich an das Prinzip der schura (das System der Beratung und Kontrolle) und bai’ah (den Gesellschaftsvertrag) zu halten. Die Befugnis zur Leitung eines Volkes kann weder von Gott erlangt werden noch gewinnt man die Herrschaft über ein Volk durch Erbschaft. Nebst den Wahlen sind es schriftlich statuierte Menschenrechte, welche zu den zentralen Elementen der Demokratie gehören. Der Wille des Volkes spielt in demokratischen Staatsstrukturen eine entscheidende Rolle, dennoch kennt auch die Demokratie Grenzen und Einschränkungen dieses Willens: die Menschenrechte. Denn wenn der Wille der breiten Masse sich nicht an ethischen und moralischen Grundwerten orientieren würde, wäre es gut möglich, da der Mensch ein Homo Oeconomicus ist, dass sich eine Gesellschaft durch egoistische Neigungen selbst schaden würde. Diesem entgegenzuwirken gibt es die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. In Bezug auf den Islam stellt sich die Frage, ob im Koran Rechte statuiert sind, welche der Natur der Menschenrechte gleichen. Die entsprechenden Normen finden wir tatsächlich im Koran. Dabei wird die Sure 5, Vers 32 als eine Art Rahmengesetzgebung betrachtet, um die Bewahrung der im Koran aufgeführten Menschenrechte a priori und ad infinitum sicherzustellen. Denn in der oben erwähnten Sure heisst es: „Deshalb haben Wir den Kindern Israels verordnet, dass, wenn jemand einen Menschen tötet, ohne dass dieser einen Mord begangen hätte, oder ohne dass ein Unheil im Lande geschehen wäre, es so sein soll, als hätte er die ganze Menschheit getötet; und wenn jemand einem Menschen das Leben erhält, es so sein soll, als hätte er der ganzen Menschheit das Leben erhalten.“ ****
    Diese göttliche Gesetzgebung drückt aus, wie „ungeheuer das Verbrechen gegen das Menschenleben ist und demonstriert die Notwendigkeit der Verbrechensbekämpfung.“ ***** Da es sich wie alle Suren im Koran um eine göttliche Bestimmung handelt, kanndiese weder von einem arabischen Staatsoberhaupt wie Ben Ali noch vom Willen des Volkes modifiziert werden. Die Menschenwürde steht jedem Menschen, gleichgültig, ob es sich um einen Muslim handelt oder nicht, um seiner selbst willen zu. Die Achtung vor der Persönlichkeit Anderer beinhaltet auch das Verbot des Spottes und des Sarkasmus. Nebst der zwischenmenschlichen Perspektive dieser Bestimmung, kann daraus auch eine persönliche Botschaft deduziert werden, nämlich: Jedem Menschen ist die Pflicht auferlegt, „seine Würde anzuerkennen, zu wahren und auszudrücken.“ Ferner heisst es: „Wegen der Achtung menschlicher Würde wurde auch Verstümmelung im Kriege verboten, selbst wenn die Feinde dies mit den Gefallenen Muslimen tun würden.“ ****** Unter den Begriffen Gleichheit und Gerechtigkeit im Islam ist auch das Sozialrecht, wie es in Art. 41 Ziff. 4 der Schweizerischen Bundesverfassung statuiert ist, zu subsumieren. Denn der Islam fordert Verteilung der Arbeiten, so dass jeder seinen Fähigkeiten entsprechenden Tätigkeiten nachgehen kann. Ferner gibt es ein Verbot ungleicher sozialer Lastenverteilung und ein Gebot, dass die Armut Fürsorge erfährt.
    Das Funktionieren der Gemeinschaft und das Zusammenleben gesellschaftlicher Diversifikationen wird auch in der Sure 3, Vers 104 betont: „Unter euch soll eine Gemeinschaft sein, die sie zum Guten einlädt, zum Gebilligten aufruft und vom Missbilligten abrät. Diese sind die wirklich Erfolgreichen.“ ******** Nebst der Menschenwürde, den sozialrechtlichen Gesetzen, der Gleichheit und somit Freiheit der Menschen wird in der folgenden Sure das rechtsstaatliche Grundprinzip, welches auch im Schweizerischen Strafgesetzbuch verankert ist, „Nulla poena sine lege (Keine Strafe ohne Gesetz)“ betont: „(...) Peinigen werden Wir auch nie, bis Wir einen Gesandten entsandt haben.“ ******* Der Koran kennt aber noch weitere Menschenrechte, die auf- grund des Platzmangels in dieser Abhandlung nicht erwähnt werden können. Hingegen kann diesbe¬züglich das Buch von Abu-r-Rida’Muhammad Ibn Ahmad Ibn Rassoul „Die Menschenrechte im Islam“ konsultiert werden.

    Summa summarum, das Errichten totalitärer Staatsstrukturen oder diktatorischen Politsystemen ist eine Art Verfälschung der Sunna und des Korans. Denn die islamischen Prinzipien der Gerechtigkeit, der Ehrlichkeit und der menschlichen Solidarität schaffen Pflichten zur Wahrung und Achtung der Menschenwürde, wovon sich die Menschenrechte ableiten lassen. Proconsecutio ist der Islam mit demokratischen Grundprinzipien nicht nur kompatibel, sondern gilt als deren Quelle des Ursprungs par excellence . Denn vor 1400 Jahren wurden die Menschenrechte umfassend als Gesetz im Koran offenbart.

    Das Willkürregime arabischer Diktatoren und Monarchen ist somit nicht auf den Islam zurückzuführen. Im Namen des Islam werden Selbstmordanschläge verübt, Völker unterdrückt und ihrer Freiheit beraubt. Töricht ist es aber diese Gräueltaten auf den Islam zurückzuführen, ja zu glauben, dass der Islam demokratischen Prinzipien zuwiderlaufe, zumal diese Annahmen nicht mit dem Koran oder der Sunna belegt werden können.



    * Häfelin/Haller/Keller: Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 7. Auflage, 2008
    ** Amir Zaidan, Die Islamologische Enzyklopädie, At‐tafsiir, Sure 33:40,
    *** Amir Zaidan/Ahmad Reidegeld, Ausgewählte Kapitel islamischer Kulturgeschichte
    **** Abu‐r‐Rida’Muhammad Ibn Ahmad Ibn Rassoul, Die Menschenrechte im Islam, 7.Auflage, 2001
    ***** Abu ‐r‐ Rida’ Muhammad Ibn Ahmad Ibn Rassoul, Die Menschenrechte im Islam, 7.Auflage, 2001
    ****** Abu ‐r‐ Rida’ Muhammad Ibn Ahmad Ibn Rassoul, Die Menschenrechte im Islam, 7 .Auflage, 2001
    ******* Amir Zaidan, Die Islamologische Enzyklopädie, At‐tafsiir, Sure 3.104, 2009



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    Anonymous - 16.09.2011, 20:31


    »Die Notwendigkeit zu differenzieren«
    http://www.ustinov.at/dialog/

    Der Massenmord in Norwegen, am 22. Juli 2011, hat den latent mörderischen Charakter eines Extremismus bewiesen, der sich zunehmend am Feindbild Islam in einer intellektuell lächerlichen, gesellschaftlich aber potentiell tödlichen Hysterie hochrankt. Diese Art von mörderischer Gesinnung, die – wenn man sie lässt – in mörderische Taten mutiert, ist bekannt. Sie besteht in einer die Wirklichkeit krude verzerrenden Sicht, die nach einem als bedrohlich konstruierten „defining other“ verlangt, eben nach einem Feind, um das eigene abstruse Weltbild überhaupt konstruieren und rechtfertigen zu können.


    „Der Islam“ des Massenmörders ist ein Konstrukt wie „das Judentum“

    Jean Paul Sartre hat in seinem noch unter deutscher Besatzung 1943 geschriebenen und nach der Befreiung von Paris veröffentlichten Essay diese Zusammenhänge am Beispiel des Antisemitismus beschrieben und analysiert: Der Antisemitismus sagt überhaupt nichts über „die Juden“ aus, aber alles über die Antisemiten. Ähnlich ist die Weltsicht zu sehen, die hinter dem 22.Juli steht: „Der Islam“ des Massenmörders ist ein Konstrukt wie „das Judentum“ – und nicht die Realität.

    In der Einleitung zu seinem Buch „The Second Plane“ (London 2008) schreibt Martin Amis: „I was once asked: ‚Are you an Islamophobe?’ And the answer is no. What I am is an Islamismphobe, or better say an anti-Islamist, because a phobia is an irrational fear, and it is not irrational to fear something that says it wants to kill you.” Kritik an bestimmten Formen des Islam, Angst vor Gewalttaten bestimmter Islamisten ist nicht nur legitim sondern eine die Wirklichkeit korrekt reflektierende Reaktion auf das, was ist: auf den 11.September, auf die Anschläge in Madrid und London.

    Islamophobie geht nicht von einer solchen differenzierenden Sicht aus. Islamophobie baut auf der Annahme, es geben den einen und einzigen Islam. Und diese Annahme ist falsch; genau so falsch wie hinter dem Massenmord von Norwegen „das Christentum“ zu sehen, nur weil der Mörder sich als militanter Christ zu erkennen gegeben hat.

    Es ist richtig und wichtig, aufzuzeigen, was in den islamischen Schulen in Pakistan gelehrt wird und wie die Realität der Taliban- Herrschaft aussieht. Und es ist legitim, den demokratischen Staat und die Gesellschaft vor den real möglichen Attacken des Islamismus zu schützen. Aber es ist irreführend, den Islam in seiner Gesamtheit als Verursacher dieser Gefahren auszumachen; wie es auch nicht möglich ist, das Christentum insgesamt in Geiselhaft zu nehmen, wenn im Namen des Christentums Massenmord begangen wird – wie in Jerusalem, als im Jahre 1099 die siegreichen Heere der Kreuzritter alle Muslime und alle Juden der Stadt hinschlachteten.

    Was ist daran spezifisch muslimisch?

    Alles, was – zu recht oder zu Unrecht – „dem Islam“ entgegen gehalten wird, klingt allen vertraut, die christlich sozialisiert worden sind. Unterdrückung der Frauen? Monopolanspruch auf „die Wahrheit“? Höllenprophezeiungen für alle Ungläubigen? Paradiesische Belohnungen für die Märtyrer der eigenen Sache? Was ist daran spezifisch muslimisch – ist es nicht auch Teil der Geschichte des Christentums?

    Der Unterschied zwischen Islam und Christentum ist ein Unterschied, der am besten mit dem Begriff Verspätung beschrieben wird. Das kirchlich organisierte Christentum hat – mit Ausnahme einiger protestantischen Kirchen – bis tief hinein in das 20.Jahrhundert gebraucht, um sich mit der politischen Demokratie, dem säkularen Staat und den universalen Menschenrechten abzufinden. Der Islam in seiner Gesamtheit braucht offenkundig etwas länger – obwohl die Affekte des Massenmörders von Norwegen gegen den „Multikulturalismus“ und das, was er „Kulturmarxismus“ nennt, analoge Züge zur fremdenfeindlichen Intoleranz aufweisen, der in islamischen Gesellschaften zu beobachten ist.

    Gemeinsamkeit zwischen Islam und Christentum

    Es mag sein, dass den islamisch geprägten Gesellschaften eine der europäisch-amerikanischen Aufklärung entsprechende Periode (noch) fehlt. Doch die Aufklärung setzte sich nicht mit dem, sondern gegen das organisierte Christentum insbesondere der Katholischen Kirche durch. Angesichts der zweitausendjährigen christlicher Geschichte ist eine Verspätung „des Islam“ gegenüber „dem Christentum“ von zwei, drei Generationen ein bescheidener Zeitraum. Auf diese Zeitspanne kommt man, wenn die Aussöhnung der christlichen Kirchen mit der Aufklärung in der Mitte des 20.Jahrhunderts festmacht.

    Die Gemeinsamkeit zwischen Islam und Christentum ist die fast unüberschaubare und widersprüchliche Vielfalt beider religiösen Traditionen. Die Konfliktlinien in islamischen Gesellschaften – im arabischen Raum, im Iran, in Pakistan, in Indonesien, anderswo – sind von einer Komplexität, die an die Konfliktlinien in christlichen Gesellschaften in einer nicht allzu lange zurückliegenden Vergangenheit erinnern. In den Niederlanden und in Deutschland waren noch tief ins 20.Jahrhundert hinein „Mischehen“ die Eheschließungen zwischen Katholiken und Protestanten – von beiden Kirchen mit tiefem Argwohn betrachtet und gerade noch akzeptiert. Das evangelikale Christentum in den USA hat in seinem Antimodernismus (Stichwort: Evolutionsdebatte) in wesentlichen Punkten mehr gemeinsam mit Islamisten als mit der amerikanischen Episkopalkirche.

    Wolfgang Benz hat – leider – vollkommen recht, wenn er meint, gegen die Fülle von aggressiven Trugbildern und Wahnvorstellungen, die hinter dem Massenmord von Norwegen auszumachen sind, ist der Verweis auf die Wirklichkeit höchst unzureichend. Nur: Welches andere Mittel haben wir denn als die nüchterne Information, als das ständigen Aufzeigen der Widersprüche zwischen Wahn und Wirklichkeit?

    Prof. Anton Pelinka, 15. 09. 2011

    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Kurz und treffend sind die Worte, welche Anton Pelinka gefunden hat, um die allgemeine, anti-islamisch wuchernde gesellschaftliche Befindlichkeit im "Westen" (die übrigens nur von Ausnahmen von einer antiislamistischen)unterschieden werden kann) beim Namen zu nennen, deren Ursachen und "Querverweise" zu ihnen anzureissen und in gehörige Erinnerung zu rufen.

    Dennoch will der Hinweis aus mir zum Ausdruck kommen, dass grundsätzlich auch 10 Generationen nicht "zu lange" wären (obgleich dieser Zeitraum ev. dann doch zu lange wäre - wollen wir überhaupt noch eine GEMEINSAME Zukunft gestalten) UND, dass mit "Komplexität" - wie mir scheint, ein wenig zu wenig auf den definitiv nichtmuslimischen und schon gar nicht nichtislamischen Einfluss hingewiesen wird, welcher eine Stabilisierung in oben erwähnten muslimischen Ländern nachhaltig verzögert - verunmöglicht.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 18.09.2011, 23:59



    Bismillahir-Rahmanir-Rahim


    Familien & Friedens Festival 2011

    "Die Herausforderung des Erschaffens des Friedens"
    (The Challenges of Peacebuilding)
    (5-minütige Gastrede des Vertreters der Muslime, Markus KLINKNER, VIOZ)


    Sehr verehrte Gäste,


    zuerst möchte ich mich bei den Veranstaltern bedanken, dass wir Muslime diesen Sonntag mit Ihnen verbringen dürfen und bedanke mich für diese Einladung von ganzem Herzen, Frau Goya Ordonez-Cheytanov, bei Ihnen im Speziellen für Ihren unermüdlichen Einsatz für diese wichtige Sache.

    Ich wünsche Ihnen allen inneren Frieden, dass Sie Zufriedenheit finden und diese in ihre Familien und Ihre Gemeinschaften einbringen und so zum Frieden auf der Welt den wichtigsten Beitrag leisten, nämlich Ihren - ‚assalamu’alaikum’ – der Friede sei auf Ihnen.

    „The Challenges of Peacebuilding“ – also die Herausforderung des Erschaffens des Friedens - ist zuallererst eine persönliche Herausforderung, die dann in der Gemeinschaft und nur gemeinsam gemeistert werden kann.

    Gott, Der uns erschaffen hat und uns daher am besten kennt, gab uns durch Seine Offenbarungen Wissen und zeigt uns auf, was die für uns beste Art zu Leben ist.

    Die Familie, als Brücke zwischen der individuellen und gesellschaftlichen Ebene eignet sich als Beispiel um das Wissen um die Friedensstiftung und Erhaltung zu erkennen.

    Frieden lässt sich in Bezug auf den Koran anhand folgender Grundlagen erreichen:

    Erkennen dass unser Gegenüber ‚aus uns‘ erschaffen ist – Wir sollen erkennen, dass wir eine grosse Gemeinschaft von gleichwertigen Geschöpfen und miteinander verbunden sind – uns also nicht über andere Stellen oder uns einbilden, individuell unabhängig zu sein.
    Wir sollen Ruhe bei einander finden, also gegenseitig ‚Ruhe‘ gewähren und ‚Liebe‘, ‚Barmherzigkeit‘ als Brücke zwischen den Menschen zulassen sowie Güte walten lassen indem man im Anderen das Gute sucht und Gutes zuteilwerden lässt.
    Weiter werden auch Vertrauen, Gerechtigkeit und Ehrlichkeit genannt (Qur’an 75:37, Qur’an, 30:21, Qur'an, 2:231, Qur'an, 4:20).

    Und schliesslich, so heisst es im Koran: „...denn Versöhnung ist das Beste. (Qur'an, 4:128) und unser Prophet Muhammad (saw) hat über den Stellenwert dieser Aussöhnung gesagt: „Soll ich euch mitteilen, was noch besser ist als Fasten, Gebet und Almosen? Es ist: Aussöhnung schaffen.“ (Sunna - Abu Dawud, Tirmidhi)

    Wenn kein Friede herrscht, so liegt einer der Hauptgründe für Streit oft im Zwist über das ‚Rechthaben‘ oder in der Verletzung von Rechten.
    Auch hier können wir von den Offenbarungen lernen, wenn wir erkennen, dass anstatt von Rechten vielmehr von Pflichten die Rede ist, was eine sehr viel klarere Lage schafft, da in jeder Pflicht das Recht eingebettet ist.
    So beinhaltet beispielsweise die Führsorgepflicht der Eltern das Recht des Kindes.
    Oder die Pflicht zur Abgabe ,eines Teils seines anvertrauten Vermögens, an Bedürftige (Zakah) das Recht der Bedürftigen.
    Diese den Offenbarungen oft innenliegende Logik wird zunehmend auch in unseren menschlichen Legislativen erkannt, so dass viele neue Gesetze sinnvollerweise heute Pflichten beschreiben.

    Peace Building sollte dieses Verständnis vermehrt nutzen, denn wo Pflichten vereinbart werden, ist das Recht i.d.R. auf der Gewinner Seite.

    Um hierfür ein Beispiel zu geben und, um auf die friedensstifte Wirkung von Religion aufmerksam zu machen – und dies ist eine wichtige Aufgabe, da Religionen medial zu oft nur für Konflikte verantwortlich gemacht werden – sei das Beispiel der Türkei bzw. ihrer Regierung genannt, die am 28 August 2011 – also vor knapp 3 Wochen – aus ihrer muslimischen Pflicht heraus ‚Gerechtigkeit‘ walten zu lassen, die Enteignung von Eigentum der nicht-muslimischen Minderheiten in der Türkei unter Atatürk aufzuheben und den nicht-muslimischen Minderheiten ihr Eigentum zurückzugeben, wo dies nicht mehr möglich ist, sollen hierfür zum Marktpreis Entschädigungen in Milliardenhöhe entrichtet werden.

    Damit bin ich ‚schon’ fast am Schluss angelangt und bitte Sie, lassen sie uns gemeinsam diese ‚aktive friedensfördernde Wirkung’ der Religionen zusammen und für den Weltfrieden – im Namen Gottes - entfalten.
    Da, leider nur zu oft – ohne uns Muslime - über den Islam gesprochen wird, nehme ich die heutige Gelegenheit wahr, Sie persönlich einzuladen, ihre Fragen an uns zu stellen, sowie mit uns Muslimen zu sprechen und besuchen Sie uns in unseren Moscheen – wie würden uns freuen.
    Sie erreichen mich und die Vertreter der Zürcher Muslime ganz einfach über www.vioz.ch.

    Herzlichen Dank , Gott vergelt‘s
    Assalamu’alaikum



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 24.09.2011, 20:07


    Prof. Dr. Mouhanad Khorchide
    Lehrstuhl für islamische Religionspädagogik
    Centrum für Religiöse Studien

    Ansprache anlässlich der Begegnung des Heiligen Vaters mit Vertretern des Islam
    am 23. September 2011 in Berlin

    Das Kriterium der Liebe und Barmherzigkeit im Islam und Christentum

    Eure Heiligkeit,
    Eminenzen, Exzellenzen, verehrte Brüder und Schwestern im Glauben,

    schon bei Ihrem Besuch im August 2005 in Köln haben Sie, eure Heiligkeit, das Gespräch mit den Muslimen in Deutschland gesucht. Dafür, dass Sie dies auch diesmal tun, möchte ich Ihnen – auch im Namen aller hier versammelten Muslime – ganz herzlich danken. Ich sehe dies – und ich bin sicher, dass dies die meisten Muslime in Deutschland genauso sehen – als eine Geste der Würdigung der Muslime in Deutschland, die uns Muslimen Anerkennung, aber auch Ehre erweist und ein weiteres wichtiges Zeichen für das friedliche Miteinander von Christen und Muslimen dieser Welt darstellt.

    Wir stehen in Deutschland mitten im Prozess der Etablierung der islamischen Theologie an deutschen Universitäten. Als islamischer Theologe an der Universität Münster ist es für mich eine große Ehre und Freude hier zu stehen und stellvertretend für viele Muslime in Deutschland sprechen zu dürfen.

    Das im Vatikan im Jahre 2008 ins Leben gerufene katholisch-muslimische Forum ist eine wichtige Plattform für den muslimisch-christlichen Dialog.
    Auch die Etablierung der islamischen Theologie an deutschen Universitäten öffnet Raum, nicht nur für eine konstruktive Reflexion der islamischen Theologie, sondern auch für einen sachlichen Austausch mit den christlichen Theologien, in dem wir mit- und voneinander lernen können.

    Das gilt für Münster, wo zwei der größten christlichen Fakultäten Europas ansässig sind, und auch für Osnabrück, Frankfurt, Erlangen, Tübingen.
    Wir, Muslime und Christen, betonen in unseren Begegnungen, dass wir an denselben Gott glauben, an den Gott von Abraham, Isaak, Jakob und Ismael.

    Wenn aber Muslime von Gott sprechen, sprechen sie dann alle vom selben? Wenn Christen von Gott sprechen, sprechen dann alle vom selben? Denn in beiden Religionen gibt es eine Bandbreite an Gottesvorstellungen.
    Wir benötigen daher ein Kriterium, an dem wir uns orientieren können, um zu wissen, ob wir überhaupt von Gott sprechen und nicht von einer subjektiven, oder sogar politischen Projektion. Im Christentum würde man Jesus selbst als Kriterium nennen, denn Jesus gilt im Christentum als die Offenbarung Gottes. Und wie sieht es im Islam aus?
    Die im Koran am häufigsten vorkommende Eigenschaft Gottes ist die Bezeichnung ar-Rahman bzw. ar-Rahim, zu Deutsch „der Allerbarmer, der Barmherzige“. Die Selbstbeschreibung Gottes im Koran als barmherzig allein reicht jedoch nicht aus, um seine Barmherzigkeit wahrzunehmen. Die Offenbarung Gottes und seine Barmherzigkeit bedeuten mehr als nur eine Mitteilung, sie bedeuten, dass diese Barmherzigkeit Gottes für den Menschen zugänglich, also erlebbar und erfahrbar wird, dass Gott erfahrbar wird. Seine Barmherzigkeit hat Gott nicht nur im Wort, im Koran, offenbart, sondern in der Schöpfung selbst. Jeder Akt der Barmherzigkeit in dieser Welt ist eine Manifestation der Offenbarung der Barmherzigkeit Gottes, denn die Barmherzigkeit Gottes umfasst, wie der Koran in Sure 7, Vers 156 betont, alle Dinge.

    Der Koran gibt einen Hinweis auf diese Manifestation der Barmherzigkeit Gottes und fordert auf, diese wahrzunehmen: „Schau doch auf die Spuren der Barmherzigkeit Gottes! Schau wie er die Erde wieder belebt, nachdem sie abgestorben war“ (Sure 30, Vers 50). Der Mensch kann durch sein Zutun die Erde fruchtbar machen und damit die Barmherzigkeit Gottes veranlassen. Somit erhält die Offenbarung einen dialogischen Charakter, denn der Mensch selbst kann sie hervorrufen und veranlassen, indem er barmherzig und gütig handelt. Dies ist auch der Auftrag an den Menschen.

    Das im Jahre 2008 ins Leben gerufene katholisch-muslimische Forum betont die Liebe zu Gott und zum Nächsten als das zentral Verbindende zwischen Islam und Christentum.
    Folgende Erzählung des Propheten Mohammed erinnert an das Matthäus-Evangelium: „Im Jenseits wird Gott einen Mann fragen: ‚Ich war krank und du hast mich nicht besucht, ich war hungrig und du hast mir nichts zu essen gegeben und ich war durstig und du hast mir nichts zu trinken gegeben‘, der Mann wird daraufhin erstaunt fragen: ‚Aber du bist Gott, wie kannst du krank, durstig, oder hungrig sein?‘, da wird ihm Gott antworten: ‚An jenem Tag war ein Bekannter von dir krank und du hast ihn nicht besucht. Hättest du ihn besucht, hättest du mich dort bei ihm gefunden. An einem Tag war ein Bekannter von dir hungrig und du hast ihm nichts zum Essen gegeben und an einem Tag war dein Bekannter durstig und du hast ihm nichts zum Trinken gegeben.‘“1 Dort, wo man eine Hand der Barmherzigkeit und der Güte ausstreckt, manifestiert sich Gott, dort ist Barmherzigkeit, dort ist Gott. Dort, wo eine Mutter ihr Kind umarmt, dort, wo man einen Menschen anlächelt, überall dort, wo man ein Zeichen der Güte, der Liebe und der Barmherzigkeit setzt, dort veranlasst man die Offenbarung der Barmherzigkeit Gottes, dort macht man Gott erfahrbar.

    Seine Barmherzigkeit beschreibt Gott im Koran als absolut. Das Einzige, zu dem sich Gott im Koran „verpflichtet“ hat, ist die Barmherzigkeit: In Sure 6, Vers 12 heißt es: „Er hat sich selbst der Barmherzigkeit verpflichtet.“.

    Gott, christlich gesprochen, als die Liebe und islamisch gesprochen als die Barmherzigkeit, offenbart sich also in der erfahrbaren und gelebten Liebe und Barmherzigkeit hier und jetzt in dieser Welt. Nach diesem dialogischen Verständnis von Gott kann der Mensch, ja er soll, die
    Offenbarung Gottes veranlassen. Liebe und Barmherzigkeit sind daher das Kriterium, das wir Muslime und Christen miteinander teilen, um zwischen einem göttlichen Angebot und einem nicht göttlichen Angebot zu unterscheiden. So heißt es im 1. Johannesbrief (4,16.21): „Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm“ und im gleichen Sinne heißt es in einer Überlieferung2 des Propheten Muhammad: „Gott sagt: ‚Wer in meiner Liebe lebt, dem bin ich seine Ohren, mit denen er hört, seine Augen, mit denen er sieht, seine Hände, mit denen er verrichtet und seine Beine, mit denen er auf Erden wandelt.‘“ Ich wünsche uns Muslimen und Christen wachsendes gegenseitiges Verständnis und Gottes Liebe und Barmherzigkeit und ich wünsche Ihnen, Eure Heiligkeit, Gottes Segen auf diesem Wege.

    1 Überliefert nach Muslim, Hadith Nr. 2569.
    2 Überliefert nach Bukhari, Hadith Nr. 6137



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 01.10.2011, 10:53


    Bismillah

    DIE LIEBE ZU ALLAH
    geschrieben von Schwester S.A.M.

    Warum betet der gläubige Mensch zu Gott? Warum fasten wir, warum sind wir sorgfältig bemüht, Nützliches von Schädlichem zu trennen, „Gutes zu tun und Schlechtes zu verwehren“? Was soll unsere Ausrichtung auf Gott, im Arabischen auf Allah „bewirken“, was ist unsere „Triebfeder“ dafür?

    Wollen wir einen „Umsturz“, wollen wir „die Welt retten“, wollen wir uns selbst und unsere Nächsten zu besonders „reinen“, besonders „guten“, „besonders besonderen Menschen machen“?
    Falls wir dies wollen, liegen wir als Gläubige, als Muslime falsch. Nicht will der Muslim (der sich Gott Überantwortende, Hingebende) etwas anderes, als Gottes Wohlgefallen erlangen – und was motiviert einen dazu, jemandes Wohlgefallen anzustreben, wenn nicht Liebe? Ist nicht die Liebe das Bindeglied überhaupt, welches Menschen miteinander und sodann gemeinschaftlich in der göttlichen Vollkommenheit vereint? Ist nicht Liebe die Triebfeder, welche uns zu grossen Taten anspornt – in ihrer allerniedrigsten Form ist es die Selbstliebe, die den Menschen „beflügelt“, antreibt – und man sieht es an der Eigenliebe am deutlichsten, was jegliche Beschneidung und Beschränkung der Liebe auf geringeres denn Allah anrichten kann – sie bewirkt, nach vorübergehender Expansion, letztendlich eine Art „Implosion“, den Zusammenfall aller Energie „aufgrund zu geringem Innendrucks“ – zieht Depression nach sich und überlässt das Individuum der totalen Vereinzelung, dem Untergang.

    Alles was lebt, strebt nach Vervollkommnung seines Wesens. Jede Blume, jeder Baum, jedes Tier und jedes Mineral, auch jedes für das Gros des Lebenden schädliche Element. Alles strebt wie von „Geisterhand“ geführt in eine ihm entsprechende und das Gesamte bereichernde bezw. ausbalancierende Vollkommenheit hinein. Als Mensch, dessen Herz mit der Gnade der Erkenntnis Gottes gesegnet ist, kann man sagen: die gesamte Schöpfung verherrlicht den Schöpfer und ist ihm untertan, gehorsam.

    Im Gegensatz zu aller anderen Schöpfung ist der Mensch zusätzlich in Besitz von Erkenntnis- und somit Unterscheidungsfähigkeit zwischen „gut“ und „böse“ was seine eigene Ausrichtung betrifft. Im muslimischen Glauben wird diese Erkenntnisfähigkeit, wie, z. B. Imam Abu Hamid Al Ghasali ausführlich dargelegt hat, dem Organ des Herzens zugeordnet und er hat dem Herzen „schärfere Erkenntnisfähigkeit als dem Auge“ zugesprochen. Die Grundlage dafür wiederum ist Liebe, welche Imam al Ghazali als „Hinneigung zu dem, dessen Wahrnehmung Lust bereitet“ definiert und aus der Erkenntnis, dass das „innere Gesicht stärker ist als das äussere“ folgert er, dass „die Lust des Herzens zu den erhabenen göttlichen Gegenständen, die es erschaut, …..vollkommener und grösser und die Neigung der gesunden Natur und Vernunft zu ihnen stärker sein“ muss, als diejenige Lust und Neigung, die durch die fünf Sinne erweckt wird.
    (Abu Hamid Al Ghasali, „das Elixier der Glückseligkeit“.)
    http://www.amazon.de/Elixier-Gl%C3%BCckseligkeit-Diederichs-Gelbe-Reihe/dp/3720530531

    Sowohl in der Sprache des heiligen Qur‘an als auch in der der grossen muslimischen Mystiker gibt es im Arabischen für das, was wir im Deutschen unter „Liebe“ zusammenfassen, verschiedene Ausdrücke.
    Um einen kleinen Einblick darein zu erhalten, in welcher Intensität sich die Muslime mit dem Thema der Liebe befasst haben, wollen wir uns Muhyiddin Ibn Arabi zuwenden, dem „Wiederbeleber der Religion“ auch der „grösste Meister“ (Scheich al Akbar) genannt. Er hat die Formen der Liebe neben der Einteilung in die Kategorien der göttlichen, spirituellen und natürlichen (physischen) Liebe in vier Qualitäten herausgearbeitet, welche auch im heiligen Qur’an genannt und umschrieben werden.

    Als Qualitäten nannte er,

    - die „jähe Liebesleidenschaft“ al Hawa, die ihr „Gefäss“ (das menschliche Herz) aus dem verborgenen Wesen heraus erreicht wie ein „herabfallender Stern“. Sie hat drei mögliche Auslöser: den Blick (al Nasar), das Hören (Sama) und die Gefälligkeit (die einem erwiesen wird – welche die schwächste Form darstellt, da sie durch Verächtlichkeit schnell getrübt werde.)
    Hawa ist jedoch auch diejenige Liebesneigung, die danach verlangt, mit dem Gesetz in Einklang gebracht zu werden, stellt sie doch eine Gefahr für den Menschen dar (Sure38:26), sich durch eine momentane Regung von der umfassenden Weisheit des göttlichen Gesetzes zu entfernen. Kein „Spielball unserer Liebe“ sondern „Gegenstand der göttlichen Liebe“ sind wir aufgerufen zu sein und wir sind aufgefordert, diese „jähe Liebesneigung“ hintanzustellen, wenn sie „einer Seinsweise entspricht, die nicht im Einklang mit den göttlich festgesetzten Vorschriften steht“. Dennoch ist diese Gefühlsregung nicht per se zu verurteilen, habe der Mensch doch die Wahl, sie nach seinem Ermessen „an vielfältige Gegenstände zu knüpfen“ und „an zahllosen Wesen auszulassen“!

    - Die ursprüngliche Liebe, al Hubb, die etymologisch mit dem Wort „Samen“ verwandt ist, sich also auf eine ganz elementare Form der Liebe bezieht. Durch sie „verfeinert das Wesen seine unmittelbare Liebesneigung (Hawa), indem es sich einzig dem Weg Gottes unter Ausschliessung aller anderen anschliesst.“ Sie führt die Liebesneigung aus ihrer möglichen „Verästelung“ dem ursprünglichen Fluss der klaren und reinen(Gottes- ) Liebe zu.
    Der Begriff „Hubb“ ist wohl diejenige Beschreibung der Liebe, die im Qur’an am öftesten Gebrauch findet (z. B. 2:165; 3:10 u.v.m.) und sie umschreibt jegliche Anbindung des Menschen Innersten an Gegenstände, Zustände, Personen, alles Weltliche, Vergängliche sowie auch an Gott. Es ist die Form der Liebe, die in ihrer Lauterkeit den Prüfstein für die Echtheit der Treue zu Gott darstellt denn „im Augenblick der Wiederauferstehung… wird ihnen einzig die Liebe zu Gott blieben….weil ihre Liebesneigung, übertragen auf die jenseitige Welt, sich nunmehr auf Gott allein richtet“.

    - Die überschwängliche Liebe al Ishq. Diese wird von Ibn Arabi sozusagen als „Steigerungsform“ der ursprünglichen Liebe (Hubb) dargestellt. Sie „hat das Vermögen, den Menschen vollkommen zu durchdringen und ihn für alles ausser dem geliebten Wesen blind zu machen Die innerste Wirklichkeit einer derartigen Liebe ergiesst sich noch in die kleinsten Elemente des Körpers, seiner Organe, des Geistes. Sie strömt in ihm wie Blut in den Adern und dem Gewebe...tränkt alle Gelenke des Körpers und bringt es fertig, sich seinem Dasein anzugleichen, indem sie alles seine Aspekte… in ihrem Innersten berührt, bis nichts mehr in ihm bestehen kann, das noch auf etwas anderes verweist ...“ Es ist die Form der Liebe, die der Zulaykha, der Frau des Putiphar in ihrer Liebe zu Joseph zugeschrieben wird, (Sure 12) sowie auch dem berühmten Sufi al Halladsch, der in seiner ekstatischen Durchdrungenheit die Worte „ana al Haqq“ äusserte („ich bin die Wahrheit“), derentwegen er letztendlich hingerichtet wurde.

    - Die Treue, die Verankerung der Liebe, al Wadd. Die Bedeutung des Wortstamms ist „einer Sache beständig innezuwohnen“ (Wadd = Pfahl), sie „in der Erde zu verankern". Sie besteht in der „Beständigkeit“ (auch Verankerung) „der ursprünglichen Liebe (Hubb), der überschwänglichen Liebe (Ishq) und sogar auch der jähen Liebesneigung (Hawa)“. „Wenn das (zur Liebe veranlagte) Wesen beständig ist …. Wenn es ungeachtet angenehmer oder unerfreulicher Begleitumstände unablässig unter deren Einfluss steht, wenn sich dieses Wesen an der Trennung oder Entfernung vom Geliebten … weder stört noch sich an ihr freut, wenn es …unentwegt in der Abhängigkeit vom Geliebten wohnt… dann werden alle diese (vorhergenannten) Haltungen von dem Namen der „Beständigkeit in der Liebe“ (Wadd) erfasst."
    (Zitate aus Muhyydin Ibn Arabi, „Abhandlungen über die Liebe“, Seite 106 - 115)
    http://www.amazon.de/product-reviews/3905272741/ref=dp_top_cm_cr_acr_txt?ie=UTF8&showViewpoints=1
    Siehe die Rezension zum Buch von Muhammad Hanel:
    http://www.iphpbb.com/board/ftopic-43715060nx17898-215.html#1031

    Sowohl unser Prophet Muhammad (Friede und Segen Gottes sei auf ihm) als auch viele nachfolgende Muslime waren beseelt, ergriffen und in ihrem Handeln bestimmt von der Gottesliebe. Muhammad hat sie an unzähligen Stellen erwähnt und dem Muslim die Liebe zu Gott sowie zu seinem Gesandten und den uns nahestehenden Menschen nahegelegt.

    Grosse Mystiker, wie zum Beispiel die berühmte Rabia al Adawiyyah, waren von dieser Gottesliebe durchdrungen und erfüllt. Obengenannte Rabia sei durch Basra gelaufen mit einer Fackel in einer Hand und einem Wasserkessel in der anderen und erklärte, „ich will Wasser in die Hölle gießen und Feuer ans Paradies legen, damit diese beiden Schleier verschwinden und niemand mehr Gott aus Furcht vor der Hölle oder in Hoffnung aufs Paradies anbete, sondern nur noch um Seiner ewigen Schönheit willen!“

    Wenn wir die Liebe im Islam behandeln, sollten wir wohl noch die „Rahma“ erwähnen, die im Deutschen gängig mit „Barmherzigkeit“ übersetzt wird und welche dem entspricht, was die Griechen als drittes Element der Liebe (neben Eros und Agape) als „Caritas“ bezeichnet haben. Diese ist das fürsorgliche, behütende, auch immer verzeihende und das Gegenüber nährende Element der „Liebe“ welches entweder vom Schöpfer ausgeht und Seinen Geschöpfen zugewandt ist, (Gottes zweiter Name nach „Allah“ ist im Islam „Al Rahman“ – der „Barmherzige“) oder dann von Geschöpf zu Geschöpf fliesst. „Rahma“ ist eine Qualität der Liebe, die etwas Schwachem, Schutzbedürftigem zugewandt wird, kann deshalb nicht vom Menschen auf seinen Schöpfer bezogen werden und wurde wahrscheinlich auch aus diesem Grunde vom „grossen Meister“ Ibn Arabi an dieser Stelle nicht erwähnt.

    Über die längste Zeit in der muslimischen Geschichte hinweg wurde dem Element der Gottesliebe sowie auch dem Bereich der islamischen Wissenschaften, die diese zu ihrem Kernanligen gemacht haben, dem Tasawwuf („Sufismus“) höchste Wertschätzung und Sorgfalt entgegengebracht. Nie wäre man wohl auf die Idee gekommen, dieses Kernstück des Glaubens nicht an erste Stelle jeglichen Tuns und Denkens zu setzen und diejenigen, die sich innerhalb der Gemeinschaft um seine „Pflege“ kümmern, rundweg zu verunglimpfen. Nie wäre man wohl darauf gekommen, einen (religiösen) Dialog oder Disput führen zu wollen, in dem die Liebe zu Gott und zu Seinem Gesandten nicht zentrales Thema wäre, nie hätte man sich bei Handlungen und Entscheidungen – wohl sogar bis in die „sündenbefleckten Herrscherhäuser“ hinein – ganz ohne den Parameter der Gottesfurcht und Gottesliebe im eigenen Herzen orientiert. Obwohl dieser Parameter heutzutage im grossen, sicher im politischen Bereich schwer ins Wanken geraten ist, kann man dennoch auch heute noch in den muslimischen Ländern und Gemeinschaften starke Spuren dieser liebenden menschlichen Verbindung zu Gott spüren, die jedem Ding, jedem Ereignis aus seiner Wertschätzung als Ausdruck göttlichen Willens heraus Akzeptanz zu schenken vermag. Gottesliebe verleiht dem Menschen das Gefühl des Aufgehobenseins in einem – bei aller temporären Unvollkommenheit - letztendlich vollkommenen Sein. Sie lässt im Menschen Geduld und Dankbarkeit in allen Lebenslagen wachsen, Freude am Anblick Seiner Schönheit, die er in aller Schöpfung zu erkennen vermag, Barmherzigkeit mit aller Schöpfung. In der stetigen erneuten Hinwendung zu Seiner Vollkommenheit wird der Mensch dazu in die Lage versetzt, immer vollkommeneres Benehmen (Ihsan) zu entwickeln und dieses auf alles Lebendige anzuwenden.

    Nur unter dieser Voraussetzung ist auch die Scharia – der „Weg zur Tränke“ - zu verstehen und zu begreifen. Sie ist Wegleitung des Gott – liebenden Menschen zu seinem Herrn und zur Quelle des eigenen, reinen Seins. Stellt den „Rahmen“ dar, den ein Mensch braucht, der sich den erhabensten der Wege gewählt hat – weil Gott sich ihn dazu auserwählt hat. Sie ist als liebende göttliche Anleitung für solche Menschen gedacht, die IHN lieben und um dieser Liebe willen nach Seiner Nähe, nach der „Quelle“ allen Seins dürsten und dafür bereit sind, sich selbst, ihre Triebseele und ihre momentanen Regungen hintanzustellen.

    Keinesfalls kann die muslimische Scharia als „Gesetzeskodex“ begriffen werden, die alleine mit weltlichem Ziel gesellschaftliche Belange zu regeln wünscht, welche die Muslime gar für „Weltherrschaftsansprüche“ instrumentalisieren möchten, andere Menschen damit „zwangsbeglücken“ wollten..

    Nicht ist Islam Ideologie und darf niemals als solche begriffen werden. Nicht werden wir Muslime Erfolg haben, solange wir uns nicht wieder vorrangig um unsere Liebe zu Gott und unserem Gesandten kümmern, um die Qualität unseres Verhaltens IHM gegenüber sowie gegenüber unseren Mitmenschen. Nicht werden wir heil werden und nicht werden wir siegen – über keinen unserer Feinde, zuallerletzt über unser eigenes Ego, wenn nicht durch die Liebe zu Allah, die unseren Atem, unser Sprechen, unser Sehen, unser Hören, Fühlen und Handeln zu durchdringen hat.
    Mögen wir uns als Muslime darin unterstützen, den Mut zur Liebe zu Allah und seinem Gesandten wiederzubeleben, zum Sprechen und Handeln darin und so dieses grosse und heilbringende Potential auch wieder nach aussen zu tragen.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 15.10.2011, 10:55


    Interessantes aus dem Arabischen, ﺭﺑﺔ ﺑﻴﺖ (rab-bat bayt)
    (Autor: Medienteam Freitagsclub, 08.10.11)
    http://freitagsclub.org/801/135501.html

    Ich pauke arabische Vokabeln und halte für einen kurzen Moment inne-ein schwarzer „Klecks“ in meinem Buch. Der „Fleck“, der sich als eine Übersetzung für das Arabische „ ﺭﺑﺔ ﺑﻴﺖ“ ausgibt, nimmt langsam Konturen an:“die Hausfrau“, lese ich widerwillig. Meine Seele wird unruhig, mein Sprachsinn trotzt und kehrt der „Hausfrau“ den Rücken zu. Mein Herz sucht in der deutschen Übersetzung vergebens nach der Poesie, der Musik, dem Rhythmus. Seit gut einem Jahr setze ich mich mit dem Arabischen auseinander. Jedes Mal, wenn ich Vokabeln lerne, spüre ich, wie sich meine Seele mit gesunder Nahrung ernährt. Wenn ihr nun meiner Äusserung keinen wirklichen Sinn zuordnen könnt, so liegt der Fehler bestimmt nicht bei euch, sondern bei mir. Beflügelt von dem Klang der arabischen Wörter, der Schönheit des Schriftzugs und der Ruhe stiftenden Schreibübungen, fällt es mir nicht leicht, meine Emotionen einem breiten Publikum zu vermitteln. Ein zweiter Versuch: “Arabisch lernen ist Ausdruck der Liebe. Ein Tanz mit dem Liebsten. Ein Genuss auf höchster Ebene.“ Die arabische Sprache hat aber noch eine zweite wunderschöne Seite an sich: Sie vermittelt in ihrer Bedeutung kulturelles, poetisches, religiöses Wissen. “Vermitteln“ mag eventuell in einigen Fällen ein wenig übertrieben ausgedrückt sein. Auf jeden Fall aber, lassen arabische Wörter, Bilder vor dem Auge des Lesers entstehen, so dass dieser zur einen oder anderen Präsupposition neigt. „Rab“ bedeutet „Gebieter“, „Unterstützer“, „Meister“, „Hochgeachteter“. Im islamischen Kontext wird das Wort „rab“ gleichbedeutend für Allah gebraucht. Die Bezeichnung „rab“ ist mit einem Ehrentitel zu vergleichen. Diese Schlussfolgerung korrespondiert nicht nur mit der islamischen, sondern auch mit der jüdischen und christlichen Tradition. „Rabbi“, oder auch „Rebbe“ ist jüdisch und bedeutet Judenmeister respektive Lehrmeister. Ein Rabbiner stellt die oberste religiöse Autorität dar und fungiert als Richter im jüdischen Religionsgesetz, [1]. Auch Jesus von Nazaret wird im Neuen Testament oft als „Rabbi“ bezeichnet. Auf kontrastiver Ebene erkennen wir, dass sowohl im Hebräischen als auch im Arabischen „rab“ positiv konnotiert ist. Ein intralingualer Vergleich sei nicht legitim, ist kein gültiger Einwand, da das Hebräische und das Arabische miteinander verwandte, nämlich semitische, Sprachen sind. Der eigentliche Unterscheid zwischen dem „rab“ im Jüdischen und jenem im Islamischen ist der, dass rab im Ersteren in Bezug auf Männer gebraucht wird, wohingegen der Islam diesen Titel, wie in rab-bat bayt, nebst Allah auch der Frau zuschreibt. Weswegen wird aber einer Hausfrau ein solcher Ehrentitel verliehen. Um Klarheit über das Rätsel zu erlangen, ist ein Blick in die islamische Kulturgeschichte wert. Eine muslimische Frau, die im häuslichen Bereich arbeitet, hat diverse Aufgaben. Es obliegt ihr, ihren Mann zu beraten, ihn in seiner Entscheidungsfindung zu unterstützen. Der Islam lehnt das patriarchalische System der meisten sich als islamisch bezeichnenden Ländern ab. Dementsprechend setzt sich das Familienoberhaupt aus Mann und Frau zusammen. Ferner ist eine Hausfrau, sofern sie Mutter ist, die Erzieherin ihrer Kinder. Das Statussymbol einer Mutter im Islam wird in folgendem Ausspruch des Propheten Mohammad (saw) deutlich: Auf die Frage, wer es am meisten verdiene, gut behandelt zu werden, antwortete er dreimal „deine Mutter“ und erst danach „dein Vater, dann deine nächsten Verwandten, [2]. So schön das Wortkonzept des rab-bat bayt auch sein mag, ich könnte mir nicht im Traum ausmalen, das Haus zu meiner Arbeitsstätte zu machen, Kinder zu erziehen und meinem zukünftigen Ehemann mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Ganz im Gegenteil, ich wäre am liebsten finanziell selbständig, was aus islamischer Sicht der Frau sehr gelegen kommt. Denn eine Muslimin muss das verdiente Geld nicht in ihre Familie investieren. Es ist ihr erlaubt, die eigenen Finanzen zu verwalten und den gesamten Verdienst für ihre Zwecke auszugeben. Bildung im Islam sollte aber natürlich nicht auf den finanziellen Aspekt reduziert werden. Der Prophet Mohammad (saw) sprach sich zum Aneignen von Wissen wie folgt aus:“Das Streben nach Wissen ist eine Pflicht für jeden Muslim, Mann oder Frau.“ Demzufolge erfüllt eine gebildete Frau eine ihrer islamischen Obliegenheiten. Erinnern wir uns doch der ersten Ehefrau des Propheten Mohammad (saw) Khadidscha. Sie war eine angesehene Geschäftsfrau in Mekka, die Handelskarawanen unterhielt und unter deren Leitung der Prophet Mohammad (saw) arbeitete. Der Überlieferung zufolge, ergriff sie das Zepter und machte dem Propheten Mohammad (saw), nachdem sie von seiner Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit überzeugt war, einen Heiratsantrag. Um ein weiteres Beispiel zu nennen, führe ich Aischa (radial-lahu’anh) an, ein Vorbild einer emanzipierten selbstbewussten starken Muslimin. Nachdem der Khalif Uthman (radial-lahu’anh) ermordet worden war, wurde Ali Bnu-abi-talib (radial-lahu’anh) in das Amt des Khalifats einberufen. Als Aischa (radial-lahu’anh) erkannte, dass Ali (radial-lahu’anh) nichts dafür unternahm, die Mörder Uthmans zu verfolgen und dann zu bestrafen, machte sie sich die Verfolgung der Letzteren zu eigen, [3]. Ich könnte noch etliche weitere Beispiele von selbstständigen und selbstbewussten Musliminnen anführen. Hingegen ist es essentiell an dieser Stelle eine Schlussfolgerung aus all diesen Exempeln zu ziehen. Der Islam ehrt die Frau in allen Domänen mit dem Ehrentitel „rab“. Ob die Frau die „rab“ des Hauses oder vorzugsweise die“ rab“ des öffentlichen Lebens sein möchte, ist dem betreffenden Individuum selbst überlassen. Die Frau auf die Funktion der Hausfrau zu reduzieren, ist töricht und ist mit dem Geiste des Islam und der Schönheit der arabischen Sprache inkompatibel. Während das Arabische die Frau mit Samthandschuhen anfasst, neigt die von Männern konzipierte Welt dazu, die von Gott mit Schmuck ausgestattete Perle mit dem Ausspruch „die Hausfrau“ zu zerquetschen, die Schmuckschatulle unbeachtet in das tosende Meer zu werfen.

    [1] http://www.judengasse.de/dhtml/B029.htm
    [2] Auszüge aus Riyadus Salihin, Die Gärten der Rechtschaffenen, Imam An-Nawawi
    [3] Ausgewählte Kapitel islamischer Kulturgeschichte



    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Kommentar: Hausfrau wird im Islam zu HAUSHERRIN ... schön, oder?



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 28.10.2011, 18:46


    Ist der Islam eine Religion des Friedens - friedensstiftend oder friedensvernichtend?
    Resit TÜMEN, Bad Säckingen

    Obwohl Gewalt in vielen Teilen der Welt zu finden ist, welche von Europa bis Arabien und in den pazifischen Raum reichen, bei welcher viele Religionsgemeinschaften und Kulturen eine maßgebende Rolle spielen, verbindet die westliche Welt, mehr als jede andere Religion, den Islam mit dem Szenarium der Gewalt. Jedenfalls nach dem 11. September steht diese Religion unter Generalverdacht und die islamische Welt unter zunehmendem Druck. In einer Mischung aus Hass, Wut und Ignoranz halten viele Menschen im Westen den Islam für eine friedenszerstörende Religion und Muslime für eine potenzielle Gefahr für die Allgemeinheit. Der geistige Berater des amerikanischen Ex-Präsidenten George W. Bush, Frank Graham, nennt den Islam "eine richtig bösartige und verlogene Religion." Und die amerikanische Fernsehkommentatorin Ann Coulter mein: „Wir sollten in ihre Länder (muslimische Länder) einmarschieren, ihre Führer totschlagen und die Bevölkerung zum Christentum bekehren.“

    Warum hegen diese Leute solch schwere Abneigung gegenüber dem Islam?
    Es ist heute schwierig über Frieden zu sprechen und Friedensbilder zu malen, heute in einer Welt, wo ungerechtfertigtes Töten Tradition geworden ist und im Namen der Religion Gotteshäuser verbrannt werden, die - einer anderen Religionsgemeinschaft gehören.
    Ich werde im Ansatz versuchen mit diesem Essay die Frage zu beantworten, ob der Islam eine Friedensreligion ist oder gar den Frieden zerstört und es gar unmöglich macht, eine friedliche Koexistenz der verschiedenen Religionsgemeinschaften zu gewährleisten.

    "Ein Muslim ist jemand, vor dessen Zunge und Hand man sicher ist" (Sahih Al-Buharyy). So forderte der Prophet Mohammed, wie in vielen weiteren seiner Aussprüchen, die Ummah (Gemeinschaft) auf, friedensstiftend zu wirken und gutmütig zu handeln. Doch warum kommt es immer wieder zu ausgeübter Gewaltbereitschaft einiger Muslime? Warum kommt es immer wieder zu sogenannten Ehrenmorden? Kann man diese Übeltaten religiös legitimieren?

    In den Medien wird immer eine einseitige Sicht der Geschehnisse vermittelt, nämlich, dass die Muslime dem Westen den Krieg erklärt haben und gegen ihn zu agieren, eine religiöse Pflicht sei und alle Nichtmuslime als Ungläubige zu betrachten seien. Diese Sichtwird durch mancherlei terroristische Aktivitäten offenbar bestätigt. Eine andere unilaterale Sicht ist, dass Armut, soziale Verhältnisse, Frustrationen und Ungerechtigkeiten, zu Gewaltbereitschaften führt, die sich in den Köpfen junger Muslime entwickelt und tatsächlich friedensvernichtend wirken. Doch beide Sichten geben kein korrektes Gesamtbild wieder.
    Es ist Tatsache, dass der Islam instrumentalisiert wird und manche gewaltorientierte „Gläubige“ unter dem Vorwand der Religiosität eine Politik der Polarisierung und des Terrors anstreben, die in dieser Form religiös niemals legitimiert werden kann. Denn Gott sagt im Koran: „Wahrlich, Gott liebt nicht die Verbreiter von Verderbnis“ (Sure 28/Vers77).
    Desweiteren im 32. Vers der Sure al-Ma'ida (32) erklärt Allah, dass, wenn jemand einen Menschen ungerechtfertigt tötet, es so ist, als hätte er die ganze Menschheit getötet. Jeder Mord ist eine völlige Missachtung der moralischen Lehre des Korans und ist nicht mit der Botschaft vereinbar, die der Prophet Mohammed vermittelt hat. Unrechte Gewalt ist nie religiös. „Es gibt keinen islamischen Terrorismus, so wie der Terrorismus der nordirischen IRA nie christlich oder katholisch war. Wer sich als Terrorist teuflischer Methoden bedient, kann sich nicht auf Gott berufen. Es gibt lediglich, einen islamisch maskierten Terrorismus, und der führt, wie christlich und demokratisch maskierte Angriffskriege, nicht ins Paradies, sondern in die Hölle.“ Gewalt ist kein religiöses Problem. Der Mensch mordete bevor es Religionen gab. Die Deportation von Juden in der NS-Zeit und die ethnische Säuberung Palästinas sind historische Fakten und Hinweis darauf, dass der Mensch mit oder ohne Religion, das erbarmungsloseste Geschöpf ist. Mit allen Mitteln müssen wir gemeinsam gegen diesen maskierten Terrorismus agieren und nur gemeinsam können wir schaffen, ihn zu besiegen. Die Muslime müssen sich wie ihr Prophet, für einen Islam der Toleranz einsetzen und die Religion als eine wertvolle zivilgesellschaftliche Ressource anwenden. Es wird berichtet, dass der Prophet gesagt hat: „Der beste Muslim ist derjenige, der den Menschen am nützlichsten ist“. Diese Aussage des Propheten Mohammeds ist eine deutliche Forderung an die Muslime, zivilgesellschaftlich zu arbeiten und sich für das Gemeinwohl zu engagieren. Dies ist nur ein Argument dafür, dass der Islam als Katalysator dient, im Kampf gegen Gewalt, Fanatismus, Bosheit, Neid und Fundamentalismus zum Einsatz zu bringen ist. In einem weiteren Hadith, sagt der Prophet: "Wenn einer mit dir den Kontakt bricht, erhalte ihn dennoch aufrecht; wenn jemand dir gegenüber grausam ist, vergebe ihm; wenn jemand boshaft zu dir ist, erwidere ihm in gütlicher Weise." Der Islam ist keine despotische oder absolutistische Weltsicht und kann, daher auch nicht mit irgendeiner Ideologie gleichgesetzt werden, denn einzig und allein Gott ist absolut und kein menschliches Verständnis Seiner Weisungen.

    Aber wann kann man Gewalt anwenden, wann ist es zulässig Gewalt zu rechtfertigen? Diese Seite, ist die Kehrseite der Medaille der ganzen Geschichte. Es gibt Gewalt legitimierende Passagen, die von Extremisten benutzt werden, um in Selbstermächtigung andere mit Gewalt zu überziehen. Doch wenn man den historischen Kontext mit einbezieht, stellen diese Passagen immer noch uneingeschränkte Gewalt legitimierende dar?

    Um diese Problematik anschaulich darzustellen, zitiere ich verschiedene Koranverse , die gerne von Nichtmuslime in der Öffentlichkeit artikuliert werden, die sehr undifferenziert betrachtet, eine Legitimation unrechtmässiger Gewalt darstellen.
    „Ergreift sie und tötet sie, wo immer ihr sie finden mögt.“ . Dieser Vers wird am häufigsten in westlichen Medien herangezogen und als eine Aufforderung zur völligen Vernichtung der Nichtmuslime bezeichnet. Doch bei solchen Versen muss der historische Kontext mitberücksichtigt werden. Dieser Vers gilt nur im Zusammenhang mit einer Kampfhandlung, die bereits im Gange ist und ist keine Legitimation Andersgläubige willkürlich „auf dem Pfad Gottes“ zu töten. Ferner werden auch Studien herangezogen, die behaupten, dass mit zunehmender Religiosität die Gewaltbereitschaft der Muslime zunimmt. Leider ergibt sich aus den Berichten nicht, wie das Merkmal Religiosität in der Studie operationalisiert bzw. gemessen wurde. Höchstwahrscheinlich beruhen solche Studien auf Selbsteinstufung der Probanden, so dass ein umgekehrter Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden kann. Die „Kraftausübung“ im Islam wird im Koran und der Sunna (Gepflogenheitend des Propheten) speziell behandelt. Es ist vorteilhaft einige Aspekte zu erwähnen. Im Islam ist Krieg nur als Selbstverteidigung erlaubt und nur in Grenzen zu führen, um Frieden und Freiheit im vollen Maße wiederherzustellen. Es dürfen auf keinen Fall Frauen, Kinder und alte oder schwache Menschen angetastet werden. Bäume, Äcker und Ressourcen unter anderem dürfen nicht zerstört werden. Ein Friedensausruf darf unter keinen Umständen verweigert werden, wenn der Feind sich ergibt. Wenn wir das islamische Kriegsrecht ernst nehmen, gilt ein Krieg in unserer Zeit, der willkürlich Menschen tötet, Frauen und Kinder massakriert, um den Kriegsherren Zugang zu den Bodenschätzen in fremden Gebieten verschaffen, als strikt verboten. Als Abu Bakr, der zweite Kalif, das islamische Heer in den Kampf entsandte, gab er dem Armeeführer folgenden Befehl mit auf den Weg: „ Begeht keinen Verrat und weicht nicht vom rechten Weg ab. Auch sollt ihr Kinder, alte Menschen und Frauen weder verletzten noch töten. Zerstört oder verbrennt keine Palmen und fällt keine Obstbäume. Schlachtet weder Schaf noch andere Herden oder Kamele, es sei denn zu eurer Nahrung. Wenn ihr bei Mönchen vorbeikommt, die sich dem Klosterleben gelobt haben, so überlasst sie dem Leben, dem sie sich hingegeben haben.“5
    Ohne Übertreibung, kann behauptet werden, dass diese koranische Bestimmungen des Kriegsrechts, die im Koran und der Sunna zu finden sind, seinesgleichen auf der Welt - dazumals und selbst heute noch - sucht. Überdies, der von den Islamophobisten meist zitierte Vers kommt in der Sure 8 vor. „Und kämpft gegen sie, bis es keine Unterdrückung mehr gibt und alle Anbetung Gott allein gewidmet ist.“ Nach einer anderen Übersetzungsversion, die gerne bevorzugt wird, steht an der Stellt Unterdrückung „Verführung zum Unglauben“.
    Doch wiederum betont diese Passage die Selbstverteidigung, als die einzige Rechtfertigung für Krieg, bis Gott ohne Furcht vor Verfolgung angebetet werden kann und niemand gezwungen ist, sich in Ehrfrucht vor einem anderen Menschen zu verbeugen. Auch wenn die Gläubigen aufgefordert sind, sich zu verteidigen, müssen sie sich wie bereits erwähnt, aller Gräueltaten, das Töten von Nichtkombattanten eingeschlossen, enthalten. Weil wir heute in einem Land leben, wo Sicherheit und Religionsfreiheit herrscht, können sich Gläubige Gott allein widmen, ohne dafür um Erlaubnis bitten oder Verfolgung fürchten zu müssen, und somit hat obiger Vers unter diesen Umständen keinerlei Umsetzungsrelevanz.

    Basierend auf das Missverständnis einiger Verse, wird außerdem das Wort „Djihad“, welches immer noch gerne mit „heiliger Krieg“ übersetzt wird, missinterpretiert.
    Das Wort „heiliger Krieg“ ist kein koranischer Begriff. Wenn jemand, jemals den Koran vollständig gelesen hat, würde unmittelbar merken, dass das Wort „heiliger Krieg“ im Koran überhaupt nicht auftaucht. Der Krieg ist eine manchmal erforderliche und notwendige Aktion in der Geschichte der Menschheit, welche von Gott und seinem Gesandten niemals heilig gesprochen wurde. Kriege sind nie heilig. Wie kann ein Krieg heilig sein, wo Menschen deportiert und massakriert werden?
    Der Begriff „Heiliger Krieg“ kommt aus der Zeit der Kreuzzüge und wurde vermutlich von den Kreuzrittern benutzt, um ihre Expansionsstrategie göttlich zu legitimieren. Doch was heißt eigentlich „Djihad“?
    Die wörtliche Bedeutung des Wortes „Djihad“ ist Kampf. Abgeleitet von seinem Stammwort, bedeutet es, sich anstrengen, bemühen. In einer Überlieferung Prophet Mohammeds erklärte er, dass der größte „Djihad“ eines Individuums der ständige Kampf gegen sein eigenes niederes Selbst ist. Das niedere Selbst umfasst alle destruktiven und negativen Eigenschaften einer Person. Der Muslim hat die wichtige Aufgabe, allen schlechten Eigenschaften des Egos mit Kraftaufwand entgegenzuwirken. Nicht nur schlechten Eigenschaften hat er entgegenzuwirken, sondern er muss sich auch anstrengen (Djihad), positive Eigenschaften sich anzueignen. Im Grunde besteht das ganze Leben eines Muslims nur aus „Djihad“. Denn er ist im ständigen Kampf, hat sich ständig gewaltig zu bemühen ein guter Gläubiger zu sein, der schlechte Attribute, mit positiven Eigenschaften ersetzt. Abgesehen von diesen geistlichen Bedeutungen, wird auch Kampf im Sinne eines militärischen Feldzugs als „Djihad“ bezeichnet. Doch, wie schon viele Male erwähnt, darf ein Krieg nur zum Verteidigungszweck gegen jegliches Unrecht geführt werden.

    Der berühmte Islamwissenschaftler Mustafa Islamoglu definiert „Djihad“ wie folgt: „Djihad ist nichts anderes als die Aufhebung der Barriere zwischen den Menschen und dem Islam.“ Das heißt, der Mensch nähert sich Gott an, der sich anschließend von Lichte Gottes leiten lässt.

    Der Islam verurteilt sowohl die Gewalt der Diktatoren, als auch die terroristischen Aktivitäten jeglicher Terrororganisation. Jeder Mensch besitzt einGewaltpotenzial, das sich ganz plötzlich entfalten kann, auch mit oder ohne transzendente, religiöse Ausrichtung. Jeder ist mit negativen Antrieben ausgestattet. Gleichzeitig versucht der Mensch nach Frieden und Konfliktlosigkeit zu streben. Auch wenn manchmal einiger dieser Ziele ein Trade-Off darstellen, muss der Mensch und erst recht ein Muslim, stets nach Güte und Versöhnung trachten. Die Zugangsmöglichkeiten aller Menschen zu Bildung und die Realisierung eines tugendhaften, menschenwürdigen Lebens sind die wichtigsten Schritte zu einem möglichst friedlichen Leben. „Friede sei mit euch“ ist der traditionelle Gruß der Muslime. Damit grüßte Prophet Muhammed sowohl die Muslime, als auch die Nichtmuslime. Der Islam, jedenfalls in seiner Ursprünglichkeit, ist friedensstiftend und stets der natürliche Feind jeglichen Unfriedens und aller Unruhestifter.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 01.11.2011, 00:52


    Bismillahi Rahmani Rahim
    Himmel und Hölle
    geschrieben von Sr. S.A.M.

    Im Dialog mit Menschen, die sich als „Zweifler an Gottes Existenz“ bezeichnen, ist das am häufigsten vorgebrachte Argument bei weitem dieses: „Wenn es Gott gibt, warum lässt Er dann so viel Leid zu?“ Man möchte gerne einen Gott „haben“, der einfach nur lieb und gütig ist, der alles Unangenehme, das Leid der Welt, sowie auch die Hölle des Jenseits „abgeschafft“ hätte – man möchte Ihm (erhaben ist ER) da gerne dreinreden, vielleicht eine Art „Disneyland – Schöpfung“ als Gegenvorschlag unterbreiten.

    Die Fragestellung nach dem Leid jedenfalls lässt den Gläubigen „doppelt irritiert“ aufhorchen. Zum einen, weil er sich in der Regel abgewöhnt hat, Gottes Ratschluss in Frage zu stellen, zum anderen, weil er versucht, nachzuvollziehen, welches „bessere Konzept“ dem Fragesteller denn vorschweben mag. Sind wir wirklich schon dermassen eingenommen von unserem menschlichen „Machbarkeitswahn“, dass wir uns eine „bessere Schöpfung“ anmassen wollten, unsere menschliches, beschränktes Verständnis über Gottes erhabenes, allumfassendes Wissen, über Seine unergründliche Weisheit stellen wollen?

    Aber wir wollen das Experiment doch so am Rande wagen, uns eine Schöpfung „ohne Leid“ vorzustellen versuchen. Es wäre also alles „in Butter“, keiner würde den anderen verletzen, kein Geschöpf das andere jagen, nichts dem anderen in irgendeiner Form Leid zufügen. Schon diese Vorstellung lässt uns an Grenzen stossen. Man fragt sich: was würde ich z. B. essen ohne ein anderes Geschöpf in seiner Integrität zu stören, sei es auch „nur“ ein Blumenkohl? Wie wäre die Eigentumsfrage geregelt, würde jedem Menschen/ Tier/Organismus ein von vornherein bestimmter Anteil „gehören“, der ihm zustände, zukäme, ohne dass er dafür etwas tun, ohne dass er dafür die Grenzen zum Anteil seines Gegenübers ausloten – und sich mit ihm darüber austauschen - muss? Nur schon diese „Grenzfragen“ zeigen uns also auf, dass die Vorstellung einer Welt „ohne Leid“ (denn es sind doch zu einem guten Teil Fragen der Abgrenzung der verschiedenen Lebewesen gegenüber dem jeweils anderen, die zu Leid führen!) die „Welt“ , so wie sie jetzt ist, von Grund auf in Frage stellt und dass eigentlich nur das Paradies, so wie es uns beschrieben wird, als „Alternative“ zu einer der jetzigen zumindest ähnlichen Schöpfung in Frage käme.

    „Leid“ kann allerdings, wie wir alle wissen, durchaus auch durch rein seelische Aspekte verursacht werden. Der Mensch leidet, weil er glaubt, er käme am Anteil „seelischer Einheiten“ zu kurz, andere „hätten“ mehr davon, andere „bekämen immer“ mehr davon als man selbst. Man kann letztendlich einfach an sich selbst leiden, ein unbestimmtes Leid, einen tiefen brennenden Schmerz empfinden, der uns auf eine gähnende Leere hinweist, auf eine „ABWESENHEIT von ETWAS“. Wohl kein Leid ist so intensiv, so tiefschürfend, so existenziell bedrohlich, die ganze Person erfassend, ergreifend, erschütternd wie dieses. Der Mensch kann nun entweder versuchen, dieses Gefühl des „Grundleidens“ zu vermeiden, zu umschiffen, sich von ihm abzulenken, indem er, auf welche Art auch immer möglich, Wohlbefinden herzustellen sucht. Er kann es grundsätzlich ablehnen oder aber mal grundsätzlich als Tatsache hinnehmen, einen Sinn und Zweck darin als gegeben annehmen – (und so den ersten Schritt in Richtung dessen Auflösung zu tun….)

    Eine „Welt ohne Leid“ (oder mit „weniger Leid“) müsste jedenfalls diese existentielle Leere von vornherein ausschliessen. Es müsste anstatt ihr a priori Fülle, Ganzheit existieren. Lehnen wir also dieses „Manko“ in unserer Seele, in der menschlichen Existenz grundsätzlich ab, verweigern wir uns damit eigentlich dem Prozess, diese zu füllen – wissen vielleicht auch nicht, haben noch nicht erfahren, wie es sie zu füllen gilt – oder: wie wir uns für ein Ganzwerden öffnen können, es geschehen lassen können. Der gläubige Mensch tut dies (meist beharrlich und stückchenweise) in seiner Hinwendung zu Gott – in Hinnahme der weltlichen Gegensätze, Akzeptanz des göttlichen Willens.

    Im christlichen Raum gab es nun über die Jahrhunderte eine starke Fokussierung auf das Leiden in Anlehnung an die „Leiden Christi“. Viele MystikerInnen haben darin ihre Erfüllung gefunden und die Akzeptanz, ja das Auskosten dieses Leidens als unabdingbaren Teil ihres Weges zu Gott empfunden. Andererseits existiert – wohl eher unter den „einfacher gestrickten“ Bürgern (jeden Glaubens) auch die Vorstellung einer möglichen Vermeidung oder doch Verminderung des Leidens durch „Wohlverhalten“ – gegenüber Gott. Die Vorstellung und Hoffnung, dass man durch Einhaltung göttlicher Gebote die schwierigen Aspekte unseres Daseins „umgehen“ könne, sie „ausklammern“ könne oder doch zumindest Gottes „Heftigkeit“ mit uns (die zuweilen wohl auch fälschlich als Sein Zorn interpretiert wird) „besänftigen“. Diese Prämisse ist unter Umständen aber gerade dazu prädestiniert, Hoffnung zu enttäuschen und richtet daher auch immer wieder einiges an Schaden an.

    Der grosse Psychiater C. G. Jung beschreibt im Buch von A. Jaffe „Erinnerungen, Träume, Gedanken“ auf eindrückliche Weise sein Ringen mit seiner eigenen Fähigkeit zur Begehung von „Sünde“ - und somit seine unausweichliche Verstrickung - als erwachsener, mit Eigenwillen versehener Mensch – in den ganzheitlichen Prozess der Auseinandersetzung mit der der Welt inhärenten Polarität zwischen Licht und Dunkel, Freud und Leid, Fülle und Mangel „Gut“ und „Böse“. Sein Ringen auch mit dem ihm von seinem Vater und evangelischen Pastor vermittelten „Glauben“ an eine „potentiell gute Welt“ unter der Voraussetzung der menschlichen Vermeidung von Sünde. C.G. Jung kommt für sich zum Schluss, dass man sich dem Willen Gottes widersetzen kann, gerade indem man die „Sünde“ (ohne wirklich eine „bessere Ausweichmöglichkeit“ zu kennen, ausser der Vermeidung an sich)zu meiden sucht und dass man, umgekehrt „sicher sein kann, den richtigen Weg zu gehen, WENN man den Willen Gottes erfüllt“…. dass man „Gott ausgeliefert ist und dass es auf nichts anderes ankommt, als Seinen Willen zu erfüllen. Ja, dass man sich der „Erfahrung des unmittelbaren, lebendigen Gottes“ verschliesst, will man versuchen, unangenehme Aspekte des Lebendigen auszuklammern! *) C. G. Jung hat mit dieser Einsicht wohl die Voraussetzungen zu einer adäquaten und auch im geistigen Sinne umfassenden Betrachtung der menschlichen Seele eröffnet, einen potentiell tief heilsamen psychologischen Ansatz geschaffen. Er hat damit aber auch – ungewollt natürlich, obwohl er den Islam recht gut kannte - quasi den „ersten Schritt“ in Richtung eines muslimischen Verständnisses der menschlichen Seele – sowie dadurch auch des muslimischen Welt- und Gottesverständnisses - gemacht.

    Soll also das (intensive) Leiden uns ebenso wie die (äusserste) Freude uns vielleicht zu dieser „Erfahrung des unmittelbaren, lebendigen Gottes“ führen? Wäre es möglich, dass es dem Menschen auferlegt wäre, in der Tiefe seiner eigenen Seele, in den „himmlischen“ Aspekten der Glückseligkeit und tiefen Dankbarkeit ebenso wie in den „höllischen“, des Sich – Abgesondert - Fühlens, der unendlichen Einsamkeit, der Leere, des Mangels, der Verwirrung und Angst IN seiner eigenen Seele und durch eben sie GOTT zu suchen und zu finden? Steckt vielleicht gerade in dieser Unvollkommenheit, Unfertigkeit unserer menschlichen Angelegenheit DAS Potential, die Erfüllung – im Diesseits und im Jenseits – zu erlangen? Wären unsere jeweiligen weltlichen Zustände somit ein Wegweiser hin zum „jenseitigen“ Seinszustand? Und: ist es unser Ernst, dass wir diese Aufgabe von uns weisen wollen, wären wir Menschen denn wirklich zufrieden mit einer „seichten Zufriedenheit“, mit einem „Leben ohne Ecken und Kanten“, ohne die grosse Herausforderung – zu siegen oder zu scheitern, das Himmlische oder das Höllische zu erleben – uns in diesen Prozess hineinzugeben indem wir uns ganz grundsätzlich dem Göttlichen hinzugeben sowie aktiv zuzuwenden suchen?


    Des Menschen Seele besteht nach muslimischem Verständnis aus verschiedenen Komponenten. Da ist einmal die niedere Triebseele, in Arabisch als „Nafs“ bezeichnet. Es ist dasjenige, was ein – und ausatmet, was uns Bedürfnisse meldet und deren Erfüllung gebietet. Ein anderer Aspekt des Menschen aber ist sein „höheres Wesen“, das sich als Teil des Göttlichen wahrnimmt, sich nach „Rückanbindung“ an dieses sehnt, das weit über das niedrige „Selbst“ hinaus lebt und existiert!

    Wir können uns nun ohne Ende auf der Stufe der „niederen Triebseele“ bewegen, Wünsche und Bedürfnisse erfüllen, befriedigen, feststellen, dass neue entstehen und von vorne beginnen. Wir werden sogar feststellen, dass die Zufriedenstellung unserer Bedürfnisse unter Umständen noch intensivere Bedürfnisse und Wünsche wachruft, also keinesfalls den ersehnten inneren Frieden herzustellen vermag. Bleiben wir auf dieser Stufe, können wir nun für Leiden wirklich keinen Sinn erkennen, gibt es doch aus ihm kein Entrinnen, keine Erlösung!

    Sehen wir allerdings in diesem „Selbst“ - in unserem „Ego“ - eine Art „Sprungbrett zu einer höheren Seinsform“, einer, in der wir vollständiger, ganzer, Gott näher sein können, dann können wir ihm nur dankbar sein. Können seine „Funktion“ schätzen lernen. Können es, mit geeigneter Anleitung wagen, weiterzugehen, darüber hinaus zu gehen!

    Im muslimischen Glauben hat das Leiden nie einen besonders hohen spirituellen Stellenwert gehabt, es sei denn, verstanden als ebendieser „Impuls zur Hinwendung zu Gott“. Leiden - in sich selbst eine passive Haltung – kann, darf, soll ergänzt und werden mit der aktiven Attitüde jeglicher Hinwendung zu Gott, jedes Dienstes auf Seinem Weg, soll nicht ausgekostet, sondern möglichst mit Freude und Dankbarkeit „ummantelt“ werden. Soll vielleicht das „Salz in der Suppe“ darstellen, gewiss aber nicht die „Suppe versalzen“….

    Gott möchte, nach muslimischem Verständnis, ERKANNT WERDEN. ER hat den Menschen mit der ganz ausserordentlichen Fähigkeit ausgestattet, IHN zu suchen, hat ihm die Wahlmöglichkeit verliehen, sich – vorübergehend und leidlich – mit sich selbst zufriedenzugeben oder eben IHN zu suchen und zu finden. Die Vorstellung vom „lieben Gott“, die im christlichen Kulturkreis beheimatet ist und einen vorwiegend väterlich – fürsorglichen Gott imaginiert, Gott auf diesen Aspekt REDUZIERT, ist im Islam nicht vorherrschend. Wohl ist Gott, ALLAH der (überaus) Barmherzige, al Rahman; der Liebende, al Wadud; Der, der uns mit allem im Übermass und ohne zu rechnen versorgt, al Razzak; der Vergeber jeder Sünde, Al Ghafur, al Afuun; Al-Waliy, der Schutzherr, Beschützer, der Eröffner, al Fattah; ER ist aber auch al Dschabbar, der Gewaltige, Unterwerfer; al Qahhar, der Bezwinger , Al-Chaafid; der Erniedriger (der Hochmütigen), al-Muntaqim, der gerechte Vergelter und al-Qabid, Der, der „zusammenzieht“. Und, er ist al Hayy, der Lebendige!

    Als Muslime finden wir uns also in jedem Seelenzustand Gott in einer Seiner Eigenschaften nahe. Wir erkennen IHN in uns selbst, wissen uns in jedem Zustand in IHM aufgehoben, wissen, dass wir Teil Seiner gesamthaften Schöpfung, Seines Plans, Seiner Bestimmung sind; dass wir dem nicht entkommen können ausser durch vermehrte Hinwendung zu IHM. Wir suchen Zuflucht VOR Ihm BEI Ihm. Und wir machen uns in einem „zweiten Schritt“ daran, in Anerkennung unserer Lichtnatur, unseres „höheren Selbst“, sowie unter Befolgung göttlicher Gebote uns in diesem den Weg zu Gott zu „bahnen“, es zunehmend in unser (profanes) Leben zu integrieren. Dazu dienen uns die Anleitungen aus dem heiligen Qur’an und der Sunna (Gepflogenheit) unseres Propheten – und hat man sich einmal auf diesen Weg gemacht, seinen Inhalt „geschmeckt“, wird man sich nicht mehr so leicht davon abwenden.

    Himmel und Hölle sind Wirklichkeit. Wirklichkeit zuallererst in uns selbst. Die Abwesenheit des Göttlichen in uns selbst bezw. unsere eigene Unfähigkeit, Zugang zu ihm zu finden, können wir als überaus schmerzhaft und quälend empfinden, unter Umständen wohl als „höllisch“. Dessen Integration in uns selbst und unser Leben jedoch - die letztendlich nur mit Gottes Hilfe geschehen kann, wohl aber auch durch unser aktives Zutun - weist ebenso real auch auf unsere „himmlische Natur“ hin. Haben wir uns einmal ernsthaft auf den Weg zu (unserer Ganzheit in) Gott gemacht, werden wir ganz verschiedenartigen Aspekten in uns selbst gewisslich begegnen. Allein der Glaube kann den Mut und die Entschlossenheit, auch die „Fertigkeit“ verleihen, sich allen Prüfungen zu stellen, allen „inneren Dämonen“ zu begegnen, die einen auf diesem Weg herausfordern mögen. Nur unter dem Aspekt des Göttlichen macht diese Reise Sinn, nur im Verlangen nach SEINER Präsenz in unserem Leben werden wir die vielen mühseligen Schritte vom „niedrigen Selbst“ (arabisch „Nafs“)zum „höheren“ begehen, werden vielleicht auch mögliche Sprünge in die Weiten unserer „himmlischen Natur“ wagen, werden in demütiger Akzeptanz unseren Weg durch Leid und Freude hin zu IHM bahnen. Und darauf hoffen, darum bitten, dass ER unsere Anstrengungen vervollständigt.

    In Sure 5, Al Maida, Ayat 6 heisst es u.a.:
    … Allah will euch keine Bedrängnis auferlegen, sondern Er will euch reinigen und Seine Gunst an euch vollenden, auf daß ihr dankbar sein möget.


    So „einfach“ wäre das eigentlich….



    P.S. eine nette Geschichte von Martin Buber zu dem Thema, leider nur in einem Forum gefunden:
    http://herzenssache.org/forum/geschichten-und-parabeln/1472-der-engel-und-die-weltherrschaft.html


    Und, für diejenigen mit Flair für Poesie ein kurzes Gedicht von R. - M. Rilke:

    Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen
    Die sich über die Dinge zieh‘n
    Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen
    Aber versuchen will ich ihn…


    *)Aniela Jaffè : „Erinnerungen, Träume, Gedanken von C.G. Jung“, Walter Verlag, S.46 ff

    M.M.Hanel hat folgendes geschrieben: Siehe auch den Artikel von Schwester S.A.M. "Warum gibt es Leid auf der Welt?" unter: http://www.iphpbb.com/board/ftopic-43715060nx17898-51-45.html#1320



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 27.11.2011, 16:50


    Die armen Schweine von Grenchen.


    von Amira Hafner-Al Jabaji, Samstag, 26. November 2011 um 10:41


    Zitat: Michael Muhammad Hanel Ausgezeichnet, liebe Amira ... sag, ist diese Notiz öffentlich, damit man einen LINK drauf setzen kann? Hätte das gerne im GSIW Newsletter getan.
    vor 19 Stunden · Gefällt mir.

    Amira Hafner-Al Jabaji Danke Muhammad! Ja ist öffentlich und ich bitte sogar ums Teilen! Vielen Dank!

    http://www.facebook.com/notes/amira-hafner-al-jabaji/die-armen-schweine-von-grenchen/10150372814371326?notif_t=note_reply

    Wir erinnern uns an die SVP-Hetze vor einigen Wochen: „Kosovaren schlitzen Schweizer auf.“ Subjekt – Prädikat – Objekt. Simpler Inhalt spiegelt sich in sprachlicher Einfachheit. Subjekt sind die Täter, Objekt die Opfer, das Handeln ist im Aktiv formuliert.

    Wir erinnern uns an die Schlagzeilen vor zwei Wochen: „Moschee-Bauland mit Schweinefleisch „kontaminiert"“‎(aare24.ch), „Schweinekadaver auf Moschee-Gelände vergraben“ (Tagesschau SF). Kein Subjekt, keine Täter, und wenn doch, dann sind es „Unbekannte“ (NZZ), die nicht näher zu bezeichnen sind. Wo keine Täter, da auch keine Tat. Die Schweine selbst werden zu den Tätern, die den Boden verunreinigen. Die Tat selbst im Passiv formuliert. Opfer und somit Objekt sind nicht Menschen, nicht Muslime. Nein, der zu bebauende Boden ist Ziel der Tat.

    So wirkt Sprache. Entweder scharf bestimmend, deutungsfrei und apodiktisch oder wage, schwammig, verharmlosend. Sprache ist Spiegel des Denkens und der Haltung. Die inhaltliche Berichterstattung „zum Vorfall“ unterstreicht die Mainstream-Optik. Da wird die Frage, ob denn nun aus islamischer Sicht das Land für den Moscheebau noch taugen würde, ins Zentrum gesetzt und nicht, wie es zu erwarten wäre, die Tat und ihre kriminellen Verrichter. Es ist die Optik der Täter, die von den Medien übernommen wird. Das Bekennerschreiben wird mindestens auszugsweise veröffentlicht. Die Kriminellen dürfen sich sich einer hohen Publizität ihres kranken Hasses und ihrer „Protestaktion“, die nichts anderes als Selbstjustiz eines Mobs ist, gewiss sein. Sie selbst und ihre niederträchtige, rassistisch und muslimfeindlich motivierte Handlung sind kaum eine Zeile wert.

    Wir erinnern uns an den Anschlag und das Massaker in Norwegen, an die Meldung in der letzten Woche, dass die muslimfeindlichen Straftaten in den USA innert eines Jahres um die Hälfte zugenommen haben, an zehn kaltblütige Morde in Deutschland, verübt durch Rechtsradikale vornehmlich an Türken.

    Es ist Zeit Tachles zu reden, die Dinge beim Namen zu nennen und die richtigen Fragen zu stellen! Wie gross ist die kriminelle Energie, die die Täter aufwenden, um ein legales wie legitimes Anliegen von Muslimen zu torpedieren? Diesmal wurden „nur“ Schweine geopfert und Land geschändet. Was kommt als Nächstes? Ob solchem müsste nicht nur jedem Muslim in diesem Land, sondern jedem Menschen mit dem geringsten Funken an Unrechtsbewusstsein das Blut in den Adern gefrieren.

    Niemand will etwas gesehen haben. Niemand will etwas wissen. Die Suche nach den Tätern sei äusserst schwierig, sagt die Polizei. Keiner kennt die armen Schweine. Wären sie als Steak auf den Tellern, anstatt als Kadaver auf dem Boden gelandet, könnte ihr Weg lückenlos von ihrer Geburt bis zur letzten Metzgereiverkaufsstelle zurückverfolgt werden.

    Wir erinnern uns: Niemand wollte etwas gesehen haben. Niemand wollte etwas wissen.

    Das Bekennerschreiben, trägt den Poststempel vom 10 November.

    Wir erinnern uns: Am selben Datum vor 73 Jahren brannten in der „Reichskristallnacht“ in ganz Deutschland Synagogen.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 30.11.2011, 23:54


    Bismillah

    Die implizite Ordnung
    von Schwester S.A.M.

    Als Kinder haben wir gespielt. Mit Puppen oder mit Soldaten, einzeln oder in Gemeinschaft haben wir uns in Welten der Möglichkeiten begeben, Situationen improvisiert, Unmögliches möglich gemacht, Mögliches in allen Variationen durchgespielt. Mit Legos, auch mit Steinen, Ästen und Zweigen, oder Überbleibseln ausgedienter Gebrauchsgegenstände kann man Phantasiegebilde bauen, hier noch ein Trakt, dort noch ein Fenster, eine Tür, da eine kleine „Festung“ in der man sich verbarrikadieren kann. Im Spiel mit anderen misst man ausserdem die eigenen Kräfte, testet, wie weit man gehen kann, wie man sich durchsetzt, welche Taktiken sich wie auswirken. Spielen ist wichtig um zu lernen, mit allen nur vorstellbaren Situationen und Verhaltensweisen zurechtzukommen, sie erst mal – zumindest in der Vorstellung – zu erfahren, das heisst, zu improvisieren, und so etwas über sich selbst, seine eigenen Verhaltensweisen, sein Potential zu erfahren, es wenigstens zu erahnen und vorsichtig zu erkunden. Im Spiel lernen auch junge Tiere, (wir können es zum Beispiel an jungen Katzen gut beobachten), wie sie sich im „Ernstfall“ sinnvoll und gewandt verhalten mögen. Dies wurde vom erhabenen Schöpfer so - wie alles andere auch – auf überaus weise Art eingerichtet: nichts könnten wir ohne das Spiel lernen, nie würden wir die nötige Leichtigkeit gewinnen, die für den Erfolg bei dem, was wir später den „Ernstfall“ (in dem es um Leben oder Tod/ Erfolg oder Untergang gehen kann) bezw. schlicht „Problemlösung“ nennen, vonnöten ist.

    Nun kann man es aber mit dem „Spiel der Problembewältigung“ auch übertreiben. In der heutigen Welt haben wir uns Möglichkeiten geschaffen, die es erlauben, unser „Spiel“ fast endlos weiterzuspinnen, die Anwendung in derjenigen Wirklichkeit, die es jeweils anpeilt, immer länger hinauszuzögern. Die „Spielart“ wird verfeinert, Probleme werden geschaffen um wiederum Lösungen dafür zu finden, welche – vorerst - in (immer) weitere Entfernung zu rücken scheinen. Sehr anschaulich ist dies in der militärischen Entwicklung zu beobachten. Wir haben Kriegsgeräte zur Verfügung, die unsere Erde um ein Vielfaches auslöschen könnten, kämen sie zur Anwendung. Schon jetzt richten sie Schreckliches an, wo immer sie – in ihren „milderen Variationen“ - angewendet werden, dennoch wird immer weiter gesponnen, weiter verfeinert, perfektioniert, mit dem Endergebnis Handel getrieben. Die Möglichkeiten im Gesundheitssystem sind auch von grosser Vielfalt, technisch sowie chemikalisch hochentwickelt. Ob ihre Anwendung dem Menschen als Ganzem jeweils entspricht und zuträglich ist, ihn nicht oft im Gegenteil noch kranker macht, bleibt dennoch oft fraglich. Wenn wir in einem Grossbetrieb arbeiten, werden wir feststellen, dass bevor elementare Dinge – die eigentlichen Dienstleistungen – zur Anwendung kommen, eine Lawine von mündlicher, schriftlicher Vor- und Nacharbeit dahinter steht, die die Zeit und das Potential aller Menschen, welche insgesamt in den Prozess involviert sind, zu einem überwiegenden Teil beansprucht. Dieses gesamte „Drumherum“ hat zwar gesamthaft immer den „eigentlichen Fall“ vor Augen, handelt aber lange nicht direkt an ihm sondern redet, plant, überlegt und „spielt“ vorerst aus ungezählten Winkeln heraus ausgiebig die möglichen Variationen durch. Das eigentliche Objekt wird zwar - in weiten Kreisen - umkreist, wie eine Beute vom Raubtier umkreist wird – aber es scheint, dass die „Beute“ bezw. das im Zentrum stehende Objekt für den Einzelbeteiligten jedenfalls zunehmend an Bedeutung verliert und die „Freude am Umkreisen“ zum eigentlichen, zum Selbstzweck wird! Ist doch der einzelne Beteiligte sehr oft damit überfordert, das Ganze jeweils in all seinen Aspekten und Ausprägungen vor Augen zu behalten – und somit auch den Sinn und Zweck seiner eigenen Aktivität im Prozess ganzheitlich zu begreifen. Natürlich wird jeder Beteiligte seine jeweilige Rollenübernahme keineswegs als „Spiel“ empfinden sondern als Problembewältigung und daher als „Ernst“. „Ernst“ sowohl was das Endergebnis seiner eigenen Arbeit darin als auch was den Erwerb seines – und evtl. seiner Nächsten – Lebensunterhalt betrifft. Und natürlich wohnt jeder Sache tatsächlich ein „ernster“ Kern inne – im Sinne eines von Wirklichkeit, Echtheit, nur leider kreisen wir oft um die eigentliche Wirklichkeit herum ohne sie zu erreichen, mit einzubeziehen. Und so gesehen kann man sehr wohl eine in ihrer letzten Konsequenz sinnentleerte oder sinnverminderte Aktivität durchaus als „Spiel“ und „Zeitvertreib“ bezeichnen.

    Im heiligen Qur‘ an heisst es in Sure
    6:32: Das Leben in dieser Welt ist wahrlich nichts als ein Spiel und Vergnügen. Und wahrlich, die Wohnstätte des Jenseits ist für jene besser, die gottesfürchtig sind. Wollt ihr (das) denn nicht begreifen?
    57:20: Wisset, daß das Leben in dieser Welt nur ein Spiel und ein Tand ist und ein Gepränge und Geprahle unter euch, und ein Wettrennen um Mehrung an Gut und Kindern. Es gleicht dem Regen (der Pflanzen hervorbringt), deren Wachstum den Bebauer erfreut. Dann verdorren sie, und du siehst sie vergilben; dann zerbröckeln sie in Staub. Und im Jenseits ist strenge Strafe und Vergebung und Wohlgefallen Allahs. Und das Leben in dieser Welt ist nur eine Sache der Täuschung.

    Hier wird also das Leben in dieser Welt tatsächlich als „Spiel“ bezeichnet, „nichts als Spiel und Vergnügen“ sogar, und als „Sache der Täuschung“. Wir werden darauf hingewiesen, dass das Reale, Wirkliche, Eigentliche nicht in ihr, in dieser Welt zu finden ist. Dass jene Wirklichkeit (darüber hinaus) uns zwar zugänglich sein muss – denn sonst könnte es wohl auch nicht „strenge Strafe und Vergebung und Wohlgefallen Allahs“ geben, aber eben nicht per se in den Abläufen dieser Welt zu suchen und zu finden ist!

    Es heisst im heiligen Qur’an nun auch:
    Sure 21:16: Wir erschufen den Himmel und die Erde und was zwischen beiden ist nicht zum Spiel.

    Wir schliessen daraus: Wenn wir uns nur mit dem Weltlichen, Spielerischen, Trügerischen mit dem Hin – und Herschieben von Gegenständen und Möglichkeiten befassen, dann verpassen wir den wahren Sinn unseres Lebens. Das, was uns „wirklich“ vorkommt, wird, ohne jenen Spiegel im EIGENTLICHEN zur Illusion!

    In Sure 21 (die Propheten):
    17. Hätten Wir Uns einen Zeitvertreib schaffen wollen, so konnten Wir ihn wohl mit Uns treiben, wenn Wir das überhaupt wollten.
    18. Nein, Wir schleudern die Wahrheit wider die Lüge, und sie zerschmettert ihr das Haupt, und siehe, sie vergeht. Und wehe euch ob dessen, was ihr aussagt!
    19. SEIN ist, wer in den Himmeln und auf der Erde ist. Und die bei Ihm sind, die sind nicht zu stolz, IHM zu dienen, noch werden sie müde;

    Wir befinden uns also durchaus in einer sehr ernstzunehmenden Lage: sind wir nicht imstande, uns der Wahrheit anzuschliessen, uns IHM anzuschliessen, unsere Taten durch unsere Auseinandersetzung mit IHM, dem Inhaber der Wahrheit zu tränken, zu edeln - beziehungsweise sie durch Ihn veredeln zu lassen, werden wir in letzter Konsequenz zu jenen gehören, denen KEIN ERFOLG beschieden ist – auch wenn wir es erreicht haben mögen, den Gegenstand unserer Beschäftigung zu einem guten Ende in dieser Welt zu führen. Verlieren wir unser eigentliches Endziel aus den Augen, sind unsere Taten nichtig und werden von der Wahrheit „zerschmettert“, vergehen!

    Wir werden auch darauf hingewiesen, dass „Himmel und die Erde und was zwischen beiden ist nicht zum Spiel“ geschaffen wurde – dass es also etwas gibt, das KEINE „Sache der Täuschung“, also auch kein „Spiel“, kein „Zeitvertreib“ ist!

    Auch reicht es gemäss dem heiligen Qur’an nicht aus, als „Gutmenschen“ alles Irdische „richtig machen“ zu wollen, wird uns doch in Sure 18: 103 - 104 gesagt:

    103 Sag: Sollen wir euch Kunde geben von denen, die im Hinblick auf (ihre) Werke (dereinst) am meisten verlieren?
    104 (von denen) deren Eifer im diesseitigen Leben fehlgeleitet ist, während sie meinen, sie würden es recht machen (annahum yuhsinuuna sun`an)?

    Wie „finden“ wir also dieses Eigentliche, das Wirkliche?

    „Das/DER Reale“ bricht immer dann in unser Leben ein, wenn wir uns mit den „grossen Themen“ konfrontiert sehen, die uns als ganze Menschen ergreifen wie grosse Freude, Liebe – Trauer, Verzweiflung; Beschenktwerden (Dankbarkeit) – Verlust; Geburt - Tod. Lässt sich also vor allem dann erfahren, wenn wir uns überwältigt fühlen, unsere menschliche „Macht“ und „Kontrolle“ ihre klaren Grenzen offenbart. Wenn wir zum „Zuschauer“ werden eines Geschehens, das ausserhalb unseres Steuerungsvermögens liegt. Wenn wir verstummen, zur Ruhe kommen, aufgeben, uns ergeben, vom Tun ins Sein und damit in den Frieden finden.

    Die Esoteriker bezeichnen diesen Urgrund, in den wir dann fallen dürfen zum Beispiel als „reine Bewusstheit“ oder als „das Selbst“. Im Bereich der Quantenphysik – in welchem man wirklich höchst interessante Parallelen zum tiefen menschlichen Erleben entdeckt! – kennt man den Begriff der „impliziten Ordnung“ (geprägt von David Bohm), die allem Geschaffenen zugrunde liegt, die „Nicht – Form, aus der Energie und Form erschaffen sind“!

    Menschen haben diese „Nicht – Form“ seit Urzeiten als ein „Du“ erkannt, als etwas, das zwar alle Dinge durchdringt (Qur’an Sure 4: 126), aber doch auch „anders als die Schöpfung“ ist und haben diesem – in Anlehnung an die Offenbarungen - die Bezeichnung „Jahwe“ „Gott“, „ALLAH“ gegeben. ER wird - im Islam und zuvor in jeder anderen unverfälschten Religion – als DIE Kraft beschrieben, die allem Leben zugrunde liegt, allem was es an Formen und Inhalten, Möglichkeiten und Ereignissen gibt. ER alleine ist Inhaber von Macht und Kraft, von Wirklichkeit im eigentlichen Sinn. Nur aus SEINER Quelle können wir schöpfen. ER ist ALLAH, der Wirkliche (al Haqq) Der Lebendige (al Hayy) Ewigwährende(al Qayyum) und somit Ursprung und Heimkehr alles Wirklichen. Alleine in Bezug zu IHM gewinnen unsere Handlungen an beständigem Wert, an Echtheit, Wahrheit, Substanz. ER ist der Schöpfer unseres „Spiels“ sowie der Spielregeln. Erst durch die Befolgung Seiner Gebote – die ER uns durch Seine Propheten offenbart hat - bewegen wir uns auf dem Boden der ganzheitlichen Wahrheit und finden immer wieder aus dem heraus, was im Arabischen als „wahm“ bezeichnet wird und was als unsere Vorstellungswelt, die der Illusion, bezeichnet werden kann. In IHM alleine finden wir FRIEDEN.

    Wir dürfen und wir sollen spielen, sollen unsere Möglichkeiten in von Gott erlaubten Bahnen ausschöpfen, sollen Probleme lösen, uns über uns selbst und die Welt unsere Gedanken machen. Dazu sind wir hier. Aber wir sollen dabei nicht unseren Bezug zum Schöpfer und den Ursprung allen Seins aus dem Blick verlieren. Sollen uns der relativen Beschaffenheit alles Weltlichen bewusst bleiben. Sollen nicht SCHEIN mit SEIN verwechseln. Sollen die Lösung für unsere Probleme nur sehr bedingt in unserer eigenen Hand wähnen. La hawla wa La Quwwata illa biLLah – das ist ein oft gebräuchliches „Dhikr“ („Mantra“) für Muslime.

    Und letztendlich sagt uns der Qur’an in Sure 55, al Rahman: Alles, was auf ihr (der Erde) ist, wird vergehen. (26) Aber (nur) das Angesicht deines Herrn verbleibt, Eigner der Majestät und der Ehre. (27)



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 21.12.2011, 14:45


    DIE GESCHLECHTERFRAGE im ISLAM - eine west-östliche Perspektive
    von Rifa'at LENZIN

    http://www.zuercher-lehrhaus.ch/cms/upload/docs/Migration_Integration.pdf
    www.islamheute.ch/Geschlechterfrage_Lenzin.pdf

    Zwei Fragestellungen bestimmen nahezu ausschliesslich den euro-amerikanischen Blick auf die nicht westliche und insbesondere islamische Welt, nämlich:
    Wie hält man es dort a) mit der Demokratie und b) mit den Frauenrechten? ...

    Rifa'at Lenzin in: Gudrun Biffl (Hg.), Migration & Integration. Dialog zwischen Politik, Wissenschaft und Praxis, Bad Vöslau 2010, 105-110



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 21.12.2011, 15:15


    "Gebrochene Identitäten"
    von M.M. HANEL für LAMED

    Ein Titel, zuerst widerwillig gelesen - denn wer möchte sich in seiner Identität, in seiner Persönlichkeit "gebrochen" sehen – der aber bei zweiter Betrachtung sogleich Perspektiven eröffnet, welche einerseits doch eingehender beschrieben werden mögen, andererseits offenbare Aufmerksamkeit erregen, Interessen wecken und möglicherweise sogar neue Einsichten erschließen.

    Als einer, der sich selbst in leicht fortgeschrittenem Alter, noch lange nicht scheut, als Sucher nach Endgültigkeit seine Bestimmung zu finden, ist es mir intellektuelle Pflicht, jene Begriffe, die es mit nachvollziehbarer Verständlichkeit zu bekleiden gilt, auf allerlei Art und aus mancherlei Winkel zu betrachten.

    Die Identität des Menschen, seit Anbeginn menschlicher Selbstreflexion, Objekt geistiger Betrachtung, tatsächlicher Erkenntnis - vielleicht sogar hauptsächlich - aus eigenem Trieb oder fremder Versuchung befeuerten illusionären Betrugs – was oder wie ist sie wirklich?

    Ist sie etwas, das als fest in sich selbst ruhend definiert werden kann oder ist sie, Hellers Wortbild gedenkend: "eine Wirklichkeit, sie dreht sich still, sie dreht sich stumm (mitunter auch etwas laut), nach andern Wirklichkeiten um"?

    Eine Frage, die ich mir – und gut kann ich mich daran erinnern – zwar nicht so explizit formuliert, schon als Junge gestellt habe. Denn schon bevor ich den prägenden Kindergarten zu besuchen hatte, machte ich die Erfahrung, dass manchmal meine eigene unschuldige Sicht auf mich selbst, jener diametral entgegenstand, welche die mich formenden und formen wollenden Erwachsenen zum Ausdruck brachten.

    Kurz: BIN ich, wie ich mich selbst erlebe oder bin ICH, wie Andere mich sehen?
    Kurz: natürlich war und bin ich immer noch ICH, wie ich mich in ständiger Entwicklung begriffen, Veränderung, Erweiterung, Freude, Enttäuschung und stetigem Auf und Ab wahrnahm und nehme.

    Aber gewiss war ich nicht das SELBST, das Erwachsene durch ihr fortgeschrittenes Hegen und Pflegen eig'ner, blindgefleckter, schmerzgeprägter, uneingestandener Befindlichkeit wahr(zu)nehmen (ver)mochten.
    Und da haben wir ihn erneut entdeckt, den vermaledeiten Balken im Auge der Betrachtung des Nächsten. Menschen haben, die einen mehr, die anderen eben weniger, keine andere Wahl, als die Identitäten ihrer Nächsten durch ihre, man verzeihe den Ausdruck und verstehe ihn richtig, beschränkte, wahrlich unvollkommene Wahrnehmung der Wirklichkeit, in bestimmtem Ausmaß sogar tatsächlich WAHR zu machen.

    Allerdings und zum Glück – GOTT – und nur IHM, gebührt der Dank dafür, weder absolut, noch endgültig!

    Doch vorerst genug theoretischer Spekulation, und konkreter Rückbesinnung auf persönlichen Wandel nachgefragter Identität sei nun gebührend Platz gegeben.

    Die Zeit meiner frühen Kindheit verbachte ich weniger bei meinen berufstätigen Eltern, als vielmehr bei unseren Nachbarn, Onkel Max und Tante Luise.
    Onkel Max, so nannte ich ihn, den ehemaligen Volksschuldirektor, begnadeten Musiker, Philosoph und Philologen, dem ich gewissermaßen wohl Ersatz für seinen im Krieg gefallenen Sohn und daher nie geborenen Enkel war – und auch mir war er wie ein wunderbarer Opa - hatten doch meine leiblichen Großväter ebenfalls dem gewaltigen, Nationalidentität stiftenden Unterfangen, dem zweiten Weltkrieg ihr Leben geopfert. Der gute Onkel Max – schon bevor ich selbst lesen konnte und erst recht danach, führte mich ein in die Welt der Sagen, Geschichten, Mythen und Märchen aus aller Welt und allen Epochen und lieferte mir damit auf leichte, vielleicht auch träumerische Weise die ersten Werkzeuge und Bausteine, nach eigenem, gutem Dünken an der Ausbildung einer individuellen, von mir selbst gewünschten, ganz eigenen Identität zu wirken. Welch ein Lebensabschnitt, voller Erfahrungen, die mir heute noch lebendig sind, wie schnell war er vorbei.

    Als etwa sieben Lenze ich vollendet hatte, wurde meine weitere, wahrhaft identitätsprägende Laufbahn von meinem liebsorgenden Umfeld geplant, organisiert und gesellschaftlich anerkannter Ordnung folgend, konsequent umgesetzt.
    Eine professionelle musikalische Ausbildung sollte ich erhalten. Warum? Man sah in mir den offenbar "geborenen" Sänger-Knaben. Von Onkel Max wurde ich gewissenhaft dazu ausgebildet. Auch wenn ich durchaus geneigt war, mich unter den musischen Typus reihen zu lassen, wollte diese, mir dennoch fremde, derart konkrete musikalische Identität so gar nicht passen, brach sie doch mit dem, was ich selbst für mich, wenn auch noch nicht konkret, im Sinne hatte. Auch die parallel stattfindende Ausbildung bei Eva S., der angesehensten Gesangslehrerin der Stadt ließ mich die Erfahrung machen – ein junger Mensch hat kein Selbstbestimmungsrecht, sondern das Recht bestimmt zu werden – so lautet hiesiges Gesetz. Mich dieser Erkenntnis fügend, nahm ich die Herausforderung an und beschloss, nolens volens, ein guter Musikus zu werden und mich zum Wiener Sängerknaben formen zu lassen. Doch Frau Christ, meine Primarschullehrerin, nächsten- und kinderliebend wie sie war, verhinderte beinahe meine künstlerische Laufbahn.
    Statt der, für die Aufnahme in den erlauchten Kreis der singenden Botschafter Österreichs erforderlichen Schulnote "gut", bestand sie darauf, mir nur ein "befriedigend" im, wiederum gebrauche ich diesen Begriff, Nationalidentität vermittelnden Lehrfach "Heimatkunde" auszustellen. Der Vorfall wird hier deshalb erwähnt, weil nach erfolgreich bestandener Aufnahmeprüfung im Ferienlager der Sängerknaben ich noch nach meinen schulischen Noten befragt wurde – und, heute noch bin ich erstaunt über die selbstbestimmende Kühnheit, ja Dreistigkeit des achtjährigen Knaben, den Weg aus elterlichem Hause über eine Lüge zu wählen (und ich kann mich nicht erinnern, jemals zuvor gelogen zu haben). Denn auf die Frage nach der Note in "Heimatkunde" antwortete ich ohne Zögern: "gut". Natürlich hatten die Professoren mein Zeugnis schriftlich vor sich liegen. Doch dieses, ganz offensichtlich selbstbewusste Bekunden eigenen Willens, schien für sich genug zu sprechen. Und so verbrachte ich die nächsten 5 ½ Jahre in einem Bubeninternat. Eine kurze, stichwortartige Beschreibung des gesellschaftlichen Umfeldes, innerhalb welchen ich mich nun zu entwickeln, zu entfalten hatte, möge genügen, den Identität stiftenden Charakter desselben zu verdeutlichen. Professionelle, disziplinierende, auf höchstem Niveau stattfindende fachliche Ausbildung stand einer, sich mehr oder weniger selbst überlassenen Auseinandersetzung zwischen männlichen Kindern und Jugendlichen zwischen 8 und 15 Jahren gegenüber. Es gab zwei Regeln. Der Älteste und der Stärkste hatte das Sagen – und hinzu kam, der gesanglich Beste hatte den Neid und Eifersucht seiner konkurrierenden Kollegen zu ertragen. Meine Identität formte ich mit aller Kraft und nicht minder wurde sie durch die Tatsache geformt, dass ich im Laufe meiner Sängerknabenkarriere sowohl der Chorälteste wurde und als Erster Sopransolist die erste Position in der Rangordnung einzunehmen hatte … der "Schwingerkönig" war ich vom ersten Tage an in meinem Kreise ohnehin gewesen.

    All dies erwähne ich, nicht um in eitler Selbstgefälligkeit mein Curriculum vor aller Öffentlichkeit auszubreiten, sondern um anhand dieser und noch folgender Beispiele zu verdeutlichen, dass durch solcherart prägende Erfahrungen sich die unmissverständliche Erkenntnis aufdrängt, dass aufgrund der eklatanten Unterschiede zwischen eigener Selbstwahrnehmung und der Wahrnehmung durch Andere, es heute eine tatsächlich für unsere Spezies überlebensnotwendige Forderung geworden ist, jegliche fixierende Identitätsbestimmung durch andere Menschen - und gäben sie sich noch so nächstenliebend, zu unterbleiben hat. Überlebensnotwendig deshalb, weil jegliche Fremdbeurteilung und Fremdbestimmung einer Minderheit über eine Mehrheit einzig in die, allenfalls kriegerisch zu nennende Auseinandersetzung führt, ja führen MUSS!

    Die individuelle Identität des Menschen, die eigene Würde IST ein unantastbares Gut und wird unter allen Umständen gegenüber jeglichem nicht autorisierten Angriff, jeglichem Versuch von außen definiert oder bestimmt zu werden, mit (im besseren Falle ritualisierter) Gewalt verteidigt werden.
    Aus Platzgründen sei an dieser Stelle dazu nur noch angemerkt: Die Spannung zwischen einerseits institutionellem, starrem sozialem Ordnungsgefüge und andererseits beinahe anarchistisch angelegtem und ausgelebtem Sozialverhalten unter Gleichaltrigen ist eine außergewöhnlich identitätsstiftende!

    Fünfzehnjährig, pubertierend und sozial völlig einseitig geprägt, wurde ich nach dem Verlassen des Knabeninstituts in jenes gesellschaftliche Umfeld rückgegliedert, welches für die meisten Jugendlichen beiderlei Geschlechts maßgeblich für die lebensbestimmende Ausbildung ihrer persönlichen Identität verantwortlich ist.
    Neuorientierung stand im Vordergrund. Doch wonach, nach welchem Vorbild sollte man sich ausrichten?

    Um den "Bruch der Identität" (übernehmen wir diesen Ausdruck ab jetzt ohne weiteren Widerwillen) welcher sich durch das Ablegen der Religion christlicher Prägung, durch die Übernahme islamischer Konzeption zum Ausdruck bringt, besser nachvollziehen zu können, werden noch folgende Begebenheiten erzählt.

    Mit siebzehn Jahren musste ich die siebte Klasse des Realgymnasiums wegen schlechter Noten wiederholen. Chemie und Latein hatte ich mit "nicht genügend" abgeschlossen. Das Verhältnis zu meinem Deutschprofessor drängte an den Rand der Tätlichkeit. Ließ er mich in seinem Fach doch alle Pein erleben, zu welcher ein Professor autorisiert ist, auch wenn er mich knapp passieren ließ. In den beiden folgenden Jahren bis zur Matura hatte ich den selben Chemielehrer und zwei verschiedene Professoren in Deutsch. Und was geschah nun für mich so wesentliches, was tut dies alles hier zur Sache?
    In Chemie schloss ich bei eben jenem Lehrer, der mir das Schulleben ein Jahr zuvor zur Hölle gemacht hatte, mit einem "sehr gut" ab, obgleich ich selbst genau wusste, dass ich um keinen Deut mehr chemisches Wissen hatte, als im Jahr davor. Und in Deutsch, unter beiden, darauf einander folgenden Professoren, wurde ich als außergewöhnlich begabt geführt und meine schriftliche Maturaarbeit wurde bis zum Landesschulrat hochgereicht.

    Welch Erkenntnis! Gleiches, eingestandenermaßen völlig mangelhaftes Wissen erzielte bei der gleichen Autoritätsperson völlig willkürliche Beurteilung; gleiches Talent wurde durch verschiedene Autoritätspersonen völlig konträr beurteilt!

    Nun die Lehr' aus der Geschicht', so schwer zu ziehen, war sie für mich nicht.

    Es gibt einfach keine absolut verlässliche Orientierung, welche Erwachsene heranwachsenden Jugendlichen zu bieten haben.
    Zu sehr spielen persönliche Vorlieben und Abneigungen eine Rolle und zu große, selbstherrliche Macht gibt sich der Große zu Lasten der Kleinen.
    Und so beschloss ich von diesem Zeitpunkt an, niemanden mehr ohne meine Zustimmung über meine Identität bestimmen, niemanden mehr über mich urteilen zu lassen. Ich krönte mich selbst zum allein bestimmenden Herrn und Souverän über mein Schicksal.

    Aus religiöser Sicht, sei sie christlich oder nicht, welch' arrogante, anmaßende Entscheidung, die zur Ausformung einer gelebten Identität führen musste, die in Wahrheit alles, jeden und sich selbst betrügt. Doch was wusste ich damals schon von Religion, was wollte ich damals schon von Religion wirklich wissen? Zu sehr war ich beschäftigt gewesen, mich gegen eine ausschließlich diesseitig ausgerichtete, mir von außen aufgezwungene Identität zur Wehr setzen, um sie beinahe nur gegen eine andere, vom verworfenen Herrn der Welt inspirierte, andere, nicht minder einseitige und ausschließlich diesseitig ausgerichtete Identität einzutauschen.
    Doch Gott ist groß und noch viel größer als alles, was der Mensch je erträumen und erdenken könnte.

    Und so führte mich in meiner Zeit als Student der Technischen Universität Wien, die meiner Selbstbestimmung absolut überlegene und auferlegte Bestimmung des Herrn aller Welten nach Rom, der alten Stadt, dem spirituellen Zentrum der westlichen Welt, einem der Zentren weltlicher Macht.
    Und die Begegnung mit einem Diener des Allmächtigen ließ meine selbsterwirkte Identität in ihren Festen tief erschüttern. Aller Kampf gegen jene, bis anhin mir bewusst nicht vertraute Macht, die man im Deutschen allgemeinen die göttliche nennt, die unerbittlich diese falsche Selbstidentifikation infrage zu stellen und Schritt für Schritt aufzulösen begann – diesen Kampf vermochte ich, so sehr ich mich auch bemühte, nicht zu gewinnen. Und wenn ich das Banner der Selbstbestimmung, der konsequenten Befolgung eigener Erkenntnis nicht fahnenflüchtig weit von mir werfen und aufgeben wollte, so blieb mir letztlich – und viele Jahre wogte dieser Kampf - keine andere Wahl, als dieses Banner dem einzig wahren Souverän, besiegt und doch von falscher Identität befreit, ergeben - als Muslim - zu übergeben.

    Und so brach ich denn wirklich mit meiner bisherigen einen, selbst ersonnenen Identität, befriedet und in Frieden, und brach auf mit einer neuen, der nun wirklich meinen; einer persönlichen Bestimmung, einer individuellen Identität, die ihre Vitalität und Berechtigung aus dem Willen und der Kraft des Allmächtigen bezieht und mir zu gedeihlichem Gebrauch in diesem Leben verliehen wurde.

    Und so versöhnt und (v)erklärt sich zum guten Schluss der leidige Arbeitstitel "gebrochene Identität" mit dem Bild einer Raupe ganz eigener Art, welche aus selbstgewirktem, wahrlich identitätsbestimmendem, selbstgesponnenem Kokon, hinein in ihr neues, natürliches Dasein bricht, um freudig wiegend im Spiel der Winde, im Wechsel, zwischen aus eigener Kraft und durch fremde Macht durch die Lüfte, durch Raum und Zeit getragen zu werden, sich dem Auftrag befruchtenden Schöpfungswerkes hinzugeben.

    Falsche Identität, wie tote Schale bricht, wenn wahres Leben bricht sich seinen Weg zum Licht!


    Hanspeter Ernst, Herausgeber LAMED hat folgendes geschrieben: Sie haben einen sehr persönlichen Essay geschrieben, der zum Nachdenken anregt. Denn obwohl persönlich, ist der Artikel exemplarisch, und das ist es, was ich mir von einem Artikel dieser Art auch erwünsche.
    Haben Sie herzlichen Dank dafür.

    Ihnen alles Gute.
    Mit freundlichen Grüssen verbleibe ich Ihr
    Hanspeter Ernst



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 03.01.2012, 11:50


    Bismillahi Rahmani Rahim

    "UMMAH - REFLEXIONEN"

    Die muslimische Gemeinschaft („Umma“) der heutigen Zeit kann wahrhaftig nicht als geeint und wohl genauso wenig als gesund bezeichnet werden. Will man sich für die Anliegen unserer Gemeinschaft und unserer Religion einsetzen, bekommt man dies auf breit gefächerter Ebene schmerzlich zu spüren. Grob vereinfacht kann man – jedenfalls hier bei uns im „Westen der Welt“ –vielleicht zwei schädliche Grundtendenzen der praktizierenden Muslime in religiösen Angelegenheiten erkennen: auf der einen Seite die Tendenz, leicht „rosa“ zu färben, nach aussen hin gewisse Dinge zu beschönigen im Sinne von „verniedlichen“, auf der Basis des wenigen Wissens, das uns in den jeweiligen nicht – arabischen Landessprachen auf breiter Ebene zugänglich ist, den Islam zwar mit Begeisterung und Hingabe als den Segen zu erkennen und erfahren, der er ist, aber aufgrund geringem persönlichen Wissens und zu wenig gelebter (vorbildlicher) Praxis in eigentlich jedem Teil der heutigen Welt ziemlich „blauäugig“ an die Umsetzung - auch im Kontext des öffentlichen Bekanntmachens des Islam- zu gehen. Diese Grundstimmung ist – verständlicher und auch grundsätzlich entschuldbarer Weise – eine sehr verbreitete bei neuen Muslimen, sowohl bei „Konvertiten“, aber auch bei sehr vielen geborenen Muslimen. Man will in diesem Fall vorwiegend „nett“, verbindend wirken – durchaus ein Teil der islamischen Praxis – es stehen einem Werte im Vordergrund wie ein friedvolles und gegenseitig wertschätzendes Zusammenleben mit anderen Menschen, freundlicher Umgang, Barmherzigkeit im weitesten Sinne. Diese – auch im Islam - relevanten und wichtigen Anliegen stehen hier im Vordergrund.

    Unter der zweiten „Färbung“ sind diejenigen zu finden, welche – von mehr stürmischer, oft jugendlicher Begeisterung getragen - den Islam als Alternative zum bestehenden als „marodem“ und „degenerierten“ System identifizierend, möglichst rasch, radikal, „effizient“ ihr Ziel sowohl der persönlichen Hingabe als auch der Überzeugung (Missionierung?) Gleich – wie Andersgläubiger im mehr politisch gewichteten Sinne auf lautstarke, meist kämpferisch und provokativ anmutenden Weise zum Islam als Alternative erreichen wollen. Leider lässt sich diese Gruppe fast immer von denjenigen Muslimen „inspirieren“, die aus dem Islam eine Ideologie, ein „neuzeitliches politisches System“ gemacht haben, eines welches vieles davon schmerzlich vermissen lässt, was die traditionellen muslimischen Gesellschaften und Gelehrten an menschlicher und spiritueller Grosszügigkeit, Grossherzigkeit und Weitsichtigkeit aufwiesen. Dies mag sich auch aus dem Umstand ergeben, dass auf politischer Ebene auf den ersten Blick keine nennenswerten Alternativen zur obengenannten restriktiven ideologischen Version aufscheinen, enthebt die einzelnen Engagierten jedoch nicht ihrer Verantwortung, nach islamisch Ganzheitlichem, Stichhaltigem Ausschau zu halten.

    Sowieso als nicht mehr ganz junger Mensch und Muslim, der diese Tendenzen selbst im Ansatz durchlaufen haben mag (oder noch durchläuft) kann man für all jene möglichen menschlichen Empfindungsweisen und Lebensstadien der Menschen - und der Muslime im Speziellen - bis zu einem gewissen Grad Empathie aufbringen. Es sind hier vorwiegend durch menschliche Gefühle- also EMOTIONAL begründete und geprägte – Haltungen, leider jeweils untermauert von einem Mangel an echtem Wissen über die Sache unserer Religion. Und es gibt wohl keinen von uns Muslimen hier in der Schweiz, auf den dieser letztgenannte Mangel nicht wenigstens bis zu einem gewissen Grade zutrifft, auch keinen, der sich daher nicht – vielleicht immer wieder abwechselnd und anders gewichtet – zumindest ganz am Rande einer dieser zwei Gruppierungen zuordnen liesse.

    Emotionen nun sind Bestandteile jeglichen menschlichen Erlebens, Denkens, Handelns und das soll so sein. Im besten Falle geben sie in unserem Leben die „Begleitmusik“ ab – leiten sollten wir uns von ihnen nicht lassen. Wovon aber lässt sich der – vernünftige – Mensch leiten?
    Schon unser Prophet Muhammad (Gottes Friede und Barmherzigkeit sei auf ihm!) hat immer wieder auf die Relevanz des Wissens hingewiesen. Wissen soll man sich beschaffen, auch wenn man dafür nach „China reisen“ muss, der sich Wissen Aneignende soll sogar dem Gott Anbetenden überlegen sein (vorausgesetzt, die Anbetung ist auch Bestandteil seines Lebens!) Nun sollen wir uns Wissen allerdings, gerade wenn es um religiöse Dinge geht, nicht einfach „wild“ zusammensammeln, wie ein Pilzsucher, der keine Ahnung von Pilzen hat und sich dabei auf sein „Gefühl“ verlässt! Wie schön ist doch z. B. der Fliegenpilz und wie giftig aber! Genauso wenig aber, wie man jeden Pilz gefahrlos essen kann, soll man sich geistiges Gut einverleiben, ohne dessen Zusammensetzung genau zu beachten! Wie wichtig ist dies gerade bei religiös – spirituellen Gegenständen, die unsere Beziehung zu Gott, zu Allah – erhaben ist Er – prägen, die unser Menschsein auf umfassendste, tiefgreifende, höchst subtile Weise aktivieren sollen. Nicht können wir unsere Gefühlslage per se steuern. Beeinflussen können wir sie jedoch wohl durch eine gesunde Herzenshaltung, klare Gedanken, eine optimale innere und äussere „Erziehung“!

    Wir kommen als Muslime in der heutigen Zeit nicht um zwei Fragen herum:
    • Warum befinden wir uns als Gemeinschaft unter den Menschen weltweit in der Position der Schwäche, der Erniedrigung, der Verwirrung, Überforderung? Eine Frage übrigens, die sogar Kinder stellen, sind sie denn wach und aufmerksam. Eine meiner Töchter hat es einst so formuliert: „Wenn Islam richtig ist, warum geht es dann den Muslimen auf der ganzen Welt schlecht?“ (War für mich damals gar nicht leicht zu beantworten, hat mich aufgerüttelt und – bis heute - zum Nachdenken und - forschen angeregt, will man doch Kindern ihre Fragen beantworten können!)
    • An welchen Wissensquellen, wollen wir uns bei der (Wieder -) Belebung des Religiösen, der Religion (in uns selbst sowie in der Gemeinschaft der Muslime) orientieren?


    Woran also krankt unsere Gemeinschaft?
    Der Krankheitskeim ist ein allem Leben auf der Erde innewohnender Bestandteil. Kein lebender Organismus ist frei davon. Es ist eine lebenslange Aufgabe, dieser vielgestaltigen Erscheinung in jedem menschlichen Bereich, auch im inneren, unsichtbaren, seelisch – geistigen immer wieder Herr zu werden, den Teil des Gesunden zu pflegen und instand zu halten soweit nur immer möglich, damit der Schaden nicht überhand nehmen kann. Dass „Krankheit“ im weitesten Sinne sich derzeit auf grossem Fuss auf unserem gesamten Planeten bis hinein in die Psyche der Menschen ihren Weg bahnt, ist offensichtlich. Als Muslime nun glauben wir, nein, wissen wir, das heisst, wir spüren sicher im Herzen, dass der Islam der grösste Segen, die umfassendste Rechtleitung für die Menschheit ist, dass der „Din“, (Glaube) des Islam dem Menschen auf optimale Weise zur Entfaltung auf jeder Ebene verhelfen kann. (Dies hatte ich so in etwa wohl auch meiner Tochter gesagt….) Wenn nun also die „Krankheit“ sich in unserer Gemeinschaft dermassen schwächend und verunstaltend ausbreiten kann, muss etwas ganz grundlegendes auch bei uns „faul“ sein, denn über Jahrhunderte ist der Zustand unserer „Umma“ sehr wohl den ganz „ normalen“ Schwankungen jeder menschlichen Gemeinschaft unterlegen, hat sich jedoch immer wieder stabilisiert – frische, schöpferische („Ur“- )Kraft und Erneuerung kam aus einer anderen Ecke der Welt, von einem anderen Volk, das reinigend und neubelebend auf die, wie jede menschliche Gesellschaft von Natur her der Degeneration ausgesetzte muslimische Gemeinschaft einwirkte. Heutzutage jedoch ist diese „Schwankung“ aus dem Ruder gelaufen.

    Bereits in anderen Aufsätzen habe ich in diesem Zusammenhang das Problem der wirtschaftlichen Abweichung von der Regel des Zinsverbots in allen abrahamitischen Religionen angesprochen und zu umschreiben versucht. Wir leben weltweit auf der Basis von ungedeckten, hoch verzinsten und verzinseszinsten „Schuldscheinen“ bezw. Leistungsversprechen: Wir versprechen, etwas zu leisten und erklären uns gleich auch noch bereit dazu, um dieses Versprechen überhaupt abgeben und einlösen zu dürfen, Zins und Zinseszins zu zahlen – dies ist die absurde Grundlage jedes Geldscheins, der die Bank verlässt, viel mehr an „Deckung“ ist wohl heutzutage nicht mehr übrig!* Daraus besteht die „Substanz“ unseres gebräuchlichen Papiergeldes. Es wird hier der grösste Betrug der Menschheitsgeschichte inszeniert aber jeder von uns macht mit, lässt sich willig täuschen/ausbeuten – leider auch ohne dass die grosse Mehrzahl auch der muslimischen Gelehrten hier eingreift und Grundlegendes klarstellt. Es genügt ja keineswegs, sich innerhalb des bestehenden Systems ein „zinsfreies Konto“ anzulegen, zu „sparen“, zu „spenden“, islamisch kompatible Aktienfonds zu gründen! Damit ist das Problem nicht bei der Wurzel gepackt! Gott sei Dank werden mittlerweile Stimmen laut, die dieses Problem in aller Klarheit beim Namen nennen, so kürzlich in Zürich, wo von einem renommierten Islamgelehrten gesagt wurde, dass eine der fünf Säulen des Islam eigentlich „gefallen“ sei, nämlich die der Zakat. Die Zakat ist die Pflichtabgabe auf Vermögen, die in Naturalien bezw. in vorhandenen (nicht erst versprochenen, noch inexistenten!) Waren – das heisst im Falle von „Reinvermögen“ dem (nächstliegenden) Gold oder Silber – bezahlt werden muss und nicht in Form dieser von allem Ursprung an mit Zins behafteten Liefer- und Leistungsversprechen** entrichtet werden kann! Und was solches für uns Muslime bedeutet, ist wohl nicht schwer zu erfassen – jedes Gebäude, dem ein Pfeiler fehlt, stürzt mit der Zeit ein, eben auch das hehre und eigentlich jedem Bereich des menschlichen Lebens Halt und Gleichmass verleihende Gebäude des Islam.

    Es bedarf eigentlich nicht viel an Vorstellungskraft, geschweigedenn (islamischer) Gelehrsamkeit, sich von Augen zu halten, wie das Leben von uns Menschen aussähe, wenn wir unsere wirtschaftlichen Aktivitäten beschränken müssten, wenn wir ohne diese immense Verschuldung auskommen müssten (man sehe sich die Zahlen für die weltweite Verschuldung im „Google“ mal an…), die zudem so hoch verzinst ist, dass eine Rückzahlung – auch bei strengstem „Gürtelengerschnallen“ - sogar in Jahrhunderten undenkbar ist. Abgesehen davon, dass wir weniger Güter zur Verfügung hätten, die dafür qualitativ viel hochstehender wären, gäbe es auch weniger Zerstörungspotential, wie technologisch hochentwickelte Waffen, Drogen, Ausschweifungen aller Art. Diese Verlagerung zu einem Mehr an Wertinhalt gegenüber einem Weniger an Menge würde sich wohl auch auf das menschliche Gefühls – und Innenleben sowie auf die Beziehungen der Menschen untereinander durchaus positiv auswirken. Nicht zu vergessen ist auch die Tatsache, dass mit dieser immensen Menge an „Geld“ auch eine beträchtliche (zumindest vorübergehende, scheinbare aber dennoch erst mal wirksame) „Macht“ verbunden ist – schon immer hat der Mensch diese beiden Faktoren als zusammengehörig betrachtet und sie für seine vergänglichen Gelüste auch missbraucht. Wenden wir uns also nicht gegen diesen unfassbaren Betrug und Missbrauch, sagen wir automatisch auch „ja“ zu derjenigen Macht, die dahinter steht – das heisst, wir haben unsere Eigenbestimmung aufgegeben!

    Einschub: Viele Muslime argumentieren, wenn es um das Zisverbot geht damit, dass es unrealistisch sei, sich aus dem bestehenden System „auszuklinken“, es „geht einfach (noch) nicht“! Man stelle sich zur Veranschaulichung aber z. B. vor, Zina, „Unzucht“ wäre unmittelbarer und verpflichtender Bestandteil z. B. jeder Einstellung an einem Arbeitsplatz. Würden wir damit auch so gelassen umgehen? Und hat unser Prophet – Gottes Friede und Barmherzigkeit sei mit ihm! – nicht deutlich gesagt, dass Zins (RIBA) in jeder Form x – mal schlimmer als „Zina“, also islamisch unerlaubte sexuelle Beziehungen, sei?!

    Die Verwässerung unserer Wissensquellen ist eine weitere Schwierigkeit auf unserem Weg als Muslime – jedenfalls für den wenig islamisch gebildeten Einzelnen. Einhergehend mit der Aufspaltung der Gemeinschaften in immer kleinere Einheiten sind wir zunehmend angewiesen auf „Medien“ anstelle von Menschen, die uns Wissen vermitteln. Im Fernsehen, Internet, (auch Youtube) in „Büchlein“, welche in allen Sprachen publiziert werden, wird uns u.a. „Islam“ auf verschieden geprägte Weisen nahegebracht. Auch hier ist zu beobachten, dass meist vor dem Hintergrund von vielen Worten eigentlich wenig von Substanz und von Relevanz gesagt wird. Selten jedenfalls bekommen wir jenes nützliche Wissen zu hören/lesen, das uns wirklich weiterbringen, zur Gesundung leiten könnte, verhältnismässig selten wird hier qualitativ Hochstehendes publik gemacht.

    Im Laufe der muslimischen Geschichte hat sich – auch aus einer ihrer degenerativen Phasen heraus und sich als Gegenkraft dazu verstehend – eine Gruppierung gebildet, die mit allem „Übel radikal aufzuräumen“ sich zum Ziel gesetzt hat. Sie entstand im Najd, einem Teil des heutigen Saudi – Arabien und wurde von Muhammad Ibn Abd al Wahhab ins (geistige) Leben gerufen, von der „Königsfamilie Saud“ erst mal im Weltlichen etabliert. Ihre Ausläufer und Ableger sind – obwohl längst nicht mehr alle der Saudischen Regierung treu - Gruppierungen von denjenigen Muslimen, die gerne, im Zuge ihrer „Aufräumarbeit“ etwas über die Stränge schlagen und vieles, das über Jahrhunderte von einem Korpus überaus gewissenhafter, herzensweiser, allgemein anerkannter und hochgelehrter und -geehrter Islamgelehrter („Ulama“) gutgeheissen oder zumindest als islamisch akzeptabel geduldet wurde, das auch entscheidend zur Entwicklung der muslimischen Kultur und Blüte beigetragen hat, als „verwerfliche Neuerung“ („religiöse Bid’a“ ) einstufen, vieles, das dem (Gott und seinen Propheten) liebenden Herzen oder dem neugierigen, intelligenten und wachen Verstand entspringt, als „Kufr“ (Glaubensbedeckung) oder gar „Schirk“ (Beigesellung von Anbetungsobjekten neben Gott) bezeichnen. Sie nennen sich „Salafisten“, wollen sich mit dieser Bezeichnung gerne in die Nähe der frühesten Muslime stellen und möchten ihre Auffassungen mit einer besonderen- geistigen und inhaltlichen - Nähe zu „Qur’an und Sunna“ rechtfertigen. Sehr vieles, was durch die Jahrhunderte an Wissen und Weisheit im islamischen Kontext gesammelt wurde, wird von ihnen auf rigorose, von nichts als grossem Unverständnis, auch Hartherzigkeit zeugende Art und Weise „über Bord geworfen“, „aussortiert“. Im Irrglauben, mit diesen stümperhaften Vereinfachungen der „Fitna“ entgegenzuwirken, das heisst, der Verirrung in das sich immer stärker entfaltende Weltliche, Materielle, richten sie grossen Schaden an! Es darf nicht sein, dass der Verirrung in ein Zuviel an Weltlichem durch eine Beschneidung im Geistigen sowie an Herzensweisheit begegnet wird – Gott behüte uns davor!

    Nun liegt es an uns Einzelnen, (uns) zu entscheiden und zu entschliessen. Es liegt vor allem anderen an uns, uns sehr genau zu informieren, darauf achtzugeben, was wir „sammeln“, uns einverleiben sowie nach aussen tragen! Wollen wir unsere Religion als diejenige Alternative anbieten und wiederherstellen, die sie sein kann, als die Zuflucht vor allem Schädlichen, die sie eigentlich wäre, als den gesunden Boden, auf dem sich ein Mensch bestens entfalten kann, kommen wir nicht darum herum, uns auch als einzelne Muslime um genügend umfassendes und authentisches islamisches Wissen zu bemühen - dieses bleibt keinem Muslim heutzutage erspart! Diejenigen von uns, welche eher auf der „sozialen“, „grosszügigen Seite“ sind, müssen unbedingt besorgt darum sein, dass sie ihren Ruf der Undifferenziertheit und Unwissenschaftlichkeit zu widerlegen vermögen. Den eher Politischen, den „Salafisten“ wäre ein Stück an menschlicher Nachreifung auf der Basis der entsprechenden Wissensquellen dringend nahezulegen!

    Unsere Absicht ist hier nicht, die Gemeinschaft der Gläubigen noch mehr zu entzweien, im Gegenteil wir möchten den Din al Islam wieder zu dem zu machen, was er sein soll, nämlich ein Gebäude, welches Raum und Weite für alle bietet, das jeden Gottgläubigen, Aufrichtigen willkommen heisst! Dies aber bedeutet anspruchsvollste „Restaurationsarbeit“, welche unseren höchsten Einsatz, unsere höchste Aufmerksamkeit erfordert. Die uns Mut und Entschlossenheit ebenso wie sorgsames Abwägen, Sensibilität, Reflexion wissenschaftliche Exaktheit und Hingabe an/Vertrauen auf Gott, Allah taala abverlangt.

    Möge ER uns dabei helfen!


    *bei Bedarf richtig stellen!

    **gemäss Definition M. Hanel

    M.Hanel hat folgendes geschrieben: Gott sei Dank werden mittlerweile Stimmen laut, die dieses Problem in aller Klarheit beim Namen nennen, so kürzlich in Zürich, wo von einem renommierten Islamgelehrten gesagt wurde, dass eine der fünf Säulen des Islam eigentlich „gefallen“ sei, nämlich die der Zakat. Die Zakat ist die Pflichtabgabe auf Vermögen, die in Naturalien bezw. in vorhandenen (nicht erst versprochenen, noch inexistenten!) Waren – das heisst im Falle von „Reinvermögen“ dem (nächstliegenden) Gold oder Silber – bezahlt werden muss und nicht in Form dieser von allem Ursprung an mit Zins behafteten Liefer- und Leistungsversprechen**

    Ja, korrekt ... doch folgenden Zusatz möchte ich nicht vorenthalten:
    Natürlich KANN/DARF Zakat nicht von Versprechungen (also unserem Papiergeld) entrichtet werden, sondern von "präsentem REALVERMÖGEN", die "über" die "Vermittlung" des Papiergelds geschaffen, produziert wurden.

    Sollte neben dem Papiergeld auch Gold und Silber als Zahlungsmittel verwendet werden, dann wird nat. von Gold und Silber Zakat erhoben,

    Und ... (Papier)-Geld ist nicht von allem Ursprung an (also quasi "natürlicherweise") von ZINS behaftet!
    Der Zins ist nichts anderes als ein absichtlich und letztlich willkürlich eingeführtes Machtmittel, welches von den "Geldmonopolisten" (realen Herrschern) eingesetzt wurde/wird,um Kontrolle über sämtliche Ressourcen und Transaktionen zu erlangen! Alle sogenannten "Zinstheorien" sind nichts anderes, als mehr oder weniger plausibel gemachte Märchen, welche ihre Plausibilität auf der, allen Menschen inneliegenden Egozentriertheit beziehen. DESHALB ist ein ZINSVERBOT von der absoltuen (von manchen ebenfalls als willkürliche Instanz bezeichneten) Macht = GOTT das einzig adäqate Gegenmittel (GEBOT), um dieses letztlich MENSCHHEITSzerstörende Mittel unschädlich zu machen ... doch ... wer mag dies nachvollziehen :?: :idea: !
    wal ASR ...



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 12.01.2012, 13:25


    Zum Abgang Hildebrands
    BAZ Kolumne von Daniel Vischer | 10.01.2012 07:18.

    http://www.daniel-vischer.ch/zum-abgang-hildebrands/


    Nüchterner, korrekter und daher guter Artikel :!:



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 01.02.2012, 14:01


    Bismillahi Rahmani Rahim

    Über die ABSICHT
    geschrieben von Sr. SAM

    Eine im Islam zentrale und fundamentale Komponente des „Din“ (der Religion) ist die Niyyat - die Absicht, die Ausrichtung. Jeder Tat geht eine Absicht voran und die „Tat ist der Absicht zugeordnet“ wie unser geliebter und geehrter Prophet - Friede sei mit ihm und der Segen Gottes – wiederholt betont hat. Sie ist der entscheidende Faktor bei jeglichen Taten, die „Grundpfeiler der Handlungen“. Wir werden also gemäss unseren Absichten beurteilt, werden sogar am Jüngsten Tag ihnen gemäss auferweckt werden. Jede Handlung wird entsprechend der ihr zugrunde liegenden Absicht bewertet, ist diese eine (überwiegend) „gute“, kann zumindest jede (im Islam) erlaubte ihr folgende Handlung Gottes Lohn nach sich ziehen, ist sie eine (mehrheitlich) schlechte oder fehlerbehaftete, unsaubere, kann keine noch so „gute“ Handlung in Verbindung damit dies „gutmachen“! Auch nicht ausgeführte Handlungen werden ihrer Absicht, dem zugrunde liegenden Wollen entsprechend gewertet – die gewollte Unterlassung übler Taten wird, trotz gegenteiligem Impuls dazu hingegen als volle gute Tat gezählt.

    Was ist eine „gute“ Absicht? Für den Muslim ist es ohne Frage so, dass jede gute Absicht die Absicht „FÜR GOTT“ handeln zu wollen, meint. Wir wissen, dass ER uns – und alles andere im Universum – erschaffen hat, dass wir zu IHM zurückkehren, und dass nichts ausser IHM von Substanz und von Bedeutung ist. Wir wissen auch, dass es so etwas wie das NICHTIGE, im heiligen Qur’an als „BATIL“ benannt, gibt, welchem wir uns vorübergehend illusorisch zuwenden können, das jedoch vergeht, sich unserer Realität entziehen wird und laufend entzieht – und es bleibt nur das Angesicht des Herrn der Majestät und Ehre (Sure 55: 27). Also ist der Muslim bestrebt, sein Tun und Denken, sein Handeln und seine Absicht auf Ewiges zu richten – in der Hoffnung, sich dadurch selbst dem Ewigen, Lebendigen anzuschliessen, in der Vereinigung mit dem Geliebten seine Heimkehr, seine Ankunft, Erfüllung zu erleben. Keine andersgeartete Ausrichtung als die auf den Allerhöchsten kann Bestand und Wertigkeit beinhalten.

    Unter vielen anderen Gelehrten hat sich auch der grosse Wissende, Imam Abu Hamid Muhammad al Ghazzali, dem Thema der Absicht, der NIYYAT ausführlich gewidmet und zwar im 37. Buch der Ihya ulum ad Din, welches in einer Übersetzung von Hans Bauer – Gott danke es ihm - im Spohr Verlag in deutscher Sprache unter dem Titel „über Intention, reine Absicht und Wahrhafigkeit“ (kitab an niyyah wa l- ikhlas wa s-sidq.) verfügbar ist. Auf dieses möchte ich hier Bezug nehmen, um diese Absicht, das Niyyah (-t) zu beleuchten.

    Imam Al Ghazzali geht auf die verschiedensten Erscheinungen der Absicht, auf ihre mannigfaltigen Zusammensetzungen und Wirkungen ausgehend von ihrem Ursprung, der menschlichen Seele, detailliert ein.

    Erste Voraussetzung ist, dass Liebe sowie Erkenntnis Gottes im Menschen vorhanden sind und das Ziel der Vereinigung mit IHM darstellen: „Das Erkennen kommt zuerst, denn es ist der Stamm und die Bedingung, das Tun kommt an zweiter Stelle, denn es ist die Frucht und der Zweig“. (S33) und: „Niemand aber kann Gott lieben, ausser wer Ihn kennt und keiner ist vertraut mit IHM ausser wer dauernd Seiner gedenkt“. Es kann nur derjenige verstehen, warum die Absicht gegenüber der Ausführung (Handlung) den Vorrang hat, „welcher das Ziel der Religion kennt und den Weg dahin sowie die Bedeutung des Weggeleises“ (S. 40) Die Vertrautheit entsteht durch das fortwährende Gedenken (dhikr) und die Erkenntnis durch fortwährendes Sichversenken (fikr) und die Liebe folgt notwendigerweise der Erkenntnis. Das Herz kann aber nur dann ganz im Gedenken und Sichversenken leben, wenn es frei ist von weltlichen Zerstreuungen und es ist nur dann von ihnen frei, wenn es die Begierde nach der Welt von sich abgetan hat, so dass seine Richtung und sein Streben auf das Gute geht, während es das Böse flieht und verabscheut ...“ (S 41) Die Neigung (hin zu Gott gefälligen Werken) wiederum wird „durch die Übung darin gefördert“. Folgt man jedoch nicht der so gewonnenen Neigung, handelt ihr gar entgegen, „so wird sie schwach und kraftlos und manchmal verschwindet und verflüchtigt sie sich ganz.“ (S 42). Die Werke sind insofern wichtig, als sie wiederum auf das Herz wirken (S. 106) und es besteht ja „zwischen den Gliedern und dem Herzen ein enger Zusammenhang, sodass sie einander beeinflussen ...“ (S 42)

    Nun ist der Mensch ja ein durchaus bedürftiges und schon in seiner weltlichten Grundexistenz von mannigfaltigen Faktoren unbedingt abhängiges Wesen. Seine Grundbedürfnisse umfassen sowohl körperliche wie seelische Anteile, für die er zwingend in der Welt um sich herum Entsprechung zu suchen genötigt ist. Wird ihm dies gänzlich verunmöglicht, wird er (körperlich oder seelisch) krank. Die Bedingungen für eine gottgefällige und somit auch für die grob- wie auch die feinstoffliche Schöpfung zuträgliche Befriedigung dieser Bedürfnisse sind uns in den heiligen Schriften dargelegt worden – zuletzt im heiligen Qur’an. Allerdings neigt der Mensch dazu, sein gesamtes vielschichtiges und auf Transzendenz ausgerichtetes Wesen auf kurzsichtige und voreilige Weise aus dem rein Weltlichen heraus „nähren“ zu wollen – dies immer wieder mit katastrophalen Folgen.

    Die Ausrichtung auf ALLAH, auf Gott, auf die Quelle unseres Daseins, soll also unserem Streben Ausgewogenheit, ganzheitliche Sinnhaftigkeit verleihen, soll jedem Impuls seinen angemessenen und optimalen „Platz“ zuweisen. Trotz aller Hindernisse auf dem Weg haben, ihres eigenen Wesens sowie des Göttlichen gewahre Menschen, das Unterfangen dieser aufrichtigen Hingabe an Gott aus einem tiefen inneren Sehnen nach Wahrhaftigkeit (arabisch Sidq) heraus zu ihrem Anliegen gemacht. Es ist das höchste, hehrste Anliegen und Streben der menschlichen Seele, Gottesnähe und Sein Wohlgefallen zu erreichen - demensprechend liegen ihm eine Vielzahl an Hindernissen im Wege und Iblis der Widersacher , der Verfluchte, richtet sein Streben dem unseren hier mit aller Kraft entgegen. Die grossen Gelehrten des Islam haben es nicht versäumt, diese Schwierigkeiten in ihrer Essenz in ihren Fokus zu nehmen, detailliert zu beschreiben und ihre Handhabe genauestens zu erläutern. Auch Imam al Ghazzali widmet sich dem Thema ausführlich, beschreibt sowohl die verschiedenen Erscheinungsformen der Absicht, ihren Aufbau in Reinheit, sowie auch (die Schwierigkeiten) ihre(-r) Läuterung und Reinhaltung, z. B. auch die Neigung des Egos, sich „gute“ Absicht einzubilden während es sich eigentlich nur der „Eigenpflege“, widmet. Die „Augendienerei“, der Wunsch, den Menschen zu gefallen, Ansehen unter ihnen zu erlangen, ist eine Komponente davon, Macht und Kontrolle zu erlangen eine andere. Begehrlichkeit und Begierde verschiedener Art gehören dazu und auch Angst, Mutlosigkeit, Verzagtheit kann uns durchaus einen einschneidenden „Strich durch die Rechnung“ machen. Die „wahrhaftige Absicht“ ist also sowohl durch das Ego (arabisch „Nafs“) des Menschen selbst, als auch durch die Einflüsterungen des Teufels in permanenter höchster Gefahr. *)

    Schon manch‘ ein Ernsthafter auf dem WEG wäre an der Unmöglichkeit, seine Absicht in Anbetracht seiner vielfältigen menschlichen Wünsche und Bestrebungen rein zu halten von jeglicher „Beimischung“ fast verzweifelt. Imam al Ghazzali stellt klar, dass es auf jeden Fall besser ist, eine Handlung durchzuführen, als nicht zu handeln, auch wenn man sich ihrer Beimischung weltlich ausgerichteter Anteile bewusst ist. Letztendlich sei auch die „gemischte“ Absicht bei Gott „gültig“, vorausgesetzt, es liegt eine Absicht für das Göttliche zugrunde. Allerdings ist die ungetrübte Kraft einer Handlung nur bei maximalen Anteilen der Ausrichtung aufs Göttliche verfügbar. Sobald die weltlichen Anteile darin Überhand gewinnen, wird die nachfolgende Handlung kraftlos und ineffizient!
    Imam al Ghazzali – möge Gott mit ihm zufrieden sein – selbst hat an einem bestimmten Punkt in seinem Leben, als er ein unter den Menschen hochgeachteter Gelehrter war, alles aufgegeben, hat seine Stellung als Lehrer, Familie und Wohnort verlassen im tiefen Verlangen, seine Ausrichtung, seine Niyyat gänzlich zu reinigen. Es gibt – neben dem Vorbild unseres geliebten Propheten und seinen Gefährten - unzählige Beispiele und Geschichten von aufrichtigen Gottesdienern, die in der Absicht, vor der Aufgeblasenheit ihres Egos Zuflucht zu nehmen, viel an Entbehrung, Erschwernis und Einschränkungen auf sich nahmen, z. B. die des Sultans, der nach vielen glorreichen Siegen beschloss, mit seiner Armee im Dunkel der Nacht in die Heimatstadt zurückzukehren, damit nicht „die Beifallsbekundungen der Sterblichen … unsere Egos so mit Stolz erfüllen, dass wir niedergestreckt am Boden liegen“! Der Khalif Umar Abd del Aziz sowie viele Gelehrte und Gottnahe - Gottes Wohlgefallen sei auf ihnen allen – sind uns ebenso eindrückliches Beispiel.
    Innerhalb des hohen Anspruchs nach der reinen Niyyats ist die Liebe zu Allah, zu Gott zentral und essentiell, ohne sie ist das nicht zu machen. Wir erinnern uns: Am Anfang war die Erkenntnis Gottes; eng mit ihr verwoben und aus ihr entspringend die Liebe zu Gott, notwendigerweise treibende Kraft jeden Handelns und Essenz jeder Absicht auf dem Weg.

    Im Qur‘ an Sure 3:92 wird uns gesagt: Nie könnt ihr zur vollkommenen Rechtschaffenheit gelangen, solange ihr nicht spendet von dem, was ihr liebt; und was immer ihr spendet, wahrlich, Allah weiß es wohl.

    Neben der Empfehlung, anderen Menschen von dem zu geben, womit man versorgt wurde, liegt in dieser Ayat (diesem Vers) die elementare Aussage, dass „vollkommene Rechtschaffenheit“ (oder „wahre Frömmigkeit“) nur durch das (aktive!) Hintanstellen (=Hergeben) von geliebten (gegenständlichen) Objekten hinter der Liebe zu Gott erreicht werden kann! Nur, wenn unsere Liebe zu IHM so gross ist, dass wir sie allem anderen, das wir lieben, überordnen – denn diese wird gewiss vorausgesetzt - wozu sollte man freiwillig auf Geliebtes verzichten, wenn nicht vor dem Hintergrund des mehr Geliebten? – wird Frömmigkeit, Vollständigkeit (arabisch: „Birr“) erreicht. In der Liebe zu Allah taala liegt das Potential zur Transformation unseres „Nafs“ (Ego) hin zum wahren „Selbst“, in ihr sind ALLE Möglichkeiten enthalten. Verbunden mit dem Handeln in entsprechender Ausrichtung, den weisen Vorgaben und Richtlinien unserer Religion und umgeben von durch Istiqama „rechtschaffener Beharrlichkeit“ ( Qur’an 11:112, sowie in Sure 1:6 im Sirat al Mustaqim dem „geraden Weg“ enthalten), Ichlas, der „vollkommenen Aufrichtigkeit“ – (Sure 112), sowie Sidq, Wahrhaftigkeit wird ihr derjenige Rahmen gegeben, innerhalb dessen diese ihren Weg in unsere gelebte Realität hinein finden können; Wenn wir nicht müde werden, zu hoffen, nicht verzweifeln an uns selbst , anderen Menschen oder „Umständen“, uns nicht zermürben lassen von immer wieder ähnlichen Schwierigkeiten, wenn wir nicht zaghaft und wankelmütig sind in unserer Hingabe, immer wieder neuen Mut und Entschlossenheit zur klaren Niyyat fassen, kann unter Umständen, so Gott will, umfassende Heilung, langersehnter Umschwung - auf breiter Basis- stattfinden.

    Einzig wirkliche Freiheit ist nur über diesen Weg zu erlangen. Es ist die maximale Freiheit vom Geschöpflichen hin zum Schöpfer, zum Ursprung allen Seins. Mögen wir nicht zögern, diesen Weg auf uns zu nehmen. Mögen wir nicht mut- und kraftlos werden. Mögen wir nicht unsere Vorstellungen uns den WEG verstellen lassen. Mögen wir nicht zurückschrecken vor der Unbedingtheit dieses Weges, sondern vollen Herzens und hohen Mutes dem Angesicht Allahs und damit unserer Heilung, unserem[/size] Heil entgegenstreben. Und möge ER uns dabei helfen!


    *)Ausserdem: Schlechte Handlungen nicht durch gute Absichten „in ihrer Stellung verändert“ werden können, durch sie quasi „geheiligt“ werden können. Es sei höchstens „heimliche Begehrlichkeit und die versteckte Leidenschaft, die dem Herzen das einzureden sucht…“ (S 47) Die Absicht für Gott hat einzig für die guten sowie für die (neutralen aber) erlaubten Handlungen ihre Akzeptanz. Diese wiederum können in sich aus mehreren „guten Absichten“ bestehen, da es ja durchaus im Rahmen der guten Absicht und der Handlung „für Gott“ auch möglich, sogar wünschenswert ist, Gutes an sich selbst und anderen Menschen sowie an der Schöpfung insgesamt zu bewirken. Das „Movens“ (der Beweggrund bezw. das Bewegende selbst, der Wille) richtet sich auf ein Agens, ein bzw. mehrere „Handlungsobjekte“ – (welche von ihrer Natur her notwendigerweise im Bereich des Weltlichen, Vergänglichen liegen müssen, Anmerkung SAM) – oder mehrere Willen können sich gemeinsam eines Agens annehmen (S36/37) Auch die Unterlassung einer Handlung ist in sich eine Handlung (S. 62) und das Handeln ohne Absicht ist unnütz (S. 44) Die Absicht/Ausrichtung (die Niyyat) lässt sich nicht „willkürlich erwecken“ - höchstens durch das erstgenannte Dhikr und Fikr sowie die Übung im guten Handeln stärken und lebendig halten! – (womit man wieder die alte Frage der Vorherbestimmung unseres Willens berührt … )



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 28.02.2012, 12:38


    Bismillahi Rahmani Rahim

    HALAL versus HARAM
    von Schwester S.A.M.

    Im Islam gibt es die klare Einteilung in das, was für uns „halal“ – (von Gott) erlaubt – und „haram“, - sprich durch Ihn) verboten - ist.

    Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass ALLE DINGE HALAL (erlaubt) sind, ausser jene, die nach der Scharia – auf Basis von Qur’an und Sunna - explizit anders (nämlich als HARAM) eingestuft werden.

    Im Qur’an heisst es dazu:

    Ihr, die ihr den Iman verinnerlicht habt! Erklärt nicht für haram die Tayyibat dessen, was ALLAH euch für halal erklärte, und übertretet nicht! Gewiss, ALLAH liebt nicht die Übertretenden. (5:87)

    Sag: "Wer erklärte für haram die gepflegte Kleidung, die ALLAH für Seine Diener hervorbrachte, und das Gute vom Rizq?" Sag: "Diese sind für die Mumin (‚Gläubigen‘) im diesseitigen Leben bestimmt und am Tag der Auferstehung ausschließlich ihnen vorbehalten". Solcherart verdeutlichen WIR die Ayat für Menschen, die wissen. (7:32)

    Im gleichen Mass, wie es tadelnswert ist, das "Harame" zu "Halal" erklären zu wollen, ist also auch das Umgekehrte verwerflich! Der Mensch wird explizit dazu angehalten, das „Leben zu geniessen“, die „gepflegte Kleidung“ und alles „Gute vom Rizq“ (Gottes Versorgung im grossen Rahmen) in Anspruch zu nehmen – ohne schlechtes Gewissen. Ziel des Islam ist es immer und überall, dem Menschen bei der Bewältigung seines Lebens Erleichterung zu bescheren, keine Erschwernis. Die Einteilung in Erlaubtes und Verbotenes soll in genau diesem Sinne verstanden werden, nicht anders und wurde - in Qur'an und Sunna - klar und eindeutig genug erklärt.

    Nun sind die Dinge heutzutage jedoch komplizierter geworden. Vor allem hierzulande – aber durchaus auch in „muslimischen Ländern“ ist es für den Muslim gar nicht so leicht, das "Harame" vom "Halalen" unterscheiden zu können. Es fängt an beim Essen: Neben der Frage, ob man sich für "halal" geschlachtetes Fleisch "vom Türken", -(welches genau besehen aber doch nicht so ganz "halal" ist - Stichwort Massenschlachtungen/ Massenhaltung, die jegliche auch tierische "Würde" und jedes Recht des Tieres ignoriert) oder doch lieber für Fleisch vom Bio Bauern entscheidet (welches zumindest zu Lebzeiten „halale“ Umstände geniessen durfte – und letztendlich nicht SO viel anders geschlachtet wurde, meist auch durch Juden und Christen, was uns auch erlaubt wäre…) kann man sich bei jedem einzelnen Produkt mit einer Vielzahl an Lebensmittelzusatzstoffen auseinandersetzen, welche auf jeder käuflichen Essware aufgelistet werden. Abgesehen von Gelatine (aus tierischen Knochen und anderen tierischen Abfällen gewonnen) und tierischen Fetten und Ölen nicht klar deklarierter Herkunft findet man meist eine lange Liste von sogenannten E – Nummern auf der Auflistung der "Zutaten". Wenn man diesen nachgeht, wird man oft stutzig, sowohl als Muslim als auch als gesundheitsbewusster Nichtmuslim - die Frage nach dem, was man denn eigentlich isst, wenn man z. B. E471 konsumiert, stellt sich jedem Menschen, der sich trotz der Komplexität der heutigen Welt noch fürs Detail seiner Lebenspraxis interessiert.

    Will man sich an den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses machen, wird man als Muslim in den meisten Fällen davon Abstand nehmen, da ein verzinster Kredit (Hypothek)dabei meist unausweichlich ist. (Die Auseinandersetzung mit diesem Thema jedoch wird uns deutlich von Augen führen, dass auch der MietZINS für uns Muslime eigentlich in keiner Weise als „halal“ angesehen werden kann!) Überhaupt sind Geldfragen überaus schwierig zu handhaben: will ich lieber ein Konto ohne Zinsgewinn oder ziehe ich es vor, die Zinsen abzuschöpfen, damit ich sie zumindest den Benachteiligten des Systems weiterreichen kann und nicht wieder der Bank zuführe/belasse, die damit weitere ("harame") Zinsgeschäfte tätigt… Will ich mich am „islamic banking“ orientieren, ihm – als „halal“ - vertrauen…???

    Die medizinische Versorgung wirft auch Fragen auf: Soll ich mich einer Medizin anvertrauen, die erwiesenermassen auf Gewinne bei der Börse angewiesen ist und sich also danach ausrichtet - die ihre Produkte (Medikamente) ausserdem auf der Basis von Tierversuchen (gewiss nicht halal, oder?!) und durch teilen und neu zusammensetzen der natürlichen Elemente generiert (könnte DAS – spätestens jedenfalls die Genmanipulation – nicht vielleicht auch zur "Änderung der Schöpfung" gehören, welche uns im Qur'an klar verboten wird?) Die, wenn man genau hinsieht praktisch für jeden Nutzen den sie – die Medikamente- bringen, mindestens auch einen Schaden nachziehen? Ein Muslim muss (müsste) sich die Fragen, wäre er denn wach und aufmerksam jedenfalls stellen - die Antwort dazu kann man wohl auf verschiedene Weisen geben.

    Wie stehen wir zu all den "alternativen Heilweisen", sind sie uns – im Lichte unserer Rechtleitung besehen - suspekt, wenn ja welche, welche nicht? Könnten wir sie vielleicht (teilweise) als echte Alternativen zur gängigen "Schulmedizin" gelten lassen und in Anspruch nehmen?

    Organtrasplantationen, künstliche Befruchtung, "künstliche" Lebensverlängerung: wie stehen wir dazu und wo orientieren wir uns bei der Entscheidungsfindung?

    Fernsehen: was spricht dafür, was dagegen? Kann ich es rundweg als "haram" einstufen? Zeitverschwendung, grosses Suchtpotential, (fast) nackte Frauen - und zunehmend auch Männer - au masse, versuchte Beeinflussung und "Verführung" von Kindern und Erwachsenen auf perfideste, unverantwortlichste Weise, manipulative Berichterstattung… etc. etc. Andererseits doch: ganz wenige sehr aufschlussreiche und bereichernde Informationen und Berichte, auch Diskussionen oder Gespräche: (z. B. "Sternstunde" im SF!) und daneben eindrucksvolle Einblicke (meist erschütternder Art) in die eigentliche Befindlichkeit unserer Gesellschaft und unserer "modernen Welt"!

    Wie sind Zigaretten einzustufen („makruh“ oder „haram“?), wie (Video - ) Games, wie ist mit dem Überangebot an verschiedenster Musik umzugehen, wie mit der Tatsache der schreienden Ungerechtigkeit in der Lohn- und Vermögensverteilung auf der Welt (Kinderarbeit) von der wir hier so profitieren ….. wie soll ich Kinder in dieser Welt erziehen, sie lehren, mit all‘ den verschiedenen "Freiheiten" umzugehen?

    Erziehung ist – wie unser eigenes Leben auch - zu einem Spiessrutenlauf geworden, nicht nur für muslimische sondern für verantwortungsvolle Eltern jeden Hintergrunds. Das Ausmass an Sorgen und Befürchtungen was unseren Nachwuchs betrifft, übersteigt – sowieso bei uns Muslimen - dasjenige früherer Generationen wohl bei weitem, jedenfalls hier in der nichtmuslimischen, westlichen Welt. Die Begegnung und Auseinandersetzung unserer Kinder mit einem breiten Spektrum an charakterschwächenden, destruktiven dem seelischen und körperlichen Heil entgegenstehenden - und auch erklärt haramen - Möglichkeiten ist im Laufe ihres Heranwachsens unausweichlich.

    Letztendlich stellt sich noch die Frage: wie lasse ich mich begraben, wenn ich gestorben bin? Auch nicht ganz leicht zu entscheiden: Gebe ich mich damit zufrieden, mich und meine Lieben auf einem der - Gott sei Dank langsam in wachsender Zahl vorhandenen - muslimischen Friedhöfe im Land meines Aufenthaltes mit einigen Abstrichen betreffend unserer muslimischen Vorgaben zu beerdigen, oder lasse ich meinen Leichnam - gewiss auch nicht islamisch korrekt! - eventuell tiefgekühlt über tausende Kilometer in ein anderes Land überführen...? Fragen über Fragen…

    Wir haben ja mittlerweile die wachsende – und wohl immer mehr geschäftsträchtige Branche der Halal – Zertifizierung. Abgesehen von Fleisch werden auch die sogenannten „E – Nummern“ halal – zertifiziert und somit können sämtliche Produkte, welche diese enthalten klassifiziert werden. Es gibt mittlerweile „halal – zertifizierten“ Whiskey (alkoholfrei natürlich, keine Sorge!) sowie halal – zertifiziertes WASSER! (Ja, man denke an Trinkwasseraufbereitung….) Das Geschäft mit dem „Halal“ ist weltweit mittlerweile zu einer lukrativen Branche herangewachsen – und wir können uns gewiss noch auf manche Absurdität aus dem Bereich der „Halal – Zertifizierung“ gefasst machen!

    Während der Zeit der Verfolgung der Muslime in Mekka sagte unser Prophet (Friede sei mit ihm) folgendes voraus: „Allah wird diese Sache (des Islam) zu Ende führen, bis der Reiter von Sana’a bis Hadramaut wird reisen können, ohne sich vor etwas zu fürchten, außer vor Allah und dem Wolf um seiner Schafe Willen.“ ( Sana’a und Hadramaut befinden sich beide im von Mekka weit entfernten Jemen und waren so für die damaligen Mekkaner einfach in „unüberblickbarer Entfernung“.) Diese Prophezeiung wurde, wie wir wissen, wahr. Heutzutage jedoch sind wir nicht einmal mehr in unserer Küche sicher, auch nicht im Wohnzimmer vor dem Fernseher, auch nicht vor der Haustüre …

    Wir sehnen uns danach, wieder nichts als ALLAH (und IHN dafür „richtig“!) sowie einen klar erkennbaren „Feind“ wie den Wolf oder die (klar auszumachenden) Räuber zu fürchten – oder etwa nicht…?!

    An vielen Stellen im heiligen Qur’an hat Allah – erhaben ist ER – uns darauf hingewiesen, dass die Unterscheidung zwischen dem Erlaubten und dem Verbotenen KLAR ist – z. B. in 5:15 und 19 oder 3:118. Der Qur’an selbst wird u. a. „al Furqan“ genannt – was so viel wie ein „klares Unterscheidungskriterium“ bedeutet. Die klare Trennung in erlaubt und verboten ist daher Gottgewollt und Gottgefällig.

    Wollen wir uns also wirklich auf diese Weise „einrichten“ – unser muslimisches Leben auf ein „halal – zertifiziertes Eckchen“ inmitten einer gesamthaft bedrohlichen überwiegend „haram“ gewordenen Welt einrichten? DAS sollten wir uns WIRKLICH fragen – und auf diese Weise sowohl der Frage nachgehen, wie es überhaupt so weit gekommen ist als auch, ob diese Verhältnisse wohl das Wohlgefallen unseres, sowie des Schöpfers aller Tayybat („guten Dinge“) geniessen?

    Ach ja, und bis wir das Problem WIRKLICH gelöst haben werden - hier eine Liste mit den Ergebnissen der „Halal – Erforschung“ (möge Allah die Geschwister belohnen….):

    http://myhalalcheck.misawa.de/

    Salam wa Rahmatullahi



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 31.03.2012, 21:28


    REZENSION:
    Abu Hamid Muhammad al Ghazali : Der Erretter aus dem Irrtum
    Meine philosophische Bibliothek
    ISBN 3-7873-0681-1
    geschrieben von Schwester S.A.M.


    Bismillahi Rahmani Rahim

    Über die Schrift von Abu Hamit Muhammad al Ghazzali al Munqid min al Dalal: „der Erretter aus dem Irrtum“

    In diesem Juwel aus der ins Deutsche übertragenen islamischen Literatur – übersetzt von Abd Elsamad Abd Elhamid Elschazli – kann der Leser einen tiefen und umfassenden Einblick in die in der Zeit M. al Ghazzalis vorhandenen Strömungen im islamischen Denken erhalten. Eigentlich alle der heute noch innerislamisch besprochenen theologischen Denkrichtungen und philosophischen Interpretationsmöglichkeiten werden schon von diesem grossen Gelehrten und Weisen mit tiefsinnigem wie scharfem Blick beleuchtet, analysiert und eingeordnet. Die aus der Tiefe des sich auf intensivster, authentischer innerer Suche befindenden und von aufrichtiger Hingabe getragenem, hochdifferenzieren und klaren Geiste gespiegelte Quintessenz und Zuordnung der möglichen Ausrichtungen und Schlüsse innerhalb des Islam lässt sich eigentlich geradewegs in die heutige Zeit übertragen und kann als seelisch - geistige Wirklichkeit zeitunabhängig nachempfunden werden. Abgesehen von den politisch – ideologischen Wirren, mit denen wir uns heutzutage im Zuge des Zerfalls jeder intakten islamischen Entität konfrontiert sehen, sind diese Fragestellungen sowie möglichen Entsprechungen darauf heute dieselben geblieben wie die vor tausend Jahren.

    Imam al Ghazzali hat grössten Wert darauf gelegt, dass er seine Schlüsse aus der „Selbsterkenntnis in der Religion, die auf der eigenen Erfahrung beruht“ ziehen möge und dass dafür „nicht … die tradierte und nachgeahmte Erkenntnis als massgeblich für den Glauben“ angesehen würde (Einleitung S: XX).

    Die Hoffnung auf Problemlösung könne einerseits „auf die Evidenzen gründen“, nämlich die „Sinneswahrnehmungen“ sowie die „Denknotwendigkeiten“. (S. 7). Dennoch werde „das Feld der Erkenntnis“ durch „Erkennen der Aprioritäten (Daruriyat) der Vernunft nicht endgültig ausgeschöpft“. Oder: „Wer also glaubt, dass die Enthüllung der Wahrheit nur von den niedergeschriebenen Argumenten abhängig ist, der hat die grosse Barmherzigkeit Gottes eingeengt.“ „Erkenntnis als ein zusammenhängendes Ganzes“ erfuhr er daher als „nur durch das Erleben möglich“ (E XXV) „die Grundlage aller religiösen Gewissheit“ sei gar nur auf „das Erleben in der Ekstase“ zurückzuführen (E. S. XIX) und das „Schmecken“ in diesem transzendent zu verstehenden Sinn „wie (eigentliches) Schauen und in die Hand nehmen, das sich nirgendwo anders als auf dem Weg der Mystik findet! (E. XXX)

    Als Inhaber des höchsten theologischen Lehramtes in Bagdad hatte Imam Al Ghazzali den Weg über die Erkenntnis der Vernunft gewiss bis zu seinen Grenzen und in allen Tiefen erkundet. „Was ich durch theoretische Wissenschaft lernen konnte, hatte ich mir angeeignet. Es blieb, was nicht durch Zuhören und Lernen, sondern durch Schmecken und Handeln zu erlangen ist.“ (S. 41/42) Seine damalige Situation gegen Ende seiner Lehrtätigkeit dort beschrieb er folgendermassen: „Ich fand mich in Bindungen verstrickt, die mich von allen Seiten erfassten. Meine Arbeiten – unter ihnen als beste meine Lehrtätigkeit und der Unterricht – erschienen mir im Hinblick auf den Weg zum Jenseits als Beschäftigungen mit unbedeutenden und nutzlosen Wissenschaften…“ (E. XIV). Als Konsequenz dieser Wahrnehmung verliess Imam al Ghazzali, nachdem er den Unterhalt seiner Familie gesichert hatte, Bagdad, und reiste nach Damaskus, Jerusalem und Hebron, später pilgerte er nach Mekka. Während dieser Zeit lebte der Imam in Abgeschiedenheit, schloss sich z. T. tagelang in Minaretten ein um zu meditieren, verfasste aber auch sein umfassendes Werk „ Ihyia Ulumaddin“ (die Wiederbelebung der Religionswissenschaften). In Tus beschäftigte er sich intensiv mit der Mystik und eben dort kehrte er nach eingehender Überlegung sowie nach wiederholten Aufrufen dazu wieder zum Unterrichten zurück – unter Einbezug aller mittlerweile gewonnener Erkenntnis.

    Imam al Ghazzali hat durch hingebungsvolles Ausloten aller menschlichen Möglichkeiten der Annäherung ans Göttliche auf höchstem Niveau letztendlich den Weg der Mystik, den Tasawwuf („Sufismus“) als die allen anderen Wissenschaften übergeordnete erkannt. „Ich erkannte, dass ihr Weg“ (der der Mystiker) „nur durch die Verbindung von Theorie und Praxis nachvollziehbar ist“. (S. 40) „Deshalb erkannte ich mit Sicherheit, dass die Mystiker Menschen der Erlebniszustände, nicht aber der blossen Reden sind.“…. „Und was für ein Unterschied, ob man die Definition der Gesundheit und der Sattheit, ihre Ursachen und Bedingungen kennt, oder ob man selbst gesund und satt ist….“ (S. 41)

    Der Suchende und Irrende, der dürstende und hungrige unserer heutigen Zeit, der „Moderne“, freut sich über die Klarheit und sehnt sich unendlich nach dieser „Sattheit“, die der grosse Gelehrte erlangt hat und durch die hindurch seine Gedanken uns erreichen und erquicken. Zumindest auf geistiger Ebene bietet dieses Buch uns – auch dank den sehr aufschlussreichen Anmerkungen des Übersetzers - die Möglichkeit, den grossen Gelehrten durch alle Formen der Erkenntnis ein Stück weit zu begleiten; Ihm durch die scharfsinnigen Analysen des Verstandes hindurch bis zur Erkenntnis durch Erleben ein Stück weit nachzuempfinden!

    Abu Hamid Muhammad al Ghazali : Der Erretter aus dem Irrtum
    Meine philosophische Bibliothek
    ISBN 3-7873-0681-1



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 07.05.2012, 17:10


    Bismillahi Rahmani Rahim

    Meinungsvielfalt

    Mein von mir sehr verehrter Lehrer der ersten beiden Grundschulklassen pflegte, wenn jemand sich mit „ich han g’meint….“ (ich habe vermutet, gemutmasst) herauszureden versuchte, diesen mit der Entgegnung zu massregeln:

    „Wer MEINT chunnt nöd in Himmel“ („wer meint/mutmasst, kommt nicht in den Himmel!“).

    Da es mir bereits in sehr jungen Jahren ein grosses Anliegen war, einmal in den „Himmel“ zu kommen, die Widrigkeiten dieses Erdenlebens zugunsten eines angenehmeren Daseins hinter mir zu lassen, hat mich diese Hypothese damals sehr zum Nachdenken gebracht, kam sie doch von einem Mann, der für mich eine Autorität darstellte und dem ich viel an Kompetenz und „Durchblick“ zuschrieb. Bis zum heutigen Tag hat sie mich begleitet und sich im Lichte verschiedener Interpretationsmöglichkeiten gezeigt.

    Auf dem „Markt der Meinungen “ tummeln sich in der Tat mannigfaltige Exemplare, von beachtenswerten, durchaus erhellenden und inspirierenden Einsichten über (für jeweils „Aussenstehende“) schwer nachvollziehbare Konstrukte bis hin zu (für eine grosse Mehrheit der Menschen wohl) ziemlich abstrusen, kuriosen Ansichtsweisen. Schon in den verschiedenen Medien bekommt man Sichtweisen zu lesen, die einen ins Staunen (oder ins Fürchten) geraten lassen. Spricht man persönlich mit Menschen ganz verschiedener Couleur, kann man auf manches – für einen selbst zuweilen ziemlich befremdliche - „Kleinod“ an Wirklichkeitswahrnehmung und deren Interpretation stossen.

    Ein grosser Teil der "Volksmeinung" dreht sich um gesellschafspolitische Belange - betrifft also unser Verständnis von uns selbst und unserer Aufgabe in der (gesellschaftlichen) Welt. Im Groben besehen gibt es da die politischen Ansichten von (ganz) „rechts“ bis (ganz) „links“; die „Grünen“ gehören mittlerweile auch schon zur alten Garde; dazugekommen sind einige Kleinparteien, eine der jüngsten und „quirligsten“ wohl die „Piratenpartei“ , die ihre „Politik“ vorwiegend auf Basis des Internet macht, auch in diesem ihre eigentliche Basis hat. (z. B. „der Spiegel“ Nr 17. 2012) Dann wäre da noch die "Occupy - Bewegung", natürlich auch im Internet repräsentiert, jedoch besetzt diese Bewegung, wie der Name schon sagt, vorwiegend öffentliche Plätze um ihre Protestkundgaben öffentlich sichtbar zu machen. Politiker, Journalisten und andere Meinungsmacher versuchen, diverse Ansichtsweisen z. B. in den Printmedien zusammenzufassen und zu "Ideologien" zu bündeln, in diesen einzuordnen und mit ihrer Hilfe entsprechende „Politik“ zu machen. Mehr Raum für Individualität bieten die elektronischen Medien, die Plattform für persönliche Ansichten und Betrachtungsweisen jedes Einzelnen sind sowie Austausch in breitestem Rahmen und maximale Transparenz möglich machen. Problematisch wird hier jedoch zum einen die Bündelung der geäusserten „Meinungen“ zu kollektiven Beschlüssen sowie das Finden eines gemeinsamen Nenners – ist die Vielfalt doch sehr verästelt und vielschichtig. Ausserdem ein unerfreulicher Aspekt ist die Möglichkeit des Kontrollierens und Überwachens jedes Teilnehmers – so „öffentlich“, so nachverfolgbar und auch überwachbar wie im Internet (einschliesslich Smartphones)waren wir noch nie. (Siehe u. a. Beobachter Nr 9, April 2012)

    Die „Blase“ der Meinungen scheint sich analog zur Menge aller anderer „Güter“ des modernen Marktes aufzublähen und hat unverhältnismässige, realitätsfremde Masse angenommen. Es hat gar den Anschein, dass all die vorhandenen „Meinungsgebilde“ und „Meinungsbildungsplattformen“ eher als „Beschäftigungsprogramm“ denn als Lösungsmöglichkeiten für die Probleme der heutigen Welt dienen. Kein Wunder – ist es doch eine altbekannte Tatsache, dass man alles und jedes durch zu viele Worte „zerreden“ kann, dass diese sich in Taten manifestieren müssen, wollen sie nicht in Luft verpuffen.

    Wie entstehen Ansichten/ Lebensauffassungen? Einmal durch eigene Erfahrungen, prägende Erlebnisse, das spezifische Umfeld, durch das Gedankengut, das an einen im Laufe des Lebens herangetragen wird. Dann durch die Vernetzung alles eben genannten sowie durch „Spiegelung“ am eigenen Wesen, Wissen und Wahrnehmen; dadurch, alles eben Genannte für einen selbst in einen sinnvollen, stimmigen Zusammenhang zu stellen. Man ist als "privater Meinungsbildner“ jedenfalls bestrebt, sich selbst eine – auf sein jeweiliges Umfeld abgestimmte und dem eigenen Horizont entsprechende- kleine Welt zu schaffen, innerhalb derer möglichst vieles dessen, womit man im Leben konfrontiert wurde, seinen „Platz“ bekommt. Womit man sodann „Meinung“ und „Ansicht“ als eine Art „persönliches Navigationsgerät“ erstellen kann, das einen zum Ziel führen soll. „Meinungsbildung“ ist somit in seinen Grundzügen natürlich ein notwendiger Bestandteil des Menschlichen. Dennoch ist es ein menschliches Konstrukt, das überaus mangelhaft, zerbrechlich und gefährdet ist, man könnte es vielleicht mit dem Netz vergleichen, das die Spinne baut. Im Qur’an Sure 29 Vers 41 wird über dieses folgendes gesagt:

    Das Gleichnis derjenigen, die sich anstatt Allahs Schutzherren nehmen, ist das der Spinne, die sich ein Haus genommen hat; das schwächste Haus ist fürwahr das Haus der Spinne, wenn sie (es) nur wüßten!(29:41)
    Hier stellt sich die Frage des Stellenwerts unserer Meinungen, ziehen viele Menschen doch noch so gerne mit ihnen gewappnet „zu Felde“ und hoffen, durch ihre Hilfe siegreich zu sein. Diese „Schutzfunktion“ wird hier klar in Abrede gestellt - gilt doch die oben genannte Ayat für ALLES, dem wir Schutzfunktion ausser ALLAH zuschreiben! Wohl sollen unsere Ansichten und Betrachtungsweisen uns dienen, dürfen uns quasi beim „Navigieren“ helfen, als „Fahrzeug“ jedoch taugen sie keineswegs. Ansichten und Meinungen sind – für sich alleine genommen - immer relativ, umfassen bloss einen winzigen Teil der gesamten Wirklichkeit – wenn überhaupt etwas davon…. Wir finden uns, wollen wir alleine auf ihrer Basis „Oberhand gewinnen“, schnell einmal in einer Lage wieder, die der des „Herakles“ der Griechische Sage im Kampf gegen die „Hydra“ gleicht (und jene griechischen Sagen haben viel Weisheit in sich – sieht man von der Vergöttlichung von Wesenheiten ab!): Jedes Mal, wenn er dem Drachen einen Kopf abschlug, wuchsen erst mal zwei neue dafür…..!!

    Was ist es also, das vielleicht auch Herakles letztendlich siegen liess, zum entscheidenden „Kopf“ vordringen liess? Was ist es, das uns durch alle Dimensionen hindurch – im Inneren wir im Äusseren – im irdischen wie im metaphysischen Bereich „siegreich“ sein lässt – in den „Himmel kommen“ lässt?

    Hierauf eine Antwort zu finden war seit Menschengedenken das Anliegen der Religion(-en). An vielen Stellen im heiligen Qur’an wird der „Glaube“ – im Sinne einer tiefen inneren Gewissheit, eines WISSENS (arabisch IMAN) gepaart mit „rechtschaffenem Handeln“ als dasjenige Element genannt, welches uns als sicherer Richtungsweiser sowie als „Prüfstein“ unserer „Theorien“ – getragen von den göttlichen Geboten zum Ziel aller Ziele führt. Gott hat jedem Menschen sowohl diesen Glauben ins Herz gelegt, als auch die entsprechende Handlungsweise erläutert – es heisst im Qur’an dazu:

    Und als dein Herr aus den Kindern Adams, aus ihren Rücken, ihre Nachkommenschaft nahm und sie gegen sich selbst zeugen ließ: "Bin Ich nicht euer Herr?" Sie sagten: "Doch, wir bezeugen (es)!" (Dies,) damit ihr nicht am Tag der Auferstehung sagt: "Wir waren dessen unachtsam", (7: 172)

    Und diejenigen, die überzeugt sind (amanu =Iman haben) und gute Werke tun - wahrlich, wir werden ihre schlimmen Handlungen von ihnen nehmen, und wahrlich werden wir ihnen vergelten wohlgefälligstes desjenigen, was sie getan haben.(Sure 29:7)
    Zum einen die Ausrichtung auf unseren Herrn und dann das Voranschreiten in Seinem Weg, gute Werke zu tun – so beschreibt der heilige Qur’an an vielen Stellen den Weg zum Glück, zum Wohlgefallen Gottes und zum Paradies!

    Wohl war es DAS, was mein verehrter Lehrer – Gott sei ihm gnädig – gemeint hat: Meinung versus („Glaube“- IMAN - und) „richtigem Wissen/Handeln“?!

    Es ist die Dimension des Metaphysischen, IMAN – inneres Wissen und Gewissheit über unsere eigentliche Bestimmung- , die sowohl allem anderen Wissen und „Meinung“ als auch entsprechendem Handeln erst ihre wirkliche Qualifikation als Richtungsgeber verleiht. Es ist alleine dieses innere Wissen, das sowohl unsere Meinung bereichert und inspiriert als auch ihrer Umsetzung in der Realität die richtige Form, das richtige Mass gibt. Heutzutage aber ist die gesamte Menschheit wie „verhext“ in die Lage eines "hilflosen Herakles" geraten. Anstatt zu wesentlichem vorzudringen, lassen wir uns – unter der Führung von „Politikern“ , Predigern, Demagogen und anderen Theoretikern in endlose Diskussionen verwickeln, schaffen es nicht, Konzepte umzusetzen, beginnen wieder von vorn – während die „Köpfe der Hydra“ sich fröhlich ins Unübersehbare vermehren und gleichzeitig aber im Hintergrund sehr wohl Tag für Tag Fakten geschaffen werden, die in keiner Weise mit allem Ge - und Besprochenen zu tun haben, Kräfte am Wirken und am Werken sind, die sowohl islam- wie auch generell menschenfeindlich sind. Nicht nur werden Verträge und Abmachungen verletzt und nicht eingehalten, über vieles, das jegliche Substanz auffrisst, wird fast nicht gesprochen. Es kommt einem fast so vor, als ob die vielen Worte weltweit nur dazu herhalten sollen, Taten zu verschleiern und vom eigentlich Problematischen abzulenken. (Wer diese Tatsache nicht erkennen mag und als „Verschwörungstheorien“ abstempelt, sieht wohl nicht genau genug hin!) Wir sollten uns wohl fragen: WO ist der blinde Fleck, wo sind die „blinden Flecken“, die es offensichtlich geben muss, über die uns alles entgleitet, die alle unsere Bemühungen ins Nichtige laufen lassen?!

    „Siegreich“ ist, gemäss uraltem und menschheitsübergreifendem Wissen derjenige, der sich nicht ablenken lässt vom Eigentlichen. Weder durch sein eigenes Selbst noch durch „äussere Gegebenheiten“. Wollen wir wirklich siegen, müssen wir weise und zielgerichtet sein, müssen sowohl im Spirituellen als auch im Irdischen gut verwurzelt sein und zu bleiben verstehen. Müssen uns dessen bewusst sein, dass vieles, das unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht, nichts anderes als Ablenkung vom Eigentlichen bewirkt und als „Fata Morgana“ somit auch unseren Untergang fördern kann. Auch hier enthalten die griechischen Sagen eindrückliche Geschichten, wie z. B. die des Odysseus und der Sirenen oder des Perikles, der, weise im inneren sowie clever im Handeln zur (abgrundhässlichen) „Medusa“ durchzudringen und ihr den SPIEGEL vorzuhalten vermag, wodurch er sie, nachdem sie sich selbst erkannt und so vor Schreck erstarrt ist, mir Leichtigkeit durch einen Schlag - von sich selbst - zu erlösen vermag….

    Möge es uns in gleicher Weise gelingen, uns unseren Weg aus dem Gewirr und Gesäusel der sich reproduzierenden Meinungen heraus zu finden und unser Ziel zu erreichen. Der heilige Qur’an sowie die Sunna unseres Propheten sind uns Muslimen dabei Richtschnur und Anleitung, der IMAN in unserem Herzen sozusagen Wegzehrung.
    Wer „meint“ kommt nicht in den „Himmel“ – wer glaubt, Iman hat und das richtige Handeln, hätte eigentlich um einiges bessere Chancen….

    Du wirst dann die Ungerechten vor dem beben sehen, was sie bewirkt haben; denn es fällt auf sie gewiß zurück. Diejenigen aber, welche glauben und das Rechte tun, werden in Paradiesgärten sein und bei ihrem Herrn alles finden, was sie begehren. Das ist die große Huld!(42:22)

    Wa la Haula wa la Quwwata illa Billah – und es ist keine Macht und keine Kraft ausser bei ALLAH.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 01.06.2012, 12:20


    GEWALT und ISLAM

    von Sr. S.A.M.

    Hier zur PDF Ausgabe http://www.gsiw.ch/Gewalt_und_Islam.pdf



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 29.06.2012, 10:39


    Bismillah

    „Hochmotivierte Selbstausbeutung“?
    Von Sr. S.A.M.

    Es gibt Schlüsselerlebnisse. Momente, in denen einem „wie Schuppen von den Augen fällt“ und man auf einen Schlag Muster – entweder des eigenen Verhaltens oder auch der Abläufe in grösseren Zusammenhängen – erkennt, in denen man auf einmal wie ein (teilweise) aussenstehender Zuschauer auf das Geschehen zu blicken vermag.

    Solch ein „Schlüsselerlebnis“ hatte ich kürzlich, als mir anhand einer Situation der extremen Müdigkeit und Belastung (vielleicht nicht ganz zum ersten Mal aber auf eindrückliche Weise) klar wurde, dass ich quasi im „Strom“ des Zeitplans meines Terminkalenders wie eine Art Roboter einfach danach strebe, das Häkchen „erledigt“ hinter jeden Einzelpunkt zu setzen. Es wurde plötzlich die Möglichkeit sehr evident, diesem Zeitplan einen jähen „Strich durch die Rechnung“ zu machen, indem ich einfach ausscheren würde. Mich entschiede, mich selbst, mein Wohlbefinden zu wählen anstelle des „automatisierten“ Fortfahrens in einem vorprogrammierten Ablauf. Auf einmal trat mir sonnenklar die Tatsache vor Augen, dass es uns in jedem einzelnen Moment freigestellt, anheimgestellt ist, zu ent - scheiden. Ja, dass wir in der Tat ganz real in jeder Minute, gar Sekunde über eine Vielfalt von Handlungen entscheiden! Unsere Entscheidung betrifft jede Bewegung unserer Körperglieder, jeden Gedanken, dem wir uns zuwenden, jeden Schritt, den wir tun und jede, auch „unbedeutendste“, Handlung, die wir unternehmen.

    Allerdings wird diese erfreuliche und durchaus belebende, motivierende Einsicht durch die weniger erbauliche Erkenntnis getrübt, dass unsere Entscheidungen – (in „modernen Zeiten“ jedenfalls) - sehr oft wie oben beschrieben, einem langfristig vorausgeplanten „Programm“ unterliegen, innerhalb dessen wir – mit einer manchmal sklavischen, an Resignation grenzenden Haltung ohne klares Bewusstsein unseres Eigenentscheids dahinter - einfach „funktionieren“.

    Nun sollen wir ja nicht dazu übergehen, in anarchischer Weise jede momentane Entscheidung einem spontanen, unwillkürlichen Impuls zu unterstellen. Solches Verhalten würde sich schon nach kurzer Zeit selbst ad absurdum führen, den Zusammenbruch jeglicher Struktur herbeiführen und wäre nicht haltbar. Menschen haben sich schon immer „organisiert“, untereinander abgesprochen und gemeinsame Anliegen, menschliche Grundbedürfnisse auf synchrone Weise geregelt, auch in früheren Zeiten schon mit starker Betonung auf gesellschaftlich anerkannten Regeln und Normen. (Täuschen wir uns nicht über die Existenz dieser allgemeingültigen Normen auch in unserer Zeit durch ihre „modernen Abwandlungen“ und Neuerfindung von Generation zu Generation!) Was aber unsere heutige Zeit vor allem auszeichnet, ist die Dominanz der Industrialisierung, Technisierung und Digitalisierung über unser natürliches menschliches Empfinden. Die „Geister“, die wir mit diesen Erfindungen immer wieder von Neuem „ins Leben rufen“ brauchen ihre Aufmerksamkeit und Pflege. Immer schwieriger wird es, den Überblick über alles Existente – seien es technische Neuerungen, politische Umwälzungen, gesellschaftliche Entwicklungen - zu behalten, immer aufwändiger die Erfassung und Aufrechterhaltung alles Neuen. Zudem färbt das Tempo, das durch maschinelle und elektronische Steuerung der Abläufe unseres Alltags den Takt angibt, unser menschliches Leben weitreichend ein, drängt sich auf, bedrängt uns unaufhörlich und zunehmend in unserem ureigenen Rhythmus. Wir werden immer wieder gezwungen, wider unsere menschlichen Vielfalt und Differenziertheit uns dem Technischen, Digitalen „anzupassen“ – und damit unserem natürlichen individuellen Empfinden für Ausgewogenheit, für das richtige Mass (und für die nötigen „Zutaten“), unserem jeweiligen Eigenrhytmus - zumindest streckenweise - entgegenzuhandeln. Die Balance zu halten zwischen diesem „linearen Tempo“ und den natürlichen Schwankungen des Lebensrhythmus‘ ist hohe Kunst – und gelingt nur bedingt. Die Auswirkungen dieses „Seiltanzes“ bezw. „Jonglierens“ lassen sich in mannigfaltiger Form beobachten: Depression, Resignation und Gleichgültigkeit, Undifferenziertheit und Oberflächlichkeit, exzessives Geniessen und „über die Stränge schlagen“ sind nur einige davon. Eine auch weit verbreitete Haltung – im Falle des freudigen und motivierten Mitschwingens innerhalb des Prozesses kann man, wie ich unlängst zu Ohren bekam als „hochmotivierte Selbstausbeutung“ bezeichnen!

    Vor allem innerhalb des Arbeitsprozesses wirken sich diese „fremden Strukturen“ aus – aber auch ausserhalb von ihm und so ist es nicht verwunderlich, dass das Empfinden für den gesunden Eigenrhytmus und mit diesem für die Eigenverantwortung hinter jeder unserer kleinsten Entscheidungen zumindest betäubt wird. Letztendlich übergehen wir somit uns selbst und unseren ureigenen Kern bei diesem – zuweilen - unreflektierten „Erledigen“ unserer Programmpunkte – auch dann, wenn wir selbst dieses „Programm“ aktiv mitgestaltet haben!

    Dieser Tage kam mir folgendes Gedicht „über den Weg“, welches viel mit der beschriebenen Situation zu tun hat:

    Drehend und drehend in immer weiteren Kreisen
    Versteht der Falke seinen Falkner nicht;
    Die Welt zerfällt, die Mitte hält nicht mehr;
    Und nackte Anarchie bricht auf Erden los,
    Blutgetrübte Flut ergießt sich, und überall
    Wird der Brauch der Unschuld ertränkt;
    Den Besten fehlt alle innere Überzeugung, während die Schlimmsten
    Erfüllt sind von der Kraft ihrer Leidenschaft.
    Von William Butler Yeats

    Für uns Muslime steht hinter jeder unserer momentanen Entscheidungen der Anfangsentscheid für ALLAH t und Seinen Gesandten s.s. – das heisst, für den Islam. Es geht also für uns letztlich nur darum, mit unseren Handlungen die Beziehung zu Allah taala zu erinnern und zu pflegen – und somit im Eigentlichen um uns – um uns als Medien, als “Gefaesse” fuer den Willen Allahs taala. Diese ist eine überaus bedeutsame, kraftvolle, gewichtige, ja sozusagen eine „heilige“ Grundlage, eine Grundlage, die in ihrer Bedeutsamkeit diejenige unserer jeweiligen übrigen Entscheide bei weitem überragt. Wissen wir sie nicht mehr genügend zu würdigen, lassen wir sie nicht im Zentrum unseres Handelns immer wieder lebendig spuerbar werden, wird es uns gehen wie unten beschrieben:

    „Umherwandernd zwischen zwei Welten, die eine tot: Die andere zu schwach, um
    geboren zu werden.“(Autor?)

    Das Fasten im Ramadan ist eine enorme Hilfe bei dieser Erinnerung an unser Kernanliegen. Muhammad - Friede sei mit ihm – hat uns darüber gesagt:

    Für jede Tat des Sohns von Ādam wird eine zehnfache Belohnung gegeben, bis zum 700-fachen. Allah sagt: `Außer für das Fasten, denn es ist für Mich, und Ich werde es belohnen, denn er gibt seine Gelüste und sein Essen um Meinetwillen auf……“ (al-Bukhāri 5927; Muslim 1151).

    Möge der kommende Ramadan dazu beitragen, uns in unserer Gewissheit (Iman) zu festigen, möge die tägliche, stündliche Festigung unseres Entschlusses zu fasten unser Bewusstsein für die Wichtigkeit und den hohen Stand unserer Verantwortung für jeden Moment unseres Daseins stärken!



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 31.07.2012, 19:17


    Bismillahi Rahmani Rahim

    Der Zustand unserer Umma – Gemeinschaft – spiegelt sich anhand der Frage des Zeitpunkts des Fastenbeginns auf sehr anschauliche Weise.

    Es ist jährlich dasselbe Szenario: der Ramadan steht vor der Tür- viele Muslime warten gespannt auf die Meldung der Mondsichtung, ein anderer Teil der Gläubigen orientiert sich an den Berechnungen, welche bereits für Jahrzehnte im Voraus erstellt wurden.

    Der Bekanntgabe des Beginns des Monats Ramadan – man weiss es als geübter Fastender bereits und zweifelt dementsprechend – folgt mit sicherer Regelmässigkeit das Dementi der Möglichkeit der Sichtung auf dem Fuss. Man steht sodann vor der Entscheidung, sich der Mehrheit derer anzuschliessen, welche nach vorgefassten Plänen oder potentiellen Falschmeldungen zu fasten beginnen, oder es mit der Minderheit derer zu halten, die ihr Fasten doch zumindest nach der Berechnung der möglichen Mondsichtung richten.
    Allen gemeinsam ist jedoch die Orientierung nach einer Art von Berechnung – bezw. nach Sichtungsmeldungen an sehr entfernten Orten der Erde - anstelle der Sunna einer Sichtung vor Ort, von einem vielleicht von einer „offiziellen Stelle“ beauftragten, meinetwegen mit einem Teleskop ausgestatteten „Mondsichter“. Es fehlt uns ganz grundsätzlich an lebendigen Instanzen, denen wir unser Vertrauen schenken, unsere Loyalität gewähren und auf die wir uns in solchen Angelegenheiten eher verlassen wollten als auf verallgemeinerte, für den Durchschnittsmuslim oft auf reichlich abstrakter Basis vollzogenen Schlussfolgerungen.

    Das Problem, welches hier konkret in Bezug auf den Ramadanbeginn zutagetritt, tut sich also vor dem Hintergrund der Gesamtsituation unserer hiesigen Gemeinschaften auf. Wir sind zersplittert, uneins, (derzeit noch)weit davon entfernt, eine lokale gemeinsame Führungsinstanz zu akzeptieren. Auch wenn es natürlich in der Tat eine grosse Herausforderung ist, Gemeinschaften ganz unterschiedlichen Ursprungs unter einen Hut zu bekommen, ist dieses Uneinssein zweifelsohne auch sowohl Ausdruck eines Mankos an Entschlossenheit im Din, als auch umgekehrt ein schwächender Faktor für unseren Iman!

    Der Islam – jedes Einzelnen Muslim Islam – lebt und nährt sich aus der Gemeinschaft; je einiger wir als Gesamtgemeinschaft wären, desto stärker unser Glaube – und vice versa!

    So Gott will, werden wir eines Tages auch hierzulande – als Folge unserer Bemühungen darum - eine zentrale Koordination unserer muslimischen Angelegenheiten erleben. Bis dahin aber sollten wir jede Gelegenheit nutzen, unseren Iman zu stärken, unser Herz zu reinigen, unsere Nähe zu Allah taala zu erleben. Das Fasten im heiligen Monat des Ramadan ist eine grosse Chance dazu - eine Tür zu Allah, über unser eigenes Inneres, eine Tür zu Seiner Nähe und Vergebung, zum Paradies…

    Ich möchte im Zusammenhang mit dem heiligen Fastenmonat auf einen Artikel von verweisen, der letztes Jahr kurz nach dem Ramadan in GSIW gepostet wurde und der jetzt aktuell ist.

    Die Perlen des Ramadan


    Möge Allah taala unser Fasten annehmen, das Licht unserer Seele dadurch freilegen und uns als Gemeinschaft stärken!

    Salam wa Rahmatullahi wa Barakatuhu
    S.A.M.



    Re: SCHRIFTEN v. GSIW "nahestehenden" PERSÖNLICHKEITEN

    M.M.Hanel - 31.10.2012, 09:34


    .


    HIER geht es zu den weiteren AUFSÄTZEN im neuen WERBEFREIEN GSIW FORUM


    http://muslime.forumprofi.de/forum-anzeigen-artikel-und-amp-aufs-und-auml-tze-f31.html




    Hier noch einige Aufsätze die zwar schon veröffentlicht waren, deren Verfasser nun aber anonym bleiben möchte.
    Doch warum damit hinterm Berg halten?


    Kriminelle Ausländer bitte ausschaffen?!?
    Anonym 6.12.2010

    Am 28. November 2010 wird über die Eidgenössische Volksinitiative, die seitens der Schweizerischen Volkspartei lanciert wurde, für die Ausschaffung krimineller Ausländer abgestimmt. Dabei handelt es sich um die Ausschaffung von Ausländern, die gemäss dem Wortlaut der Gesetzesvorlage“.. wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts, wegen einer Vergewaltigung oder eines anderen schweren Sexualdelikts, wegen eines anderen Gewaltdelikts wie Raub, wegen Menschenhandels, Drogenhandels oder eines Einbruchsdelikts rechtskräftig verurteilt worden sind; oder die missbräuchlich Leistungen der Sozialversicherungen oder der Sozialhilfe bezogen haben..“

    Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei der Aufzählung der Delikte um eine abschliessende Liste handelt und ein Differenzierungsgebot zwischen Ausländern und Schweizern bezüglich der Rechtsgleichheit gefordert wird, behaupte ich, dass die Initiative lückenhaft, willkürlich, nicht stringent und vor allem äusserst diskriminierend ist. Des Weiteren behaupte ich, dass die Initiative gegen die Prinzipien der Schweizerischen Bundesverfassung verstösst.

    Die Gesetzesvorlage ist lückenhaft. Diese Feststellung lässt sich aus der Tatsache deduzieren, dass wichtige Delikte wie fahrlässige Tötung, Totschlag, schwere Körperverletzung und Wirtschaftsdelikte fehlen.
    Auch scheint der Text der Initiative zufällig also willkürlich zu sein oder kann jemand etwa die Frage beantworten, weshalb Mord und Sozialhilfebetrug gleich behandelt werden?!

    Gemäss dem Wortlaut der Initiative wird eine Relativierung der Rechtsgleichheit, Art.8 BV, gefordert. Nun stellt sich die Frage, ob eine solche Forderung in concreto nichts Weiteres ist als eine Diskriminierung. Tatsächlich ist rechtliche Differenzierung immer dann erlaubt, wenn es dafür sachliche und vernünftige Gründe gibt. Jedoch verbietet Art.8 Abs.2 BV ausländische Staatsangehörige wegen ihrer Herkunft anders zu behandeln als Schweizer Bürger. Die Gesetzesvorlage verletzt also den Schutzbereich der Rechtsgleichheit. Das Verwehren oder Verletzen eines Grundrechts verstösst konsequent gegen die Prinzipien des Schweizerischen Rechtssystems, da das Sicherstellen verfassungsmässig geschützter Grundrechte zu den wichtigsten rechtsstaatlichen Elementen der Eidgenossenschaft gehören. Ferner impliziert die Verletzung des Schutzbereichs der Rechtsgleichheit das Nichteinhalten der Europäischen Menschenrechtskonvention, in welchem das Diskriminierungsverbot ebenfalls zu finden ist. Der Verstoss gegen die EMRK bedeutet eine weitere Verletzung der tragenden Grundwerte der Bundesverfassung. Seitens der Initiativbefürworter scheint diese Tatsache nicht problematisch zu sein, da die EMRK nicht zwingendes Völkerrecht ist. Dieses umfasst nämlich nur die Bereiche Folter, Todesstrafe, Menschenhandel und Genozid. Das ius dispositivum, also Rechte, von deren Inhalt vertraglich abgewichen werden darf, sollen gemäss den Initiativbefürwortern absolut also ohne jegliche Einschränkung dem Volkswillen unterworfen werden. Direkte Demokratie sei Grund genug, um dem Volk eine derart bedeutende Rolle einzuräumen. Ist es aber an dieser Stelle nicht sinnvoll, sich zu überlegen, wo die Grenzen der Demokratie beginnt um ein Aufkeimen der Tyrannei zu verhindern?

    Ferner behaupten die Befürworter der Initiative, dass die Ausschaffung krimineller Ausländer für die Sicherheit der Schweiz unabdingbar sei. Jedoch hat die Schweiz gemäss den Statistiken einen der höchsten Ausländeranteile der Welt, aber nicht annähernd so viele Probleme mit Ausländern wie andere Länder. Falls die SVP tatsächlich um die Sicherheit der Schweiz bangt, könnte man die Frage aufwerfen, weshalb sie beispielsweise keine Initiative lancieren, welche das Einführen eines Integrationsartikels in die Bundesverfassung fordert. Durch Verankerung der Integration in der Bundesverfassung wären Bund, Kantone und Gemeinden verpflichtet, die Integration tatsächlich zu fördern und dazu Mittel zur Verfügung zu stellen. Eine solche Initiative wäre verhältnismässig und nicht gegen ratifizierte Verträge verstossend. Alles in allem würde es sich um eine sozialadäquatere, freundlichere und nützlichere Initiative handeln.

    Schliesslich ist noch anzufügen, dass die Initiative die Prinzipien des Strafrechts missachtet. Das Schweizerische Strafgesetzbuch folgt nicht der Idee „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, sondern folgt dem Konzept der Prävention. Das Strafrecht wendet also das ultima-ratio-Prinzip an, was bedeutet, dass Strafbestimmungen nur erlassen werden, soweit dies für das ungestörte Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft unerlässlich zu sein scheint.

    Die aufgeführten Argumente sprechen gegen die Initiative und bekräftigen meine aufgestellte These, jedoch präzisiere ich sie folgendermassen:
    Die Ausschaffungsinitiative ist lückenhaft, willkürlich und diskriminierend. Die Initiative ist aber auch unkonventionell, da sie gegen die Prinzipien der Bundesverfassung und des Strafrechts verstösst.


    Weshalb befürwortet Israel die Diktatur in Ägypten?
    Argumentation von Anonym

    Die Staatsform Israels ist die repräsentative Demokratie. Israel bekennt sich pro consecutio zu demokratischen Prinzipien, wie zum Beispiel Wertetoleranz, Mässigung, Meinungsäusserungsfreiheit, Medienfreiheit, allgemeines, freies, geheimes Wahlrecht und Schutz der Menschenrechte. Die israelische Regierung müsste aufgrund dieser Prinzipen, aber auch aufgrund der Tatsache, dass Menschenrechte, ein kategorischer Imperativ des Demokratiekonzepts par excellence, in einem diktatorischen Regime nicht gewährleistet sind, die Herrschaft Mubaraks konsequent ablehnen. Hingegen lässt sich eine kontradiktorische Haltung präsentieren. Weshalb? Diese Frage werde ich anhand folgender These beantworten: Falls in Ägypten eine demokratische Epoche eingeleitet werden sollte, dann wäre nicht Husni Mubarak, sondern Israel der grösste Verlierer.

    Die grösste Sorge Israels gilt dem Friedensabkommen mit Ägypten. Zwischen 1948 und1973 führten Israel und Ägypten vier Kriege. Schliesslich ratifizierten 1979 der israelische Ministerpräsident Menachem Begin und der damalige ägyptische Präsident Anwar as-Sadat einen Friedensabkommen. Hierbei ging es nicht darum im Bereich des Tourismussektors zusammenzuarbeiten, gemeinsame militärische Übungen abzuhalten oder kulturelle Beziehungen zu pflegen. Im unterzeichneten Abkommen einigte sich die ägyptische und israelische Seite auf einen diplomatischen und stabilen Frieden. Die schmerzlichste Folge dieser Abmachung zeigte sich in der Isolierung des Gazastreifens aufgrund der Schliessung des ägyptischen Grenzübergangs. Falls eine demokratische Regierung Mubaraks diktatorisches Regime ersetzen könnte, müsste sie die Isolierung des Gazastreifens ohne Weiteres aufheben. Denn einerseits ist der kategorische Imperativ respektive die conditio necessiva der Demokratie die Gewährleistung und Garantie der Menschenrechte und anderseits wird das Friedensabkommen aus dem Jahr 1979 ausschliesslich von Mubarak unterstützt. Das ägyptische Volk hingegen lehnt das Abkommen ab. Deswegen wird sich eine neue Regierung in Kairo vom Friedensvertrag distanzieren.

    Trotz Demokratie in Israel werden Menschenrechte nicht respektiert. Diese Behauptung lässt sich mit der Tatsache belegen, dass der Gazastreifen seit 2007 von der Aussenwelt abgeschnitten ist. Etwa 1,5 Millionen Menschen sind in einer am dichtesten bevölkerten Region der Welt gefangen. Seit der Isolierung des Gazastreifens ist die Nahrungsmittel- und Wasser-, aber auch medikamentöse Versorgung unzureichend, die Realwirtschaft liegt darnieder und die Infrastruktur kann aufgrund fehlender Mittel, da kein Gütereinfuhr aus Ägypten möglich ist, nicht wiederhergestellt werden. Im Falle einer Auflösung des Friedensabkommens wären die Palästinenser mit Hilfsgütern versorgt, Wiederaufbau dank Baumaterial wäre möglich und Realwirtschaft könnte das Geschäft mit Schmuggelware ablösen. Unter diesen Bedingungen wäre eine Zweistaatenlösung denkbar, was eventuell nicht im Interesse Israels liegt. Denn in einem solchen Fall müsste Israel den Siedlungsbau in jenen Gebieten einstellen, deren rechtlicher Status nicht im Waffenstillstandsabkommen von 1949 geregelt wurde.

    Abschliessend, zusammenfassend und präzisierend kann meine eingangs aufgeworfene Frage, weshalb Israel Mubaraks Diktatur unterstütze wie folgt beantwortet werden: Israel unterstützt das Mubarak-Regime, weil ein Machtwechsel höchstwahrscheinlich die Kündigung des Friedensabkommens von 1979 bedeuten würde. Pro consecutio wäre Ägypten eine optimale Rückendeckung für die Palästinenser im Gazastreifen, so dass über eine Zweistaatenlösung diskutiert werden könnte. Ein solcher Lösungsansatz würde aber auch von Israel die Einstellung des illegalen Siedlungsbaus fordern, denn ansonsten wäre eine klare Grenzziehung zwischen Israel und Palästina a priori nicht möglich. Der Verlust illegaler Gebiete würde für die Israeli eine Machteinbusse bedeuten. Pro consecutio bleibt Israel nichts Weiteres übrig, als sich an Mubaraks Diktatur festzuklammern.



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