Kerillana - die Geschichte

Lenns Castle
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    Re: Kerillana - die Geschichte

    DasLennchen - 22.02.2008, 07:57

    Kerillana - die Geschichte
    Kerillana - das Land der Nebel
    Die Geschichte



    Sanft rollte die Dünung des unendlichen Ozeans auf die einsame Insel zu. Die aufgehende Morgensonne verzierte die Schaumkronen mit einer rosa gefärbten Spitze und ließ die marmornen Säulen der Tempel weiß aufleuchten.
    In dem Turmzimmer des rechten Hausflügels wehten die Vorhänge in der sanften Morgenbrise. Ein erfrischender Duft nach Blüten und Salzwasser erreichte die Schläferin und weckte sie auf. Gerwynn reckte und streckte sich. Sie gähnte ausgiebig und sah nachdenklich auf das glitzernde Wasser der bucht hinaus. Sie hatte geträumt. Ein unbestimmtes Sehnen erfüllte sie, vergangene Abenteuer ließen sie nicht zur Ruhe kommen. So schön und friedlich das Leben auf der Insel der Priesterinnen im Dienste der Großen Mutter war, fühlte sich Erdenmutter gelegentlich doch ein wenig gelangweilt. Sie griff an das Amulett der Weltenwanderer, das sie ständig am Halse trug. Es fühlte sich lebendig an. Wieder erfüllte sie ein unbestimmtes Sehnen, wie ein Ruf aus einer anderen Welt. Gerwynn kleidete sich an und eilte kurz entschlossen in den Tempel.
    Dort traf sie, wie erwartet die Oberpriesterin am Altar an. Sie entzündete gerade zum Willkommen des erwachenden Tages die Flammenschalen. In keinster Weise überrascht sah sie der Eintretenden entgegen. „Du willst fort, nicht wahr?“ als Gerwynn mit dem Kopf nickte, führ sie fort „Ich habe es gespürt. Geh mit dem Segen der Großen Mutter. Aber vergiss nicht, dass hier auf dich eine Aufgabe wartet. Ich werde nicht mehr lange den Dienst versehen können und du weißt, dass du dann an meine Stelle treten musst.“ Gerwynn verneigte sich und verließ den Tempel. Ihr Weg führte sie zu den Felsen, wo ihre Greifin Xelenka den kleinen Flugechsen Unterricht im Fliegen gab. „Ah, ist es wieder weit?“ wurde sie auch von ihrer Greifin begrüßt. Gerwynn war total verblüfft. „Alle Welt scheint zu wissen, dass ich weg will, nur ich selber nicht. Aber du hast Recht Xelenka, lass uns aufbrechen.“ Die Greifin ermahnte ihre Schüler, fleißig weiter zu üben und immer folgsam auf den Ratschlag ihrer Mutter zu hören, die mit der Pflege eines neuen Geleges beschäftigt war. Dann rüsteten sich die beiden Weltenwanderer zu ihrer neuen Reise. Gerwynn sattelte Xelenka und verstaute die nötigen Gerätschaften und Kleidungsstücke in den Taschen. Eine große Tüte Kekse für ihre Tochter vergaß sie dabei auch nicht. Sie hoffte, sie auf ihrer Wanderung wieder zu sehen.
    Gegen Mittag hatte sie alles verstaut. Gerwynn bestieg den Rücken Xelenkas. Die Greifin hob ab und flog auf das offene Meer zu. Das Amulett der Weltenwanderer begann an Gerwynns Hals zu leuchten und umhüllte die beiden Fliegenden mit einem glühenden Schein. Über dem Ozean öffneten sich die Wolken wie ein großes Tor und Gerwynn flog mit ihrer Greifin hindurch.

    An Azarynaths Handgelenk schimmerte ein silberner Armreif aus Feensilber auf dem das Wappen ihres Schlosses gut zu erkennen war. Ihre langen, blonden Haare wehten im Wind und ihr langes, rotes Samtkleid fiel weich über ihren Körper, über den Damensattel hinab auf die dunklen, bebenden Flanken ihres Pferdes. Die großen Satteltaschen waren prall gefüllt mit allerlei mehr oder weniger wichtigen Dingen, auf die eine Dame nun mal einfach nicht verzichten konnte. Sie blickte ein wenig traurig vor sich auf den Boden. Soeben hatte sie ihr Meister verlassen, denn er war der Meinung gewesen, ihr nichts mehr beibringen zu können. In den wenigen Monden in denen Azarynath bei ihm gewesen war, hatte sie ihn doch schon sehr in ihr Herz geschlossen. Er hatte ihr beigebracht, die Erde und ihre Magie zu ehren, er hatte ihr die Ursprünge des Daseins erklärt und schließlich gezeigt, wie sie ihre eigene Kraft einsetzen konnte, um Elemente und Geister zu beschwören. Zuerst hatte Azarynath Angst vor sich selbst gehabt, wenn sie ihre Kraft frei ließ. Nach und nach hatte sie jedoch gelernt, sich die Magie zu Nutze zu machen und mit ihr zu helfen.
    Früher hatte sie sich immer gefragt, wie ihre Mutter es geschafft hatte, einen so unbeugsamen Glauben an die Natur zu bekommen, nun verstand sie. Alles hing zusammen, alle Welten hatten Ähnlichkeiten. Sie waren durch Tore miteinander verbunden. Die Natur hatte Gesetze geschaffen, ohne die das Leben unmöglich wäre. Die Kräfte der Natur waren immer und überall. Wie sie entstanden, wussten nur die Weisesten Priester der Erde.
    Nun saß Azarynath allein auf dem Rücken ihres Pferdes vor dem kleinen Wäldchen neben der kleinen Hütte ihres Meisters. Dort zwischen den Bäumen befand sich ein Weltentor, durch das sie nun zurück nach Hause kommen würde. Sie drückte ihre Waden sanft gegen die Flanken ihres Pferdes und ließ es an einer Tanne vorbei gehen.
    Plötzlich verschwamm die Umgebung um sie herum, Formen und Farben vermischten sich ineinander, bis bald nur noch eine undurchdringliche graue Masse zu sehen war. Azarynath war, als würde sie samt ihrem Pferd vorwärts gezogen, dann auf Einmal war alles wieder still.

    Die Nacht brach bereits herein und Tyrion machte sich daran ein Lager für die Nacht zu finden. Etwas entfernt vom Wegesrand, fand er eine kleine Senke, verdeckt durch mehrere Büsche. Ein idealer Ort zum Übernachten, wie er fand. Morgen würde er die Stadt Doros erreichen. Er freute sich schon auf die Gasthäuser und einen guten Schluck Met. Dazu würde er wieder einige Geschichten erzählen, denn das war sein Beruf. Tyrion war Geschichtenerzähler und bereiste das ganze Land. Er kannte viele Geschichten, alte Legenden, oder, was er besonders gern tat, er dachte sich welche aus. Der heutige Tag war gut verlaufen. Auf einem kleinen Dorfplatz, durch das er während seiner Wanderung gekommen war, hatte er einigen kleinen Kindern ein paar Geschichten erzählen können. Zum Dank hatten ihn die Eltern mit reichlich Proviant beschenkt. Ihm mangelte es nie an Publikum. Zwar mochte seine Erscheinung mit der dunklen Kleidung auf den ersten Blick wenig Vertrauen erweckend wirken, doch sobald die Menschen seine Stimme vernahmen, lauschten sie wie gebannt. Mit seiner Stimme konnte er die Menschen in eine andere Welt versetzen. Sie erzeugte in den Leuten den Wunsch nach Abenteuer und Abwechslung. Zusätzlich zu den Geschichten zeigte er hin und wieder auch kleinere Zaubertricks. Ließ hier mal eine Münze verschwinden, zauberte da einen Strauß Blumen herbei, oder formte Figuren aus Feuer. Meistens erschien er als alter Mann. Denn einem alten Mann schenkte man mehr Glauben, wenn er Legenden aus längst vergangener Zeit erzählte. Außerdem waren die Leute auch eher bereit einem gebrechlich wirkenden Geschichtenerzähler Geld und Essen zu geben, als einem Mann in den besten Jahren. Doch in Wirklichkeit war er noch nicht mal Dreißig. Aber er liebte es sich zu verkleiden und seine Fähigkeiten in der Zauberkunst und der Erschaffung von Illusionen waren ihm dabei sehr von Vorteil. Er amüsierte sich immer köstlich, wenn er mit alten Leuten ins Gespräch kam und sich mit ihnen über die guten alten Zeiten ausließ. Kurz und gut, er war immer da, wenn die Leute unterhalten werden wollten.
    Während er noch so den Gedanken an den Tag nachhing, versank die Sonne im Westen und Dunkelheit breitete sich über das Land aus. Er zündete sich noch eine Pfeife an, doch dann begab er sich zur Ruh. Er hatte noch einige Meilen vor sich und er wollte das große Fest in der Stadt nicht verpassen. Diese Feste boten immer eine Gelegenheit neue Geschichten zu erfahren und zugleich etwas Geld zu verdienen. Bald schlief er tief und fest. Der Mond zog auf und ein silbriges Leuchten fiel auf die Erde.
    In seinen Träumen sah er etwas Graues. Graue Schlieren waren zu erkennen. Eine karge Landschaft mit verdorrten Bäumen. Einen großen Sumpf. Und alles war umgeben von einer Nebelwand. Plötzlich riss der Schleier auf und er erblickte eine zerstörte Stadt. Im Zentrum stand die Ruine eines Tempels. und aus dem Tempel ertönte ein Ruf. Ein Ruf nach Hilfe. Tyrion war als streifte eine große Macht sein Bewusstsein und er erschauerte. So gewaltig war die Macht, dass er glaubte erdrückt zu werden. Doch spürte er zugleich auch einen großen Schmerz, der von dieser Macht ausging, so als stände sie in großer Trauer. Es trieb ihm die Tränen in die Augen und er keuchte.
    "Wende dich gen Osten!" hörte er eine Stimme.
    "Gen Osten!"

    Azarynath hatte Mühe, ihren schwarzen Hengst zu zügeln als sie sich verwundert umsah. Azarynath musterte die triste Umgebung. Kahle Äste ragten wie drohende Totenarme in den bleichen Himmel. Die Landschaft wirkte abweisend und trostlos. Kein Lebewesen regte sich.
    Nun erschien ein dunkler Punkt am Horizont, der sich rasch näherte. Mit mächtigen Flügelschlägen trug die Greifin Xelenka ihre Reiterin. Die Sonne blendete die Augen der am Boden Stehenden. Erst als die Greifin zur Landung ansetzte, konnte sie die Reiterin erkennen. Sie war in ein weißes Gewand gehüllt und trug darunter Hosen aus Drachenleder. Ein Schlangengürtel hielt das weiche Gewand zusammen. An ihrer Stirn schimmerte der Reif mit dem Stern der Erdgöttin, am Hals trug sie das Amulett der Weltenwanderer. Die Reiterin schritt rasch auf Azarynath zu und umarmte sie herzlich. "Ich freue mich, dich zu sehen, meine Tochter.“ Blaue Augen blitzten strahlend auf. "Ich habe auf meiner Insel einen Ruf vernommen und gespürt, dass ich wieder durch die Welten wandern muss. Ich habe sehr gehofft, dich zu treffen. Wie lange ist es schon her, seitdem wir gemeinsam die Schattenwelt von ihren dunklen Mächten befreit haben! Seitdem haben wir uns nicht mehr gesehen“ Gerwynn blickte sich um und musterte die karge Landschaft. Geröllbrocken lagen auf staubtrockenem Boden. Nur vereinzelt kämpften kümmerliche Pflanzen um ihr Dasein. In der Ferne schien sich ein unendliches Meer auszubreiten. Gerwynn kniff ihre Augen zusammen und sah über dem Wasser Nebelschwaden wogen. Sie schauderte. „Es ist unheimlich hier. Wo sind wir nur gelandet?“
    Bei Xelenkas Landeanflug war Dunkelfeuer, Azarynaths Hengst noch aufgeregter und nervöser mit seinen Hufen herumgetrippelt. Er hatte gescharrt und ein wenig hysterisch geschnaubt.
    Schließlich sah man es nicht alle Tage, dass eine Greifin samt Reiterin einfach von Himmel fiel. (Zumindest war es ihm so vorgekommen, als wären sie gefallen. Seine Reiterin hatte ihn auf den gemeinsamen Ritten durch dichte Wälder, entlang an plätschernden Bächlein zwar schon oft von dieser Greifin erzählt, die durch die Welten wanderte, Doch Dunkelfeuer war ein sehr junges Tier, noch kaum eingeritten und eine Greifin hatte er noch nie zuvor gesehen, geschweige denn sie so nah neben sich stehen gehabt!)
    Als hätte Azarynath die Gedanken ihres Tieres gelesen( und wer weiß, vielleicht hatte sie das wirklich), streichelte sie ihn am Hals und flüsterte ihm beruhigende Worte zu. Sie wusste, dies war sein erstes Abenteuer, und wer konnte schon erwarten, dass jeder als mutiger Held geboren war?
    Azarynath blickte sich um. Es war wirklich keine schöne Gegend hier. Alles ah sehr trostlos und seltsam unwirklich aus. „ Ich habe das Gefühl, dass wir nicht ohne Grund hier her gebracht wurden…“, sie starrte auf die Nebelmassen. „ Ob wir wohl die einzigen hier sind? Ist so trostlos…und…leer!“


    Tyrion erwachte. Er rieb sich den Schlaf aus den Augen und blinzelte in das Licht der aufgehenden Sonne. Was für ein seltsamer Traum. Gedanklich noch mit dem Traum beschäftigt, machte er sich bereit loszumarschieren. Wenn alles gut ging, würde er am Nachmittag Doros erreichen. Zügig schritt er auf dem Weg entlang. Vielleicht konnte er aus seinem Traum eine Geschichte machen. Eine Nebelwelt. Nun er hatte ja noch einige Stunden bis zur Ankunft.
    Meile um Meile wanderte er so und die Landschaft änderte sich kaum. Es war Herbst und die Welt stand im Wandel. Das Grün der Bäume wich einem kräftigen Rot. Golden schimmerte das Laub und die Luft war erfüllt vom Gezwitscher der Vögel. Tyrion genoss es in der Natur zu wandern. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel als er ein Geräusch hörte, dass nicht in seine Umgebung passen wollte. Es hörte sich nach Hufgetrappel an. Und so wie es sich anhörte, schien jemand im vollen Galopp zu reiten. Da hat es aber jemand eilig, dachte Tyrion bei sich. Das Getrappel der Hufe kam von hinten. Tyrion drehte sich um, neugierig zu sehen, wer denn da so schnell unterwegs war. Umso größer war sein Erstaunen, als er ein reiterloses schwarzes Pferd auf sich zu rennen sah. Aber dann wich sein Erstaunen einer großen Freude. „Liuvar!“ begrüßte er den schwarzen Hengst voller Zuneigung. „Was machst du denn hier, so weit entfernt von deiner Heimat im Norden?“ Das Pferd war bei ihm angekommen. Große braune Augen schauten in die violetten Augen des Mannes. Aufmunternd stupste es den Mann an und trabte dann ein Stück zurück des Weges, den Tyrion beschritten hatte. „Zurück? Aber ich will doch nach Doros.“ Er nickte entlang des Weges in die andere Richtung. Liuvar trabte wieder zurück und stupste ihn erneut an. Plötzlich war es Tyrion, als vernähme er wieder den Ruf aus seinem Traum. „Gen Osten!“ Er blickte in die Richtung, in die das Pferd gezeigt hatte und stellte fest, dass es nach Osten ging. „Nach Osten, also?“ fragte er das Pferd. Liuvar tänzelte leicht und zuckte mit dem Schweif. „Nun, du hast mich schon in so manche Schwierigkeiten gebracht.“ Er grinste leicht, Liuvar schnaubte leise und drehte ihm den Rücken zu. „Aber noch keine, aus der wir gemeinsam nicht wieder herausgekommen wären. Also dann, nach Osten!“ Er schwang sich auf den Rücken des Hengstes und Liuvar preschte los. Er ritt so schnell, dass der Wind an ihm vorbei pfiff. Stetig nach Osten galoppierte Liuvar und er wurde nicht langsamer. Auch nicht, als der Abend hereinbrach.

    Azarynath warf prüfend einen Blick auf das Gepäck ihrer Mutter "Hast du auch deine feinen selbstgebackenen Kekse dabei? Ich meine ja nur so...als kleine Stärkung für unterwegs..", Ihr Blick fiel erneut auf die Nebelschwaden über dem Wasser"Wo sind wir hier eigentlich?", frage Azarynath und blickte auf das sich schließende Weltentor hinter sich. "In welcher Welt sind wir gelandet?"
    Gerwynn hob die Schultern zum Zeichen, dass sie es auch nicht wusste. Dann bemerkte sie die Aufregung, die ihr Reittier verursachte. Sie ging auf Azarynaths Hengst zu, blies ihm sanft in die geblähten Nüstern und murmelte einige Worte zu dem erregten Tier, das sich dann allmählich beruhigte.
    Statt einer weiteren Antwort reichte sie Azarynath anschließend einen dicken Beutel mit selbstgebackenen Keksen hin. Sie grinste dabei so spitzbübisch, dass sie viel jünger aussah. "Wie könnte ich deine Leidenschaft vergessen, meine Liebe?" Mutter und Tochter sahen sich verständnisvoll in die Augen und nickten sich zu.

    Tage und Nächte ritten sie und machten immer nur kurz Rast. In einem der Dörfer, an denen sie vorbei kamen, kaufte Tyrion sich einen Sattel. Ohne Sattel zu reiten, fand er dann auf Dauer doch etwas umpraktisch.
    Bald waren sie soweit im Osten des Landes, dass selbst Tyrion nicht mehr wusste, wo sie waren. Die Landschaft war hier hügeliger und große Steinbrocken lagen herum. Und noch immer galoppierte Liuvar unermüdlich weiter in Richtung Osten. Und auf einmal war es Tyrion, als durchschritten sie eine unsichtbare Linie. Das Licht, was eben noch hell und golden gewesen war, wirkte nun trüb und fahl. Vor ihnen erstreckte sich eine große Steinwüste. Tyrion blickte nach hinten, aber dort, wo zuvor noch hügelige Landschaft gewesen war, breitet sich nun ebenfalls eine Ödnis aus grauem Felsen aus. „Ein Weltentor!“ entfuhr es Tyrion. Er hatte schon viele Legenden davon erzählt, es innerlich aber immer als Märchen abgetan.
    Plötzlich hörte er ein Summen in der Luft. Erstaunt blickte er nach oben und suchte den Himmel ab. Sehr weit oben und viele Meilen voraus flog eine Gestalt am Himmel. Als er die Augen zusammen kniff, konnte er einen Greifen erkenne. Auf dem Greif saß eine schlanke Gestalt. Aber er konnte nicht genau erkenne, um wen es sich dabei handelte. Eine vage Vermutung tauchte in ihm auf. Er hatte nur von wenigen Menschen gehört, die auf einen Greifen ritten. Aber nein, dies konnte nicht sein. Die Person, an die er dachte, lebte angeblich gar nicht mehr in seiner Welt. Auf einer Insel, hatte er gehört, solle sie leben. In einer anderen Welt. Einige seiner Erzählungen hatten von ihr gehandelt. Gerwynn, die Priesterin der Großen Mutter und ihre Greifin Xalenka. Sie folgten dem Greifen, bis sie ihn am Horizont verschwinden sahen. Und an sah er es. Eine graue Wolke, die den Himmel voraus überzog. „Mein Traum!“ rief Tyrion. Und tatsächlich, die Wollen waren Nebelschwaden. Seltsam verschlungen. Und vor dem Nebel standen mehrere Gestalten. Er erkannte den Greifen und den Reiter. Die Reiterin, verbesserte er sich. Also hatte er doch recht gehabt. Neben der Priesterin, stand eine kleinere Person. Tyrion gab Liuvar zu verstehen, langsamer zu reiten. Gemessenen Schrittes näherte er sich der kleinen Gruppe

    Während Gerwynn und Azarynath noch die Nebel betrachteten, näherte sich ihnen ein einsamer Reiter. Die Gestalt auf dem Pferd war in einem schwarzen Umhang gehüllt, eine Kapuze verdeckte das Gesicht. Er wirkte schlank, aber weder von besonders kleinem noch besonders großem Wuchs.
    Die beiden Frauen hatten mittlerweile den Reiter bemerkt und beobachteten ihn misstrauisch. Die Aura der Gestalt war von seltsamer Art. Seltsam dunkel, aber auch auf eine Art freundlich und friedlich. Scheinbar gelassen beobachteten sie den näher Kommenden, innerlich jedoch auf alles gefasst. Als der Reiter nur noch wenige Meter entfernt war, zügelte er sein Pferd und stieg in einer fließenden Bewegung ab. Ruhigen Schrittes näherte er sich der Priesterin und ihrer Tochter. "Ich grüße euch!" Er schlug seine Kapuze zurück. Darunter kam ein junges Gesicht zum Vorschein. Nur ein paar kleinere Falten um die Augen herum verrieten, dass er wohl doch etwas älter war und über mehr Erfahrung verfügte, als man beim ersten Betrachten vermuten mochte. Der Mann hatte feine, fast schon edle Züge und schulterlanges schwarzes Haar. Das Auffälligste an ihm waren jedoch seine fast strahlenden violetten Augen. "Mein Name ist Tyrion. " Seine Stimme klang tief und beruhigend. "Ich vernahm einen Ruf und ich folgte ihm bis hierher. Könnt ihr mir sagen, was mich gerufen hat, oh Priesterin der Mutter Erde?"
    Azarynath blickte den fremden Reiter verwundert an. „Mir scheint, es war kein Zufall, dass mich die Weltentore an diesen Ort geführt haben…Wie kommt es, dass drei verschiedene Menschen zur gleichen Zeit an solch einen Ort kommen? Wir haben dich nicht gerufen, Fremder. Ich dachte es wäre Zufall gewesen, dass mich die Tore an diesen Ort brachen. Ich war innerlich noch etwas aufgewühlt und so konnte es leicht passieren, dass das Tor mich an den falschen Ort beförderte…aber dass auch meine Mutter hier her kam, und dass ich ebenfalls gerufen wurdet…das ist ein Rätsel!“

    >>>Tempelruf!

    Azarynath blickte an den Horizont, wo nur noch die Strahlen der Sonne zu sehen waren. "Haltet ihr es für geschickt, in der Dunkelheit loszureiten? Wir kennen die Wege nicht und unsere Tiere könnten sich verletzen. Ich schlage vor, wir bauen hier unser Lager auf und morgen, beim ersten Sonnenstrahl, reiten wir los und erkunden dieses merkwürdige Land. ", mit diesen Worten führte sie ihren Hengst heran und begann in ihrer Sattaltasche zu wühlen, bis sie etwas herausangelte. Es sah aus wie ein Zirkuszelt in Miniaturformat, das auf ihrem rechten Handteller stand. Sie blickte sich um, ging zu einer Stelle, an der keine Geröllbrocken lagen, blickte gen Himmel und hauchte dann sanft gegen das kleine Zelt. Dieses wurde augenblicklich größer, und als es die Größe einer Katze erreicht hatte, setzte Azarynath es vorsichtig zu Boden, wo es weiter wuchs. Während das Zelt immer größer wurde, kramte Azarynath noch andere kleine Gegenstände heraus, die auf einen Hauch hin zu einem Kochtopf, einem Sack mit Gemüse, sowie einigen Laib Brot heranwuchsen. Inzwischen war das Zelt auf fünf Schritt in die Höhe und sieben in die Breite heran gewachsen. Naben dem Zelt band Azarynath ihr Pferd an einen toten Baumstamm, dann brachte sie ihr Reisegepäck in das hinein. Kurz bevor sie eintrat, drehte sie sich zu ihren Gefährten um "Wenn ihr wollt, könnt ihr in meinem Zelt nächtigen, Liegeplätze habe ich genug und um das Feuer, das ich gleich zum Kochen entfachen werde, wird es schön warm sein." Sie lächelte ihrer Mutter zu. "Ja, ich habe auf meinen weiten Reisen einiges gelernt.". Dann schlüpfte sie in das Zelt.
    Um die Feuerstelle in der Mitte waren weiche Felle gelegt. Jedoch waren überall Decken verstreut, die eigentlich in einer Ecke gestapelt hätten sein sollen...Azarynath dachte bei sich, dass sie diese nächstes Mal festbinden müsse .Das Pferd schaukelte einfach zu stark!
    Dann stellte Azarynath den großen Kessel auf die Feuerstelle. Sie griff unter ihren Rock, wo an einem ledernen Strumpfband ein kleiner Dolch befestigt war. Er war mit Flammen verziert und schillerte in gelb und rot Tönen. Das war ihre Feuerklinge, deren Namen Azarynath in ihrer Kindheit getragen hatte. Den Dolch bohrte Azarynath in den Boden und es dauerte nicht lange, bis der Griff zu glühen begann. Die junge Frau erinnerte sich, wie sie sich das erste mal gewundert hatte, als ihr Dolch in der Erde in Flammen aufgegangen war. Damals hatte sie noch nichts von der Magie der Natur gewusst. Und auch nicht von der Magie in ihr selbst, von der Magie, die jedes Lebewesen in sich trug und von der nur wenige wussten, wie sie zu kontrollieren war. Nun zog der Dolch ein paar Tropfen Magie aus dem Boden und begann zu brennen. Das Holz wurde angesteckt und bald knisterte ein kleines Feuer unter dem Kessel.
    Ob ihr wohl jemand beim Essenmachen helfen würde, fragte sich Azarynath.

    Tyrion nahm den Sattel und sein Gepäck von Liuvars Rücken und führte ihn zu Azarynaths Pferd, ließ ihn aber unangebunden. Anschließend betrat auch er das Zelt. "Schön gemütlich hier drin. Normalerweise schlafe ich immer im Freien unter einem bloßen Zeltdach neben Liuvar, aber ich glaube diesmal mache ich eine Ausnahme."
    Er drehte sich herum "Ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich habe Hunger! Leider habe ich außer meinem kargen Proviant nur ein paar Gewürze dabei. Aber zu einem Eintopf dürften sie allemal reichen. Hat irgendwer etwas Gemüse oder vielleicht sogar Fleisch dabei?" Er stellte sich zu Azarynath an den großen Kessel.
    Gerwynn zögerte einen Augenblick und sah zu ihrer Greifin hinüber. Dann atmete sie tief den verführerischen Essensduft ein und begann, in ihrer Satteltasche zu kramen. Mit einer großen Tüte in der Hand schlug sie die Zeltplane zurück und betrat den anheimelnden warmen Innenraum. Ihre Tochter stand in gutem Einvernehmen mit Tyrion am Kochtopf. Mit einen feinen Augenzwinkern hielt sie ihr die Tüte hin und sagte "Hüte sie gut, denn sie wird niemals leer werden, solange du noch einen Rest übrig behältst. Dann füllt sie sich immer wieder auf. Nimmst du alles, dann ist der Zauber gebrochen." sie überreichte den beiden Köchen die Tüte. Verführerische Kekse und Schokoladen luden zum Hinlangen ein. "Damit werden wir keine Not leiden müssen, auch wenn wir nichts mehr zum Essen finden sollten.
    "Hmmm, noch ein bisschen davon und von dem...so! Der Eintopf ist fertig, nur ähem...Hat jemand Teller dabei???" Tyrion blickte etwas verlegen. "Ich hab nämlich jetzt grad keine. Er drehte sich kurz um. "Fangt schon mal an zu essen. Ich glaube, ich genehmige mir noch etwas vor dem Essen" Mit diesen Worten holte er eine Pfeife und einen Beutel mit Tabakblättern aus seinem Gepäck, ging nach draußen und setzte sich auf einen Felsbrocken neben den Eingang. Dann stopfte er vorsichtig ein paar Blätter in die Pfeife und zündete diese mit einem Fingerschnippen an. "Hmm!" Genüsslich zog er an seiner Pfeife und bald schwebten Rauchkringel in die nächtliche Dämmerung. Gedankenverloren blickte Tyrion in den sternklaren Himmel. Die Teller hatte er schon vergessen.
    Als seine Pfeife zu Ende war, klopfte er sie aus, ging aber zuvor noch zu Liuvar. "Na mein Guter. War ein langer Ritt heute, ruh dich etwas aus. Ich denke, morgen wird es viel zu tun geben" Er streichelte die Nüstern des Pferdes, dann merkte er, dass er eigentlich Hunger hatte. Als er wieder das Zelt betrat, hatten die Frauen bereits kräftig zuglengt. "He, habt ihr mir was übrig gelassen?" Tyrion blickte leicht bestürzt auf den schon ziemlich leeren Kessel.
    Tyrion nahm die dampfende Schüssel, die Azarynath ihm reichte, und setzte sich zu den Frauen. "Ah, ausgezeichnet!" lobte er Azarynaths Kochkunst
    "Nun, ich denke, wir sollten heute Nacht Wachen aufstellen. Wir kennen uns hier in der Gegend nicht aus und wissen nicht, ob uns vielleicht Gefahren drohen. Ich kann auch gerne mit der Wache anfangen.", schlug er vor. "Außerdem sollten wir unser weiteres Vorgehen besprechen! Ich möchte gerne mit euch reisen.“ Gerwynn nickte. "Du hast Recht, Tyrion Wir sollten Wachen aufstellen. Wir wissen nicht, was uns hier in dieser neuen Welt erwartet. Ich spüre Magie. Sie ist überall vorhanden. Ob sie gut oder schlecht ist, kann ich nicht sagen. Ich denke, dass wir es sehr bald herausfinden werden." Dann stand sie auf und reichte Tyrion ihre Hand. "Sicher kannst du mit uns mitkommen. Ich freue mich darüber. Azarynath und du seid zu Pferd und ich kann die Gegend vorher mit Xelenka erkunden." Gerwynn unterdrückte ein Gähnen. Sie war weit gereist und sehnte sich nach Ruhe. In einer dunklen Ecke des Zeltes ließ sie sich auf die weichen Felle sinken und war bald darauf fest eingeschlafen.
    Azarynath legte noch einmal das Holz für das Feuer nach, dann ging sie nach draußen um den Pferden ein wenig Kraftfutter zu geben- Schließlich war heute ein anstrengender Tag gewesen, und der morgige würde auch nicht entspannter sein.
    Azarynath blickte gen Himmel, lange Zeit hatte sie in der Wildnis verbracht. Doch von diesen Sternenkonstellationen hatte sie noch nie gehört. Azarynath dachte über die Worte einer ihrer Meister nach, der ihr die Grundlagen über das Entstehen der Welten beigebracht hatte.
    "Es gibt unendlich viele Welten, sie alle miteinander durch die Weltentore verbunden sind. man kann nicht entscheiden, in welche Welt man durch den Weltenstrom fliegt, und wenn die eigene Willenkraft nicht stark genug ist kommt man vielleicht niemals wieder in seine Heimatwelt zurück. Wenn eine Welt stirbt, erscheint an den Himmeln der anderen Welten ein neuer Stern."
    Azarynath blickte wieder in Richtung des großen Zeltes. Das Feuer warf tanzende Schatten an den Stoff.
    Was hatte das alles zu bedeuten? War es möglich, dass dies eine Verbindungswelt war? Eine Welt als Brücke in ein ganz anderes Universum? Ein Universum mit anderen Welten, die dann zu Sternen wurden. War es überhaupt möglich durch den Tunnel wieder zurück in ihr Heimatland zu kommen? Die junge Frau schüttelte den Kopf. Es war heute einfach zu viel geschehen. Morgen würde ihr Kopf wieder klarer denken können. Sie blickte sich noch einmal um, doch nirgends in der Umgebung schien sich etwas verändert zu haben. Beruhigt schlüpfte Azarynath in das Zelt, nahm sich eine weiche Decke und kuschelte sich in ihr Fell.

    Kapitel 2

    Früh am morgen wachte Azarynath auf. Die anderen schliefen noch tief und fest. Das Feuer war fast ausgegangen, die morgendliche Frische war durch den Zeltstoff gedrungen. Schnell entfachte Azarynath es neu und setzte einen Kessel mit Wasser auf. Die anderen würden sich über einen heißen Moorbeerblattsud freuen. Er weckte den Geist und ließ alles gleich viel positiver erscheinen. Langsam verbreitete sich der herbe, leicht süßliche Geruch des Suds im Zelt. Azarynath auf und trat aus dem Zelt. Der Himmel war noch dunkel, doch in Richtung der Berge begann der Himmel sich rötlich zu färben. Die Sonne würde gleich aufgehen. In diesem Moment fiel Azarynath auf, das auch in Richtung der Nebelseen etwas geschah. Doch im Gegensatz zu dem hübschen Gold der Sonne wurde es dort immer dunkler. Als Azarynath ihre Augen zusammenkniff erkannte sie eine Art dunklen Nebel, der dort aus dem sumpfigen Boden stieg. Verwundert hob sie die Augenbraue und rümpfte dann angeekelt ihre Nase. Dorthin würden sie reisen! Dort wurden sie erwartet, das spürte Azarynath mit untrüglicher Gewissheit.
    In diesem Augenblick hörte Azarynath ein Geräusch von Schritten hinter sich. Sie drehte sich um. „Guten Morgen!“, begrüßte sie Tyrions Stimme. In seinen Händen hielt er einen Stapel gesammelter Zweige und Äste. „Du bist aber früh auf.“, bemerkte er. Das Holz legte er neben das Zelt. „Lohnt sich aber. Die Luft ist morgens irgendwie immer am klarsten. Außerdem mag ich es, wenn die Sonne am Morgen aufgeht und alles in ihren Glanz zu beginnen taucht.“ Er stellte sich neben Azarynath. „Ein düsterer Ort.“ Er beschattete die Augen und schaute auf die Nebelseen. „Eben, als die ersten Strahlen über den Horizont kamen und auf den Nebel fielen, dachte ich für einen Augenblick, ich könnte Schemen darin entdecken. Aber das Licht muss wohl meine Sinne genarrt haben, denn jetzt sehe ich nichts mehr davon.“ Mit einem Achselzucken wandte er sich wieder zu Azarynath um. „Guck mal, was ich gefunden habe.“ Er zog einen kleinen Gegenstand aus seiner Tasche. Es war ein runder Stein. Auf der einen Seite glänzte er silbern, die andere war tiefschwarz. „Ich habe ihn beim Holzsammeln gefunden.“ Er lachte. „Nun eigentlich er mich. Ich bin über einen der kleineren Felsen gestolpert und als ich mich bückte, lag er neben dem Felsen. Vielleicht bringt er ja Glück. Obwohl ich an so was ja nicht glaube. So, und nun kümmere ich mich mal ums Frühstück. Ah, Moorbeerblattsud, wenn mich meine Nase nicht trügt. Hervorragend zum Wachwerden. Ich trinke ihn immer am liebsten mit etwas Honig. Das unterstreicht den süßen Geschmack so.“
    Azarynath schaute sich den Stein genauer an. Er war wirklich hübsch, doch als sie versuchte, mit dem Fingernagel hineinzuritzen, ging das nicht. "Ein seltsamer Stein...Aber er ist hübsch. Dankeschön", Azarynath lächelte Tyrion zu. Vielleicht würde sie sich daraus eine hübsche Kette machen können.
    "Ja, hast du schon mal versucht, den Moorbeersud in Kuchen zu backen? Das gibt einen ausgezeichneten...oh", Azarynath hatte bemerkt dass sich der Mann wohl weniger für Kochrezepte interessierte "Ist ja auch nicht so wichtig....", sie blickte ihn an "Du möchtest uns begleiten? Das finde ich schön..." mit einem Schmunzeln und einem frechen Funkeln in den Augen fügte sie hinzu" Mit einem starken, mutigen Mann fühlt man sich doch gleich viel sicherer...."
    Azarynath ging zu den Pferden und fing an ihren Rappen zu putzen "Ich schlage vor, wir reiten bald los.", rief sie ihm zu während sie sich gegen das Pferd stemmte, damit es seinen Huf hob. „Gleich nach dem Frühstück, schlage ich vor...."
    Während Azarynath sich um ihren Hengst kümmerte, bereitete Tyrion das Frühstück vor. Bald erfüllte der Duft von gebratenem Schinken und Eiern die Luft. Den Kessel mit dem Sud hatte er bereits vom Feuer genommen, denn er hatte angefangen zu kochen. Dann weckte er die schlafende Gerwynn. Er schnitt das Brot an und brachte jedem einen Teller mit Brot, gebratenem Ei und Speck. "Lasst es euch schmecken!" Anschließend ging Tyrion zu Liuvar, der friedlich neben Azarynaths Hengst graste. "Na mein Guter, wir werden nach dem Frühstück aufbrechen." Die braunen Augen von Liuvar blickten in Richtung der Nebelseen. Das Pferd tänzelte leicht und sein Schweif zuckte. "Ja", nickte Tyrion, "Ich glaube auch dass das kein gemütlicher Ort wird. Nun wir werden es sehen." Er streichelte den Rücken von seinem Pferd, dann ging er wieder ins Zelt. "Ich finde wir sollten nun alle aufbrechen! Wir wollen den Tag nicht ungenutzt verstreichen lassen. "
    Nachdem sie aus dem Zelt getreten waren, tippte Azarynath gegen die Zeltwand. Das Zelt fing sofort an, zu schrumpfen und bald war es wieder so klein wie zuvor. Azarynath packte das Zelt zurück in die Satteltaschen, zusammen mit dem Sack voller Essen, den ihr ihre Mutter gegeben hatte.
    Azarynath schwang sich auf ihr Pferd und beobachtete von oben, wie die anderen geschäftig ihre Dinge zusammensuchten.
    Heute trug sie nicht mehr ihr rotes Kleid sondern eine praktische Wildlederhose, an deren Gürtel einige nützliche Dinge befestigt waren. Darüber trug sie ein weites, luftiges Hemd und darüber eine Lederweste. Ihre langen Haare hatte sie mit einer Holzspange zu einem langen, geflochtenem Zopf befestigt, in den mehrere bunte Bänder und Perlen eingeflochten waren.
    Sie lächelte und rief dann abenteuerlustig "Na? Seid ihr bereit? Lasst uns los reiten!"

    Auch Tyrion machte sich bereit zum Aufbruch, sattelte sein Pferd, verstaute das Gepäck und stieg auf. Neben ihn erhob sich die Greifin mit ihrer Reiterin majestätisch in die Luft. Ein Rauschen erhob sich und Blätter wirbelten durch die Luft. Tyrion schaute fasziniert zu. Irgendwann würde er mal Gerwynn fragen, ob sie ihm erlauben würde auf ihrem Greifen zu reiten... Angesteckt von Azarynaths Begeisterung und seiner Faszination stimmte er in ihren Ruf ein "Lasst uns reiten!" Und dann ritt er los in Richtung der Nebelseen.

    Dunkle Schatten woben Gespinste über der Ebene, verdichteten sich hinter zackigen Felsen, schoben Ausläufer wie lange Finger in Erdspalten und Löcher und verdichteten sich zu nebelhaften Gestalten. Ein leises Raunen lag in der Luft, rötliche Augen glühten in der Finsternis. Etwas oder jemand kam näher, die Nebelschwaden spürten eine magische Präsenz in der Luft. Sie fühlten sich unwohl, gestört in ihrer ewigen Ruhe. Gedanken bauten sich auf, wurden durch Nebelstränge weitergeleitet, erreichten auch die entferntesten Regionen der Ebenen. Erwartung des Kommenden lag in dem wechselnden Spiel der Nebelschwaden.

    Dunkelfeuer setzte seine Hufe vorsichtig auf den immer weicher werdenden Untergrund. Bald begann der Boden unter seinen Schritten zu schmatzen, wenn er seine Hufe wieder auf dem Morast hob. Azarynath kniff ihre Augen zusammen und versuchte, durch die wabernden Nebelschwaden etwas zu erkennen. Der Nebel wirkte wie dunkler Rauch. Er hatte keinen Geruch, und das wer seltsam. Im diesem Teil der Welt gab es keine Gerüche. Kein Geruch von frischem Gras, nicht mal der Moorboden roch nach etwas. Die Luft war wie zähflüssige Brühe und man konnte die Nebelschwaden spüren, wenn sie über eine freie Hautstelle streiften. Ab und zu tauchte ein abgestorbener Baum aus dem Nebel auf und zu Azarynaths Rechten erhoben sich langsam schwarze Felsen. Amazone fröstelte, es war nicht wirklich kalt, doch sie hatte das Gefühl, noch nie so wenig gesehen zu haben. Sie wusste nicht, wie lange sie schon geritten waren, doch mit der Zeit wurde es immer dunkler. Die Nebelschwaden verdichteten sich so, dass sich die Gefährten bald kaum mehr gegenseitig sahen.
    Azarynath sah sich zu ihren Begleitern um. Gerwynn und ihre Greifin hatten wohl ihren Plan, über den Gefährten zu kreisen aufgegeben. Von oben hätte man wohl nur en Meer aus dunklem Nebel gesehen. Hinter Azarynath ritt Tyrion. Azarynaths Hengst schnaubte beunruhigt und begann, leicht zu tänzeln. Es wollte keinen Schritt weiter gehen. Azarynath Hob ihre Hand und hoffte, dass ihre Gefährten das Zeichen verstehen würden. Hier war etwas...oder jemand.
    Tyrion starrte angestrengt in die Nebelschwaden. Seine Nerven waren angespannt. Dieser Ort war unheimlich. Vor ihm ritt Azarynath. Und hinter ihnen folgte Gerwynn. Liuvar schnaubte nervös und auch Tyrion wurde immer unruhiger. Irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht...Und dann merkte er es. Die Luft. Sie roch nach nichts, weder modrig, wie es in den Sümpfen normalerweise war noch sonst irgendwie. Und auch Geräusche waren kaum zu vernehmen. Nicht mal das schmatzende Plopp war zu vernehmen, wenn die Hufe der Pferde in den Morast eintauchten. Es war, als würde der Nebel sämtliche Geräusche verschlucken. Ein Schauer überlief ihn. Eine tote Welt ohne Geruch oder sonstigen Lebenszeichen. Alles was man durch die Schwaden sehen konnte, war Fels, gelegentlich einen verkrüppelten Baum und den Sumpf. Als Tyrion wieder nach vorne blickte, stellte er mit Schrecken fest, dass er Azarynath nicht mehr sehen konnte. Schemen wallten vor ihm auf. Nebel umhüllte ihn. Mit seinem Geist suchte er die Gegend ab und stellte verblüfft fest, dass Azarynath nur wenige Meter vor ihm war. Er hatte sie nicht mehr sehen könnten. Über sich konnte er die Präsenz des Greifen und von Gerwynn wahrnehmen. Gut es waren also noch alle da. Langsam begann sich Azarynaths Schatten aus dem Nebel zu schälen und Tyrion sah, dass sie die Hand erhoben hatte. Liuvar stoppte neben Dunkelfeuer. "Was ist?" rief Tyrion, aber seine Stimme wurde durch den Nebel verschluckt. Also versuchte er es im Geiste. "Was ist?", fragte er erneut und diesmal bekam er eine Antwort. "Da draußen ist irgendwas...oder jemand!" Sofort erforschte Tyrion ihre Umgebung mit seinen Gedanken und spürte eine Präsenz, die zu keinem seiner Gefährten gehörte. Sie fühlte sich fremd an. Irgendwie hohl oder leer. Er konnte keine Empfindungen spüren nur eine Art Echo seines Rufes. Verwirt zog er sich zurück und wandte sich an seine Kameraden. "Fühlt es sich bei euch auch so leer an?"
    Nachdem ihm seine beiden Gefährtinnen das Gefühl bestätigt hatten, versuchte Tyrion das Gefühl genauer zu orten. Es kam irgendwo von der linken Seite. Er wendete sein Pferd und trabte langsam auf die Stelle zu, doch Liuvar scheute. Das Pferd zitterte am ganzen Körper und weigerte sich nur einen Schritt weiter zu gehen. Also schwang sich der Mann aus dem Sattel. Seine schwarzen Stiefel versanken fast bis zu den Knöcheln im Schlamm. Leise fluchend watete er durch den Morast auf die Stelle zu, wo er dieses Lebenszeichen spürte. Kurz blickte er zurück. Sein Pferd war bereit im wabernden Dunst verschwunden. Ein unangenehmes Gefühl überfiel ihn. Im Geiste blieb er mit seinen Freunden verbunden, damit sie ihm notfalls helfen konnten. Zäh klebte der Schlamm an den Sohlen. Er konnte gerade noch seine ausgestreckte Hand sehen. "Tyrion, du bist ein Narr!", schalt er sich. "Du hättest einen Stab mitnehmen sollen, dann hättest du wenigstens den Weg vor dir abtasten können." Aber nun war es zu spät. Immer tiefer drang er in den Nebel ein, folgte diesem unbestimmten Gefühl. Und dann sah er es. Ein fahles grünliches Leuchten durch den Nebel. Tyrion ging darauf zu. Und plötzlich verspürte er einen Art Sog. Oder hatte er ihn bereits die ganze Zeit gespürt? Es war wie ein Ruf. Tyrion folgte ihm. Die Warnungen der beiden Frauen hörte er nicht mehr. Das Leuchten nahm an Stärke zu, genauso wie der drängende Ruf. Und dann durchbrach er den Nebel und starrte auf einen See, einen grünlich schimmernden See. Fasziniert blickte Tyrion darauf. Er schritt auf das Wasser zu, das zu brodeln schien. Blasen tauchten an der Oberfläche auf und zerplatzen. Eine Stimme tief in ihm drin sagte , dass er lieber umkehren sollte. Aber er konnte es nicht. Er wollte es nicht. Das Wasser rief ihn. Er war nur noch wenige Schritte vom Wasser entfernt. Das Glühen schien sich zu verstärken. Es tauchte alles in seiner Umgebung in ein grünes Licht. Noch ein Schritt. Die Stimme in Tyrion schlug Alarm, aber er konnte sich dem Ruf nicht widersetzen. Bald würde er das Wasser erreichen. Der lockende Ruf wurde immer drängender. Noch ein letzter Schritt und er würde den äußeren Rand des Sees berühren. Inzwischen kochte das Wasser richtig. Der Stiefel von Tyrion berührte das Wasser und...
    Der Mann taumelte. Da, wo normalerweise der Grund des Sees gewesen wäre, war nichts. Es gab keinen Boden. Tyrion stürzte nach vorne. Direkt auf die brodelnde Oberfläche zu.

    Die Nebelschwaden verdichteten sich zu langen Strängen, verwoben sich auf der brodelnden Oberfläche zu einem Netz, das den hineinstürzenden Mann abfederte. Gierig schlangen sich die Stränge wie Tentakel um seinen Körper und zogen ihn unerbittlich in die Tiefe hinab. Das Leuchten verstärkte sich. Tyrion wurde von einem leuchtenden Glühen umhüllt. Es erfüllte ihn vollständig, erhöhte aber seine unbestimmte Sehnsucht fast schmerzhaft. Ein Ton erklang, ein zweiter folgte bis eine wunderbare Melodie entstand, die so überirdisch schön war, dass es Tyrion den Atem raubte.
    Das Wasser umschloss ihn und er wurde unerbittlich tiefer hinab gezogen. Das Glühen nahm noch an Intensität zu. Doch mit jedem Meter, den er sank, verlor das Wasser an Temperatur. Es wurde immer kälter und kälter. Dann berührte Tyrion den Grund. Sand wirbelte auf und für einen Augenblick verdüsterte sich die Umgebung. Doch dann legte sich der Sand wieder und das grüne Licht tauchte den Grund wieder in sein fahles Licht. Luftblasen stiegen aus dem Mund des Mannes und schwebten als kleine Perlen nach oben. Unsicher richtete Tyrion sich auf, immer noch erfüllt von dieser wunderschönen Melodie. Eine Musik voller Sehnsucht und Melancholie. Vor sich erblickte er eine Grotte. Das Leuchten und die Musik schienen direkt aus ihr zu kommen. Langsam schritt er auf die Höhle zu. Sein Atem schwand ihm, die letzten Luftblasen stiegen aufwärts. Dunkelheit umgab seinen Geist und er brach zusammen. Aber immer noch kroch er auf den Eingang der Höhle zu. Die Musik rief ihn, versprach ihm Hilfe. Kälte stach in seine Brust. Er atmete Wasser. Mit der rechten Hand griff er an seine Kehle. Da berührte seine Hand die Kette, die er um seinen Hals trug. Seine Finger glitten an der Kette entlang bis zu dem roten Stein, der an einem Ring an ihr befestigt war. In dem Moment als seine Finger den Ring umschlossen, erfüllte wieder Leben seinen Geist. Hitze durchströmte seinen Körper. Plötzlich verwandelte sich die Umgebung. Das grüne Licht wurde verdrängt von einem roten Strahlen, das von dem Stein ausging. Die Musik brach ganz plötzlich ab und ein Schrei ertönte. Ein Schrei voller Gier. Tyrion richtete sich wieder auf. Erst jetzt sah er die Höhle genauer. Sie war ein finsterer Ort. Und es war auch keine richtige Höhle. Sie glich eher einem Art Tempel oder vielmerh, was davon übrig geblieben war. Einige Säulen aus schwarzem Gestein waren eingestürzt, das Dach, ebenfalls aus diesem dunklen Gestein, war kaum noch vorhanden. Überall auf dem Grund lagen Trümmerstücke des Tempels. Nur die Pforte war intakt. Das grüne Leuchten schien aus dem Tempelinnern zu kommen. Über dem Tor war ein Wort eingemeißelt. Malzair, entzifferte Tyrion die Buchstaben. Wieder ertönte dieser grässliche Schrei und diesmal schoss eine schwarze Wolke aus der Grotte auf den Mann zu. Sie war geformt wie eine Hand. Klauenförmig streckte sie sich nach Tyrion aus. Doch dieser richtete seine linke Hand gegen sie und ein roter Strahl schoss aus ihr heraus. In einem roten Lichtblitz verschwand die dunkle Hand. Tyrion taumelte zurück. Er stieß sich vom Boden ab und schwamm in Richtung Oberfläche. Ein rotes Leuchten umgab ihn und schützte ihn vor der Kälte. Wieder ertönte ein Schrei. Diesmal erfüllt von Hass und Zorn, dass das noch eben sicher gewähnte Opfer nun entkam. Mit letzter Kraft stieg Tyrion nach oben. Seine Atemluft war längst verbraucht. Und auch die Kraft, die er durch seinen Stein erhalten hatte, würde ihm nicht vor dem Ertrinken bewahren, wenn er nicht bald an die Luft kam. Wieder umnachtete sich sein Geist und seine Sicht wurde immer schwächer. Ein Rauschen erfüllte seinen Kopf. Seine Brust schmerzte. Da durchbrach sein Kopf die Wasseroberfläche und er verlor das Bewusstsein. Nur Meter vom rettenden Ufer entfernt trieb er mit dem Kopf nach unten auf dem Wasser. Das rote Leuchten umgab ihn noch immer. Aber es begann bereits zu verblassen. Bald würde es verschwinden und dann würde es nichts mehr geben, dass dem Alten Weisen retten konnte. Bereits jetzt bildete sich wieder Nebelstränge an den Rändern des roten Lichts.

    Auf einmal war Tyrion weg. Azarynath hörte das Schnauben seines Pferdes und trieb Dunkelfeuer darauf zu. Bald erschienen schemenhaft vor ihr die Umrisse des Tieres, doch Tyrion war nicht da. Azarynath stieg ab und landete mit einem Plumps in dem Matsch. Sie blickte sich um. Sie konnte nur wenige Schritte weit sehen, doch Tyrion war nirgends. Sie lauschte angestrengt und auf einmal vernahm sie eine leichte Melodie. Azarynath nahm die beiden Pferde am Zügel und lief wie in Trance in die Richtung, aus der die Melodie kam. Vor ihr schimmerte der Boden grünlich und er bewegte sich. Erst jetzt fiel ihr auf, dass es sie um einen See handeln musste. Auf einmal brach die Melodie ab.
    Azarynath blickte sich verwundert um, als wäre sie aus einem Traum erwacht. Unter der Wasserfläche waren schemenhafte Schatten zu erkennen. Tyrion war doch nicht etwa in diesen See gestiegen? In diesem Augenblick begann das Wasser rot zu leuchten und die Wasseroberfläche wurde spiegelglatt. An einem Punkt wurde der Schatten dunkler und Azarynath ging vorsichtig einen Schritt zurück. Dann durchbrach etwas die Wasseroberfläche. Es war Tyrion. Er lag wie tot auf dem Wasser, ihn umgab rotes Licht wie ein Schild. Er trieb langsam auf das Ufer zu, Azarynath blieb wie angewurzelt stehen. War er tot? Was war wohl geschehen? In diesem Moment streifte sein Körper einen Schilfhalm am Ufer. Und es gab ein Geräusch! Es rauschte nur ganz leise, und doch... Azarynath löste sich aus ihrer Starre. Sie watete in das Wasser hinein, packte Tyrions Arme und hievte ihn sich auf den Rücken. Mühevoll stapfte sie aus dem Wasser und legte ihn einige Meter vom See vorsichtig ab. Nun sah sie, dass der rote Schimmer von einer Kette an seinem Hals ausging. Sie betrachtete as Schmuckstück näher. Daran war ein roter Stein befestigt, der nun langsam wieder erlosch. Was das wohl für Magie gewesen war, fragte sich Azarynath. Dann fing sie sich wieder, sie betrachtete seine Kette während er wahrscheinlich im Sterben lag!
    Das war die einzige Magie, die Azarynath nie zugesagt hatte: Heilmagie. Die war so kompliziert! Aber ihre Mutter konnte heilen, das wusste Azarynath, oder zumindest würde sie wissen was zu tun war. Azarynath öffnete ihren Mund. Ob der Nebel nun ihre Stimme erneut verschlucken würde? "Gerwynn, Gerwynn, komm schnell...", und tatsächlich. Zwar war ihre Stimme leider als sonst und irgendwie gedämpft. Doch hören konnte man sie.

    Gerwynn blieb stehen und lauschte. Auch Xelenka hob ihren Kopf.„Hörst du die Musik?“ fragte Gerwynn ihre Gefährtin. Deren Augen glühten auf „Und ob ich sie höre. Er ist die Musik, die verirrte Wanderer in den Tod treibt. Kein Mann kann ihr widerstehen. Sie lockt und umgarnt“ meinte die Greifin mit einem Knurren, „und dann ist es um den armen Mann geschehen.“ Gerwynn sah bestürzt ihre kluge Freundin an. „Tyrion“ rief sie aus „wo ist er, ich kann ihn nicht mehr sehen und auch Azarynath ist verschwunden. Hoffentlich ist nichts passiert.“ Die Musik verstummte und jetzt hörten Mensch und Tier einen schwachen Hilferuf. „Komm, steig auf, Ich kann besser durch den Nebel fliegen als laufen, die Hilferufe weisen mir die Richtung.“ Gerwynn stieg schnell auf Xelenkas Rücken und die Greifin flog auf die lauter werdenden Rufe zu. Mit Entsetzen sahen sie, dass Tyrion bewegungslos auf dem Boden lag. Azarynath kniete neben ihm und wartete auf ihre Hilfe. Schnell eilte Gerwynn zu dem Liegenden. Kurz blickte sie in sein Gesicht, horchte an seinem Herzen, das nur noch schwach schlug und begann dann, seinen Brustkorb zusammen zudrücken. Als Azarynath sie erstaunt ansah, meinte sie „Ich habe in der Welt der Menschen auch etwas gelernt.“ Dann beugte sie sich über die halbgeöffneten Lippen Tyrions, sprach ein kurzes Gebet zur großen Mutter und blies ihm ihren Atem ein. Nach einer Weile begann der Mann zu husten und spuckte einen Schwall Wasser aus. Gerwynn richtete ihn in sitzende Stellung auf und mahnte besorgt. „Wir müssen sofort hier weg. Kannst du reiten?“
    Das Leuchten auf dem Grunde des Nebelsees hatte sich verstärkt. Grünliche Schwaden zogen um die Füße der Stehenden. Tentakel formten sich und wanderten langsam, aber unerbittlich auf die Gefährten zu.
    Plötzlich erfüllte wieder Leben seinen Körper. Von einem Hustenanfall geschüttelt und einen Schwall Wasser spuckend richtete Tyrion seinen Blick auf die Frauen, die ihn gerettet hatten. Alle Glieder schmerzten ihn und ihm war übel. „Wir müssen sofort hier weg. Kannst du reiten?“ hörte er Gerwynns Stimme. „Ja.“ Seine Stimme krächzte. Mit der Hilfe seiner Gefährten? humpelte er zu Liuvar Nachdem er sich mühsam in den Sattel gesetzt hatte, folgte er Gerwynn in den Nebel. Neben ihm ritt besorgt Azarynath auf ihrem Ross Dunkelfeuer. Wieder packte ihn ein Hustenkrampf und er schüttelte sich. Dann blickte er auf seine rechte Hand, in der er immer noch den Ring mit dem roten Stein hielt. Das Glühen war jetzt verblasst. Die einst kräftige rubinrote Farbe war verschwunden. Der Stein schimmerte jetzt nur noch schwach rosa. Doch auch dies verschwand und bald war er durchsichtig wie Bergkristall. Er steckte sich den Ring an den Finger und ritt schweigend weiter. Innerlich schalt er sich einen Narren. Wie konnte er nur so dumm gewesen sein, sich ohne Begleitung einfach in eine unbekannte Region vorzuwagen. Sein alter Lehrmeister Grador hatte Recht behalten. Seine Neugierde und Wissbegier würde ihm noch eines Tages zum Verhängnis werden. Sein Meister hatte ihn alles gelehrt. Von den einfachsten Dingen bis zu den dunkelsten Geheimnissen. Doch sein Durst nach Wissen, vor allem nach dem Verborgenen, Dunklem hatte nie gestillt werden können. Heute wäre es fast zu spät gewesen. Wäre der Ring von seinem Meister nicht gewesen….
    Er hatte den Ring von Grador nur wenige Tage vor dessen Tod erhalten. „Hüte ihn gut! Er wird dir in dunkler Zeit beistehen. Doch setzte seine Macht nicht leichtfertig ein. Er wird dir nur einmal helfen. Wenn diese Zeit gekommen ist, musst du einen Nachfolger bestimmen, der seiner würdig ist. “
    Würdig! Tyrion lachte bitter. Er hatte sich bestimmt nicht als würdig erwiesen. Wie ein geistig umnachteter alter Trottel hatte er sich benommen und war blind in sein Verderben gestürzt. Ohne den Ringstein wäre er verloren gewesen. Und selbst mit dem Ring war er nicht in der Lage gewesen sich selber zu retten. Ohne die Hilfe der beiden Frauen wäre er ertrunken. Er stand tief in ihrer Schuld. Wieder blickte er auf den Ring. Der Stein war jetzt vollständig verblasst. Seine Macht gegangen. Er würde erst wieder Farbe annehmen und mit der Macht zu retten erfüllt sein, wenn er einen neuen Träger hätte. Seine Farbe war Rot gewesen. Welche Farbe würde er nun annehmen? Und an wen sollte der Ring gehen? Er konnte ihm nur einer Person anvertrauen. Doch beide Frauen hatten sich als tapfere Kameraden erwiesen. Ihm würde seine Wahl nicht leicht fallen. Tief in Gedanken versunken folgte er seinen Gefährten in den Nebel hinein.
    Azarynath warf immer wieder einen Blick auf Tyrion, der wie in Gedanken versunken schien. Sie dachte bei sich, dass er sich bestimmt um etwas sorgte. Was er wohl unten im See erlebt hatte? In diesem Augenblick fiel ihr auf, dass der Boden unter den Hufen der Tiere härter wurde und bald gingen sie auf Lehm, aus dem einzelne vertrocknete Halme hervorschauten.
    Azarynath versuchte durch den Nebel, der nun etwas gewichen war, etwas zu erkennen. Zu ihrer Linken waren wieder die Felsen aufgetaucht, doch nun sah Azarynath einige Meter entfernt etwas aus dem Nebel ragen.
    Als die Reisenden näher kamen, konnte Azarynath eine verfallene Mauer erkennen, den Grundriss eines Hauses, das mit dem Rücken an den Fels gebaut war. Als Azarynath nun auf den Boden blickte, erkannte sie vertrocknete Ären dort liegen. Sie liefen wohl über ein Feld. Oder zumindest über ein Stück Land, das mal ein Feld gewesen war und das der Bewohner dieses Hauses vor langer Zeit mühevoll trocken gelegt hatte.

    Erst das Geklapper der Hufe riss Tyrion aus seinen Gedanken. Die Umgebung hatte sich drastisch verändert. Der Nebel war gewichen. Der Boden war fest und mit Halmen bedeckt. Felsen waren zu sehen und an einem größeren war ein Haus gebaut. Ein Bauernhaus vermutete Tyrion, als er die verstreuten Ähren auf dem Boden sah. Gerwynn und Azarynath hatten Halt gemacht. Sie wollten wohl eine Rast einlegen. Er fand, dass dies eine gute Idee war und stieg ebenfalls von seinem Pferd ab. Er fühlte sich schon wesentlich besser. Seine Glieder schmerzten zwar noch etwas, aber er fühlte sich nicht mehr so schwach und ausgelaugt. Nun betrachtete er das Haus etwas genauer. Die Ruine, verbesserte er sich. Das Dach des Hauses war halb eingestürzt und die Vorderseite ziemlich zerfallen. Aber es bot genügend Schutz für eine Unterkunft. Er verspürte plötzlich einen großen Hunger. Das Erlebnis im See hatte sehr an seinen Kräften gezehrt. Er wunderte sich ein bisschen, dass seine Gefährtinnen ihn nicht gefragt hatten, was eigentlich genau passiert war. Nun er würde es ihnen beim Essen erzählen. Dann konnten sie beratschlagen, wie sie weiter vorgehen wollten.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    DasLennchen - 02.03.2008, 08:57


    Kapitel 3

    Nachdem Azarynath von ihrem Pferd abgestiegen war, ging sie vorsichtig auf das verfallene Häuschen zu. Obwohl sie sich sehr sicher war, dass es unbewohnt war, beobachtete sie alles sehr aufmerksam. Grade als sie durch den kleinen Türrahmen trat, hielt sie den Atem an vor Schreck. In der Ecke lag ein Skelett. Der Schädel sah nach dem eines Menschen aus, doch er war noch sehr klein. Ein Kind? Die junge Frau bekam eine Gänsehaut. Vorsichtig blickte sie sich weiter in dem winzigen Raum um. In der einen Ecke war der Boden schwarz. Hier war wohl mal eine Feuerstelle gewesen, dachte sie bei sich. Da fiel ihr auf, dass die Hütte gar nicht an dem Felsen lehnte, sondern nur eine kleine Höhle verbarg. Dort lag ein wenig Stroh, es war wohl das Nachtlager gewesen. Azarynath drehte sich wieder um und ging aus der Hütte hinaus. „Hier können wir die Nacht nicht verbringen. Das Dach ist eingestürzt und um ehrlich zu sein möchte ich nicht neben einem Skelett nächtigen… Aber ich denke, hier…“ Azarynath nickte mit ihrem Kopf Richtung Feld „ Können wir das Zelt aufschlagen, was denkt ihr?“
    „Ein Skelett?“ fragte Tyrion. Er schaute ebenfalls in die Hütte. In der Tat, da lag wirklich ein Skelett. Tyrion schätzte das Alter des Kindes auf etwas 5 oder sechs Jahre. Interessiert beugte er sich über die Knochen. „Seltsam…“murmelte er.“ Ich kann keine Gewaltspuren feststellen. Vielleicht ist es verhungert? Würde mich nicht wundern in dieser Ödnis hier.“ Als er aber die Knochen berührte, zerfiel das Skelett und blieb nur als Haufen feinen Staubes auf dem Boden zurück. „Wisst ihr was das bedeutet?“ Er blickte in die fragenden Gesichter seiner Gefährten. „Hier gab es Leben. Diese Gegend war also wirklich bewohnbar. Ich frage mich nur, wieso sie unbewohnbar wurde.
    Die Hütte ist wirklich nicht sehr angenehm zum Übernachten, doch würde ich gerne einige Schutzzauber und Bannsprüche über unser Quartier aussprechen. Wir wissen nicht was uns erwartet und ehrlich gesagt, so ein prächtiges Zelt fällt an diesem Ort wirklich auf.“
    Azarynath blickte zu der Hütte, dann zu ihrer Satteltasche. "Wir müssen es ja nicht so groß haben...wir sind ja nur zu Dritt. Und im Schatten des Felsens....", sie suchte nach einer Ausrede, um nicht in der Hütte übernachten zu müssen, das war klar. "Und der Nebel ist ja immer noch da, so auffällig ist so ein Zelt auch nicht…und wenn es pinkkarriert wäre...es ist erst auf zehn Schritt zu sehen. und unserem kleinen Freund da drin", sie nickte nur Hütte".. zu urteilen leben hier nicht sonderlich viele Menschen..."
    Zielstrebig nahm Azarynath ihr Zeltchen aus der Tasche, hauchte dagegen und stellte es mit etwas Abstand von der Hütte auf. Als es auf etwa zwei Meter gewachsen war stupste sie es leicht an und schlüpfte hinein.
    Leise vor sich hingrummelnd führte Tyrion die Pferde zur Hütte. Frauen! Hatte der See ihnen nicht eben bewiesen, dass diese Gegend doch nicht harmlos war? Nun ja, er würde die Gegend eben versiegeln. Das einzige was ihn störte war, dass seine Magie wahrscheinliche noch auffälliger war, als schreiend durch die Nebel zu laufen. Nun er würde eben sehr sorgfältig arbeiten müssen. Nachdem er die Pferde in der Hütte versorgt hatte, wandte er sich an Gerwynn. "Wird Xelenka auch in der Hütte übernachten? Im Freien würde ich nicht raten und im Zelt...dann müsste es wieder vergrößert werden. Er beäugte die Tür kritisch. Aber ob sie dadurch.... "
    Er verschwand kurz in der Hütte, dann hörte man ein berstendes Geräusch und dam wo eben noch eine Tür gewesen war, klaffte nun eine Lücke, durch die die Greifin mit etwas Anstrengung schlüpfen konnte.
    Dann bereitete er den Pferden das Futter und verließ das Haus wieder. Draußen stand das Zelt wie auf dem Präsentierteller. Fluchend klopfte er an das Zelt. "Azarynath! So geht das nicht. Das Zelt muss näher an den Felsen und das Haus. So mitten auf dem Feld..." Er schüttelte den Kopf.
    Azarynath steckte den Kopf durch den Eingang und blickte ihn verwundert an. "Aber wir sind hier doch am Felsen? naja, die drei Meter....", ihr Kopf verschwand wieder, dafür blieb der Geruch von feinem Eintopf. Man hörte von drinnen das Klappen von Geschirr und wie Azarynath eine sanfte Melodie summte. Dass Männer immer so zimperlich sein mussten!

    Gerwynn führte ihre Greifin durch die entstandene Öffnung in die Hütte hinein. Fragend sah sie Xelenka an. „Spürst du es auch? Dieser Ort hat eine dunkle Ausstrahlung. Etwas verbirgt sich in den Felsen. Ich denke, dass du lieber im Freien übernachten solltest.“ Als Xelenka zustimmte, verließen beide rasch die Hütte und sahen sich nach einem Nachtquartier um. Einige große Felsbrocken waren von der Bergkante heruntergerollt und boten Schutz vor den Winden der Nacht. Xelenka kauerte sich dicht an die Felsen und Gerwynn reichte ihr aus ihren unerschöpflichen Vorratsbeuteln etwas getrocknetes Fleisch. „Ich komme gleich wieder“, meinte sie zu der kauenden Greifin, „im Zelt riecht es so verlockend nach Eintopf!“ Gerwynn wollte gerade in Azarynaths Zelt eintreten, als sie ein feines Vibrieren in der Luft verspürte. Es hatte nur kurz angedauert, aber sie hatte das unbestimmte Gefühl, dass etwas geschehen war. Sie zögerte kurz, dann betrat sie erneut die Hütte und ging auf die Ecke zu, in der das Skelett zu Staub zerfallen war. Wie ein Muster auf dem Boden sah sie die Struktur der Knochen vor sich. Etwas stimmte nicht. Gerwynn kniete sich auf den Boden und betrachtete den Staub. Er zog sich zusammen und nahm Formen an. Vor ihren erstaunten Augen bildete sich eine Gestalt. Sie war durchsichtig und in ein weißes Gewand gehüllt. Sie hatte die Größe eines Kindes, aber das Gesicht eines alten Mannes. Gerwynn verneigte sich begrüßend „Ich grüße dich, verzeihe uns, wenn wir deine Ruhe gestört haben. Wir haben es nicht mit Absicht getan.“ Die Erscheinung streckte ihre Hand aus und nach kurzem Zögern legte Gerwynn ihre Hand in seine. Sie fühlte, dass das Geisterwesen ihre Gedanken, Wünsche und Hoffnungen las. Schließlich schien es zufrieden zu sein. Es ließ ihre Hand los. „Ihr seid in guten Absichten gekommen. Diese Welt war einmal ein blühendes Land, bevor die Schattennebel alles verschlungen haben. Gebt dem Land die Sonne zurück.“ Gerwynn sah den Geist an „Sind wir deswegen gerufen worden, ist das unsere Aufgabe?“ Die Erscheinung begann zu verblassen. „Findet den Tempel des Istris, dann werden eure Fragen beantwortet werden“ hörte die Kniende noch ein schwaches Flüstern, dann war die Gestalt verschwunden. Gerwynn erhob sich nachdenklich. Grübelnd trat sie aus der Hütte.
    Tyrion wollte gerade dazu anheben, das Zelt samt Amazone näher an den Felsen umzusetzen, den passenden Schwebezauber hatte er schon auf der Zunge, als er das Vibrieren verspürte. Er brach den Zauber sofort ab...und das Zelt, das sich bereits einige Zentimeter über dem Boden befunden hatte, knallte auf die Erde zurück. Drinnen schepperte es heftig und man hörte Azarynath schimpfen. Aber für solche Kleinigkeiten war jetzt keine Zeit. Tyrion stürmte auf das Haus zu. Drinnen stoppte er abrupt, als er Gerwynn und eine kleine Person sah. Ein Kind mit dem Gesicht eines Greisen. Er wollte schon dazwischen fahren, als Gerwynn dem Wesen ihre Hand gab, ließ es dann aber bleiben und lauschte den Worten des Geistes. Als das Wesen verschwand, blickte er in dieselbe ratlose Miene auf Gerwynns zeitlosen Zügen, die sich auch in seiner Miene spiegelte. "Tempel des Istris? Was soll das sein?" fragte er verdutzt.
    Azarynath schimpfte noch ein wenig vor sich hin, dachte sich dann jedoch, dass es sowieso nichts helfen würde, und machte es sich mit einer Schüssel Eintopf auf einem Fell gemütlich. Von draußen hörte sie die Stimmen ihrer Mutter und Tyrions, doch wirklich interessiert war sie nicht. Dass Männer immer dachten, alles nach ihrem Kopf durchsetzen zu müssen! Zum Glück hatte sie noch die Beschwörung des Windes erlernen können bevor sie zu diesem Abenteuer gerufen wurde. Durch die Vibrationen in der Luft hatte sie den Zauber Tyrions vereiteln können, da die magischen Linien dadurch durchbrochen wurden. Azarynath runzelte die Stirn, leider hatte sie vergessen ein Luftkissen unter dem Zelt zu beschwören, denn so war es ruckartig herab gefallen, und der Eintopf war verschüttet worden. Aber das würde er aufputzen müssen…ohne Magie, denn in diesem Zelt war es unmöglich, Magie anzuwenden. Es sei denn, sie selbst wäre tot. Azarynath lächelte still. Der junge Herr würde schon noch zu spüren bekommen, dass man lieber tat, was eine Frau sagte!
    Gerwynn und Tyrion betraten das Zelt. Vorsichtig schaute Tyrion Azarynath an, aber die hatte sich von ihm weggedreht. "Das hast du ja prima hinbekommen!", schalt Tyrion sich. Nun hieß es wohl putzen. Und leider half ihm diesmal keine Magie, die war ja in diesem Zelt unwirksam. Also würde es wohl diesmal von Hand gehen müssen. Nunja, er hatte es sich ja auch selber eingehandelt. Da kam ihm eine Idee. Er nahm seinen Dolch, schaufelte ein Loch in die Erde und beförderte den verschütteten Eintopf darein. Anschließend verschloss er das Loch wieder. Schade, der Eintopf hatte wirklich lecker gerochen. Azarynath war eine großartige Köchin. Seine Kochkünste waren eher mittelmäßig. Nun sie reichten zum Überleben. Nur jetzt hatte auch Gerwynn kein Mahl. Verstohlen blickte er auf Azarynath. Ob sie wohl nochmal...aber nein, für ihn nicht. Aber vielleicht für ihre Mutter und er würde was aus seinem verbliebenen eigenen Proviant nehmen. Er blickte entschuldigend zu Gerwynn auf. "Tut mir leid, das ich dir das Essen versaut habe, aber...es war nicht böse gemeint. Vielleicht kocht dir Azarynath noch eine Kleinigkeit, ich werde mich mit meinen Sachen begnügen. Ein bisschen Strafe muss sein, fürchte ich."
    Azarynath schmunzelte ein wenig, als sie die Reue in seiner Stimme hörte und drehte sich zu ihm um. Er sah wirklich schuldbewusst aus...dieses eine Mal würde sie ihm noch verzeihen!
    Azarynath stand auf und ging auf den Topf zu, der von der Zeltdecke über dem Feuer hing. "Es ist ja noch ein bisschen was übrig....", sie nahm eine zweite und ein dritte Schale und füllte den restlichen Eintopf hinein. Es war noch genug da. Sie blickte Tyrion unter ihren Haarspitzen hindurch an. Eigentlich sah er ja recht gut aus, und wenn da nicht diese seltsamen violetten Augen wären...Eigentlich konnte man ihm ja gar nicht böse sein, überlegte Azarynath bei sich und streckte ihm seine Schüssel hin.
    " Habt ihr in der Hütte etwa entdeckt?", fragte sie eher beiläufig um auf ein anderes Thema zu lenken.
    Dankbar nahm Tyrion die Schüssel. Seine Augen blickten in die von Azarynath. Sie war wirklich bezaubernd…
    Verlegen senkte er den Blick und kostete einen Löffel. "Ausgezeichnet!" lobte er sie. Dann blickte er wieder auf. "Du wirst es nicht glauben, aber..." Und er erzählte ihr die Entdeckung, die Gerwynn und er gemacht hatten. "Hinter dem Skelett steckte tatsächlich mehr. Du hattest mit deiner Vorahnung Recht. Aber was der Tempel der Istris ist..." Er zuckte die Schulten. "Ich habe keine Ahnung, was es damit auf sich hat." Da fiel ihm auch wieder das Ereignis im See ein. Er hatte es schon fast vergessen gehabt. Nun es wurde Zeit, dass seine Gefährten wohl auch diesen Teil erfuhren.
    Mit leisem Lächeln registrierte Gerwynn die Blicke, die ihre beiden Gefährten tauschten und die Rangelei, die um das verschüttete Essen entstanden war. „Kinder“ dachte sie bei sich. Dann wurde sie ernst, als Tyrion von ihrem Erlebnis in der Hütte berichtete. „Der Tempel des Istris“, meinte sie schließlich gedankenverloren. „Ich habe noch nie von ihm gehört. Wir können nur die Göttin bitten, uns auf dem rechten Weg zu führen. Die Erscheinung hat meine Gedanken gelesen und mich erforscht. Ich denke, dass sie erkannt hat, dass wir Gutes im Sinne haben und dieser Welt hier keinen Unfrieden bringen wollen.“ Dann wandte sie sich an Tyrion und blickte in seine violetten Augen. „Du hast uns noch nicht erzählt, was drunten auf dem Grunde des Sees geschehen ist. Wir haben nur die lockenden Töne gehört und gesehen, dass sich aus dem Nebel feste Formen gebildet haben...“
    Und er hob an zu erzählen. „Nachdem Azarynath uns signalisiert hatte, dass sie etwas im Nebel gespürt hatte habe ich mit meinem Geist nach dem Ursprung dieses Gefühls gesucht. Es hatte sich merkwürdig fremdartig angefühlt und ich wollte unbedingt herausfinden, was es ist“ Er zuckte entschuldigend mit den Achseln. „Meine Neugierde war schon immer eine Untugend von mir. Ich hasse es einfach, wenn ich etwas nicht weiß. Nun ja, und dann spürte ich auf einmal diesen Ruf. Es war wie ein Drang, dem ich nicht widerstehen konnte. Es hat meinen Geist benebelt und ich folgte dem Ruf bis an den See. Dort wurde ich hinab gezogen. Das Rufen hatte sich nun zu einer Musik gewandelt. Sie war wunderschön und leider für mich unwiderstehlich. Bis auf den Grund sank ich. Aber es wurde immer kälter. Aber das lag nicht am Wasser. Es war eine tödliche Kälte, aber ich konnte mich immer noch nicht befreien. Die Luft war mir ausgegangen und ich war kurz davor das Bewusstsein zu verlieren. Nur ein Zufall rette mich. Ich berührte diesen Stein hier. “ Er hob seine rechte Hand, an dessen Ringfinger er einen Ring mit einem blassen Stein trug. „Ich habe ihn von meinem Meister erhalten. Er schützt einen in dunkler Zeit. Allerdings vergeht sein Zauber nach dem ersten Einsatz und er muss an eine würdige Person weitergegeben werden.
    Hiermit Azarynath überreiche ich dir den Stein. Bewahre ihn gut- Er wird dir eine Hilfe in gefahrvoller Zeit sein. Aber setze ihn nie leichtfertig ein, denn seine Macht ist wie gesagt begrenzt. Und wenn du ihn eingesetzt hast musst du einen Nachfolger erwählen, der dir angemessen deucht! “ Nun wandte Tyrion sich an Gerwynn. „Verzeiht mir, dass ich ihn nicht an euch gegeben habe, aber ihr seid bereits sehr weise und verfügt über Jahre voller Erfahrung. Aber auch bei euch stehe ich tief in der Schuld. Ohne eure große Heilkunst wäre ich wohl nicht mehr am Leben.“ Er verneigte sich vor ihr. „Ich bin euch wie Azarynath zu ewigen Dank verpflichtet. Ich hoffe ich werde mich einst für eure Rettung revanchieren können.“ Dann fuhr er mit der Schilderung der Ereignisse am Meeresgrund fort und erzählte sie bis an die Stelle, an der endgültig das Bewusstsein verloren hatte. „Ich weiß nicht, welche Macht am Grund des Sees gelauert hat, aber vielleicht erfahren wir mehr, wenn wir diesen Tempel gefunden haben.“
    Azarynath ließ sich auf ein Sitzkissen fallen. Völlig perplex starrte sie Tyrion und den Ring an und wusste nicht, was sie sagen sollte. "Ich....aber..?"
    Azarynath blickte auf den Stein, der erloschen in tyrions Hand lag. Das hatte sie nun am allerwenigsten erwartet. Vielleicht war er ja doch sehr nett? Sie hatte ihn wegen dieser kleinen, unwichtigen Sache viel zu sehr ihren Zorn spüren lassen. Dabei konnte er doch nichts dafür, dass er ein Mann war. Azarynath blickte ihm ins Gesicht und lächelte ihm zu "Vielen Dank, das ist wirklich...", sie stockte kurz "Eine große Ehre!", sie blickte erneut auf den Stein in ihrer Hand, der nun langsam zu leuchten begann. Orange und gelbliche Farben wirbelten im Inneren des Steines durcheinander, bis sich das Wirrwarr langsam beruhigte und wie kleine Flammen, begann leicht zu lodern. "Ich werde ihn in Ehren halten, und hoffentlich muss ich ihn noch nicht all zu bald benutzen!
    Sie blickte auf den Stein. Ja, der Gegenstand hatte sie erkannt, ihr tiefstes Inneres. Aufgewühlt, lodernd, manchmal nur leicht glimmend....und ab und zu, Azarynath presstie ihre Lippen fester zusammen, manchmal fast am Erlöschen.
    Sie schloss ihre FInger um das großartige Geschenk, sie spürte eine leichte wärme von dem Stein ausgehen und es schien ihr,als würde er pulsieren. Wie ein Pulsschlag.

    Interessiert hatte Tyrion den Wandel des Steins verfolgt, blickte dann jedoch weg, denn Azarynath wollte bestimmt nicht, dass jeder ihr Innerstes erfuhr. Und außerdem ging es ihn auch nichts mehr an, der Stein gehörte schließlich jetzt Azarynath. Mal davon abgesehen, dass mit dem Ring immer wieder unliebsame Erinnerungen an seinen ehemaligen Meister hoch kamen.
    Er gähnte. "Heute war ein anstrengender Tag. Ich schlage vor wir ruhen uns nun aus und begeben uns morgen auf die Suche nach diesem Tempel.
    Kann einer von euch die erste Wache übernehmen, ich fühle mich irgendwie erschlagen." Wieder musste er gähnen. Dann fiel ihm plötzlich auf, dass seine Kleider trocken waren. Nun der Stein hatte also noch mehr nützliche Eigenschaften besessen. Er schmunzelte leicht. Eine Lungenentzündung wäre nun wirklich der krönende Abschluss gewesen...
    Nachdem er sich noch mal vergewissert hatte, dass die Pferde gut untergebracht waren, begab er sich zur Ruh. Bald war er tief eingeschlafen. Doch in seinem Traum erlebte er immer wieder seinen Fall in den See und das Erlebnis am Grund. Unruhig wand er sich im Schlaf, nicht in der Lage aus seinem Alptraum zu erwachen
    Gerwynn freute sich an dem Geschenk, dass Tyrion so überraschend ihrer Tochter gegeben hatte. Einen magischen Schutz würden sie in dieser Welt bestimmt gut gebrauchen können. Er hatte sich ja bereits als lebensrettend erwiesen. Auf die Frage Tyrions hin, ob jemand die erste Wache übernehmen könnte, stand sie auf und nickte zustimmend. Sie fühlte sich frisch und ausgeruht, als ob etwas Kraft von der Geisterhand in ihr Innerstes geflossen wäre. Gerwynn schlug den Eingang des Zeltes zurück und trat hinaus. Von der Anhöhe des Berges konnte sie gut die darunter liegende Ebene überblicken. Dunkle Nebel brodelten wie Dampf aus einem Kessel hin und her. Einzelne Fetzen stiegen in die Höhe, sanken dann aber sogleich wieder zurück. Gerwynn schauderte. Irgendwie wirkte der Nebel lebendig.
    Gedankenverloren schritt sie auf und ab. Auf was hatten sie sich hier eingelassen? Welche Gefahren mochten unten in dem Nebelsee auf sie lauern? Warum hatten sich die Weltentore geöffnet und sie ausgerechnet hier zusammengeführt? Fragen über Fragen, die sie sich nicht beantworten konnte.
    Innen im Zelt stöhnte jemand. Gerwynn hörte, wie sich Tyrion hin und her warf und im Schlaf sprach. Gerwynn warf noch einen Blick in die Runde. Alles war still. Sie rief Xelenka zu, dass sie eine Weile aufpassen sollte und als sich die Greifin erhob und auf einem großen Felsbrocken nieder ließ, bückte sie sich kurz entschlossen und betrat das Zelt. Gerwynn kniete sich neben dem unruhigen Schläfer auf den Boden. Sein Gesicht war bleich und schweißüberströmt. Sanft legte sie ihm ihre Hand auf den Kopf und sagte leise einige Worte. Als sein Atem ruhiger wurde und er entspannt weiterschlief, verließ Gerwynn leise wieder das Zelt und setzte sich neben ihre Greifin. Scharfe Augen blickten sie forschend an. „Diese Welt ist unheimlich, nicht wahr?“ bemerkte Xelenka schließlich. Gerwynn nickte zustimmend. „Aber ich bin sicher, dass die Große Mutter uns schützen wird. Wir haben hier eine Aufgabe zu erfüllen. Offenbar sind hier viele schreckliche Dinge geschehen.“ Beide verharrten in einträchtigem Schweigen und hielten Wache, bis eine bleiche Dämmerung am Himmel erschien.
    In seinen Träumen war es als fühlte Tyrion auf einmal eine kühle Hand auf seiner Stirn. Seine Träume beruhigten sich und er glitt in einen traumlosen Schlaf. Als er am nächsten Morgen erwachte, fühlte er sich schon wesentlich besser. Als er aber versuchte ein Feuer zu entzünden, um einen Tee zu kochen, fiel ihm wieder ein, dass er ja gar nicht zaubern konnte. Dann eben mal wieder auf die herkömmliche Weise, dachte er und suchte in seinem Gepäck nach einem Feuerstein. Nach einigen Minuten brach er seine Suche ab. Er hatte natürlich keinen mitgenommen. Er war ja auch davon ausgegangen, dass er keinen benötigen würde. Während er noch überlegte, wie er denn nun ein Feuer entzünden konnte, hörte er Azarynath gähnen.
    Azarynath erfasste die Situation mit einem Blick: Unfähiger Mann versucht, Feuer zu machen.
    Sie stand auf, rieb sich den Schlaf aus den Augen, gähnte erneut um rammte dann mit ein paar unverständlich gemurmelten Worten ihrem Dolch in den Boden. Es geschah nichts. Azarynath blickte verwundert auf den Boden. Wie konnte das sein? Sonst nahm er doch immer die Energie der Erde in sich auf? Doch nun? Sie versuchte es erneut. Was war das nur für ein seltsamer Ort?
    Sie verstaute den Doch wieder an ihrem Gürtel und kramte in der Satteltasche nach einem Feuerstein. Ganz unten in der Tasche fand sie einen kleine, schlug ein paar Funken und bald brannte ein kleines Feuer. Gedankenverloren blickte Azarynath in die Flammen.
    Was war das für ein Land, in dem die Erde keine Magie besaß?
    Dann blickte Azarynath zu Tyriion hinüber "Entschuldige, ich würde mich gerne umziehen...", auffordernd nickte sie gen Ausgang.

    "So?" Tyrion musterte Azarynath demonstrativ von Kopf bis Fuß und wieder aufwärts. Dann grinste er und verließ fröhlich pfeifend das Zelt. Als er jedoch die Nebelbank erblickte, verflog seine Heiterkeit sofort wieder. Er ging zu dem eingefallenen Haus und versorgte die beiden Pferde. Danach klettert er auf ein paar Felsen, um die weite Landschaft zu erkunden. Aber selbst von weiter oben, konnte man immer noch nicht viel mehr als Nebel und ein paar Felsen erkennen. Also sprang er wieder von den Felsen herunter und landete geschmeidig auf der Erde. Da fiel ihm er könnte ja wieder mit seinen Übungen anfangen. Er hatte gerade eh nichts zu tun und Mädchen hatten die nervtötende Gewohnheit ewig zum Herrichten ihres Äußeren zu brauchen, da konnte er genauso gut, etwas für seine körperliche Ertüchtigung tun.
    Nachdem er seine Übungen abgeschlossen hatte, schlenderte er wieder zum Zelt. Er wollte schon anklopfen und fragen, wie es denn nun stände, als er Gerwynn erblickte. "Irgendwas interessantes heute Nacht?" fragte er.
    Nachdem Azarynath sich fertig gemacht hatte, setzte sie ein wenig Wasser für die Moorbeeran auf. Dann nahm sich den Sack mit Essen, den Gerwynn ihr zuvor gegeben hatte und bereitete ein kleines Frühstück vor.
    In Gedanken versunken blickte sie in das Feuer. Die Flammen züngelten empor und umschmeichelten den Topf. Ein Land, dessen Erde eine Magie besaß...Oder vielleicht besaß es ja Magie, aber irgendetwas verbrauchte sie oder riss sie einfach an sich...Azarynath stand langsam wieder auf. sie Nahm drei Becher mit Moorbeersud und ging vor die Tür. die anderen würden sich bestimmt über einen warmen Trunk freuen.
    "Ah danke dir!" Tyrion nahm den dampfenden Becher entgegen und nippte vorsichtig. "Es hat keine besonderen Vorkommnisse diese Nacht gegeben, oder?" wandte er sich an Gerwynn. Gerwynn schüttelte den Kopf. "Gut, dann schlage ich vor, dass wir wieder aufbrechen. Vielleicht entdecken wir ja schon bald, was es mit diesem Tempel auf sich hat." Während Azarynath das Zelt verkleinerte und in ihren Taschen verstaute, holte er die Pferde. Gerwynn wartete bereits fertig mit ihrer Greifin Xalenka auf die anderen. Azarynath unf Tyrion stiegen auf ihre Pferde und Gerwynn setzte sich auf den Rücken von Xalenka. Sie wandte sich fort von der Stelle, an der sie übernachtet hatten auf die Nebel zu.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 04.03.2008, 16:33


    Wieder drangen sie tief in den Nebel. Gerwynn flog über ihnen. Xalenka glitt über den Nebelschwaden dahin, doch weit und breit war nichts außer Nebel zu sehen. Unten ritten Azarynath und Tyrion schweigend nebeneinander. Die Stille war irgendwie erdrückend. Tyrion lenkte Liuvar noch etwas näher an Dunkelfeuer heran, um sich mit siner Gefährtin zu unterhalten. "Kennst du die Geschichte von Falbon, dem vorwitzigen Hasen?" Azarynath schüttelte den Kopf und lickte ihn fragend an.
    "Ist eine lustige Geshichte. In meiner Kindheit habe ich sie oft gelesen. Es geht um einen neugierigen Hasen, Falbon heißt er, und er kann es nicht lassen, den Füchsen in seiner Umgebung Streiche zu spielen." Azarynath blickte skeptisch, schwieg aber ihm zu Liebe und ließ die Geschichte über sich ergehen.
    " So hat er zum Beispiel einmal eine tiefe Grube ausgehoben und sie dann mit Blättern und Ästen getarnt. Dann hat er sich neben die Grube gesetzt und gewartet. Irgendwann kam Vater Fuchs dabei. Als dieser de wehrlosen Hasen beim Näschenputzen sieht, klingeln bei ihm direkt alle Jagdglocken. Er pirscht sich an den Hasen heran. Im letzten Augenblick springt Falbon auf und hoppelt davon. Wütend setzt Vater Fuchs seiner sichr geglaubten Beute nach .... und fällt in die Grube.

    Oder eines Tagges spaziert Falbon am Fuchsbau vorbei und sieht den kleinen Fuchs vor dem Bau sitzen. Lässig kommt er auf den jungen Fuchs zugeschlendert. "Sag mal Kleiner, ist dein Papa da?" - "Nö."
    "Und deine Mama?" - "Nö"
    "Ist sonst irgendwer von deiner Familie da?" - "Nö"
    "Gut, dann hau ich dir jetzt eine runter!"

    Ein andern mal ..." Und der Geschichtenerzähler war in seinem Element. Als er seine Geschichte beendet hatte, lachte Azarynath. Die bedrückte Stimmung war merklich aufgelockert. Tyrion klopfte sich innerlich auf die Schulter. Falbon hatte er sich gerade ausgedacht. Aber noch schien er seine Wirkung als Erzähler nicht verloren zu haben, auch nicht in dieser trostlosen Gegend.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Anonymous - 04.03.2008, 21:20


    Gerwynn flog tief über den Nebelschwaden hinweg. Sie hörte unter sich die volltönende Stimme Tyrions und bald darauf Azarynaths Lachen. Auch Gerwynn schmunzelte, bestimmt erzählte er einige seiner lustigen Geschichten. Eigentlich bedauerte sie jetzt, dass sie über ihnen flog und die Geschichten nicht hören konnte. Gerade wollte sie Xelenka aufmuntern, doch zu landen und zu Fuß zu gehen, als die Greifin starr auf einen Punkt im Nebel starrte. „Was ist, Xelenka? Was siehst du?“ fragte Gerwynn ihre Gefährtin. „Ich bin mir nicht sicher“, kam die Antwort, „etwas bewegt sich dort im Nebel.., wir sollten die Beiden unter uns warnen. Halt dich fest!“ Mit diesen Worten klappte Xelenka ihre Flügel zusammen und ein halsbrecherischer Sturzflug begann. Gerwynn klammerte sich fest an die Mähne der Greifin. Sie landete genau vor den Füßen der beiden Pferde, die erschrocken aufwieherten. „Leise“ flüsterte Gerwynn ihnen zu. „Der Nebel ist unheimlich und gefährlich. Irgendetwas lauert vor uns.“



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Anonymous - 05.03.2008, 09:27


    Die Reiter stiegen ab und hielten die ängstlichen Pferde fest am Zügel. Xelenka sprach sie beruhigend an und ermahnte sie, immer gut auf ihre Reiter aufzupassen.“Ihr tragt Verantwortung für sie, Menschen sehen nicht alles, was wir erblicken, ihre Sinne sind stumpf. Wir möchten doch alle heil aus diesem verwünschten Land herauskommen“ schloss die Greifin ihre gedankliche Ansprache. Die Pferde reckten ihre Köpfe und standen mit gespitzten Ohren lauschend still. Sechs Augenpaare versuchten in der grauen Nebelwand etwas zu erkennen. Liuvar schnaubte ganz leise und warnend. Jetzt hörten es auch die Menschen. Ein leises Geräusch, wie ein Schaben auf unebenen Untergrund. Es näherte sich, wurde dann wieder leiser, um gleich darauf wieder anzuschwellen. Das Unbekannte kam nicht geradlinig auf die Wartenden zu, sondern schien sich im Zickzack zu bewegen. Die Nackenhaare der Greifin stellten sich auf „Höchste Gefahr“ krächzte sie ganz leise. Auch Gerwynn spürte eine näher kommende Kälte, die ihre Glieder lähmte und ihre Gedanken schwer und langsam werden ließ. Langsam, fast unmerklich wichen die Tiere Schritt für Schritt zurück. „Zu spät“ hauchte Gerwynn mit blassen gefühllosen Lippen. Eine ungeheure dichte Masse kristallisierte sich kugelförmig aus dem Nebel heraus, verdichtete sich, floss auseinander, streckte lange Nebelstränge wie Tentakel aus und nutzte diese, um sich rollend und schiebend fortzubewegen. Die Kälte nahm zu. Feine Eiskristalle bedeckten die Köper der Tiere und Menschen. Gerwynn fiel auf die Knie, hob ihre Hände empor und begann leise in einer unbekannten Sprache Wörter zu singen. Die monotone Abfolge der Töne hörte sich an wie eine wieder kehrende Litanei. Der Stern an ihrem Stirnreif begann zu leuchten und strahlte kurz in gleißender Helle auf. Rot schimmernde Augen erschienen in der dichten Nebelmasse und fixierten eiskalt die erschrockenen Gefährten. Tentakel krochen auf Gerwynn zu, die mit geschlossenen Augen in ihrer Beschwörung fortfuhr. Der Stern leuchtete nochmals auf, ein heller Schein umfloss die Gestalt der Knienden und die Tentakel zogen sich zurück. Dann erlosch der Schimmer mit einem letzten Aufflackern. Gerwynn erhob sich und schwankte leicht. Die Beschwörung hatte viel Kraft gekostet. „Die Magie der Großen Mutter wirkt hier nicht“ , flüsterte sie erschöpft. „Wenn die Nebelgestalt uns erreicht, sind wir verloren. Sie ernährt sich von unserer Lebenskraft und unserer Wärme.“



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 05.03.2008, 17:22


    „Schnell, zieht euch zurück!“ schrie Tyrion. „Ich werde versuchen ihn mit Feuer aufzuhalten! Das wird ihn von unserer Lebenskraft ablenken!“ Hoffentlich, fügte er in Gedanken hinzu. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Azarynath ihre Mutter stütze. Liuvar und Dunkelfeuer waren bereits im Nebel verschwunden. Auch Xalenka zog sich zurück.
    Tyrion begann seine Kräfte zu sammeln. Die roten Augen fixierten nun ihn. Kälte durchfloss ihn und die Tentakeln glitten nun auf ihn zu. Doch die Kraft durchströmte ihn heiß und seine Aura begann zu glimmen. Aber noch bewegte er sich nicht. Er wartete auf den richtigen Augenblick. Der Blick des Monsters wurde gieriger, als es die große Macht spürte, die sein Opfer verströmte. Die Nebelranken hatten Tyrion nun erreicht, verharrten einen kurzen Augenblick, dann wanden sie sich unerbittlich um Tyrion. Aber die Hitze, die den Mann durchströmte, bewahrte ihn von der tödlichen Kälte. Dann trat das Ungeheuer aus dem Nebel und Tyrion blickte in das Gesicht einer wunderschönen Frau. Dunkles Haar umrahmte ihr blasses Gesicht und tiefe dunkle Augen ersetzten das rote Glühen. Geschockt durch den Anblick seiner verstorbenen Frau Layama verlor er die Kontrolle über seine angestaute Enegie und sie entlud sich mit einem Schlag. Ein Blitz zerriss die Nebel und ließ sie schlagartig verdampfen. Gleißend fuhr er auf die Erde herab und traf das Monster. Eine Flammensäule stieg auf und alles wurde gleißend hell. Tyrion sackte durch den plötzlichen Verlust an soviel Energie zusammen, wurde von der Druckwelle des Einschlags erfasste und wie eine Stoffpuppe durch die Luft geschleudert. Als er auf den Boden aufschlug, verlor er das Bewusstsein.
    Ringsumher brannte die Erde. Die Macht des Blitzes war so gewaltig gewesen, dass selbst die Steine zu brennen begannen. Das Nebelwesen wand sich. Dampfend verschwanden die Tentakel in dem feurigen Brand. Das wunderschöne Gesicht verschwand und wich einer schwarzen Fratze ohne Augen und Nase, aber einem großen Schlund. Ein Brausen und Zischen toste durch die Luft und die Luft flimmerte. Mit einem Kreischen verschwand das Wesen in dem tosenden Inferno. Das Feuer breitete sich aus. Steine schmolzen und es bildeten sich rot glühende Rinnsale.

    Tief im Nebel sahen Gerwynn und Azarynath eine Flammenwand auf sich zu kommen. Die Hitze wurde unerträglich. Aber noch immer tauchte Tyrion nicht auf. Azarynath blickte besorgt zu ihrer Mutter. „Wo ist Tyrion?“ formten ihre Lippen die Worte. Das Brausen des Feuers übertönte alle Worte. Plötzlich wieherte Liuvar laut auf und stürzte vor, mitten hinein in die rote Hölle.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    DasLennchen - 05.03.2008, 23:22


    Azarynath versuchte, das Gesicht mit ihren Händen zu schützen, doch die Hitze brannte in den Augen und der Geruch von verbranntem Haar und Haut stach ihr in die Nase.
    Azarynath zögerte nicht lange. Sie sprang vor und riss ihre Mutter mit sich zu Boden, in ihren Gedanken sah sie Gesichter vor sich, die sich kreisend zu einem einzigen vereinigten. Es waren die Meister, die sie gehabt hatte, die sie getäuscht hatte um zu lernen. Die dunkle Magie, die verbotene Magie. Das Gesicht war nur verschwommen zu erkennen, es öffnete den Mund wie zu einem stummen Schrei.
    Azarynath streckte ihre Hand nach dem Dolch aus, der an ihrem Bein befestigt war. Ihren schmalen Körper schützend über ihre Mutter gebeugt hielt sie ihren linken Arm in die Höhe. Das Messer in ihrer Rechen stach Azarynath in die Haut ihres Oberarmes. Blut quoll hervor und lief an ihrem Arm hinab. Vor ihren Augen wurde es dunkel, eisblaue Blitze tanzten umher. Doch sobald Azarynath sich auf einen versuchte, zu konzentrieren, verschwand er.
    Wie in Trance nahm Azarynath mit einer Hand ihr Blut und verspritzte es in über sich und ihre Mutter. Ihr wurde schwindelig, und bevor sie ihr Bewusstsein verlor, konnte sie noch einblaue Flammen erkennen, die sich im die beiden Frauen schlangen, über die wunde, verbrannte Haut glitten und sich schließlich wie ein Schutzfilm um sie herumlegte.

    Azarynath sah sich von oben, zusammengekauert am Boden liegen. Ihr Geist hatte sich gelöst. Sie schwebte immer weiter nach oben, fühlte sich leer und leicht. Viel zu leicht.
    Sie sah, wie die Feuerwand sich brach, als sie die beiden Frauen berührte. Azarynath schwebte weiter, beschloss, sich im Feuer umzusehen. Sie schwebte durch die Flammen, nicht spürend als unerträgliche, eisige Kälte. Weit weg, am Rand der Felsen konnte sie Dunkelfeuer erkennen, der in wildem Galopp davon preschte. Nun konnte sie vor sich undeutlich eine Gestalt erkennen.
    Azarynath blickte sich unbeteiligt um. Dies war nun mal der Lauf der Dinge. Durch den Tod entstand neues Leben und dieses leben musste auch irgendwann sterben…Sie blickte an sich selbst herunter…doch dort war nur bläulich schimmernder Nebel.
    Bin ich tot?, fragte sie sich, sich dann fiel ihr ein, dass das nicht sein konnte. Und selbst wenn es so wäre…jeder starb. Was machte es schon, ob früher oder später…



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Anonymous - 06.03.2008, 08:51


    Hitze, Schmerzen, dann Kühle. Gerwynn öffnete ihre zusammengepressten Augen und sah, dass die Flammenwand sich vor ihren Körpern teilte, aufgehalten durch ein blaues Leuchten, das die Gestalten der beiden Frauen umgab. Über ihr lag der leblose Körper Azarynaths. Gerwynn lauschte, dann hörte sie einen schwachen Atemzug. Vorsichtig richtete sie sich auf und legte den Kopf ihrer Tochter in ihren Schoß. Sanft strich sie ihr die blonden Haare aus dem eiskalten Gesicht. Gerwynn wusste, dass die Magie, die Azarynath benutzt hatte, alle Kräfte raubte. Es bestand die Gefahr, dass sich Körper und Geist lösen würden. Sie musste schnell handeln, um ihre Tochter zu retten und Tyrion aus dem Feuer zu befreien. Gerwynn konzentrierte sich, wie sie es im Tempel der Großen Mutter gelernt hatte. Ihr Innerstes wurde weit, die Umgebung verschwand. Immer wieder wiederholte sie stumm einen Ruf, der unhörbar aber dennoch stark durch die Welten glitt, bis er die Angesprochene erreichte. Gerwynn spürte ein kühles Wehen und öffnete ihre Augen. In der Feuerwand entstand eine Lücke, wie eine Insel. Eine blau schimmernde Frauengestalt trat aus dem Feuer heraus. .Sie war durchsichtig , ihre Formen verschwanden und kehrten wieder. Um sie herum wob sich ein Rauschen wie das Rollen der Wellen auf dem Meer oder das Trommeln eines Regenschauers auf die durstige Erde. Ein Leuchten umgab ihre Gestalt. Die Flammen zogen sich vor der Frauengestalt zurück, als sie auf Gerwynn zuschritt. Die Priesterin neigte demütig den Kopf vor der Näherkommenden.. „Ich grüße dich und danke dir, Herrin des Wassers, dass du zu uns gekommen bist. Du siehst, was mein Gefährte verursacht hat. Wir wollen diese Welt retten, nicht vernichten. Bitte hilf uns!“ Die schimmernde Frauengestalt erwiderte vorwurfvoll „Was macht ihr Menschen mit der Natur? Ihr sollt sie bewahren, nicht ihre Kräfte entfesseln. Schrecklich ist die Große Mutter, wenn sie losgelassen wird. Du Gerwynn, hast einmal fast eine Welt vernichtet. Wir haben dir die Kraft genommen zu zerstören, aber du kannst helfen und heilen. Weißt du das denn nicht mehr? Aber ich werde dir helfen.“ Die schimmernde Frau drehte sich zu der Feuerwand um und hob ihre Arme. Ein dunstiger Nebel floss auf ihren ausgestreckten Händen. Dann erfüllte ein hoher Ton die Luft, erreichte die Nebelwände und durchdrang die Feuersbrunst. Die Nebelschwaden zogen sich zusammen. Donner grollte, Blitze zuckten und ein gewaltiges Gewitter zog am Himmel auf. Der Regen rauschte sintflutartig vom Himmel und durchweichte die glühende Landschaft. Es zischte und dampfte als das Wasser die brennende Erde berührte. Immer wieder flackerten die Flammen auf Dann hatte der Regen endlich alle Glutstellen erreicht. Ein Feuer nach dem anderen erlosch. . Als nur noch dampfende Erde zu sehen war, schritt die Herrin des Wassers langsam.über die verkohlte Erde auf zwei dunkle Erhebungen zu. Sie bückte sich, strich mit ihren durchsichtigen Händen über einen der Gegenstände und flüsterte dem anderen etwas zu. Dann wurde ihre Gestalt blasser und sie war mit einem kühlen Hauch verschwunden.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 06.03.2008, 10:14


    Der Regen riss Tyrion aus seiner Ohnmacht. Etwas Schweres lag auf ihn und presste ihn an den Boden. Mit einem Stöhnen versuchte er sich auftzrichten, brach aber zusammen, als ein stechender Schmerz seine Brust erfüllte. Er schmeckte Blut in seinem Mund. Keuchend holte er Luft. Sein Atem ging rasselnd. Beim Aufprallen hatte er sich mehrere Rippen gebrochen und er hatte sich auf die Zunge gebissen. Verwirrt sah er die Landschaft vor sich. Wo eben noch Feuer emporgegüngelt war, dampfte jetzt nur noch die Erde. An einigen Stellen war sie glasig geworden, der geschmolzene Stein erstarrt. Da wo der Blitz eingeschlagen war, klaffte ein großer Krater von mehreren Schritt Durchmesser. Dann blickte er auf das was ihm auf den Boden festhielt. Mühsam wandte er den Kopf nach hinten. Etwas großes lag auf ihm und es hatte schreckliche Ähnlichkeit mit..."Liuvar!" Es war ein Schrei voller Schmerz und Trauer. Wieder brach Tyrion zusammen, aber diesmal durch seelische Qualen. Es war tatsächlich Liuvar. Schwere Brandverletzungen bedeckten seinen Körper und er atmete nur noch schwach.
    In seiner Ohnmacht bekam Tyrion nicht mit, wie auf einmal eine blau schimmernde Gestalt erschien, sich über das Pferd und seinen Reiter beugte und sanft mit ihren Fingern über die verbrannten Stellen auf Liuvars Haut strich. Die Wunden schlossen sich. Das verbrannte Fleisch heilte und das Pferd begann sich zu regen. Es richtete sich wackelig auf und stupste mit seinen Nüstern gegen die Wange seines alten Freunde. dann blickte es mit seinen braunen Augen fragend auf die schimmernde Frau. "Dein Freund wird wieder gesund werden, sei ohne Sorge. Aber er muss für das was er der Erde angetan hat, bestraft werden. Deshalb werde ich ihn nicht heilen, wie ich es bei dir getan habe, Liuvar. Deine Tat war sehr edel. Du warst bereit dein Leben zu geben, um das deines Freundes zu bewahren." Die Gestalt strich über die Nüstern des Pferdes und berührte kurz dessen Stirn, dann wurde die Gestalt der Wasserfrau klar und durchsichtig. Schließlich war sie ganz verschwunden. Zurück blieben das Pferd und sein bewusstloser Reiter. An der Stelle, wo die Frau Liuvars Stirn berührt hatte, färbte sich das Fell weiß.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Anonymous - 08.03.2008, 09:01


    Gerwynn saß zusammengekauert auf der dampfenden Erde. Ihr Blick schweifte über die trostlose Landschaft. Schwarze verkohlte Baumreste und Büsche streckten ihre Äste klagend gegen den grauen Himmel. Schimmerten leicht, glasig geschmolzen in der fürchterlichen Hitze. Was hatte Tyrion nur getan? Die Gefährten hatten einen Ruf gehört und waren aufgebrochen, um dieses Land zu retten und von den dunklen Mächten, die es beherrschten zu befreien. Jetzt hatten sie selber Tod und Zerstörung hinein gebracht. Gerwynn war sich sicher, dass sie eines Tages für diese Tat bezahlen mussten. Sollte Azarynath schon das erste Sühneopfer werden? Nein! Entschlossen richtete sich Gerwynn auf und untersuchte eingehend die Verletzungen ihrer Tochter. Das Blut sickerte immer noch aus der Wunde, die sie sich beigebracht hatte, um den Zauber zu bewirken. Azarynaths Gesicht war weiß uns still. Gerwynn erkannte, dass ihre Tochter schon auf dem Pfad zu den ewigen Welten schritt. Leiste flüsterte sie „Große Mutter, hilf mir!“ Heilkräuter konnten diese wunden nicht schließen. Sie waren mit Magie erfüllt. Gerwynn spürte noch, dass sich schwache Ströme aus ihnen ergossen. Vorsichtig legte sie Azarynath vor sich auf den Boden und kreuzte ihre Hände über der Brust. Dann strich die Priesterin mit ihren eigenen Händen an dem vor ihr liegenden Körper entlang. Sie begann zu singen. Einzelne Töne verwoben sich zu einer Melodie, die klagend und sanft die Gestalt der Liegenden einhüllte. Stärker wurde das Lied, die Melodie kräftig und fordernd. Ein heller Schein umhüllte Muter und Tochter. Ein warmer Hauch wie der Atem einer Mutter umfloss die beiden Gestalten. Azarynaths Wunden hörten auf zu bluten und schlossen sich. Ein zitternder Atemzug hob die Brust der Liegenden. Voller Freude küsste Gerwynn ihre Tochter auf beide Wangen. Dann hob sie die Hände empor „Ich danke dir für deine Hilfe, Große Mutter. Bitte führe uns auch weiterhin durch diese Welt. Behüte und beschütze uns und hilf uns, dieser Welt das Licht zurückzubringen.“



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 08.03.2008, 11:23


    Liuvar berührte Tyrion mehrmals mit seinen Nüstern, doch der Geschichtenerzähler regte sich nicht. Da sprang er los, um Gerwynn und die anderen zu finden. Er musste nicht lange suchen, dann entdeckte er die beiden Frauen. Gerwynn hielt Azarynath in ihren Armen. Die jüngere sah sehr blass aus. Beide Gewänder waren blutbefleckt. Aufgeregt tänzelte das schwarze Pferd um die beiden herum, dann machte es immer wieder Schritte in die Richtung, in der Tyrion lag.
    Da hörte man ein lautes Wiehern und schnelles Flügelschlagen. Dunkelfeuer und Xalenka kehrten zurück. Die Greifin trippelte besorgt zu den Frauen, als sie das viele Blut sah.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    DasLennchen - 11.03.2008, 16:07


    Azarynath spürte, wie sie immer schneller zurückgezogen wurde, wie in einem riesigen Sog wurde sie durch die Luft gewirbelt, bis sie sich in ihrem Körper wieder fand. In ihren Ohren erklang eine wunderschöne melodie. Keuchend holte sie Luft. Unter ihren Augenliedern tanzten eisblaue Punkte. Sie hatte das noch nie zuvor gemacht, doch anscheinend hatte es gewirkt, sie war am Leben.
    Vorsichtig öffnete Azarynath ihre Augen. Vor ihr sah sie verschwommen ein Gesicht. Langsam konnte sie es genauer erkennen, im Hintergrund standen noch einige Gestalten. Die Tiere, Azarynath erkannte nun die beiden Pferde und die Greifin. Doch wo war Tyrion? Sie versuchte, ihren Kopf ein wenig zu bewegen, er dröhnte und in ihm hallten noch wenige Töne der Melodie nach. Azarynath stützte ihre Hände auf den Boden und erhob sich vorsichtig. Ihr war noch etwas schwindelig, doch auch das legte sich bald wieder. „Wo ist Tyrion?“; fragte sie mit heiserer Stimme.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 12.03.2008, 16:57


    Gerwynn stützte schnell ihre Tochter, als sie sah, dass die Jüngere schwankte. „Geht es dir wirklich schon gut?“ fragte sie besorgt. „Du hast dunkle Magie angewendet. Das geht nicht spurlos an deinem Körper vorüber. Jedes Mal wirst du viel von deiner Lebenskraft dafür geben müssen, also hüte dich vor den dunklen Bereichen der Magie!“ Dann antwortete Gerwynn auf die Frage nach Tyrion „Ich weiß es nicht, aber dort tänzelt sein Pferd. Es will uns offenbar zu ihm führen. Kannst du gehen“ Und als Azarynath nickte, rief Gerwynn ihre Greifin und die Frauen machten sich auf die Suche nach Tyrion. Sie mussten nicht weit gehen. Hinter einen Felsbrocken aus geschmolzenem Gestein sahen sie seinen reglosen Körper liegen. Seine Kleidung hing in verbrannten Fetzen von dem geschwärzten Rücken herab. Blut sickerte aus unzähligen Wunden hervor Gerwynn stieß einen Entsetzensschrei aus, als sie seinen verbrannten Körper untersuchte. Sanft legte sie ihm ihre Hände auf die Stirn und bat die Götter, ihn nicht sterben zu lassen.

    Als er die kühlen Finger spürte, kam Tyrion wieder zu sich. Mühsam drehte er sich um. Ein stechender Schmerz durchfuhr seine Brust und ihm wurde übel. Er sah eine verschwommene Gestalt über sich gebeugt. Als er die Tränen wegblinzelte, erkannte er Gerwynn. Er murmelte ihren Namen. Dann richtete er sich erschorcken auf. "Liuvar..Wo ist..." Erneut durchfuhr der Schmerz ihn und er sackte zurück. "Was habe ich getan?" Er legte das Gesicht in die Hände und begann zu weinen. Da stupste ihn etwas Weiches an. Tyrion blickte auf und blickte in die sanften Augen von Liuvar. "Wie ist das möglich? Ich dachte, du wärst..." Da sah er ein Bild in seinem Geist auftauchen. Es zeigte eine Frau in schimmernden Gewändern, die durch den Regen schritt uns sich den reglosen Körpern zweier Gestalten näherte. Mit Schrecken erkannte Tyrion Liuvar und sich selbst. Dan sah er jedoch fasziniert, wie die Frau Liuvars Wunden heilte, ihn an der Stirn berührte und dann verschwand.
    "Wasser!" Die Worte kamen in Form eins Krächzen aus den spröden Lippen. Er spürte wieder, wie sein Körper rebellierte. Unaufhaltsam driftete er wieder in die Dunkelheit. Es war eine behagliche Ruhe und sie umfing den Verwundeten und erlöste ihn von seinem Schmerz. Tyrions Atem ging langsamer. Die Verletzungen forderten ihen Tribut. Und dann setzte Tyrions Atem aus.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Anonymous - 13.03.2008, 09:11


    Gerwynn rief erschrocken. „Azarynath, er stirbt uns unter den Händen. Wir müssen etwas tun“ Erneut legte sie ihre Hände um sein Gesicht und ließ alle Kraft, die sie noch besaß in ihre Hände fließen. Nichts geschah. Erschöpft richtete sie sich mit grauem Gesicht auf. „Azarynath, hast du noch etwas von dem Wasser des Lebens übrig behalten, das du in die Schattenwelt getragen hast? Die Kraft der Drachenquelle könnte auch in dieser Welt lebensspendend sein.“ Azarynath rief Dunkelfeuer zu sich und suchte mit fliegenden Fingern in ihrer Satteltasche. „Beeil dich, „mahnte Gerwynn, „sonst wird es zu spät sein und wir können ihn nicht mehr erreichen.“ Endlich zog Azarynath eine kleine tönerne Flasche aus ihrem Gepäck hervor. Sie schüttelte sie und meinte dann betroffen „es ist kaum noch etwas in der Flasche.“ Schnell kniete sie sich neben Tyrion und benetzte seine Lippen mit wenigen Tropfen des Wassers. Die Flüssigkeit sickerte durch seine halbgeschlossenen Lippen in seinen Mund. Nach einer Weile, die die Frauen bangen ließ, hob ein schwacher Atemzug seine Brust. „Er lebt!“ flüsterte Azarynath glücklich. Mutter und Tochter sahen sich müde, aber von Freude erfüllt in die Augen. Dann sagte Gerwynn: „ Nimm auch einen Tropfen des heilenden Wassers. Wir werden alle Kräfte brauchen, um Tyrion zu retten. Das Wasser wird dir deine Kraft zurückgeben. Alleine kann ich es nicht schaffen.“ Vorsichtig setzte Azarynath die Flasche an ihre Lippen und trank einen winzigen Schluck. Sogleich kehrte die Farbe wieder in ihre Wangen zurück und ihre Augen begannen wieder zu leuchten.
    Nach einem besorgten Blick auf den Horizont, der sich langsam verdunkelte, beschlossen die beiden Frauen Xelenka zur Erkundung vorzuschicken. Die Greifin sollte eine geeignete Stelle für eine Rast suchen. Mit vereinten Kräften hoben sie dann vorsichtig den stöhnenden Tyrion auf den Rücken seines Pferdes. Liuvar ging ganz vorsichtig mit kleinen behutsamen Schritten, um seiner Last nicht noch mehr schmerzen zu bereiten. Dunkelfeuer folgte Azarynath und die kleine Gruppe schritt mühselig durch die dampfenden und teilweise noch glühenden Gesteinsbrocken. Es wurde langsam dunkel und der Weg immer beschwerlicher. Auch Liuvar stolperte gelegentlich. Dann stöhnte Tyrion jedes Mal schmerzerfüllt auf. „Wo bleibt nur Xelenka?“ murmelte Gerwynn immer wieder vor sich hin. Endlich verkündete das Rauschen gewaltiger Flügel die Ankunft der Greifn. „Nicht weit von hier ist ein kleiner Fleck, da habe ich sogar etwas Gras gesehen für die Pferde und der Regen hat sich in einer Vertiefung angesammelt. So haben wir auch Wasser.“ Mit neuen Kräften folgte die Gruppe der vorangehenden Greifin. Nach einiger Zeit, die den Wanderern jedoch unendlich lang erschien,, hatten sie das Ende des Gesteinstrümmerfeldes erreicht. Sie standen am Rande eines Hügels, dessen Abhänge sanft in einer Mulde endeten. Ihre erfreuten Augen sahen tatsächlich die Reste einer ehemals üppigen grünen Wiese. Das Regenwasser hatte sich in einer Art natürlichem Becken gesammelt. Vor langer Zeit mochte hier einmal eine Quelle entsprungen sein. Vorsichtig hoben die Frauen die geschundene Gestalt Tyrions von Liuvars Rücken herab und betteten den Körper auf Gerwynn schnell hingeworfenem Umhang. Liuvar stupste seinen Gefährten freundschaftlich an, schnoberte ein wenig an seinem Gesicht herum und begann dann zufrieden mit Dunkelfeuer zu grasen. Gerwynn kramte in ihren Satteltaschen und zog ein Bündel mit getrockneten Kräutern hervor. „Wir müssen seine verbrannte Kleidung entfernen. Die Wunden beginnen sonst zu eitern,“ meinte sie besorgt. „Ich habe hier Moos und Heilkräuter. Da können wir mit dem Wasser einen Brei anrühren und seinen Körper einschmieren. Hast du noch dein Kochgeschirr?“ fragte sie die Jüngere. Azarynath nickte und holte ihre magischen Geräte. Auf ihrer Handfläche wuchs das winzige Töpfchen zu einem Kessel an. Schnell füllt sie ihn mit Wasser und Gerwynn rührte die Kräuter hinein. Während sie aufquollen, lösten die beiden Frauen vorsichtig Stück für Stück der verbrannten Kleidung von Tyrions Körper, bis er schließlich nackt vor ihnen lag. Gerwynn musterte den muskulösen Mann und meinte trocken: „Nach einem Geschichtenerzähler sieht er aber nicht aus .Interessant, was er so unter seinen Umhängen verborgen hat. Das ist der Körper eines Kriegers!“


    willst du ihn einschmieren, lenn :P



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Anonymous - 15.03.2008, 09:23


    Xelenka hörte Gerwynns Bemerkung und kam neugierig herbeigetrippelt. Auch die Greifin beäugte mit sachkundigem Blick aus ihren Adleraugen den vor ihnen liegenden Körper. „Seht euch die Muskelstränge an seinen Schultern an.“ meinte sie schließlich. „Ich halte ihn für einen Schwertkämpfer.“ Gerwynn nickte bestätigend. „Der Meinung bin ich auch. Aber was halten wir uns mit diesem unnützen Gerede auf? Wenn wir nicht rasch handeln, wird unser Krieger hier nie wieder ein Schwert in seine Hand nehmen können.“ Sie fügte noch mehrere Hände voll Blut stillenden Mooses zu den gequollenen Kräutern hinzu und rührte die Masse, bis ein grünlicher Brei entstanden war. Dann holte sie einen zweiten Topf voll klaren Wassers, sprach ein kurzes Gebet zur Reinigung darüber, riss sich ein Stück ihres Hemdes ab, tauchte es ins Wasser und begann vorsichtig den Schmutz von den Wunden zu entfernen Tyrion stöhnte, erwachte aber nicht aus seiner tiefen Bewusstlosigkeit. Azarynath zog ein sauberes Tuch aus ihrer Satteltasche hervor und mit vereinten Kräften reinigten die Frauen rasch den Verletzten. Liuvar stand mit gesenktem Kopf neben seinem Gefährten und zog die verfilzten Haare sanft durch seine Zähne bis aller Schmutz und verbrannte Haarreste daraus entfernt waren.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 15.03.2008, 20:04


    Tyrion glitt durch die Dunkelheit seiner Ohnmacht. Sein Geist suchte die Pforte, die ihn in das Land der Toten führen würde. Ruhelos eilte er durch die Schwärze, die jene Welt umgab, die nicht ist. Jene Welt, die die Brücke zwischen der irdischen und der transzendenten Sphäre bildet.
    Gelöst von seinem Körper spürte Tyrion keinen Schmerz mehr. Er war nur erfüllt von der Sehnsucht nach Ruhe und Geborgenheit. Dem Wunsch endlich Frieden zu finden.
    Vor ihm in der endlosen Dunkelheit tauchte ein Licht auf. Erst unscheinbar, dann immer stärker werdend, wies es ihm den Weg zum Ende seiner Suche. Tyrion flog auf das gleißende Licht zu, dass die Finsternis um ihn herum verdrängte. Es war ein großes Tor, das bogenförmig im Nichts schwebte.
    Je näher Tyrion dem Tor kam, desto mehr nahm sein Körper wieder an Gestalt an. Zuerst konnte er seinen Körper nur als eine durchsichtige Hülle wahrnehmen. Doch zunehmend schwand diese Transparenz und als er das Tor erreichte, hatte er wieder seien feste Gestalt. Er schaute überrascht auf seine Gewandung. Statt des üblichen dunklen Stoffes trug er eine weiche Robe, die aus reinem Licht gesponnen schien. Auch seine Wunden waren vergangen.
    Er trat an das Tor heran. Eine Wand aus wärmender Weiße bildete die Grenze zwischen Leben und Tod. Noch ein Schritt und er würde die Welt, aus der er gekommen war, für immer verlassen. Es kam ihm vor, als würden Schemen hinter dem Licht hin und herhuschen. Die Schemen jener Menschen und Wesen, die das Tor bereits durchschritten hatten. Tyrion straffte die Schultern und tat den letzten Schritt. Doch als er die Wand berührte, spürte er einen Widerstand. Zögernd ging er einen Schritt zurück und fuhr mit der Hand über die Barriere. Seine Finger glitten durch das Licht. Doch als er erneut versuchte, das Tor zu passieren, hinderte ihn wiederum eine unsichtbare Kraft am Durchgang.
    Tyrion versuchte mit aller Macht die Barriere zu überwinden, doch es war erfolglos. Das Tor wollte sich nicht für ihn öffnen. Entmutigt wollte er sich zurückziehen, als er plötzlich eine Berührung an seinen Fingern verspürte. Er fühlte, wie seine Hände von anderen sanft umschlossen wurden. Die Wand aus Licht verschwand und Tyrion blickte in das Antlitz seiner Frau. Da stand sie und schaute ihn aus ihren dunklen Augen an. Schwarzes Haar floss ihr über die Schulter und sie trug wie Tyrion ein Gewand aus weißer Seide.
    "Layama." Tyrion flüsterte den Namen seiner Frau.
    Er wollte sie an sich ziehen. doch sie schüttelte sacht ihren Kopf. Eine Haarsträne fiel ihr ins Gesicht. Tyrion sah, wie sich ihre Lippen bewegten, aber er konnte kein Wort vernehmen. "Tyrion. mein Geliebter!" formten ihre Lippen die Worte. "Lang habe ich auf dich gewartet." Tyrion schluchzte auf.
    "Doch noch ist die Zeit nicht gekommen, da du zu mir kommen darfst. Du hast eine Aufgabe, Geliebter."
    "Nein. Ich will zu dir. Ich will zu dir und unsrem Sohn." seine Stimme klang heiser. Layama lächelte wehmütig und schüttelte wieder ihren Kopf.
    Eine kleinere Gestalt erschien neben der Frau. Große violette Augen schauten ernst aus einem kleinen Gesicht. Beim Anblick seines Sohnes Celandor wäre Tyrion fast zusammengebrochen. Nur die Berührung der Hände seiner Frau hielten ihn aufrecht.
    "Vater. Du musst gehen! Wir können nicht lange hier am Tor des Schicksals bleiben." las Tyrion von den Lippen des Jungen. Er hatte wie seine Eltern schwarzes Haar.
    "Geh, Liebling. Wir werden auf dich warten." Nun schimmerten auch die dunklen Augen Layamas. Tränen strömten über das Gesicht des Mannes und ein Weinkrampf schüttelte ihn. Da legte sich die kleine Hand Celandors auf die Hände seiner Eltern. Sanft löste sie die verflochtenen Finger. Frau und Kind nahmen einander an der Hand und traten vom Tor zurück. Ihre Körper begannen zu verblassen. Das letzte was Tyrion sah, waren die liebevollen Augen seiner Frau und die Hand Celadors, die zum Abschied winkte.
    Dann kehrte die Wand aus Helligkeit zurück. Tyrion stolperte rückwärts, seine Finger immer noch ausgestreckt. Allmählich verschwand das Licht und Tyrion tauchte wieder ein in die Dunkelheit. Als das letzte Glühen der Schwärze gewichen war, begann er zu fallen. Tiefer und tiefer fiel er und das Leben kehrte in seine Glieder zurück. Und mit dem Leben kam der Schmerz. Er spürte wie Finger über seinen geschundenen Körper strichen. Er spürte wieder das Klopfen seines Herzens und wie Luft in seine Lungen strömte. Er spürte die Regentropfen auf seinen Körper fallen.
    Mühsam öffnete Tyrion den Mund und ließ die kühlende Flüssigkeit in seine ausgedörrte Kehle rinnen. Es schmeckte köstlich.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    DasLennchen - 28.03.2008, 10:08


    Azarynath hatte Tyrion in ein warmes Schafsfell gewickelt und saß nun neben ihm. Sein Atem ging langsam und sein Gesicht war ruhig, als würde er schlafen. Ab und zu flüsterte er einige Worte, von denen Azarynath jedoch kaum etwas verstand. Immer wieder wiederholte er ein Wort. Layama. Was das wohl zu bedeuten hatte? War es ein Name aus seiner Vergangenheit? Sie blickte zu der kleinen tönernen Flasche, die sie neben sich gestellt hatte. Nun waren nur noch wenige Tropfen darin, Azarynath presste ihre Lippen zusammen, sie hatte sich geschworen nicht mehr in die Berge zurückzukehren, doch nun verspürte sie ein unangenehmes Zwicken in der Magengegend. Müde lehnte sie sich gegen Dunkelfeuers Sattel und schloss die Augen. Ihre Gedanken flogen zurück zu den Bergen, zu einem kleinen Bach, der Quelle des Lebens, wie sie gerne genannt wurde, und zu einer kleinen Höhle, in der sie eine zeit lang gelebt hatte bevor...Azarynath versuchte, an etwas anderes zu denken. Das alles war schon lange her, man konnte die Vergangenheit nicht rückgängig machen. Und ohne diese Fähigkeiten hätte sie nun sich und ihre Mutter nicht retten können. Azarynaths Gedanken wurden immer lebendiger bis sie sich fast sicher war, wirklich an dem Bach zu stehen. Sie folgte dem Wasserlauf bis sie zu einem See kam. Ihre Hände strichen durch das lange Gras und die Sonne schien warm auf Azarynaths Rücken. Nun lag sie auf einem kleinen Hügel, spürte den Wind auf ihrer Haut, der immer kälter wurde, bald begann sie zu frieren und kleine Regentropfen prasselten auf ihre Haut.
    Azarnath riss die Augen auf, sie befand sich in ihrem Zelt, sicher in ein Wollfell gekuschelt doch das Feuer war ausgegangen. Leise stand sie auf. Neben sich hörte sie sie Atemzüge Tyrions und die ihrer Mutter. Als Azarynath au dem Zelteingang blickte, sah sie wie es am Horizont heller wurde, die Luft war klar und nur am Boden waren kleine Nebelschwaden zu sehen. Azarynath schob den Stoff, der den Ausgang verdeckte zur Seite. Sie konnte sehr weit sehen. Im Moment Befanden sie sich in einem Tal, zu ihren Seiten befanden sich hohe Berggipfel. Ein kleiner Bach schlängelte sich durch das Tal, zu seinen Seiten wuchsen kleine Sträucher. Sonst bestand das Tal nur aus trockener Erde und Sand. Azarynath versuchte, sich das Bild genau einzuprägen, wer konnte ahnen, ob es wieder neblig werden würde? Sie drehte sich um und ging zurück in das Zelt. Als sie erneut versuchte, ihren Dolch in den Boden zu rammen züngelte eine kleine Flamme empor. Erstaunt blickte Azarynath auf das Feuer, das sich nun langsam entzündete. Damit hatte sie nicht gerechten, vor einem tag hatte das nicht funktioniert!
    Setzte einen du auf und ging dann zurück zu ihrer Schlafstätte. Da sah sie, dass Tyrion sich im Schlaff frei getreten hatte und er nun entblößt vor ihr Lag. Röte schoss Azarynath in die Wangen. Bewusst darauf achtend, nicht an gewisse Körperpartien zu blicken, legte sie das Schafsfell wieder über ihn. Dann nahm sie alle schmutzigen Dinge, die nicht verbrannt waren und ging damit zum Bach. Dort begann sie Topfe und Kleidung zu waschen.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 30.03.2008, 19:14


    Das Erste, was Tyrion spürte, als er die Augen aufschlug, war Schmerz. Sein Körper brannte und in seinem Kopf drehte sich alles. Vom Schwindel erfasst schloss er wieder die Augen. Nachdem er sich etwas beruhigt hatte und sein Blick klarer geworden war, schaute er sich um. Er befand sich wieder in Azarynaths Zelt in ein dickes Fell gehüllt. Etwas entfernt sah er Gerwynn, die friedlich schlief. Nur Azarynath konnte er nicht entdecken.
    Da er offensichtlich ungestört war, befreite er sich mühsam aus den Felllagen. Darunter war er grötenteils nackt. Einige Stellen seines Körpers waren mit Verbänden bedeckt, andere dagegen waren ungeschützt. Das Fleisch war an diesen Stellen rot und wirkte geschwollen. Vorsichtig öffnete Tyrion den Verband, der seinen Oberkörper bedeckte. Er musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht vor Pein aufzuschreien. Endlich hatte er das Fleisch freigelegt und betrachtete entsetzt die Wunden. Die Haut war teilweise schwarz verbrannt. Einige Wunden eiterten. Ein unangenehmer Geruch kam von den Verletzungen. Der Anblick der verbrannten Haut weckte Erinnerungen. Im Geiste sah Tyrion sich auf einer kleinen Waldlichtung stehen. Vor ihm stand drohend ein älterer Junge. Der Mann sah, wie sein jüngeres Ich die Fäuste ballte und dem Größeren ins Gesicht schlug. Eine Stichflamme brach hervor und beide Jungen wurden zu Boden geschleudert.
    Die Szene änderte sich leicht. Nun stand Tyrion über den Jungen gebeugt. Dessen Gesicht war grauenvoll entstellt. Die linke Seite war schwarz verbrannt und anstelle des Auges gähnte ein Loch, aus dem eine schmierige Flüssigkeit lief. An manchen Stllen schimmerte der Knochen hervor.
    Tyrion fand wieder zurück in die Realität. Übelkeit stieg in ihm auf und er erbrach sich neben seinem Lager. Das würgende Geräusch weckte Gerwynn, die erschrocken aufsprang und zu dem Verletzten eilte.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Anonymous - 05.04.2008, 08:22


    Das würgende Geräusch weckte Gerwynn, die erschrocken aufsprang und zu dem Verletzten eilte.
    Vorsichtig stützte sie seinen Kopf, während Tyrion Schaum und Galle erbrach. Gerwynn machte sich große vorwürfe, dass sie geschlafen hatte. Sie hätte daran denken müssen und ihm einen Kräutersud einflößen müssen, der seinen Magen beruhigte und sein Inneres reinigte. Aber sie war so müde gewesen. Sanft legte sie Tyrion zurück auf sein Lager. Er glühte vor Fieber und stöhnte schmerzhaft. Schnell wischte Gerwynn den Boden sauber und wühlte dann in ihren Packtaschen. Irgendwo hatte sie doch ihre Kräuterbeutel verstaut. Vorsichtshalber nahm sie bei jeder ihrer Reisen ihre Heilkräuter mit sich. Azaraynath betrat gerade mit einem Krug frischen Wassers das Zelt. Sie rümpfte ein wenig ihre Nase wegen des Geruches und schlug die Zeltplane zurück. Sofort strömte frische klare Morgenluft hinein. Noch waren keine Nebel aufgestiegen und Gerwynn hatte freie Sicht auf die Berge .Xelenka hatte irgendwo ein kleines Beutetier gefangen und verspeiste es mit Genuss. Gerwynn rief ihre Greifin, die schnell noch ihren letzten Bissen herunterschluckte und dann angetrippelt kam. Aufmerksam äugte sie in das Zelt hinein und musterte den stöhnenden Mann. Gerwynn nickte bestätigend. „Ja, wir brauchen unbedingt Hilfe, sonst verbrennt ihn das Fieber und das verbrannte Fleisch vergiftet ihn.“ Gerwynn nahm aus Azarynath Händen einen großen topf entgegen und reichte ihn der Greifin. Sie packte fest mit dem Schnabel zu. „Kruz bevor Tyrion in dem Nebelsee verschwand, sind wir durch ein Sumpfland gewandert. Bringe mir von diesem Schlamm. Ich will Tyrion damit bedecken. Die Erde wird seine Wunden reinigen und heilen.“ Xelenka flog sogleich davon. Gerwynn sah ihr lange nach und murmelte einen Segensspruch, der ihre Greifin beschützen sollte. Dann warfen die beiden Frauen Kräuter in die Töpfe. Während der Heiltrank kochte, umwickelten sie Tyrions glühenden Körper mit nassen Tüchern. Immer wieder tauchten sie die Tücher in das frische kalte Wasser des Baches und erneuerten die Umschläge. Endlich sank das Fieber etwas und Tyrion schlug die Augen auf. Verwirrt sah er die beiden Frauen an und versuchte zu sprechen. Gerwynn ermahnte ihn zum Schweigen und holte schnell einen Becher des Heiltrankes. Unterstützt von Azarynath flößte sie dem Mann schluckweise den bitteren Inhalt ein. „So,“ meinte sie dann befriedigt, als Tyrion in ruhigen Schlaf fiel, „hoffentlich haben wir das Schlimmste überstanden.“Dann wandte sie sich an Azarynath. „Hast du noch einen Rest von den Keksen, oder etwas in deinem Zauberkessel? Ich habe Hunger und wir müssen essen, um bei Kräften zu bleiben. Vielleicht können wir auch eine leichte Mahlzeit für Tyrion zubereiten. Wenn er noch einen Becher des Heiltrankes geschluckt hat, wird es ihm besser gehen.“ Sorgenvoll blickte Gerwynn dann zu dem Taleinschnitt zwischen den Bergen. Leichte Nebelschwaden zogen heran und bedeckten den Bach mit einem feinen Schleier. „Hoffentlich kommt Xelenka bald zurück!“



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 05.04.2008, 23:10


    Als Tyrion wieder erwachte war der Schmerz zwar nicht verschwunden, aber das furchtbare Brennen war einem dumpfen Pochen gewichen. Noch etwas benommen vom Heiltrank richtete Tyrion sich auf. Mit rauer Stimme fragte er nach etwas Zutrinken. Azarynath reichte ihm einne Becher mit Wasser, das der Mann gierig hinunterschluckte. "Langsam", ermahnte ihn die junge Frau und nahm ihm den Becher wieder ab. Tyrion nickte widerstrebend und nahm diesmal kleinere Schlücke. "So ist es Recht." lobte Azarynath ihn. "Hast du Hunger?" Als der Verletzte bejahte, schaute sie zu Gerwynn. "Meinst du wir können ihm jetzt schon etwas geben, oder sollte er erst noch einen Heiltrunk nehmen." Die Priesterin schaute herüber und meinte dann: "Ich würde lieber noch etwas warten, bis wir ganz sicher sind, dass sein Magen sich beruhigt hat. Aber wenn er das Wasser und den Trunke hier auch noch verträgt, kann er sicher eine Kleinigkeit essen." Sie reichte das bitter schmeckende Gebräu an Tyrion weiter, der leicht den Mund verzog und die Flüssigkeit runterschluckte. Danach blickte sie sorgenvoll nach draußen. Hoffentlich kam Xalenka bald. Auch wenn er sich offensichtlich gerade besser fühlte, war er noch lange davon entfernt gesund zu sein.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Anonymous - 10.04.2008, 11:12


    Als Tyrion wieder die Augen aufschlug, fühlte er,dass neue Kräfte ihn durchströmten. Der Heiltrank hatte offenbar geholfen. Seine Haut fühlte sich jedoch noch immer so an, als ob er im Feuer liegen würde. Er stöhnte qualvoll auf. Azarynath beugte sich zu ihm herunter und gab ihm noch einen Schluck zu trinken. Dann fütterte sie ihn vorsichtig mit dem Eintopf, den sie in der Zwischenzeit gekocht hatte. Gerwynn betrat von draußen das Zelt und strich ihm mütterlich über seinen Kopf. „Xelenka wird bald wieder kommen, dann können wir dich in den Schlamm einpacken. Der wird dir die Schmerzen nehmen.“ Dann fügte sie besorgt hinzu „Die Nebel steigen wieder auf. Dieser Ort hier besitzt Magie, du hast Feuer gerufen, Azarynath und auch ich fühle die Strömungen. Ich werde versuchen, uns zu schützen.“
    Gerwynn trat ins Freie und umrundete Gebete murmelnd ihre Lagerstätte. Sie wanderte bis zum Bach und dann zurück. Mit einem Stab zog sie einen großen Kreis um das Zelt. Ihre gemurmelten Gebete wechselten zu einem eintönigen Gesang. Nach einer Weile schöpfte sie Wasser aus dem Bachlauf und goss es langsam im Kreis aus. Diesen Vorgang wiederholte sie, bis der Kreis um das Zelt feucht glänzte. Die trockene Erde zog durstig das Wasser ein während Gerwynn ununterbrochen sang. Als der Boden wieder trocken war, nickte sie befriedigt vor sich hin. „Ich habe die Erdgeister gerufen und sie gebeten, einen Schutzzauber um das Zelt zu legen,“ erklärte sie dann den ihr erstaunt Zuschauenden. „Sie werden uns schützen, bis Tyrion wieder gesund ist.“



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Anonymous - 17.04.2008, 16:51


    Es wurde Abend. Die Sonne verschwand langsam mit rotem Glühen hinter den Bergen. Klar leuchteten die aufkommenden Sterne am Abendhimmel. Die Wanderer konnten von ihrem Zelt aus in das Tal hinunter blicken. Der Nebel hatte die Ebene eingehüllt und leuchtete rötlich in den Strahlen der untergehenden Sonne Weiße Nebelstränge krochen wie dünne Finger am Bach entlang. Als sie den Platz erreichten, auf dem das Zelt stand, faserten sie sich auf. Für die Augen der Menschen sahen sie aus wie ein Gespinst aus dünnen Fäden, das sich bedrohlich immer enger um sie zusammenschnürte. Gerwynn murmelte etwas, dass sich anhörte wie „Wenn der Nebel uns überflutet, werden wir sterben wie die Fliegen im Netz.“ Laut sagte sie aber „Der Zauber wird uns beschützen. Vertrauen wir auf die Macht der Erdgeister.“ Bittend sah sie Azarynath an „Du hast am Mittag mit deiner Feuerklinge ein Feuer aus der Erde geholt. Versuches es bitte nochmals. Das Feuer wird Xelenka den Weg zu uns weisen.“ Azarynath nickte zustimmend und stieß ihre Klinge in die Erde. Nichts geschah. Azarynath stieß das Messer an einer anderen Stelle in den Boden. Kleine Funken sprühten hell auf. Wie Geister tanzten die Funken umher und verdichteten sich an dem magischen Ring. Ein sprühender Feuerkreis zog sich um den Lagerplatz herum. Hastig zogen sich die heran kriechenden Nebelarme zurück. Gerwynn trat vor das Zelt und stimmte einen Lobgesang an. Sie bedankte sich bei den fleißigen Geistern der Erde, die die Menschen feurig schützten. Die einprägsame Melodie erfüllte mit ihren dunklen warmen Tönen den Abend. Azarynath und sogar Tyrion fielen in den Gesang ein. Ein leises Kichern ertönte. Rotglühende Funken tanzen und wirbelten im Takt der Melodie. Als ein dunkler Punkt am Abendhimmel erschien und rasch näher kam, verneigte sich Gerwynn. Das Feuer erlosch und Xelenka landete im Restlicht des schwindenden Tages. Vorsichtig trippelte sie auf die beiden Frauen zu. Der Eimer hing schwer in ihrem Schnabel und zog ihren Kopf nach unten. Vorsichtig setzte sie ihre Last ab, schüttelte erleichtert ihren Kopf und meinte „Es war nicht leicht, den Schlamm zu bekommen. Aber reden wir nicht mehr davon. Hier lauern noch viele heimtückische Gefahren auf uns. Gut, dass ihr mir mit dem Feuer den Weg gezeigt habt. Ohne das Licht hätte ich mich bestimmt in diesem verdammten Land verflogen. Von oben sieht alles gleich aus. Nur weißer Nebel ist zu sehen und gelegentlich ein Berg oder ein hoher Baum.“ Gerwynn musterte eingehend ihre Greifin und meinte dann besorgt. „Du siehst ziemlich zerzaust aus.“ Vorsichtig strich sie über die Flanken des Tieres, die deutliche Kampfspuren zeigten. Xelenka machte eine wegwerfende Bewegung mit dem Kopf und mahnte Gerwynn, nun endlich den Schlamm aufzutragen.
    Beide Frauen füllten den zähen Schlamm in Töpfe und verrührten ihn mit Wasser zu einem steifen Brei. Ununterbrochen murmelte Gerwynn bei dieser Tätigkeit Gebete vor sich hin. Endlich war sie zufrieden. „Es wird jetzt weh tun, wenn wir den Brei auf deine Haut streichen“, entschuldigte sie sich bei Tyrion, „aber du wirst sehr schnell eine Linderung deiner Schmerzen spüren.“ Beide Frauen strichen schnell und geschickt den Schlammbrei auf Tyrions entkleideten Körper. Er stöhnte vor Schmerzen und verlor das Bewusstsein, als sie ihn auf den Bauch drehten. „Besser so,“ meinte Gerwynn kurz, „das erspart ihm manches.“ Dann fuhr sie fort. „Wenn der Brei trocken ist, müssen wir Tyrion im Bach waschen. Dann wird sich seine alte Haut abschälen und neue Haut kann sich bilden.“ Besorgt blickte sie auf den Mann, dessen Haare nass von Schweiß waren. „Ich hoffe, dass er es übersteht. Mehr können wir nicht für ihn tun. Alles Weitere liegt in den Händen der großen Mutter.“



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 19.04.2008, 21:59


    Die Bewusstlosigkeit befreite seinen gemarterten Körper von den Schmerzen, doch statt der Dunkelheit, die Tyrion bisher in seiner Ohnmacht begleitet hatte, befand er sich diesmal auf einem kleinen Hof. Vor ihm ragte eine große Treppe auf, an deren Spitze vier große Säulen den Eingang zu einem Tempel flankierten. Soeben war er doch noch im Zelt gewesen. Verwundert schaute er an sich herab und entdeckte, dass er wieder seine blaue Gewandung aus seiner Magierzeit trug. Der blaue Mantel fiel über seine sonstige Kleidung. Nur die schwarzen Stiefel ragten unter dem Umhang hervor.
    Er drehte sich um. Hinter ihm erstreckte sich ein kleiner Weg, der zu einem Steg führte. Wasser umspielte die Holzpfosten und Möwen kreisten über das Wasser. Hinter dem Wasser erstreckte sich eine malerische Landschaft. Grüne Wiesen und üppige Wälder bedeckten den Boden. Majestätisch hob sich eine Gebirgskette am Horizont. Kleine weiße Wolkenfetzen schwebten am strahlend blauen Himmel. Die Sonne schien warm hernieder und das Licht spiegelte sich an dem weißen Strand neben dem Steg. Erst da fiel ihm auf, dass ein kleines Boot, vertäut am Pier, auf den Wellen schaukelte.
    Tyrion selbst befand sich auf einem kleinen Vorhof. Der Boden war mit Sand bestreut. Weiße Mauern umrahmten das Gelände. Und hoch über ihm thronte der Tempel. Tyrion ging auf die Treppe zu. Das Licht strahlte hell von dem weißen Marmor ab und er kniff leicht die Augen zusammen. Als er bei den Säulen angelangt war, drehte er sich noch mal um.
    Der Anblick raubte ihm den Atem. Er blickte hinab auf einen See. Um den See erstreckte sich das Land Kerillana. Tyrion konnte nicht sagen, woher er diese Eingebung hatte, aber er wusste, dass dies das Land war, bevor es zu dieser Ödnis aus Stein und Nebel geworden war.
    Staunend betrachte er die üppigen Hänge. Der Ort strahlte eine beinahe überirdische Schönheit aus.
    Ein scharrendes Geräusch hinter ihm ließ ihn jedoch jäh herumfahren. In leicht geduckter Haltung blickte er in die blauen Augen einer Priesterin. Die Frau trug weiße Kleider und ihr Haar war mit einem Schleier bedeckt. Lächelnd bedeutete sie Tyrion den Tempel zu betreten.
    Tyrion entspannte sich und folgte der Frau in das Innere. Die Priesterin führte ihn durch einen kleineren Vorraum, in das Zentrum des Heiligtums. Dort stand auf einem marmorneren Altar ein Standbild aus Elfenbein. Ehrfürchtig erkannte er die Gestalt der Großen Mutter. Ohne den Blick von der Staute lösen zu können, kniete er vor dem Altar nieder.
    „Steh auf, Tyrion!“, ertönte eine sanfte Stimme. Sie kam aus dem Mund der Priesterin, deren Augen seltsam blicklos starrten. „Ich habe dich hierher gebracht, damit du etwas erfährst.“
    Tyrion erhob sich. Seine Kehle war trocken. Er konnte die große Macht, die von der Statue ausging förmlich spüren. „Wo sind wir?“ brachte er schließlich mühsam hervor. „In meinem Heiligtum zwischen eurem Land und dem Land Kerillana.“, antwortete die Priesterin.
    „Ist es das Land bevor es zerstört wurde?“
    „Ja“, seufzte die Stimme.
    „Es ist wunderschön.“
    „Das war es einst. Bevor der große Streit anbrach und die Tempel geschändet wurden.“
    „Was ist passiert?“, fragte Tyrion. „Das zu erfahren ist noch nicht die Zeit gekommen. Es genügt zu wissen, dass es eure Aufgabe ist, dem Land wieder seine alte Macht zurückzugeben.“
    „Dann ward ihr es, die uns gerufen hat?“
    „Ja und nein zugleich. Eine meiner Dienerinnen hat ihr Leben geopfert, um den Tempel in der alten Stadt aufzusuchen. Sie war es, die euch in meinem Namen gerufen hat.“
    Bilder von einer grauen Stadt, halb in Trümmern tauchten ihn dem Kopf des jungen Mannes auf. Und im Zentrum der allgemeinen Verwüstung stand die Ruine eines Tempels. „Das war einst der Tempel, in dem man mich verehrt hat. Der Tempel hier bildete den Übergang. Reisende, die zwischen den Welten wandelten kamen einst hier vorbei, um nach Kerillana zu gelangen, oder es zu verlassen.“ „Da war noch ein Tempel, ein schwarzer Tempel auf dem Grund eines See.“ „Dieser Tempel ist erst später entstanden. Die Menschen haben ihn errichtet und dort grausige Opfer vollzogen. Aber auch das werdet ihr noch sehen. Ich habe dich hierher gebracht, damit du etwas Wichtiges erfährst. Deine Tat im Nebel hat mir großen Kummer bereitet. Durch deine Handlung ist ein Teil Kerillanas auf immer zerstört worden.“ Wieder erblickte Tyrion bilder in seinem Geist. Doch diesmal zeigten sie keine Nebel oder Ruinen, sondern schwarze verbrannte Erde. Die Luft über dem Boden flimmerte und einige Steine waren geschmolzen und bildeten blutrote Rinnsaale.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 20.04.2008, 17:44


    Betroffenheit machte sich auf seinem Gesicht breit. „Das habe ich nicht gewollt. Ich wollte uns nur eine Ablenkung vor dem Monster schaffen. Das Unheil, was ich angerichtet habe, war ein Versehen. Ich habe die Kontrolle über meine Beschwörung verloren.“
    „Das weiß ich. Trotzdem musst du die Konsequenzen deiner Handlung tragen.“
    „Meine Schmerzen…“, entfuhr es Tyrion. „Die sind nur ein Teil deiner Strafe. Es ist deine Aufgabe dafür zu sorgen, dass Kerillana wieder bewohnt wird. Wenn ihr die Tempel neu geweiht habt, musst du bleiben und eine neue Gemeinschaft gründen. Das, Tyrion, ist meine Aufgabe an dich, damit du deine Schuld abtragen kannst.“
    Der Mann ließ den Kopf hängen. „Also werde ich bis an mein Lebensende hier leben müssen?“ „Ja, Tyrion. Und nun geh. Ich werde dafür sorgen, dass sich deine Wunden bald heilen. Begebt euch zur alten Stadt. Dort werdet ihr vielleicht Hilfe finden. Und nun, lebe wohl.“
    „Wo finden wir diese Stadt?“ Aber er erhielt keine Antwort mehr. Die Priesterin, die bis jetzt reglos dagestanden hatte, blickte Tyrion mit klarem Blick an. Sie nahm Tyrion an der Hand und führte ihn wieder aus dem Tempel.
    Als er an den Säulen vorbei ging, wandelte sich das Bild. Die Sonne verschwand hinter dichten Wolken. Nebel stieg über dem See auf und das Wasser färbte sich tief schwarz. Erschrocken blickte er sich um. Hinter ihm befand sich immer noch der Tempel. Aber nun war er zerfallen. Eine Säule war eingestürzt, das Dach darüber zeigte Risse. Tyrion taumelte die Treppe hinunter zum Ufer. Der Steg war verschwunden. Nur morsches Holz ließ vermuten, dass er dort einst gestanden hatte. Das Boot jedoch war noch vorhanden. Es lag am Strand. Schwarzes Wasser umspülte den Rumpf des Bootes. Tyrions Stiefel knirschten, als er über den Sand schritt. Er schob das Boot ins Wasser, setzte sich hinein und begann zu rudern. Bald umschlossen ihn dichte Nebel und er konnte weder vor noch zurück schauen. Trotzdem ruderte er entschlossen weiter. Bald jedoch senkte sich eine bleierne Müdigkeit auf ihn hinab. Jeder Schlag kostete ihn unendliche Kraft. Immer öfters fielen ihm die Augen zu und schließlich sackte sein Kinn auf die Brust und Dunkelheit umfing ihn erneut.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Anonymous - 26.04.2008, 07:36


    Eine Hand strich sanft über Tyrions Kopf und blieb an seiner Schläfe liegen. Tyrion hörte durch die ihn umgebende Dunkelheit eine Stimme, die ihm Mut zusprach „Gib nicht auf, du schaffst es. Bald hast du das Ufer erreicht.“ Er packte die Ruder fester und zog die Blätter automatisch durch das Wasser. Der Nebel verflüchtigte sich und er sah Gerwynn in ihrem leuchtend weißen Priesterinnengewand am Ufer stehen. Sie streckt ihm ihr Arme entgegen und seltsamerweise erfüllte ihn diese Geste mit neuer Kraft. Gerwynn stand an einem verlassenen Strand, hinter ihr erstreckte sich totes Land. „Komm, rief sie ihm zu. Wir haben hier noch eine Aufgabe zu erledigen.“ Tyrion hatte das Ufer erreicht. Mit einem knirschenden Geräusch schob er das Boot auf den Strand und stieg aus. Dabei berührte er das Wasser. Es tat so unendlich weh! Die Schmerzen schossen wie flammen durch seinen Körper. Qualvoll stöhnte er auf. Wieder spürte er eine Hand auf seinem Kopf. Neue Kraft durchflutete ihn. Die Stimme sang in sein Ohr „Du wirst wiedergeboren. Lass alles Alte zurück, streife deine Haut ab und nimm dein neues Leben an.“ Die Worte wurden immer aufs Neue wiederholt. Tyrion spürte, dass etwas von ihm abfiel. Es hatte ihm große Schmerzen bereitet. Nun umgab ihn kühle Frische. Er fühlte sich wie neugeboren. Allmählich durchdrang ihn die Erkenntnis, dass Hände seinen Körper berührten, ihn wuschen und sanft massierten. Kälte umgab ihn. Tyrion schlug die Augen auf und sah Gerwynns Gesicht über sich Sie blickte ihn lächelnd an. Er drehte vorsichtig seinen Kopf und bemerkte, dass ihn.die Frauen in den Bach gelegt hatten und die Schlammkruste abwuschen. Große Fetzen der verbrannten Haut wurden von dem fließenden Wasser davongetragen. Als er seine Arme hob, waren sie mit zarter frischer Haut bedeckt. „Wir müssen der großen Mutter danken, sie hat dich geheilt!“ hörte er erneut die Stimme an seinem Ohr. Verblüfft erkannte er, dass Gerwynn sprach. Als er sie erstaunt ansah, lächelte sie ihn kurz und verständnisvoll an und wandte sich dann an Azarynath. „Ich denke, wir können versuchen, Tyrion zurück zum Zelt zu bringen. Er sollte jetzt großen Hunger haben.“ Gemeinsam halfen die beiden Frauen Tyrion, aus dem Bach aufzustehen. Überrascht stellte er fest, dass seine Beine ihn wieder trugen. Gerwynn hatte aus ihren Reisesäcken ihr weich fließendes Festgewand hervorgeholt und am Bach bereitgelegt .Auch eine Ersatzhose konnte sie dem Mann anbieten. Verlegen schlang sich Tyrion die Tücher um seinen entblößten Körper. Die Hose war ihm viel zu kurz, bedeckte aber die wesentlichen Stellen, so dass er wieder sein Pferd reiten konnte, ohne sich aufzuscheuern. Aus dem fröhlichen Grinsen der beiden Frauen las er etwas beleidigt, dass er ziemlich komisch aussehen musste .Als sie ihn leise lachend an den Armen stützten, war er jedoch froh über ihre Hilfe, denn er fühlte sich noch sehr schwach. Gemeinsam gingen sie zum Zelt. Hungrig machte sich Tyrion dann über die Mahlzeit her, die in einem Topf schon auf alle wartete.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Anonymous - 27.04.2008, 21:14


    Nachdem alle gesättigt und auch die Pferde und die Greifin versorgt waren, setzten sich die Gefährten um das wärmende Feuer. Die Nebelfäden hatten sich zurückgezogen, so dass sie sich sicher fühlten. Eine behagliche Stimmung machte sich breit, nicht zuletzt, weil Tyrion endlich wieder seine Kräfte erlangt hatte. Gerwynn schaute eine Weile sinnend in die knisternden Feuerfunken und wandte sich dann an Tyrion. „Einen Teil deines Fiebertraumes habe ich miterlebt, als ich dir die Hände aufgelegt habe. Wie bist du auf den See gekommen? Ich habe das Gefühl, dass dieser Traum wichtig für unsere Aufgabe ist. Erzähle doch bitte.“ Auch Azarynath sah Tyrion gespannt und auffordernd an.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 28.04.2008, 14:04


    Tyrion nickte. „Ja, der Traum ist wichtig. Aber vielleicht fange ich besser von vorne an. Dann werdet ihr hoffentlich auch verstehen, warum ich so ein Inferno verursacht habe.“ Und er begann an der Stelle, an der er das Nebelmonster aufhallten wollte. Er berichtete, wie die Nebeltentakeln ihn umsponnen hatten, er jedoch durch seine Magie geschützt war. „Eigentlich wollte ich versuchen einen Teil meiner Magie zu nutzen, um es von der Lebenskraft unserer Körper abzulenken und sie auf das Monster übertragen. Nach einigen Tagen hätte ich den Kräfteverlust wieder ausgeglichen. Aber ich wurde getäuscht. Als das Wesen aus dem Nebel trat, sah ich das Gesicht meiner Frau.“ Er ließ die Schultern hängen. Die Blicke, die Gerwynn und Azarynath tauschten, sah er nicht. Mit heiserer Stimme fuhr Tyrion fort. „Sie und unser gemeinsames Kind sind damals bei der Geburt ums Leben gekommen…
    Ich habe die Kontrolle über meine Magie verloren und sie entlud sich schlagartig. Durch den Kräfteverlust und die Druckwelle muss ich das Bewusstsein verloren haben.“ Er schilderte, wie er zwischendurch zu Bewusstsein gekommen war und Liuvars verbrannten Körper gesehen hatte. „Die Schmerzen waren unerträglich. Ich dachte bei seinem Anblick, dass ich auch euch getötet hatte.
    Die Ohnmacht war eine Erlösung. Doch jedes Mal fürchtete ich mich vor dem Erwachen. Die Schmerzen meiner Verletzungen raubten mir den Verstand und ich trennte meinen Geist vom Körper, um zu sterben. Aber mir war es nicht gestattet die Erde zu verlassen.“ Seine Stimme war jetzt nur noch ein Flüstern. „Ich war so kurz davor. In einer Vision sah ich die Pforte. Ich hätte sie nur durchschreiten müssen. Aber eine größere Macht hinderte mich daran. Und dann…und dann habe ich sie gesehen.“ Tränen standen in Tyrions Augen. „Meine Frau Layama und meinen Sohn Celador. Er war schon ein kleiner Junge.“ Tyrion schluchzte. „Bei seiner Geburt war ich nicht dabei. Ich musste damals einen Auftrag ausführen. Als ich zurückkehrte…“ Die Stimme versagte ihm. Gerwynn legte tröstend eine Hand auf die seine. „Das tut uns unendlich leid. Wir trauern mit dir. Vielleicht ist es besser, wenn du dich etwas ausruhst.“ Aber Tyrion schüttelte den Kopf. Sein Schwarzes Haar fiel ihm ins Gesicht.
    „Ich habe ihn nie gesehen. Das einzige, was ich von ihm wusste, war sein Name und wo er begraben lag.“ Er holte tief Luft. „Meine Frau sagte mir, dass ich noch eine Aufgabe zu erfüllen hätte. Deshalb durfte ich nicht sterben.“ Im Geiste sah er wie seine Frau ihn traurig anlächelte. Wie sein Sohn ihre verflochtenen Hände löste und er ais seinem Traum gerissen wurde. „Zu dem Zeitpunkt wusste ich, dass ich nicht sterbe würde. Aber ich wusste auch, dass mit jedem Mal, wenn ich zu Besinnung kam, die Schmerzen wiederkommen würden. Deshalb versuchte ich nicht meinen Geist mit meinem Körper wieder zu vereinen. Alles war besser, als die schrecklichen Qualen. Und dann hatte ich einen zweiten Traum. Diesmal stand ich auf einer Insel. Auf der Insel war ein Tempel errichtet.“ Er beschrieb die Landschaft, die er gesehen hatte. „eine Priesterin führte mich in den Tempel, wo mich die Göttin erwartete.“ Nun erzählte er, was er von der Großen Mutter erfahren hatte. „Eine ihre Priesterinnen hat sich in die zerstörte Stadt begeben, um vom Tempel aus nach Hilfe zu rufen. Die Göttin hat mir auch gesagt, dass es unsere Aufgabe ist, die Tempel wieder zu errichten und in ihrem Namen zu weihen. Nur dadurch könnte Kerillana wieder erlöst werden. Sie sagte abe nicht, was mit dem Land passiert ist. Sie erwähnte einen Streit unter den Menschen. Einige, ich vermute Abtrünnige, haben wohl auch den schwarzen Tempel gebaut den ich im See gesehen habe. Dort sollen sie grausige Opfer durchgeführt haben. Vielleicht gab es eine Art Bürgerkrieg? Zum Abschluss sagte sie, wir sollen die Ruinenstadt aufsuchen. Vielleicht würden wir dort Hilfe finden.“
    „Hilfe? In dieser Einöde?“ Azarynath wirkte nicht überzeugt. „Ja. Guck mal, wenn es noch eine Priesterin in diesem Land gegeben hat, dann leben vielleicht noch mehr Menschen irgendwo verborgen.“ „Und warum haben wir sie dann bis jetzt noch nicht gesehen?“ Darauf wusste Tyrion keine Antwort.
    „War das alles, was die Große Mutter zu dir gesagt hat?“ Gerwynn blickte Tyrion prüfend an. „Nein. Sie hat noch etwas gesagt. Etwas, das mich betraf. Zum einen sagte sie mir, dass die Schmerzen ein Teil der Bestrafung seien, dafür dass ich Kerillana verwüstet habe. Meine Sühne aber wird erst abgegolten seien, wenn ich dem Land dazu verhelfe, eine neue Lebensgemeinschaft zu gründen.“ Er seufzte. „Ich fürchte, ich werde Kerillana nicht mehr verlassen. Sollte wir allerdings scheitern…dann wird Kerillana für immer verloren sein.“
    Stille senkte sich über das Zelt. Schweigend saßen die drei eine Weile am Feuer.
    Irgendwann brach Tyrion das Schweigen. „Wie seid ihr dem Feuer eigentlich entronnen? Ich dachte schon ich hätte euch alle umgebracht, aber dann sah ich in einem meiner klaren Momente, wie ihr mich gepflegt habt. Ich stehe tief in eurer Schuld. Erst hätte ich fast euren Tod verschuldet und dann habt ihr mich auch noch geheilt.“



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Anonymous - 30.04.2008, 08:06


    Gerwynn legte ihre Hand auf den Arm ihrer Tochter und blickte sie dankbar an. „Ich habe es nur ihr zu verdanken, dass ich noch am Leben bin. Sie hat mich mit ihrer Magie gerettet. Ich war nach der Beschwörung zu erschöpft. Es grenzt fast an ein Wunder, dass wir den Flammen entkommen sind." Gerwynn sah mit nachdenklich gerunzelter Stirn in die Flammen des kleinen Feuers. Die flackernden Flammen malten tanzende schwarze Schatten auf ihr Gesicht und ließen es fremd aussehen.Gerwynn wirkte auf einmal sehr alt und müde.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 30.04.2008, 13:21


    "Was für Magie?" Tyrion richtete sich leicht auf. Seine violetten Augen blickten auf die jüngere Frau. Er konnte sich noch sehr gut erinnern, dass Gerwynn sehr geschwächt nach der Anrufung der Göttin gewesen war. Und bei den Kräften, die er unbeabsichtigt entfesselt hatte, würde herrkömmliche Magie kaum zum Schutz genügen. "Woher hast du das Wissen über Magie? Ich dachte, du beherrschst nur Elementarzauber?" Er versuchte seine Stimme gleichgültig klingen zu lassen.
    Ihm fielen wieder die Blutspritzer ein, die er an den Gewändern der Frauen gesehen hatte. Hatte Azarynath etwa verbotene Magie praktiziert?
    Jetzt waren die Gewänder der Beiden sauber. Möglicherweise hatte er sich das Blut nur eingebildet, oder sie hatten ihre Kleider gewaschen. Falls Azarynath tatsächlich schwarze Magie angewandt hatte...
    Tyrion riss sich vom Anblich der jüngeren Frau los. Er war schon kange kein richtiger Zauberer mehr. Damals als er dem Magierorden, der Zirkel der neun Weisen, beigetreten war, hatte es zu seinen Aufgaben gehört, dunkle Adepten zu jagen und gegebenfalls zu töten. Nur wenige Eingeweihte sollten über das Wissen dunkler Magie verfügen, weil die Macht, die damit einher ging, leicht missbraucht werden konnte.
    Tyrion mochte Azarynath. Der Gedanke sie zu töten behagte ihm gar nicht. Es musste einen anderen Weg geben. Und noch wusste er noch nicht mal, ob sie wirklich gefährlich war.
    Außerdem, was kümmerte es ihn überhaupt noch. Er war nicht mehr an den Rat gebunden und ihm nicht mehr verantwortlich.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    DasLennchen - 08.05.2008, 15:40


    "Oh, ich habe mir nur die Kraft der Natur zu nutze gemacht" Azarynath lächelte ihn freundlich an. "Aber weshalb findest du das so interessant,du weißt doch,dass ich mich dieser Art von Magie bediene?"
    Sie stand auf und streckte sich. "Du solltest dir lieber Gedanken um den Nebel machen, der wohl alle Magie zu rauben scheint..."
    Azarynath ging in richtung einganz und schob den Vorhang zur Seite sodass man die Nebelschwaden von innen aus gut sehen konnte.
    "Das", meinte sie, "Das ist wirklich ein Grund zur Sorge..."



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 08.05.2008, 16:49


    "Ohne Frage", stimmte Tyrion ihr zu. Im Gegensatz zu Azarynath war er sitzen geblieben. "Allerdings scheint der Nebel nur die im Boden gespeicherte Magie zu rauben." Interessiert stellfte Tyrion fest, dass die junge Frau ihm keine direkte Antwort gegeben hatte. Auch ihr plötzliches Aufstehen und der Hinweis auf den Nebel konnte man als mögliche Ablenkung sehen.
    "Welche Kräfte der Natur hast du denn in dieser Ödnis und bei all dem Nebel gerufen?" Belustigt stellte er fest, dass es sich fast schon wie ein Verhör anhörte. Es war beinahe so, wie damals. Die meisten hatten geleugnet, dass sie dunkle Magier waren. Nachdem er jedoch ihren Geist gebrochen hatte, fand er schnell heraus, ob sie gelogen hatten, oder nicht. Allerdings würde Gerwynn sowas niemals zu lassen. Am einfachsten waren immer die Fälle gewesen, die ihn sofort mit dunkler Magie angegriffen hatten. Da wusste er wenigstens, dass er keine Rücksicht zu nehmen brauchte.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    DasLennchen - 08.05.2008, 18:50


    Azarynath zog ihre Augenbrauen hoch,sah ihn von oben herab an und meinte dann spitz "Ich dachte du wärst magier? Müsstest du da nicht eigentlich Bescheid wissen? Ich habe die Kräfte gerufen, die überall in der Natur vorhanden sind. Im Gegensatz zu euch Spruchzeuberern...", bei diesem Wort rümpfte sie verachtend ihre Nase " Können wir nämlich MIT der natur Magie verwänden ohne sie zu schänden..."
    Die Anspielung auf das Große Feuer war nur zu deutlich und Azarynath schüttelte bedauernd ihren Kopf. "Wegen dir hätten wir alle sterben können,ich glaube,das ist dir nciht bewusst?"
    Mit diesen Worten trat sie aus dem Zelt hinaus und ging zu Ihrem Pferd, das An einen Baumstumpf angebunden in der Nähe des Zeltes stand. Dieser Mann war einfach zu neugierig. Wie einer dieser Magier, von denen sie einmal gehört hatte, die nach schwarzer, böser Magie suchten um sie zu vernichten. Böse Magie...Azarynath lächelte leicht. Die hatten doch keine Ahnung!
    Vorishctig löste sie das eine Ende des Seiles und schwang sich auf den warmen,weichn Pferderücken. Dunkelfeuer schnaubte leise und ging ein paar Schritte zur Seite. Azarinath lehnte sich über seinen hals, umarmte ihn und schloss die Augen. Der gleichmäßige ATem des Pferdes beruhigte ihre Gedanken und ließ ihren Körper entspannt mit dem des Tieres verschmelzen. Azarynath tauchten Bilder im Kof auf von endlosen Galopps über saftige Wiesen, kleinen plätschernen Quellen und Berggipfeln,die rot in der Sonne leuchteten.
    Azarynath wurde jäh aus ihren Gedanken gerissten,als Dunkelfeuer scheute. Geistesgegenwärtig griff sie in seine Mähne um nicht von dem glatten Fell zu rutschen.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 08.05.2008, 20:20


    Bei Azarynaths letzten Worten war Tyrion zusammengezuckt. Ein Schatten huschte über sein Gesicht.
    Schnell hatte er sich jedoch wieder in Griff. Auch er starrte eine Weile ins Feuer. Was machst du da, fragte er sich. Wieso kümmert es dich, welche Magie Azarynath angewendet hat? - Weil sie möglicherweise eine Gefahr für ihre Mitmenschen darstellt, beantwortete er sich selbst die unausgesprochenen Frage.
    Mit einem entschuldigenden Blick Richtung Gerwynn stand er auf und trat ebenfalls ins Freie. Er musste nicht lange suchen, bis er Azarynath bei Dunkelfeuer fand. Zielstrebig schritt er auf sie zu, das Scheuen des Pferdes beachtete er nicht weiter.
    "Wir waren noch nicht fertig. Ich wollte dich gerade fragen, seit wann du Blutmagie beherrschst." Er stellte die Frage aufs Geradwohl und wartete gespannt auf die Reaktion der jüngeren Frau.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    DasLennchen - 13.06.2008, 17:26


    Azarynath versuchte,ihr Pferd zu beruhigen, das bei dem Klang der angreifenden Stimme gescheut hatte. Feindseelig blickte sie ihn an " Das hast du gut gemacht, ein Gespür für Tiere hast du auch nicht. Und ein Gespür für Menschen wohl noch weniger.Wozu bist du eigentlich gut? Du bist eine Gefahr für deine Umwelt, eine Gefahr für mich und meine Mutter.Wir haben dich gerettet,dich gepflegt, obwohl du Schuld hattest und wir Grund genug hatten, dir nicht zu helfen. Und was ist der Dank?" Sie blickte vom Pferderücken auf den Magier herab. Ihre Stimme war ruhig,doch unterschwellig konnte Tyron ein Gefühl erahnen. War es Wut? Oder war sie einfach nur genervt von seinen Fragen?
    "Du stellst Behauptungen in die Welt, Behauptungen von Dingen,von denen du keine Ahnung hast."
    Sie tätschelte Dunkelfeuer am Hals, der den Unterton auch bemerkt hatte und nun wieder nevös zu tänzeln begann. Azarynath schwang ihr Bein über den Pferderücken und glitt langsam zu Boden, bis sie auf Tyrons Höhe war. Ihre Augen blitzten angriffslustig, während ihre Stimme noch immer ruhig war " Du stehst mir im Weg, Magier, ich hoffe, du wirst deinen Wissensdurst in Zukunft zu zügeln wissen. Wer weiß, falls dir mal wieder etwas zustoßen sollte, was natürlich sehr schade wäre...", sie lächelte kalt und betrachtete wohlwollend seinen Körper " Vielleicht habe ich beim nächsten Mal ja einen Grund, dir nicht mehr zu helfen...Das wollen wir doch nicht,oder?"
    Sie band ihr Tier los " Du bist mir noch immer im Weg..." in verächtlichem Ton fuhr sie fort "...Magier..."



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 13.06.2008, 17:58


    Tyrions Lächeln verblasste und er starrte Azarynath wütend an. Gerade wollte er zu einer Antwort ansetzen, als er aus den Augenwinkeln sah, wie Gerwynn ebenfalls das Zelt verließ.
    Er überlegte kurz, ob er ihr den Weg verweigern sollte, entschied sich aber dann doch die aufgebrachte Frau passieren zu lassen. Dem wild ausschlagenden Schweif Dunkelfeuers entkam er nur durch durch einen schnellen weiteren Seitenschritt.
    Wütend starrte er ihr hinterher, in ihm brodelte es. Wie konnte sie es wagen! Natürlich hatte er sie alle in Gefahr gebracht und er war ihnen beide sehr dankbar, dass sie ihn gesund gepflegt hatten. Der verächtliche Ton, mit dem sie ihn jedoch als "Magier" bezeichnet hatte, hatte ihn sehr verletzt. Er hatte damals zu den fähigsten Zauberern des Ordens gehört. Es demütigte ihn sehr, dass sie sein Versagen so offen ausgesprochen hatte.
    Erst als Gerwynn neben ihn trat, merkte er, dass er die Hände zu Fäusten geballt hatte. Mit einem Seufzen entspannte er sich wieder und schloss die Augen.
    Als er die Augen wieder öffnete, wandte er sich zur älteren Frau um, die der jüngeren besorgt nachblickte.
    "Es tut mir leid, wenn ich ungerecht und undankbar erscheinen mag, aber ich muss wissen, ob sie Blutmagie benutzt hat. Diese Kunst ist ungemein gefährlich und das nicht nur für den Anwender selber!"



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Anonymous - 20.06.2008, 14:28


    Gerwynn blickte in Tyrions Gesicht. Was sie dort sah, gefiel ihr überhaupt nicht.. Ein lauerndes Funkeln blitze in seinen Augen auf und nahm seiner Frage, die beiläufig gestellt war, ihre Harmlosigkeit. Gerwynns Augen verschleierten sich. Das sonst so klare Blau wandelte sich in Grau um. Niemand konnte jetzt ihre Gedanken lesen. Ruhig antwortete sie dem Fragenden: „Ist es von Bedeutung, was wir waren und was wir einmal getan haben? Wir sind gerufen worden, um eine Aufgabe zu erfüllen. Alles, was einmal gewesen ist oder von dem wir glauben, dass es war, ist ohne Bedeutung. Ihr streitet euch und seht nicht, was ihr mit eurem Streit angerichtet habt.“ Die letzten Worte rief sie so laut, dass auch Azarynath sie hören konnte. Mit ausgestrecktem Arm zeigte sie auf die Nebelschwaden. Sie hatten offensichtlich neues Leben erhalten, krochen über den Boden und lange fingerähnliche Schwaden versuchten, den Bannkreis zu durchbrechen. In der Mitte der wogenden Nebel begann es rötlich zu glühen. „Der Nebel wird lebendig“ rief Gerwynn aus. „Euer Streit hat ihn gestärkt. Vielleicht ist das die Lösung des Rätsels, warum dieses Land untergegangen ist. Nur, wenn wir zusammenhalten und uns einig sind, werden wir dieses Land retten können und überleben.“



    Re: Kerillana - die Geschichte

    DasLennchen - 22.06.2008, 12:04


    Azarynath atte grade ihr Zelt verkleinert und in die Satteltasche gelegt,als sie die Theorie ihrer Mutter hörte.
    Wie zu sich selbst,jedoch gut hörbar zischte sie: "Ja, Tyrion,wieder mal etwas, das du gut hinbekommen hast. Am besten du bist einfach still und lässt uns machen,du bekommst ja sowieso nichts hin..."
    Aus den Augenwinkeln erkannte Azarynath grade noch eine Hand aus Nebel, die sich gefährlich nah an ihrer Schulter schlängelte. Die Frau presste ihre Lippen zusammen. Ja, das hatte der Magier wahrlich klug angestellt. Und jetzt stellte er auch noch diese blöden Fragen,wo er eigentlich dankbar sein sollte. Er erkannte nicht einmal,dass er in ihrer, Azarynaths und Gerwynns, Schuld stand.
    Entschlossen schwang sie sich auf Dunkelfeuers Rücken,der unruhig zuer Seite trat und schnaubte,als sie sich auf ihm niederließ. Dann wartete sie auf die anderen.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 26.06.2008, 11:44


    Ist es von Bedeutung, was wir waren und was wir einmal getan haben? Tyrions Inneres verkrampfte sich, als er Gerwynns Worte vernahm. Hatte er nicht geschworen seine Vergangenheit loszulassen. Alles hinter sich zu lassen und ein neues Leben anzufangen.
    Ja das hatte er. Aber er wusste auch, dass der Magier viel wichtiger war als der Geschichtenerzähler, wenn sie Erfolg haben wollten. Es war Zeit für etwas Neues. Der Geschichtenerzähler war nach dem gescheiterten Versuch, das Nebelmonster zu vertreiben ebenso gestorben, wie der Zauberer Tyrion, als er vom Tod seiner Frau und ihrem Kind erfahren hatte.
    Er stand wieder am Anfang eines neuen Lebens. Er hatte die Schwelle zum Tod erblickt und war dennoch am Leben geblieben. Er war so schwer verletzt gewesen und doch mit Hilfe beider Frauen genesen. Ob er wollte, oder nicht, es oblag nicht seinem Willen zu entscheiden, wann seine Leben zu Ende ging.
    Er würde den Weg des Kompromisses gehen müssen, erkannte er. Magier und Geschichtenerzähler zugleich. Er würde die alten Vorurteile der Magier aufgeben und sich nur noch auf die Aufgabe, Kerillana zu retten, konzentrieren müssen. Und er würde sein Leben als wandernder Erzähler, der von den Spenden seiner Zuhörer sein Leben fristete, beenden. Das Wissen seiner beiden Leben musste er nun vereinigen.
    Und er musste die Wahrheit sagen. Jeden Tag, an dem er die Frauen weiter über seine Vergangenheit im Unklaren ließ, könnte ihre Gemeinschaft schwächen. Er würde lernen müssen, sein Leben in selbst gewählter Abschottung aufzugeben und sich anderen anzuvertrauen.
    Leise vernahm er die Worte, die Azarynath vor sich hinzischte. Aber sie verletzen ihn nicht mehr. Er wusste nun endgültig, was er tun musste.
    "Es tut mir leid. Ihr habt Recht. Ich habe erneut versagt, aber ich schwöre, dass ich es nicht noch einmal werde!"
    Er blickte in die grau verschleierten Augen der weisen Frau. Auch sie vertraute ihm nicht, wurde es ihm bewusst.
    Tyrion öffnete die Barrieren um seinen Geist. Graue und violette Augen blickten sich an und er fühlte, wie die Priesterin sein Angebot annahm und in seinen Geist eindrang.
    Bilder wirbelten durch seinen Kopf. Ein Wintertag. Ein alter Mann, der sich über einen kleinen Jungen beugte. Grador, der ihn aufzog. as Gesicht des Jungen, den Tyrion im Zorn tötete. Die Flucht aus dem Dorf. Sein Leben als Schüler. Als er das erste mal Layama sah und sich unsterblich in sie verliebte. Ihre Abweisung. Seinen Schmerz darüber. Die Gemeinschaft der Magier. Den Zirkel der Neun. Gradors Tod. Seine Prüfung. Das triumphirende Gefühl, als er den ersten Schwarzen Magier tötete. Er sah sich selbst als Mitglied des Ordens. Layama und er auf einem Auftrag. Ihr erster Kuss. Den Wald, in dem sie sich gegenseitig Treue schworen. Seinen Hengst Liuvar. Den Schmerz, als sie getrennt wurden. Das Sehnen als er seinen Auftrag erfüllte und wusste, dass Layama zurückgeblieben war, weil sie ein Kind erwartete. Die frohe Rückkehr. Schmerz. Trauer. Er zebrach wieder. Ein schlichtes Grab mit der Aufschrift Layamas und Celadors. Sein Zorn auf die Magier. Verschwomene Bilder, als er dem Alkohol verfallen war. Seine Entscheidung Geschichtnerzähle zu werden. Seine vielen Reisen. Die Straße nach Delos. Der Tempelruf. Liuvar und der Ritt. Ankunft in Kerillana. Nebel. Gerwynn. Xalenka. Azarynath. Dunkelfeuer. Der See. Der schwarze Tempel am See. Die Höhle. Das Skelett. Nebel. Das Ungeheuer. Layamas Gesicht. Feuer. Schmerz. Dunkelheit. Leben.
    Tyrion schloss die Augen. Er zitterte am ganzen Körper und sein Kopf schmerzte. Als er die Augen öffnete, waren es die blauen Augen Azarynaths, die ihn anblickten.
    "Es tut mir leid, Azarynath."



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 29.12.2008, 00:27


    Er wartete keine Antwort ab, denn er erwartete auch keine. Mit Sicherheit würde Azarynath ihm nicht so leicht verzeihen und er konnte es ihr nicht verübeln. Aber zumindest hatte er eine Brücke geschlagen und vielleicht würde sie eines Tages die Kluft zwischen ihnen schließen.
    Auch Gerwynn sprach nicht, aber ihre Augen waren wieder klar geworden.
    Tyrion stieg mühsam in Liuvars Sattel. Er fühlte sich noch immer ausgelaugt. Aber irgendwie fühlte er sich auch freier. Er atmete tief ein. Die Jahre völliger Abschottung nach Layamas Tod hatten ihm nicht gut getan. Ohne es zu merken war hatte er sich immer von seiner Umwelt abgewandt. Rastlos war er als Geschichtenerzähler umher gereist.
    Er setzte sich mit seinem Pferd an die Spitze und ritt etwas vorneweg. Hinter ihm folgten Azarynath auf Dunkelfeuer und Gerwynn auf Xalenka, die am Boden geblieben war. Er konnte hören, dass sich die beiden Frauen unterhielten, aber er verstand ihre Worte nicht. Er summte eine Melodie. Es war die Melodie zu Layamas Lieblingslied. Eine traurige Weise über die nicht erwiederte Liebe eines Hirtenknaben.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    DasLennchen - 10.03.2009, 01:40


    Azarynath drückte Dunkelfeuer sanft die Beine in die Flanken und ließ das Tier lloslaufen. Was sie soeben gesehen hatte, war sehr eindrucksvoll gewesen. Die Bilder hatten sich in ihr Gedächtniss gebrannt und auch die Gefühly, die Tyrion wohl damit verband.
    Gedankenverloren ließ sie ihr Pferd einen Weg den Berghang entlang suchen. Nebenfetzen kringelten sich um die Beine des Tieres, Farne und andere Sumpfpflanzen reckten ihre Äste hinauf, wie um nach ihr zu greifen. Gerwynn sagte etwas, doch Azarynath hörte sie wie aus weiter ferne und reagierte nicht.
    Was war das eben gewesen? Er hatte sie seine Gedanken sehen lassen. Nein, spüren war wohl ein besserer Ausdruck für das, was sie erlebt hatte. Wie er das wohl gemacht hatte? Und ob sie das auch konnte, wenn sie nur wusste, wie? Und weshalb hatte der Nebel seine Magie nicht aufgesaugt?
    Sie warf einen kurzen Blick zu ihm vor. Nein, er schien sich nicht verändert zu haben.
    Da spitzte Dunkelfeuer seine Ohren und auch Azarynath horchte auf. Über die dumpfe Stille und das leise Klappern der Pferdehufe auf dem Stein drang eine leise Melodie an ihre Ohren.nachdem sie sick kurz umgeblickt hatte, verstand sie, dass TYrion etwas summte. Vorsichtig ließ sie Dunkelfeuer näher zu Liuvar laufen, achtete jedoch darauf, dass Tyrion sie nicht bemerkte. Langsam konnte sie die Melodie deutlicher erkennen.
    "Wie hast du das gemacht?" Ihre Worte klangen kalt und laut im Nebel. "Diese Bilder, du hast sie einfach in meine Gedanken gepflanzt. Es waren deine Erinnerungen, richtig? Wie hast du diese verbindung hergestellt, wie hast du das gemacht?"



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 10.03.2009, 20:11


    Tyrion zuckte zusammen und die Melodie erstarb. Er hatte nicht bemerkt, wie Azarynath näher gekommen war.
    „Du weißt nicht, was ich gemacht habe?“ Erstaunt sah er sie an. Die junge Frau schüttelte den Kopf.
    „Seltsam“, murmelte Tyrion, „dabei ist es gar keine Magie.
    Ich werde es dir zeigen, aber nicht jetzt, denn es ist sehr kompliziert und ich bin zu müde.“
    Er sah ihr in die Augen und vermeinte für einen kurzen Augenblick Enttäuschung und sogar Ärger aufblitzen zu sehen, aber das Gefühl war so flüchtig, dass er sich wahrscheinlich getäuscht hatte. Azarynath nickte und ritt schweigend neben ihm her.
    Gerwynn war mittlerweile zusammen mit Xalenka in die Luft gestiegen. Sie flog nun voran und erkundete den Weg. Leise vernahm man das rhythmische Schlagen der Schwingen.
    Tyrion schloss die Augen und überließ es Liuvar den Weg zu finden. Mit seinem Geist suchte er in seinem Körper nach den Energiereserven und erschrak, als er fast nichts mehr fand. Er besaß nur noch die Lebenskraft eines gewöhnlichen Menschen. Viel zu wenig, um damit Magie bewirken zu können. Der kleinste Zauber würde ihn bereits alle seine Kraft rauben.
    Er musste alle seien Energie im Kampf mit dem Nebelwesen und in der anschließenden Heilung verbraucht haben. Er seufzte. Ohne Magie, würde er nur eine schwache Hilfe sein.
    Er sandte seinen Geist aus, doch die Umgebung war tot. Alle Magie war von dem seltsamen Nebel verschlungen worden.
    Da kam ihm ein Gedanke. Vielleicht konnte er dem Nebel die Magie wieder abnehmen. Er konzentrierte sich auf die Schwaden um ihn herum. Sie fühlten sich furchtbar kalt in seinem Geist an. Er zwang die Nebel zu sich und versuchte, die Energie im Inneren zu finden. Doch das was er fand, war nicht die prickelnde Kraft, die seinem Körper mit reiner Energie auffüllte sondern eine eisige Hand, die ihn lähmte und seine Sinne betäubte. Erschrocken brach er den Kontakt ab und riss die Augen auf. Weiß! Alles um ihm herum war weiß. Die Nebel hatten ihn gänzlich eingehüllt. Aber ohne den geistigen Kontakt begannen sie sich aufzulösen und zerfaserten zu hellen Schlieren. Dann war er wieder frei und neben ihm war Azarynath, die ihn mit einem seltsamen Ausdruck ansah.
    Das Ganze konnte nur wenige Augenblicke gedauert haben, trotzdem fühlte sich Tyrion noch kraftloser als zuvor.
    „Und was war das jetzt schon wieder?“, zischte Azarynath leise „Du hast doch nicht allen ernstes versucht, der Umgebung hier Energie zu entnehmen? Das schaffe selbst ich nur begrenzt, und bestimmt nicht ohne Kontakt zum Boden. DU befindest dich ja völlig im Nebel, der hat doch nur darauf gewartet, dass du dich öffnest! Mach das nie wieder, sonst wird man vielleicht auf uns aufmerksam!“ Dann murmelte sie noch etwas, das sich nach „Wie kann man nur so dumm sein“ anhörte, dann schwang sie sich kurzerhand aus dem Sattel, griff sich an den Gürtel und zog ihr Messer aus der Scheide. Die goldene Klinge glänzte matt und es war, als wichen die Nebel vor ihr zurück. Mit einem Blick auf Tyrion rammte Azarynath das Messer in den Boden, woraufhin dieses schwach zu leuchten begann. Konzentriert schloss Azarynath die Augen, dann streckte sie Tyrion auffordernd die Hand entgegen. „Wenn du es so nötig hast, muss es dir wirklich dreckig gehen.“, meinte sie mit einem höhnischen Unterton, doch ihre Hand hielt sie ihm weiterhin entgegen. „Komm, ewig kann ich die Verbindung auch nicht aufrechterhalten!“
    Mühsam stieg Tyrion aus dem Sattel und ergriff Azarynaths Hand. Er nickte ihr zu als Zeichen, dass es beginnen konnte.
    Azarynath presste die Lippen zusammen, doch ihre Lippen kräuselten sich amüsiert, dann ließ sie langsam die Energie des Dolches in sich fließen. Doch anstatt die Kraft selbst aufzunehmen, leitete sie die Energie zu ihrer Hand, wo sie sich erst einmal unter ihrer Haut staute. Azarynath spürte, wie ihre Hand immer wärmer wurde, bis sie schließlich beinahe anfing, zu glühen. Sie selbst war die Hitze schon von den vielen Malen in denen sie den Dolch benutzt hatte, gewohnt, doch um sicherzugehen griff sie Tyrions Hand fester, damit er sich nicht losmachen konnte. Dann tastete sie sich langsam vor, schob ihren Geist wie lange empfindliche Fühler vor, bis sie sanft an Tyrions Haut stieß. Vorsichtig und durch die Hitze verstärkt, drang sie in seine Hautschichten ein, fand kleine Blutbahnen. Und nun ging alles ganz schnell. Die Energie, die sich hinter ihrer Haut wie an einem Damm angestaut hatte, brach auf einmal hervor, die Barriere zwischen Tyrion und Azarynath war überwunden und die Energie verteilte sich binnen weniger Augenblicke in Tyrions Blut. Azarynath spürte, wie die Hitze auf ihn überging, wie sich die Energie bis in jede noch so kleine Ecke seines Körpers ausbreitete und ihren Geist mit sich riss. Erschrocken kämpfte sie gegen diesen riesigen Sog an, doch die Kraft strömte mit solch einer Wucht in Tyrions Körper, dass sie es kaum mehr aufhalten konnte. Ihre Nägel bohrten sich in Tyrions Fleisch, dann, in einem Moment der geistigen Klarheit riss Azarynath den Dolch aus dem Boden. In der gleichen Sekunde floh ihr Geist aus Tyrions Körper und traf sie mit solch einer Wucht, dass sie nach vorn sackte.
    Schwer atmend versuchte sie sich zu sammeln, dann wurde sie sich bewusst, dass sie Tyrions Hand noch immer festhielt, spürte wie einige wenige Blutstropfen an ihrem Arm hinab liefen. Vorsichtig löste sie ihre Hand von der seinen, dann stand sie schnell auf. „Es gibt immer ein gewisses Risiko“, meinte sie mit beherrschter Stimme und ohne ihn anzublicken. „Ich habe solche Dinge schon oft getan, gut für dich. In dieser Umgebung sind derlei Rituale gefährlich. Entschuldige die Sache mit deiner Hand.“
    Sie steckte den Dolch zurück an ihren Gürtel, dann stieg sie zurück auf Dunkelfeuer. Als sie sich abwandte, stahl sich ein Lächeln auf ihre Lippen: Nun kannte sie die Eigenheiten seines Widerstandes und ihr Körper hatte Kontakt zu seinem Blut gehabt, wenn auch unabsichtlich.
    Es dauerte eine Weile, bis Tyrion wieder handlungsfähig war. Die Wucht mit der die Energie gekommen war, hatte ihn überrascht und das plötzliche Eindringen Azarynaths Geist hatte es ihm fast unmöglich gemacht zu reagieren. Das Gefühl war berauschend gewesen, als sie in ihm gewesen war. Am meisten hatte ihn jedoch gewundert, dass die Energieübertragung über sein Blut stattgefunden hatte. War das der Schlüssel zur Blutmagie? Er hatte versucht schon während der Übertragung die Energie in seine Zellen zu leiten, aber es war ihm nicht möglich gewesen. Sobald sich Azarynaths Geist von seinem getrennt hatte, hatten seine Zellen die Magie vom Blut aufnehmen können. Leider hatte er keine Zeit gehabt, sich Azarynaths Geist näher anzuschauen. Nur verschwommene Eindrücke hatte er wahrnehmen können. Und dieses Gefühl, völliger Benommenheit. Auf jeden Fall wusste er, dass er sie nicht unterschätzen durfte. Denn ein bleibender Eindruck war der von Gefahr gewesen. Er wollte sich lieber nicht vorstellen, was sie alles hätte machen können.
    Nachdenklich rieb er sich über seine Hand. Ihre Nägel hatten tiefe blutige Furchen hinterlassen. Es kostete ihn nur einen Bruchteil seiner neu gewonnen Kraft, um die Wunden zu heilen. Kurz fragte er sich, ob sie vielleicht durch sein Blut Macht über ihn gewinnen könnte? Nun, er würde eben nun besonders wachsam sein müssen.
    Er bestieg ebenfalls sein Pferd und folgte der jungen Frau. Das wichtigste war jedoch, dass er nun wieder aktionsfähig war.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    DasLennchen - 10.03.2009, 23:37


    Beide ritten schweigend nebeneinander her. Jeder in seine Gedanken versunken. Tyrion fragte sich belustigt, was wohl die anderen zu seinem Aussehen meinten. Gekleidet in Gerwynns Festgewand, die seine verbrannten Kleider ersetzten und mit kurz geschorenen Haaren. Seine Wunden waren alle verheilt und hatten keine Spuren hinterlassen, aber verbrannte Haare ließen sich nicht so schnell ersetzten. Leider waren auch alle seine Utensilien in seinen Satteltaschen verbrannt. Viel war es sowieso nicht gewesen, aber es ärgerte ihn trotzdem. Er würde wieder lernen müssen, die Magie kontrolliert anzuwenden. Er grinste, als er an seine Ausbildungszeit denken musste. Und die vielen nervigen Stunden, in denen Grador seine geistige Belastbarkeit geprüft hatte. Es schien ihm eine Ewigkeit zwischen damals und heute. Die Gedanken munterten ich etwas auf und ließen ihn die trostlose Gegend vergessen. Er hob einen kleinen Stein in die Luft und ließ ihn um sein Handgelenk rotieren. Zufrieden stellte er fest, dass es ihm keine Schwierigkeiten bereitete. Er achtete darauf, dass Azarynath nichts bemerkte, um ihr keinen Anlass zu geben, ihm Vorwürfe wegen nutzloser Vergeudung an Energie zu machen. Er nutzte die Enge des Pfades und ließ sein Pferd Dunkelfeuer folgen.
    Dem einen Stein folgten nacheinander weitere. Immer schneller ließ er sie rotieren und hätte beinahe gelacht, da es ihm keine Mühsal bereitete. Berauscht von dem Erfolg hob er einen größeren Brocken an, der einige Schritte fast im Nebel verschwand. Doch sobald er seine Magie auf ihn richtete, schnellte der Nebel vor und saugte die Energie auf. Sofort hörte Tyrion auf und ließ auch die anderen Steine aus seiner geistigen Gefangenschaft. Das Klappern der Hufe übertönte das Geräusch, als sie auf den Boden fielen. Azarynath hatte völlig Recht, es war viel zu riskant hier draußen magische Experimente durchzuführen. Er warf einen Blick auf die junge Frau, aber sie schien nichts mitbekommen zu haben.
    Tyrion richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Gegend. Es wurde zunehmend steiler. Unverkennbar folgten sie einem Gebirgspfad. Möglicherweise jenes Gebirge, das er in seiner Vision vom alten Kerillana gesehen hatte. Der Weg wurde wieder breiter und er holte zu Azarynath auf. Wie spät es wohl schon war? Bestimmt war es bereits Nachmittag.
    Azarynath war tief in Gedanken versunken. Beinahe wäre es schief gegangen und das bloß wegen diesem furchtbaren Nebel! Es musste doch eine Möglichkeit geben, diese Problematik zu umgehen, abgesehen von Gerwynns Bann. Immer weiter schweiften ihre Gedanken zurück, bis hin zu ihrer Vergangenheit zu dem Tag, als sie ihren Geist das erste Mal ein einen anderen Körper hatte eindringen lassen. Es war ihr erster Lehrmeister gewesen und er hatte ihr gegenüber das empfunden, was gemeinhin als Liebe bekannt war. Er hatte ihr all die kleinen Tricks und Kniffe gezeigt, mit denen man den Widerstand seines Gegenübers umgehen konnte, denn so hatte er sich ihr näher gefühlt. Sie hatte sein Vertrauen ausgenutzt und wusste, dass sie eigentlich ein schlechtes Gewissen hätte haben sollen, doch dem war nicht so.
    Das sanfte Schwanken des Pferderückens unter ihr wiegte sie in eine Art Dämmerschlaf aus dem sie erst erwachte, als der Boden unebener wurde und ein Geräusch näher kam.
    Laute Flügelschläge kündigten Gerwynns Rückkehr an. Sie landete vor den beiden und stieg ab. Azarynath und Tyrion folgten ihrem Beispiel.
    „Weiter vorne endet der Pass. Er ist von einer Lawine verschüttet worden und für die Pferde wird es unmöglich sein, über die Lawine zu kommen. Aber ich habe einen ausgetrockneten Flusslauf gefunden. Er läuft parallel zum Pass und ist nicht weit von hier entfernt. Einen anderen Zugang habe ich nicht gefunden. Er führt durch eine hohe Schlucht. Ich habe Höhlen entdeckt, in denen man Unterschlupf finden kann.“
    „Und es ist aussichtslos über den Pass zu kommen?“, fragte Tyrion. Der Gedanke durch eine Schlucht reiten zu müssen behagte ihm nicht.
    „Unmöglich, die Pferde hätten keinen Halt auf den losen Steinen und es ist viel zu steil. Und Xalenka hat nicht genügend Kraft, um euch und die Pferde rüber zu tragen. Dafür ist die Lawine zu groß.“
    „Was meinst du?“, fragte er Azarynath.
    „Ich meine, wir sollten ein Lager aufschlagen. Die Höhlen scheinen mir eine gute Gelegenheit, wer weiß, was hinter den Bergen auf uns wartet. Vielleicht kommt uns über Nacht eine Idee, wie wir den Pass überqueren können, ohne dass wir durch das Tal müssen, denn auch ich fühle mich bei dem Gedanken daran unwohl.“ Azarynath richtete ihren Blick in die Luft und versuchte, einen Windhauch zu spüren, doch kein Lüftchen regte sich. „Vielleicht sollten wir uns das Flussbett auch einfach mal ansehen, dann können wir immer noch entscheiden, was wir tun wollen!“
    Also folgten sie Gerwynn. Sie verließen den eigentlichen Pfad und ritten über das lose Geröll. Sie kamen nur langsam vorwärts, da die Tiere sehr vorsichtig ihren Weg suchten. Hinzu kam, dass der Nebel hier dichter war, als auf dem Pfad. Schließlich erreichten sie den Grund des ehemaligen Flussbetts. Hier war der Weg wieder besser. Gelegentlich lagen ein paar Felsbrocken im Weg, die wohl herab gefallen waren. An einer Stelle war sogar das halbe Flussbett blockiert. Das mussten die Ausläufer der Gerölllawine sein. Dahinter ging es in den Berg hinein. Hoch ragte der Fels zu beiden Seiten auf. Das spärliche Licht, dass seinen Weg durch Wolken und Nebel fand, wurde hier völlig geschluckt. Tyrion zügelte sein Pferd.
    „Mir gefällt das nicht. Ich hab da ein ganz mieses Gefühl!“
    Azarynath nickte zustimmend.
    „Es gibt keinen anderen Weg, ich habe das ganze Gelände überflogen. Mir gefällt der Weg auch nicht, aber ich fürchte, wir haben keine andere Wahl“, entgegnete Gerwynn.

    (Vision Gerwynns, dringender Ruf zum Tempel, A. und T. sollen sich um das Nebelvolk kümmern, Trennungsszene)


    Die beiden blieben zurück. Immer ferner und ferner ertönte das Flügelschlagen, bis es ganz verklang.
    „Es muss noch einen anderen Weg geben und ich habe auch eine Idee, lass mich nur kurz nachdenken und etwas ausprobieren.“
    Mit diesen Worten drehte Azaryynath sich um und ließ ihr Pferd antraben, immer weiter entfernte sie sich aus dem Sichtfeld Tyrions, dann, als sie zu einem halbwegs ebenen Stück kam, galoppierte Dunkelfeuer. Immer größer wurden seine Sprünge, immer weiter hob er sich vom Boden ab. Azarynath breitete ihre Arme aus, als wolle sie fliegen. Sogar bei den gefärten war noch das Knistern in der Luft zu spüren, das von ihr ausging, dann berührten Dunkelfeuers galoppierende Hufe nicht mehr den Boden. Unter den Tier bildete sich eine Windsäule, die Pferd und Reiterin immer höher trug. Doch plötzlich brach das Knistern ab und Azarynath brach auf dem Rücken des Pferds zusammen, das geistesgegenwärtig auf einem flachen Felsvorsprung aufkam. Leblos hing Azarynath auf Dunkelfeuer und regte sich nicht



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 11.03.2009, 20:02


    Als Tyrion bei Azarynath ankam, fühlte er besorgt ihren Puls und stellte erleichtert fest, dass er regelmäßig aber schwach schlug.
    Als die junge Frau ihre Augen öffnete, zog er schnell die Hand weg. „Das hat wohl nicht funktioniert“, meinte Azarynath. „Offensichtlich“, entgegnete Tyrion, sparte sich aber jeden weiteren Kommentar. Er war überrascht, als sie sich vorsichtig aufrichtete und wieder aufrecht, wenn auch ein wenig mitgenommen im Sattel saß. Diese Frau war wirklich stark.
    Iin diesem Augenblick erklang ein dumpfes Grollen und die Erde begann zu beben. Risse öffneten sich im Boden, Steine polterten ins Flussbett. Die Erde klaffte auf und die Risse kamen genau auf die Gefährten zu. Tyrion und Azarynath rissen ihre Pferde herum. Zu beiden Seiten des Flussbettes spaltete sich der Boden. Der einzige Weg, der ihnen blieb, führte auf die Schlucht zu. Beide preschten los und hielten auf die Schlucht zu. Die Pferde scheuten kurz, als sie die gähnende Schwärze erreichten, doch ihnen blieb keine Wahl. Kleine Steine prasselten herab und trafen die Reiter und die Pferde. Fast blind ritten sie in die Schlucht. Steile Felshänge verliefen nach oben und verloren sich in der Dunkelheit. Die Steine vibrierten und ein lautes Splittern war zu vernehmen. Dunkelfeuer und Liuvar galoppierten so schnell sie konnten. Tyrion warf einen kurzen Blick zurück. Riesige Steintrümmer krachten zu Boden und Staub wirbelte empor. Die Schlucht begann einzustürzen!
    „Schneller!“, rief er Azarynath zu. Er gab Liuvar etwas von seiner Energie und galoppierte an Azarynath vorbei. Ein unheilvolles Ächzen war zu hören und dann brach hinter ihnen die Hölle los. Staub erfüllte die Luft und Tyrion begann zu husten. Mit einer Kraftanstrengung errichtete er einen Schirm um sich und Liuvar, der sie vor den umher fliegenden Steinen beschützte. Er hatte völlig die Übersicht verloren und wusste nicht, wo Azarynath und Dunkelfeuer waren.
    Und dann hörte es auf. Mit einem Schlag verstummten die berstenden Geräusche und der Staub legte sich zu Boden. Tyrion ritt weiter, aber statt dem Schutzschild erzeugte er eine leuchtende Kugel, die ihm den Weg zeigte. Mehrere Schritte vor ihm konnte er schemenhaft Azarynath erkennen. Von Gerwynn fehlte jede Spur. Er wollte etwas rufen, doch der Staub in seinem Mund hinderte ihn daran. Er spuckte ihn aus. „Azarynath! Warte!“, aber sie hörte ihn nicht. Frustriert sammelte er seine Energie und vergrößerte die Kugel. Gleißend hell blitze das Licht auf und Tyrion musste die Augen schließen. Dann ließ er sie wieder schrumpfen. Azarynath hatte angehalten und sich ihm zugewandt. „Hier stimmt etwas nicht, ich glaube nicht, dass das Erdbeben ein Zufall war.“flüsterte sie, doch ihre Worte durchdrangen die Stille wie ein Messer. Tyrion nickte, er hatte sogar eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was das Erdbeben ausgelöst hatte. Aber er wollte keine Streit provozieren. „Lass uns weiter reiten und einen Rastplatz suchen“, meinte Azarnath.
    Sanft drückte sie dem schweißnassen Dunkelfeuer ihre Beine in die Flanken. Auf seinem Fell hatte der herabgesunkene Staub eine dünne Schlammschicht gebildet und auch Azarynath spürte einen Schmutzfilm auf ihrer Haut. Erschöpft ließ sie sich von Dunkelfeuer tragen. Die Umgebung um sie herum verschwamm vor ihren Augen und sie konnte die Müdigkeit kaum abhalten. Bei ihrem Flugversuch zuvor hatte ihr die Umgebung ihre Energie viel schneller entzogen als geplant. Die letzte Ressource war dafür draufgegangen, Dunkelfeuer sicher landen zu lassen. Nun fühlte sie sich leer und furchtbar erschöpft.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    DasLennchen - 16.03.2009, 16:01


    Auf der Suche nach einem geeigneten Unterschlupf ritten sie immer tiefer in die Schlucht. Azarynath hielt ihren Dolch in der Hand, die Klinge leuchtete wie eine Fackel und wies ihnen den Weg.
    Alle waren erschöpft und die Tiere trotteten nur langsam vorwärts. Wenn sie sich endlich ausgeruht hatten, würde Tyrion Azarynath noch mal bitten, ihm etwas Energie zu geben. Er hatte schon wieder fast alles verbraucht, da er immer noch nicht so weit war, die Magie genau nach seinem Willen zu formen. Er hatte zwar einen Schild und die Kugel errichten können, aber dabei mehr Energie verwendet, als es gebraucht hätte. Und vielleicht würde er diesmal die nötige Zeit haben, um sich mehr auf Azarynaths Geist zu konzentrieren.
    Er blickte zu ihr rüber. Sie schien nicht minder erschöpft als er, trotzdem umgab sie noch immer eine Aura der Stärke und Entschlossenheit, die er nur bewundern konnte. Zu gern würde er wissen, woher sie diese Kraft nahm und wo sie ihre Elementarmagie gelernt hatte. Dass sie offensichtlich auch was von Blutmagie beherrschte, faszinierte ihn. Eine Kunst, hinter dessen Geheimnis er nie gekommen war. Zweimal war er Anwendern dieser vonseiten der Magier geächteten Fertigkeit begegnet. Einen hatte er getötet, wie es sein Auftrag verlangt hatte. Leider war es ihm nicht möglich gewesen, hinter das Geheimnis der Blutmagie zu kommen. Sein Gegner hatte ihm keine Chance gelassen, in den Geist einzudringen. Und der andere war bereits tot gewesen, als ihn Tyrion hoch oben in einem Gebirge aufgespürt hatte. Tyrion verlor sich in der Vergangenheit. Bar jeglicher Lebenskraft hatte der Blutmagier auf dem Höhlenboden gelegen, am Arm ein tiefer Schnitt und alles Blut in einer großen Lache neben ihm. Tyrion verspürte einen schmerzhaften Stich in der Brust. Es war sein letzter Auftrag gewesen. Bei seiner Rückkehr hatte er erfahren müssen, dass Layama und ihr gemeinsamer Sohn Celador verstorben waren. Er hatte nie herausgefunden, wie das geschehen konnte. Die anderen Magier hatten sich in Schweigen gehüllt, viele hatten sogar offen gezeigt, dass sie froh darüber waren. Man hatte seine Heirat mit Layama mit großem Misstrauen verfolgt. Der Orden war schon immer voller Intrigen gewesen und jedes Bündnis untereinander wurde von den anderen mit Argusaugen überwacht. Er hatte dem Orden damals vorgeworfen Schuld an dem Tod seiner Familie zu sein. Daraufhin hatte man ihn verbannt und obendrein für vogelfrei erklärt. Nur knapp war er damals entkommen und hatte sich dann aus Verzweiflung in den Alkohol geflüchtet. Beschämt erinnerte er sich an diese dunkle Zeit.
    „Da!“, Azarynaths Ruf riss ihn aus seinen trüben Gedanken. „Eine Höhle!“
    Tatsächlich öffnete sich einige Schritt vor ihnen ein großer Spalt in der Felswand. Er hatte die Form eines auf den Kopf gestellten Dreiecks. „Nach dir“, er bedeutete Azarynath voran zu gehen, um den Weg zu erhellen.
    Sie betraten die Höhle. Flackernd huschten ihre Schatten über die Höhlenwände und das Klappern der Hufe hallte laut wider.
    Immer weiter folgten sie dem Gang, der leicht aufwärts führte. Tyrion fuhr mit der Hand über den Stein. Er fühlte sich kühl an und war ganz glatt. Er schickte seinen Geist aus, fand aber in der unmittelbaren Umgebung kein Lebenszeichen, außer sich selbst, Azarynath und den Tieren. Vielleicht hatten sie ja Glück und würden einen sicheren Unterschlupf finden.
    Azarynath setzte vorsichtig einen Schritt vor den anderen. Der Boden war nass und glitschig, die Wände feucht und von Algen. Kleine Bächlein bahnten sich einen Weg von der Decke des Ganges hinab, bis sie auf den Boden stießen und von dort aus weiter in die Höhle hinein führten. Ja tiefer Azarynath und Tyrion in die Dunkelheit eindrangen desto mehr Wasser floss am Boden entlang. Der Gang wurde immer steiler bis sie schließlich aus ihm hinaus traten. Der Dolch leuchtete in die Finsternis und sein Licht spiegelte sich auf einer weiten Wasseroberfläche. Azarynath befand sich auf einem kleinen Felsvorsprung wenige Schritte über dem Wasser, natürliche Stufen führten hinunter zum Ufer und weiter hinein in den See. Ein türkises Schimmern ging von dem Wasser aus und als sich die Augen der Gefährten ein wenig umgesehen hatten, bemerkten sie, dass das Wasser selbst die Höhle erleuchtete. Tropfsteine hingen über dem See, Stalagmiten ragten von dem felsigen Boden am Rande des Wassers hinauf. Teilweise waren die Steine schon zu Säulen zusammengewachsen, die das blaue Schimmern auf ihrer hellen Oberfläche reflektierten. Dunkelfeuer schnaubte leise, dann stieg er die Stufen hinunter um zu trinken. Auch Azarynath spürte die beruhigende Kraft des Höhlensees auf sich wirken. Sie drehte sich kurz zu Tyrion um, der ebenfalls die Höhle betrachtete, dann nickte sie in Richtung eines großen, flachen Felsens „ Dort können wir das Lager aufschlagen.“ Sie wartete seine Antwort nicht ab, sondern ging hinunter zu Dunkelfeuer und befreite ihn von dem schweren Sattel, den sie zur Seite legte. Dann setzte sie sich auf einen kleinen Felsen und begann, ihre Stiefel aufzuschnüren. Ohne Tyrion eines Blickes zu würdigen streifte sie ihr Überkleid ab und ging einige Stufen hinunter in das Wasser. Ihr weißes Unterkleid sog sich voll Wasser, dann breitete es sich um Azarynath herum aus. Vorsichtig wusch Azarynath sich Staub uns Dreck von Armen und Gesicht, dann glitt sie tiefer hinein in das erfrischende Nass.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 16.03.2009, 23:27


    Beim Anblick des Sees musste Tyrion sofort an den grünen See und die Höhle denken. Alarmiert überprüfte er die Umgebung, fand aber immer noch nichts Außergewöhnliches. Azarynath schien ebenfalls nicht beunruhigt und auch die Tiere verhielten sich unauffällig. Er entspannte sich wieder.
    Als Azarynath sich dann das Ünberkleid auszog, schaute Tyrion etwas irritiert zu. Trotzdem ertappte er sich dabei. wie er Azarynath unverfroren anstarrte, als sie bloß in das feine Unterkleid gehüllt in den See steig . Erst als sie ganz ins Wasser eintauchte, riss er seinen Blick von ihr los. Sie sah wirklich hinreißend aus.
    Er sattelte ebenfalls sein Pferd ab, dann schaute er wieder zu Azarynath. Die junge Frau war bereits einige Längen in den See geschwommen. Zu gerne würde er jetzt ebenfalls ein kühles Bad nehmen und aus diesen vor Schmutz starrenden Kleidern raus. Gerwynns Festgewand war ruiniert.
    Dann grinste er. Azarynath hatte offensichtlich kein Problem gehabt, einfach ins Wasser zu gehen, dann würde es ihr sicher auch nichts ausmachen, wenn er ihr folgte. Er entkleidete sich ebenfalls, bis er nur noch ein dünnes Unterkleid trug, das er ebenfalls von Gerwynn bekommen hatte. Es reichte ihn bis knapp über Gesäß. Mit einem Seufzen glitt er ins Wasser. und tauchte unter. Es war eine Wohltat. Als er wieder auftauchte, wusch er sich Staub und Schweiß von seinem Gesicht. Da bemerkte er, dass Azarynath ihn beobachtete. Mit kräftigen Zügen schwamm er in ihre Richtung. Erstaunt stellte er fest, dass er noch Grund unter den Füßen hatte. Als er sich aufrichtete, ragten seine Schultern aus dem Wasser. Lächelnd wendete er sich ihr zu.
    „Herrlich, nicht war?“, meinte er. Sie nickte. Sein Blick fiel auf ihre leuchtend blauen Augen und blieb darin gefangen. Er verlor sich völlig in den Tiefen dieses strahlenden Ozeans und nahm gar nicht wahr, wie er sich zu ihr runterbeugte. Und dann trafen seine Lippen auf ihre. Sanft küsste er ihren Mund und genoss das warme und weiche Gefühl.
    Ein lautes Wiehern ließ ihn zurückfahren. Erschrocken fuhr er herum. Liuvar stand am Rande des Felsvorsprungs. Er warf seinen Kopf zurück, die Mähne wirbelte durch die Luft und mit den Hufen stampfte er auf den Boden. Seine Augen starrten vorwurfsvoll auf Tyrion.
    Verlegen drehte sich Tyrion wieder um. „Tut mir Leid, Zary … Azarynath!“, verbesserte er sich schnell. „Ich, es, ich, tut mir Leid“, stammelte er. Dann trat er den Rückzug an.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 10.05.2009, 01:58


    Wütend über sich selbst stapfte Tyrion zurück zum Ufer. Schwer stützte er sich auf den felsigen Rand und starrte verdrossen zu Liuvar empor. Dieser schnaubte noch ein Mal kurz, dann wandte er sich ab und stolzierte davon.
    Mit einem Seufzen griff Tyrion nach seiner staubigen Kleidung. Das grünschimmernde Wasser trübte sich, als er die Gewänder reinigte. Zumindest den größten Schmutz würde er so herausbekommen.
    Er hielt inne und beobachtete, wie sein Spiegelbild verschwand. Graue Schlieren überdeckten es.
    Langsam sank der Staub nach unten und Tyrion blickte wieder in sein Antlitz. Seine kurzen Haare waren noch immer ein ungewohnter Anblick, aber nach dem Feuer war es besser gewesen, sie zu schneiden.
    Auch die Falten auf seiner Stirn hatte er früher noch nicht gehabt. Er verzog das Gesicht. Die Jahre waren nicht spurlos an ihm vorbei gegangen. Er rieb sich über das stoppelige Kinn. Es wurde Zeit, dass er sich auch mal wieder rasierte.
    Da bemerkte er seine blauen Augen. Er korrigierte sich. Sie waren nicht wirklich blau, aber fast. Nur noch schwach erkannte er den violetten Farbton.
    Überrascht schloss er die Augen, doch als er sie wieder öffnete hatte sich nichts geändert. Er versuchte sich einzureden, dass es an dem Wasser lag, aber er wusste es besser.

    „Komm Tyrion, wir müssen weiter!“, rief Grador.
    „Wartet Meister, ich glaube da kommt wer.“ Tyrion schloss die Schnallen an den Satteltaschen.
    „Ich hör nichts.“ meinte Grador und stieg auf sein Pferd, einen großen grauen Hengst.
    „Kein Wunder, ihr seid ja auch nicht mehr der Jüngste“, murmelte Tyrion.
    „He, Bursche. Das hab ich gehört. Das bedeutet Zusatzübungen heute Abend!“
    Tyrion verdrehte die Augen.
    „Aber ich kann doch schon alles.“ meinte er grinsend.
    „Nur in deinen Träumen, mein Guter, nur in deinen Träumen“, entgegnete sein Meister lachend. „Und jetzt komm, wir haben einen langen Ritt bis nach Delos zu den anderen.“
    Tyrion folgte der Aufforderung. Er lenkte seine braune Stute in Richtung Straße.
    Die Nacht hatten sie im Freien, abseits des Weges verbracht. Versteckt hinter einer dichten Böschung. Nur eine kleine Feuerstelle und das platt gedrückte Gras, zeigte, wo sie ihr Nachtlager aufgeschlagen hatten.
    Die Straße war ein breiter Weg. Zu beiden Seiten wuchsen Büsche und dichte Sträucher. Die meisten Menschen mieden diese Strecke, denn oft hielten sich Wegelagerer darin versteckt. Grador und Tyrion jedoch konnten bereits Meilen im Voraus spüren, ob sich Menschen in der Gegend aufhielten. Und gelegentlich nahmen sie dann einen Umweg und umgingen den Hinterhalt.
    „Keine Menschenseele hier.“ spöttelte Grador. „Du hast wohl den Hufschlag deines Pferdes gehört.“
    „Sehr witzig!“, entgegnete Tyrion leicht gekränkt. Aber er musste seinem Meister Recht geben, er konnte ebenfalls niemanden spüren.
    „Also Junge, wiederhol mal, was du gestern gelernt hast.“
    Tyrion seufzte auf. Er hasste es, wenn er Junge genannt wurde.
    „Also…wir haben über die Zusammenhänge von Magie und Levitation gesprochen.“
    „Richtig. Und was, warte!“ Grador zügelte sein Pferd.
    „Du hattest Recht, runter von der Straße! Sofort!“
    Tyrion gehorchte kommentarlos. Auch er hatte ein kurzes Aufflackern bemerkt. Jemand war in der Nähe. Jemand, der sich vor einer geistigen Suche abschirmen konnte. Für einen kurzen Augenblick hatte Tyrion die Person spüre können.
    Sie versteckten sich hinter den dichten Sträuchern und warteten. Die Pferde merkten, dass etwas nicht stimmte und verhielten sich ruhig.
    „Ich glaube, die erste Wache geht an euch.“ feixte Tyrion.
    „Ruhe!“, herrschte Grador ihn an.
    Tyrion sparte sich weitere Kommentare. Mittlerweile war er sich sicher, Hufschlag zu vernehmen.
    Als er ein Wiehern hörte, war er sich sicher.
    „Wer könnte es sein?“, fragte er seinen Meister.
    „Keine Ahnung, jedenfalls ein Anfänger, der seine Abschirmung nicht wirklich ernst nimmt.“
    Tyrion nickte. Die geistige Abschirmung war eines der ersten Dinge gewesen, die er gelernt hatte. Er selbst beherrschte sie nun ebenso gut wie Grador.
    „Gehört er zum Zirkel?“
    „Ich bin Magier, kein Hellseher, Bursche.“
    „Könnte doch ein Schüler sein.“
    „Das werden wir gleich sehen. Wenn ja, werd ich dem Jungen aber mal die Leviten lesen!“
    „Und wenn es jemand anderes ist?“, hakte Tyrion nach.
    „Abwarten, und jetzt sei endlich mal ruhig!“ Gradors Blick warnte Tyrion davor, weitere Fragen zu stellen.
    Die Hufschläge wurden lauter. Und sie klangen seltsam gedoppelt.
    „Zwei“, formte Tyrion lautlos mit den Lippen. Grador nickte zustimmend.
    Und dann kamen sie an ihnen vorbei. Es waren zwei Frauen. Tyrion starrte irritiert zu Grador, der breit grinste.
    „He, Kira!“, rief er laut und trat aus seinem Versteck hervor.
    Die ältere der beiden Frauen riss das Pferd herum.
    „Grador?“
    „Hallo Kira, du siehst gut aus.“
    „Mensch, hast du mich erschreckt.“, entgegnete Kira. „Du bist älter geworden“, stellte sie dann fest.
    „Jaja, man wird nicht jünger. Darf ich dir meinen Schüler vorstellen. Das ist Tyrion.“
    Tyrion trat ebenfalls hervor. Aufmerksam schaute er die beiden Frauen an. Die ältere hatte blondes Haar, dass sie zusammengebunden hatte. Sie hatte ein recht junges Gesicht, aber er sah an den kleinen Falten, um ihren Mund und die Augen, dass sie vermutlich so alt war wie sein Meister.
    Die jüngere musste so alt sein wie er. Höchstens sechzehn Jahre. Sie hatte schwarzes Haar, dass ihr weit über die Schultern fiel. Und unglaublich dunkle Augen, wie ihm auffiel. Beide Frauen waren in schlichte lederne Reisegewänder gekleidet.
    „Tyrion! Wo bleiben deine Manieren!“
    Tyrion wurde rot, dann verbeugte er sich und murmelte schnell eine Begrüßung.
    „So, das ist also der Junge, von dem du mir erzählt hast.“ Kira musterte Tyrion von oben herab.
    Bei dem Wort Junge, reckte Tyrion trotzig sein Kinn und starrte zu ihr empor.
    „Wie dem auch sei, das ist Layama, meine Schülerin.“, stellte Kira das Mädchen vor.
    „Sehr erfreut“, meinte Grador. „Ich vermute, dass du es warst, die ich eben gespürt habe?“
    Das Mädchen wurde nun ebenfalls rot und wandte ihr Gesicht ab.
    „In der Tat und ich hab sie auch schon zu Recht gewiesen!“, fiel ihm Kira ins Wort. „Bedauerlicherweise ist ihre Konzentration manchmal etwas inkonstant.“
    Layama schien in sich zusammen zu sinken. Tyrion bekam sofort Mitleid. Er wusste aus eigener Erfahrung, wie schwierig es am Anfang gewesen war, die Abschirmung aufrecht zu erhalten, wenn man mit anderen Dingen beschäftigt war.
    Grador schien zu spüren, dass Layama sich unwohl fühlte und wechselte das Thema.
    „Ihr reist also auch nach Delos zum Orden?“
    „So ist es. Wie es aussieht, werden wir dann den Rest des Weges gemeinsam reisen.“
    Tyrion war sich nicht sicher, ob sie erfreut klang, oder genervt. Er holte die Pferde aus ihrem Versteck. Und dann ritten sie weiter.
    Grador und Kira ritten etwas vor. Sie waren in ein Gespräch vertieft, sprachen aber so leise, dass Tyrion nichts verstehen konnten.
    „Du heißt Layama?“, wandte er sich an die Schülerin. Sie nickte und warf ihm einen kurzen Blick zu. Sie hatte geweint. Tyrion wollte irgendetwas Tröstliches sagen, aber ihm fiel nichts ein.
    „Ich heiße Tyrion“, stellte er sich überflüssigerweise erneut vor.
    „Ich weiß“, ihre Stimme klang sehr verletzlich.
    Bis zum Abend sollten das die letzten Worte sein, die sie wechselten. Sie rasteten erneut abseits des Weges. Diesmal in der Nähe eines kleinen Baches. Kira hatte darauf bestanden. Grador hatte versucht zu protestieren, denn der Weg nach Delos war weit und sie hätten noch ein gutes Stückchen vorankommen können, aber Kira war eisern geblieben.
    Das gute war jedoch, dass diesmal der abendliche Unterricht ausfallen würde. Aber nur heute und bloß ausnahmsweise, hatte Grador gesagt und ihm dabei unauffällig zugezwinkert. Tyrion fasste dies als Belohnung für seine Aufmerksamkeit am Morgen auf.
    Layama dagegen hatte nicht so viel Glück. Kira hatte sich nicht erweichen lassen. Der Unterricht fand ein paar Schritte entfernt zu Grador und Tyrions Schlafplatz statt, während die Männer das Lager aufbauten und sich um die Pferde kümmerten. Die Frauen würden in einem Zelt übernachten.
    Leider hatte Tyrion keine Gelegenheit vor dem Schlafen mit Layama zu sprechen. Nach den Übungen verschwand sie sofort im Zelt. Kira und sein Meister einigten sich darauf, dass Grador die erste Wache übernehmen würde. Danach wäre Tyrion an der Reihe. Kira würde bis zum Morgen wachen. Auf die Frage Tyrions, ob denn Layama keine Wacht halten würde, erntete er nur einen vernichtenden Blick.

    Am nächsten Morgen stand Tyrion zeitig auf. Er grüßte Kira höflich und ging dann zum Bach. Er wusch sich das Gesicht. Das kalte Wasser brachte seine Lebensgeister in Schwung. Erfrischt holte er einen kleinen Topf und füllte ihn mit Wasser. Danach schürte er das Feuer und begann einen Tee zu kochen.
    Bald war auch Grador auf den Beinen. Kira verschwand im Zelt und weckte Layama. Schlaftrunken stolperte die junge Frau aus dem Zelt.
    Auf einen Wink Gradors hin folgte Tyrion ihm hinter die Zelte, damit das Mädchen sich ungestört frisch machen konnte.
    Das anschließende Frühstück verlief in gespanntem Schweigen. Tyrion musste sich sehr beherrschen, um nicht hin und her zu rutschen. Ihm behagte die Stille nicht.
    Also beobachtete er verstohlen Layama. Heute hatte sie sich das Haar ebenfalls zusammengebunden. Ihr Blick war zu Boden gerichtet. Sie hatte ein schmales ovales Gesicht. Ihre Haut war sehr blass.
    „Wir brechen auf!“, Kiras Stimme durchschnitt das Schweigen und Tyrion zuckte zusammen.
    Als er und Layama die Trinkflaschen auffüllten, trafen sich ihre Blicke zufällig im Wasser. Stumm betrachtete er ihr Spiegelbild. Ihre Augen waren in der Tat fast Schwarz. Sie hatten einen sehr intensiven Braunton. Lange Wimpern umrahmten ihre Augen.
    „Wie machst du das?“, fragte sie ihn auf einmal.
    „Was?“, fragte er verblüfft.
    „Deine Augen. Eben waren sie noch dunkelviolett und jetzt sind sie fast blau.“
    Tyrion betrachtete sich selbst im Wasser. Sie hatte Recht. Seine Augen waren tatsächlich hellblau geworden. Aber während er sein Spiegelbild betrachtete, verdunkelten sie sich wieder und dann waren sie wieder von demselben violetten Ton wie sonst.
    „Keine Ahnung.“ Er war völlig ratlos.
    „He, nicht rumtrödeln!“ Grador war zu ihnen gekommen. Die Hände in die Seiten gestemmt.
    Schuldbewusst füllten die beiden die Flaschen und dann brachen sie auf.

    Tyrion starrte immer noch auf das Abbild. Seine Augen waren nun wieder violett. Er legte die nassen Kleider an den Steinrand und hievte sich aus dem Wasser. Azarynath war noch immer im Wasser. Aber sie schaute nicht zu ihm herüber.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    DasLennchen - 10.05.2009, 17:39


    Azarynath blickte ihm irritiert hinterher. Was war das denn gewesen?
    Ein Kuss, klar, aber warum? Und weshalb hatte er sich dann entschuldigt und… Azarynath schüttelte entschlossen den Kopf, dann ließ sie sich ins Wasser hinab sinken.
    Immer weiter tauchte sie unter, das reine Blau um sich herum bewundernd. Hier unter Wasser herrschte glasklare Stille, das einzige Geräusch war ihr eigener Puls in ihren Ohren. Die klirrende Kälte des Wassers betäubte ihre Glieder, ließ sie jedoch gleichzeitig alles viel intensiver wahrnehmen. Noch immer spürte sie Tyrions Lippen auf ihren. Es fühlte sich warm an, fast schon heiß im Gegensatz zu ihrer Umgebung.
    Nun war sie an dem Felsigen Boden des Sees angekommen. Ihre langen, blonden Haare bewegten sich mit der Strömung, wiegten sich sanft, wickelten sich um sie, weich wie Seide.
    Noch nie hatte sie ein Mann zuvor von sich aus geküsst. Bisher hatte sie immer de Initiative ergriffen, wenn überhaupt. Und dann auch nur um ihr Ziel zu erreichen, nie aus….Liebe? Ob es das gewesen war? Sie konnte es sich kaum vorstellen, Tyrion war zwar nicht unfreundlich und er sah eigentlich auch ganz passabel aus. Aber sie passten einfach nicht zusammen. Und überhaupt, warum machte sie sich überhaupt so viele Gedanken? Falls da Gefühle existierten, beruhten sie ganz bestimmt nicht auf Gegenseitigkeit!
    Langsam ließ sie einige Luftblasen aus ihrem Mund und beobachtete sie, während sie der Wasseroberfläche entgegen trudelten. Wie sollte sie sich nun verhalten? Am besten, sie ignorierte diesen unwichtigen Zwischenfall einfach und machte sich nicht länger Gedanken darüber. Er hatte sich ja entschuldigt, also war das geklärt.
    Azarynath schloss ihre Augen und genoss die samtene Dunkelheit um sich herum. Langsam begann ihre Lunge zu brennen, sie brauchte dringend Luft! Sie stieß sich vom steinigen Untergrund ab und durchbrach wenige Augenblicke später die Wasseroberfläche. Das Spritzen des Wassers und ihr keuchender Atem durchbrachen die Stille der Höhle wie ein Schuss.
    Ohne es zu merken war sie weiter in die Höhle hinaus getrieben als sie gedacht hatte und nun schwamm sie langsam zurück zum Ufer. Dort saß Tyrion auf einem Stein und starrte nachdenklich ins Wasser. Was er wohl gerade überlegte?
    Als sie aus dem Wasser stieg, war sie ganz froh um ihre langen Haare, die nun den Großteil ihres Oberkörpers bedeckten. Ihr Unterkleid klebte nass an ihrem Körper, es war kalt und sie hätte es gerne so schnell wie möglich ausgezogen. Doch Tyrion…Aber er sah so oder so nicht zu ihr auf, also war das doch egal, oder? Azarynath beeilte sich, ins Zelt zu kommen um ihr Ersatzkleid anzuziehen, denn irgendwie fühlte sie sich auf einmal unwohl und so nackt in Tyrions Nähe.
    In Gedanken versunken setzte sie einen Topf mit Wasser auf die Feuerstelle und suchte nach einem Stück Erde oder Sand, in das die den Dolch hätte stoßen können, um Feuer zu erzeugen. Sie hielt jedoch inne, als ihr einfiel, wo sie sich befanden. Es war wohl keine gute Idee, hier in der Höhle Feuer zu machen. Abgesehen davon bestand der gesamte Boden aus Fels, es wäre also sowieso nicht möglich. Allerdings war es doch ziemlich kalt hier, ihre Nassen Haare machten das auch nicht gerade besser. Zitternd kuschelte sie sich in eine warme Decke und versuchte ein kaltes Mahl zuzubereiten. Von draußen hörte sie Schritte, ob Tyrion den Zwischenfall wohl auch einfach ignorieren konnte?



    Re: Kerillana - die Geschichte

    DasLennchen - 10.05.2009, 19:27


    Tyrion entschied den Vorfall besser zu vergessen. Es war ein Versehen gewesen. In Zukunft würde er sich besser beherrschen.
    Behutsam glitt er mit seiner Hand über die ausgebreitete Kleidung. Vorsichtig übertrug er etwas Wärme und trocknete so die Gewänder. Anschließend waren sie zwar total verknittert und immer noch etwas feucht, aber wenigstens nicht mehr nass.
    Er streifte sie sich über und ging zum Zelt. Er wartete kurz und pochte leicht gegen den Stoff. Als keine Antwort ertönte, trat er einfach ein. Azarynath hatte sich eine Decke um den Körper gewickelt.
    Im Zelt war es aber auch wirklich kühl. Er überlegte kurz ein Feuer zu entfachen, aber der Rauch würde nur langsam aus der Höhle abziehen. Und eventuell würden sie dann die Aufmerksamkeit fremder Mächte erregen. Also verwarf er den Gedanken wieder.
    Er nahm sich ebenfalls eine Decke und setzte sich neben Azarynath.
    „Sollen wir morgen mal die Höhle weiter erkunden, oder weiterziehen?“, fragte er, den Zwischenfall übergehend.
    Azarynath blickte zu ihm auf und schürzte die Lippen. „Vielleicht lässt sich das ja auch verbinden? Das Wasser muss ja irgendwo abfließen…“
    "Hm, klingt gut. Ich habe ehrlich gesagt, keine Lust draußen weiterzu reiten. Die Schlucht wirkt auf mich nicht wirklich vertrauenserweckend."
    Azarynath nickte nur.

    Im Zelt war es ohne das gemütliche Feuer ziemlich kalt. Beide hatten sich in mehrere Decken gehüllt, um sich zu wärmen.
    Tyrion konnte nicht direkt einschlafen. Er war viel zu sehr mit den Gedanken bei Azarynath. War der Kuss von eben nur ein Versehen seinerseits gewesen? Aber je länger er darüber nachdachte, desto mehr wurde er sich darüber klar, dass er es eigentlich nicht bereute. Im Gegenteil, zu gerne würde er sich jetzt neben Zary legen. Morgen würde er sie fragen, ob ihr diese Abkürzung gefiel.
    Nach dem Essen hatten sie sich direkt schlafen gelegt, allerdings in einigen Schritt Abstand zueinander. Sehr bedauerlich, wie er nun fand.
    Ein Glück, dass Gerwynn nicht anwesend war. In ihrer Gegenwart hätte er sich noch unbehaglicher gefühlt. Es war so schon schwierig genug. Er musste sich nicht auch noch den Zorn Gerwynns zulegen.
    Er seufzte innerlich. Auch wenn Azarynath nichts zu dem Vorfall gesagt hatte, glaubte er nicht, dass sie sein Begehren erwiderte. Dafür hatten sie sich zu oft gestritten und auch ihre teilweise schroffe Art ihm gegenüber wirkte nicht wirklich so, als empfände sie etwas an ihm finden.
    Aber war es damals nicht genauso gewesen? Bei Layama?
    Ein Stich fuhr durch sein Herz. Was würde Layama wohl zu seinen Gefühlen sagen?
    Sein Meister hatte ihn davor gewarnt, dass persönliche Bindungen seine Aufgaben erschweren würden. Wie recht hatte sein Mentor damals gehabt. Aber in seinem jugendlichen Leichtsinn hatte Tyrion es abgetan.
    Es hat einige Zeit gedauert, bis Tyrion sich über seine Gefühle für Layama klar geworden war. Doch leider hatte sie ihn damals nicht so interessant gefunden. Lediglich seien Augen hatten sie fasziniert und sein Talent, Die Gedanken anderer zu manipulieren.
    Er musste grinsen, als er an damals dachte. Und während er den Gedanken nachhing, glitt er rüber in den Schlaf. Aber diesmal war es nicht Layama, die er als kleines Mädchen treffen sollte und in die er sich unsterblich verliebte. Sondern ein blondes Mädchen mit wunderbar hellblauen Augen.

    „Wie gut bist du darin?“, fragte Zary ihn aufgeregt.
    „Geht“, versuchte Tyrion der Frage auszuweichen. Levitation bereitete ihm immer noch mehr Schwierigkeiten. Er schaffte es einfach nicht sich genug auf leblose Materie zu konzentrieren, um sie schweben zu lassen. Ein paar Kiesel konnte er problemlos in die Luft heben, aber sobald die Steine größer als sein Daumennagel wurden, versagte seine Kraft. Es war frustrierend.
    „Komm, wir mache eine Wette. Wer von uns beiden schafft tf, die meisten Steine in die Luft zu heben!“, Zarys Augen blitzten vergnügt.
    „Ich weiß nicht“, Tyrion sah schon das Schlimmste auf sich zu kommen.
    „Ach, du bist langweilig!“. Enttäuscht wandte sie sich ab und wollte gehen.
    „Na gut“, lenkte er hastig ein. Um keinen Preis wollte er, dass sie wegging.
    „Prima, du fängst an!“
    Tyrion machte es sich auf dem Boden bequem und versuchte etwas Zeit heraus zu schinden. Er kreuzte die Beine, dann konzentrierte er sich auf die Steine, die vor ihm lagen. Langsam erhob sich ein Steinchen in die Luft und verharrte in Augenhöhe.
    Mit atemberaubender Geschwindigkeit raste Zarys Stein empor.
    Tyrion schluckte. Ein weiter Stein folgte seinem ersten. Dicht gefolgt von ihrem.
    Bei dem siebten Stein begann Tyrion zu schwitzen. Seine Konkurrentin dagegen lachte vergnügt. Ihr schien das Spiel offensichtlich Spaß zu machen.
    Sein achter Stein wackelte heftig, als er ihn anhob.
    „Ich glaube ich bin besser“, meinte sie zufrieden. Und hob fünf weitere Steine in die Höhe.
    Tyrions Herz raste. Vorsichtig tastete er mit seinen Gedanken nach einem faustgroßen Stein.
    Sein Atem ging keuchend, aber er schaffte es, ihn einige Handbreit anzuheben.
    Überrascht hob Kiras Schülerin die Augenbrauen. Doch als sie gleich drei größere Steine ohne sichtbare Anstrengung in die Luft segeln ließ, war Tyrion kurz davor aufzugeben.
    Sein verzweifelter Blick fiel auf einen mannskopfgroßen Felsen.
    Seine volle Konzentration richtete sich auf diesen Stein. Er fühlte die raue Oberfläche und die kleinen Risse, die den Stein durchliefen. Mit einem Schrei hob er ihn hoch.
    Unglaublicher Stolz erfüllte ihn, als er den Brocken mehrere Schritte in die Luft sausen ließ. Es war so einfach. Er ließ den Stein mehrmals über ihren Köpfen kreisen.
    Azarynath sah ihn mit aufgerissenen Augen an. Ihre Steine waren zu Boden gefallen. Breit grinsend ließ Tyrion den Stein zwischen sich und Zary nieder gehen. Er löste seine Konzentration und starrte erwartungsvoll in ihr Gesicht.
    Zary blinzelte, dann verzog sie empört ihr Gesicht.
    „Du hast gemogelt!“, rief sie wütend.
    „Was?“, doch dann fiel sein Blick auf die leere Stelle zwischen ihnen. Der Felsen ruhte immer noch da, wo er von Beginn an gelegen hatte.
    „Du bist ein Betrüger!“ Ihre Stimme schwankte vor Zorn.
    „Nein, ist er nicht.“ Gradors ruhige Stimme ließ die aufgeregte Schülerin innehalten.
    „Das war sehr beeindruckend, Tyrion. Du hast den Stein zwar nicht angehoben, aber du hast so fest daran geglaubt, dass du uns anderen deinen Wunsch aufgedrängt hast. Das ist eine sehr seltene Gabe.“
    „Gedankenmanipulation“, Kira schürzte die Lippen. „Wirklich außergewöhnlich.“
    „Aber ich habe trotzdem gewonnen!“ Zary blieb stur.
    „Ja, das hast du“, Grador klang belustigt.
    „Der Orden sollte über sein Talent informiert werden. Er muss unbedingt darin geschult werden. Du weißt, was ich meine.“ Kira sah Grador mit einem eigentümlichen Blick an.
    „Das werde ich wohl müssen.“ Sein Meister sah irgendwie nicht glücklich aus.
    „Aber bis wir in Delos sind, werde ich wohl verstärkt Levitation mit dir üben müssen, Bursche. Lässt dich von einem Mädchen schlagen!“ Tyrion wurde rot und sah beschämt zu Boden.
    „Schon gut! Kommt ihr solltet beide was essen!“, fügte Grador freundlich hinzu.
    Im Nachhinein war Azarynath echt beeindruckt gewesen. Zusammen mit ihr hatte er dann mehrmals geübt und dabei sowohl seine Fähigkeiten in Levitation von Gegenständen verbessert, als auch seine Begabung, anderen Menschen, seine Bilder oder Vorstellungen sehen zu lassen.
    In Delos hatten sich ihre Wege getrennt. Doch Azarynath schien weniger traurig über den Abschied als Tyrion zu sein.
    Die Zeit danach war nicht wirklich angenehm. Er durfte nur selten Grador bei seinen Aufträgen begleiten. Die neun Vorsitzenden des Rates bestanden darauf, dass seine „besondere“ Gabe gefördert werden musste. Ein ziemlich alter Zauberer übernahm im Ordenshaus seine Ausbildung. Grador blieb zwar weiterhin sein Mentor, aber mit der Zeit begannen sie sich zu entfremden.
    Tyrion war unglaublich stolz auf seine Fähigkeit und lernte begierig alle Techniken. Grador jedoch gefiel das gar nicht. Ihre sonst sehr kameradschaftliche Art litt sehr darunter.
    Dann erkrankte sein Meister plötzlich. Und selbst die fähigsten Heiler sahen sich außerstande, ihn gesund zu pflegen.
    Auf der Beerdigung sah er Zary wieder. Drei Jahre nach ihrer ersten Begegnung. Und seine Zuneigung zu ihr wurde noch stärker.
    Sie hatte sich verändert, war entschlossener und härter geworden, hatte aber trotzdem noch einen sanften Kern. Kiras strenger Unterricht schien sie gestählt zu haben.
    Nach der Bestattung beschlossen die Neun Weisen, dass Azarynath und Tyrion die Aufnahmeprüfung absolvieren sollten. Danach wären sie vollständige Mitglieder der Magiervereinigung .
    Bereitwillig stellte Tyrion sich der Herausforderung, einen abtrünnigen Magier zu finden und ihn vor das Gericht des Ordens zu bringen.
    .Während ihrer Prüfung kamen er und Zary sich dann näher.
    Ihr erster Kuss fand in einem kleinen grünen Wäldchen statt. Auf einer freien Lichtung. Es war der Lieblingsplatz aus seiner Kindheit gewesen. Ihr Auftrag hatte sie in die Nähe seines alten Dorfes zurückgebracht, in dem er aufgewachsen war.
    Nach ihrer Rückkehr hielten sie zunächst ihre Liason geheim. Doch dann entschlossen sie sich, öffentlich zu heiraten.
    Der Orden erklärte sich nur widerstrebend einverstanden. Vor allem Kira war es, die sich am energischsten gegen diese Verbindung aussprach.
    Kurz nach ihrer Heirat, als Zary ihm berichtete, dass sie ein Kind erwartete, fasste er den Entschluss, nur noch einen einzigen der „Jagdaufträge“, wie sie sich mit Abscheu ausdrückte, auszuführen. Seine Entscheidung fand auch auf Drängen seiner Frau statt, da sie um sein Leben fürchtete und um ihre gemeinsame Zukunft als baldige Familie.
    Der Orden akzeptierte auch diese Entscheidung nur ungern.
    Doch als Tyrion zurückkehrte, musste er erfahren, dass seine Frau kurz nach der Geburt gestorben war. Gemeinsam mit ihrem Sohn.
    Ein schlichter Grabstein auf dem Ordensfriedhof war alles, was ihm geblieben war.
    Erst da erkannte er die Intrigen des Ordens. Und dass er selbst getäuscht worden war. Geblendet den Lobreden der Weisen, hatte er einen Auftrag nach dem anderen angenommen. Rücksichtslos hatte er seine Opfer gejagt und sich nicht davor gescheut Gewalt anzuwenden.
    Er machte den Orden für den Tod seiner Familie und Grador verantwortlich.
    Sein Meister hatte sich gegen die Ausbildung seiner Täuschungsfähigkeiten ausgesprochen und seine Frau hatte ihn dazu bewogen, keine Anhänger verbotener Künste mehr zu jagen. Also waren sie auf Geheiß des Ordens sie ermordet.
    Der Orden nahm seine harten Anklagen relativ gelassen hin. Die meisten glaubten, dass es nur der Schmerz über den Verlust sei, der ihn so reden ließ, und Tyrion sich wieder beruhigen würde.
    Tyrion hielt Kira für die Hauptverantwortliche. Er suchte sie eines Nachts in ihren Gemächern auf. Es kam zu einem Streit. Außer sich vor Trauer verlor Tyrion die Kontrolle über sich. Er brach ihren Geist und als er seinen Verdacht bestätigt sah, begann er Zarys ehemalige Meisterin zu foltern. Er bemerkte nicht, dass sie schon lange tot gewesen war, bevor er in seiner Raserei von ihr abließ.
    Voller Schrecken über seine Tat floh er aus dem Ordenshaus und versteckte sich. Er schwor sich völlig von der Magie abzuwenden. Er suchte Trost im Alkohol, doch auch das linderte seinen Schmerz nicht. Und mit der Zeit begann er einen Panzer um seien Gefühle zu errichten und reiste als alter Mann verkleidet durch die Lande. Sein Brot als einfacher Geschichtenerzähler verdienend. Mit den Jahren lockerte er seinen Schwur und wendete gelegentlich kleinere Zauber, um die Wirkung seiner Erzählungen zu verstärken.

    Und an dieser Stelle in seinem Traum begann er wieder von vorne.


    Azarynath versuchte still zu liegen. Ihr Atem ging langsam und kontrolliert, sie versuchte, wegzuhören, es nicht u beachten.
    Tyrion sprach im Schlaf, er wälzte sich umher, es schien ihm nicht gut zu gehen. Nachdem Azarynath lange vergeblich versucht hatte, einzuschlafen, setzte sie sich langsam auf.
    Durch die Stoffwände des zeltes schimmerte das Türkis des Sees zu ihnen herein und sie erkannte Tyrions Gesicht, das er ihr zugewendet hatte. Noch immer hatte er einen sehr unruhigen Schlaf und nun meinte sie auch zu erkennen, dass seine Wangen feucht waren.
    Vorsichtig nahm sie ihre Wolldecke und kroch zu ihm hinüber an seine Schlafstädte. Gerade murmelte er wieder einige unverständliche Worte, bewegte seine Lippen erst stumm, dann gab er einen furchtbar traurigen Laut von sich, sodass Azarynath eine Gänsehaut bekam.
    Langsam streckte sie ihre Finger nach seinem Gesicht aus, fuhr langsam über seine Wangen und wischte die Tränen fort. Die Bartstoppeln kitzelten an ihren Fingern und sie spürte eine Narbe auf seiner linken Wange.
    Während sie ihn berührte, war er ruhiger geworden, jetzt wo sie ihn zärtlich streichelte, schlich sich sogar ein kleines Lächeln auf seine Lippen. Irgendwann begann der Arm, auf dem sie sich die Zeit über abgestützt hatte, weh zu tun und so ließ sie sich langsam neben ihn sinken.

    Der Schlaf wollte sich über sie senken, doch sie wehrte ihn ab. Sie durfte nicht einschlafen, wenn er sie morgen neben sich fand, was würde er bloß von ihr denken? Einen Augenblick lang überlegte sie, aufzustehen und zu ihrer Liege zurückzugehen, doch die Wärme, die von Tyrions Körper ausging, war so angenehm im Gegensatz zu der Kälte im Zelt, dass Azarynath es nicht über sich brachte, zu gehen.
    Sie würde morgen früher aufstehen als Tyrion, er würde es gar nicht bemerken, beruhigte sie sich innerlich, dann schloss sie erschöpft ihre Augen.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 12.05.2009, 22:13


    Ein Geräusch weckte Tyrion. Noch halb in seinen wirren Träumen gefangen regte er sich. Neben ihm lag der vertraute Körper Azarynaths. Glücklich, dass alles nur ein Traum gewesen war, streckte er sich und drehte sich zu ihr um.
    „Ich hatte einen furchtbaren Traum, Schatz“, flüsterte er, um sie nicht zu erschrecken. „Ich habe geträumt, du wärest gestorben und der Orden wäre schuld gewesen.“
    Sanft strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und betrachtete sie versonnen. Dann beugte er sich vor, um sie mit einem Kuss zu wecken.
    Trotz des dämmrigen Lichtes schimmerte ihr Haar golden.
    Er erstarrte.
    Mit einem Schlag war er völlig wach. Er hatte von Azarynath geträumt, so als wäre sie Layama gewesen! Aber was machte sie dann neben ihm?
    Sie musste sich zu ihm gelegt haben, oder war er es gewesen? Ihm fiel sein seltsamer Traum ein. Er hatte wieder seine Vergangenheit durchlebt. Immer und immer wieder. Aber es war nicht Layama gewesen, von der er geträumt hatte, sondern Zary. War er im Traum aufgestanden und hatte sich neben sie gelegt?
    Er blickte sich im Zelt um. Nein, sie war es gewesen, die sich umgelegt hatte.
    Er blickte erneut auf ihr Gesicht. Wie verletzlich sie so im Schlaf aussah. Ganz anders, als die stolze und starke Azarynath, die er bisher kennen gelernt hatte.
    Dann mochte sie ihn vielleicht ja doch, durchfuhr es ihn. Er verdrängte den Gedanken, dass es nicht Layama gewesen war, die er in seinen Träumen kennen gelernt, geliebt und verloren hatte.
    Er beugte sich über sie und küsste ihren weichen, warmen Mund. Sie rührte sich leicht. Sacht streichelte er ihre Wangen und füllte die samtene Haut. Erneut küsste er sie, diesmal etwas intensiver.
    Azarynath blinzelte, dann schlug sie die Augen auf. Überrascht blickte sie zu ihm empor.
    Nach einem knisternden Moment der Stille beugte sie sich zu ihm vor und erwiderte seinen Kuss. Erst zögerlich, bald jedoch mit Nachdruck. Ihre Lippen trafen sich immer gieriger, Hitze stieg in Tyions Körper auf.
    Mit einer Hand fuhr Tyrion ihren Halsansatz entlang, langsam abwärts gleitend. Ihr beider Atem ging schneller. Seine Finger fuhren die Konturen ihrer Brust unter dem dünnen Nachtgewand nach. Ein Seufzen entfuhr Zary und sie schauderte, drängte sich stärker an ihn. Dann wanderte seine andere Hand aufwärts über ihr Knie zum Oberschenkel. Dort ließ er die Hand ruhen und strich über ihre warme, samtene Haut, die vor Hitze unter seinen FIngern brannte.
    Er konnte ihre Erregung spüren und es entfachte das Feuer in ihm noch mehr . Er küsste leidenschaftlich ihren Mund, dann ihren Hals. Seine Hand fuhr die Innenseite ihres Oberschenkels empor. Azarynath stöhnte auf.
    Dieses Geräusch ließ ihn innehalten.
    Azarynath sah ich verwirrt an, ihre Wangen gerötet.
    „Was ist los?“, fragte sie heiser.
    Tyrion wurde erst jetzt richtig bewusst, was er da eigentlich machte. Er fuhr zurück. Hastig stand er auf, streifte sich seine Kleider über und eilte aus dem Zelt. Er spritzte sich einige Tropfen von dem kühlen Wasser ins Gesicht und versuchte sich zu beruhigen.
    In Gedanken verfluchte er seinen Traum. Er hatte alles noch viel schlimmer gemacht. Und auch wenn Tyrion nun wusste, dass Zary ihn ebenfalls mochte, hielt er es für keine gute Idee, mit ihr zu schlafen. Sein Blick fiel auf sein Abbild im See. Seine Augen wechselten rasend schnell von blau über violett wieder zu blau.
    Er hielt den Atem an und dachte an den Schmerz und seine Wunden nach dem furchtbaren Brand. Sein hämmernder Herzschlag verlangsamte sich allmählich. Als er keuchend den Atem ausstieß, waren seine Augen wieder normal.
    Aös er sich gerade etwas beruhigt hatte, hörte er hinter sich Schritte. Ehe er sich umdrehen konnte, hatte Zary schon ihre Arme von hinten um ihn geschlungen. "Wovor hast du Angst?", flüsterte sie so leise, dass er es kaum hören konnte. Ihre langen, offenen Haare kitzelten ihn im Nacken.
    Er schloss die Augen und lehnte seinen Kopf zurück an ihre Brust.
    „Ich weiß es nicht“, seine Stimme war kaum zu hören. „Ich habe so viele Jahre meine Gefühle für mich behalten, all meine Erinnerungen habe ich tief in meinem Inneren verborgen und mich vor ihnen verschlossen. Und du, du weckst sie wieder. Gefühle, die ich so lange für verloren gegangen hielt,,,“
    „Was für Gefühle?“, sie küsste ihn sanft auf den Nacken.
    „Freundschaft, Zuneigung…Liebe. Es ist, als würde ich aus meinem bisherigen Leben herausgerissen, hinein in eine Welt, die ich nicht mehr kontrollieren kann. Ich…ich habe Angst zu versagen.“ Seine Stimme erstarb.
    „Das wirst du nicht.“ Sie zog ihn sanft zurück zum Zelt. Tyrion ließ sich wie betäubt von ihr fühlen.
    Er liebte sie. Nach all den Jahren, in denen er verzweifelt versucht hatte, über Layamas Tod hinweg zu kommen, hatte er sich erneut verliebt. Es fühlte sich an wie Verrat. Als würde er den Teil seines Lebens und mit ihm alle Menschen, die er gekannt hatte, verleugnen.
    „Hier setz dich.“ Azarynath hatte ihn zurück ins Zelt gebracht. Durch den offenen Eingang fiel das schimmernde Licht der Höhle hinein.
    Zary drückte ihm einen Teller mit Kuchen in die Hand. Ihm war schleierhaft, wo sie den auf einmal her hatte.
    „Iss, das wird dir gut tun.“
    Er kaute langsam den süßen Teig.
    „Es tut mir leid,“ doch sie unterbrach ihn. „Schh, iss weiter!“
    Also aß er schweigend zu Ende. Und in der Tat fühlte er sich anschließend etwas gelöster.
    „Siehst du. Es at funktioniert.“, Azarynath lächelte ihm zu und setzte sich dann ihm gegenüber.
    „Weißt du, das was eben passiert ist. Du musst dich nicht dafür entschuldigen. Wir wissen ja beide, dass es nur Begehren ist. Nichts ernsthaftes, was einem Kopfzerbrechen verursachen kann.“
    Tyrion schluckte, dann nickte er langsam. Also empfand sie doch nichts für ihn. Bittere Enttäuschung stieg in ihm auf, aber er kämpfte gegen das Gefühl an.
    „Ja, du hast Recht. Nichts Ernstes“, log er.
    „Sehr schön. Dann hätten wir das ja geklärt.“ Sie stand auf und sah ihn erwartungsvoll an. „Komm, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Gerwynn hat sicher schon die Stadt gefunden.“
    Er musste sich dazu zwingen aufzustehen.
    „Wie machen wir das mit unserem Gepäch und den Pferden, Zary?“, fragte er Azarynath.
    „Zary?“ Sie sah ihn einen Augenblick fassungslos an, dann lächelte sie.
    „Zary, das klingt gut,“ murmelte sie.
    „Die Pferde“, erinnerte Tyrion sie.
    „Oh, das ist ganz einfach.“ Sie strahlte ihn an. „Du vergisst, was das Zelt alles kann. Aber zuerst zieh deine Sachen aus, sie müssen ja nicht unnötig nass werden.“ Tyrion gehorchte und reichte sie ihr. Auch Zary entkleidete sich bis auf ihr Untergewand. Dann führte sie die Pferde ins Zelt und ließ es auf Handflächengröße zusammen schrumpfen.
    Tyrion entfuhr ein überraschtes Keuchen.
    „Ich wusste nicht, dass das auch mit Lebewesen geht“
    „Natürlich geht es, alles, was sich in dem Zelt befindet, wird mit verkleinert“ Sie sah ihn etwas verständnislos an.
    Sie zog eine Kordel hervor. „Los, bind es dir auf den Kopf.“

    Kristalle ragten in den bizarrsten Formationen aus dem Felsen und spiegelten das Schimmern des Sees wider. Die Höhle war größer als Tyrion angenommen hatte. Sie war fast wie eine Art Gewölbe. Hoch über ihnen erstreckte sich kuppelförmig die Felswand. Mineralien funkelten wie kleine Sterne und glitzerten geheimnisvoll.
    Ihr Weg führte sie immer weiter geradeaus, weg vom Ufer und dem Ausgang zur schwarzen Schlucht.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    DasLennchen - 15.05.2009, 01:09


    Unter sich hatte Azarynath schon lange den felsigen Boden verloren, doch durch das glasklare, leuchtende Wasser erkannte sie jeden einzelnen Stein am Grund. Als sie das Ufer hinter sich kaum mehr erkennen konnte, spürte sie im Wasser unter sich eine leichte Strömung. Schon eine Sekunde später, wurde sie von einer Welle erfasst und davon gerissen. Sie konnte gerade noch mit einer Hand nach Tyrion fassen und Luft holen, dann wurde sie schon unter Wasser gezogen.
    Kaum dass sie begriff, was mit ihr geschah, hatte das Wasser sie schon in einen schmalen Felsspalt gezerrt, Azarynath bekämpfte den Drang, gegen das Wasser anzukämpfen. Sie hätte es sowieso nicht geschafft, die Strömung war viel zu stark. Das Wasser drängt sie durch einen kleinen Tunnel, dessen Wände mit fluoreszierenden Algen bedeckt waren. Langsam ging Azarynath die Luft aus, und als sie gerade überlegte, wie sie am besten einen Wasserelementar beschwören konnte, durchbrach sie keuchend die Wasseroberfläche.
    Neben ihr erschien Tyrion, ebenfalls nach Atem ringend. Verwundert blickte Azarynath sich um. Sie befanden sich in einer kleinen Höhle, drei Wände bestanden aus massivem, grauen Fels. Die vierte war gar keine richtige Wand, sondern nur ein Vorhang aus Wasser.
    Ihr wurde klar, dass sie sich hinter einem Wasserfall befinden mussten. In diesem Augenblick erinnerte sich Azarynath an die Vision mit dem Tempel im See.
    „Lass uns dem Wasser folgen, es wird uns bestimmt zum See führen, so wie es uns auch schon aus der Höhle geführt hat!“, meinte sie und machte einen Schritt auf den Wasservorhang zu.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 17.05.2009, 23:58


    „Warte“, rief Tyrion, doch da war sie schon untergetaucht. Er schüttelte nur den Kopf über diese ungestüme Frau, dann hielt er die Luft an und tauchte ebenfalls.
    Unter Wasser klang das Getöse des Wasserfalls viel gedämpfter. Zügig schwamm er Azarynath hinterher. Dann waren sie unter dem Wasserfall. Die Wucht des herab stürzenden Wassers war gewaltig. Sie drückte Tyrion herab auf den Grund. Er konnte nichts mehr sehen. Überall waren Luftblasen, die wild umherwirbelten. Er kroch mehr über den sandigen Boden, als das er schwamm.
    Erschrocken fielen ihm die Pferde ein. Er griff hastig zu dem Päckchen auf seinem Kopf, aber es war immer noch mit der Kordel befestigt.
    Mit einigen gewaltigen Schwimmzügen brachte er sich aus dem Sog des Wasserfalls. Er schoss förmlich an die Oberfläche gierig atmete er die Luft ein. In seinen Ohren hatte er ein unangenehmes Summen und ihm war leicht schwindelig.
    Neben ihm tauchte prustend Azarynath auf.
    „War das nicht herrlich`“, sie lachte ihn an. Doch Tyrion antwortete nicht. Erschüttert starrte er auf die Landschaft um sich herum.
    Sie befanden sich in einem Art Bassin, in dem der Höhlenfluss und der Wasserfall mündeten. Von dort floss das türkise Wasser weiter und gelangte dann in einen großen runden See. Es war der See, den Tyrion in seiner Vision gesehen hatte. Doch von der Insel mit den weißen Stränden und dem Tempel war nichts zu sehen. Auch die grüne Landschaft mit den vielen Wäldern war verschwunden. Stattdessen erstreckte sich eine graue Wüste aus nacktem Fels, soweit das Auge reichte.
    Fast wünschte Tyrion sich den Nebel zurück, damit er die geschändete Welt unter seinen Schleier legte. Neben ihm holte Zary laut Luft. Sie hatte die Veränderung in der Landschaft ebenfalls bemerkt. Bestürzt sah sie sich um.
    „Lass uns an Land gehen“, schlug Tyrion vor. Seine Stimme klang gedämpft.

    Nachdem sie wider auf festem Grund standen, band Tyrion das Zelt los und reichte es Azarynath. Diese stellte es auf den Boden und ließ es größer werden. Kaum hatte es seine normale Größe erreicht, stürmten die Pferde ins Freie. Ihr Fell war trocken, aber sie wirkten sehr aufgeregt. Zary warf einen Blick in das Innere des Zeltes.
    „Alles trocken“, stellte sie zufrieden fest.
    Da kam Tyrion eine Idee. Wenn hier kein Nebel war, dann war vielleicht das Land noch mit mehr Energie gefüllt. Er ging in die Knie, ohne den seltsamen Blick zu beachten, den Zary ihm zuwarf. Er packte eine Handvoll Erde. Erst fühlte er nichts, doch dann breitete sich Wärme in seine Hand aus und schoss in seinen Körper. Er lachte auf vor Entzückung. Es war zwar nicht viel, aber er konnte sie spüren und sogar aufnehmen. Er sprang auf und umarmte die verdutzte Azarynath.
    „Magie“, jubelte er. „Das Land hat noch Magie!“
    „Was?“, reif Azarynath erstaunt, dann holte sie schnell ihren Feuerdolch und rammte ihn in den steinigen Boden.



    Re: Kerillana - die Geschichte

    Jens - 06.12.2009, 00:02


    Erneut hob Tyrion eien Handvoll Erde auf. Er genoss das prickelnde Gefühl, als die Magie durch jede Faser seines Körpers strömte. Langsam ließ er die Erde durch seine Finger rinnen, dann blickte er auf. Sie befanden sich an eben jenem See, den er in seiner Vision gesehen hatte. Sie waren an ihrem ersten Ziel ihrer Mission angelangt.
    „Magie“, flüsterte Azarynath andächtig. Ein leichtes Lächeln glitt über ihre Züge. Sie zog den Dolch wieder aus der Erde. „Dann besteht also wirklich noch Hoffnung!“
    Tyrion nickte. „Ja und ich glaube, wir sind angelangt. Das ist der See aus meinen Träumen“, er deutete auf die Oberfläche des Sees direkt vor ihren Augen. Aber…wo ist der Tempel?“
    „Versunken, genau wie der schwarze Tempel“, meinte Zary und ließ ihren Block über das Wasser gleiten. Es hatte dieselbe grüne Farbe, wie das Höhlenwasser oder der grüne See mit dem Monster. Aber sie konnte keine Gefahr spüren, nur Leere und den Hauch an Magie in der Umgebung.
    „Wie sollen wir den Tempel denn dann erreichen?“ Hoffnungslosigkeit breitete sich in Tyrion aus.
    „Wir?“, fragend sah Zary ihn an. „Ich glaube, du musst den Tempel finden und dreimal darfst du raten, wie!“
    Tyrion schluckte. Das letzte Mal, als er in einem See getaucht war, hatte er nur durch Glück überlebt. „Danke für deine Unterstützung!“ Er lachte leicht gequält.
    „Kein Problem, aber ich schlage vor, erstmal gönnen wir uns was zur Stärkung. Und nichts wird mich davon abhalten, nun ein Feuer zu entfachen! Ich hasse nasse Kleider!“



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