Das Mahl

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    Re: Das Mahl

    binadmin - 08.10.2005, 15:51

    Das Mahl
    Ich hab mal wieder was zum Nachdenken, sich freuen und entspannen ... wer Bock hat kann bis zum Schluss mit rätseln ... wer nicht der nicht

    I proudly present to you "Das Mahl"

    Meine Augen sind verbunden, werde mich testen. So nehme ich ein Stück des Mahls in die Hand und führe es gekonnt, ganz ohne Fehler zum Mund. Schnell merke ich, dass mein Mahl sehr groß ist, deswegen beiße ich nur zarkhaft in die weiche Masse.

    Schmecke die süßliche Substanz. Es ist ein Geschmack, der unvorstellbarer nicht sein könnte. Es ist wie ein Kuss seiner Angebeteten, süß aber vorhanden, scheint er nur ein Schatten meiner Vorstellungskraft zu sein. Ich will es wissen, ganz genau, doch die Substanz schien sich wie von Geisterhand aufgelöst zu haben.

    Ich nehme eine weiteres Stück in den Mund, kann mich beherrschen, doch versuche ich mir nicht die Zunge bei abzubeißen. Wieder bin ich sofort geblendet von dieser Süßlichkeit. Ich möchte es beschreiben, es ist ein Drang, der wie ein Schmetterling in seinem Kokon drückt das Licht der Welt zu erblicken. Doch kann ich diesen Geschmack nicht fangen. Am Rande der Verzweiflung angekommen, werde ich kurz ruhig, hoffe zu wissen, was ich dort mit meiner Zunge berühre. Aber wieder ist es mir kurz vor dem Ziel der Erkenntnis entronnen.

    Nun folge ich einem Instinkt und nehme ein größeres Stück zu mir. Möchte die Zeit verlängern, in der ich analysieren kann. Ich bin nur mehr fasziniert, lasse mich gehen. Wandere durch die Welt der Illusionen, bis ich plötzlich hin und her gerissen erkenne, dass mein Mahl sich im Rachen aufgelöst hat.

    Wieder wird das Stück größer, wieder bin ich blind … Langsam werde ich wütend, wütend über mich selbst. Es bleibt nie die Zeit mit den Sinnen diese bizarre Substanz zu begutachten. Die Bisse werden größer und größer. Es ist bereits eine Qual, nicht mehr die Qual geblendet zu sein, nein das ist es nicht …. wirklich nicht. Es ist die Wut, die mir zu schreit. Sie schreit „Ich will!“ Kaum ein Gedanke ist nun mehr so klar wie der Wille, der Wille die Geduld zu besiegen.

    Ich weiß kein Ausweg mehr, fülle nun den ganzen Mund, muss ein wenig würgen. Doch scheint es wie eine Droge. Ich will dahinter kommen, was ihr Geheimnis ist oder wenigstens wieder spüren wie sie schmeckt, denn das tue ich schon lang nicht mehr. Noch bevor ich all das realisiere, spucke ich mit großer Verwunderung einen großen Brocken aus. Ganz plötzlich war es bitter geworden. Wenn nicht sogar Ekel erregend. Dieser Geschmack hängt mir nun mindestens genauso hinter her wie diese unerklärliche Süßlichkeit, nur war es bitter. So bitter, dass ich mich kaum erinnern kann, was ich die Zeit über gedacht habe.

    Stark angewidert, halte ich mit beiden Händen fest, was ich erraten will. So bin ich kurz davor die Binde abzunehmen, meinen Test abzubrechen und mir den Gewinn der Gewissheit zu erschleichen. Es vergehen Minuten, in denen ich entscheidungslos dort sitze, bis ich merke, dass mein Mahl ein kleines Bächlein auf den Handrücken entstehen lässt.

    Eher widerwillig als motiviert kaue ich auf dem mir Unbekannten herum, wobei ich ein kleines, ja minimalistisches Stück auf die Zunge gebrochen bekomme. Vor Angst nicht zu wissen was kommt … oder gerade eben weil ich erahne was kommen wird, zucke ich fast appartisch zusammen. Erwarte den bitteren, entsetzlichen Geschmack, doch war es lediglich ein kurzer Windhauch, der mir die Kehle runter pfiff. Vollkommen neutral aber vorhanden.

    Nun wacht die Neugier in mir langsam auf. Was ist das, was ich dort in meiner Hand halte? Am Anfang so groß, dass ich es nicht richtig fassen konnte. Vom Geschmack nicht zu beschreiben und so veränderlich wie Sand der wohl geformt am Strand der Sehnsucht liegt. Dieses kuriose Mahl ist kaum mehr so groß wie mein kleiner Finger.
    Angeregt von dem Wissensdrang und abgestoßen von der Angst ein Fehler zu machen, versuche ich die nächsten Bissen gut zu dosieren. Ich merke: je kleiner das Stück, desto geschmackloser ist es. Doch weiß ich, dass es in großer Menge verzehrt abscheulich wirkt. Versuche mich zu erinnern, wie groß der erste Biss war, dieser wunderbare einzigartige erste Biss.

    Ohne vorher zu erahnen nahm ich das letzte Stück in den Mund. Es war mir wohl aus der Hand gerutscht, aus meiner Hand muss es mir gerutscht sein. Es war wieder süß, für den Verstand nicht zu begreifen, überwucherte mich ein sonderlich fruchtbarer Geschmack … es war nicht mehr, der erste Biss, der unübertreffliche erste Biss. Es war besser noch, besser als das was sich in mir in die Erinnerung gebrannt hatte. Jetzt wo ich einwenig reifer war, erschien mir diese eine letzte Sekunde, wie eine Stunde, eine Stunde dessen wunderbare Wärme, ausgelöst durch das Mahl, mich umarmte.

    Während ich all dies genoss, verschwand auch dieses Stück so plötzlich, wie ein Blitz, wie ein Zucken, wenn man sich erschrickt. Panik war nun mein Begleiter, denn in all der Aufregung vergas ich den Zweck, des Essens. Es war mein Test, ich wollte mich testen, ob ich erraten kann, was ich schmeckte. Mir war als wüsste ich’s … Ich wollte es raus schreien, weil es mir so bekannt vorkam.

    Die Zeit verstrich, mir kamen fast die Tränen, so verzweifelt war ich. Ich nahm die Binde von den Augen und schaute starr auf die Packung des Mahls. Mir wurde heiß und kalt, kaum zu kontrollieren schienen meine Gefühle. Da ich genau wusste was es war, nun stellte ich fest, es lag mir wortwörtlich auf Zunge. Alles was ich hätte machen müssen ist es abzulesen von dieser. Deswegen war mein Ärger größer denn je, als ich auf der Packung das Wort „Leben“ sah.


    Grüße Thomas



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