Löwengasse

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    Re: Löwengasse

    saskat - 02.09.2005, 20:45

    Löwengasse
    Löwengasse



    Wie Er sie hasste.
    Wie selbstgefällig sie waren.
    Mit ihrem grellen Make-up und ihrem schrillen Lachen.
    Er stand in der Gasse gegenüber dem "Löwen".
    Der angesagtesten Disco dieser Stadt. Er fror fürchterlich und auch sein Naturwollmantel, der Ihn bis zu den Knien reichte, vermochte Ihn nicht zu wärmen. Auch nicht der dicke Rollkragenpullover. Oder der schwarze Schal, den Er sich zwei mal um den Hals wickeln konnte.
    Verdammt, es war Frühling...wann wurde es endlich wärmer?
    Er stand in der Gasse und das Licht der bunten Reklametafeln spiegelte sich hundertfach auf der nassen Straße vorm "Löwen".
    Und es spiegelte sich auch in den Gesichtern der Menschen vor dem Haupteingang.
    Es machte keinen Unterschied, ob die Reklametafeln sie beleuchteten oder nicht.
    Ihre Gesichter waren immer gleich.
    Bunt geschminkt, und wenn sie lachten, verzerrten sich Ihre Gesichter zu starren Fratzen.
    Fratzen, die Ihn verhöhnten und Ihn anstarrten.
    Wie Er sie fürchtete, diese Menschen.
    Wie sie nach Leben stanken.
    Der Gestank nach Schweiß und nach allem anderen drang aus ihren Poren.
    Es war kaum aus zu halten.
    Wie sie pulsierten, jeder Schlag ihrer Herzen dröhnte in Seinem Kopf.
    Hundertfach
    Tausendfach
    Ihre lauten Stimmen, die riefen und redeten.
    Sie redeten immer von den selben Dingen.
    Sie redeten immer von den Begebenheiten ihres unbedeutendem Lebens.
    Von den Tagen auf der Arbeit.
    Wo sie Tag für Tag das selbe taten, die selben Dinge, immer und immer wieder.
    Wo sie mit ihren Kolleginnen und Kollegen die Hälfte Ihres Lebens verbrachten.
    Er konnte sie von den Wochenenden reden hören, von den Festen oder den Radtouren oder dem Tag am Strand.
    Wo sie in der Sonne lagen und braun wurden.
    Und dann zeigten sie sich immer ihre Arme, sie hielten sie aneinander um zu sehen, wer brauner war als der andere.
    Sie erzählten auch von ihren Familien.
    Von all ihren Brüdern und Schwestern. Das sie die Zimmer teilten, und das jene Schwester die Sachen dessen Schwester nahm.
    Und wieviel Streit das immer gab.
    Meine Sachen, deine Sachen.
    Und all die Mütter und Väter.
    Mein Vater dies, meine Mutter jenes.
    Und dann waren sie wieder hier.
    Hier vorm "Löwen"
    Wo sie dann am Eingang standen mit ihren grellen Gesichtern
    und lachten.
    Ein Windstoß pfiff durch die Gasse und ließ ihn frösteln.
    Er vergrub seine kalten Hände tief in seine Naturwollmanteltaschen und wunderte sich wieder über die Menschen, die da, keine zehn Meter von Ihm entfernt in T-Shirts und kurzen Röcken standen.
    Und sie froren nicht.
    Sie waren warm.
    Innen waren sie immer warm.
    Das warme Leben umhüllte sie wie einen Schleier.
    Wieder wallte die hilflose Wut in Ihm auf.
    Seine Hände ballten sich zu Fäusten.
    Wut klingelte in seinem Kopf wie eine Alarmglocke.
    Wut verkrampfte seinen Magen .
    Wut kitzelte seine Eingeweide.
    Es wurde Zeit, sein Magen knurrte. Es war so laut, das Er Angst hatte, jemand könnte es gehört haben.
    Seine geübten Augen durchsuchten die Gruppen der Menschen.
    Sie standen niemals allein.
    Sie waren niemals allein.
    Das war der Punkt, der alles so schwierig machte.
    Doch dann sah Er Sie.
    Sie bewegte sich auf die Telefonzelle am anderen Ende der Straße zu.
    Und Sie war allein.
    Er wußte, Sie ist es.
    Er wurde aufgeregt und in solchen Momenten hatte er fast, aber nur fast das Gefühl, sein Herz zu spüren.
    Er bewegte sich lautlos wie eine Katze.
    Sein Ziel immer im Auge.
    Jeder Muskel angespannt, Kein Laut entging Seinen Ohren.
    Sie war nun fast da und er stand beinahe direkt hinter Ihr.
    Er konnte Ihr Haar riechen.
    Es roch nach Haarspray und ein bißchen nach Apfel. Das gefiel Ihm, das Sie ein bißchen nach Apfel roch.
    In Seiner Kindheit roch es auch immer ein bißchen nach Apfel,
    dort, wo das Haus seiner Eltern stand.
    Hinter den Apfelhainen.
    Die Telefonzelle stand an einer Ecke, die an eine andere Gasse mündete.
    Und als Sie Ihren braunen Arm ausstreckte, um nach der schweren Glastür zu greifen,
    um eine Ihrer Schwestern, Ihrer Freunde, Ihrer Brüder oder Ihrer Eltern anzurufen,
    da faßte Er Sie von hinten und vergrub seine Hand in Ihr Apfelhaar.
    Er zog Sie zu sich und eine Hand legte sich routiniert auf Ihren Mund.
    Er zerrte Sie in die Gasse, schnell und ohne sich dabei umzusehen.
    Das Pochen Ihres Herzens war laut und Ihr warmer Rücken drückte gegen seine Brust.
    Sie zappelte und wand sich, doch er preßte Sie gegen die Hauswand, die einen Teil der Gasse bildete.
    Der Apfelgeruch Ihres Haares war stark, als er Seine Zähne ihn Ihren Hals versank.
    Und dann wurde Ihm warm.
    All das Leben gehörte nun Ihm.
    All die Wärme...wo Ihm doch so kalt war.
    Das Leben tränkte seine Zunge und kitzelte Seinen Gaumen.
    Es lief durch seinen Hals und landete wie eine heiße Flut in Seinen Magen.
    Wie ein Fluß strömte es durch seinen Körper.
    Und als der Fluß verrann, da ließ er Sie fallen.
    Nun war Sie kalt.
    Und Ihm warm.
    Und als er zurück lief, an dem Haupteingang des "Löwens" vorbei,
    da sah Er sie wieder an.
    Die Menschen.
    Wie Er sie beneidete,
    wie lebendig Sie waren,
    mit Ihrem hübschen Make-up
    und Ihrem schönen Lachen.
    Wie er sie beneidete.
    Und gedankenverloren wischte Er sich den Lippenstift von seiner Handinnenseite.
    Er hatte Apfelgeruch in der Nase und dachte an seine Kindheit.
    in den Haus am Apfelhain.
    Er öffnete Seinen Mantel und Seinen Schal.
    Wie warm Ihm war.
    Bis zur nächsten Nacht.....



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