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Eichendorff - Aus dem Leben eines Taugenichts




Eichendorff - Aus dem Leben eines Taugenichts

Beitragvon Krümel » 13.07.2008, 10:45

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Der junge Taugenichts wird von seinem Vater vom Hof vertrieben, weil er den ganzen Tag faul in der Sonne liegt und auf seiner Geige fiedelt. Er drückt seinem Sohn noch ein paar Taler in die Hand, und schon zieht der Protagonist hinaus in die Welt. Das Geld hat er schnell verloren, aber er findet durch seinen Charme und Witz Unterschlupf auf einem Schloss, wo er sich unsterblich in die gnädige Frau verliebt …

Meiner Meinung nach kann man dieses Werk nur im Hinblick auf die Romantik lesen, ansonsten würde man nicht viel Spaß an der Lektüre haben.
Man findet romantische Aspekte in der Naturdarstellungen, in der Thematik der unerwiderten Liebe und Verzweiflung, die letztlich romantisch verläuft. Die Gefühlsempfindungen sind überstark geprägt, wenn man nicht herzerweichend schreiben möchte. Auch die Ironie und das Spiel findet sich im Werk.

Aber insgesamt kann sich diese Handlung nicht tragen, dafür bin ich vielleicht auch zu sehr ein Kind meiner Zeit. Geh doch heute nur mit einer Geige bewaffnet hinaus in die Welt und warte ab, wie lange du es schaffen würdest dich über Wasser zu halten. ;-) Vielleicht war das damals anders?

Bewertung: :stern: :stern: :stern:
Schwierigkeitsgrad: leicht - mittel
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von Anzeige » 13.07.2008, 10:45

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Beitragvon tom » 23.01.2009, 09:36

Es ist wohl müßig sich zu fragen, inwieweit diese Story "realistisch" ist oder nicht, ¨übertragbar oder nicht, auch wenn man zu schnell vergißt, dass dieses Aufbrechen und Losziehen in langen Perioden der Geschichte mehr als normal war. Schließlich stammen wir nicht zunächst von seßhaften Vorfahren, sondern , innerhalb der Menschheitsgeschichte, von Nomaden..., und unsere Kultur, verbunden mit einer Aufbruchskultur der Semiten, klingt auch oft noch in diesem Sinne nach.

Doch auch innerhalb der Geschichte gibt es das Element des Undurchschaubaren; an mehreren Stellen weint der Held, bzw. fühlt sich bedroht!

Ich las Eichendorff letzte Woche mit viel Freude wieder! Gerne würde ich etwas von der Aufbruchsstimmung mit in mein Leben hinüberbringen und jene innere Bereitschaft zum Singen und - wie man es ja heute garnicht mehr sich zu sagen traut - Jubilieren, das immer wieder hochkommt.

Bewertung: :stern: :stern: :stern: :stern: /:stern:
tom
 

Beitragvon Krümel » 23.01.2009, 12:09

Ach Tom du Romantiker :wink: :lol:
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Beitragvon Monika » 01.02.2009, 16:20

tom hat geschrieben: Gerne würde ich etwas von der Aufbruchsstimmung mit in mein Leben hinüberbringen und jene innere Bereitschaft zum Singen und - wie man es ja heute garnicht mehr sich zu sagen traut - Jubilieren, das immer wieder hochkommt.


Ich kann Dich gut verstehen, tom. Aufbruchsstimmung, zusammen mit Naturverbundenheit und Gottvertrauen, spricht aus vielen Werken der Romantik. Adlige, die ins Ungewisse aufbrechen, um die Wunder der Welt zu bestaunen, Handwerksburschen, die ausziehen, um in der lockenden Ferne ihr Glück zu suchen, die Volkslieder, die von Lebenslust und Naturerleben künden (nicht zu verwechseln natürlich mit der fürchterlichen Volksmusik), das hat mich auch immer fasziniert. Es sind Stimmungen und Gefühle, die zur Jugendzeit gehören, und die Romantik ist ja vor allem eine Dichtung der Jugend.
Aber das eine ist die Kunst, das andere die Realität, und die war auch in der Epoche der Romantik eher ernüchternd. Selbst im "Taugenichts" gibt es eine kleine Stelle, die die Aufbruchsstimmung und das Liebesglück relativiert. Sie findet sich etwa in der Mitte der Geschichte, ich glaube da, wo der Taugenichts vom Park aus seine Angebetete am Fenster beobachtet. Es ist nur ein kleiner Halbsatz, man überliest ihn leicht: "...und ach, das ist schon so langer her!" Dieser kleine Seufzer lässt erahnen, dass hier ein alter oder zumindest älterer Taugenichts auf ein längst vergangenes Glück zurückschaut.
Gruß Monika


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Beitragvon tom » 01.02.2009, 22:07

Sehr interessanter Beitrag, Monika und so gut beobachtet, was jene kleine Stelle anbetrifft. Danke!

Ich lasse einfach mal die Gedanken schweifen, bzw. schreibe auf, was mir eben so durch den Kopf ging:
Vielleicht ist der Aufbruchsdrang der Jugend später zu relativisieren und auszubalancieren mit den Gegebenheiten der Realität. Dennoch sage ich mir, dass in einem bestimmten Alter eine gewisse "Aufbruchsstimmung, ein Idealismus" etc notwendig sind (sein können?), um die notwendigen Abnabelungsprozesse anzugehen. Ist nicht oft eine Jugendgeschichte, ein Verlassen vom Elternhaus irgendwo angetrieben von "romantischen" Motiven im weitesten Sinne, der Notwendigkeit des Aufbruchs? Ist dieser Aufbruch (aber vielleicht hat man das mit 40/50 vergessen?) nicht ganz natürlich verbunden mit Risiken und Freiheiten, die man später im Namen des Realismus von sich weist?
Im Taugenichts ist der Fortgang vom Vaterhaus der Ausgangspunkt nicht nur irgendwelcher Abenteuer, sondern auch der letztlichen lebenswendenden Fügung, Begegnung mit der "Angebeteten". Das Ende wiederum der Novelle führt ihn NICHT zurück zu Vaters' Mühle, sondern in einen neuen Lebensabschnitt, der von einer neuen, anderen Seßhaftigkeit geprägt sein wird.
tom
 

Beitragvon Krümel » 02.02.2009, 10:52

Ich denke auch, dass dieser Aufbruch in ..., wie im Taugenichts beschrieben, diese typische Abnabelung der Kindheit, also von den Eltern weg, ist. Und diese erste große Liebe, die man meistens in diesem Alter erfährt, dann wirklich dieses Loskapseln bedeutet. In dem Alter ist man noch ziemlich "naiv", idealistisch und die Aufbruchstimmung überroltt einem dann völlig.
Später ist man ziemlich festgefahren in seinen Zwängen, und mir persönlich kam diese Situation auch sehr weit daher geholt vor :arrow: Man kann einfach nicht mehr losziehen, und mal sehen was die Welt einem präsentiert. Deshalb schrieb ich das auch so in meine Rezi. Sicher würde ich an manchen Tagen einfach losziehen, wer kennt diese Anflüge nicht, ABER wo bekomme ich dann meine Medikamente her, wer kümmert sich um X, und wie wird Y weitergehen :?: :?: :?:

Nein Tom vergessen habe ich diese Lust nicht, nur man ist mit 40/50 einfach zu eingebunden in irgendwelchen Zwängen. Selbst wenn ich wollte, ich kann einfach nicht mehr meine "Geige" zücken und losziehen. Obwohl ich mir denke, ich könnte davon auch wieder gesundheitlich zur Ruhe kommen :wink:
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Beitragvon tom » 02.02.2009, 17:15

Nun, Heidi, was ich oben sagen wollte ist ja gerade, dass es wohl eine Zeit für alles gibt! In einem gewissen Alter ist der Aufbruch, das Risiko, der Weggang unvermeidlich und positiv!
Später wäre das Flucht und wohl unmöglich?
tom
 

Beitragvon alwin03 » 02.02.2009, 17:20

Ich kann den Thread leider nicht mitlesen, da das Buch auf meinem SuB liegt und sicher den bis Sommer verlassen hat.
Dann werd ich meine Meinung hier auch kund tun.
Ich lese zur Zeit:

--------------------------------------- ???


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Beitragvon Krümel » 02.02.2009, 17:39

tom hat geschrieben:Später wäre das Flucht und wohl unmöglich?


Genau dieser Gedanke stellte sich eben auch bei mir ein, das wäre eigentlich Flucht. :thumleft:
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Beitragvon wolves » 03.02.2009, 08:38

:motz: Ihr macht immer neugieriger auf die Geschichte, damit ich mir endlich eine eigene Meinung bilden kann. Ich kann aber leider nur der Reihe nach lesen und darf mich noch in Geduld üben 8)
Liebe Grüße
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Beitragvon chip » 03.02.2009, 09:49

wolves hat geschrieben::motz: Ihr macht immer neugieriger auf die Geschichte,

Ja, ich finde das auch immer so fies... und die machen das je-des-mal! :evil:

Gruß,
chip :wink:
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Beitragvon Krümel » 03.02.2009, 10:59

chip hat geschrieben:
wolves hat geschrieben::motz: Ihr macht immer neugieriger auf die Geschichte,

Ja, ich finde das auch immer so fies... und die machen das je-des-mal!


:grins:
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Beitragvon alwin03 » 11.07.2009, 08:26

Ich habe den Taugenichts innerhalb weniger Tage gelesen und nun eure Rezis und Meinungen überflogen.

Sprachlich musste man sich erst etwas eingewöhnen, aber nach den ersten Seiten, war das Problem gelöst.

In den Rezis sind ja zwei Meinungen vertreten:

Krümel: Die Zeiten der Wanderschaft mit der Klampfe unterm Arm sind längst vorbei!

Tom: Erkennt in der Novelle zeitlose Aufbruchstimmung!

Ich stimme beiden zu, wobei jeder von ihnen sein Leben nach eben seiner Meinung lebt.

Tom, ist mir als suchender, neugieriger, probierender Mensch in Erinnerung. Ein wichtiger Punkt ist hier sicher sein Umfeld. Ich möchte mal nicht von einer "sozialen Hängematte" sprechen, aber die Chance irgendwann mittellos zu sein, sehe ich bei ihm eher weniger. Wir können uns alle an seinen Aufenthalt in Südkorea erinnern. Schön wenn man sich eine dreimonatige Auszeit leisten kann.

Krümel, sieht hier eher die Strukturen des Alltages die ein Umherziehen mit einem lustigem Lied auf den Lippen nicht mehr zulassen.
Nach der Jugend verfestigen sich die Wege auf denen wir uns bewegen. Ein Ausbrechen scheint in den seltensten Fällen möglich. Zumal man auch Verpflichtungen in seinem Umfeld eingegangen ist.

Schön finde ich aber den Gedanken, dass sich die Jugend ausprobieren soll/sollte. Sich von heimischer Geborgenheit zu lösen und sich selbst in der Welt zu beweisen. Ich verfolge das gerade bei meinen beiden großen Kindern, nur hoffe ich das sie irgendwann auch wieder den Weg zur "Mühle" finden.


:stern: :stern: :stern: / :stern:
Ich lese zur Zeit:

--------------------------------------- ???


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Beitragvon wolves » 16.09.2009, 09:54

Mittlerweile konnte auch ich mir endlich eine Meinung bilden und finde mich in jede eurer Meinungen ein wenig wieder. Ich empfand beim lesen eine herrliche Aufbruchstimmung, verbunden letztendlich auch mit etwas "Nostalgie".

Der Taugenichts ist losgegangen, vielleicht auch ohne groß Nachzudenken was sein wird und was sein könnte, aber er hat bei jeder sich bietenden Gelegenheit auch zugegriffen. Also nicht einfach nur die Geige gegriffen und sonst nichts gemacht. Er hatte meist auf sein Herz gehört und so viel kennengelernt um letztendlich wieder zurückzukehren und das nicht alleine.

Ein klein wenig wird man bei so viel Mut zum ändern schon etwas "neidisch". Ich gehöre ja eher zur Fraktion, die bei dem bleibt was sie kennt. Ich würde mich als etwas verwurzelter bezeichnen. Aber irgendwo in mir, ist schon jemand, der gerne mehr kennen lernen würde. Der auch mal einfach "losziehen" möchte, um neues zu erfahren.

Ich habe "Aus dem Leben eines Taugenichts" sehr gerne und mit viel Vergnügen gelesen.
Liebe Grüße
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