Marxismus

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    Re: Marxismus

    JahRahShiva - 26.07.2005, 10:37

    Marxismus
    Unter Marxismus wird eine politische und/oder wissenschaftliche Theorie verstanden, die sich direkt auf Karl Marx (1818-1883) und Friedrich Engels (1820-1895) zurückführt und deren Ideen in ein Gesamtkonzept integriert. Sie enthält mehrere Bestandteile:

    * eine umfassende Ideologiekritik: Ausgehend von dem Grundsatz, dass die wirtschaftlichen Produktionsverhältnisse das kulturelle und geistige Sein einer Gesellschaft bestimmen, werden diese als Ausdruck klassengebundener Interessen entlarvt;
    * eine historisch-materialistische Geschichtstheorie: Geschichte wird maßgeblich durch Interessengegensätze, Klassenkämpfe und Revolutionen vorangetrieben;
    * eine "Kritik der politischen Ökonomie": Die Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus und der Konzentrationsprozess des Kapitals, sowohl mikro- wie makro-ökonomisch, werden wissenschaftlich analysiert;
    * eine Theorie des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus (Zusammenbruchstheorie, Revolutionstheorie) und der zukünftigen klassenlosen und herrschaftsfreien Gesellschaft.


    Das marxistische Geschichtsbild

    Laut Marx ist die Geschichte eine »Geschichte von Klassenkämpfen«, was bedeutet, dass sich aus einer anfangs egalitären Gesellschaft - also einer, in der alle Menschen »gleich« sind, eine herrschende Klasse herauskristallisiert hat. Diese herrschende Klasse beutet die anderen Klassen aus, woraus ein Konflikt zwischen den Klassen - ein »Klassenkampf« entsteht, durch welchen die herrschende Klasse überworfen wird, und letztlich eine neue Gesellschaft entsteht. In dieser bildet sich wieder eine herrschende Klasse, was erneut zum Klassenkampf führt.

    Das marxistische Geschichtsbild ist also eindeutig ein dialektisches.

    Demnach bedeutet die Politik im Sinne dialektischer-kritischer Ansätze, also marxistischer Ansätze eine Politik als Kampf der Klassen um die Verwirklichung ihrer sozioökonomischen Interessen. Daher fragt sich die Politikwissenschaft in diesem Ansatz stets: Wie stellt sich Politik als Produkt und als Triebkraft sozialer und ökonomischer Wirklichkeit dar und wie kann sie in den Dienst gesellschaftlicher Veränderungen gestellt werden


    Die marxistischen Schlussfolgerungen für die Geschichte

    Nach marxistischer Ansicht wird auch der Kapitalismus als Wirtschafts- und Herrschaftssystem untergehen, wenn er durch die unterdrückte Klasse, das Proletariat, überworfen wird. Schließlich sollte die Folge von Klassenkämpfen durch die Herstellung zunächst des Sozialismus ("Diktatur des Proletariats") und schließlich des Kommunismus, der klassenlosen Gesellschaft, enden. Da Ausbeutung und Ungleichheit theoretisch in der klassenlosen Gesellschaft nicht vorkommen, wäre der Staat überflüssig und würde absterben.


    Geschichtliche Auswirkungen des Marxismus

    Der Marxismus beeinflusste in hohem Maße die Arbeiterbewegung sowie die sozialistische Ideologie, für welche er ein theoretisches Fundament lieferte, aber ebenso die Idee, das bestehende System nicht als "von Gott" oder "der Natur" gegeben hinnehmen zu müssen.

    Als Folge darauf entstand zum Beispiel der Marxismus-Leninismus, welcher die Überwerfung der herrschenden Klasse in einer Revolution propagierte, sowie dessen Tochterideologien Trotzkismus und Stalinismus, während reformistisch Denkende wie etwa die Sozialdemokraten die Meinung vertraten, das bestehende System durch Reformen verändern zu können.


    Entstehung des Marxismus

    Während Marx selbst kein "Marxist" sein wollte, entwickelte sich schon zu seinen Lebzeiten eine Gruppierung von Sozialisten, die sich "Marxisten" nannte, aber um die Jahrhundertwende inhaltlich bereits stark divergierte.

    Mit der ersten Russischen Revolution von 1905 entstanden dann Konzepte politischer Machtergreifung, die nach dem Sieg der Oktoberrevolution zum Marxismus-Leninismus zusammengefasst und seit Stalin als Herrschaftsideologie dogmatisiert wurden. Diese Entwicklung der Sowjetunion wird von vielen Sozialisten und europäischen Marxisten als unvereinbar mit der Marxschen "klassenlosen Gesellschaft" eingeschätzt und - wiederum mit Hilfe der Marxschen ökonomischen Analyse - als neue Klassengesellschaft kritisiert.

    Marx und Engels waren im 19. Jahrhundert bedeutende Theoretiker der Arbeiterbewegung. Sie sind die Verfasser des "Kommunistischen Manifests", das sie im Auftrag des Bundes der Kommunisten 1845 vorlegten. Es war ein politisches Zukunftsprogramm, das auf ihrer historischen, ökonomischen und politischen Arbeit beruhte.

    Diese stützten sie philosophisch auf den Rationalismus Epikurs, die Dialektik Hegels und den undialektischen Materialismus Ludwig Feuerbachs. Allerdings hat Marx den gesamten philosophischen Idealismus scharf kritisiert. Er sah seinen ökonomisch-dialektischen Materialismus als Versuch, die gesamte vorherige Philosophiegeschichte "vom Kopf auf die Füße zu stellen" und stellte in seinen "11 Thesen zu Feuerbach" abschließend fest: "Die Philosophen haben die Welt nur betrachtet, es kommt aber darauf an, sie zu verändern."


    Wissenschaftlicher Sozialismus

    Das Bestreben von Marx und Engels war, den Begriff des "Sozialismus" bzw. "Kommunismus" wissenschaftlich zu fundieren, um sich gegen Ansätze des Frühsozialismus bzw. "Utopischen Sozialismus" abzugrenzen, deren Vertretern sie vorwarfen, sie wollten ihre politischen Utopien direkt in die Tat umsetzen, ohne hinreichende gesellschaftliche Bedingungen vorzufinden.

    Marx und Engels betonten hinsichtlich ihrer Arbeit den wissenschaftlichen Anspruch ihres Sozialismus, verstanden unter diesem Begriff also keine dogmatische Lehre, sondern die Analyse der Bewegungsgesetze von Gesellschaftsformationen im Hinblick auf die klassenlose Gesellschaft. Erst Marx'ens Nachfolger machten aus dem wissenschaftlichen Anspruch den "wissenschaftlichen Sozialismus", der insbesondere im Sowjetmarxismus zur bloßen Partei-Ideologie verkam.


    Wissenschaftstheorie

    Wissenschaftstheoretisch ging es seinerzeit wesentlich um zwei Punkte: Erstens galt es, dem im Deutschland des 19. Jahrhundert herrschenden Idealismus eine materialistische Weltsicht gegenüber zu stellen, bei der die Welt aus sich selbst heraus erklärbar ist. Im Bereich der Naturwissenschaft hat - unabhängig von Marx und Engels - gleichzeitig Charles Darwin mit seiner Entwicklungsgeschichte der biologischen Arten eine solche Weltsicht durchgesetzt. Zweitens wurde versucht, die Gesellschaftswissenschaften an die Erfolgsgeschichte der Naturwissenschaften anzubinden und die gesellschaftlichen Prozesse theoretisch im Gesamtzusammenhang der Welt - als "Totalität" (Hegel) - erfassen zu können. Marx zitiert selbst eine Rezension zustimmend, in der soziale Organismen als der Biologie analoge Erscheinungen für die jeweilige Epoche besprochen werden (nicht nur der zu Physik und Chemie, wie ältere Ansätze, und ohne die heutige Vorstellung bestimmter Systemtheorie).


    Geschichte marxistischer Bewegungen/Organisationen

    Marx und Engels waren weiterhin intensiv in die Entwicklung der internationalen Sozialdemokratie eingebunden, die sich lange als Partei des Marxismus und des wissenschaftlichen Sozialismus verstand.

    Hier wurde der Marxismus um 1900 als theoretisches Lehrgebäude betrachtet, dem allerdings in der Praxis kaum Bedeutung zukam. Das "Erfurter Programm" der SPD von 1891 zeigte bereits die Spaltung des alltäglichen Kampfes um verbesserte Lebensbedingungen der Arbeiter vom fernen "Endziel" des Sozialismus und drückte damit die Einbindung der Sozialdemokraten in die bürgerliche Gesellschaft aus, die sie zu bekämpfen vorgaben.

    Das theoretische Fundament für diese schleichende Abkehr von der praktischen Vorbereitung der Sozialrevolution lieferte Eduard Bernstein mit seinem Aufsatz "Die Aufgaben der Sozialdemokratie" 1899. Ihm antwortete die Wortführerin der Parteilinken, Rosa Luxemburg, mit der Broschüre "Sozialreform oder Revolution" im selben Jahr. Theoretisch wurde der Konflikt innerhalb der SPD damals zu Gunsten der Marxisten gegen die sogenannten "Revisionisten" entschieden. Praktisch aber verhielt sich die SPD fortan so, wie Bernstein es als ihre Aufgabe ansah.

    In der Novemberrevolution wirkte sich die Einbindung der SPD in das Kaiserreich dann praktisch so aus, dass die eigentlich mögliche und mehrheitlich gewollte soziale Umwälzung am Widerstand der SPD-Führung scheiterte. Dies spaltete die Arbeiterbewegung von nun an auch organisatorisch in Reformisten (Sozialdemokraten) und Kommunisten. Doch auch unter diesen waren echte Marxisten in einer aussichtlosen Minderheitsposition, weil die kommunistischen Parteien Europas sich überwiegend an Lenin, später an Stalin orientierten.

    Unter diesen beiden Führern der jungen Sowjetunion verlor der Marxismus im Entstehungsprozess der Sowjetunion seinen wissenschaftlichen Gehalt vollends. Je mehr ihre Politik ökonomisch versagte und politisch in eine Defensive geriet, desto mehr wurde ihr Marxismus zu einer formelhaften Dogmatik. Unter Stalin ("Über Dialektischen und Historischen Materialismus") mutierte er dann völlig zu einer Rechtfertigungsdoktrin totalitärer Herrschaft.

    Die Weiterentwicklung des Marxismus im Sinne von Marx, durch wissenschaftliche Analyse der sich verändernden gesellschaftlichen Bedingungen, wurde dagegen von vor allem mitteleuropäischen Marxisten vorgenommen: Darunter sind Rosa Luxemburg, Karl Korsch, Georg Lukács, Anton Pannekoek und Antonio Gramsci besonders hervorzuheben.

    Mit der Machtergreifung der Nazis war die europäische Arbeiterbewegung praktisch und theoretisch zunächst am Ende. Dabei hatten gerade einige marxistische Vordenker die Entwicklung zum Faschismus früh erkannt (z.B. Rosa Luxemburg). Erst durch die Erfahrungen damit gewann die Einsicht, dass die Konzerne und Kartelle entmachtet werden sollten, die Adolf Hitler an die Macht gebracht hatten, an Boden. In der unmittelbaren Nachkriegszeit war diese Einsicht auch in Deutschland parteiübergreifend. Die neu gegründete CDU etwa forderte in ihrem ersten, von Jakob Kaiser verfassten "Ahlener Programm" die Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien und eine weitgehende soziale Kontrolle der Gesamtwirtschaft. Sie ging teilweise noch über die Forderungen der KPD hinaus.

    Nachdem die deutsche Spaltung mit der Wiederbewaffnung vollendet und Konrad Adenauer zum 3. Mal wiedergewählt worden war, legte jedoch schließlich auch die SPD 1959 mit ihrem Godesberger Programm die marxistische Weltanschauung als ihre Grundlage ab.

    Erst durch die Studentenbewegung kam es in der Bundesrepublik seit etwa 1963 zu einer neomarxistischen Renaissance. Im wesentlichen lassen sich dabei zwei Strömungen erkennen:

    * eine undogmatisch freiheitliche Vorstellung - insbesondere beim von Rudi Dutschke beeinflussten SDS, Teilen der Jungsozialisten in der SPD und dem Sozialistischen Büro Offenbach;
    * und ein Block verschiedener marxistisch-leninistischer Gruppen und kleinerer Kaderparteien, die sich jeweils einem realsozialistischen Vorbild zuordneten (Sowjetunion, China, Albanien). Dazu gehörte nach dem Verbot der KPD in der Bundesrepublik deren Nachfolge-Partei, die Deutsche Kommunistische Partei (DKP; in Westberlin SEW), die sich an der Sowjetunion (UdSSR) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) orientierte.

    Aus den verschiedenen marxistischen Strömungen und - zumeist studentischen - Gruppen sind vielfältige wissenschaftliche Arbeiten und spezielle Richtungen marxistischer Wissenschaft hervorgegangen, deren primäres Interesse es oft war, die "bürgerliche Wissenschaft" zu "entlarven". In vielen Bereichen haben jedoch die Vorstellungen eines kritischen Marxismus heute im Alltag und den Wissenschaften Eingang gefunden, ohne dass in Deutschland (nach der Auflösung der DDR) sich spezielle marxistische Wissenschaften als solche erhalten haben.


    Marxistische Analyse des Scheiterns des Realsozialismus

    Nach dem Umbruch von 1990 versuchen Marxisten in der ganzen Welt, die Fehler des Realsozialismus zu analysieren und damit den Marxismus zu erneuern. Bisher wurden folgende wesentliche Fehler festgestellt:

    1. Der Kapitalismus war nicht weit genug entwickelt, die neue Gesellschaft *im Schoße der Alten* (Marx) nicht genug ausgebildet.

    2. Die Revolution erfolgte nicht in den fortgeschrittensten Ländern, sondern im rückständigen Russland, wo die Bedingungen dafür noch weniger gegeben waren.

    3. Dort erfolgte keine Vergesellschaftung der Produktionsmittel (wie von Marx gefordert), sondern nur eine Verstaatlichung und damit eine neue Klassenherrschaft ("Bürokratie").

    4. Die Arbeiterklasse ist zur Zeit nicht in der Lage, die bestehenden Verhältnisse umzustürzen. Denn sie hat längst "mehr zu verlieren als ihre Ketten" und ist zahlenmäßig stark im Schwinden begriffen.

    5. Eine revolutionäre Umwälzung ist nicht gleichbedeutend mit einer bloß politischen Revolution auf Führungsebene. Sie muss die gesamte Gesellschaft von unten bis oben erfassen und verändern, sonst sind neue Herrschaftssysteme vorprogrammiert. Hier werden Ideen des Anarchismus, der Kulturrevolution und auch der Psychoanalyse heute von kritischen Marxisten aufgegriffen.

    6. Der Aufbau einer neuen Gesellschaft ist nur auf demokratischer Grundlage möglich. Man kann die Menschen nicht zu ihrem Glück zwingen, weil man damit den Aufbau des Sozialismus gerade verhindert. Die Mehrheit muss durch eigene Erfahrung und Einsicht die Notwendigkeit einer umfassenden revolutionären Umwälzung erkennen und sie auch selbst durchführen (Rosa Luxemburg).


    Ökonomisches

    Das Hauptwerk von Karl Marx ist die dreibändige unvollendete Arbeit "Das Kapital", dessen beide letzten Bände Engels nach Marx´ Tod herausgab. Darin werden die Bewegungsgesetze der kapitalistischen Produktion analysiert, bei der aus in Fabriken investiertem Geld durch die Produktion von "Mehrwert" durch die Arbeiter dann "Kapital" und die Wertform der Ware als ökonomische Zellenform (analog biologischer Körperzelle) in der kapitalistischen Gesellschaft entsteht (s. u.).


    Entwicklungsstufentheorie nach Marx

    Nach marxistischer Auffassung ist eine Gesellschaft ein sich ständig entwickelnder Organismus. Die Individuen stehen in vielfältigen wirtschaftlichen, politischen und geistigen Beziehungen zueinander. Dabei dominieren materielle Produktionsbeziehungen, die Produktionsweisen, von ihnen werden alle anderen Beziehungen bestimmt. Der Begriff Produktionsweise bezeichnet dabei das Verhältnis vorhandener Produktionskräfte, die in Menschen, technisches Wissen und materielle Güter zu unterscheiden sind, zu den Produktionsverhältnissen. Menschen produzieren dabei Güter unter Verwendung von Produktionsmitteln, die eine bestimmte Eigentumsform haben. Das Verhältnis der Produktionsmittelverteilung auf die produzierenden Menschen dient nun als Kriterium zur Klassenbildung. Während die Produktionskräfte stetig wachsen sind die Produktionsverhältnisse zeitlich stabil. Im Zeitverlauf kommt es dadurch immer wieder zu Widersprüchen zwischen beiden. Die Beseitigung des Widerspruchs kann nur durch eine Umwälzung der Produktionsverhältnisse geschehen. Die Produktionskräfte steigen stetig an, bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie auf ihre durch die Produktionsverhältnisse gesetzten Grenzen stoßen. Marx begreift die Produktionsverhältnisse an dieser Stelle als Fesseln, welche die Produktionskräfte an ihrer Weiterentwicklung hindern. Daraus resultiert eine Revolution, die in der nächst höheren Gesellschaftsstufe mündet. Im Kommunismus, für Marx die höchste Stufe würde es keine Zwänge mehr geben, da die Arbeit zum Bedürfnis geworden ist.

    Die einzelnen Stufen sind:

    1. Die Urgesellschaft

    2. Die Sklavenhaltergesellschaft

    3. Der Feudalismus

    4. Der Kapitalismus

    5. Der Sozialismus

    6. Der Kommunismus

    Marx selbst weicht dieses Schema jedoch mit seiner Theorie der "asiatischen Produktionsweise" auf, er muß mit diesem Begriff zugestehen, dass es verschiedene kulturelle Ausformungen von Produktionsweisen gibt, die nicht eins zu eins in die aus der europäischen Geschichte abgeleiteten Periodisierungen passen. Insbesondere NeomarxistInnen betonen daher die Kontingenz, das heißt die Offenheit der Geschichte. Es folgt also nicht automatisch ein Stadium dem anderen, sondern die Übergänge sind das Ergebniss von Klassenkämpfen mit offenem Ausgang. Die Regulationstheorie untersucht auf dieser Grundlage die verschiedenen historischen und regionalen Ausprägungen der kapitalistischen Produktionsweise.


    Philosophie

    Philosophisch ist der Marxismus von zwei wesentlichen Begriffen geprägt, von der Dialektik (These > Antithese >> Synthese, bei Hegel) und vom Materialismus. Im Gegensatz zu einigen der späteren Strömungen sprach Marx nur von "meiner dialektischen Methode" mit der er seine grundlegenden Analysen bewertete, die durchaus "positivistischen" Charakter haben, wenn er von "objektiver" Erkenntnis spricht. Der Materialismus, der Geschichte ohne Gotteseinfluß erklären will, ist bei ihm Analyse, die dialektisch interpretiert wird. Von "Historischen Materialismus" oder gar von "Dialektischen Materialismus" sprachen Marx und Engels - wenn überhaupt (Engels) - gerade nicht im Sinne eines mechanischen Prozesses.

    Als Hauptthese kann gelten: "Das gesellschaftliche Sein bestimmt das gesellschaftliche Bewußtsein". Der Mensch werde durch seine Umwelt geprägt, je nachdem ob er beispielsweise in einer Gemeinschaft von Sammlern und Jägern, in einer Sklavenhaltergesellschaft, im bäuerlichen Absolutismus oder in der bürgerlichen Gesellschaft der beginnenden Industrialisierung Englands lebe. Durch die Prozesse der Arbeit/ Produktion werde die jeweils vorgefundene Umwelt verändert und dadurch verändere sich auch der Mensch selbst wieder usw..

    In dieser Anschauung von Dialektik gehört aber zum Sein (Basis) auch die soziale und geistige Umwelt, der zugleich konkret (als Überbau) die kulturellen Institutionen (Politik, Recht...) gegenüber stehen. Das ist deshalb von großer Bedeutung, weil sonst - wäre die Basis nur bewußtloser Prozeß der Umwelt - die Entwicklung relativ mechanisch und ohne Einflußmöglichkeit durch den Menschen ablaufen würde. Eine solche Interpretation wiederum tendiert dazu, sich in diese Entwicklung politisch abwartend einzufügen, oder - beim Interpretationsmonopol durch eine politische Herrschaft - die Entwicklung diktatorisch vorzugeben, was gerade "richtig" zu tun sei (wie durch "die Partei der Arbeiterklasse" z. B. unter Lenin, Stalin). Eine weitere Variante besteht in dem Versuch der Einflussnahme im Rahmen einer Anerkennung der bestehenden Institutionen (Sozialdemokratie).

    Die im "Kapital" angesprochene "dialektische Methode" ist demgegenüber primär Analyse der Möglichkeit und nicht die Formulierung einer gesetzmäßigen Entwicklung zum Sozialismus. Im Konstrukt "Basis - Überbau" ist die Basis des historischen Prozesses die Arbeit/Produktion (als Movens) zu der sich der Überbau (zumeist, mehr oder weniger) im Widerspruch befindet. Die Auflösung dieses Widerspruchs z. B. zur politischen Herrschaft (auch Kultur, Recht etc.) kann unter bestimmten Umständen, wenn das Neue sich im Alten der Basis herausgebildet hat, durch den Klassenkampf realisiert werden. Wenn also z. B. einer bereits entwickelten Industrie, die auf liberale Verhältnisse angewiesen ist, um in eigener Dynamik wachsen zu können, ein absolutistisches Herrschaftsystem auf der Ebene von Befehl und Gehorsam gegenüber stehe, könne sich im - an sich permanenten - Klassenkampf (im Widerspruch unterschiedlicher Interessen) eine Entscheidung durch eine Revolution anbahnen (Ende offen: "Sozialismus oder Barbarei").


    Historischer Materialismus

    Im genannten Fall - Übergang vom Feudalismus zur bürgerlichen (Industrie-) Gesellschaft - waren die dialektischen Antipoden (These, Antithese) einerseits Adel und Bauern, andererseits war es aber das liberale Bürgertum, das sich als neue Klasse entwickelte und - zuerst mit Hilfe der Bauern in den Bauernkriegen zu Beginn des 16. JH, im 19. JH dann mit Hilfe des Proletariats - seinen Einfluß im Staatswesen steigerte und schließlich, als das Bürgertum "im Schoße des Alten" voll entwickelt war, die Fürstenherrschaft ablösen konnte. Im 16. JH hatte sich - vor allem in den Städten - eine der Kaufmannschaft entstammende - Gruppierung herausgebildet, die über große Gewinne im Fernhandel (Fugger, Welser) erste protoindustrielle Fabriken (Manufaktur) einrichten konnte. Im gleichen Prozeß - als zwei Seiten einer Medaille - entstand eine Gruppe von Fabrik-Arbeitern. Da letztere durch ihre Arbeit mehr Profite erzeugten als der Fabrikherr in diese Produktion investiert hatte, entstand durch diesen "Mehrwert" aus dem eingesetzten Geld dann "Kapital".

    Dieser Prozess, der z.B. in England und Holland früher zum bürgerlichen Staat unter den politisch weitgehend entmachteten Königshäusern führte, relativiert auch die Vorstellung jener Verlaufsform des Klassenkampfes, dieser sei "immer" unmittelbar mit Leben oder Tod einer der beiden kämpfenden Klassen verbunden, womöglich in der Vorstellung, die unterlegene Klasse solle nach marxistischer Vorstellung durch Tötung ihrer Mitglieder liquidiert werden (analog zur - bürgerlichen - Französischen Revolution). Historisch haben sich viele Kompromissformen ergeben - aber die Klasse des Feudaladels als politische Herrschaft wurde überwunden, selbst dort, wo bis heute ein Königshaus oberste Repräsentanz einer Demokratie ist. In Russland, in dem es zur Revolution 1917 kein nennenswertes Proletariat (Fabrik-Arbeiterklasse) als gesellschaftliche Kraft der Demokratie gab, entwickelte sich nach Auffassung einiger linker Kritikerinnen und Kritiker der Kommunismus sowjetischer Prägung als Diktatur einer Parteien-Bürokratie über die später entstehende Arbeiterklasse.

    Marx und Engels gingen deshalb von einer klassenlosen Gesellschaft im sich - nach einer Übergangszeit, dem Sozialismus - entwickelnden Kommunismus aus, weil im Zuge dieses letzten großen dialektischen Zyklus der proletarischen Revolution alle Menschen frei vom Privateigentum an den Produktionsmitteln seien und zur Assoziation freier gebildeter Individuen würden, die die notwendige Arbeit, die gesellschaftliche Produktion, demokratisch gestalten.


    Marxistische TheoretikerInnen

    * Theodor W. Adorno
    * Louis Althusser
    * Walter Benjamin
    * Ernst Bloch
    * Bertolt Brecht
    * Guy Debord
    * Rudi Dutschke
    * Friedrich Engels
    * Antonio Gramsci
    * Walter Hollitscher
    * Hans Heinz Holz
    * Klaus Holzkamp
    * Karl Kautsky
    * Leo Kofler
    * Alexandra Kollontai
    * Karl Korsch
    * Hans-Jürgen Krahl
    * Robert Kurz
    * Henri Lefebvre
    * Karl Liebknecht
    * Georg Lukacs
    * Rosa Luxemburg
    * José Carlos Mariátegui
    * Herbert Marcuse
    * Ernest Mandel
    * Paul Mattick
    * Anton Pannekoek
    * Alfred Sohn-Rethel
    * Ernst Wimmer
    * Karl August Wittfogel
    * Wladimir Uljanow, genannt "Lenin"
    * Lew Dawidowitsch Trotzki



    Marxistische Historiker

    * Wolfgang Abendroth
    * Charles Bettelheim
    * Christopher Hill
    * Eric Hobsbawm
    * D. D. Kosambi
    * Timothy Mason
    * Edward Palmer Thompson



    Kritiker

    * Iring Fetscher
    * Milton Friedman
    * Friedrich Hayek
    * John Maynard Keynes
    * Ludwig von Mises
    * Karl R. Popper
    * Joseph Schumpeter
    * Pierre Bourdieu



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