Darwinismus

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    Re: Darwinismus

    JahRahShiva - 26.07.2005, 10:54

    Darwinismus
    Unter Darwinismus versteht man eine Reihe von Konzepten, die auf Alfred Russel Wallace (1823-1913) Ideen und Charles Darwins Lehre der Evolution der natürlichen und sexuellen Selektion zurück gehen. Er wird heute häufiger von Sozialwissenschaftlern und Philosophen als von Biologen gebraucht, welche gemeinhin von den Prinzipien der Evolutionstheorie sprechen. Ablehnung erfahren die Konzepte des Darwinismus vor allem aus den Kreisen der Kreationisten.

    Im losen Sprachgebrauch versteht man unter Darwinismus einerseits diverse Abstammungslehren, andererseits den existentiellen Wettstreit um begrenzte Ressourcen („Kampf ums Dasein“).

    Es handelt sich demnach um ein Prinzip, welches direkt aus der Endlichkeit der Welt und den Gesetzen der Logik folgt: Nichts, was real ist, ist unbeschränkt vorhanden. Also kann sich kein Lebewesen, welches irgendwelche realen Grundlagen benötigt, um zu existieren, unbeschränkt vermehren. Folglich gibt es eine Konkurrenz um die begrenzten Ressourcen: Es kann nur existieren, was dieser Konkurrenz gewachsen ist, da das Unterlegene die Grundlagen, die es braucht, nicht finden kann. Diese Ideen sind direkt aus Darwins These der natürlichen Selektion abgeleitet.

    Die Vielzahl der wissenschaftlichen Überlieferungen wird oft aus einem möglicherweise verengten nationalen Blickwinkel gesehen. So ist in Großbritannien der Darwinismus immer noch von der Naturtheologie (Physikotheologie) beeinflusst, die deutsche Rezeption ist von Ernst Haeckels Rekapitulations-Theorie (einem Monismus), die französische vom Lamarckismus geprägt.

    Darwinismus und Evolutionstheorie werden von streng am biblischen Schöpfungsbericht orientierten religiösen Gruppen abgelehnt.

    Den (wissenschaftlich diskreditierten) Versuch, Darwins Lehre auf menschliche Gesellschaften anzuwenden, bezeichnet man als Sozialdarwinismus.


    Theoretische Grundlagen

    Die Bezeichnung Darwinismus wurde von Alfred Russel Wallace für die von Darwin entwickelte Evolutionstheorie eingeführt, die von der Veränderlichkeit und der Abstammung der Arten (Deszendenztheorie) ausgeht: Unter den Lebewesen findet ein Kampf ums Dasein als Folge der geometrisch fortschreitenden Vermehrung statt. Da sich die Organismen durch erbliche Veränderungen (Variationen) unterscheiden, hat ein Lebewesen, das vorteilhaft von den anderen abweicht, unter den gegebenen Lebensbedingungen bessere Aussicht sich fortzupflanzen.


    Rezeptionsgeschichte

    Bereits mit Lamarcks Theorie von der Veränderlichkeit der Arten setzt eine heftige Gegnerschaft seitens der Kreationisten ein, die einen Zerfall der Moral befürchten. Dies führt dazu, dass Darwins Theorie nicht nur wissenschaftlich kritisiert (Hauptpunkt der Kritik war hier der Mechanismus der Vererbung, der damals noch nicht bekannt war), sondern vor allem von religiös motivierten Gegnern angegriffen wird.

    An diesem Kampf beteiligen sich Epigonen, ideologische Trittbrettfahrer und Gegner, die zum einen in vermeintlich guter Absicht zum anderen aber auch bewusst verändernd die Evolutionstheorie verfälschten und zum Dogma machten.

    Ein Studium seiner Werke im Original zeigt aber, dass Darwin das Gegenteil von einem „Darwinist“ ist, dass er keinen Dogmatismus vertritt und sich der Unzulänglichkeit und Verbesserungswürdigkeit seiner Theorie bewusst ist.

    Die Vorsicht, mit der Darwin seiner eigenen Theorie gegenüber steht, drückt sich auch in den Problempunkten seiner Theorie aus, die er in seinem Werk anspricht:

    * Schwierigkeit der Übergänge von einfachen zu komplexeren oder „vollkommeneren“ Strukturen
    * Lückenhaftigkeit der geologischen Belege
    * die Erklärung von Instinkt und geistiger Fähigkeit der Tiere
    * Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit bei der Bastardisierung



    Veränderungen der ursprünglichen Konzeption

    Darwinismus als Theorie der Evolution durch natürliche und sexuelle Evolution (Schulbuch Biologie heute SII, Schroedel-Verlag 2004) zu definieren, fördert das Missverständnis, dass man eine dogmatisch vertretene Lehre mit der Theorie Darwins gleichzusetzen kann.

    Selbst die Übersetzungen seines Buches zeigen, dass die Beschäftigung mit seinem Werk nicht immer von Ideologie frei ist:

    So lässt Neumann bei seiner Übertragung ins Deutsche in der Einleitung den wesentlichen Punkt, dass Darwin seine Schlussfolgerungen als wahrscheinlich betrachtet, weg und macht damit Darwins Theorie zum Dogma:
    Übersetzung von Carl W. Neumann Original-Ausgabe 1859 [1]
    Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl. Charles Darwin: Die Entstehung der Arten On the Origin of Species by means of Natural Selection, or the Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life
    9. Auflage, Nachdruck der Ausgabe von 1920. Darmstadt 1988, S. 21. Reclam Stuttgart 1974, S. 24
    Nachdem ich fünf Jahre lang in diesem Sinne gearbeitet hatte, glaubte ich eingehender über die Sache nachdenken zu dürfen und schrieb nun einige kurze Bemerkungen darüber nieder; Erst nach fünfjähriger Vorarbeit wagte ich aber, näher darauf einzugehen und kurze Notizen niederzuschreiben. After five years' work I allowed myself to speculate on the subject, and drew up some short notes;
    diese führte ich im Jahre 1844 weiter aus und fügte der Skizze die Schlussfolgerungen hinzu, Diese erweiterte ich 1844 zu einer Skizze, in der ich dann auch meine Schlussfolgerungen zog. these I enlarged in 1844 into a sketch of the conclusions,
    welche sich mir als wahrscheinlich ergaben. which then seemed to me probable:
    Von dieser Zeit an bis jetzt bin ich mit beharrlicher Verfolgung des Gegenstandes beschäftigt gewesen. Von dieser Zeit an habe ich den Gegenstand eifrig verfolgt. from that period to the present day I have steadily pursued the same object.
    Ich hoffe, dass man die Anführung dieser auf meine Person bezüglichen Einzelheiten entschuldigen wird: sie sollen zeigen, dass ich nicht übereilt zu einem Abschlusse gelangt bin. Ich führe die Einzelheiten nur an, um zu zeigen, dass ich nicht übereilt zu einem abschließenden Urteil gelangt bin. I hope that I may be excused for entering on these personal details, as I give them to show that I have not been hasty in coming to a decision.

    Ein Vergleich der Titel der verschiednen Ausgaben verdeutlicht die Problematik:

    Darwin entwirft 1859 zunächst den Titel An abstract of an Essay on the Origin of Species and Variation … natural selection und schickte ihn an Charles Lyell zur Begutachtung:

    Der Titel der englischen Erstausgabe von 1859 lautet On the Origin of Species by means of Natural Selection, or the Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life (wörtlich: Über den Ursprung der Arten durch das Mittel der natürlichen Auswahl, oder die Erhaltung bevorzugter Rassen im Kampf um das Leben)

    Titel der deutschen Ausgabe von 1920: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl

    Titel der Übersetzung von Carl W. Neumann (Reclam Stuttgart 1974) Die Entstehung der Arten


    Neumanns Übertragung desjenigen Abschnittes der Einleitung, in der Darwin die Eckpfeiler seiner Theorie darlegt, erscheinen ebenfalls verdächtig: Ein Lebewesen, das vorteilhaft von den anderen abweicht, muss unter den gegebenen Lebensbedingungen bessere Aussicht auf das Fortbestehen haben und von der N a t u r z u r Z u c h t a u s g e w ä h l t werden. Nach dem Prinzip der Vererbung hat dann jede durch Zuchtwahl entstandene (!) Varietät die Neigung, ihre neue veränderte Form fortzupflanzen. (S. 27.f., Hervorhebung in der Quelle) (Darwin: ... under the complex and sometimes varying conditions of life, will have a better chance of surviving, und thus be naturally selected. From the strong principle of inheritance, any selected variety will tend to propagate its new and modified form.)


    Kapitel IV: Natural Selection: Or The Survival Of The Fittest

    In der Erstausgabe lautet die Überschrift zum Kapitel IV: Natural Selection. Die 6. Auflage erhält bereits den Zusatz. ( [2], [3], [4], [5]) Dieser Zusatz wurde weder von Darwin noch von Neumann, sondern von Herbert Spencer eingeführt, nachdem der Darwin gelesen hatte. Darwin hat den Begriff erst 1869 in der 5. Auflage seines Buches übernommen.

    Eine Reduzierung von Darwins Theorie auf den Begriff Selektionstheorie wird seinem Werk ebenfalls nicht gerecht, schreibt er doch im letzten Satz seiner Einleitung: … dass die natürliche Zuchtwahl das wichtigste, wenn auch nicht das ausschließliche Mittel zur Abänderung der Lebensformen gewesen ist.


    Darwinismus und Evolutionstheorie

    Auf Grund des Erkenntnisfortschritts in der Biologie, vor allem in der Genetik, musste die Evolutionstheorie erweitert werden. Ursprünglich versah der Mediziner und Biologe August Weismann (1834-1914) diese erweiterte Theorie mit der Bezeichnung Neodarwinismus.

    Die wissenschaftliche Evolutionstheorie entwickelt sich weiter und integriert beständig neue Erkenntnisse der Neurobiologie, Molekulargenetik,Populationsbiologie, Systemtheorie und Spieltheorie und wird jetzt deshalb als Synthetische Evolutionstheorie bezeichnet.



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