Tragödien unter dem Tuch

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    Re: Tragödien unter dem Tuch

    dasunfassbare - 07.08.2005, 18:38

    Tragödien unter dem Tuch
    «Tragödien unter dem Tuch»
    Deutsch-Türkin Serap Cileli erlitt Unterdrückung und Zwangsheirat


    Neustadt/Weinstraße/Mainz (ddp-rps). «Ich bin kein Einzelfall», sagt Serap Cileli. Die Geschichte der 39-jährigen Deutsch-Türkin spielt mitten in Rheinland-Pfalz, im idyllischen Neustadt an der Weinstraße. Dorthin kommt die damals achtjährige Serap mit ihren Eltern aus der Türkei, dort wächst sie auf - und dort erlebt sie Unterdrückung, Bedrohung durch den Vater und schließlich Zwangsheirat und Flucht. Das Kopftuch ist für Serap Cileli das Symbol für diese Welt.

    Die 39-Jährige gehörte zu den Expertinnen, die Mitte Juli im rheinland-pfälzischen Landtag bei einer Anhörung zum Gesetzentwurf der CDU für ein Kopftuchverbot an Schulen gehört wurde. Cileli plädierte dabei nachdrücklich für ein Kopftuchverbot: Unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit werde das islamische Konzept der Scharia eingeführt, warnte sie. In dieser Welt würden westliche Werte als bedrohlich angesehen und die Ehre des Mannes hänge von der Reinheit und Keuschheit der Frau ab.

    Auch in Cilelis Familie war das so. «Nach außen wirkte meine Familie modern und als wäre sie voll in Deutschland integriert», berichtet Cileli. Bis zu ihrem 15. Lebensjahr lebte sie in Neustadt, erzogen nach den Grundsätzen des Islam: Kein Kontakt mit fremden Männern, Keuschheit war oberstes Gebot. Den Hauptschulabschluss durfte Cileli nur gegen harte Arbeit im Haushalt machen, mehrtägige Klassenfahrten kamen nicht in Frage. Nachmittags vor die Tür, Schwimmbad, Freundin - alles verboten. «Ich musste immer lügen und sagen, ich muss meiner Mutter helfen», berichtet sie. «Indem man mich im Haus einschloss, versuchte man, meine Reinheit zu schützen.»

    Mit 15 Jahren wurde sie in den Ferien in der Türkei mit dem Sohn einer Familie aus demselben Ort verlobt. «Ich wurde zu rebellisch, das wollten meine Eltern vermeiden. Sie wussten, dass ich in der Türkei keine andere Wahl hatte», sagt Cileli. Ihre Ehe wurde eine Qual: Der Mann hatte kein Interesse. Er ließ Frau und inzwischen zwei Kinder hungern. Cileli magerte ab, bekam Lungenentzündung und Gelbsucht, blieb trotzdem eingeschlossen in der Großfamilie. Erst als sie mit Selbstmord und dem Töten ihrer Kinder drohte, willigte der Vater in eine Trennung vom Ehemann ein.

    Mit 26 Jahren und zwei Kindern zog sie wieder zurück nach Deutschland und zu den Eltern. Ihre zweite Zwangsehe war bereits vereinbart, wenige Tage vor der Verlobung floh sie heimlich - durch die Tiefgarage und mit Unterstützung von Freunden. «Jede Frau, die von zu Hause flüchtet, ist von einem Ehrenmord bedroht», sagt sie.

    «Es gibt diese Parallelwelt», sagt Myria Böhmecke, Leiterin der Kampagne «Nein zu Verbrechen im Nahmen der Ehre» bei der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes. Seit Oktober 2004 zählte Terre des Femmes acht Fälle von Ehrenmorden, seit 1996 waren es bundesweit mindestens 40. «Wir bekommen es tagtäglich mit: junge Frauen, die vor ihrem Ehemann fliehen wollen, Väter, die ihre Töchter zwangsverheiraten», sagt Böhmeke. 104 Fälle von Zwangsheirat, Unterdrückung im Namen der Ehre oder konkreter Ehrenmord-Gefahr bearbeitete die Organisation 2004 bundesweit.

    Cileli hat ihre Geschichte bereits 1999 in dem Buch «Serap - Wir sind Eure Töchter, nicht Eure Ehre» erzählt. Doch erst jetzt, seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Kopftuchverbot 2003, werde über das Thema geredet, sagt sie. «Wir haben weggesehen, verschwiegen, geleugnet, die Deutschen, und auch die türkischstämmigen Politiker, die Vereine, die Presse», moniert Cileli. Dabei gingen die «Tragödien unter dem Tuch» weiter: Rund 150 ähnliche Fälle hat sie selbst in den vergangenen zehn Jahren betreut. An der Problematik hat sich laut Cileli bis heute nichts geändert:
    «Es wird eher mehr.»

    07.08.2005 ib



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